1901 / 284 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 30 Nov 1901 18:00:01 GMT) scan diff

Deutscher Reichstag. 100. Sitzung vom 29. November 1901. 1 Uhr.

Am Tische des Bundesraths: Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner. Vor dem Sitz des Präsidenten ist ein Blumenarrangement aufgestellt, welches die ebenfalls in Blumen ausgelegte Zahl „100“ zeigt. 1 8 Präsident Graf von Ballestrem; Ich eröffne die hundertste Sitzung in dieser Session. Aus diesem Umstande haben die Herren Sizurgahrer Veranlassung genommen, den Präsidentensitz so herrlich zu schmücken. Ich spreche Ihnen dafür meinen Dank aus. Die zweite Lesung des Entwurfs einer Seemanns⸗ ordnung wird bei dem § 33 fortgesetzt, welcher lautet: „Liegt das Schiff im Hafen oder auf der Rhede, so ist der Schiffsmann nur in dringenden Fällen schuldig, länger als zehn Stunden täglich zu arbeiten. In den Tropen wird diese Zeit auf acht Stunden beschränkt. Bei Berechnung dieser Arbeitsdauer ist der Wachtdienst in Rechnung zu bringen. Diese Vorschriften finden auf Schiffsoffiziere keine Anwendung. Den Schiffsoffizieren ist im Hafen oder auf der Rhede eine Ruhezeit von mindestens acht

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Stunden innerhalb jeder 24 Stunden zu gewähren“.

Die Abgg. Albrecht und Genossen (Soz.) wollen die Arbeitszeit in den Tropen auf höchstens 8. Stunden normiert wissen.

Ein Antrag des Abg Dr. Stockmann (Rp.) will da⸗ gegen die Beschränkung auf 8 Stunden nur gelten lassen, „so⸗ weit es sich nicht ausschließlich um Aufsichtsdienst oder Arbeiten zur Verpflegung und Bedienung der an Bord befindlichen Personen handelt.“ Am Schlusse des § 33 schlägt der An⸗ trag Stockmann bezüglich der Ueberstundenarbeit den Zusatz vor:

„Soweit sie nicht zur Verpflegung und Bedienung der an Bord befindlichen Personen, zum Seeklarmachen des Schiffes oder zur Sicherung des Schiffes in dringender Gefahr erforderlich ist.“

Abg. Metzger (Soz.): Wir halten die Vorschriften bezüglich der Tropenarbeit fuͤr nicht scharf genug und bitten, das Wort „höchstens“ einzufügen. Aeußerungen aus Rhederkreisen, denen selbst die Formu⸗ lierung der Kommission noch zu weit geht, lassen uns die durch dieses Gesetz bedingte größere Sicherstellung des 8⸗Stundentages in den Tropen durchaus erforderlich erscheinen. Den Antrag Stockmanu, welcher diese Erleichterungen der Schiffsmannschaften in den Tropen wieder in Frage stellen würde, bitten wir abzulehnen.

Abg. Dr Stockmann: Wir haben in der neuen Seemanns⸗ ordnung eine Reihe von Erleichterungen und Verbesserungen des gegenwärtigen Zustandes für die Seeleute geschaffen. Wir haben aber nicht das Recht, eine Materie einseitig zum Besten nur des einen Theils der daran Interessierten und zu Ungunsten des anderen Theils, hier der Rhederei, zu regeln. Wir dürfen über das als absolut noth⸗ wendig erkannte Maß nicht hinausgehen. Diesem Standpunkt ent⸗ sprechen die von mir gestellten Anträge. 8 1

Unter⸗Staatssekretär im Reichsamt des Innern Rothe: Meine Herren! Die von dem Herrn Abg. Dr. Stockmann gestellten Anträge bitte ich aus den dafür angeführten überzeugenden Gründen anzu⸗ nehmen, dagegen den Antrag der Herren Abag. Albrecht und Genossen nicht anzunehmen. Dieser Antrag will in den zweiten Satz des § 33 das Wort „höchstens“ einfügen, sodaß der Satz lauten würde: in den Tropen wird diese Zeit auf höchstens 8 Stunden beschränkt. Wenn die Absicht ewesen sein sollte, durch diesen Zusatz dafür Sicherheit zu schaffen, 88 nicht länger als 8 Stunden Arbeit gefordert werden darf, so wäre der Antrag entbehrlich; denn das liegt schon in dem Beschluß der Kommission, die Arbeitszeit auf 8 Stunden zu beschränken, das heißt zweifellos: mehr darf nicht verlangt werden. Der Antrag muß also etwas Anderes bedeuten, und nach den Aus⸗ führungen des Herrn Abg. Metzger ist dies auch anzunehmen. Er schildert die Schwere der Arbeit in den Tropen und scheint den Wunsch zu haben, daß man noch unter 8 Stunden

1 dürfe. Das würde sich nur dadurch bewerkstelligen lassen, daß die Vorschrift des Gesetzes im Wege des Vertrages zu Gunsten des Schiffsmanns abgeändert werden kann. Ist der Antrag so zu verstehen, so setzen sich die Herren Antragsteller damit in rinen auffallenden Gegensatz gegen das Prinzip, für das sie während der bisherigen Berathungen aufs eifrigste gekämpft haben, daß nämlich ie Veceinbarung überall ausgeschlossen sein soll, auch wo sie zu Gunsien des Schiffsmanns getroffen werden sollte. So ist es den Herren Antragstellern gelungen, auch aus diesem Paragraphen die Klausel der Regierungsvorlage herauszubringen, welche hier die freie Vereinbarung zulassen wollte, unter Umständen aber auch zu Gunsten der anderen Partei. Der Antrag würde die Folge haben, daß die Hafenarbeit des Schiffsmanns in den Tropen auf weniger als acht Stunden festgesetzt werden kann, nicht dagegen auf mehr. Es steht das im Gegensatz zu der Gestaltung, welche die Vorlage in der Kommission unter Mitwirkung der Herren Antrag⸗ steller erhalten hat, und insofern auch im Gegensatz 2* Regierungs⸗ vorlage, als die Abweichung von der gesetzlichen Regel hier nur ein⸗ seitig zu Gunsten des Schiffmanns zulässig sein würde. Da nun die Arbeit in den Tropen schon auf acht Stunden beschränkt ist gegen die Absicht der Regierungsvorlage, und da hierdurch die Rheder nament⸗ lich kleinerer Segelschiffe in den Tropen schon stark belastet werden, so mochte ich glauben, daß die Vorlage bereits so weit geht, wie man zu Gunsten des Schiffsmanns in den Tropen nur gehen kann. Dazu kommt, daß die Schiffsarbeit in den Tropen meistens von den Ein⸗ geborenen, der farbigen Bevölkerung, verrichtet wird. Ich möchte 5 dringend bitten, den Antrag abzulehnen, der in ähnlicher Form hei späteren Paragraphen wiederkehrt, und daher ein Prinzip und wart ein den Vorgängen widerstreitendes Prinzip darstellt.

Geheimer Ober⸗Regierungsrath im Ministerium für Handel und Gewerbe von der Hagen bittet ebenfalls, den ersten Antrag Stock⸗ mann auf jeden Fall anzunehmen. Den kleineren Rhedereien würde eine nicht zu bewältigende Belastung zugemuthet, wenn es ausgeschlossen werden sollte, den Aufsichtsdienst über die Verpflegungs⸗ und Be⸗

dienungzarbeit auch außerhalb der acht Stunden dem niederen Schiffs⸗ persoual zu übertragen. 8 3 5 *Schwar p⸗Lübeck (Soz.) hält den Ausdruck „Aufsichts⸗ dienst“ so dehnbar und vieldeutig, daß er schon aus diesem Grunde in der g. des Antrags Stockmann komme. Was die Ver⸗ pflegungs⸗ und Bedienungkarbeit anbetreffe, so müßten gerade die Stewards und die Koche in den Tropen mehr als bisher geschützt werden. .

8* Raab (Reformp.): Auch ich balte für sehr erwünscht, daß

die und Köche in jedem Hafen eine Freizeit mindestens

Höbe des Kommissionsvorschlages gewahrt wird. Ich bitte daher

ie Pehee⸗ abzulehnen. Den Antrag Albrecht sebe ich

b ü. an.

Abg. Bargmann (fr. Veolkep) schließt sich in allen Punkten dem

an.

RMetzger beanstandet noch hesonders die Forderung des An⸗

tockmann, Ueberarbeit zum Sceklarmachen nicht be⸗ eeklarmachen gehöre auch das Abscheuern

wobei die Manns stundenlang auf den

n. tr.): Den Antrog Albrecht lehnen wir ab, für d präzise halten. Die Antr ebenfalls ab mit der Ansnahme, daß wir der Ueberarbeit bei dringender ahr stimmen. ): Es ist nicht richtig, wenn im ag. die Stewards und Köche überhaupt nicht

luf den g Dampfern ist das Be und eine eer Zeit zur . Steckmann An 8 gerade bezüglich der rbeit.

so steht doch fest, daß diese Arbeit weit weniger anstrengend ist als die sonstige Thätigkeit der Schiffsmannschaft, daß es also unbedenklich ist, hier eine Verlängerung der Arbeitszeit auf 10 Stunden zuzu⸗ lassen. Dem Abg. eßger erwidere ich, daß auch bei Annahme meiner Anträge so viel Vortheile für die Seeleute in der neuen See⸗ übrig bleiben, daß Sie Bedenken tragen werden, diese preiszugeben. 8

Abg. Schwartz⸗Lübeck: Gerade die beim Löschen oder Beladen oder an den Hilfsmaschinen die Aufsicht führenden Schiffsleute sind die allerangestrengtesten; die müssen den ganzen Tag arbeiten; und nun will man ihnen auch in den Tropen, wenn das Schiff im Hafen oder auf der Rhede liegt, die freie Zeit verkürzen, indem der Auf⸗ sichtsdienst nicht als Arbeit gelten soll.

Geheimer Ober⸗Regierungsrath im Reichsamt des Innern von Jonquidres bittet, bei der Abstimmung zu beachten, daß der § 33 sich nur auf die Arbeitszeit im Hafen oder auf der Rhede beziehe. Die Verhältnisse auf der Fahrt selbst seien hier nicht maßgebend und kämen für die Beschlußfassung über § 33 nicht in Betracht; sie wären von ver⸗ schiedenen Rednern ganz zu Unrecht mit in die Erörterung gezogen worden. Deshalb empfehle sich die Annahme des Antrages Stock⸗ mann bezüglich der Ueberstundenarbeit des Verpflegungs⸗ und Be⸗ dienungspersonals. 8 8 8 .

Abg. Frese: Auf den Lloyddampfern ist thatsächlich ein mehr als ausreichendes Bedienungspersonal vorhanden, wie überhaupt der Dienst auf diesen bequemen und komfortablen Dampfern weit an⸗ genehmer ist als auf den ausländischen Linien.

Abg. Molkenbuhr (Soz.) legt im einzelnen dar, welche Arbeitslast den Stewards obliege, und fragt, ob man für die Stewards in den Tropen den Schutz nicht für erforderlich halte, der sonst für jeden Schiffsmann verlangt werde. Dieselben hätten auch in den Tropen schwere Arbeiten zu verrichten, die Treppen herauf⸗ und hin⸗ unterzulaufen, die Matratzen auszuklopfen, das gesammte Geschirr zu putzen, die Treppen und Fußböden zu scheuern ꝛc. ꝛc.

Die Anträge Stockmann werden angenommen, der Antrag Albrecht abgelehnt. Der § 33 im Ganzen gelangt in dieser Modifikation zur Annahme. b Der § 34 enthält folgende Vorschriften über den Wacht⸗ dienst auf See: 1

„Auf See geht die Mannschaft des Decks⸗ und Maschinendienstes Wache um Wache. Die abgelöste Wache darf nur in dringenden Fällen zum Schiffsdienst verwendet werden. Auf Dampfschiffen ist die ablösende Maschinenwache verpflichtet, das vor der Ablösung er⸗ forderliche Aschehieven zu besorgen. Diese Vorschriften gelten nicht für Fahrten von nicht mehr als zehnstündiger Dauer. G

Auf Dampfschiffen in transatlantischer Fahrt wird für das Maschinenpersonal der Dienst in drei Wachen eingetheilt.

Unter welchen Umständen im übrigen eine Mannschaft in mehr als zwei Wachen zu gehen hat, bestimmt der Bundesrath.“

Nach den Anträgen der Abgg,. Albrecht und Ge⸗ nossen soll in Absatz 1 der letzte Satz „Die Vorschriften u. s. w.“ gestrichen werden. Der Absatz 2 soll folgende Fassung erhalten:

„Auf Dampfschiffen wird für die den Dienst auf Deck ver⸗ sehenden Schiffsoffiziere, soweit nicht unter besonderen Umständen eine doppelte Besetzung des Wachtdienstes erforderlich wird, und für das Maschinenpersonal der Dienst in drei Wachen eingetheilt.“

Ein Antrag des Abg. Dr. Herzfeld (Soz.) will als Absatz 4 hinzugefügt wissen:

„Die Mannschaft zur Verpflegung und Bedienung der an Bord befindlichen Personen ist nur in dringenden Fällen schuldig, länger als 10 Stunden zu arbeiten.“

Abg. Frese bittet, es bei den Kommissionsbeschlüssen zu belassen und die Anträge abzulehnen. Wenn auch für die Deckoffiziere ein Drei⸗Wache⸗System eingeführt werden solle, so müßte ein dritter Offizier angestellt werden, der nicht immer das Schiffer⸗Patent habe und nicht nur sein eigenes Schiff, sondern auch ein begegnendes fremdes Schiff in Gefahr bringen könnte. 8

Abg. Schwartz⸗Lübeck empfiehlt den Antrag auf Streichung der Worte „in transatlantischer Fahrt“ damit, daß unter diesem Ausdruck eigentlich nur die Fahrt nach Amerika zu verstehen sei. Der Antrag zu Gunsten der Deckoffiziere sei eigentlich selbstverständlich, da die Deckoffiziere einen anstrengenderen Dienst hätten als die eigent⸗ lichen Seceleute, die Verantwortung zu tragen und alle Arbeiten zu überwachen hätten.

Abg. Raab hält den Antrag auf Streichung der Worte „in transatlantischer Fahrt“ für richtig, beantragt aber, eventuell dafür u setzen „in großer Fahrt“. Mit der Bezeichnung „transatlantische Fahrt⸗ wisse man in seemännischen Feishe nichts anzufangen. Diese Bezeichnung komme nirgends vor. Die Prüfungsordnung für Schiffer kenne nur eine große und kleine Fahrt und eine Küstenfahrt, aber keine transatlantische. Die Deckoffiziere hätten eine schwere und ver⸗ antwortungsvolle Arbeit. Das Unglück der „Crathie“ sei durch den schlafenden Deckoffizier veranlaßt worden. Die Seeoffiziere hätten in eindringlichster Form immer klarzumachen versucht, daß ihnen bei der deutschen Marine der gleiche Schutz und die gleiche Schonung geboten werden müßte wie den englischen Offizieren, für welche der Drei⸗ Wachendienst eingeführt sei. Auch der Deutsche Nautische Verein, von dem für die Offiziere nicht viel Freudiges zu erwarten sei, habe mit 23 gegen 5 Stimmen den Drei⸗Wachendienst für die Deckoffiziere bei großer Fahrt gefordert. Es müsse dafür gesorgt werden, daß nicht immer die besten Kräfte des deutschen Seeoffizierstandes in fremde Marinen übertreten. 2

Abg. Schwartz⸗Lübeck empfiehlt den Antrag Herzfeld. Auch die Arbeitszeit müsse für die an Bord sich befindenden Leute geregelt werden.

Abg. Frese hebt noch gegen den d.ee hewor, daß es sehr schwer sei, das ganze Seeoffizier Personal auf dem Schiff zu⸗ Eö“ wenn nicht etwa weniger große Ansprüche gemacht würden. Aber die Offiziere hätten Schiffsladung und Sicherheit der Mannschaft zu Frübenes. Es sei nicht immer möglich, Deck⸗ offiziere zu erhalten, die schon das Zeugniß für große Fahrt hätten.

o müßten Offisiere mit dem zweiten Zeugniß die Wache heziehen und Entscheidungen treffen, die besser durch Offiztere mit dem Zeugniß für große Fahef rse würden. Dem kleinen Rbeder dürfe das Leben nicht zu sehr erschwert werden. Dem Abg Molkenbuhr bestreitet der Redner, daß zu wenig Personal an Bord des Schiffes sei. Die Stewards hätten in dem Hafen keineswegs mehr zu thun als auf See. Die großen Dampfer hätten jetzt eine Lie von 6 und 7 Tagen, und in dieser Zeit hätten die Stewards ausnehmend viel uße und Ruhe.

Unter⸗Stoatssekretär im Reichsamt des Innern Rothe: Meine

1 Die Bestimmungen des § 34 sind von der Kommi sion in drei Berathungen auf das Eingebendste durchgesiebt und es sind alle die Einwendungen, die hier der Herr Abg. Schwartz vorgetragen hat, auf das Sorgfältigste erörtert worden. Die eczmäfier ist zule zu der Fassung gelangt, wie sie Ihnen vorliegt, und ich darf wohl annehmen, daß die Mebhrheit des dohen Hauses auch in diesem Punkte ecs bei den Kommissionsbeschlüssen wird belassen wollen. Einen ge⸗ wissen Eindruck scheint mir der Herr Abg. damit haben, daß er darauf hinwies, der „trankatla 8 Fahrt“ in Abs. 2 wäre nicht feststehend. Richtig in

er in die Gesetzgebung bhisber noch nicht 54— ist. In der Praxis der Serschiffahrt besteht aber kein Zweifel dar. über, was „transatlantische Fahrt“ ist, weder bei der Marine noch bei der Handelsschiffahrt. Auch hat die Ffebemsegeesenscen in ibren Unfallverhütungsvorschriften den Begriff so umschrieben daß die Praris wenig Zweifel haben wird. Streicht man, bloß weil man den ff des ies noch nicht für voll feststehend ansieht, die Worte in ö Fahrt“, dann kommt heraus, daß auf bcicen in jeder Fahrt das Maschinenpersonal in 3 i eingetheilt sein soll, auch innerhalb der Ostser und der Nordsee, soweit nicht § 120

würde von kleineren Rhedereien nicht zu leisten sein. Uebrigens ver⸗ zichtet auch die Vorlage nicht darauf, in der nicht⸗transatlantischen Fahrt, wenn die Umstände es erfordern, die Eintheilung in 3 Wachen herbeizuführen; denn Absatz 3 lautet: „Unter welchen Umständen im übrigen“ also auch bei Dampfern auf nicht⸗transatlantischer FSe „eine Mannschaft in mehr als 2 Wachen zu gehen hat, bestimmt der Bundes⸗ rath.“ Gerade weil die Sache sich nicht schablonenhaft regeln läßt, ist sie hier dem Bundesrath übertragen. Zwei Worte möchte ich noch sagen zu dem von den Herren von der Linken neu beantragten Absatz 4, wonach für das Aufwärterpersonal, im Gegensatz zu allem, was sonst bisher beschlossen ist, auch auf See ein Mindestarbeitstag, und zwar von 10 Stunden, festzusetzen sei. Ich wollte diese Gelegenheit nun benutzen, um darauf aufmerksam zu machen, daß analoge Fragen auf dem Lande schweben. Bekanntlich hat die Kommission für Arbeiter⸗ statistik Untersuchungen angestellt über die Arbeitszeit der Gehilfen in Schank⸗ und Gastwirthschaften und ist dabei zu dem Ergebniß ge⸗ kommen, daß bei der Eigenthümlichkeit des Dienstes der Kellner und Köche des Dienstes, den auf Schiffen die Stewards versehen —, man höchstens eine gewisse Ruhezeit vorschreiben könne, dagegen nicht eine Mindestarbeitszeit, am wenigsten in dem Maße, wie das in dem Antrage vorgesehen ist. Nach den Vorschlägen der Kommission für Arbeiterstatistik würde eine Arbeitszeit für die Kellner von 16 Stunden immer noch gesetzlich zulässig sein, da sie eine Mindest⸗ ruhe von 8 bis 9 Stunden vorgeschlagen at. Abg. Molkenbuhr behauptet, daß die Vorschläge der Kommission für Arbeiterstatistik die Stewards weit mehr überbürdet haben würden, als die Kellner es schon seien. Abg. Raab ersucht die Regierung um eine authentische Inter⸗ pretation, was unter „transatlantisch“ zu verstehen sei. Eventuell würde er beantragen, statt „transatlantisch“ zu setzen „große Fahrt“.

Vorsteher der Nautischen Abtheilung im Reichs⸗Marineamt, Kapitän zur See Schmidt: Meine Herren! Das Wort „große Fahrt“ ist ein Examensbegriff, erfunden für die Schiffer⸗ und Steuermannspatente. Durch Annahme des Antrages Raab würde jedes Schiff, welches innerhalb der Ost⸗ und Nordsee fährt, wie der Herr Unter⸗Staatssekretär schon ausgeführt hat, mit drei Wachen besetzt sein müssen. „Transatlantische Fahrt“ ist aller⸗ dings ein durch Gesetz nicht festgelegter Begriff, er ist aber trotzdem schon sanktioniert durch die Unfallverhütungsvorschriften der See⸗ berufsgenossenschaft. Diese kennen die „Wattenfahrt“, die „kleine“, die „große“ Küstenfahrt, die „atlantische“ und die „lange“ Fahrt. Die atlantische Fahrt ist die Fahrt innerhalb des Atlantischen Ozeans und die Fahrt innerhalb des Indischen und Stillen Ozeans, also diejenige Fahrt, die über den Kanal in die fremden Gewässer geht. Die lange Fahrt ist die, die über diese Grenzen noch hinausgeht. Diese beiden Fahrten werden durch das Wort „transatlantisch“ ge⸗ troffen, die atlantische und die lange Fahrt. Sobald für die kleine Fahrt innerhalb der Nord⸗ und Ostsee es erforderlich erscheint, drei Wachen einzuführen, ist der Bundesrath in der Lage, dies anzuordnen.

Abg. Raab verzichtet nach dieser Erklärung auf seinen Antrag.

Unter Ablehnung aller Anträge werden die Kommissions⸗ beschlüsse zu; § 34 unverändert angenommen. 1

Der § 35, der die Sonntagsarbeit im Hefen und auf der Rhede regelt, bestimmt im ersten Absatz, daß an Sonn⸗ und Festtagen Arbeiten einschließlich des Wachtdienstes nur efordert werden dürfen, soweit sie unumgänglich oder unauf⸗ chieblich oder durch den Personenverkehr bedingt sind.

Der Absatz 2 lautet:

„Dampfschiffe in transatlantischer Fahrt dürfen an Sonn⸗ un Festtagen planmäßig innerhalb des Reichsgebiets die Ausreise nicht vornehmen. Ausgenommen sind die Dampfschiffe, welche die Kaiserlich deutsche Post befördern.“

seitigt haben; ein sozialdemokratischer Antrag geht auf Streichung des Wortes „planmäßig“. En Antrag des Abg. Cahensly (Zentr.) will nur die vom Reich subventionierten Dampfer ausgenommen wissen.

Nach Absatz 3 dürfen mit Löschen und Laden, so lange das Schiff innerhalb des Reichsgebiets im Hafen oder auf der Rhede liegt, die zur Schiffsbesatzung gehörigen Personen an Sonn⸗ und Festtagen nicht beschäftigt werden. 8

Der Antrag der Abgg. Albrecht und Genossen will die Worte „innerhalb des Reichsgebiets“ ersetzen durch „im Inlande“.

Bevollmächtigter zum Bundesrath, Gesandter der Freien und Hansestadt Lübeck Dr. Klügmann: Meine Herren, die Kom⸗ missten hat als Absatz 2 des § 35,. um Ihnen das noch einmal zu wiederholen, vorgeschlagen die Bestimmung: „Dampfschiffe in trans⸗ atlantischer Fahrt dürfen an Sonn⸗ und Festtagen planmäßig inner⸗ halb des Reichsgebiets die Ausreise nicht vornehmen. Ausgenommen sind die Dampfschiffe, welche die Kaiserlich deutsche Post befördern.“ Die Herren Abgg. Dr. Herzfeld und Genossen wollen das Wort „planmäßig“ streichen, also die Bestimmung ausdehnen auf alle Dampfschiffe in iransatlantischer Fahrt. Der Herr Abg. Cahensly will dagegen die Ausnahme beschraͤnken auf die vom Reich subventionierten Dampfer. Der Kommissionsbericht verzeichnet, daß dieser neue Absatz mit Stimmenmehrheit und unter dem Widerspruch der Regierungsvertreter angenommen worden ist. Ich ersuche Sie, dem Antrag, der von dem Herrn Abg Dr. Stockmann eingebracht ist, entsprechend, diesen Absatz wieder aus dem Entwurf zu entfernen. Die Bestimmung will, von einer unrichtigen Voraussetzung ausgebend, die Dampfschiffe in transatlantischer Fahrt in einer wichtigen Frage ungünstt stellen, als alle anderen Schiffe in deutschen Häfen, als ne E w der Welt und als alle gleichartigen fremden Schiffe in deutschen

äfen gestellt sind. Nach dem Bericht soll das geschehen, weil die Ausreise eines großen Passagierdampfers die Sonntagsruhe im Hafen stört; weiteres ist als Motiv nicht angeführt worden. Es soll also die Förderung der Sonntagsruhe hiermit erreicht werden. Dabei gebt man von der Annahme aus, das Auslaufen aus den Häfen führe be⸗ sondere Arbeitsleistungen herbei, welche die Senntagsruhe berinträch⸗ tigen, bringe Lärm, Unrube in den Hafen. Diese Annahme ist durchaus undegründet. Alle schwierigen, sich drängenden Arbeiten, welche mit dem Auslaufen cinez Schiffes verbunden sind, müssen,

wenn das Schiff Sonntags ausläuft, nothwendig Sonnabends beendigt sein: alles hmen von Kohlen, Einnehmen ven Ladung, Proviant, ja des schweren gcac in den meisten Fällen auch die Einnahme 51ö agiere, sodaß bei den großen Schiffen, um die etz ier handelt, in der That am Sonntag nur noch die Einnahme der uten Kafütpassagiere übrig bleibt. Und den Befürwortern dieses Antrages wird es nicht weniger als mir bekannt sein, daß in Hamburg die Einnahme der Kajöt⸗ passagiere nicht im Hafen selbst erfolgt, sondern in Curhaven, wobin die Kazütpassagiere auch nicht zu Waffer, sondern mittels der Eisen⸗ bahn büjhrver⸗ werden. Wenn Sie nun die Abfahrt am Sonntag

verbindern wollen, so würde nichts üͤhrig bleiben, als den Mentag

nehmen. Dadurch würde selbstverständlich die Sonnta ’1 vermindert, 298 und ö

werden mit Anträgen a tattung der Sonn rbeit, t Schiffe am Montag erpediert werden können. Denn es wärr wirlt· lich zu rechtfertigen, wollte man diese großen lang unbeschäftigt im 25 .☛ lassen. Dat am läßt t vermeiden, es

aus

Häfen Bei Fest ins

näder beranzutreten 2 8 die Eisenbahnen im internationalen ehr; ö2 daß die Schifferhedereien unter dem stärker leiden als die Eisenbahnen, desba sind, ihre Fahrpläne den vorliegen welche bei der

1

Seeflarmachen ü.z’ee cin ,ög den Tropen wird, die Arbeiten der F zu igen,

für ganz kleine Fahrten Ausnahmen gestattet. Das geht zu weit und

sezen. Die großen Linien sind

Der Abg Dr. Stockmann will den ganzen Absatz 2 be⸗

iffe gleicher Art in den übrigen Häfen

eines großen Zusammenhangs vor allem auf dem Atlantischen Ozean —, welcher durch Vereinbarung reguliert wird; die Abfahrts⸗ zeit steht im engsten Zusammenhang mit der Zeit des Anlaufens des Schiffs in den Zwischenhäfen und dem Ankunftsort. Es ist in der That wie ein großes Uhrwerk, aus dem nicht ohne weiteres ein Tag oder ein Ort ausgeschaltet werden kann. Geschieht dies durch einen Mißgriff der Gesetzgebung, so wird der Hafen eben außer Konkurrenz gesetzt und kein Hafen ist mächtig genug, um eine solche Ausschaltung ohne die schwersten Schäden zu tragen. Es ist behauptet worden, diese Bestimmungen würden nur die sogenannten P⸗Dampfer der Hamburg⸗Amerika⸗Linie treffen, die vereinbarungs⸗ gemäß am Sonntag auslaufen. Das ist durchaus nicht der Fall. Auch die Woermann ·⸗Linie z. B. muß in ihrem Weltbetriebe regelmäßig Sonntags Dampfer expedieren und ebenso alle diejenigen Linien, welche die Abfahrtstage auf bestimmte Monatsdaten gestellt haben, wenn solche auf einen Sonn⸗ oder Festtag fallen Es ist mir heute eine Aufstellung der an Sonn⸗ und Festtagen in der Zeit vom 1. Januar bis zum 1. No⸗ vember 1901 aus dem Hamburger Hafen abgegangenen Schiffe zugegangen. Daraus ergiebt sich, daß an den 50 Sonn⸗ und Festtagen durch⸗ schnittlich 25,5 Schiffe ausgefahren sind; deutsche Schiffe in der ganzen Zeit 755, das sind 59,3 %; englische Schiffe 298, das sind 23,4 %, und sonstige fremde Schiffe 221, das sind 17,3 %. Die Mehrzahl der Schiffe sind regelmäßig Reihenfahrer, also plan⸗ mäßig fahrende Schiffe, welche am Sonnabend fertig beladen sind und die Nacht vom Sonnabend zum Sonntag zur Abreise benutzen In die Stunden von 12 Uhr Mitternachts bis 9 Uhr Morgens fallen alle Abreisen von Schiffen, die vor 12 Uhr Nachts er Wasserstände wegen den Hafen nicht haben verlassen können. In die späteren Sonntagsstunden fallen nur wenige Abreisen solcher Schiffe, die während des Nachthochwassers nicht reisefertig oder für welche die öu““ 82 ausreichend waren, oder die aus anderen Gründen die Tagestide benutzen mußten. Sie sehen also, in welchem Umf

englische Schiffe, worauf ich nachher noch näher 1“”“ Hamburger Hafen am Sonntag abfahren. Daß eine Bestimmung, wie die vorgeschlagene, weder in Frankreich noch in Belgien noch in Holland besteht, wird von keiner Seite bezweifelt werden. Wie aber liegt es in England? Nun, allgemein bekannt ist, daß die Cunars⸗Line, die

von Liverpool kommt, Sonntag in Queenstown Passagiere und

Güter einnimmt und Irland verläßt. Von Southampton gehen regelmäßig die Schiffe der American⸗Line aus. Auch die Wilson⸗ und Furneß Leyland⸗Line, die Atlantic⸗Transport⸗Line und die Chasepeake⸗Line expedieren am Sonntag ihre Dampfer, wie dies durch die Inserate in der englischen Schiffszeitung „Fair Play“, die ich Ihnen hier zur Einsicht stelle, für alle Herren, die sich dafür interessieren möchten, bezeugt wird. Meine Herren, das Gebiet des Atlantischen Ozeans ist viel umstritten, auf dem unsere Rhedereien mit subventionierten auswärtigen Linien zu ringen haben unter geographisch ungünstigen Verhältnissen. Unsere Schiffe müssen immer nach den deutschen Häfen 600 Seemeilen mehr leisten, ohne irgend eine ent⸗ sprechende Gegenleistung. Dabei kann in diesem Gesetz die Bestimmung nur für deutsche Schiffe getroffen werden, nicht für ausländische. Wir würden also in unseren eigenen Häfen die dentschen Schiffe ungünstiger stellen als die ausländischen. Den ausländischen können wir das Auslaufen aus einem Hafen nicht verbieten, jedenfalls nicht in der Seemannsordnung. Der Wettbewerb in der Hochseefahrt wird immer schärfer; trotzdem, daß der gegenwärtige Rückgang in der Konjunktur den Blick in die Zukunft sehr trübt, sehen wir nichts⸗ destoweniger Frankreich, Rußland, Italien, Oesterreich und die Ver⸗ einigten Staaten am Werk, ihre Rhedereien in jeder Weise, auch mit großen Opfern aus öffentlichen Mitteln, zu stärken und auszudehnen. Unter solchen Umständen der heimischen Rhederci eine Bestimmung aufzuerlegen, die ihren Zweck nicht erreicht, aber die Bewegungsfreiheit der Rhederei hemmt und mit den unabänderlichen Bedingungen in unseren Häfen sich nicht vereinigen läßt: das ist nach Ansicht der verbündeten Regierungen nicht zu verantworten. Ich ersuche Sie demnach, dem Antrage des Herrn Abg. Dr. Stockmann Folge geben zu wollen. 8 Abg. Cahensly: Bis auf weiteres möchte ich doch trotz der Ausführungen des Regierungsvertreters zum Absatz 2 bei meinem An⸗ trag stehen bleiben. In anderen Staaten laufen die Schiffe nicht am Sonntag aus. Die „Hamburg⸗Amerika-⸗Linie“ ist die einzige, die am Sonntag ihre Schiffe auslaufen läßt. Und namentlich in Hamburg verursacht das Rasseln der Fuhrwerke zum Hafen große Störung, und vielen Beamten wird die Sonntagsruhe verdorben. Abg. l)r. Stockmann: Obgleich ich beantrage, den Absatz 2 zu streichen, wird mir Niemand mangelndes Interesse für die Sonntags⸗ ruhe vorwerfen. Ich halte diese für undurchführbar und im höchsten Grade schädlich für den Seeverkehr. Es werden diejenigen Dampfer⸗ die nicht das Glück haben, mit der Postverwaltung einen Vertrag zu besitzen, differenziert zu Gunsten derjenigen Linien, die solchen Vortheil haben. Dadurch wird ein Theil unserer Rhederei enachtheiligt. Dazu kommt, daß auch der Eisenbahn“⸗, der elektrische Bahn., der Hafen⸗ und Küstenverkehr am Sonntag ungehindert fort⸗ besteht. Unser transatlantischer Verkehr hat sich in rapider Weise vermehrt, es wird nicht lange dauern, so werden wir zu einer täg⸗ lichen Verbindung zwischen Deutschland und Amerika kommen. Wird as Auslaufen am Sonntag den deutschen Schiffen verboten, so wird sich das Ausland des Sonntagsverkehrs bemächtigen. Fahrplanmäßig wird nicht am Sonntag abgefahren, sondern am 1. und 15. eines jeden Monats, und am Sonntag nur dann, wenn diese Tage auf einen Sonntag fallen.

Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner: Mieine Herren! Einer der Herren Vorredner hat die Richtigkeit der Anführungen des hanseatischen Herrn Bevollmächtigten bestritten, in anderen Staaten Sonntags große atlantische Dampfer aus⸗ laufen. Ich gestatte mir, gegenüber dieser verneinenden Behauptung mich auf den Inbalt des Reichs⸗Kursbuchs zu berufen, was ich für richtig halten muß, gestützt auf die Autorität meines Herrn Nachbarn, bis mir nachgewiesen wird, daß es falsch

ist. Die geehrten Herren werden da auf Seite 711 unter a die Bemerkung finden: White Star und Cunard Line in Liverpool

b Queenstown jeden Donnerstag und Sonntag. (Hört, hört!) Ich bleibe ferner dabei auf Grund desselben Reichs Kursbuchs Seite 707 b, daß die P. und O-Line nach Australien jeden zweiten Sonntag ab Brindisi abgeht. Ich behaupte ferner auf Grund derselben Quelle, daß die Dampfer der Messageries Maritimes nach Ost⸗Asien jeden zweiten Sonntag von Marseille abgehen, Seite 699, und daß dieselbe Linie nach Australien jeden vierten Sonntag ebenfalls Dampfer ven Marseille abgehen läßt, Seite 707 c.

Meine Herren, nach öffentlichen Anzeigen, die wir besitzen, muß ich auch ferner, bis mir das Gegentheil nachgewiesen wird, behaupten,

daß die Wilson and Furneß⸗Leyland Line nach Boston jeden Sonntag

von London abgeht. Dazu kommt der Verkehr der Red Star⸗Linie am Sonntag von Southampton, desgleichen der Loyddampfer am Sonntag von Southampton oder Cherbourg. Ich glaube, ans diesen Anfübrungen ergiebt sich doch schon eins, daß der Abgang transatlantischer Dampfer ein Glied ist in dem großen Weltverkehr, und unser Weltverkehr nach fremden Landestheilen über den Opean hat meines Erachtens eine so große handelspolitische, wirthschaftliche und pelitische Bedeutung, daß diesem Interesse selbst die Interessen der Senntagerube unter Um⸗ tänden unterordnen müssen. So weit können wir nicht geben, daß v unsere großen Weltinteressen dem Interesse der Sonntagsrude in olchem Umpfange opfern. Ich glaube, dann würden wit schließlich iu einer Gestaltung des allgemeinen Verkehrswesens kommen, gegen

sich das hohe Haut selbst auf das allerentschiedenste sträuben

würde. Meine Herren, ich bin in einem fremden Lande gewesen, das ich nicht näher nennen will, wo ich einmal Sonnabend Mittags einen bavx eas wollte; da hat man mir gesagt: Sie können ja den

g1 aufgeben es war eine Bahnstation —, aber viel nützen wird es Ihnen nicht; denn vor Montag Mittag geht überhaupt kein Zug ab. Ich glaube nicht, daß man nach der deutschen Auffassung solche Verhältnisse in Deutschland herbeiführen könnte; so gutmüthig sind wir nicht.

1 Was würde nun die Folge sein, wenn Sie diese Bestimmung aufrecht erhalten und den Antrag Stockmann ablehnen würden? Es sind da zwei Möglichkeiten. Entweder wir verbieten auch fremden Schiffen das Auslaufen am Sonntag; wir könnten, glaube ich, seitens der einzelstaatlichen Regierungen solche Sonntagsvorschriften erlassen. Dann würden andere Staaten sich wahrscheinlich revanchieren, würden das Auslaufen unserer Dampfer unter Umständen von Southampton, Cherbourg u. s. w. am Sonntag verbieten, und damit würde in der That unser ganzer Dampferverkehr nach Ost⸗Asien, nach Amerika unter Umständen die schwerste Schädigung erfahren. Oder es würde der andere Fall eintreten, den ich für viel wahrschein⸗ licher halte: fremde Linien würden, wenn wir nicht ein gleich⸗

iges Verbot für f Schiff ss b artiges Verbot für fremde Schiffe auch erlassen, die Gelegenheit mit Vergnügen benutzen, ihrerseits Dampfer von Hamburg, Bremen u. s. w. ausgehen zu lassen, und selbstverständlich würden dann die Leute, die einmal Sonntags aus geschäftlichen Interessen reisen wollen, auch diese fremden Dampfer benutzen, und wir würden also durch solche Bestimmung gerade eine fremde Konkurrenz begünstigen, die uns im gegenwärtigen Moment sehr gefahrdrohend ist. Es ist allbekannt, daß man in fremden Staaten große Anstrengungen macht, den internatio⸗ nalen Ueberseeverkehr in die eigene Kontrole zu bringen, und es stehen solchen Bemühungen so außerordentlich große Kapitalkräfte zur Seite, daß darin eine ernste Bedrohung unserer heimischen Uebersee⸗ schiffahrt liegt. Würden wir also eine solche Bestimmung ein⸗ führen, so würde hierin das einfachste Mittel liegen für auswärtige Linien, ihrerseits einen Sonntagsdienst zu etablieren und sich damit in den deutschen überseeischen Verkehr einzuführen. Meine Herren, ich kann Ihnen versichern, ich stehe durchaus auf dem Standpunkt, daß wir den arbeitenden Klassen den Sonntag erhalten müssen, und ich glaube, wir werden da auf manchen Gebieten noch viel weiter gehen müssen, als wir bisher gegangen sind. Die Sonntagsruhe ist für die arbei⸗ tenden Klassen nicht nur eine wirthschaftliche, eine hygienische Frage, sondern auch vielleicht die allerwichtigste sittliche und Familienfrage; aber ich glaube, wir können nach deutscher Auffassung auch im Interesse unseres Weltverkehrs, unseres Verkehrs überhaupt, nicht so weit gehen, um im Interesse der Sonntagsruhe auch solche großen internationalen Verbindungen wie die überseeischen zu unterbrechen. Deshalb möchte ich an Sie das dringendste Ersuchen richten, den Antrag Stockmann anzunehmen.

Ich spreche hier nicht in meinem eigenen Namen, ich spreche im Namen der verbündeten Regierungen, und ich kann Ihnen die ernste Versicherung geben, daß die Aufrech erhaltung dieser Bestimmung dem Gesetze gegenüber den verbündeten Regierungen, und mir selbst, dieses Gesetz bei den verbündeten Regierungen durchzubringen, die allerernstesten, vielleicht unübersteigliche Schwierigkeiten bereitet. (Hört, hört! rechts.)

Abg. Frese (fr. Vgg.): Ich kann mir den Zustand nicht denken, daß in ein und demselben Hafen Schiffe liegen, die je nach ihrer Nationalität verschiedenen Gesetzen unterworfen wären. Es ist kein Fweifen, wenn wir den ausländischen Schiffen verbieten, am Sonntag ei uns auszufahren, werden Repressalien erfolgen. Ein außerordentli roßer Verkehr findet auf transatlantischer Fahrt nach Amerika via England statt. Große, mächtige Dampfer z. B. fahren hier am Sonntag ab, um am Sonntag in Southampton oder an der französischen Küste in Cherbourg anzulaufen und dort Passagiere, Gepäck und Werth⸗ sachen an Bord zu nehmen oder dort abzusetzen. Jetzt steht unsere deutsche Dampferflotte in transatlantischer Fahrt zum Ruhm Deutschlands und zum Neide anderer Nationen an erster Stelle; wenn Absatz 2 Gesetz würde, würde diese Stellung einen unheilbaren Schlag erhalten. Nicht nur von Liverpool, sondern auch von London finden Sonntags Expeditionen statt, auch auf amerikanischen Linien. Die planmäaßigen Abfahrtetage der deutschen Dampfer sind in einem internationalen pool festgestellt, die französischen und englischen Dampfer haben sich dabei betheiligt, jeder einzelnen Linie ist ein bestimmter Tag zugetheilt worden. Wenn wir an dem pool rütteln, fallen die deutschen Schiffe aus, die anderen Nationen werden aber auf ihrem Schein bestehen und es halten wie bis⸗ her In anderen Ländern werden große Anstrengungen gemacht, die deutsche Schiffahrt unter fremde Kontrole zu hringen. Es würde zu beklagen sein, wenn die deutschen Rhedereien sich auf solchen Weg beoeben müßten; das würden Sie im nationalen Sinne mit Recht verurtheilen. Es kommt noch ein Moment auf anderem Gebiete hinzu. Am Sonn⸗ tag läuft der Schiffer nicht aus. Sie mögen es Aberglauben nennen, aber es ist fest eingewurzelt. Und ähnlich verhält es sich mit dem Montag; auch am Montag finden keine Erpeditionen statt. Wenn ein Schiff am Sonnabend durch force majeure am Anslaufen ver⸗ hindert würde, könnte es erst am Dienstag fahren. Was nützt es uns, daß wir unseren Werften Aufträge auf schnelle Dampfer eeben, die die Bewunderung der ganzen Welt erregen, wenn das durch olche Bestimmungen wieder weti gemacht wird? Durch den Antrag Cahensly würden wir gerade die größten Postdampfer ausmerzen, wei ie keine Subvention bekommen. Auch Brief. und andere Sendungen dürfen der schnellsten Beförderung. Wir würden⸗hier die Passagiere und vitale Interessen und damit das ganze Reich unheilvoll schadigen. Und wenn einmal die Einsicht kämec, daß ein Fehler gemacht ist, würde es zu spät sein, diese Maßregel wieder zurückzunehmen. Andere hätten dann das Gebiet crobert, und es wieder zu gewinnen, wäre 8 werer als von Anfang an vorzubauen. 8 streiche deshalb

satz 2 Abg. Schwartz⸗Lübeck: Auch bei dieser heit wird wieder a ten, um zu 892 der Rheder den 120 der Kom⸗ mission umzustoßen. giebt den srohen eberseedampfern eine Reide gewöhnlicher Frachtdampfer, denen es beliebt, am Sonnta auszulaufen; das wollen wir unmöglich machen, und deshalb i beantragt worden, die Werte in tranzatlantischer Fahrt“ und plan⸗ mäßig streichen. Die Furcht vor alien nds ist un⸗

begrün Rettich (d. konf.): Wir werden sler die Streichung des hes stimmen; die Gründe dafür sind schon zureichend von

verschiedenen Seiten den Di t Cabeneid, s dh⸗han eagen G“ eneßt Seanen Aaniassen 88. Pamp ers

nur um Ausnahmcfälle. macht doch auch sehr wenig

Abg. Hilbck (nl.): Der Antrag der Kommission ist aus dem

Bestreben hervorgegangen, in den 8 u

schaffen. Dafür wir doch aber k. Eernanneeronags Wier das Auslaufen am verboten, so wird damit den

eine erhöhte R. boten, im beil; —ꝛ2 be·

iglich die Konkurrenz. Kein agier tritt

een, würden

die Schiffe, die ausfahr 1222 ö2—

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missionsbeschluß geführt hat. Aus den in der Diskussion ent⸗ Fickelten Gründen werden wir für die Streichung des zweiten Absatzes Abg. Metzger: Es wird immer offenbarer s, was wi

einigermaßen als Vortheil der Seeleute LT b228 Herrn Frese im Verein mit den verbündeten Regierungen wieder über den Haufen gerannt werden soll. Die Anträge, welche unter der Flagge des Herrn Stockmann segeln, scheinen mir weniger von diesem Kollegen als von der Regierung aus⸗ zugehen, denn für den jetzt zur Verhandlung stehenden Antrag Stockmann hat ein Mitglied der verbündeten Regierungen das Wort zur Begründung ergriffen. Als Haupteinwand gegen den Kommissions⸗ beschluß und unsere Erweiterungsanträge wird geltend gemacht, daß die Seeleute mehr Arbeit haben würden, wenn das Auslaufen am Sonntag würde. Das ist nach Absatz 3 ausgeschlossen, und wir wollen⸗ ö dagegen, daß keine Mißbräuche getrieben werden, noch Cahensly: Wenn auch einzelne Ausnahmen bei den außer⸗ deutschen Linien vorkommen mögen, so steht doch fest, daß in der Regel ein Auslaufen am Sonntag nicht stattfindet.

Damit schließt die Diskussion. Alle Anträge werden ab⸗ gelehnt, desgleichen der Absatz 2. b

Abg. Metzger befürwortet darauf die Anträge zu Absatz 3 welche bezweckten, die Sonntagsruhe für die Seeleute so viel wie möglich wirklich zur Durchführung zu bringen. Es sollen danach Löschen und Laden im Inlande, wozu auch die Schutzgebiete gehören verboten sein, auch solle nicht jede Behörde, sondern nur eine höhere Verwaltungsbehörde von der Zentralbehörde des Bundesstaates mit ö1“ in Nothfällen Ausnahmen zu gestatten, versehen

Direktor im Auswärtigen Amt Dr. von Koerner bittet, diesen letzteren Antrag abzulehnen, da doch in den Schutzgebieten leicht Ver⸗ zögerungen in nothwendigen Verrichtungen eintreten könnten.

Der Absatz 3 wird gegen die sozialdemokratischen Anträge angenommen und schließlich auch der § 35 im Ganzen. Niach § 36 der Kommissionsbeschlüsse darf auf See an Sonn⸗ und Festtagen über das hinaus, was zur Sicherheit und zur Fahrt des Schiffes, zur Bedienung der Maschinen zum Segeltrocknen, Bootsdienst und zur Verpflegung und Be⸗ dienung der an Bord befindlichen Personen unbedingt erforder⸗ lich ist, der Mannschaft nichts auferlegt werden, wenn es nicht

Gottesdienst ist zu gewähren.

Der Abg. Cahensly beantragt folgenden Zusatz: Auch ist der Schiffsmannschaft auf Wunsch die Theilnahme an gemeinschaftlichen Andachten ihrer Konfession zu gestatten. Nach kurzer Befürwortung dieses Antrags durch den Abg. Cahensly wird der § 36 mit diesem Antrage angenommen. 3 1 nb . . ., . Nach § 36 b sollen die Vorschriften über die Zahlung der Ueberstunden auf Schiffsoffiziere keine Anwendung finden, sofern nichts Anderes vereinbart ist.

Abg. Schwartz⸗Lübeck befürwortet einen Antrag seiner Partei diesen Paragraphen zu streichen. Er könne nicht einsehen, daß, wie in der Kommission geltend gemacht worden sei, die Disziplin gelockert werde, wenn die Schiffsofziere für die Ueberstunden bezahlt würden. Es sei heute aber Sitte geworden, die Schiffsoffiziere ebenso wie den Kapitän als Uebermenschen anzusehen. Wenn dieser Paragraph ge⸗ strichen werde, bleibe es den Offizieren überlassen, ob sie für ihre Ueberstunden bezahlt werden wollten.

Abg. Metzger wendet sich gegen die Anschauung, daß die Offiziere, wenn sie für Ueberstunden bezahlt würden, in den Verdacht kommen könnten, daß sie in eigenem Interesse Ueberstundenarbeit für die Mannschaft anordnen könnten, um für die Ueberwachung dabei selbst bezahlt zu bekommen, und daß dadurch die Autorität gegenüber den Schiffsleuten leiden und die Ehre der Offiziere verletzt werden könnte. Se. et nnn Offiziere verordneten sich auch Dienst⸗ reisen, um die Spesen zu bekommen, ohne daß sie dad an i Ehre Schaden I1I1I1 Bevollmächtigter zum Bundesrath, Senator der freien Hanse⸗ stadt Bremen Dr. Pauli: Erhalten die Schiffsoffiziere Entschädigun für die Ueberstunden, so haben sie ihrerseits ein Interesse daran, daß Ueberstunden entstehen, während sie unbeeinflußt von diesem Interesse für eine prompte Erledigung des Dienstes sorgen werden. In Nor⸗ wegen hat man mit der Entschädigung der Schiffsoffiziere sehr schlechte Erfahrungen gemacht. In erster Linie steht die Dienstordnung und die Aufrechterhaltung der Disziplin, und das liegt im Interesse der ganzen deutschen Schiffahrt.

Kapitän zur See Schmidt: Nur die Steuerleute, die Vorleute der kleinen Fahrzeuge haben die Gleichstellung mit den Mannschaften verlangt; die Offiziere der großen Linien erblicken darin eine Schädigung ihrer Stellung.

Abg Dr. Herzfeld: Das Mißtrauen des Senators Pauli werden die Schiffsoffiziere als Beleidigung auffassen. Diese Offiziere werden die Rhedereien gewiß durch Ansetzung von Ueberstunden nicht betrügen; sie verdienen aber bei ihrem geringen Lohn eine Aufbesserung. Abg. Raab weist darauf hin, daß die Steuerleute diese Be⸗ stimmung dringend wünschten. Solle Deutschlands Zukunft auf dem Wasser liegen, so müßte dafür gesorgt werden, daß die Schiffsoffiziere nicht im Naelande besser gestellt würden als hier.

Der § 36 b wird nach Ablehnung des Antrags Albrecht unverändert angenommen.

Die §§ 37, 38 und 39 werden ohne Debatte erledigt.

Der § 40 lautet:

Die Heuer ist vom Tage der Abmusterung, falls diese dem Dienstantritt vorangeht, sonst vom Tage des Dienstantritts an zu zählen.“

Die Abgg. Dr. Herzfeld und Metzger befürworten folgenden, von dem Abg. Albrecht beantragten Zusatz:

„und bis zur Abmusterung, jedoch wenn diese ohne Verzögerung

8 822 unausführbar ist, bis zur Beendigung des Dienstverhält⸗ nisset.

Dieser Antrag wird abgelehnt und der § 40 unzerändert angenommen.

Hierauf wird um 5 ¾ Uhr die weitere Berat hung auf 44“*“ 8 nt.

8 Die deutsche Einfuhr

im Spezialhandel ohne Edelmetalle beziff 1900 5,8 Milliarden Mark. 8 b. 8 9, I1 um 48 Müüionen oder 13,5 % hoöber vense 88 889 Jahr um 1,6 Milliarden Mark

om Standpunkt der inländischen Produktion d des ländischen Bedarfs zerlegt 8 die Einfuhr am nasärlichten in 2 Klassen der landwirthschaftlichen Erzeugnisse, der Robh⸗ stoffe nicht landwirthschaftlicher . (jedoch cin⸗ schlielich der Baumwolle), sowie det Halb⸗ und Gangzfabrikaße. mit den an zweiter Stelle erwähnten Robhstoffen 1- be. ief, so

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deren Einfuhr 1900 auf 1309 Millionen Mark ür eees ün

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