1901 / 91 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 18 Apr 1901 18:00:01 GMT) scan diff

Großhandels⸗Durchschnittspreise von Getreide für den Monat März 1901

nebst entsprechenden Angaben für den Vormonat. Zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt. 1000 kg in Mark. (Preise für prompte [Loco⸗] Waare, soweit nicht etwas Anderes bemerkt.)

Monat Da⸗

monat 123,71 147,45 122,13 121,81

Königsberg. Roggen, guter, gesunder, 714 g per 1 . . Weizen, guter, bunter, 749 bis 754 g per 1 Hafer, guter, gesunder, 447 g per 1.. 8 Gerste, Brenn⸗, 647 bis 652 g per 1 Breslau. Roggen, Mittelqualität Weizen, k5 afer, 1 erste,

125,61 148,66 125,08 123,84

140,00 140,20 134,50 1

140,30 139,10 129,70 133,50 16“ Roggen, guter, gesunder, mindestens 712 g per 1 Weizen, guter, gesunder, mindestens 755 g per 1 Hafer, guter, gesunder, mindestens 450 g per 1 8 Mannheim. Roggen, pfälzer, russischer, bulgarischer, mittel Weizen, pfälzer, russischer, amerik., rumän., mittel. Hafer, badischer, württembergischer, mittel 146,25 Gerste, badische, pfälzer, mittel . CF München. Roggen, bayerischer, gut mittel . 157,50 eizen, 2 8 1““ 184,00 Hafer, 1 ““ 153,00 Gerste, ungarische, mährische, mittel . 189,50 bayerische, gut mittel. 173,50

en.

139,42 146,90 119,69 144,52

131,00

109,24 107,33 St. Petersburg. 124,95 87,68

100,26 123,88

142,75 158,25 137,50

143,25 137,75

151,00 181,20

150,60 181,20 144,00 166,75

156,00 186,50 149,00 189,50 174,00

136,05 143,70 117,34 144,55

121,59 128,52 107,27 103,10

89,65 125,04

Wi Roggen, Pester Boden . Weizen, Theiße.. Hafer, ungarischer, prima LWI 6 Budaäpest. Roggen, Mittelqualität .. ..

2eö“ Weizen, Saxonka.

2

95,76 121,06

Roggen, 71 bis

Weizen, 75 120,94

121,11 158,56 147,03 133,22

2=S9⸗s

Roggen

Feee lieferbare Waare des laufenden Monats Hafer

Gerste (Halle au blé) .

Antwerpen. Donau, mittel. Red Winter Nr. 2 Walla Walla .. KC La Plata, mittel.. Kurrachee, roth.. .

Amsterdam.

—2 eᷓ Gn

2202 =—

2

131,87 136,01 133,98 133,98 133,90 134,47

St. Petersburger amerikanischer Winter⸗

a. Produktenbörse. 8

engl. weiß br. Californier an der Küste 1 11 133,99 La Plata an der Küste GBatic). I 132,54

b. Gazette averages.

englisches Getreide, Mittelpreis aus 196 Marktorten iv

b 140,87 8. Liverpool. 1 116161616“X“X“ Oregon. . I Californier Western Winter⸗.. Northern Duluth Nr. Hard Kansas Nr. 2. Manitoba Nr. 1 . EE“ 137,79 engl. weißer 11“ LEäE Californier Brauu . 126,30 Canadische 109,47

Chicago.

Weizen, Lieferungs⸗W per laufenden Monat. den, Lieferunge⸗Wanne per Mat. . ..

New York. Red Winter Nr. 2 . Northern Spring Nr. 1... gef. „N per März . 14“*“ Bemerkungen. 1 Tschetwert Weizen ist = 163,80, Roggen = 147,42, Hafer = 98,28 kg angenommen; 1 Imperial Quarter ist für die Notiz von engl. Weiß⸗ und Rothweizen = 504, für Californier = 500, La Plata = 480 Pfund engl. gerechnet; für die Gazette averages, d. h. die aus den Umsatzen an 196 Marktorten des Königreichs er⸗ mittelten Durchschnittspreise für einheimisches Getreide, ist 1 Imperial Quarter Weizen = 480, Hafer = 312, Gerste = 400 Pfund engl. angesetzt. 1 Bushel Weizen = 60 Pfund engl.; 1 Pfund engl. = 453,6 g; 1 Last Roggen = 2100, Weizen = 2400 kg.

Bei der Umrechnung der Preise in Reichswährung sind die aus den einzelnen Tages⸗Notierungen im „Deutschen Reichs⸗ und Staats⸗ Anzeiger ermittelten monatlichen D.vgicchens Füichtelnung⸗ an der Berliner Börse zu Grunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, für London und Liverpool die Kurse auf London, 8₰ Chicago und New York die Kurse auf New York, für St. Peters⸗

urg, Odessa und Riga die Kurse auf St. Petersburg, für Paris Antwerpen und Amsterdam die Kurse auf diese Plätze.

- 129,92

141,54 135,65 149,09 133,92 153,31

149,94 134,08 153,95 138,97 128,97 117 19 126,09 109,91

114,66 113.2 116,70 116,3

124,55 137,02 122,58 123,41

124,18 133,93 122,13 123,22

Dentscher Reichstag. 75. Sitzung vom 17. April 1901. 1 Uhr.

Am Bundesrathstische: Staatssekretär des Reichs⸗Justiz⸗ amts Dr. Nieberding.

Zur zweiten Lesung steht der Gesetzentwurf, betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Tonkunst, auf Grund des Berichts der XI. Kommission. Referent ist der Abg. Dr. Esche (nl.).

Nach § 1 sollen nach Maßgabe dieses Gesetzes geschützt werden:

1) die Urheber von Schriftwerken und solchen Vorträgen und Reden, welche den Zwecken der Erbauung, der Belehrung oder der Unterhaltung dienen;

2) die Urheber von Werken der Tonkunst;

3) die Urheber von solchen Abbildungen wissenschaftlicher oder technischer Art, welche nicht ihrem Hauptzweck nach als Kunstwerke zu betrachten sind. Zu den Abbildungen gehören auch plastische Darstellungen. .

Der § 1 wird unverändert angenommen, desgleichen die 2 bis 10 nach den Beschlüssen der Kommission. Damit ist Abschnitt I des Entwurfs, „Voraussetzungen

des Schutzes“, erledigt. Der zweite Abschnitt regelt die Besug⸗ nisse des Urhebers. 1

Der § 11 besagt:

Der Urheber hat die ausschließliche Befugniß, das Werk zu vervielfältigen und gewerbsmäßig zu verbreiten; die ausschließliche Befugniß erstreckt sich nicht auf das Verleihen. Der Urheber ist ferner, so lange nicht der wesentliche Inhalt des Werkes öffentlich mitgetheilt ist, ausschließlich zu einer solchen Mittheilung befugt.

Das Urheberrecht an einem Bühnenwerke oder an einem Werke der Tonkunst enthält auch die ausschließliche Befugniß, das Werk öffentlich aufzuführen.

Der Urheber eines Schriftwerks oder eines Vortrags hat, so lange das Werk nicht erschienen ist, die ausschließliche Befugniß, das Werk öffentlich vorzutragen. 8

Der Abg. Dr. Rintelen (Zentr.) will dem Absatz folgenden Zusatz gegeben wissen:

Musikalische Werke, welche durch den Druck veröffentlicht worden sind, können ohne Genehmigung des Urhebers öffentlich aufgeführt werden, falls nicht der Urbeber auf dem Titelblatt oder an der Spitze des Werkes sich das Recht der öffentlichen Aufführung vorbehalten hat. 1 Abg. Dr. Rintelen: Mein Antrag will es im wesentlichen

bei dem bestehenden Recht belassen, wonach nur dann das Recht der öffentlichen Aufführung von der Genehmigung des Komponisten ab⸗ hängt, wenn derselbe ausdrücklich einen dahin gehenden Vorbehalt auf dem Tonwerk hat machen lassen.

Abg. Richter (fr. Volksp.): Es ist nicht nachgewiesen worden, daß durch den bestehenden Rechtszustand die Komponisten geschädigt worden sind. Jedenfalls hat sich in Deutschland unter dem jetzigen Rechtszustand das Musikverständniß vielseitiger entwickelt als in den anderen Ländern. Ein großer Theil der Komponisten hat gar kein Interesse daran, daß die Verbreitung ihrer Tonwerke erschwert wird. Sie haben im Gegentheil ein Interesse daran, daß ihre Melodien populär werden. Die Ueberwachung der Ausführung der vorgeschlagenen Bestimmungen würde große Verwaltungskosten verursachen. Und wie will man die Ueberwachung bewerkstelligen? Wie will man den Wohnort des Komponisten oder des Verlegers immer ausfindig machen? Die Kontrole ist einfach undurchführbar. Wenn etwa ein Pauschquantum von 5 pro Gesangverein erhoben würde, so ergäbe das bei 10 000 Gesangvereinen doch nur 50 000 ℳ; und um dieser Lappalie willen sollte man die unendliche Schwierigkeit der Einziehung dieser Gebühr übernehmen wollen? Es müssen also andere Gründe dahinterstecken; man wird eben darauf aus sein, viel höhere Gebühren zu erheben. Man spricht von „guten Menschen, aber schlechten Musikanten“; in diesem Falle handelt es sich um gute Musikanten, aber. . .. unpraktische Menschen. Ich halte diesen ganzen Weg für durchaus ungangbar. Was an der Forderung berechtigt ist, wird bei § 27, der die Ausnahmen von diesem Prinzip statuiert, zu erörtern sein. Ich stelle anbeim, die Vor⸗ schrift mit dem Antrag Rintelen bis zum § 27 zurückzustellen.

Abg. Dr. Spahn (Zentr.) bittet, bei dem Kommissionsbeschluß, also bei unveränderter Annahme der Fassung des Entwurfs zu bleiben. Die Kommission habe das Aufführungsrecht musikalischer Sachen dem Aufführungsrecht von Bühnenwerken und dergleichen durchaus gleichstellen wollen. Es handle sich in der Hauptsache doch auch nicht um den Vortrag eines Liedes in öffentlichen Konzerten, sondern um die Aufführung größerer Tonwerke, von Chor⸗ und Orchesterwerken. Redner stellt anheim, die Berathung mit § 27 zu verbinden.

Der § 27, den die Kommission gleichfalls unverändert angenommen hat, lautet: 1

Für öffentliche Aufführungen eines erschienenen Werkes der

Tonkunst bedarf es der Einwilligung des Berechtigten nicht, wenn

sie keinem gewerblichen Zwecke dienen und die Hörer ohne Entgelt zugelassen werden. Im übrigen sind solche Aufführungen ohne Ein⸗

willigung des Berechtigten zulässig: b

2,21) wenn sie bei Volksfesten, mit Ausnahme der Musikfeste,

stattfinden;

2,) wenn der Ertrag ausschließlich für wohlthätige Zwecke be⸗

stimmt ist, und die Mitwirkenden keine Vergütung für ihre T ätig⸗

keit erhalten; 8

Mit sie von Vereinen vecanstaltet werden und nur die

Mitglieder, sowie die zu ihrem Hausstand gehörigen Personen als

Hörer zugelassen werden.

W e 1 2 38 „„

diese Vorschriften keine Anwendung. ö““ RRhDr. Rintelen hat für den Fall der Annahme seines Antrags zu § 11 die Streichung des § 227 beantragt; event. will er im ersten Absatz Nr. 2 die Worte hinzugesetzt wissen: 8

zweiten

esofern dieselben nicht zum Ersatz plötzlicher Verhinderung eines Mitwirkenden zugezogen werden mußten und nicht ohne Vergütung zu gewinnen waren“. 8 „Die Abgg. Dr. Oertel (d. kons.), Fritzen⸗Recs (Zentr.)

Rimpau (nl.) und Träger (fr. Volksp.) wollen den § 27, Absatz 1, wie folgt gefaßt wissen:

„Oeffentliche Aufführungen eines erschienenen Werkes der Ton⸗

kunst sind zulässig: 1) bei Veranstaltungen im Bereiche der Militär⸗und Marine⸗ 2 1 Seel und Gemeindeverwaltung, wenn die Hörer ohne Entgelt zugelassen we ie Verans⸗ ine 4 Juee e“ und die Veranstaltungen keinem 2) bei Volksfesten, mit Ausnahme der Musikfeste,

,3) bei Veranstaltungen, deren Ertrag ausschließlich für wohl⸗ thätige Zwecke bestimmt ist, und bei denen die Mitwirkenden keine be . für ihre Thätigkeit erhalten. Abg. Dr. Müller⸗Meiningen (fr. Volksp.): Ich muß leider

meinem verehrten Kollegen Richter in dieser Frage entgegentreten Das Prinzip des Vorbehalts, wie es Herr Richter einführen will, ist in diesem Gesetz vollkommen unannehmbar. Den ganzen Vortheil des Vorbehalts bat lediglich der Verleger. Die Erfahrung hat ge⸗ lehrt, daß die Komponisten davon fast keinen, die Verleger fast allen Vortheil haben. Der Komponist ist der wirthschaftlich Schwächere; namentlich der junge unerfahrene Komponist muß geschützt werden, das ist doch auch der Zweck des V3 * Die Komponisten wollen auch etwas für ihre ideale Arbeit haben; sie müssen doch ihre Vorstudien machen das Konservatorium besuchen u. s. w. Der Vorbehalt wird wahr⸗

scheinlich auch in den Ländem fallen auf Beschluß

Urheber immer Urheber bleiben. Deshalb ist V

mit dem Ring, z. B. dem Kohlenring, nicht zutre

Wenn man von der Unmböglichkeit der Kontrole der Tantiemer gesellschaften spricht, so zerbricht man sich unnöthig de⸗ Köpfe der Komponisten. In Belgien und Oesterreich bestehen sch derartige Gesellschaften. Es besteht die Gefahr, daß die französif Tantièmegesellschaft auch auf deutschem Boden festen Fuß faßt, wie

es schon in Elsaß⸗Lothringen geschehen ist, und die ganze deutz Ich kann Si f Ich kann Sie nur bitten

Musikproduktion in ihre Hände bekommt. an dem Beschluß der Kommission festzuhalten. Abg. von Strombeck (Zentr.): Auch ich wünsche, daß die Komponisten finanziellen Erfolg von ihren Arbeiten haben sollen, aber ich stehe trotzdem auf dem Punkte des Antrags Rintelen. Es wird wenig bekannten Komponisten überhaubt sehr schwer werden, sich in weiteren Kreisen bekannt zu m gleichviel, ob die Aufführung ihrer Tonstücke frei gegeben ist oder nicht Der großen Zahl der ärmeren Künstler wird es unmöglich sein, die Genehmigung durch Zahlung einer Gebühr sich zu beschaffen; sie werden entweder auf die betreffenden Vorträge verzichten oder sie ohne Ge⸗ nehmigung reproduzieren, und daraus werden sich unzählige Prozese entspinnen. Dasselbe gilt von den Gesangvereinen, auf welche schon Herr Richter hingewiesen hat.

Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Dr. Nieberding:

Meine Herren! Ich möchte mir zunächst ein Wort gestatten zu der Kritik, welche der Herr Abg. Dr. Rintelen an der Fassung unseres Entwurfs geübt hat, der er in seinem Antrag eine bessere Fassung ent⸗ gegengesetzt zu haben glaubt. Er moniert, daß wir im Entwurf ge⸗ sprochen haben von Bühnenwerken und daneben von Werken der Tonkunst, indem er bemerkt, daß die Opern sowohl unter die Bühnenwerke als auch unter die Werke der Tonkunst fielen, daß infolgedessen eine Unklarheit entstehe, die beseitigt werden müsse. Eine Unklarheit entsteht im Entwurf insofern nicht, als die Bühnen⸗ werke und die Werke der Tonkunst unter dieselben Grundsätze gestellt werden. Ob Sie nun die Opern als Bühnenwerke ansehen wollen oder als Werke der Tonkunst oder als beides, ist gleichgültig; die Grundsätze, welche für sie zur Anwendung kommen, sind nach der Fassung des Entwurfs ganz zweifellos, und ein Irrthum kann da nicht entstehen. Ich glaube, der Herr Abg. Dr. Rintelen hat den Entwurf nach dieser Richtung doch nicht durchdacht.

Ich muß ihm aber meinerseits den Vorwurf, den er gegen unsere Fassung erhebt, bezüglich seiner Fassung zurückgeben. Er unterscheidet in seinem Vorschlag zwischen Bühnenwerken und musikalischen Werken und meint nun, den Opern ihre richtige Stelle bei den Bühnenwerken angewiesen zu haben. Ja, das ist eine petitio principii. Die Opern gehören auch zu den musikalischen Werken im Sinne unseres Entwurfs. Es wird also auch hier ein Unterschied gemacht, der für die Opern keine klare Stellung ergiebt; man kann sie unter die Bühnenwerke bringen, aber auch unter die musikalischen Werke; und da der Antrag Rintelen für diese beiden Kategorien verschiedene Grundsätze aufstellen will, so trägt er eine Unklarheit in den Entwurf hinein, die nicht statthaft ist.

Nun zur Sache selbst. Ich erinnere an das, was das Gesetz von 1870 gewollt hat, was nach meiner Meinung dasselbe ist wie das, was unser Entwurf erzielen will. Das Gesetz von 1870 stand geradeso wie unser Entwurf auf dem Standpunkt, daß jeder Komponist verlangen kann Honorar für seine Komposition, sobald sie öffentlich aufgeführt wird, und daß sich kein Komponist zufrieden zu geben brauche damit, daß schon die Noten bezahlt werden, daß in der Bezahlung der Noten an und für sich noch nicht das Honorar liege für die öffentliche Aufführung, und daß das Gesetz Vorsorge zu treffen habe, daß der Komponist auch für die öffentliche Aufführung seine Vergütung erhalte, falls er diese verlangt. Nun geht das Gesetz von 1870 von der Ver⸗ muthung aus: der Regel nach wird der Komponist, namentlich der junge Komponist, auf Honorar keinen Anspruch erheben, deshalb darf man ohne weiteres, wenn keine ausdrückliche Willenserklärung nach dieser Richtung vorliegt, annehmen, er giebt sein Werk der Oeffent⸗ lichkeit preis, deshalb sollen diejenigen Komponisten, die ihr Werk der Oeffentlichkeit nicht preisgeben wollen, einen entsprechenden Vorbehalt ausdrücklich bei der Publikation des Werks vermerken lassen. Diese Bestimmung wurde damals getroffen lediglich in der Voraussetzung, daß die Welt der Komponisten mit einer solchen Regelung einverstanden sei: lediglich im Interesse der Komponisten ist damals, und nicht, wie ich dem Herrn Abg. Richter gegenüber hervorheben möchte, mit Rücksicht auf das allgemeine Wohl und das Publikum, der gesetzliche Schutz in dem Vorbehalt gefunden.

Nun, meine Herren, lasse ich dahingestellt, inwieweit die Vor⸗ aussetzung, von der das Gesetz von 1870 ausgeht, damals thatsächlich begründet war. Das steht aber fest, daß sie zur Zeit nicht mehr be⸗ gründet ist; zur Zeit ist die Vermuthung, daß die Komponisten, wenn sie ein Werk veröffentlichten, der Regel nach auf ein besonderes Honorar für die Aufführung verzichten wollten, nicht mehr berechtigt. Und wenn der Herr Abg. Rintelen zur Begründung seines Antrags hier gesagt hat, die Komponisten dächten nicht daran, wenn sie Kom⸗ positionen veröffentlichten, auf ein Honorar für die Aufführung An⸗ spruch zu erheben, so, glaube ich, steht das mit der Wirklichkeit nicht im Einklang. Auch wir haben uns darüber unterrichtet, und ich glaube, wir sind berechtigt, zu sagen, daß nach den Informationen, die wir im Laufe der Jahre aus weiten Kreisen der musikalischen Welt gesammelt haben, der Regel nach der Komponist, auch der junge Komponist und auch für kleinere Kompositionen Anspruch auf ein Honorar erhebt, wenn er ein Werk herausgiebt und für dieses Werk die öffentliche Aufführung in Aussicht nimmt. Wir würder desbalb, wenn wir auf dem Standpunkt des Gesetzes ver 1870 bleiben und dem Komponisten nur in dem Fal eines ausdrücklichen Vorbehalts ein Honorar zubilligen wollten, den thatsächlichen Verhältnissen nicht Rechnung tragen, sondern im Gegentheil uns mit den thatsächlichen Zuständen in Widerspruch setzen und das Gesetz auf einem Grund aufbauen, der der Wirklichkeit nicht entspricht. Einfach diese Veränderung in den Verhältnissen seit 1870 ist es, die uns davon auszugehen zwingt, daß jede Komposition, wenn sie veröffentlicht ist, den Autor zu einem Honorar berechtigt, auch wenn er einen Vorbehalt nicht gemacht hat. Ich glaube, es kann gar kein Zweifel darüber bestehen, daß die übergroße Mehrheit der Verleger und Komponisten in diesem Punkte einverstanden ist trotz der entgegenstehenden Interessen, die sie zuweilen vertreten, und daß, indem wir den Satz des Entwurfs auf⸗ stellen, wir sowohl den Wünschen der Komponisten als auch denjenigen der Verleger entgegenkommen.

Die Stellung unserer Künstlerwelt auf musikalischem Gebiete bat

5 i übrigen der Berner Umion. Die Gegner vergessen, daß die geistigen

1 sich b ten drei Dezennien

1. 1 ganz außerordentlich entwickelt, die

günstler sind an Selbstbewußtsein gewachsen, was ihnen früher zum theil fehlte, und dieses Selbstbewußtsein ist gestärkt an dem Beispiel, das hnen die Autoren anderer Nationen gegeben haben. Sie haben gesehen, in anderen Nationen die Gesetzgebung den Künstlern ohne reiteres, wenn sie ihre Werke veröffentlicht haben, auch Anspruch 2 Honorar zubilligt; sie haben sich die Frage vorgelegt: weshalb sollen wir in Deutschland schlechter stehen als unsere Kameraden 88s Auslande? Sie haben sich auch gefragt: weshalb sollen „„ in Deutschland als Komponisten schlechter stehen als die Autoren literarischer, zur öffentlichen Aufführung be⸗ siimmter Werke? Auch ein Dramatiker bekommt sein Werk bezahlt vom Verleger, dessen ungeachtet wird niemand die Prätension zufstellen wollen, daß die Gesetzgebung zu dem Standpunkte zurück⸗ fehren sollte, wonach alle Aufführungen dramatischer Werke nun frei sein sollen. Mit Recht wirft der Komponist die Frage auf: weshalb sollen wir bezüglich unserer Kompositionen schlechter stehen als der Autor, der eine, wenn auch nur kleine, dramatische Arbeit veröffentlicht und ohne weiteres Schutz genießt, An⸗ spruch auf Honorar hat, sobald eine öffentliche Aufführung stattfinde? Dies ist der Standpunkt, auf dem die Gesetzgebung in Frankreich, Italien und Belgien steht, und dies ist der Standpunkt was schon der Herr Abg. Müller hervorgehoben hat —, auf den die internationale Entwickelung mehr und mehr hindrängt, wie sie auf dem Pariser Kongreß 1896 hervorgetreten ist, als damals in den Verhandlungen der lebhafte Wunsch ausgesprochen wurde, die Gesetz⸗ gebung der einzelnen Staaten möge nun den Weg beschreiten, den die Gesetzzebung Frankreichs, Italiens und Belgiens beschritten hatte, und das Honorar der Komponisten gegenüber den öffent⸗ lichen Aufführungen unabhängig machen von dem Vorbehalt. Solchen Anregungen in den internationalen Beziehungen haben wir eine gewisse Pflicht Rechnung zu tragen, wenn wir, worauf wir doch einen großen Werth legen müssen, an der Führung in diesen nternationalen Verhandlungen betheiligt bleiben wollen. (Sehr richtigl) Auf welchen Standpunkt kommen wir, wenn wir an der⸗ aktigen internationalen Erörterungen sympathisch theilnehmen und dann zu Hause Gesetze machen, die mit den Anschauungen, welche auf solchen internationalen Tagen vertreten wurden, in geradem Wider⸗ spruch stehen! (Sehr richtig! rechts.) Ich glaube deshalb, man darf sagen und darin hat der Herr Abg. Müller nach meiner Meinung das richtige Wort aus⸗ gesprochen —, nicht nur in denjenigen Staaten, die jetzt die Führung auf diesem Gebiete haben, besteht ein Recht, wie wir es bei uns einführen wollen, sondern in naher Zukunft wird dieses Recht nuch in den übrigen Kulturstaaten Europas seine Stelle einnehmen.

Nun ist der Herr Abg. Richter auf die Frage gekommen, wessen Interesse durch eine Bestimmung, wie wir sie hier vorschlagen, haupt⸗ sächlich gedient werde, und er hat sie zu meiner Ueberraschung dahin beantwortet, dem Interesse der großen Autoren, der angesehenen Komponisten werde dadurch entsprochen. Nein, das ist nicht richtig. Ich begreife nicht, wie der Herr Redner zu dieser Auffassung gelangt. Die großen Autoren, die an und für sich Ansehen in der musikalischen Welt genießen, brauchen ein Gesetz nach Art unseres Entwurfs gar⸗ nicht; die kommen mit ihrem Vorbehalt aus und können alle ihre Werke unterbringen, auch wenn der Vorbehalt darauf steht. Aber die kleinen, die jungen Komponisten, die heranwachsenden Talente sind nicht in der Lage, gegenüber der Oeffentlichkeit, dem Verlegerstande, dem Stande der Konzertunternehmer mit ihren Werken durchzudringen, wenn darauf der Vorbehalt gesetzt werden soll; die sind möthigt, ihre Werke preiszugeben, und würden sonst, worauf ech jeder Künstler allerdings vor allem Werth legt, r Oeffentlichkeit nicht gelangen können. Diese werden eschützt, wenn, wie im Entwurf allgemein statuiert wird, jeder künstler einen Anspruch darauf hat, daß ihm ein Honorar gezahlt wird, sobald sein Werk öffentlich aufgeführt wird, auch wenn kein dahin gehender Vorbehalt auf dem Werke gemacht wird.

Sodann muß ich weiter fragen, wessen Interesse denn bei dem geltenden Gesetz gedient wird, für wen wirkt das Recht, wie es jetzt besteht, und dagegen zu wessen Gunsten wird das Recht wirken, wie es unser Entwurf hergestellt zu sehen wünscht? Gegenwärtig kommt der Mangel des Vorbehalts an Werken junger Komponisten, die nicht in der Lage sind, gegenüber ihren Herausgebern den Vorbehalt zu erzwingen, wesentlich den Unternehmern von Konzerten zu statten. Für das Publikum ist es gleichgültig, das zahlt kein größeres Eintrittsgeld bei Werken, die geschützt, als bei Werken, die frei sind. Aber für den gewerblichen Unternehmer von Konzerten ist es keineswegs einerlei, er muß dem Komponisten in dem einen Falle ein Honorar gewähren, in dem andern braucht er es nicht. Unter dem jetzigen Recht steht die große Masse der Komponisten den Konzertunternehmern gegenüber wehrlos da. Wir wollen ihnen eine Waffe in die Hand geben, daß sie den ihnen gebührenden Antheil an den Aufführungen erhalten können. Dieser Unterschied in der Gesetzgebung hat auch seine sozialpolitische Bedeutung.

Dann ist die Ausführbarkeit unseres Vorschlages bezweifelt worden, und es sind eine Menge Fragen gestellt, die in der Theorie sehr gefährlich lauten; man müsse sich immer erkundigen, wo der Autor wohne, wo sich der Verleger befinde, ob der Autor noch am Leben, sein Werk noch geschützt sei u. s. w. Das sind alles Fragen, um Sie scheu zu machen gegenüber den Bestimmungen des Entwurfs, in der Praxis werden sich die Dinge sehr einfach gestalten, in der Praris wird das Bedürfniß von selbst zu den hier aushelfenden Organisationen führen, gerade wie das in anderen Ländern geschehen ist, ohne daß besondere Belästigungen für die Komponisten und für die Unternehmer dabei entstanden wären. Ich gehe dabei auf die Frage

der deutschen Anstalt für die Komponisten nicht ein, der Herr Abg. Rintelen hat diese Sache mit Recht einstweilen noch als Zukunfts⸗ musik bezeichnet; auch ohne diese Anstalt wird das Gesetz leben und wirken koͤnnen ohne erhebliche Schwierigkeiten, denn sehr bald werden zu den Agenturen, die wir jetzt schon auf diesem Gebiete haben, Loneertagenturen und ähnliche, die als Vermittler sich anbieten, neue Stellen hinzukommen, die über alle Fragen leicht erreichbare Auskunft geben, bei denen auch etwaige Abgaben für die Aufführungen ent⸗ richtet werden können, die nach dem Gesetz dem Komponisten ge⸗ bühren. Nach dieser Richtung, glaube ich, brauchen wir uns keinen esorgnissen hinzugeben, es liegen nirgendwo in der Welt Erfah⸗ rungen vor, welche solche Besorgnisse begründen können. Meine Herren, wir haben an dem Gesetzentwurf drei Jahre gearbeitet, wir haben Sachverständige aus allen Kreisen gehört, wir r einen ersten Entwurf und einen zweiten Entwurf er Oeffentlichkeit zur Krit ik übergeben, nach dieser Ri in sind

wir

uns niemals ernste Bedenken entgegengetreten, im Gegentheil, die Bestimmungen, die wir vorgeschlagen haben, haben, glaube ich, in der öffentlichen Meinung einen freundlichen Widerhall gefunden, und ich glaube, Sie handeln nicht gegen das Interesse der Allgemeinheit, wohl aber für das Interesse der Komponisten, wenn Sie die an⸗ gefochtene Bestimmung annehmen. Tragen Sie kein Bedenken, dies zu thun. (Bravo! rechts.)

Abg. Traeger: Die Anschauung, daß dem geistigen Eigen⸗ thum ein wirksamer Schutz zuzubilligen sei, ist verhältnißmäßig jung in Deutschland, und es giebt immer noch zahlreiche Leute, die den Begriff des geistigen Eigenthums für eigentlich inhaltslos halten, die mehr darin ein Wohlwollen gegen die Urheber von Dichtungen und Kompositionen sehen. Von jedem anderen Arbeiter und Schöpfer eines Werks wird angenommen, daß er um des Ge⸗ winnes, des Erwerbes, des Lohnes willen arbeite; aber der Dichter, der Komponist soll seine Schöpfungen der Allgemeinheit kostenfrei zur Verfügung stellen! Gegen diesen falschen Idealismus macht das Gesetz und die Kommission mit Recht Front. Das Urheberrecht hat aller⸗ dings Ehrenverpflichtungen auch gegenüber der Allgemeinheit, und diese sind in dem § 27 näaher angegeben. Wir haben uns nun erlaubt, eine weitere Fassung des § 27 vorzu⸗ schlagen, welche ich ihrer Geneigtheit empfehle. Danach sollen die Aufführungen von Vereinen von der Genehmigungsfreiheit ausgenommen sein. Diejenigen, die für die Aufrechterhaltung dieser Bestimmung eintreten, übersehen, daß es sich nicht allein um kleine Männergesangvereine handelt, sondern auch um große Musik⸗ vereine, welche große Aufführungen für ihre Mitglieder und deren Angehörige veranstalten und mit großem Aufwand Künstler und Vir⸗ tuosen dazu heranziehen. Warum sollen diese nicht auch dem Autor das Genehmigungsrecht vergüten? Weshalb sollen diesen Vereinigungen gegenüber die Komponisten schutzlos bleiben? Gerade größere Ton⸗ werke, Oratorien, Kammermusik werden von derartigen Vereinen mit Vorliebe zur Aufführung gebracht. Die kleinen Gesangvereine haben auch kein Anrecht darauf, eine Ausnahme zu machen; das Interesse der Musikpflege kann doch nicht ausschlaggebend sein. Es ist nicht abzusehen, warum ihnen das Aufführungsrecht umsonst zustehen soll. Der Komponistenverein, den man auf Grund dieses Gesetzes schon sich bilden sieht, würde durchaus mit großer Befriedigung zu be⸗ grüßen sein; denn er würde dem Interesse der Kunst und des Publikums gleichmäßig dienen, wie das französische Beispiel zeigt. Viele geistige Schöpfungen, sowohl Bühnen⸗ wie Musikwerke, sind an einer schlechten ersten Aufführung zu Grunde gegangen, und aus dieser Erkenntniß heraus haben sowohl die Bühnenschriftsteller⸗ vereine wie die Komponisten sich längst zusammengethan, um mit aller Kraft dahin zu wirken, daß eine gute, eine gediegene Erstaufführung zu stande kommt. So wenig man der Allgemeinheit das Rittergut anheimfallen lassen würde, welches ein Komponist aus dem Ertrage seiner Werke erworben hat, so wenig kann man verlangen, daß sein geistiges Eigenthum der Allgemeinheit ohne weiteres preisgegeben wird. Abg. Dr. Oertel: Nach dem bisherigen Rechtszustande und nach Annahme des Antrags Rintelen wäre es künftighin möglich, daß der Konzertunternehmer Zehntausende, die Diva und der erste Tenor Tausende verdienten, während der Schöpfer des Todwerks, der Ver⸗ mittler des Genusses, leer ausginge. Die ganze Komponistenwelt steht auf dem Boden des § 11 und sieht in dem bisherigen Zustand eine schwere Schädigung. Wir Reichstaägs⸗Abgeordneten sind ja im allgemeinen die klügsten Leute, die besser wissen, wo die Leute der Schuh drückt, als diese selbst; aber in etwas müssen wir doch die Herren selbst befragen, und wenn sie sich durch den § 11 nicht geschädigt fühlen, so müssen wir dem doch ein gewisses Gewicht bei⸗ messen. § 11“ ist für mich einer der wichtigsten Paragraphen des ganzen Gesetzes; er enthält einen der größten Fortschritte geltenden Rechts, indem er das Aufführungsrecht als integrierenden Theil des Urheberrechts hinstellt. Diesen wesentlichen, maß⸗ gebenden Fortschritt konnen wir nicht wieder beseitigen wollen, das ganze Urheberrecht würde damit ganz wesentlich entwerthet. Herr Rintelen selbst will ja auch den Vorbehalt an den Stücken zulassen; damit werden alle die Schwierigkeiten technischer Art herbeigeführt, welche man der Fassung des Entwurfs zum Vorwurf macht, wenn auch ihre Zahl etwas geringer sein mochte. Die umher⸗ ziehenden Musiker könnten ja vielleicht geschädigt werden, aber ihre Interessen können gegenüber der Gesammtheit der Musiker nicht durchschlagend in Betracht kommen. Unser Antrag enthält zwei be⸗ sondere Theile: er stimmt mit der Regierung überein in der Be⸗ freiung der Volksfeste ausschließlich der Musikfeste und in der Befreiung der Veranstaltungen zu wohlthätigen Zwecken; der Unterschied betrifft die vom Entwurf statuierten Ausnahmen für Veranstaltungen, welche keinem gewerblichen Zwecke dienen, und bei denen die Hörer ohne Ent⸗ gelt zugelassen werden. Daß diese Bestimmung zu weit gefaßt ist, wurde schon in der Kommission vielfach anerkannt, und da in der Begründung selbst die üblichen Veranstaltungen im Bereiche der Kirche, Schule, des Heeres und der Flotte aufgeführt sind, so haben wir diesen Passus in etwas erweiterter Form in unserem Antrage aufgenommen; auch die Vertreter der verbündeten Regierungen haben keine erheblichen Bedenken dagegen geäußert. Es werden ja oft musikalische Aufführungen veranstaltet, wo trotz der Unentgelt⸗ lichkeit ein Betrag für Programme oder Garderobe erhoben wird; dieser Umgehung beugt unser Antrag vor. Der bestrittenste Punkt ist die Nichtzulassung von Gesangvereinsaufführungen. Man kann be⸗ haupten, daß er die Bethätigung dieser Vereine zu beschränken geeignet sei. Aber die Vorlage will ihnen die Genehmigungs⸗ freiheit nur geben, wenn nur die Mitglieder und Nn. gehorigen dabei sind Wie will man das feststellen? Wenn die Gesangvereine öffentliche Aufführungen veranstalten, werden sie ebenso wie alle anderen öffentlichen Unternehmer gezwungen sein, die Genehmigung der Urheber einzuholen. Wesentlich schlechter als bisher werden die Vereine dadurch nicht gestellt. Bei Auf⸗ führungen gegen Entgelt würden sie ja schon nach der Vorlage die Genehmigung einholen müssen. Die Gesangvereine übertreiben un⸗ zweifelhaft die Gefahr, die ihnen hier droht. In Mitteldeutschland haben die Gesangvereine aktive und passive Mitglieder, die letzteren singen nicht, sondern trinken nur mit und hören zu. Bei Aufführungen derselben ist oft auf diese Weise das ganze Dorf zugelassen. Die Tantièmegesellschaft ist ja jetzt noch Zukunftsmusik, aber sie wird bald Gegenwartsmusik werden und die Anstalt gegründet werden, wenn die Heranziehung der Gesangvereine auf dem Boden unseres Antrags zur Thatsache wird. Dann werden auch die Gesangvereine besser dastehen als bisher, sie werden nicht mehr mit den einzelnen Komponisten, sondern nur mit der Zentrale der neuen Anstalt zu verhandeln haben. Die Vertreter der verbündeten Regierungen scheinen ihre ursprüng⸗ lichen Bedenken gegen die Streichung der Ziffer 3 ja auch zurück⸗ gestellt zu haben, nachdem eine Konferenz stattgefunden hat, welche das Inslebentreten einer solchen Anstalt viel wahrscheinlicher gemacht hat. Wir wollen vor allem aber das Recht des Urhebers den Zeitverhält⸗ nissen entsprechend klären und erweitern, und eine gedeihliche Durch⸗ führung dieser Absicht würde durch diese Rücksicht auf die Gesang⸗ vereine durchbrochen werden. Was wir als richtig erkannt haben, müssen wir grundsätzlich festlegen. F. Geheimer Ober⸗Regierungsrath im Ministerium der geist⸗ lichen ꝛc. Angelegenheiten Müller: Im preußischen Kultus⸗ Ministerium hat mit Tonkünstlern über diese Frage eine Konferenz stattgehabt: auch die Akademie der Künste ist gehört worden. Diese hat sich einstimmig dafür ausgesprochen, daß es im Interesse der öffentlichen Musikpflege liegen würde, wenn die Komponisten für öffentliche Aufführungen eine gewisse Gebühr erheben könnten. Auch die besten Komponisten haben mit Sorgen zu käͤmpfen, sie können aus ihren Kompositionen nicht so viel ziehen, daß sie davon bequem leben können, sie müssen Musik⸗ unterricht geben u. s. w., sodaß es ihnen nicht möglich ist, ihre Zeit auf das Komponieren zu konzentrieren. Die Genoössenschaft deutscher Komponisten hat auf diesem Boden entsprechende Vorschläge gemacht. Gegen den Antrag Oertel würden die verbündeten Regierungen einen

Einwand nicht erheben.

Vom Abg. Richter eingegangen: 11“

„Werke der Tonkunst, welche durch den Druck veröffentlicht sind, können ohne Genehmigung des Berechtigten öffentlich aufgeführt werden, falls nicht der Berechtigte auf dem Titelblatt oder an der Spitze des Werkes sich das Recht der öffentlichen Aufführung vor⸗ behalten hat. 2 8 . . Aluf die bühnenmäßige Aufführung einer Oper oder eines sonstigen Werkes der Tonkunst, zu welchem ein Text gehört, finden diese Vorschriften keine Anwendung.“

Abg. Beckh⸗Coburg (fr. Volksp.): Im ersten von den verbündeten Regierungen veröffentlichten Entwurf war die Freigabe der Gesangvereine an die Bedingung geknüpft, daß bei ihren Aufführungen ein besonderes Interesse der Kunst nicht obwalte. Dieser Satz, der alle Schwierig⸗ keiten beseitigt, ist jetzt fortgekommen. Ich kann nicht annehmen, daß die Autoren auf die Aufführungen der Gesangvereine einen so ausschlaggebenden Werth legen. Ich habe mich in der Kom⸗ mission vergeblich bemüht, festzustellen, wohin die Sängerfeste eigentlich gehören sollen, ob sie auch genehmigungsfrei sein sollen oder nicht. Eine Klarstellung ist nicht erfolgt. Es sind auch einige Fragen wegen der kleinen Vereine, besonders der kleinen Ge⸗ sangvereine, in der Kommission nicht beantwortet worden. Die Er⸗ klärung der deutschen Komponisten in Bezug auf die kleinen Vereine ist so vage gehalten, daß niemand etwas darauf geben kann. Viel⸗ leicht erhalten wir im Verlaufe der Berathung noch nähere Aufklärung. 8 für meine Person bin für die vollständige Freigabe der Gesangvereine. Wenn der Abg. Oertel ange⸗ führt hat, daß die Vorschrift der Unentgeltlichkeit der Gesangs⸗ vorträge dadurch umgangen werden könne, daß man für Pro⸗ gramme und Garderobe eine hohe Gebühr erhebt, so kann das ja ausnahmsweise mal vorgekommen sein, giebt aber jedenfalls kein Recht zu einem generellen Verbot. Den Komponisten sollte es doch sehr erwünscht sein, wenn ihre Werke von den Gesangvereinen auf⸗ geführt und dadurch populär gemacht werden. Mir ist deshalb die Agitation, die in dieser Beziehung von den Komponisten ausgeht, nicht erklärlich. Es ist jedenfalls von dem Abg. Oertel eine bodenlose Uebertreibung, wenn er sagt, daß das ganze Gesetz keinen Werth habe, wenn die von mir bekämpfte Bestimmung nicht in das Gesetz hineinkomme.

Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Dr. Nieberding:

Meine Herren! Zwei kurze Erklärungen gegenüber dem Herrn Vorredner. Der Herr Vorredner hat eine Aeußerung vom Regie⸗ rungstisch darüber gewünscht, ob denn auch bei kleinen Vereinen öffent⸗ liche Aufführungen denkbar sein würden, die unter den § 27 des Entwurfs fielen. Ich bedauere, auf diese Frage eine Antwort, die alle Fälle decken würde, nicht geben zu können. Es hängt dies von den Verhältnissen der einzelnen Fälle ab; es hängt das namentlich davon ab, wie die Mitgliedschaft in den Vereinen sich bildet, wie groß die Zahl der Mitglieder ist, in welchem Umfange die Angehörigen und weiteren Verwandten der Mitglieder zugelassen werden. Zweifellos giebt es eine große Anzahl kleiner Vereine, bei denen die Aufführungen als öffentliche im Sinne des Entwurfs nicht charakterisiert werden können Auf der anderen Seite kann man aber auch nicht bestreiten, daß manche Vereine ihre Aufführungen in einer Weise inscenieren, daß es unrichtig wäre, sie als öffentliche nicht zu bezeichnen. Wie gesagt, das muß der Beurtheilung der einzelnen Fälle vorbehalten bleiben.

ist folgender Antrag zum § 11

Dann hat der Herr Vorredner nochmals Bezug genommen auf die Erklärungen, die hier vom Regierungstisch abgegeben wurden

bezüglich der Verpflichtungen, die von seiten der Genossenschaft der deutschen Komponisten in Ansehung der Einschätzung der kleinen Vereine übernommen sind. Der Herr Vorredner meinte, diese Er⸗ klärungen seien so vage, daß ihnen irgend eine entscheidende Be⸗ deutung nicht beigemessen werden könnte. Meine Herren, die Er⸗ klärung, die Ihnen vorher mitgetheilt wurde, ist enthalten in einem formellen Schriftstück, das an meine Wenigkeit gerichtet ist, und ist mir zugegangen unter dem 14. d. M. Sie ist unterzeichnet von dem geschäftsführenden Ausschuß der Genossenschaft der deutschen Kom⸗ ponisten und vollzogen von dem Kapellmeister an der hiesigen König⸗ lichen Oper Richard Strauß, von dem Mitgliede des Senats der hiesigen Akademie der Künste Professor Rüfer und endlich von dem geschäftsführenden Mitgliede, Kapellmeister Rösch. In dieser schriftlichen Aeußerung, meine Herren, bindet sich die Genossen⸗ schaft der deutschen Komponisten dahin, daß auch für den Fall, daß die Verhältnisse wider ihr Erwarten eine Erhöhung ihrer Ein⸗ nahmen nothwendig machen sollten, sie zur Erhöhung ihrer Ein⸗ nahmen nicht zurückgreifen würden auf die Einnahmen von den kleinen Vereinen, sondern daß sie sich unter allen Umständen für absehbare Zeit gebunden halten würden an die für diese Vereine in dem be⸗ kannten gedruckten Promemoria enthaltenen Sätze. Bestimmtere Erklärungen als solche können unter den obwaltenden Verhältnissen 1 nicht erwartet werden, und die Kritik, die der Herr Vorredner an diese Aeußerung und an die Absichten der deutschen Komponisten knüpfte, ist, glaube ich, nach Lage der Sache nicht gerechtfertigt.

Abg. Dr. Rintelen begründet seinen Eventualantrag zu § 27, wonach bei Wohlthätigkeitskonzerten auch dann die Aufführungs⸗ freiheit bestehen bleibt, wenn an Stelle erkrankter Mit⸗ wirkender bezahlte Kräfte zugezogen werden müssen, damit die Konzertaufführungen nicht überhaupt ausfallen müssen. Frage, warum Gedichte ohne Genehmigung des Autors deklamiert werden dürfen, während einzelne Lieder nicht ohne Genehmigung in Vereinen ꝛc. gesungen werden dürfen, habe ihm keiner der Redner, die gegen seinen Antrag zu § 11 gesprochen hätten, erwidert. Dem Staatssekretär gegenüber halte er daran fest, daß die Komponisten kleiner Lieder Honoraransprüche nicht erheben würden.

Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Dr. Nieberding:

Der Herr Vorredner meinte soeben, ich hätte Unrecht mit meiner Behauptung, daß auch die Komponisten kleinerer Lieder Anspruch auf Honorar erheben. Er kam darauf zurück, daß die Komponisten kleinerer Lieder solche Ansprüche nie geltend machten. Ich will da nur einen Vorgang aus neuester Zeit anführen, der Ihnen Allen wohl noch in der Erinnerung sein wird, das Schicksal des berühmten und unglücklichen Lieder⸗Komponisten Robert Franz. Dieser hat dem deutschen Volk Lieder geschenkt, welche noch heute alle Kreise ent⸗ zücken. Während seine Lieder aber gesungen wurden, kämpfte er unter Erblindung mit der Noth. Das Volk hörte seine Lieder weiter, er bekam aber von den Aufführungen, welche diesen Liedern ihre Zug⸗ kraft verdankten, nichts, und es mußten sich Freiwillige zusammenfinden, um den armen Künstler zu unterstützen. Ist das der ideale Zustand, den Herr Dr. Rintelen im Auge hat? und darf ich dem gegenüber nicht behaupten, daß Komponisten kleiner Lieder nicht nur Anspruch haben, sondern ihn auch erheben auf einen Antheil an dem Gewinn, den die von ihnen gedichteten und öffentlich vorgetragenen Lieder bringen? 1

Abg. Dietz (Soz.): Von Harmonie zwischen Kapital und Arbeit war besonders in den Ausführungen des Abg. Traeger nichts zu spüren. Die Vorlage ist für uns das Beste. Wir sind ganz damit einver⸗ standen, daß sich eine Organisation der Autoren und Komponisten

Auf seine