1901 / 203 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 27 Aug 1901 18:00:01 GMT) scan diff

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Oesterreich⸗Ungarn. „. Der Kaiser hat, wie „W. T. B.“ aus Wien meldet, den Reichsraths⸗ und Landtags⸗Abgeordneten Grafen Stürgkh

und Anton Wodzicki die Geheimrathswürde verliehen.

Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht ein in anerkennendsten

Worten gehaltenes Handschreiben des Kaisers an den

Präsidenten der Akademie der Wissenschaften in Wien Dr. Süß anläßlich des Rücktritts desselben von der akademi⸗ schen Lehrthätigkeit.

Der frühere Reichsraths⸗Abgeordnete und Landeshaupt⸗ mann Graf Franz Coronini ist vorgestern auf Schloß St. Peter bei Görz nach kurzer Krankheit gestorben.

Großbritannien und Irland.

Der Kronprinz des Deutschen Reichs und von

ußen verließ gestern Crieff und begah sich, wie dem W. T. B.“ aus London gemeldet wird, nach Dunrobin Castle zu einem Besuch des Herzogs und der Herzogin von Sutherland. 1 1 In der gestrigen Sitzung der Kommission für die Prüfung der Entschädigungsansprüche der aus Süd⸗Afrika Ausgewiesenen trat der Vorsitzende Ardagh dem Entschädigungsanspruche eines in Preußen geborenen, in Amerika naturalisierten Geschädigten, Namens Nelken, entgegen; er nahm auf ein Schreiben desselben Bezug, aus welchem hervorgehe, daß dieser sich den Buren angeschlossen habe, um sein Eigenthum zu schützen, das die Buren beschlagnahmt hatten. Der Vorsitzende erklärte, die Kommission habe bereits in einem ähnlichen Falle entschieden, daß sie nicht in der Lage sei, Entschädigungsansprüche von solchen Personen zur Berücksichtigung zu empfehlen, die gegen Großbritannien gefochten haben. u““

Frankreich.

Der König von Griechenland reiste gestern von Aix⸗les⸗Bains nach Paris ab und wird sich, wie „W. T. B.“ erfährt, von dort nach Kopenhagen begeben.

Der Kriegs⸗Minister, General André traf gestern in Perpignan ein, um der Enthüllung eines Denkmals für die 1870 SSvg Soldaten Die Bevölkerung empfing den Kriegs⸗Minister mit den Zurufen „Es lebe André!“, „Es lebe die Republik!“— Ein dortiges Blatt meldet, der Komman⸗ dant von Perpignan, Generalmajor de Taradel, habe, als er die Rufe „Es lebe die Republik!“ gehört, gegen dieselben Einspruch erhoben. Diejenigen, welche seinen Einspruch ver⸗ nommen, hätten dann ihre Rufe „Es lebe die Republik!“ ver⸗ doppelt. Der Vorfall werde viel erörtert.

Die Mitglieder des Bureaus des Munizipalraths von Paris beschlossen einstimmig, dem Kaiser von Rußland ein Schreiben zugehen zu lassen, um Allerhöchstdemselben im Namen der Bevölkerung von Paris das Ersuchen auszusprechen, er möge die Stadt durch seine Gegenwart ehren.

Niederlande. 8

Dem Londoner „Daily Telegraph“ wird, wie „W. T. B.“ meldet, aus Hilversum vom 23. August berichtet, der Präsident Krüger habe im Laufe einer Unterredung erklärt: Nichts mit Ausnahme der Haltung der britischen Re⸗ gierung habe sich in der Lage der Dinge geändert. Die Buren befolgten dieselbe Taktik, welche sie bei Beginn des Krieges befolgt hätten. Man habe sie früher militärische Taktik genannt, dann habe man sie irreguläre Kriegführung geheiben. Es sei jetzt die Taktik der Vertheidigung. Die Zahl der Buren sei geringer geworden, aber ihr Wider⸗ stand zeige auch heute alle wesentlichen Merkmale einer regelrechien Kriegführung. Die Burenführer hätten ihre Mannschaften in der Gewalt, wie auch die Buren⸗ regierung das Burenvolk immer noch regiere. Die Proklamation Lord Kitchener’s könne nur eine Wirkung auf die Buren haben, die nämlich, daß ihre Gemüther verbittert, ihre Waffen gestählt würden und ihr Widerstand hartnäckiger gemacht werde. Die Behauptung von einer Verschwörung der beiden Republiken wider die britische Herrschaft in Sud⸗ Afrika sei eine häßliche Lüge. Er spreche es vor dem An⸗ gesicht des allmächtigen Gottes aus, es sei dies eine Lüge, welche Blutvergießen und Vernichtung erzeugt habe. Gott wisse, daß er die Wahrheit spreche, und seine Zeugen hienieden seien Lord Salisburyn und Chamberlain. Diese wüßten genau, daß das, was er spreche, wahr sei. Nieemals habe es eine verderblichere Lüge gegeben. Auf der Basis der Unab⸗ hängigkeit der beiden Republiken und voller Straflosigkeit der Afrikander der Kapkolonie könne noch immer ein wahrer, dauernder Friede geschlossen werden.

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Türkei.

Ueber die am Sonnabend kurz gemeldete Beilegung des türkisch⸗französischen Konflikts wird dem Wiener „K. K. Telegr.⸗Korresp.⸗Bureau“ aus Konstantinopel berichtet: Infolge wiederholter Drohung des französis Botschafters Constans, Konstantinopel zu verlassen, erließ der Sultan, welcher das Uebereinkommen über den Rückkauf der Quat⸗Anlagen in Konstantinopel als dem Interesse des Landes zuwiderlaufend betrachtete, den am 24. d. M. be⸗ kannt gegebenen Irade, der die französische Quai⸗Gesellschaft in Besitz ihrer Rechte gemäß dem Konzessionsferman setzt. Diese Lösung erscheint für die franzoösische Regierung zufrieden⸗ stellender. Uebrigens verfolgten die ersten Schritte Constang' nach dem Abbruch der zwei Jahre hindurch in Betreff der Ablösung zwischen der Pforte und der Gesellschaft ge⸗ pflogenen Verhandlungen denselben Zweck. Indessen bleibt es zwischen der Pforte und der Gesellschaft ver⸗ einbart, daß die Pforte noch im Laufe eines weiteren Jahres die Quais ablösen kann, was für den Augenblick die Klaufel des Pachtvertrages aufhebt, welche der Pforte das Recht der Ablösung nach 40 Jahren einräumt. Die er⸗ wähnten Rechte der Gesellschaft betreffen in der Haupt⸗ sache die haffun eines Fährendienstes zwischen Galata und Stambul, das Recht, das auf dem Quai gelegene Terrain frei zu verkaufen, sowie die Exrichtun von Lagerhäusern. Gemäß jenem Irade verpflichtet sch die Pforte, der Gesellschaft 700 000 Fr. als Entschädigung für den Verlust ihrer Rechte während der zweijährigen resultatlosen Verhandlungen über die Ablösung der Quais zu zahlen.

Gestern trat der französische Botschafter Constans einen Urlaub an und reiste von Konstantinopel ab.

Eine Note der „Agence Havas“ besagt, wie dem „W. T. B.“ aus Paris gemeldet wird: Der Botschafter

Constans hat völlige Fenuß chncn⸗ in der Quai⸗Frage er⸗

von demselben Tage meldet: 3 Offiziere und 65 Mann,

2.

r. Es findet jedoch noch eine Erörterung über die Höhe es Betrages, den die Pforte an Lorando und Tubini zu zahlen hat, statt. In dieser Lage der Dinge hat Constans dem Botschaftsrath Bapst die Leitung der Geschäfte übergeben.

Die Kaiserin⸗Mutter von Rußland, der Prinz und die Prinzessin Waldemar von Dänemark trafen, nach einer Meldung des „W. T. B.“, an Bord der Nacht „Polarstern“ gestern aus St. Petersburg in Kopenhagen ein und reisten sofort nach Schloß Fredensborg weiter.

Aus Reikjawik, der Hauptstadt von Island, wird unterm 17. d. M. berichtet, daß der Verfassungsreform⸗ Vorschlag Dr. Gudmundsson's, nach welchem ein Isländer als besonderer Minister für Island seinen ständigen Wohnsitz in Kopenhagen haben soll, end⸗ gültig vom Althing angenommen wurde. Einer Vor⸗ lage, betreffkend die Errichtung einer Aktienbank in Reikjawik, wurde vom Unterhause des Althings ebenfalls die Fafsnmnung ertheilt, und die Annahme derselben im Oberhause wird als sicher angesehen.

Der „Kölnischen eitung“ wird aus B berichtet, alle Edikte des Kaisers von China, welche die Anträge der Gesandten genehmigen, seien nunmehr erlassen worden, und es fehle nur noch ein Edikt, das die Zustimmung zur Verbesserung der Nangtse⸗Mündung giebt. An einer raschen Ertheilung auch dieser Zustimmung werde nicht gezweifelt.

Aus Söul ist, dem „Reuter'schen Bureau“ zufolge, in Yokohama die Meldung eingetroffen, daß der französische diplomatische Vertreter der koreanischen Regierung eine Reihe von Forderungen überreicht habe; unter anderem fordere er eine Entschädigung von 5000 Yen für die Ver⸗ luste französischer Staatsangehörigen sowie die Bestrafung von etwa 50 Personen, die an den Unruhen auf der Insel Quelpart betheiligt waren.

Die Kreuzer „Admiral Charner“ und „Guichen“, welche zur Zeit dem französischen Geschwader in Ost⸗Asien werden demnächst nach Frankreich zurück⸗ ehren.

Afrika.

Der britische Oberbefehlshaber in Süd⸗Afrika Lord Kitchener meldet, wie dem „W. T. B.“ aus London berichtet wird, in einer Depesche aus Pretoria vom 25. d. M.: „Ich erhielt einen langen Brief von Steijn, in welchem er die Angelegen⸗ heiten der Buren ausführlich darlegt und erklärt, daß er weiter kämpfen werde. Ich erhielt ferner ein kurzes Schreiben von Dewet, der sich in demselben Sinne ausspricht, und von Botha, der gegen die von mir erlassene Proklamation Einspruch erhebt und ebenfalls seine Absicht kundgiebt, den Kampf fortsetzen zu wollen. Andererseits hat sich jedoch in letzter Zeit die Zahl der Buren, die sich ergeben, beträchtlich vermehrt.“

Ein weiteres Telegramm Lord Kitchener's aus Pretoria

welche von Ladybrand her (im Südosten des Oranje Freistaats) auf der Rechten von Elliot's Mannschaften marschierten, ergaben sich auf ungünstigem Terrain am Morgen des 22. August und wurden von einer überlegenen Streitmacht der Buren gefangen genommen. Ein Mann war getödtet, und vier waren verwundet worden; die Gefangenen wurden wieder freigelassen. Lord Kitchener hat eine Untersuchung eingeleitet.

Ueber die gegenwärtige Lage auf dem südafrikanischen Kriegsschauplatze giebt das folgende Telegramm Lord Kitchener’'s vom gestrigen Tage Aufschluß: „Seit dem 19. d. M. sind 32 Buren gefallen, 24 wurden verwundet, 139 ge⸗ fangen genommen, und 185 ergaben sich; ferner wurden 245 Wagen, 286 Pferde und 6615 Stück Vieh er⸗ beutet. General Blood's Kolonne hat’ vom Norden her, ohne auf ernsten Widerstand zu stoßen, Middelburg erreicht. Die Obersten Altenby und Kekewich sind noch habei die Distrikte nördlich der Magalies⸗Berge zu säubern; hier haben sich auch die meisten Buren ergeben, darunter ein Enkel Krüger’'s. Die unter dem Befehl des Generals Knox stehenden Truppen haben zwischen Thabanchu und dem Oranjeflusse die Transvaaler und Kruitzinger’'s Mannschaften fortwährend beunruhigt. Das ist aber en⸗ wartig alles. Die Abtheilungen des Feindes und der Aufständischen in der Kapkolonie verbergen sich mit einigem Erfolge vor unseren Truppen und weichen „. aus. General Beatson’'s Kolonne drängt Scheepers; Kommando nordwärts. Nach der Verlustliste wurden am 19. d. M. bei Uniondale 10 Husaren gefangen genommen, die bisher noch nicht wieder freigelassen worden sind. Bei Heneenneerskop in der Nähe von Fauresmith wurden am 21. d. M. 4 Reguläre getödtet und 8 verwundet.“

Der Präsident Steijn und der Burengeneral Dewet befinden sich, wie dem „Reuter'schen Bureau“ aus Winburg emeldet wird, dem Vernehmen nach ganz nahe dem östlichen Ufer des Fishriver (Kapkolonie). Die Buren im Zentrum hätten sich in noch kleinere Trupps, als sie bisher bildeten, getheilt „und streiften mehr denn je bei Nacht umher. Es sei daher schwieriger geworden, sie zu stellen. Die Beschaffung von Lebensmitteln und Futter sei weniger schwierig wegen ihrer geringen Zahl. Die Buren erhielten fortgesetzt heimlich Pferdeersatz. Zwei Kommandos, im Ganzen 700 Mann, seien bei einem Versuche, den Oranje⸗ river zu überschreiten, um in die Kapkolonie einzudringen, zurückgeschlagen worden. 1“

Stmtistik und Volkswirthschafkt. rzahl, Arbeitslöhne und Arbeitsleistungen beim preußischen Bergbau im Jahre 1900.

Nach den Ergebnissen der vierteljährlich in den Bergbaubezirken Preußens angestellten amtlichen Er gen über die beim Bergban Fühe Arbeitslöhne und erzielten Arbeitsleistungen war die mittlere

ahl der beschäftigten Arbeiter einschließlich der zeitweilig wegen Krankheit oder aus anderen Ursachen feiernden, aber ausschließ⸗ lich der Beamten und sonstigen dauernd zur Aufsicht verwendeten

onen (Aufse bauer, Fahrhauer ꝛc.) im Jahre 1900

Arbeite

olgende (in Klammern sei die Angabe der Zunahme seit dem Vor⸗ beigefu ☛η—q

240 122 (+ 17 364) unterirdisch beschäftigte eigentliche Bergarbeiter,

89 700 g 9 356) sonstige unterirdisch beschäftigte Arbeiter,

97 018 (+ 8 934) über Tage beschäftigte Arbeiter, ausschließlich der

8 eee und weiblichen,

15 071 88 2 348) jugendliche männliche Arbeiter unter 16 Jahren,

5 7266 (+ 2290) weibliche Arbeiter, insgesammt

447 687 (+ 38 302) Arbeiter. Von dieser sich nach den Belegschafts⸗

listen ergebenden Gesammtzahl entfielen 8

auf den Arbeiter

Steinkohlenbergbau in Oberschlesien ... + 6 436)

Steinkohlenbergbau in Niederschlesien .. + 1 687) 31 692 3 758)

Braunkohlenbergbau 8 zers Beefchthetegsae des O 13 55 82 324) 5 527)

Steinsalzbergbau staatlichen Erzbergbau am Oberharz 3 080 190) Steinkohlenbergbau des Oberbergamtsbezirks Dortmund d1q1q1I1“n (+ 20 893) staatl. Steinkohlenbergbau bei Saarbrücken 40 303 + 2 254) Steinkohlenbergbau bei Aachen. 10 486 8* 472) siegen⸗nassauischen Erzbergbau 20 699 (+ 1 417) sonstigen rechtsrhein. Erzbergbau 8 218 (+ 366) linksrheinischen Erzbergbau oder auf den preußischen Steinkohlenbergbau überhaupt 361 391 (+ 31 742), auf den Braunkohlenbergbau 31 692 (+ 3758), auf den Erzbergbau 35 876 (+ 1951), auf den Kupferschieferbergbau 13 668 (+ 324) und auf den Steinsalzbergbau 5060 (+ 527) Arbeiter. Wiederum ist also die Zahl der im Bergbau beschäftigten Arbeiter bedeutend 1900 sogar noch weit stärker als in den Vorjahren gestiegen; es wurden im Ganzen 38 302 mehr eingestellt als im Jahre 1899, in welchem die Zunahme der Arbeiterzahl bereits 22 064 betragen hatte, nachdem sie auch schon im Jahre 1898 um 21 667, 1897 um 21 287 vermehrt worden war. In den vier Jahren 1897 bis 1900 hat sich somit die Zahl der im Bergbau beschäftigten Arbeiter um 103 320 und seit dem Jahre 1890 um rund 147 000 erhöht. Zum weitaus größten Theil waren die im vergangenen Jahre Hinzugekommenen erwachsene männliche Arbeiter. Immerhin erfuhr auch die Zahl der jugendlichen männ⸗ lichen Arbeiter unter 16 Jahren 1900 eine größere Zunahme als im Vorjahre, sie stieg um 2348 (i. J. 1899 um 1440), während die Zahl der Arbeiterinnen nur um 290 (im Vorjahre um 187) vermehrt wurde. Unter den jugendlichen männlichen Ar⸗ beitern befanden sich nur wenige im Alter von unter 14 Jahren. Der bei weitem rößte Theil der jugendlichen Arbeiter wurde über Tage beschäftigt; eine umfangreiche Verwendung der⸗ selben unter Tage fand nur beim Mansfelder Kupferschieferbergbau (865) und beim Steinkohlenbergbau im Oberbergamtsbezirk Breslau (644) statt. Von den 5766 Arbeiterinnen (einschließlich derjenigen unter 16 Jahren), welche die Belegschaftslisten nachweisen, beschäftigte allein der Steinkohlenbergbau in Oberschlesien 3969, der Braunkohlen⸗ bergbau des Oberbergamtsbezirks Felle 826, der siegen⸗nassauische Erzbergbau 396, der niederschlesische Steinkohlen ergbau 309, der rechtsrheinische Erzbergbau ohne Siegen⸗Nassau 183, linksrheinishe 72 und der Steinkohlenbergbau bei Aachen 21, während beim ganzen staatlichen Bergbau, beim Steinkohlenbergbau des Oberbergamtsbezirks Dortmund, beim Kupferschiefer⸗ und Steinsalzbergbau weibliche Arbeitskräfte, wie schon in den Vorjahren, überhaupt nicht verwendet wurden. Die Zahl der jugendlichen weiblichen Arbeiter erreichte nur beim Erzbergbau (Aufbereitungsanstalten) des Oberbergamtsbezirks Bonn einige Be⸗ deutung und betrug überhaupt in den hier in Betracht kommenden Bergbaubezirken im Durchschnitt des Jahres 1900: beim Steinkohlen⸗ ] in Oberschlesien 48, beim Braunkohlenbergbau des Bezirks Halle 14, beim siegen⸗nassauischen Erzbergbau 179, beim sonstigen rechtsrheinischen Erzbergbau des Oberbergamtsbezirks Bonn 90 und beim linksrheinischen Erzbergbau dieses Bezirks 13. Wiee die Arbeitsgelegenheit, so hat auch der Arbeitsverdienst der im Bergbau beschäftigten Arbeiter eine weitere Steigerung erfahren. Die Gesammtsumme der im vergangenen Jahre gezahlten Nettolöhne (d. h. nach Abzug aller Nebenkosten) betrug 509 521 099 ℳ, das sind 71 592 242 mehr als im Vorjahre, 118 337 514 mehr als im Jahre 1898, 156 956 788 mehr als im Jahre 1897, 199 427 783 mehr als im Jahre 1896 und 228 435 768 mehr als im Jahre 1895. Pro Kopf aller Arbeiter (einschließlich der jugendlichen und weiblichen) ergiebt sich ein durchschnittliches Reineinkommen von 1138 im Jahre 1900 gegen 1070, 1010, 964, 900 und 848 in den 1 Vorjahren. In den einzelnen Zweigen und Distrikten des Bergbaues betrug der durchschnittliche Nettolohn in Mark: 8 8 2 beim 8 dagegen in den Jahren 1899 1895 1890 1888 Steinkohlenbergb. in Oberschlesien 877 801 675 671 516 Steinkohlenbergb. in Niederschlesien 910 846 737 735 630 Steinkohlenbergb. des O.⸗B.⸗A.⸗ „Bez. Dortmund (m. 220 031 Arb.) 1332 1255 968 1067 863 staatl. Steinkohlenb. b. Saarbrücken 1044 1019 929 1114 Steinkohlenbergb. b. Aachen 1194 1069 868 87 Braunkohlenbergbau des So

68 425 22 146

Steinsalzbergbau O.⸗B.⸗A.⸗“ 1142 1100 988 1012 KupferschieferberZbau Bez. Halle 1013 967 785 853 staatl. Erzbergb. am Oberharz 665 645 603 613 siegen⸗nassauischen Erzbergbaun 996 944 620 676 sonstigen rechtsrhein. Erzbergbau 870 823 643 639 linksrheinischen Erzbergbau 728 712 616 634 .

Die Erhöhung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes wa demnach für die verschiedenen Zweige des Bergbaues und für die ein⸗ zelnen Berghaudistrikte verschieden, aber an ihr nahmen alle Berg⸗ arbeiter theil. Es bob sich der durchschnittliche Jahresverdienst eines Arbeiters im Jahre 1900 beim Steinkohlenbergbau in Saar⸗ brücken weiter um 2,45 %, im Oberbergamtsbezirk Dortmund um 6,14 %, in Niederschlesien um 7,57 %, in Oberschlesien um 9,49 % und im Aachener Bezirk um 11,69 %, beim Braunkohlen⸗ bergbau im Bezirk Halle um 6,89 %, beim Salzbergbau in demselben Bezirk um 3,82 %, beim linksrheinischen Erz⸗ bergbau um 2,25 %, beim Erzbergbau am Oberharz um 3,10 %, beim Mansfelder Erzbergbau um 4,76 %, beim siegen⸗nassauischen um 5,51 % und beim sonstigen rechtsrheinischen Erzbergbau um 5,71 % Auch der Schichtlohn ist in allen Bezirken gestiegen, und zwar in einigen mehr, in anderen weniger als der Ia renobn⸗ Eine Erhöhung um mehr als 3 % trat ein: beim Steinkohlenberghau im Oberbergamtsbezirk Dortmund um 5,56 %, in Niederschlesien um 7,14 %., in Oberschlesien um 8,75 % und bei Aachen um 11,59 %, beim Braunkohlenbergbau im Bezirk Halle um 6,62 %, hbeim Salz⸗ bergbau in demselben Bezirk um 3,57 %, beim Mansfelder Erz⸗ —— um 5,33 %9, beim siegen⸗nassauischen um 6,12 % und beim sonstigen rechtsrheinischen Erzbergbau um 6,21 ° Die mitgetheilten Zahlen geben das reine Jabreseinkommen pro Kopf der Belegschaft einschließlich der jugendlichen und aller weib⸗ lichen Arbeiter an. Für die gr 11 der erwachsenen männ⸗

en Arbeiter überstieg die Höhe des Nettolohns diejenige dieses Gesammtdurchschnitts ganz erheblich. So belief im Stein⸗ kohlenbergbau in dem nahezu die Hälfte aller A der berg⸗ baulichen Betriebe b beschäftigenden Oberbergamtsbezirk Dortmund, in wel der Gesammtturchschnitt der Lohne die Höhe von 1332 cerreichte, der der unterirdisch beschäftigten geszrichen Bergarbeiter, deren Zahl dort im Jahre 1900 112 928 betrug und 51,3 % der gesammten Seagfcheft ausmachte, auf 1592 (1899 auf 1491 ℳ) im Jahre 5,16 (1899 4,84) pro Schicht, bei Aachen, wo zu dieser Klasse 6368 Arbeiter oder 60,7 % der ganzen Belegschaft gehörten, auf 1346 (1185) im Jahre oder 4,45 (3,93) pro icht, Saarbrücken für 24 047 arbeiter oder 59,7 % der gesammten Belegscha auf 11 11189 im Jahre oder 4,11 (3,99) pro Schicht, der

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r beim Steinsalzbergbau unterirdisch beschäftigten eigent⸗ lichen Bergarbeiter (ungefähr der Hälfte der ganzen Belegschaft)

oberschles Steinkohlenbergb. 1 77

e“ 82 Zur Arbeiterbewegung.

wie hiesige Blätter mittheilen, gestern

auf 1204 (1157) im Jahre oder 4,01 (3,85) pro Schicht u. s. f. In Schlesien betrug der Reinverdienst der Kohlen⸗ und Gesteinshauer 1900 durchschnittlich 1228 im Jahre oder 4,44 pro Schicht in Ober⸗ und 1123 im Jahre oder 3,71 pro Schicht in Nieder⸗ schlesien; von der Gesammtbelegschaft umfaßte diese Arbeiterklasse 27 % in Ober⸗ und 30 % in Niederschlesien. Die niedrigsten Löhne wies, wie schon in den Vorjahren, im allgemeinen der Erzbergbau auf, bei dem der Reinverdienst nur für die 14 494 in Siegen⸗Nassau unterirdisch beschäftigten Bergarbeiter 1081 (1899: 1031 ℳ) im Jahre oder 3,79 (359) pro Schicht erreichte. Hier ist der niedrigere Stand der Löhne darauf zurückzuführen, daß der Erzbergbau, namentlich am Oberharz und im linksrheinischen Bergrevier, in einer viel weniger günstigen Lage als die übrigen Zweige des Bergbaues sich befindet, was auch aus der Thatsache her⸗ vorgeht, daß am Oberharz die Zahl der im Erzbergbau beschäftigten Arbeiter sich vermindert hat. Die im Mansfelder Kupferschieferberg⸗ bau unterirdisch thätigen 9377 Bergarbeiter verdienten durchschnittlich 1084 (1029) im Jahre oder 3,60 (3,41) pro Schicht, die 10 503 beim Braunkohlenbergbau des Bezirks Halle unterirdisch beschäftigten eigentlichen Bergarbeiter ebenfalls 1084 (1899: 1005) im Jahre oder 3,58 (3,32) pro Schicht. Der Jahresverdienst der weib⸗ lichen Arbeiter schwankte zwischen 311 bei 279 Arbeitsschichten (d. i. 1,11 ℳ, im Vorjahre 1,02 pro Schicht) im oberschlesischen Steinkohlenbergbau und 496 bei 297 Arbeitsschichten (d. i. 1,67 ℳ, i. Vorj. 1,57 pro Schicht) im Braunkohlenbergbau des Bezirks Halle. Die hier mitgetheilten Lohnziffern verstehen sich nach Abzug aller Nebenkosten (wie der Beiträge für die Versicherung gegen die Folgen von Krankheit, Alter, Invalidität und Tod, der Kosten des Arbeits⸗ Gezähs, der Sprengmittel und des Geleuchtes). Ebenso wenig ist in den angegebenen Zahlen der Werth der den Arbeitern seitens der Werke zu theil gewordenen wirthschaftlichen Beihilfen enthalten, welche vornehmlich in Gestalt von Ackerland, Wohnung und verschiedenen Deputaten gewährt werden; beispielsweise betrug der Werth der beim staatlichen Erzbergbau am Oberharz den Arbeitern gewährten Brot⸗ kornzulage 10 pro Schicht oder rund 30 im Jahr.

Die Schichtdauer einschließlich der Ein⸗ und Ausfahrt und der Ruhepausen überstieg für die Mehrheit der unterirdischen Beleg⸗ schaft beim Steinkoblenbergbau 10 Stunden nicht. Nur in Oberschlesien hatte noch ein großer Theil 12 stündige Schichten. Aus dem Dortmunder Bezirk sind nur die Grenzwerthe mitgetheilt, zwischen denen die Schichtdauer schwankte; im allgemeinen währte die Schicht 8 Stunden. Beim Braunkohlenbergbau betrug die Schicht unter Tage durchschnittlich 11,7 Stunden. Dies erklärt sich aus der geringen Tiefe der Gruben, welche gestattet, daß die Bergleute zu den 2 und Mittagspausen ausfahren; die wirkliche Arbeitszeit

elief sich im allgemeinen noch nicht auf 10 Stunden. Beim Erz⸗

bergbau schwankte die Schichtdauer unter Tage zwischen 8,2 und und 11,1 Stunden Im Großen und Ganzen hat die Schichtdauer der Arbeiter unter Tage wie derjenigen über Tage gegen das Vorjahr keine wesentliche Veränderung erfahren.

Die Jahres⸗Arbeiterleistung beim Steinkohlenbergbau hat sich im Jahre 1900 weiter allgemein vermindert, und zwar in Oberschlesien um 4,12 %, in Niederschlesien um 2,13 %, bei Saar⸗ brücken um 1,53 % und im Oberbergamtsbezirk Dortmund um 1,35 %. Im Vergleich mit den Vorjahren stellt sich diese Leistung auf e der Belegschaft (ausschließlich der Aufsichtsbeamten), wie folgt: b Staats⸗ schlesien 8 bergwerke)

858öö 1““ 379 219 , 237 363 215 27 233. Auch die Leistung auf 1 Schicht ist in allen vier Bergbaubezirken weiter zurückgegangen.

Zum Schluß sei den Lohnverhältnissen der Bergarbeiter noch das Einkommen der in den vorstehenden Ausführungen nicht berück⸗ sichtigten Grubenbeamten (einschließlich der ständigen Aufseher, Oberhauer, Fahrhauer u. s. w.) gegenübergestellt. In den Jahren 1900 und 1899 betrugen im Durchschnitt die Zahl und das Ein⸗ kommen der Beamten ꝛc.:

Dortmund

Beamtenzahl Jahreslöhne beim 1900 1899 1900 1899

ℳ6 1 640 1 949 niederschles. 4 938 818 1 703 Braunkohlenbergb. des 1 234 1 152 1 474 Kupferschieferbergb. O.⸗B.⸗A. 315 301 1 790 Salzbergb. Bez⸗ Halle heeeb 1 932 staatl. Erzbergbau am Harz. 1“ 128 1 861 Steinkohlenb. d. Bezirks EEE““ 1 935 staatl. Steinkohlenb. b. Saar⸗ brüigen. . . .. . .g6.) g. nn Steinkohlenbergb. b. Aachen n“ 1 861 legen⸗ mfliech Erzbergbau 606 1 359 onstig. rechtsrhein. Erzbergb. 297 1 483 linksrheinischen Erzbergbauw . 164 * 1 370 insgesammt 12 818 (geg. 11 757 im Vorjahre), die ein Netto⸗Einkommen von 24 164 029 (gegen 21 275 300 im Vorjahre, 19 351 300 im Jahre 1898, 17 753 700 im Jahre 1897 und 16 385 670 im Jahre 1896) im Ganzen bezogen. Auch die Jahreslöhne der Beamten ꝛc. waren, wie diese Uebersicht erkennen läßt, am höchsten beim Steinkohlen und Salzbergbau. am niedrigsten beim Erz⸗ und Braunkohlenbergbau; nur der staatliche Erzbergbau weist Beamtenbesoldungen auf, deren Höhe diejenige der beim Stein⸗ kohlenbergbau an die Beamten ꝛc. gezahlten Jahreslöhne annähernd

6 677

Die Bauanschläger Berlins (vergl. Nr. 202 d. Bl.) haben eschlossen, die Arbeit bei solchen Firmen wieder aufzunehmen, welche den von den Anschlägern geforderten Tarif anerkennen und den Anschläger⸗Arbeitsnachweis he⸗ nutzen, sowie weder dr nes noch dem Verbande der Schlosser angehören. Ferner dürfen Anschläger, die vor dem Ausstand für Bauherren direkt arbeiteten, unter ‚denselben Voraussetzungen ihre Thätigkeit wieder aufnehmen; ebenso auch auf den Bauten, wo die Anschlagarbeiten wegen des Ausstands von den Innungsmeistern nicht fertiggestellt werden können, wenn die Lieferung aller Beschläge dem Anschfäger überlassen bleibt. 8 c Die Berliner Kohlenarbeiter und ⸗Kutscher, sowiz die⸗ jenigen der Vororte beschlossen, ihren Prinzipalen folgende Forde⸗ rungen zur Annahme zu unterbreiten: W lohn für Kutscher 27 ℳ, Stundenlohn für Arbeiter 40 ₰, Ueberstunden und Sonntagsarbeit 50,4: Abtragen von 200 Ztr. Preßkohlen in der Stadt 6 ℳ; Arbeitszeit von 6 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends, bezw. von 7 bis 7 Uhr, einschließlich der zweistündigen Ruhepausen. Die Arbeitnehmer haben einen Bes hierauf bis Sonnabend, den 31. d. M., erbeten. (Vergl. Nr. 201,00 d. Bl. 2 . Landsberg a. W. beschlossen, nach der „Voss. Ztg.“, die dort bereits seit einiger Zeit ausständigen Maurer⸗ und Zimmer⸗ gesellen (vergl. Nr. 145 d Bl.) den Vertrag mit den Arbeit⸗ nehmern zu den bisherigen Löhnen von 30 bis 37 für die Stunde zum 1. Juni 1903 anzuerkennen. Die ersteren erklärten sich hier⸗ mit einverstanden, worauf der Ausstand für beendigt erklärt wurde. In Anina ist, wie der „Rbh.⸗Westf. Ztg.“ aus Budapest telegraphiert wird, unter den dortigen Grubenarbeitern der öͤsterreichisch⸗ungaxischen Staatsbahngesellschaft eine Lohnbewegung im Dieselbfn verlangen die Einführung der Sonntagsruhe und

1 nicht im Staatsbeamten⸗Verhältni stehen 12 beracfsichtigt. 8 1

*

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wurden wir jedoch endgültig von dichten

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den achtstündigen Arbeitstag und beabsichtigen, falls dies nicht be⸗ 2⸗ werden sollte, in den Ausstand zu treten (vergl. Nr. 42/00 . Bl.).

In Voiron (Dep. Isère) sind, der „Volks⸗Ztg.“ zufolge, 360 Arbeiter der dortigen großen Papierfabrik wegen nicht bewilligter Lohnforderungen in den Ausstand getreten.

Wum Stahlarbeiter⸗Ausstand in den Vereinigten Staaten von Amerika (vergl. Nr. 197 d. Bl.) erfährt die „Frankf. Ztg.“ aus New York, daß der Bergarbeiter⸗Verband und auch die Eisen⸗ bahnarbeiter die von ihnen verlangte Strikebetheiligung abgelehnt haben. Der Vereinsvorsitzende der Stahlarbeiter, Schaffer, ist ferner, dem Vernehmen nach, ermächtigt worden, mit dem Stahltrust Ver⸗ handlungen wegen Beilegung des Ausstandes anzuknüpfen. 8

Kunst und Wissenschaft.

Ueber die neuesten Expeditionen zur Vermessung, topographischen Aufnahme oder wissenschaftlichen Untersuchung von noch undurch⸗ forschten Gegenden in Nord⸗ und Süd⸗Amerika, sowie über die jüngsten Unternehmungen zur Erforschung der Polargegenden ent⸗ nehmen wir dem geographischen Monatsbericht des letzten Hefts von „Petermann's Mittheilungen“ (Gotha, Justus Perthes) Folgendes:

Vier Dampfer der S. U. Coast and Geodetic Survey sind in diesem Jahre mit Küstenvermessungen in Alaska beschäftigt; namentlich wird eine Reihe von Meerengen, deren Kenntniß noch auf alten russischen Aufnahmen beruht, neu vermessen werden.

Drei Mitglieder der U. S. Geological Survey, Dr. C. Willard Hayes, T. Wayland Vaughan und A. Speneer sind nach Cuba beordert worden, um die geologische und mineralogische Auf⸗ nahme der Insel in Angriff zu nehmen; die Kosten trägt die Ver⸗ waltung von Cuba.

Die Maatschappij ter bevordering van het Natuurkundig Onder⸗ zoek der Nederlandsche Kolonisn entsendet mit Unterstützung der Regierung den Major A. L. Bakhuis nach Niederländisch⸗ Guiana zur Ausführung topographischer Aufnahmen, und zwar soll zunächst die Vermessung des obern Surinam⸗Thals in An⸗ griff genommen werden.

Die Wiener Akademie der Wissenschaften hat aus den Mitteln der Treitl⸗Stiftung eine naturwissenschaftliche Ex⸗

edition nach Südbrasilien entsandt, welche botanisch⸗biologische owie geologische Untersuchungen in den Staaten Rio de Janeiro, Säo Paulo und Parana ausführen soll. Leiter der Expedition ist der Direktor des Wiener botanischen Gartens, Professor Dr. R. von Wettstein; Theilnehmer sind Professor Dr. Scheffner aus Prag und der Geologe Dr. von Kerner. Die Expedition ist Anfang Mai in Rio de Janeiro eingetroffen.

Von der russischen Expedition nach Sannikow⸗Land unter Leitung von Baron Ed. Toll traf am 10. Juli bei der russischen Akademie der Wissenschaften das folgende, vom 16. Avril datierte und in Jenisseisk aufgegebene Telegramm ein: „Ich bin glücklich bis zum Taimyr⸗Busen gekommen, wo ich überwintere. In der Nähe des Archer⸗Hafens haben wir eine Station für meteoro⸗ logische Beobachtungen errichtet. Matthiessen hat die Nordenstjöld⸗ Inseln erforscht. Kolomeizew habe ich an die Jenissei⸗Mündung ge⸗ sandt mit dem Auftrage, Kohlenstationen zu errichten. Ich selbst werde mit Koltschak die Tscheljuskin⸗Halbinsel durchaueren. Zum Kommandanten der „Sarja“ habe ich Matthiessen ernannt. Wir sind alle gesund.“

Die Nordpol⸗Expedition von Professor Baldwin hat einen wesentlich größeren Umfang angenommen, als ursprünglich beabsichtigt war; auch hat der Leiter des Unternehmens den anfänglichen Plan des Mäcens der Erxpedition, des Herrn Ziegler in New Vort welcher die Erreichung des Nordpols als alleinige Aufgabe der

Erpedition aufgestellt hatte, beträchtlich erweitert. Baldwin hat drei Schiffe zur Verfügung, von denen ihn zwei, das eigentliche Expeditionsschiff „America“ und der Dampfwaler „Frithiof“, nach Franz Josef⸗Land begleiten; letzteres Schiff tritt nach Landung der Vorräthe und Ausrüstungen sofort die Rück⸗ fahrt an. Die Expedition, welche am 16. Juli von Tromsö aufgebrochen ist, läuft zunächst Archangel an, um 400 Hunde und 15 Ponies an Bord zu nehmen. In Franz⸗Josef⸗Land soll, soweit wie möglich, zu Schiff vorgedrungen und dann das Winterquartier bezogen werden, von dem aus Proviantdepots bis an die Nordküste des Archipels vorgeschoben werden. Im Frühjahr wird die Schlitten⸗ erpedition mit 30 Mann, 300 Hunden und den Ponies aufbrechen; die schwächeren Hunde dienen zur Ernährung der stärkeren. Allmählich werden die Expeditionsmitglieder in einzelnen Abtheilungen zurückgesandt, bis endlich nur Baldwin mit drei bis sechs Begleitern den letzten Vorstoß zum Pole unternimmt. Von dort aus will sich Baldwin nach der Ostküste von Grönland wenden, wo inzwischen von dem dritten Schiffe, der von der belgischen antarktischen Expedition her bekannten „Belgica“, zwei große Depots errichtet worden sind. Baldwin, welcher selbst Meteorolog ist, wird von einer Reihe von Fachleuten auf dem Gebiete der Geologie, des Erd⸗ magnetismus, der beschreibenden Naturwissenschaften begleitet, sodaß, selbst wenn das weitgehende Programm nicht im vollen Umfang zur Ausführung kommen sollte, eine bedeutende wissenschaftliche Ausbeute zu erwarten ist.

Ostgrönland ist auch das Ziel des Norwegers Amundsen, welcher dort Nachforschungen nach dem Kapitän Sverdrup anstellen will, der 1898 durch den Smithsund nach Norden aufbrach in der Absicht, auf dem „Fram“ eine Umfahrung von Grönland auszuführen; die letzten Nachrichten von ihm stammen vom Frühjahre 1899.

ußer von dem russischen Admiral Makarow, welcher mit seinem Eisbrecher „Jermak“ die Nordspitze von Nowaja Semlia umfahren will und dabei auch Untersuchungen der Häfen und topographische Aufnahmen anstellen wird, soll die Inselgruppe in diesem Jahre von einer schwedisch⸗finischen Expedition unter Leitung von Lic. D. Ekstam und Dr. T. Alën besucht werden, welche vom Matotschkin⸗Scharr aus an der wenig bekannten Ostküste nordwärts vordringen wollen, um geologische und pflanzengeographische Unter⸗ suchungen anzustellen.

Die schwedische Südvolar⸗Expedition unter Leitung des Dozenten Dr. O. Nordenskjöld wird Ende September die Aus⸗ reise auf dem „Antarctic“ antreten. Als wissenschaftliche Begleiter ind gewonnen Dr. A. Ohlin und Dr. K. A. Andersson für Zoologie,

r. G. Bodman für Hydrographie und Meteorologie, Dr. E. Ekelöf als Schiffsarzt; die topographischen und geologischen Aufnahmen wird Dr. Nordenskjöld selbst vornehmen.

Aus Archangelsk wird dem „W. T. B.“ unter dem 26. August berichtet: Der Beamte Tschulkow erhielt von dem Chef der nach Nowaja Semlja entsandten Expedition, Borusowm, folgenden, aus der Matoschkin⸗Meerenge vom 10. April d. J. datierten Brief: Zu Ende vorigen Sommers ab sich die Expedition auf der „Metschka“ 8 dem Karischen Meere. Windstille und Eis waren der Fahrt sehr hinderlich. Wir gelangten bis zur Mündung des Tschekin. Hier wurde sämmtlicher

roviant für die Depots ausgeladen, da sich das freie er mit einer Eisschicht von einem Zoll Stärke und mehr bedeckte,

sodaß das Schiff bei vollen Segeln und mäßig starkem Winde unbe⸗ weglich stand. Nur bei starkem Winde vermochte es sich langsam fortzubewegen. Die ratur der Luft fiel auf 7 Grad unter dem Gefrierpunkt, die des Wassers bis auf 1,6 Grad. Am 19. September faßten wir den Entschluß, nach dem Ueberwinterun in der See⸗ unds⸗Bai zurückzukehren. Auf der Rückfahrt wurde das iff von aufgethürmten Eisschollen eingeengt, wobei es fast einfror. Wir wollten das Fabehgag verlassen und zu Fuß nach dem Ueberwinterungsort gehen. Nach einigen Tagen wurde das Eis aber von großen Wellen ge und es bildeten sich weite, freie Stellen. Wir befreiten jetzt das iff vom Eise und hofften, die Matotschkin⸗Meerenge zu erreichen. In der

assen eingekreist.

Ziffern als 1900 auf.

blieb nichts anderes übrig, als entweder das Schiff zu verlassen und zu versuchen, das Ufer zu erreichen und dort mit ge⸗ nügendem Vorrath längere Zeit auszuhalten, oder aber auf dem Schiff den ganzen langen Winter über bei geringem Vorrath zu verbleiben. Wir wählten das erstere und verließen das Schiff. Erst beim Flusse Sawin, 200 Werst südlich von der Matotschkin⸗Scharr⸗Meerenge, gelang es uns, an Land zu kommen. Wir nährten uns von rohem Seehundsfleisch, das Blut bildete das Getränk. Die Studien und Zeichnungen dieses Sommers, die wissen⸗ schaftlichen Sammlungen und einige Instrumente gingen verloren, aber wir alle sind gerettet. Wir haben ausgezeichnet überwintert und viele Zeichnungen aufgenommen. Alle sind gesund. Heute begab sich Borissow mit dem Zoologen Timofejew und zwei Samojeden nach der karischen Seite und weiter nach Norden.

Von Spitzbergen wird dem „W. T. B.“ unter dem 21. d. M. über Tromsö gemeldet: Kapitän Bauendahl baut hier einen 8 m langen und 15 m tiefen Zweimaster, der mit Proviant für 2 Jahre versehen und mit zwei Mann an Bord möglichst nahe an die Küste von Grönland geschleppt werden soll. Bauendahl will mit diesem Schiffe längs der Ostküste nordwärts vordringen. 1

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Die Kokonsernte und der Seidenmarkt Italiens.

Der Kaiserliche Konsul in Mailand berichtet unterm 9. d. M.:

Die Kokonsernte Italiens im Jahre 1900 wird auf Grund statistischer Erhebungen auf 42 716 000 kg mit einem Seidengehalt von 3 275 000 kg angegeben, mithin höher, als auf Grund der vorläufigen Schätzungen angenommen wurde. Der Ertrag der diesjährigen Ernte (1900) ist schätzungsweise mindestens Wum 15 % hinter den Ergebnissen der vorjährigen Ernte zurückgeblieben und hat somit etwa 36 Mill. kg Kokons ergeben. Der Seidengehalt derselben soll besser als im Vorjahre ausgefallen sein, sodaß die Seideninteressenten sich berechtigt halten, den Gesammt⸗ ertrag an Seide auf 2 850 000 kg, also um 425 000 kg weniger als im Jahre 1900, zu schätzen.

Diesem quantitativ wie qualitativ ungünstigeren Ergebniß ent⸗ sprechen die bisher erzielten Preise nicht. Während an und für sich eine Preissteigerung infolge des geringeren Angebots an Waare natürlich gewesen wäre, weisen die Durchschnittspreise der sechs Märkte Novara, Alessandria, Voghera, Brescia, Lodi und Mantua niedrigere iff Dieselben waren für

v1““ 1 901 Lire

3,2520

2,9940

Brescia GL9b 1111“““ eeeee“ und ergaben einen Gesammtdurchs im Jahre 1900 von 3,7871 Lire und im laufenden Jahre von nur 2,8776 Lire für reine gelbe Kokons. In Piemont sind hingegen im allgemeinen höhere Preise als im Vorjahre bezahlt worden.

Die Züchter haben hiernach nicht diejenigen Gewinne erzielt, die sie auf Grund des geringeren Ergebnisses glaubten erwarten zu dürfen, mußten sich vielmehr mit einem bescheidenen Verdienst zufrieden geben. Die Aussaat an Samen war geringer als im Vorjahre und schon darauf berechnet gewesen, die Kokons⸗ produktion etwas einzuschränken. Die Aufzucht der Seidenwürmer fiel aber nicht günstig aus und brachte vielfach Verluste. Wenngleich das Laub der Maulbeerbäume an Güte den Anforderungen entsprach, so war doch andererseits die Ernährung der Würmer durch die an⸗ fänglich kalten, regnerischen und dann unvermittelt heiß sich ent⸗ wickelnden Witterungsverhältnisse der Kampagne sehr beeinträchtigt worden. Das Ergebniß war der unverhältnißmäßige und nicht er⸗ wartete geringere Seidenertrag der diesjährigen Ernte. 8

Die bestimmenden Ursachen für die Gestaltung der Kokonspreise lagen wesentlich in der gedrückten Lage des Seidenmarkts. Waren schon die Preise für Rehseide bei Sckuß der vorjährigen Kampagne so erheblich heruntergegangen, daß man den niedrigsten Punkt in der Bewegung erreicht zu haben glaubte und Hoffnungen auf Besserung des Marktes Raum gab, so hat die weitere Entwickelung der Seiden⸗ preise noch manche Enttäuschung gebracht. 1 1

Die Preise, die für klassische Gregie 11/13 auf 49 Lire und für sublime Gregie 10/12 auf 47 Lire für das Kilogramm gestürzt waren, gaben im Laufe des vergangenen und im Anfang dieses Jahres noch weiter nach und rräichten ihren vorläufig niedrigsten Stand im April d. J. für klassische Gregie 11/13 mit 39,50 bis 40 Lire und für sublime Gregie 10/12 mit 40,50 Lire. 1

Die Weber hatten bis zu diesem Zeitpunkt sich von größeren Käufen zurückgehalten und sich beschränkt, den für den Augenblick nothwendigsten Bedarf zu decken. Dies in Verbindung mit dem stark angewachsenen Lager von Rohseide, besonders in YPokohama, dessen Bestand am 31. Dezember 1900 sich auf 1 320 000 kg gegen 582 000 kg am entsprechenden Tage des Vorjahres bezifferte, hatte das Weichen der Preise verursacht und einer pessimistischen Stimmung unter den Spinnern die Unterlage gegeben.

Diese Umstände machten sich die Weber in geschickter Weise zu Nutze, und es gelang ihnen, aus dem Markte etwa 1 150 000 kg Rohseide zu ziehen, ohne daß die Preise wesentlich in die Höhe gingen. Die Ankäufe, namentlich von amerikanischer Seite, wurden in erster Linie in Pokohama gemacht und erleichterten so erheblich den Markt von den vorhandenen Vorräthen an Rohseide. Während des Mai versahen sich die Weber auch in Mailand unter günstigen Preisbedingungen mit Rohseitde, stellten dann aber ihre Käufe ein, als die Spinner ihre Bestände zurückhielten und höhere Preise ver⸗ langten. Die Preise zogen an, und zwar für klassische Gregie 11/13 bis auf 44 Lire und für sublime 10/12 bis auf 44,50 Lire, um dann wieder etwas abzuflauen. Die Weber scheinen sich bis Mitte Sep⸗ tember in genügender Weise versorgt zu haben. Vor diesem Zeitpunkte hält man auch eine Wiederbelebung des Seidenmarkts nicht für wahr⸗ scheinlich. Die Spinner hoffen aber für den Herbst auf ein besseres Seidengeschäft, indem sie auf eine Reihe günstiger Momente hin⸗ weisen, unter welchen die größere Lebhaftigkeit des amerikanischen und lülches Markts und die Mode, welche Seidenstoffe un Bänder aus Seide wieder mehr ünstigen soll, neben Erwägungen über die nicht allzu hohen Rohseidenbestände des Weltmartts die Hauptrolle spielen. Daneben verhehlt man sich nicht, daß der noch immer nicht beendigte füdafrikanische Krieg und die neuerdings in Deutschland und Rußland zur Erscheinung ge⸗ kommene wirthschaftliche Krisis jene günstigen Momente wieder auf⸗ heben könnten. ““

Die Seidenhäuser Mailands ruhen zumeist auf gesicherter Grund⸗ lage und koͤnnen, wenn sie auch Verluste zu verzeichnen haben, die wenigstens zum theil durch die großen Gewinne des Jahres 1890 sich ausgleichen mögen, mit Ruhe der Zukunft entgegensehen. Die Lage des Seidenmarkts und seine Aussichten für die Zukunft werden daher in Mailand mit Besonnenheit beurtheilt. 1b

Auch im abgelaufenen Jahre hat die Bedeutung Mailands als Seidenmarkt im Vergleich zu Lvon zugenommen, wenn schon die Be⸗ stände an Rohseide in den Trocknungsanstalten beider Plätze etwas zurückgegangen sind. Es lagerten in 1

Lyvon Mailand

e“ kg 1899 äzzn⸗ 8 723 715 IVIbbb 7 223 535.

Das Uebergewicht Mailands über Lvon bezifferte sich hiernach im Jahre 1899 auf 1 193 604 kg und im Jahre 1900 auf 1 223 763 kg.

*) Anmerkung: Die stände von Lvon wurden früher für 1899 auf 7 558 720 kg an

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