seits die Bankkrisis, die wir leider haben durchmachen müssen, in eine gewisse Verbindung gebracht mit den Bestimmungen des Börsengesetzes und mit der Ausführung dieser Bestimmungen. Ich halte mich deshalb für verpflichtet, hier von diesem Platze auf das entschiedenste zu bestreiten, daß unsere Absatzkrisis oder unsere Bankkrisis in irgend einem Zusammenhange steht mit der Ausführung des Börsengesetzes. Unsere Absatzkrisis, meine Herren, ist eine natürliche Erscheinung, die sich auch in anderen Ländern wiederholt; auch England klagt über eine Absatzkrisis, auch in Frankreich klagt man über eine Absatzkrisis. Die Absatzkrisis besonders in Deutschland beruht darauf, daß man vielleicht in zu sanguinischer Weise Anlagen begründet hat auf Kon⸗ junkturen, von denen man sich sagen mußte, daß sie in diesem Um⸗ fange nur vorübergehender Natur sein können. Man hat zu große Kapitalien investiert, man ist mit neuen Anlagen zu schnell vor⸗ gegangen, und man hat demgemäß zuviel produziert gegenüber der dauernden Absatzmöglichkeit. Was aber unsere Bankkrisis anbetrifft, so hätte auch durch die strengste Durchführung des Börsengesetzes die Bankkrisis an sich nicht verhindert werden können. Zunächst sind die Kassapapiere, ebenso wie die unter die Vorschriften des Terminhandels fallenden Papiere, in die Höhe getrieben worden. Aber abgesehen davon, könnte kein Börsengesetz verhindern, daß Manipulationen vorgenommen werden, die man als Betrug, als Fälschung, als strafbaren Eigennutz charakteri⸗ sieren muß. Solche Dinge kann man nachher bestrafen, aber nicht durch ein Börsengesetz verhindern. Aus diesem traurigen Bilde, das die Bankkrisis bietet, welche wir durchgemacht haben, sollte das Publikum die eine Lehre schöpfen — das Publikum, das sich in allen Kreisen der Gessellschaft findet —, daß man in der Regel nicht ungewöhnlich hohen Zinsgewinn mit einer dauernd sicheren Anlage verbinden kann. Man sollte auch in Deutschland mehr erkennen, wie man das in anderen Ländern längst erkannt hat, daß Vermögen und namentlich kleines Vermögen am besten angelegt wird in unbedingt sicheren, wenn auch bescheiden ver⸗ zinslichen Papieren. Wenn wir sehen, daß so zahlreiche offene Depots bei den Banken verloren gegangen sind, und wenn wir näher nach⸗ forschen nach den Eigenthümern, so sind da viele Depots darunter von Leuten, die absolut nicht in der Lage sind, zu spekulieren, die aber trotzdem offene Depots hinterlegt haben, um daraufhin besonders gewinnbringende Geschäfte zu machen. Personen, die hierbei Verluste erlitten haben, haben keinen besonderen Anspruch auf Mitleid. Ich meine also, man kann weder unsere Bankkrisis noch unsere Absatzkrisis irgendwie in Zusammenhang bringen mit der Durchführung des Börsengesetzes. Ich habe jetzt keine Veranlassung, mich darüber mit Ihnen zu unterhalten, in welcher Weise das Börsengesetz durch⸗ geführt ist oder nicht. Die Durchführung des Börsengesetzes wie aller Reichsgesetze geschieht durch die Einzelstaaten. Die Börsenfrage ist überwiegend brennend in Preußen, und deshalb hat auch die preußische Regierung einen Antrag auf Aenderung des Börsengesetzes beim Bundesrath eingebracht. Wenn dieser preußische Antrag hier ver⸗ handelt werden wird, wird auch der Augenblick gekommen sein, darüber zu diskutieren, ob das Börsengesetz zutreffend ausgeführt ist, und welche Aenderungen desselben unbedingt nothwendig sind. — Abg. Dre. Hermes (fr. Volksp.): Unser Urtbeil über den Fall Spahn wird bestimmt durch die Haltung meiner Partei in Fönlichen Fragen. Ich stehe ganz auf dem Standpunkt des Professors Mommsen und der Zustimmungsadressen der Universitäten, namentlich der Bres⸗ lauer Adresse Wir daß sich bei Besetzung der Lehrstellen Einflüsse geltend ma die 25 sind, tüchtige Kn8 zurückzu⸗ drängen. Nicht die t zu irgend einer Ke sondern die wissenschaftliche Qualifikation darf entscheidend sein. Der Abg. Oertel hofft erhebliche Einnahmen aus dem Saccharingesetz. Mit
Unrecht, denn das Gesetz würde eine Einschränkung der Produktion zur Folge haben.
”. Sie (rechts) sprechen immer von dem Schutz der nationalen Arbeit, der nationalen Industrie. Ist das Saccharin nicht auch ein Zweig der nationalen Industrie? Es werden überhaupt nur
100 000 im 821 in? 88 produziert und davon wird die er. Ausland zu treiben.
deutscher Sprache und Sitte zu verhüten?“
Wortlaut: „Wir richten an die Königliche Staatsregierung die Frage, dieselbe in Anbetracht der bekannten Schulvorgänge in Wresch und im öffentlichen Interesse überhaupt es nicht
nungen einer Abänderung zu unterwerfen.“
schlossen wird, diese gemeinsam erörtert werden sollen.
sich bereit erklärt hat, die Interpellationen sogleich zu bean worten, begründet die erste Interpellation der
Abbg. Sar (nl.): gänge im
gegenständen vorwegnehmen. Obwohl die einzelnen Konflikte nicht aufmerksam genug konnte, und obwohl ich bei der Kiach dicf
der Schwierigkeit meiner Stimme zu kämpfen habe, habe i auf Wunsch meiner Freunde die Begründung übernommen
als die meinige. Ich hatte schon 1848 im
thum in dieser Zeit zurückgegangen sei, möchte ich aber die polnische Agitation hat außerordentlich zugenommen. Di sind gewachsen,
feindlich geworden. die von 1846, hatten wesentlich lokalen Charakter. unter den Polen von den Karpathen bis zur Düna, wie die seüigen waren früher unmöglich. Die Erklärung aber liegt nicht in unbilligen Maßregeln der Regierung, unserer gesammten polnischen Bevölkerung, die durch die wälzungen unseres Verkehrs erleichtert wurde.
und sie ist vor allem entschieden deutsch
Italiens und des Deutschen Reichs, die Entwickelun
Einfluß auch auf die Gestaltung der polnischen Bewegung
gewiesen worden, mit der das Ausland sich für diese Vorgänge inter⸗ essiert hat. Die Aufgabe
nach ihrer Zahl und inneren Kraft eine dauernde Vorherrschaft fest⸗ zuhalten im stande zu sein scheint, ist eine der — und inter⸗ essantesten, die je einem Staat zufielen. Die Bestrebungen der Re⸗ gierungen, dieses Problem zu lösen, kann ich nur mit größter Theil⸗ nahme begleiten, aber ein Vorbild für uns, wie man es angedeutet hat, kann ich darin nicht erblicken. Der preußische Staat ist gewachsen und groß geworden als nationale einheitliche Macht; es ist sein Glück und das Verdienst seiner Führer, daß bei seiner Wiederaufrichtung ihm nur ein kleines Stückchen außerdeutsches Land zufiel, so viel nur, um die Grenze nach Osten zu sichern. In dieser nationalen Ge⸗ schlossenheit hat der preußische Staat die Kraft dazu gefunden, das Deutsche Reich aufrichten zu helfen. Was die polnische Agitation er⸗ strebt, ist in seinen letzten Konsequenzen nur zu erreichen durch die Zerschlagung Preußens. In den polnischen Blättern finden Sie dies auch unbedingt anerkannt. Dadurch ist unsere Position wie durch eine eiserne Nothwendigkeit bestimmt, nicht — irgend welche Uebersvannung des Nationalitätsgefühls, nicht du
Chauvinismus. Diese strenge Alternative zwingt uns auch in allen einzelnen Streitfragen zu einer Vorsicht, die sonft wirklich nicht er⸗ forderlich wäre. In diesem Sinne müssen wir auch die Inkerpellation
Anderes errrichen, als diese A eine 8
st Radziwill (Pole): Herr Arendt übersieht, daß auch inderbeit das Recht hat ju existieren. Seit 100 Jahren enfrage. Die e Rede des Reichs⸗
adnetenhause beweist klar, daß die polnische
nicht ondern erstarkt ift.
uns überzengt, daß seine
8.inaa⸗
die einginen Etats vorkebalte — Imn⸗ Nächste Situng —X . oberathung. Interpellation t, lfe ——— Oriola. 8
8 der stehen die Interpellation der
8*2, (nl.) und 2 — den Schuß
8 eutschthums in den östlichen Seene, und die Interpellation der
von Jarbzewski ( urd ee . chener . un;d die Nenderung der Be na über den
Neligionsunterricht in den sprachlich gemischten Landestbeilen
ein milder
des Herrn von Jazdzeweki betrachten. In den Rechtsfragen bin ich nicht eenügend informiert, meines Erachtens schwebt der Wreschener Droheß noch; ist das Urtheil zu hart, so wird sich auch in Prrußen ichter Wir haben es bier nur mit den
bmen auf dem Gebiete der Unterrichtsverwaltung sn thun. und in Familie und Haus stehen im festen
mit der M ; deshalb können, wie die Ae .8
ußerung jenes armen Weibes in die Mutter Gottes jede V versteht, in 2 sie
utteripra
fen Verwunderung erregen konnte. Aber und übren ihnen ja auch die Unterweisung in polnischer Sprache.
den — 2. — ʒ. der Tribüne asere In bezweckt, 5 rie Vet
Red werden 2. san daß wir 5— ea. e Uateeeicerermalt .Se. m. tbalten weh.
Jahren ci Kursez ng, daß sie daran
oder jenem Punkte anders, vielleicht de Bessem Ii des Velen Zehes nan sechn n schweren wieder gut zu machen, SüIISre wit [ — erreichen. Ich te mich der „welche befreundeten Nachbarstaat, in vührns
Aber gleichgültig können wir nicht blei⸗ uns — — auf diesem
crer eenemm.
auf die der
staatsfeindliche Bestrebungen abzuwehren und das Zurückdrängen
Die Interpellation der Abgg. Dr. von Jazdzewski und Genossen, welche auch vom Zentrum unterstutzt ist, hat folgenden
ür geboten er⸗ achtet, die auf dem Gebiete des Religionsunterrichts in den Volks⸗
schulen der sprachlich gemischten Landestheile getroffenen Anord⸗
Auf Vorschlag des Präsidenten von Kröcher werden beide Interpellationen bei der Berathung dergestalt verbunden, daß zuerst die beiden Interpellanten zur Begründung, darauf der Vertreter der Regierung zur Antwort das Wort erhalten und dann, falls eine Besprechung der Interpellationen be⸗
Nachdem der Präsident des Staats⸗Ministeriums, Reichs⸗ kanzler Graf von Bülow auf Anfrage des Präsidenten
Es war vorauszusehen, daß diese Vor⸗ sten unser Interesse zunächst beherrschen würden, deshalb wollten meine Freunde diesen Gegenstand vor anderen Berathungs⸗ ich in der letzten Zeit verfolgen es Hauses mit ch doch h e Be . , denn ich glaube, Niemandes Erfahrung in diesen Dingen reicht weiter zurück sten ein Landrathsamt sn verwalten und lange Jahre in Posen, Westpreußen und Ober⸗ chlesien bei der Regierung Auseinandersetzungssachen zu bearbeiten ge⸗ habt; ich habe mich bemüht, polnisch zu lernen und, so schlecht es auch ging, mit den Polen in ihrer Sprache zu reden. Auch bin ich seit einigen Jahrzehnten Vertreter eines sprachlich gemischten Kreises an der Weichsel. Die pessimistische Behauptung, daß das Deutsch⸗ nicht bestätigen,
Einheitlichkeit und das Geschick ihrer Führer und ihre Mittel
Die früheren polnischen Erhebungen, namentlich Solche Erregungen
sondern in der ungeheuren N Heser m⸗
- 4 „ In die Zeit dieser vewaltigen Umwälzungen sind auch die nationalen “ es Ver⸗
fassungslebens, die Freigebung der Presse, und des Vereins⸗ und Versammlungsrechts gefallen. Diese Vorgänge konnten nicht ohne leiben;
e führten ihr Vortheile zu, die früher nicht existierten. Bei der Besprechung des Wreschener Prozesses ist auf die Raschheit hin⸗
ssie . des österreichischen Staats, eine große Reihe verschiedener Nationalitäten zusammenzuhalten, von denen keine
Wir wollten die Staatsregierung darüber interpellieren, in welche Weise und mit welchen Gründen die Staatsregierung den Abschnitt der Thronrede, der sich auf die Verhältnisse in den gemischtsprachigen Landestheilen bezieht, und der geradezu auf einen Vernichtungskampf in wirthschaftlicher und politischer Beziehung gegen die Polen hinaus. läuft, mit den Bestimmungen der Verfassung und den Forderungen der Gerechtigkeit in Einklang bringen will. Neues kann in dieser Fra allerdings nicht gesagt werden, aber die Pflicht gebietet uns, diese immer wieder zu erörtern und zu sagen, wie das preu system gewirkt hat und wirkt. Dieses Regierungssystem hat endlich einmal in ganz Europa Erstaunen erregt. ir haben eine Volksschule ohne Volkssprache; das versteht man in der ganzen Welt nicht von einem Kulturstaat wie Frere Ist das nicht ein Widerspruch mit dem Namen Volksschule selbst? Einen Religionsunterricht, ertheilt gegen die Grundsätze der Kirche, gegen den ausgesprochenen Willen der geistlichen Oberen und der Eltern, welcher mit dem Stocke des Lehrerz an Kinder gegeben wird, nennen nicht nur wir, sondern die ganze Welt eine Barbarei. Nach der Verfassung haben die Religionsgesellschaften den Religionsunterricht zu leiten und nicht die Staatsregierung Ueber die Vorgänge in Wreschen haben die Zeitungen falsche Kittheilungen gebracht. Nach der Verordnung von 1873 soll der Religions⸗ unterricht in der deutschen Sprache nur ertheilt werden, wenn die Kinder des Deutschen vollständig mächtig sind. Nachdem eine Aenderung am 1. April 1901 angeordnet war, baten die Eltern vergebens um Zu⸗ rücknahme der neuen Verfügungen. Die Eltern mußten sich darein fügen, daß ihre Kinder möglichenfalls in falscher Weise religiös unter. richtet würden, oder sich gegen die neue Anordnung sträuben. Sie wählten das letztere, und nun trat die Züchtigung der Kinder ein, weil sie den Befehlen ihrer Eltern gehorchten. Für das Ver⸗ halten der Eltern sind nun Strafen bis zu 2 ⅛ Jahren Gefängniß verhängt worden. Dem Justiz⸗Minister kann ich nicht verhehlen, daß das ganze Gerichtsverfahren darauf hinausgegangen ist, aus Scham das Ganze zu bedecken. (Präsident von Kröcher:; Diese Bemerkung gegen ein Gericht geb doch zu weit, ich rufe Sie zur Ord⸗ nung.) Die körperliche Züchtigung ist allerdings ein Zuchtmittel der Schule, aber die humanen Bestimmungen der Zentralbehörde und der Provinzialbehörden über die Anwendung dieses Strafmittels werden leider nicht gerade in humaner Weise ausgeführt. Die Lehrer überschreiten das Züchtigungsrecht, dagegen schreiten die Staats⸗ 3 anwälte nicht ein, obwohl die Lehrer von dem Züchtigungsrecht in
weit höherem Maße Gebrauch machen, als es selbst die Eltern nach „sdem Gesetz dürfen. Wenn der Kultus⸗Minister auf seinem Schein be⸗
steht und den Religionsunterricht 178 die polnischen Kinder in der deutschen Sprache weiter ertheilen läßt, kann er sich über die Erregung der polnischen Bevölkerung nicht wundern. Kämen wir auf die Grund⸗ sätze zurück, welche auf dem Wiener Kongreß und in dem Schriftwechsel
zwischen dem König Friedrich Wilhelm 111. und dem Minister Harden⸗ berg über die Behandlung der Polen aufgestellt wurden, dann hätten wir einen vollkommenen Frieden im Lande. Der König hat den Polen damals zugesichert, daß ihre Muttersprache und ihre Nationalität er⸗ halten werden sollen. Aber jetzt wird selbst im Religionsunterricht die polnische Sprache unterdrückt, und da wundert man ö einmal die Gefühle der polnischen Bevölkerung in elementarer s
e zum Ausdruck gelangen. Wir verlangen nichts weiter als die Erhaltung
unserer Nationalität und Gerechtigkeit. Dann werden wir unsere Pflicht als preußische Staatsbürger erfüllen.
Präsident des Staats⸗Ministeriums, Reichskanzler Graf von Bülow:
Meine Herren! Ich bin diesem hohen Hause dankbar, daß es die beiden Interpellationen, welche soeben entwickelt worden sind, zusammen⸗ gelegt und mir dadurch die Möglichkeit geboten hat, mich über den Gegen⸗ stand, welcher diesen Interpellationen zu Grunde liegt, im weiteren Rahmen auszusprechen. Ich darf es dem Herrn Kultus⸗Minister über lassen, Ihnen über die Vorgänge in Wreschen eingehende Aufklärungen zu geben. Was ich aber meinerseits sofort feststellen möchte, ist, wie maßlos der Wreschener Vorfall nicht nur von der polnischen Presse, sondern zu meinem Bedauern auch von dem Herrn Abg. Dr. von Jazdzewski übertrieben und aufgebauscht worden ist. (Hört, hört! rechts; Widerspruch bei den Polen.) Man hat diese Vor⸗ gänge nicht nur zum Gegenstand politischer Demonstrationen in der Presse und in Versammlungen gemacht, sondern man hat sogar versucht — glücklicher Weise völlig vergebens versucht —, diese Vorfälle auszubeuten, um uns internationale Schwierig⸗ keiten zu bereiten. (Hört, hört! rechts und im Zentrum.) Nun wird aber der Herr Kultus⸗Minister nachweisen, daß das Vor⸗ gehen unserer Schulverwaltung in Wreschen in keiner Hinsicht ein novum enthielt. In den Schulen der Stadt Wreschen sind nur diejenigen Bestimmungen über die Unterrichtssprache bei der Grthei⸗ lung des Religionsunterrichts in Anwendung gebracht worden, die in den gemischtsprachigen Provinzen seit dreißig Jahren generell bestehen. (Hört. hört!) Von der ihnen gesetzlich zustehenden Befugniß haben die Re⸗ gierungen in Posen und Bromberg einen sehr vorsichtigen und sehr all⸗ mählichen Gebrauch gemacht. Wenn insbesondere die Regierung in Posen die Kinder der katholischen Stadtschule in Wreschen in der Kenntniß der deutschen Sprache für so weit gefördert hielt, daß sie dem Unterricht in dieser Sprache mit vollem Verständniß folgen könnten, so bewegte sie sich bei der Einführung der deutschen Unterrichtssprache in den Religionzunterricht durchaus innerhalb der bestehenden Bestimmungen und hat ihre Zuständigkeit in keiner Weise überschritten.
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3 rage ische Regierungs.
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und zur Bestrafung einer Anzahl Ein⸗ dieser Stadt geführt haben, so lag die Schuld nicht an den Organen der Königlichen Staatzregierung, sondern sie lag an ciner planmäßigen Agitation (sehr richtig! rechts und bei den National⸗ libcralen), welche darauf abgielte, die Kinder gegen ihre Lehrer, die GEltern gegen ihre Obrigkeit aufzuheten. (Zuftimmung rechts, Wider⸗ svruch bei den Polen.) Meine Herren, die preußische Schulverwaltung
gegeben hat, so waren es Opvfer jener Agitation, die sich nicht damit bfinden kann, daß die chemaligen polnischen Landestheile Posen und West⸗ unwiderruflich deutscher Boden geworden sind. (Bravol rechts.)
“
3
zum Deutschen
(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.) 8
* land dem inneren Leben der Kirche zum Segen gereicht hat. Das will ich hier nicht entscheiden. Aber vom politischen Standpunkt aus betrachtet, ist die Verschiedenheit der Konfessionen in Deutschland in der Vergangenheit eine Quelle großer Leiden gewesen, und sie er⸗ fordert noch heute Abg. von Jazdzewski, noch irgend ein anderer der polnischen Herren
Nun hat irr von Jazdzewski weiter behauptet, daß unsere “ 8 im Widerspruch stände mit der Verfassung. Meine Herren, in Wirklichkeit befinden wir uns Frscethus auf ver⸗ fassungsmäßigem Boden. Artikel 24 der preußischen Verfassungs⸗ urkunde stellt die beiden nachstehenden Leitsätze auf:
Bei der Einrichtung der öffentlichen Volksschulen sind die
konfessionellen Verhältnisse möglichst zu berücksichtigen. Den religiösen Unterricht in der Volksschule leiten die be⸗ een Religionsgesellschaften.
I gelatten wird, daß den Kindern polnischer Zunge der Religionsunterricht mit Ausnahme der Unterstufe in den westpreußischen und oberschlesischen Schulen grundsätzlich, in den Schulen der Provinz Posen, soweit das Verständniß der Kinder dies gestattet, in deutscher Sprache ertheilt wird, so liegt darin keine Verletzung der Verfassung. Denn die Verfassung enthält über die Sprache, in welcher der Unterricht in der Volksschule ertheilt werden soll, lcber. haupt keine Bestimmung, und wir haben nicht das Recht, in die Ver⸗ fassung hineinzutragen und 1.““ was nicht in der Ver⸗ f . (Sehr richtig! rechts. 1 “ 8 Ferr derr von Jazdzewski weiter erklärt, daß die Königliche Staatsregierung den Polen ihre Muttersprache rauben wolle. Das ist eine unbegründete Beschuldigung, die ich mit Ent⸗ schiedenheit zurückweise. Die preußischen Staatsbürger polnischer Zunge bedienen sich ihrer Muttersprache in der Familie, bei ihren geselligen Zusammenkünften, im Verkehr unter einander. Widerspruch bei den Polen.) Doch, meine Herren, kein Mensch hindert sie daran, zu reden, wie ihnen . der Schnabel gewachsen ist. Aber die preußischen Staatsbürger polnischer Zunge sollen auch die deutsche Sprache 8 kennen lernen, weil sie im Verkehr mit den Behörden, weil sie für den Dienst im Heer, weil sie für den geschäftlichen Verkehr der deutschen Sprache mächtig sein müssen. Die preußischen Unterthanen polnischer Zunge sollen in den Stand versetzt werden, an den deutschen kulturellen Einrichtungen theilzunehmen. — (Zwischenruf des Abgeordneten von Jazdzewski.) Herr von Jazdzewski, ich habe Sie, während Sie redeten, das werden Sie mir selbst bezeugen müssen, nicht mit einer Silbe unterbrochen, weder durch Heiterkeit, noch durch Murren, oder sonst irgendwie. So würde ich Ihnen auch sehr dankbar sein, wenn Sie mich ausreden lassen wollten (Bravo! rechts). — Ich sage also, daß die preußischen Unterthanen polnischer Zunge in den Stand versetzt werden sollen, theilzunehmen an den Wohlthaten der deutschen kulturellen Ein⸗ richtungen. Deshalb wird ihnen der Unterricht in der Volksschule in Sprache ertheilt. 12 Süe Seeae soll nicht ein Mittel der Germanisierung sein. Dazu ist der Religionsunterricht auch nach meiner Ansicht nicht bestimmt, und der beste Beweis dafür, daß uns dabei nicht der Zweck der Germanisierung leitet, ist, daß in vielen Schulen der Provinz Posen der Religionsunterricht noch in polnischer Sprache ertheilt wird. Die Bedeutung der Ertheilung des Religionsunterrichts in deutscher Sprache, wo dies zulässig ist, liegt darin, daß dadurch der Schule ein einheitlich deutscher Charalter gewahrt wird und daß ins besondere die Schulbehörden der Nothwendigkeit enthoben werden, den gesammten Unterricht polnischen Lehrern anzuvertrauen, deren Zu⸗ verlässigkeit leider oft zu wünschen übrig läßt. (Sehr richtig! rechts.) Wir werden diese Grundsätze, die mit der Verfassung im Einklang stehen und die sich in einer langen Praxis bewährt haben, auch ferner⸗ bin durchführen, ohne Kleinlichkeit und ohne überflüssige Härte, aber auch ohne Zögern und ohne Schwanken. (Bravo!) Wir werden ins⸗ besondere nicht dulden, daß der Religionsunterricht mißbraucht wird (Bravo!), um deutsche katholische Kinder zu polonisieren. (Bravo!) Gs ist unsere Pflicht, die deutsche katholische Minderbeit im Osten gegen Polonifierung zu schützen. (Bravo!) Das ist für uns ein Ge⸗ bot der Gerechtigkeit ebenso, wie ein Gebot der deutschen Staats⸗ raison, dem wir uns nicht entziehen werden. (Bravo!) : Meine Herren, man liebt es auf polnischer Seite, polnisch mit katholisch und deutsch mit protestantisch zu sdentifizieren. Darin liegt eine Irreführung der öffentlichen Meinung, und damit werden der Tendenzen untergeschoben, welche ihr in toregierung ver⸗
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1
v“ Zweite Beilage
Anzeiger und Königlich Preußis
Berlin, Dienstag, den 14. Januar
ein, meine Herren, daß die Verschiedenheit der Konfessionen in Deutsch⸗
braucht weder der Herr
daran mich zu erinnern bei jedem leitenden deutschen Staatsmann eine vorsichtige und behutsame Hand. Sich über prinzipielle Fragen prinzipiell zu verständigen bis auf das Tüpfelchen über dem 1. das ist eben überall schwierig und in Deutschland doppelt schwierig, aus Gründen, die mit den Stärken wie mit den Schwächen des nationalen Charakters zusammenhängen. Aber ich bin überzeugt, daß es in der Praxis möglich ist, weil es möglich sein muß, bei voller Wahrung der natürlichen und verfassungsmäßigen Rechte des Staats doch ein friedliches Nebeneinanderleben der Konfessionen untereinander und der Konfessionen mit dem Staat zu erzielen, wenn nur allseitig fest⸗ gehalten wird an dem Geiste der Mäßigkeit, Billigkeit und Duldung. Deutschland kann nur dann eine Weltmacht bleiben, wenn wir keinen Riß aufkommen lassen in dem Gefüge unserer nationalen Geschlossenheit. (Sehr richtig!) Noch mehr wie 9 Zu⸗ kunft jedes andern Volkes hängt die Zukunft des deutschen Volkes davon ab, daß wir Deutschen uns immer an das erinnern, was uns Deutschen allen gemeinsam ist, und auch davon, daß wir über manches hinwegkommen und manches vergessen. Wenn ich in konfessionellen Fragen gerecht denke — ich wiederhole Ihnen, ich versichere Sie als ehrlicher Mann, daß mir jeder Gedanke an ein Zurückdrängen, eine Zurücksetzung der katholischen Kirche auch in den ehemals polnischen Landestheilen vollständig fern liegt, daß ich im Osten wie im Westen auf dem Boden der Gleichberechtigung der Konfessionen stehe, daß ich wünsche, daß jedem die Religion erhalten bleibe, in der er sich glücklich fühlt und in der er hofft, einst selig zu werden —; ich sage, wenn ich in konfessionellen Fragen gerecht denke, wenn ich in manchen liberal denke, — in nationalen Fragen verstehe ich keinen Spaß. (Beifall.) Es handelt sich im Osten nicht um die Vertheidi⸗ gung der katholischen Kirche und des katholischen Glaubens, sondern es handelt sich darum, daß preußisches Staatsbewußtsein und deutsches Nationalgefühl, daß deutsche Sprache und Gesittung nicht zu Grunde gehen. Es handelt sich nicht um konfessionelle, sendern es handelt sich um nationale Aufgaben, und an solchen Aufgaben können und sollen sich die Vertreter aller Konfessionen betheiligen. ] Meine Herren, wie liegen denn heute die Verhältnisse in unseren östlichen Provinzen? Früher kam dort eigentlich nur der polnische Adel in Betracht. Der nahm in der polnischen Bevölkerung Un⸗ ruhe bei den Polen) — ich sage das sine ira et studio, ich konstatiere ja nur die geschichtliche Entwickelung — die führende Stellung ein und leitete die polnische Agitation. Ein sehr armes ländliches und städtisches Proletariat lebte im Schatten des Adels und nahm keinen Antheil am politischen Leben. Diese Situation hat sich im Laufe der letzten Jahre verändert. Dank dem Schutz, dank dem befruchtenden Segen der preußischen Verwaltung, dank unseren verfassungsmäßigen Zuständen ist in den Städten des Ostens ein polnisches Bürgerthum herangewachsen, welches die Leitung der Massen an sich gerissen bat und unter Verdrängung des Adels und bis zu einem gewissen Grade im Gegensatz zum Adel — einem Gegensatz ähnlich wie er in Böhmen zwischen Jungczechen und Altczechen besteht — die Führung der national⸗ polnischen Agitation in demokratischem Sinne übernommen hat. In Stadt und Land, wo Sie hinblicken, finden Sie jetzt polnische Aerzte, volnische Advokaten, polnische Kaufleute und Handwerker, welche, unterstützt von dem Ihnen bekannten Marcinowsky⸗Verein und unter rücksichts⸗ loser Boykottierung deutscher Gewerbetreibender, sich ihre Stellung be · gründet haben und auf der Grundlage dieser Stellung in fanatischer Weise die nationalpolnische Agitation betreiben. Diese Flemente, in steter Verbindung mit einander stehend, dehnen ihre Agitation auf alle ehemals polnischen Landestbeile aus und erstreben die Wiedergewinnung dieser ehemals polnischen Landestheile. Fragen Sie alle diejenigen, welche die Verhältnisse im Osten aus eigener Anschauung kennen, fragen Sie alle Deutschen im Osten: wenn eine bisher mit einem Deutschen besetzte Rechtsanwaltsstelle oder Arztstelle oder Apotheke frei wird, sucht sie ein Pole zu gewinnen. Wo ein städtisches oder ET“ damit die emsige Thätig e die crreicht haben, daß trotz der in den letzten über- und der es auch nicht an den 5h Geldmitteln in Fühlung steht mit 1%½ e. Mlcberhersen des tatus quo
J11“ 8
„Arnzeiger. 1902.
Abzug der durch die Königliche Ansiedelungs⸗Kommission heran⸗ gezogenen deutschen Bauern sogar nur auf ca. 11 % zu schätzen ist; dabei hat die Gesammtbevölkerung des preußischen Staats in der gleichen Zeit um etwas mehr als 15 % zugenommen. Gerade in den Kreisen des Netzedistrikts im Regierungsbezirk Bromberg und in denjenigen Kreisen des Regierungsbezirks Posen, die an rein deutsche Landestheile wie die Provinz Schlesien und Brandenburg grenzen und die stets als überwiegend deutsch galten, ist mit einem Zuwachs der polnischen Bevölkerung von rund 13 % — in einzelnen Kreisen, bei gleichzeitigem Rückgang der Deutschen um ca. 10 ½ % — sogar mit einem Zuwachs von ca. 14 ½ % — zu rechnen. In den vier Jahren von 1897 bis 1900 gingen — mit Einschluß der Erwerbungen der Ansiedelungs⸗Kommission — 1910 Grundstücke mit einem Flächeninhalt von 32 260 ha aus deutschem in polnischen Besitz über, während umgekehrt nur 158 Grundstücke im Gesammt⸗ umfang von 16 263 ha von Polen auf Deutsche übertragen wurden. Der Verlust der deutschen Hand betrug also 1752 Grundstücke mit einer Fläche von 15997 ha. Ohne die Erwerbungen der An⸗ siedelungs⸗Kommission würde der Verlust der deutschen Hand in diesen vier Jahren allein 27 346 ha, also ungefähr 5 Quadratmeilen, be⸗ tragen haben. Das gleiche Bild gewährt die Grundbesitzbewegung in den Städten der Provinz. gingen, um nur einige prägnante Fälle herauszugreifen, im letzten Jahrzehnt in Ostrowo 31 Hausgrundstücke aus deutschem Besitz in polnischen über, während nur sechs von Deutschen — aus polnischer Hand erworben wurden. In Krotoschin stehen 64 Erwerbungen von Hausgrundstücken durch Polen aus deutscher Hand nur 20 Erwerbungen durch Deutsche aus polnischer Hand gegenüber. In der Stadt Posen sind während der letzten beiden Jahre 64 Grundstücke von deutschem in polnischen und nur 59 von polnischem in deutschen Besitz übergegangen. Diese Differenz ist anscheinend nur gering, indessen betrug der Werth der ersteren 4 790 000 ℳ, der der letzteren 3 530 000 ℳ, sodaß der Werths⸗ verlust der deutschen Hand 1 260 000 ℳ, d. h. mehr als ein Viertel des Gesammtwerths der ersteren 64 Grundstücke, beträgt. Was 1 den Rückgang des deutschen Elements, insbesondere des Mittel- standes, in den Städten anlangt, so bietet einen interessanten Beitrag dafür der Wechsel im Besitze der Apothelen. Von den vor 2 10 Jahren vorhandenen 125 Apotheken befanden sich 98 in deutschen und 27 in polnischen Händen, während zur Zeit von 134 Apotbeken nur noch 85 von Deutschen und bereits 49 von Polen besessen werden, die ihren Besitzstand mithin um 15 %̃ erweitert haben. Sehr ungünstig haben sich auch die Verhältnisse für die deutschen Handwerker entwickelt. Früher lag der überwiegende Theil des Handwerks, mit Ausnahme vielleicht des . auch in Städten mit überwiegend polnischer Bevölkerung in deutscher Hand. Auch jetzt steht der deutsche Handwerkerstand dem polnischen ziffernmäßig zwar noch gleich gegenüber, hat aber keinen entsprechenden Nachwuchs mehr. So sind z. B. in der Stadt Posen bei dem vor zehn Jahren überwiegend von Deutschen aus⸗ geübten Baugewerbe, einschließlich der verwandten Fächer, gegen⸗ wärtig 133 Meister mit 508 Gesellen und 131 Lehrlingen als deutsche, dagegen 137 Meister mit 1212 Gesellen und 309 Lehr⸗ lingen als polnische zu bezeichnen. Nicht anders liegt das Ver⸗ hältniß in den andern Gewerben der Stadt Posen, was aus der Thatsache heworgeht, daß bei 715 deutschen Meistern 1528 deutsche Gesellen und Lehrlinge, dagegen bei 1365 polnischen Meistern 3686 polnische Gesellen und Lehrlinge, also prozentual ganz er- heblich mehr beschäftigt werden. Auch in der ganz überwiegend deutschen Stadt Bromberg stellt sich der prozentuale Antheil der polnischen Lehrlinge und Gesellen im Verhältniß zu den polnischen Meistein noch höher wie in Posen. Die auf die Beykottierung der deutschen Geschäftewelt gerichteten Bestrebungen sind schon älteren Datums. Die Agitation auf diesem Gebiete hat sich aber von Jahr zu Jahr verschärft, und es unterliegt leinem Zweifel, daß die politische Führung der Polen eines ihrer Ziele in dem völligen Bruch mit dem deutschen Gewerbe sieht. Der Natut der Sache nach lassen sich nach dieser Richtung hin zahlen⸗ Nachweisungen nicht geben. Wie die Verhältnisse liegen, .7 aus mündlichen und schriftlichen Mittheilungen cines erfahrenen und zuverlässigen Großkaufmanns in der Provint. seinen Angaben hat jett noch der deutsche Großhandel am wenigsten zu lelden, da die deutschen Geschäfte die polnischen gleicher Art zar
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