1902 / 38 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Feb 1902 18:00:01 GMT) scan diff

Faplarhch gut? Solche allgemeinen Redewendungen sollte man also lieber beiseite lassen; dadurch wird nur eine Brücke zur uchelei geschlagen. Je schwächer der Schulbesuch, desto stärker die

hl der jugendlichen Verbrecher in den einzelnen Provinzen. Gehen

ie lieber den wirklichen Ursachen der Verbrechen nach, statt sich auf solche allgemeinen Empfindungen zu beschränken. Unser Flugblatt gegen den Brotwucher hat angeblich das religiöse Gefühl eines Forstmeisters verletzt, weil in Rixdorf ein Genosse das Blatt von Haus zu Haus trug, und er dieses wahrnahm. Der angeklagte Genosse ist natürlich freigesprochen worden; offenbar liegt 88 weit mehr eine Rederei über Religion als wahre Religiosität vor.

Die Beschlagnahme der Tolstoi'schen Antwort an

den heiligen Synod hat selbst Herr Oertel mißbilligt. Ein Verbot Goethe’s in Sachsen würde er bedauern, fügte er hinzu. Herr Oertel scheint doch Goethe nicht zu kennen, sonst wüßte er, daß Goethe in den Grundanschauungen mit den Sozialdemokraten durchaus harmoniert. (Redner zitiert zum Beweise eine Reihe von Stellen, u. a. aus „Faust“. Vize⸗Präsident Dr. Graf zu Stolberg⸗Wernigerode ersucht ihn, die Zitate aus Goethe's Werken nicht zu weit auszudehnen.) Nicht nur mit den Anschauungen, auch mit dem Endziel der Sozialdemokratie hat Goethe außerordentlich viel Be⸗ rührungspunkte. Bei der neuerlichen Empfehlung der Prügelstrafe hat r Oertel sich auch auf den Rechtsanwalt Liebknecht, den Sohn unseres darteigenossen, berufen. Jene Behauptung ist schon von dem Rechtsanwalt Liebknecht selbst öffentlich widerlegt worden. Da könnte man doch von der Loyalität des Herrn Oertel erwarten, daß er davon nicht mehr Gebrauch machen würde. Hatte denn diese Erwähnung irgend welchen Zusammenhang mit dem Justiz⸗Etat, oder sollte sie nicht vielmehr einem unserer Fehehe etwas in der Oeffentlichkeit anhängen? Als ich das Rednerpult bestieg, um diese Richtigstellung zu geben, haben die Freunde des Herrn Oertel den Saal verlassen; auch das ist charakteristisch und muß festgenagelt werden. Wer Mördern Gnade schenkt, wird selbst zum Mörder. Der Duellmord ist ein qualifizierter Mord. Wer den Duellmörder begnadigt, wird Begünstiger des Mordes und des Mörders. Sitten muß man richten, wird gesagt. Wenn ein armes Mädchen von Zuhältern ausgebeutet wird, so ist das unter Zuhältern Sitte. Wo kommen wir mit solchen Theorien hin? Der Antrag Gröber will nichts, als die Duelle endlich als das kennzeichnen, was sie sind. Wollen wir darauf warten, bis der rückständigste Theil der Bevölkerung zu dieser Anschauung sich durch⸗ gerungen hat, dann können wir bis zum jüngsten Tage warten. Bis ins 14. und 15. Jahrhundert gab es kein Duell in Deutschland; von Spanien und Frankreich aus ist diese Donquixoterie des Duells zu uns gelangt. G Bevollmächtigter zum Bundesrath, Königlich sächsischer Geheimer Rath Dr. Börner bezieht sich dem Vorredner gegenüber auf seine früheren Erklärungen über den Zwickauer Fall Der Kösliner Fall 2. ihm nicht bekannt. Er müsse wiederholen, daß es sehr bedenklich ei, Urtheile verschiedener Gerichte auf Grund verschiedener That⸗ bestände auf ihre Gerechtigkeit gegeneinander abzuwägen. Nach den Erkenntnißgründen seien die Gesichtspunkte, daß es sich um angesehene Leute und Söhne hochachtbarer Eltern handle, nicht für die milde Bestrafung maßgebend gewesen. 1 Abg. Gröber (Zentr.): Wir haben den Wunsch, daß gegen die Duellanten die volle Strafe des Gesetzes Anwendung finden möge, schon oft hier aussprechen hören und im Jahre 1896 auch eine Reso⸗ lution in diesem Sinne gefaßt. Darüber, wie der Erfolg gewesen ist, brauche ich kein Wort zu verlieren; eine genügende Wirkung ist nicht erreicht worden. Diesem Sachverhalt entspringen die Anträge Gröber und Schrader, welche die Strafgesetzgebung auf diesem Gehiete ändern wollen. Daß mein Antrag auf der Abschreckungs⸗ theorie aufgebaut sei, muß ich bestreiten; er ist aufgebaut auf der heorie der gerechten Vergeltung. Dann sollen diese Anträge unvollständig sein, weil sie nicht strengere Bestrafung der Beleidigungen und Verleumdungen vorschlagen. Im Jahre 1895 haben wir einen ähnlichen Antrag gestellt, der aber nicht beabsichtigte, eine allgemeine Verschärfung der Beleidigungsstrafen zu veranlassen, sondern nur derjenigen, welche nach der Standessitte zum Duell führen können. ie Einwände gegen diesen Antrag waren aber so durchschlagend, daß wir ihn zuruüͤckzogen und auf diesen Gedanken nicht mehr zurückgekommen sind. In England kommt das Duell so gut wie garnicht mehr vor, weil es in der Armee abgeschafft worden ist. Das ist das Entscheidende. Darüber, daß die Armee nicht die Pflanzstätte des Duells sei, läßt sich streiten, aber der Mittelpunkt der Duelle ist die Armee nach wie vor; würde hier abgeschafft, so wäre ihm überhaupt der Garaus gemacht. Die Ehrengerichte müßten o ausgebildet werden, daß sie auch über die Beleidigungen zu befinden hätten. Warum geschieht das nicht? Weil man sich nicht dem Urtheil eines Anderen unterwerfen will, auch nicht dem Urcheil eines Standesgenossen. Die schwersten Fälle sind die⸗ jenigen, bei denen es sich um einen Verführer der Ehefrau handelt; es müßte also, wenn man die Strafe für Beleidigungen verschärfen will, gleichzeitig eine Verschärfung der Strafen für Ehebruch und Ver⸗ führung erfolgen. Der behauptete Zusammenhang wischen Beleidigungs. und Duellstrafen ist nicht vorhanden. Hoffentlich werden diese Reichstagsverhandlungen auch draußen klärend wirken. kommt nicht auf die Zahl, sondern auf die Schwere der Duelle an. Wo eine ehrlose Handlungsweise nachgewiesen ist, soll die Festungs⸗ strafe nicht statthaft sein. Läßt man, wie mehrfach vorgeschlagen, 8 gshaft fakultativ zu, dann bleibt alles beim Alten, dann kommen die Angehörigen der Korps auf Festung und die Wichsiers kommen ins „Loch“. Die von Herrn Lenzmann beliebte HPeranziehung des Satzes „Volenti non fit injuria“ dem eeee gegen an⸗ dei, ist doch recht merkwürdig; unser f 5—8 berubt in lem Abschnitt auch keineswegs auf diesem Satz. ntrag Schrader t mit dem Strafmarimum auf fünf Jahre zurück und will also das Duell noch mehr begünstigen, als es bisher schon begünstigt war. Das können wir nicht mitmachen. Wir wollen nicht unterscheiden zwischen Thätern in einem erch ce⸗ und einem

ichtk 1 Duell; das ist nicht di ti dl 8 Eee es 82 8 eine eee 8 88 r.— der Standebehre wird uns immer wieder meiner rache ꝓ% um das Duell webt, wollen als ein Verbrechen das daran, di weit sompatbis ran, daß dieser 1 cher als jetzt für igt worden als in veer habe aus lauter Kompetenz⸗

einung handelt cs sich lediglich um einen 131 22 e se Standesvorurtheile mit. Den n, a eitigen; wir wollen erkennen lassen, daß das Duell nichts ist Mörder schonen ist Selbst⸗ mord, hat schon Abg. Dr. Müller⸗M. (fr Volksp.) crinnert den Staats⸗ Svstem der bedi prochen habe. N nie sei er (Redner) ort 8n senrendrs 89 der Auffassung des Staatssekretärs wäͤre eigent⸗ eine abrikationsanstalt. vpetenzfragen —x nicht en - —. des Erlasses

moriturus aufgetreten. (Präsident Graf von Ballestrem; Die Verhandlungen im Zirkus Busch gehören nicht in den Reichs⸗ tag, auch nicht die weiße Weste.) Er sei als Jongleur Iechaetreten. (Präsident: Dieser Ausdruck widerspricht der Ordnung des Hauses; ich bitte Sie, sich zu mäßigen, sonst muß ich strengere Maßregeln ergreifen!) Er habe, fährt der Redner fort, nicht die Absicht gehabt, Herrn Oertel zu be⸗ leidigen. Er sagte, allzu große Humanität sei Grausamkeit gegen die Allgemeinheit. Im vorigen Jahre legte er dieses Zitat Liszt in den Mund, in diesem seinem Dichterkollegen Grillparzer. Ich möchte wissen, von wem jenes Zitat herrührt, bei Grillparzer findet es sich nicht, aber ein ähnliches: „Der Weg der neueren Bildung geht von der Humanität durch Nationalität zur Bestialität.“ Dem kann ich mich nur anschließen. Herr Oertel berief sich auf Tolstoi für die Prügelstrafe und behauptete, diesen zu kennen. Er hat aber die einer Person in einem Tolstoi'schen Roman in den Mund gelegten Worte Tolstoi selbst zugeschrieben. Tolstoi hat sich in seiner Schrift „Der Zar und seine Leute“ aus⸗ drücklich und scharf gegen die Züchtigung ausgesprochen. Mit Zeugen⸗ schaft der PraFen renommiert Herr Oertel wohl etwas. Die betreffenden Kreise wollen von der Theorie des Herrn Oertel nicht das mindeste wissen. Er sagte, wir fürchten die Prügelstrafe. Wir wollen nicht, was uns, sondern was der Gesammtheit, dem kulturellen Fortschritt zu gute kommt. Daß Herr Oertel weder eine Regierung, noch einen Fürsten beleidigen würde, weiß ich; dazu ist er viel zu lammfromm. Ich kann ihn nur bitten, künftighin etwas vorsichtiger zu sein. Er mag den Reichskanzler sich zum Vorbild nehmen, der um Zitate nie verlegen ist, oder er mag sich, wenn er keine Zitate hat, einen Pudel „Tommy“’ halten, der ihm morgens die Redeblüten ans Bett bringt. Dem sächsischen Vertreter gegenüber stehe ich nach wie vor auf dem Standpunkt in der Frage der Tolstoi’'schen Schrift, daß die Schriften eines Schriftstellers als Ganzes zu beurtheilen sind. Tolstoi ist der erste Kämpfer gegen alle den mittelalterlichen Aberglauben in Ruß⸗ land und anderswo. Den sächsischen Vertreter hat geärgert, daß ich gesagt habe, Sachsen sei noch russischer als Rußland selbst, und daß die Tolstoi'schen Schriften in Tausenden von Exemplaren in Rußland lithographisch verbreitet werden. Die russische Regierung weiß ganz genau, daß man über einen solchen Mann nicht zur Tagesordnung übergehen kann; das ist auch der Grund, weshalb sie ihn nicht längst nach Sibirien geschickt hat. Möge sich der Staatssekretär nicht die Finger verbrennen, sonst könnte einmal das ganze Amt in die Luft fliegen. 1 1 Abg. Heine (Soz.): Der Mhg. Oertel hat mir gestern Un⸗ verfrorenheit vorgeworfen, ich könnte ihm diesen Vorwurf zurückgeben, ich unterlasse es aber. Herr Oertel spricht sich bei Erörterung der Prügelstrafe in eine wahre Begeisterung hinein. Daß er zustimmende Briefe empfängt, wundert mich nicht. Wie es Verirrungen des Muckerthums giebt, so giebt es auch eine Prügelmanie. Es lohnt sich nicht, darüber noch lange zu reden. Es handelt sich hier um eine pathologische Beschränkung. Herr Oertel meinte in der Duellfrage, nicht alle Duellanten wären Junker. Gewiß, es giebt auch bürgerliche Junker. Mit frommen Redensarten, wie sie Herr von Levetzow braucht, ist das Duell nicht zu bekämpfen. Der Zentrumsantrag verfehlt seinen wirklichen Zweck, denn gewisse Klassen werden es nie zugeben, und ihr Einfluß ist zu groß, als daß ein solcher Antrag je Gesetz werden wird. Würde er aber Gesetz, so würden diese Leute es verstehen, es unwirksam zu machen. Der Zentrumsantrag macht nur den Eindruck einer radikalen Dekoration. Die Hereinziehung der zu geringen Beleidigungsstrafen hätte keinen Zweck, denn im Falle⸗ Bennigsen⸗Falkenhagen u. s. w. hätte man nicht an eine Beleidigungs⸗ klage gedacht. Ich habe den Eindruck, 5 die Herren nur ein verschämtes Ausnahmegesetz gegen die politische 2— machen möchten. Gegen Beleidigungen herrscht eine zu große Nervosität bei den Leuten, die ihrer Ehre nicht ganz sicher sind, im Privatleben und in der öffentlichen Politik. Jeden Morgen sitzen die Staatsanwälte und sehen zu, ob sie irgend einem Redakteur nicht etwas am Zeuge flicken können. Man sollte doch nicht wie die alten Weiber bei jeder Bagatelle aufs Gericht laufen. Unsere Wünsche über bedingte Ver⸗ urtheilung u. s. w. werden nur deshalb von der Regierung nicht berück⸗ sichtigt, weil es der Bureaukratie natürlich bequemer ist, diese Sache auf dem Verwaltungswege zu erledigen. Wir wollen nicht von der Gnade und Liebenswürdigkeit des Staatssekretärs abhängen, sondern wir wollen Gere tigkeit. Präsident Graf von Ballestrem: Der Abg. Heine hat sich darüber beklagt, daß gestern der Abg. Oertel auf ihn das Wort „Unverfrorenheit“ angewendet habe. Hätte ich gestern diesen Ausdruck gehört, so würde ich denselben als ungehörig und gegen die Ordnung des Hauses verstoßend bezeichnet haben.

Abg. Raab (Reformp.) geht auf die Ausführungen des Staatssekretärs ein, wonach die Einbringung von Initiativanträgen die Einbringung von Regierungsvorl verhindere; er weist darauf hin, daß in der Frage der kaufmännischen Schiedsgerichte gleichwohl eine Vorlage der verbündeten Regierungen angekündigt sei. Präsi⸗ dent Graf von Ballestrem: Per Gegenstand gehört zum Ressort des Reichsamts des Innern.) Das Gese zur des unlauteren Wetibewerbs entspricht durchaus nicht unseren Erwartungen. Es wäre zu erwägen, ob das Gesetz nicht nach dem Code civil dahin zu ändern wäre, daß alle Handlungen, die Anderen Schaden zufügen, als solche bezeichnet werden, wegen deren Schadenersatz zu zahlen wäre.

sonders schädlich sind die dee er Vaas⸗ Umherziehen Eine weitere

en

Bekämpfung i seinen Wirkungen

orderung ist die Sicherung der forderungen. (Der Präsident raf von Ballestrem macht d edner darauf aufmerksam, daß er permanent bei Gegenständen verweile, die das amt des Innern angingen; wenn so weiter debattiert werde, so werde man im Leben nicht sertig werden.) Im vorigen Jahre sei bei diesem Etat die Frage

der Sicherung der Forderungen der Bauhandwerker sehr eingehend diskutiert worden.

Staatssekretär des Reiche⸗Justizamts Dr. Nieberding: Meine Herren! Ich bitte um die Erlaubniß, einen Augenblick noch zu sprechen, um eine meiner Aeußerungen zu rechtfertigen gegen⸗ über den Zweifeln des Herrn Vorredners. Dieser nahm Bezug auf das, was ich über die Stellung der Regierung iu den Initiativanträgen gesagt habe, und bezweifelte, daß sich daßs decee mit dem Verhalten der Regierung gegenüber der neulich bier verhandelten und einer Kommission überwiesenen Resolution, betreffend die kaufmännischen Schiedsgerichte. Darin irrt sich aber der Herr Vorredner. Neulich handelte es sich nicht um einen Initlativantrag, sondern um eine Resolution, und gvar handelte ecs sich sogar um die Annahme dieser Resolution und um deren Ueberweisung an eine Kommission erst, als die Regierung bereits erklärt hatte, daß sie mit einer Vorlage über die kaufmännischen Schiedsgerichte zu kommen gedenke. Nach dieser Erklärung ist die Revierung dem Hause gegenüber gebunden, die Sache weiter zu fühten; sie kann sich natürlich nicht daß etwaige nachträgliche Berathungen in diesem Hause über einen älteren Initiattvantrag, der sachlich meines Erachtens du Beschluß über die Resolutton er⸗ ledigt ist, sie in ihrem Vorhaben gestört haben.

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1 11“ 8 Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Dr. Nieberding: Meine Herren! Zur Duellfrage sind zwei Anträge gestellt: einer

in Form einer Resolution, der andere in Form eines Gesetzentwurfs, der einen Initiativantrag darstellt. Die Resolution hat den Zweck, durch Beschluß des Hauses die verbündeten Regierungen auf⸗ zufordern, eine Gesetzesvorlage zu machen. Bei Annahme dieser Resolution wird naturgemäß die Regierung in der Lage sein, mit einem Gesetzentwurf zu kommen; ob sie aber darauf eingehen wird, das vermag ich in diesem Augenblick nicht zu sagen, weil die verbündeten Regierungen sich zu der Sache noch nicht schlüssig gemacht haben. Soweit ich voraussehen kann, werden sie sich nicht schlüssig machen, bevor die Meinung des Hauses, wie sie sich aus der Abstimmung ergeben wird, festgestellt ist.

Was den Initiativantrag betrifft, der von dem Herrn Abg. Schrader und seinen Freunden eingebracht ist, so will dieser ja gerade, daß der Reichstag seinerseits einen Gesetzentwurf ausarbeitet. Die Regierung kann diesem Bestreben nicht hinderlich sein; aber sollte sich das Haus dafür entscheiden, so würde die Regierung doch nur die Aktion des Hauses stören, wenn sie ihrerseits mit einem Gesetzentwurf hervortreten wollte; darin liegt aber die Bedeutung eines Initiativantrages.

Was die andere Frage betrifft, die landesgesetzliche Ordnung des Gebührenwesens bei den Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, so hat der Herr Abgeordnete beklagt, daß dieses Gebührenwesen nicht für das ganze Reich einheitlich geordnet sei. Ich kann dieser Klage inso⸗ fern nur zustimmen, nung auf diesem Gebiete eine Verbesserung der gegenwärtigen Zu⸗ stände erblicken muß; ich habe aber zu erklären, daß es nicht möglich war, bei der Ausarbeitung des Gesetzes über die freiwillige Gerichts⸗ barkeit ein Einverständniß der Regierungen in diesem Punkte zu erzielen, und daß es deshalb zunächst dabei bleiben mußte, daß die Einzelregierungen die Kostenfrage regeln. Ob und wann die Hoff⸗ nung, die der Herr Abgeordnete hier ausgedrückt hat, auf eine einheit⸗ liche Regelung sich wird verwirklichen lassen, das ist eine Frage

an die Zukunft, die ich in diesem Augenblicke nicht zu beant⸗

worten wage.

gesammte kritische Material zu gewinnen. Was dann von seiten der

ist die Zeit noch nicht gekommen.

sekretärs bewilligt; über die Resolution Gröber wird in der dritten Berathung abgestimmt werden. 1 der Justizverwaltung wird ohne weitere Debatte erledigt.

Darauf vertagt sich das Haus. 1 Uhr. ost⸗Etat.) “”

Haus der Abgeordneten 25. Sitzung vom 12. Februar 1902, 11 Uhr

Der Erste Staatsanwalt beim Landgericht zu Liegnitz hat am 3. Februar beim Hause die Genehmigung zur Vernehmung des Abg. von Nickisch⸗Rosenegk als Zeugen in der Strafsache des früheren Direktors der Liegnitzer Genossen⸗ schaftsmolkerei nachgesucht. Die Geschäftsordnungskommission

eantragt durch ihren Referenten Abg. Goerdeler, die nach⸗ gesuchte Genechmigung zu ertheilen.

Abg. Gamp 85 kons.) spricht sich gegen den Kommissionsantrag aus. dürfe einem Mitglied des Hauses nicht ohne weiteres die Ermächtigung gegeben werden, den tungen des Hauses m bleiben. Der Reichstag habe in der letten Zeit einen vor Jahres⸗ fei von seiner Geschaäͤflsordnungskommission gemachten Vorschlag,

er dem heute vorliegenden entspreche, ausdrücklich verworsen. Ieden⸗

alls müßten derartige Fälle nau geprüft werden, und nur im Nothfalle, 7 de Gründe dafür

ganz uü. n und den des Mitgliedes und des Hauses kein intrag geschehe, dürfe die Genehmigung ertheilt werden. Anderer⸗ seits bestehe d ung. zu 0

die durch Urlaubsertheilun erledigt werden .8. Iürac,se Ferer ic bereit sei. Es sei ja se⸗ icrig, n zu dem n llung das an

1 8. icht tigste, die die Geschäfts⸗ auf gue

—- 1L.

bamik des Paas in den Sun d 89 ene veraner ennaat der des Falles urtheilen. Kirsch (Zentr ebenfall die im Reichstage öber . 88,78,.,92 4

5 8* legenen n u dem größten der übrungen

des Vorredners zu. Abg. Seme (nl.) spricht sich für Versagung der Ge⸗

8. g kons.) erklärt sich mit der Zurückweisung e Gamp

Die Angelcgenheit wirdd dem Antrag 1.nngelen en, Lehnnge Peen evelehee benhe

an die Kommi zurückverwiesen.

Die Novelle zu den Gesetzen, betreffend die Landet⸗ bank in Wiesbaden, und die Voriage, betreffend die Landeskreditkasse in Cassel, werden in dritter Lesung endgültig ohne Debatte angenommen.

Sodann wird die bei dem Etat des Finanz⸗Ministerlums

Die Einnahmen die ü des Thiergartens dei Berlin werden ohne

als auch ich in einer einheitlichen Gebührenord⸗

Schluß nach 6 ½ Uhr. Lacg Sitzung Donnerstag

Endlich hat der Herr Abgeordnete gefragt, wie es mit den beiden es 8 Gesetzentwürfen zum Schutze der Bauhandwerker stehe; ob es in der Absicht liege, auf Grund der Kritiken, die sich an diese Gesetzentwürfe angeknüpft haben, einen anderweiten Reformversuch zu machen. Ich 88 muß hierauf erklären, daß die beiden Gesetzentwürfe auch zur Zeit noch der öffentlichen Diskussion unterliegen, daß die Kritik darüber noch keineswegs abgeschlossen ist, und daß vorläufig abgewartet wird, 3 wann der Zeitpunkt gekommen sein wird, um eine Uebersicht über das

8

8 8

er 2 2 65 8 Kommission, die mit der Ausarbeitung dieser Gesetzentwürfe betraut 8 gewesen ist, geschehen wird, was diese Kommission dann ihrerseits ““ 2 2 . 2 2 2 227 I1“ Regierung empfehlen wird, das meine Herren, kann ich in diesem

8

Augenblick auch nicht sagen. Das können die Mitglieder der Kom⸗ 8 mission selbst noch nicht sagen; auch für ihre Entscheidung hierüber

Damit schließt die Diskussion, und nach einer persönlichen Bemerkung des Abg. Dr. Oertel wird das Gehalt des Staats⸗

Der Rest des Etats

I““

zum Deutschen Rei

8* den Ausgaben für das Ministerium, und zwar zu dem Titel „Gehalt des Ministers“, bemerkt

Abg. Vorster (fr. kons.): Die Handhabung der Steuerveran⸗ lagung läßt noch immer viel zu wünschen übrig; die Vorschrift der Geheimhaltung der Steuerliste wird noch immer nicht respektiert. In Cöln wurde die Liste offen zu Jedermanns Einsicht bei den Kom⸗ munalwahlen ausgelegt, sodaß sich Agenten und Heirathsvermittler darum sammelten und sie zu ihren Zwecken auszogen. Was nützen das Amtgeheimniß und der Schutz des Zensiten, wenn das Ergebniß der Ein⸗ schätzung der gesammten Oeffentlichkeit auf dem Präsentierteller zur Schau gestellt wird? Mindestens sollte verwehrt werden, daß die Art, wie sich die Perantanung zusammensetzt, die einzelnen Posten für Einkommen⸗, Ergänzungs⸗, Gewerbesteuer u. s. w. für Jedermann er⸗ sichtlich werden; das Schema sollte so gestaltet werden, daß nur die Gesammtsumme der Steuern des einzelnen Steuerpflichtigen ersehen werden kann. In der Budgetkommission sind auch sonst noch mehr⸗ fache Anregungen zu entsprechender Abänderung der Gesetze oder der Ausführungsbestimmungen gegeben worden. Die weiteren Aus⸗ führungen des Redners sind bei der wachsenden Unruhe im Hause auf der Tribüne nicht mehr im Zusammenhange verständlich.

Finanz⸗Minister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Die Frage, die der Herr Vorredner angeführt hat, berührt in erster Linie das Ministerium des Innern; denn es handelt sich darum, ob die Listen für die Kommunalwahlen in der Weise abgeändert werden können, wie der Herr Vorredner dies wünscht. Wenn er auf meinen Herrn Amtsvorgänger Bezug ge⸗ nommen hat, so hat dieser allerdings erklärt, daß die Steuer⸗ erklärungen geheim gehalten werden sollen; und das geschieht auch. Aber er hat auch selber, glaube ich, wiederholentlich darauf hin⸗ gewiesen, daß das Ergebniß der Steuererklärung schlechterdings nicht geheim gehalten werden kann, schon eben wegen der Kommunalsteuer⸗ zuschläge.

Nun, meine Herren, ist das nicht zu verkennen, daß die Miß⸗ stände, die der Herr Abg. Vorster berührt hat, nach mannigfacher Richtung in der That, wenn ich so sagen soll, peinlich sind und für den Zensiten peinlich sein müssen, wenn alle einzelnen Beträge, aus denen seine Steuer sich zusammensetzt, in den Listen eingetragen sind, und wenn dann jeder in der Lage ist, nachzuprüfen, ob diese Ein⸗ schätzung auch richtig ist oder nicht. Aus diesem Grunde war ja auch, wie der Herr Abg. Vorster erwähnt hat, seitens der Regierung eine entsprechende Vorlage gemacht worden, in der die Offenlegung wesentlich eingeschränkt werden sollte. Das hohe Haus hat aber dieser Vorlage seine Zustimmung ver⸗ sagt und zwar, soweit ich mich entsinne, wesentlich deswegen, weil es sagte, daß die Ausbringung des Steuerertrages in toto kein genügender Maßstab zur Beurtheilung bildet, ob die Steuerveranlagung auch richtig erfolgt ist. Wenn nur der Steuerertrag angegeben ist, dann muß ersichtlich sein, wie viel entfällt auf die Einkommensteuer, die Grund⸗ und Gebäudesteuer, die Gewerbesteuer. Sonst kann der betreffende Zensit nicht ausreichend ersehen, ob die Veranlagung richtig ist. Vom Standpunkt der Staatsregierung war also, nachdem das hohe Haus eine ablehnende Stellung eingenommen hatte, kein Anlaß vorhanden, der Sache näher zu treten. Sollte das hohe Haus seine Auffassung geändert haben, so werde ich sehr gern bereit sein, mit dem Herrn Minister des Innern und dem Staats⸗Ministerium in erneute Verhandlungen einzutreten, ob nicht Veranlassung vorliegt, auf die frühere Vorlage von 1892 zurückzukommen.

Abg. von Eynern: Die Veranlagung ist unter den Schutz des Amtsgeheimnisses gestellt; daneben aber beehen andere Bestimmungen, welche, wie der Fall in Cöln, die völlige Nutzlosigkeit dieses Schutzes beweisen, da über die Steuerverhältnisse jedes Zensiten eine bis in die Einzelheiten gehende Kenntniß durch die Offenlegung der Kommunalwäblerlisten vermittelt wird. davon auch die

rathsvermittler Vortheil ziehen, ist schon erwähnt worden. Mein

r Antrag bezüglich stärkerer der Steuer⸗ easaeehsereehat e wurde seiner Zeit einstimmig ommen; aber bei Uer Wandelba namentlich varlamentarischer nge kam der darauf vorgelegte Gesetzentwurf nicht zu stande. So besteht denn jener mit Recht beklagte Zustand noch heute. Ob jetzt cine Aende⸗ rung im Hause mehr Aussicht bat, weiß ich nicht; jedenfalls sollte unsere Bemühung darauf gerichtet sein. ndelt sich dabei freilich

auch um eine Abänderunz der gesetzlichen Vorschriften über die Kom⸗ munalwahlen. 2 G 8

Auf eine Anfrage des Abg. Dr. Friedberg (nl.) erklärt der

Finanz⸗Minister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Wir betrachten es als unsere selbstverständliche Pflicht, für diejenigen Männer zu sorgen, die das wirklich sehr müh⸗ same und entsagungevolle Amt üben, Vorsitzende der Veranlagungs⸗ Kommissionen zu sein, und wir haben uns bemüht, diesen Männern die Stellen der Ober⸗Regierungsräthe, der Dirigenten bei den Steuer⸗ abtheilungen zugänglich zu machen, soweit das möglich ist. Es sind in der verhältnißmäßig kurzen Zeit, die hinter uns liegt, 6 bis 9 dieser Herren zu Ober⸗Regierungsräthen und Dirigenten der Steuer⸗ abtheilungen gemacht worden, wobei sich allerdings einige Schwierig⸗ keiten ergaben, die aus unseret ganzen Verwaltungsorganisation her⸗ dergehen. Wir können nämlich nach dem Gesetz über die Vorbildung der Verwaltungsbeamten Juristen in die allgemeine Verwaltung nut übernehmen mit der Qualifikation, daß sie die Regierungkratbé⸗ und Ober . versehen konnen, wenn sie

Justitiane thätig gewesen sind.

Herren also erst anf diesem Qwalifikation der Ober ⸗Regierungkräthe bera ich den Ausdruck gebrauchen dars. Gs wäre zu nicht bei dem in Vorbereitung begriffenen

hnr züte! Hirerrile.

17 Gh

eite Beilage

Berlin, Donnerstag, den 13. Februar

bei der Ablehnung der erwähnten Vorlage der Regierung eingenommen haben. Wir können die Wünsche der Herren Vorster und von Eynern

nicht unterstützen. Wir sind nicht geneigt, Aenderungen an dem be⸗ stehenden System vorzunehmen.

trole der Richtigkeit der Wahllisten irgendwie in Zweifel zieht, können wir nicht zustimmen.

Abg. Freiherr von Plettenberg⸗Mehrum (kons. ließt sich diesen Nesirüenren im wesentlichen an.

Nach einigen weiteren kurzen Bemerkungen der Abgg. Gamp, Kirsch und von Eynern wird das Gehalt des Ministers bewilligt.

Im Kapitel „Ober⸗Präsidenten, Regierungs⸗Präsidenten ꝛc.“

sind 3600 für einen Wohnungs⸗Inspektor, der dem Regierungs⸗Präsidenten in Düsseldorf beigegeben werden soll, und zwar wegen der dort besonders schwierigen Wohnungs⸗ verhältnisse, ausgeworfen. Der Inspektor soll aus der Zahl der höheren Baubeamten genommen werden.

Auf eine Anfrage des Abg. Dr. Friedberg erklärt der

Finanz⸗Minister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Ich kann in der That nur thun, was ich bereits in der Budgetkommission schon gethan habe, und im nesentlichen die Erklärung wiederholen, die ich dort abgegeben habe. Ich möchte auch hier mit der abermaligen Betonung des dringenden Bedürfnisses für eine derartige Stelle beginnen und möchte auch hier betonen, daß ich in dieser Beziehung aus einer ziemlich reichen Erfahrung spreche, die ich als Regierungs⸗Präsident in Düsseldorf gesammelt habe. Ich meine, meine Herren, wie ich das in der Etatsrede ausgesprochen habe, daß es kaum ein Gebiet giebt, wo Kommune und Staat mehr Hand in Hand gehen sollen, ihre soziale Fürsorge zu bethätigen, kaum ein wichtigeres Gebiet als das der Wohnungsfürsorge, worunter das In⸗ dustriegebiet zu leiden hat, weiter, wie große Mängel gerade auf diesem Gebiet zu beseitigen sind.

Ich habe schon in der Budgetkommission ausgeführt es ist auch andererseits anerkannt —, daß in Düsseldorf seit einer Reihe von Jahren eine Polizeiverordnung bestand, die eine gewisse Mindest⸗ anforderung für die Wohnungen aufstellte. Ich betone das Wort „Mindestanforderung“. Es war in der That eine überaus bescheidene Anforderung. Beispielsweise wurde pro Kopf nur ein Rauminhalt von 10 chm Luft gefordert. Obwohl man also mit voller Absicht sich mit der geringsten Forderung begnügt hatte, ergaben die Revisionen in den Städten, und zwar in den großen, sehr wohl verwalteten Städten, daß eine sehr große Anzahl der untersuchten Wohnungen auch noch nicht einmal dieser Mindestanforderung entsprach, und daß sich sanitäre und sittliche Gefahren der allerschwersten Art aus diesen ungenügenden Zuständen der Wohnungen, aus der übergroßen Anzahl der in ihnen Wohnenden ergaben.

Waren diese Zustände schon in den großen Städten mißlich, so waren sie zum theil noch viel schlimmer in den kleinen, ganz plötzlich entstandenen Industriegemeinden, in den kleinen Gemeinden, in denen infolge Anlage eines Schachtes, infolge Anlage einer Fabrik von gestern zu heute hunderte von Woh⸗ nungen entstanden waren, die weder den sanitären, noch den bau⸗ polizeilichen und sittlichen Rücksichten überall genügten. Hier die bessernde Hand anzusetzen, ist meines Erachtens eine dringliche Auf⸗ gabe, und dazu bedarf es einer eingehenden fürsorgenden Thätigkeit der Kommunen, die in erster Linie hier helfend einzugreifen berufen sind. Ich habe in der Beziehung auch in der Budgetkommission angedeutet, daß auch schon jetzt die Kommunen auf diesem Wege sehr viel ihrerseits zu helfen in der Lage sind, wiesie in der Lage sind, das gemein⸗ nützige Baugenossenschaftswesen zu fördern, indem man ihnen billigen Grund und Boden zu den Selbstkosten hergiebt, indem man die Kosten für die Kanalisckion, Straßenanlagen u. s. w. ermäßigt, indem man, wie das vielfach in der Rheinprovinz geschehen ist, die Garantie den Baugenossenschaften übernahm für die Darlehen, die die Baugenossen⸗ schaften seitens der Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsanstalten ihrerseits aufnahmen. Aber wenn das Schwergewicht der Thätigkeit in den Händen der Kommunen liegt, darf sich der Staat inner⸗ halb der Grenzen, die er unter allen Umständen innehalten muß, doch auch einer gewissen Mitwirkung nicht entziehen, und diese Mitwirkung wird gerade in der Richtung zu liegen haben, in der sie die vorliegende Position erwähnt. Das soll dieser Wohnungs⸗ Inspektor, wie er für Düsseldorf vorgeschlagen ist, nun thun; er hat zunächst die Aufgabe, volles Licht zu verbreiten über die thatsächlichen Verhältnisse, wie sie liegen; er hat die Aufgabe, sich an Ort und Stelle zu überzeugen, wo Mißstände vorhanden sind und über diese Mißstände dem geordneten Organ, nämlich seinem vorgesetzten Re⸗ gierungs Präsidenten, mündlich oder schriftlich Bericht zu erstatten.

Ee ist gesagt, daß dieser Wohnungs⸗Inspektor durch diese Kontrol⸗

Einer Gesebesverlahes die die Kon⸗

s⸗Anzeiger und Königlich Preußis

gegeben wird, er in der Lage sein wird, seine Fürsorge nach der Richtung noch mehr zu bethätigen, als gegenwärtig der Fall ist. Ich kann nur nochmals betonen, daß meines Erachtens hier ein wichtiges und sehr segensreiches Gebiet der Thätigkeit sich ihm eröffnet.

Ich darf noch hinzufügen, daß von all den gemeinnützigen Ver⸗ einen, die sich mit der Wohnungsfrage beschäftigt haben und namentlich von dem höchst verdienstvollen rheinischen Verein für gemeinnütziges 8 Bauwesen die Nothwendigkeit betont ist, einen derartigen Wohnungs⸗ Inspektor zu schaffen. Es hat unlängst bei der vierten Generalver⸗ sammlung des rheinischen Vereins 1901 darüber eine eingehende Er örterung stattgefunden. Der Referent hat sich auch hier wieder die Nothwendigkeit der Schaffung eines derartigen Postens au gesprochen; er sagt:

Als aufsichtführende Stelle ergiebt sich für Preußen natur⸗ gemäß der Regierungs⸗Präsident, dem als ausführendes Organ f die Beaufsichtigung der Wohnungspflege ein besonderer Bezir wohnungs⸗Inspektor beizugeben ist. Dieser hat sich in regelmäßiger Wiederkehr in die einzelnen Gemeinden zu begeben und festzustellen, einerseits wie die Wohnverhältnisse dort sind, andererseits was zur Ausführung der gegen ungesundes Wohnen bestehenden Vorschriften geschieht. Auf diese Weise wird nicht nur eine gesunde Handhabung der Wohnungs⸗Inspektion gesichert, sondern der Regierungs⸗Präsident erhält einen unmittelbaren Ueberblick über die Wohnverhältnisse in seinem Bezirk und ist in der Lage, das Vorgehen nach größeren und einheitlichen Gesichtspunkten zu regeln. Die Stelle des Bezirkswohnungs⸗Inspektors dürfte einem Bautechniker mit akademischer Bildung und einiger Erfahrung zu übertragen sein.

In diesen Verhandlungen hat selbst der Chef einer der größten rheinischen Städte sich für diese Einrichtung ausgesprochen, also Be⸗ denken über kollidierende Interessen nicht geäußert. Er sagt:

Ich möchte also meinen, meine Herren, daß wir mit der Wohnungs⸗Inspektion so schnell vorgehen, wie nur eben möglich ist. Sie müssen aber bei der Auswahl des Wohnungs⸗Inspektors die allergrößte Vorsicht walten lassen. Auf den Takt und das ordnungs⸗ mäßige Vorgehen dieses Mannes kommt alles an. Wenn Sie darin Glück haben, bin ich fest überzeugt, daß die Wohnungs⸗ Inspektion zur Zufriedenheit der Hausbesitzer, wie der Miether, als auch der Gemeinde ausfallen wird.

Ich glaube also, meine Herren, daß es richtig ist, diesen Versuch zu machen, der von allen mit der Sache befaßten Seiten von lange her auf das Lebhafteste befürwortet ist. Sie sehen: wir haben erst eine Stelle ausgebracht, um Erfahrungen zu sammeln, und erst wenn die Erfahrungen günstig sind, werden wir allmählich in induftriellen Gebieten, da, wo ein Bedürfniß ist, mit dieser Einrichtung weiter voranschreiten.

1.2 91— von Zedlitz und Neukirch (fr. kons., schwer verständlich) äußert verschiedene Bedenken gegen die neue ichtung.

Abg. von Savigny (Senr) giebt zu bedenken, ob man, statt neue Beamte anzustellen, die Wohnungs⸗Inspektion nicht bereits vor⸗ handenen Beamten, vielleicht den Gewerbe⸗Inspektoren, übertragen könne. Es sei zu befürchten, daß der neue Beamte, wenn seine Amts⸗

befugnisse nicht ganz genau abgegrenzt würden, mit anderen Ver⸗ waltungsorganen kollidieren werde. .

Abg. Winckler (kons.): Wir können der Regierung nur unsere Zustimmung geben zu ihrem Vorgehen auf dem Gebiet der Wohnungs⸗ fürsorge, einem der wichtigsten sozialen Gebiete. Die prinzipiellen Bedenken, die hiergegen erhoben worden sind, und die ich nicht ver⸗ kenne, müssen zurücktreten. Wir werden für die Mehrausgabe stimmen, bitten aber, daß uns im nächsten Jahre mitgetheilt werden möchte, S Funktionen der hier in Frage kommende Beamte zu erfüllen 88 und welche Stellung er zu den Staats⸗ und ö

örden eingenommen hat. Nach unserer Ansicht soll er in die Funktionen irgend einer Behörde nicht störend eingreifen.

von Eynern (nl.): Nach den Bemerkungen zum Etat soll der Wohnungs⸗Inspektor gegenüber den Bür istern und Wohnungs⸗ sonen der größeren Städte eine he Autorität ausüben. Das scheint mir dech bedenklich.

Finanz⸗Minister Freiherr von Rheinbaben: Meine Herren! Die Herren Vorredner haben sich ja im allge⸗ meinen zustimmend zu der Pesition geäußert, nur einige Bedenken

ausgesprochen, zu denen mich nochmald äußern zu dürfen ich um Er⸗ laubniß bitte.

Ich bestätige dem Herrn Abg. Winkler vollkommen, daß cs sich nicht darum handelt, eine neue Behörde zu schaffen, sondern daß dieser