1902 / 52 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 01 Mar 1902 18:00:01 GMT) scan diff

weiterer Staatsmittel zur Verbesserung der Wohnungsverhältnisse von Axbeitern, die in staat⸗ 1 Betrieben beschäftigt sind, und von gering besoldeten Staatsbeamten.

In zweiter Berathung wird der Gesetzentwurf, be⸗ g die Heranziehung zu den Kreisabgaben (Kreis⸗ besteuerung der Gesellschaften mit beschränkter Haftung), gemäß dem Antrage der Gemeindekommission en bloc angenommen.

Es folgt dann die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Ueberweisung weiterer Dotationsrenten an die Provinzialverbände, auf Grund des Berichts der X. Kommission.

Nach § 1 werden den Prpein ialverhänden 1) zur Er⸗ leichterung ihrer Armenlasten, 2) zur nterstützung von leistungs⸗ F. Kreisen und Gemeinden auf den Gebieten des Armen⸗ und Wegewesens sowie bei dem Bau und der Unterhaltung von Brücken jährliche Renten von insgesammt 7 Millionen Mark vom Staate überwiesen. (Von dem Verwendungszweck unter Nr. 2 ist die Stadt Berlin ausgenommen, weil ees sich für diese nur um den ersten Verwendungszweck handelt.)

Abg. von Richthofen (kons.): Wir sgan mit der Vor⸗ lage einverstanden, auch mit dem Vertheilungsma sstab. Eine Er⸗ leichterung des Steuerdrucks soll bis in die kleinsten Gemeinden hinein erreicht werden; wir verhehlen uns nicht, daß das mit den Mitteln dieses Gesetzes allerdings nicht in großem Umfange der Fall sein kann. Bedenken. Gn wir gegen die obligatorische Untervertheilung auf Kreise und Gemeinden, und wir beantragten in der Kommission, daß den provinziellen Verschiedenheiten darin Rechnung getragen werde, daß auch bei den Kreisen Halt gemacht werden könne. Der Antrag wurde in der Kommission abgelehnt, denn eine prinzipielle Meinungs⸗ verschiedenheit bestand darüber nicht, daß den provinziellen Verschieden⸗ heiten Rechnung getragen werden muß. Ich bitte die Regierung um eine ähnliche Crelärung darüber, wie sie in der Kommission abgegeben worden ist. Es verlautet, daß einzelne Provinzialverwaltungen be⸗ absichtigten, ihre den Kreisen gewährten Unterstützungen infolge dieses Gesetzes zu kürzen. Das würden wir nicht für richtig halten, denn dadurch würde mit der einen Hand genommen, was mit der anderen segehen wird. Ich bitte die Regierung, sich dahin auszusprechen, daß

e eine solche der Tendenz des Gesetzes widersprechende Ausführung

verhindern wird.

Minister des Innern Freiherr von Hammerstein:

Ich entspreche dem eben gestellten Ersuchen gern und wiederhole, was ich bereits in der Kommission ausgeführt habe, daß es nicht meine Absicht ist, irgend welchen Reglements der Provinzen entgegenzu⸗ treten, welche überhaupt nur im Rahmen des Gesetzes abgefaßt sind, daß darin vielmehr jeder Provinz nach ihren eigenthümlichen Ver⸗ hältnissen die größte Latitude gewährt werden soll. Insbesondere würde ich es meinerseits nicht als einen Grund der Nichtgenehmigung auffassen, wenn z. B. in der Provinz Ostpreußen mit Rücksicht auf die gegenwärtig dort obwaltenden Verhältnisse von der Betheiligung der Kreise an den zur Erleichterung der Landarmenlasten bestimmten Mitteln zur Zeit abgesehen würde.

Ich würde es zweitens auch für richtig halten, je nach den Ver⸗ hältnissen der Provinz bei der Untervertheilung entweder Kreise und Gemeinden, oder auch nur Kreise, oder auch nur Gemeinden zu be⸗ dienen. Es muß sich, je nach dem Rechtszustande in der einzelnen Provinz richten, welche dieser Korporationen nun die thatsächlich am schwersten belasteten und der Hilfe bedürftigsten sind.

Endlich will ich auch hinzufügen, daß ich es nicht für richtig halten würde, wenn nunmehr eine Provinzialvertretung auf Grund dessen, daß durch dieses Gesetz den unteren kommunalen Körper⸗ schaften, sei es den Kreisen oder den Gemeinden, besondere neue Mittel zufließen, Anlaß nehmen würde, deshalb ständige Beihilfen, welche die Provinz diesen Körperschaften bis jetzt gewährt hat, zurück⸗ zuziehen. Es würde das zweifellos vollständig gegen den Sinn und die Tendenz dieses Gesetzes verstoßen. (Sehr richtig!) 1

Ich glaube, daß ich damit das ausgedrückt habe, was schon in den Kommissionsverhandlungen zur Sprache gekommen ist und den eben ausgesprochenen Wünschen auch entspricht.

Abg. von Pappenheim (kons.): In der Kommission ist das Bedenken geltend gemacht worden, daß die 129922 von der Re⸗ gierung angehalten werden könnten, die neue Rente in erster Linie zu den durch 88 Bekämpfung der Wanderbettelei u. s. w. b entstehenden Kosten mit zu verwenden Die Rente kann ahber doch nicht derartige neue Aufgaben erfüllen, ist vielmehr nur im Rahmen des alten Do⸗ tationsgesetes zu vperwenden. Der Minister des Innern und der Finanz⸗Minister hahen erklärt, daß das Wort „vornehmlich“ im § 1 nicht bedeute, daß die Kosten der Wanderbettelei zu obligatorischen Aus⸗ gaben der Provinzen gemacht würden, wohl aber erhielten die Provinzen das Recht, die Rente —1 zur Unterstützung derartiger Einrichtungen zu verwenden. Ich glaube, daß die Angelegenheit der Wanderbettelei durch ein besonderes Gesep geregelt werden muß. Der Finanz⸗Minister hat sich egen rt, daß bei einer gesetzlichen . 21 der Wanderbettelei der Staat eine ahbermalige Dolation gebe. kommt uns auf seine Hilfe wenig an, die Hauptsache ist, daß überhaupt ein solches Gesetz erlassen wird. Allerd wird ein Ausgleich zwischen den einzelnen Provinzen erfolgen müssen. Wir wünschen, daß die Kreise und der Paat zu den Kosten heitrage. Dem Minister des Innern kann ich versichern, daß meine Partei ihn bei der Vor⸗ le eines solchen Gesetzes kräftig unterstz wird. Es handelt

r um eine Aufgabe, die des Schweißed der Edlen werth ist. sepentwurf würde großes Unglück verhüten und reichen Segen

stiften.

Minister des Innern Freiherr von Hammerstein: Meine Herren, ich glaube, es ist niemand in diesem Hause, und bedenfalls niemand hier an diesem Tische, der nicht der großen sozialen und ethischen Bedeutung der Fürsorge für unglückliche Wanderer auf der Landstraße den höchsten Werth beimißt, um diesen Wanderern zu helfen, sie davor zu bewahren, in das Laster der Bettelei und die daraus dervorgehenden Nebel zu verfallen, ihnen Arbeit zu verschaffen, wenn sie arbetten wollen, ihnen ein Heim zu gewähren, wo sie, ohne vom Laster angekränkelt zu werden, sich heimisch, zu Haus fühlen koͤnmen. Das Bestreben, das namentlich aus der Provinz Westfalen von dem Pastor v. Bodelschwingh zuerst in weite Kreise getragen ist, Wanderheimstätten zu schaffen, mit diesen Wanderheimstätten Arbeits- zu verbinden und Arbeitsstellen selbst einzurichten, verdient gewich das hohe Interesse, das ihm von so vielen Seiten

tgegengetragen wird. en

Gin andereh ist es, meine Herren, ob 9 möglich ist, nun diesen Zweig der sezlalen Lhebesthätigkeit auch gesetzlich zu regeln. Die Komtaliche Staatoregierung hat vor 6 Jahren dazu einen Versuch

geklärt, daß wir schon mit einem ganz bestimmten Programm vor Sie hintreten können. Es ist sehr richtig, wie der Herr Vorredner schon ausgeführt hat, daß in großen Theilen des Vaterlandes die Ver⸗ hältnisse ganz verschiedenartig gestaltet sind, daß es bestimmte Wanderstraßen giebt, auf denen das Uebel ein sehr großes und akutes ist, daß wieder in anderen, abgelegeneren, weniger industriell entwickelten Theilen des Staats der Unfug des Bettelns und Fechtens nicht dermaßen zu einem allgemeinen Uebel geworden ist, daß dagegen eingeschritten werden müßte.

In den Motiven des gegenwärtigen Gesetzes ist nun, und zwar mit Recht, darauf hingewiesen, daß diejenigen Kosten, die etwa den Provinzen aus der Abstellung dieser Uebelstände durch Einrichtung von Arbeitsnachweisstellen und Wanderherbergen erwachsen würden, zu denjenigen Armenkosten im weiteren Sinne gehören, für deren Er⸗ leichterung auch diese neueren Dotationen bestimmt sind. Daß die Provinzen die Befugniß haben, derartig regelnd in diese Verhältnisse einzugreifen, unterliegt keinem Zweifel; diese Befugniß haben die Provinzen immer gehabt, und daran ist durch die neuen Gesetze nichts geändert. Nur war es nicht möglich und wäre bei der Verschieden⸗ artigkeit der Sachlage in den verschiedenen Provinzen auch eine Un⸗ gerechtigkeit gewesen, aus dieser neuen Dotationssumme, wie das ge⸗ legentlich mal gewünscht wurde, einen Theil auszuscheiden, der aus⸗ drücklich nur für die Einrichtung derartiger Wanderherbergen und Arbeitsnachweise verwendet werden dürfe. Ebenso ist es bei der Lage der Finanzen geradezu unmöglich, jetzt schon irgendwie eine weitere Dotation, sei es zu diesem Zweck, sei es zu anderen Zwecken, aus Staatsmitteln in Aussicht zu stellen.

Nach meiner persönlichen Auffassung ich spreche ausdrück⸗ lich aus, daß es lediglich meine persönliche Auffassung ist würde sich die Sache in Zukunft vielleicht derartig regeln lassen, daß für diejenigen Provinzen, welche ihrerseits durch organische Anord nungen ein vernünftiges, beschränktes, nicht zu weit ausgedehntes Netz von Wanderherbergen, von Arbeitsnachweisen, von Arbeitsstellen für die wandernden arbeitslustigen Arbeiter schaffen, eine gerechte Verthei⸗ lung der dadurch erwachsenden Kosten auf die Provinzen, die Kreise und Gemeinden durch ein Gesetz herbeigeführt würde. Aber ich muß ausdrücklich dabei nochmals hervorheben, daß, nachdem jetzt der Staat wiederum 10 Millionen jährlich zur Unterstützung, zur Dotation der Provinzen bereit gestellt hat, es nicht denkbar ist, in den nächsten Jahren auf weitere Dotationen zu rechnen. Iu6e

Abg. Vorster (freikons.) stimmt dem § 1 namens seiner Freunde zu.

Abg. Hausmann (nl.): Ein Gesetz gegen die Wanderbettelei ohne erheblichen Staatszuschuß ist nicht denkbar; wir werden an einem Zuschuß von auch bei dem nächsten Gesetz festhalten müssen.

Abg. Klausener (Zentr.) erklärt namens seiner Freunde die Zustimmung zu dem Gesetz.

Abg. von Eynern 8 Man hat mich als Vater dieses Ge⸗ setzes bezeichnet; dagegen möchte ich mich verwahren. Ich war dafür, eine einmalige große Dotation den Provinzen zu geben. In diesem Entwurf finden wir manche Mängel. Die westlichen Provinzen kommen bei diesem Gesetz sehr schlecht weg. Nach dem Beschluß der Kommission werden sie noch mehr benachtheiligt durch die Art der Berechnung.é Ich habe aber nicht die Absicht, gegen das Gesetz zu stimmen; wir müssen eine weitere Dotation für die Provinzen haben.

Finanz⸗Minister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Der Appetit kommt bekanntlich mit dem Essen, und das haben wir auch wieder aus der heutigen Debatte ersehen. Ich habe mich entschlossen, trotz einer überaus ungünstigen Finanzlage, die, wie ich glaube, wirklich ansehnliche Summe von 10 Millionen in die Hand zu nehmen, um den Provinzen, namentlich den über⸗ lasteten Provinzen, Kreisen und Gemeinden in der Abbürdung ihrer Lasten behilflich zu sein. Nun ist von verschiedenen Seiten heute schon der Wunsch ausgesprochen worden, eine neue Dotation zu geben für das Wanderarmen⸗ und Verpflegungswesen und für die Arbeitsvermittelung. Ich muß, wie ich das in der Kommission aus⸗ gesprochen habe, entschieden dagegen Stellung nehmen, daß wir zu der einen Dotation alsbald eine zweite hinzufügen. Denn es ist in der Begründung des Gesetzes ausdrücklich ausgesprochen worden, daß die Provinzen befugt sind, die neuen, sehr erheblichen Mittel, die sie be⸗ kommen, auch zur Unterstützung des Wander⸗Armenwesens zu ver⸗ wenden. Die Beihilfen, die sie bewilligen, bewilligen sie also reo vera aus der Staatskasse und bringen die Beihilfen nicht auf eigene Kosten auf. Der Staat würde also zweimal zahlen, wenn er nun noch einmal für diesen speziellen Zweck Mittel hergäbe.

Dann hat Herr von Eynern die Güte gehabt freigebig, wie er ist —, gleich von einer ferneren Dotation der Provinzen zu sprechen und zu erklären, daß die westlichen Provinzen abermals einen der⸗ artigen Maßstab sich nicht gefallen lassen würden. „Da kannst du lange töwen,“ möchte ich mit Reuter sagen, und ich kann auch nicht anerkennen, wie Herr von Evnern gesagt hat, daß die westlichen Pro⸗ vinzen bei der jetzt vorliegenden Dotation benachtheiligt worden sind. Ich darf darauf hinweisen, daß beispielsweise die Rhein⸗ provinz eine neue Dotation von rund 700 000 jährlich bekommt. Ich glaube nicht, daß die Verhältnisse der Rheinprovinz, so sehr sie mir sonst am Herzen liegt, eine Veranlassung gegeben hätten, hier wirklich in eine neue Dotation einzutreten. Aber es wäre andererseits unbillig, wenn man die öͤstlichen Provinzen, bei denen die zwingendste Veranlassung vorlag, berücksichtigen wollte, die westlichen Provinzen auszuschließen. Das haben wir nicht gethan, sondern wir haben die westlichen Provinzen auch hineingezogen, und ich glaube, es ist für die Rbeinprovinz doch überaus erfreulich, wenn sie jährlich über eine Mehr⸗ summe von ca. 700 000 zu verfügen hat. Ich darf daran er⸗ innern, daß die Rheinprovinz nur 10 % der Provinzialabgaben aufbringt und daß diese Summe noch viel hoöher scheint, als sie wirklich ist. In der Rheinprovinz hdat man

gar keine Kreiskommunal namentlich keine Kreigwege, und das, was in den östlichen Provinzen an Wegelasten von dem Kreise getragen wird, wird in der Rheinpr von der Provinz getragen. Also wenn man dies auf ——gn die Provinzialabgade in der Rheinprovingz wesentlich niedriger als 10 %. Ich nehme den Bezirkaeverhand von Wersbaden an. Er bekommt eine Dotatton von ca. 250 000 jährlich, und wenn ich nicht ——

Modus, den wir gefunden haben, den Rücksichten der Billigke it entspricht.

Ich schließe damit und möchte nur Herrn von Eynern bitten, die Hoffnung ein für allemal draußen zu lassen, daß wir zu einer neuen Dotation der Provinzen kommen werden.

Abg. von Zedlitz und Neukirch (freikons.): Den Provinzen sollte bei der Untervertheilung die größte Freiheit gelassen werden. In den Provinzen bestehen große Verschiedenheiten in Bezug auf die von ihnen zu tragenden Lasten. Die Naturalverpflegung u. s. w. ge⸗ hört zur freiwilligen Liebesthätigkeit. 1 8

Abg. Freiherr von Richthofen: In einem See Stadium des Gesetzes würde ich gegen eine en bloc⸗Annahme nichts einzu⸗ wenden haben. Zu den letzten Worten des Vorredners möchte ich ein Fragezeichen machen. Es handelt sich hier um Lasten, die eigentlich dem „Staate obliegen. Die rren aus Ostpreußen können mit der Fasfung dieses Gesetzes zufrieden sein. Breslau ist aber bei der eranschlagung der kom⸗ munalen Lasten schlecht weggekommen. Die Verhältnisse in den schlesischen Kreisen sind überhaupt sehr verschieden. Es müßten die⸗ jenigen Kreise besonders berücksichtigt werden, die früher beim Bau von Staatschausseen zurückgesetzt worden Der Abg. von Eynern hat gemeint, daß der Westen bei diesem esetz zu 8 gekommen sei.

ch denke, der Osten hätte in allererster Linie berü⸗ sichtigt werden müssen. Abgesehen von dem Abg. von Eynern, ist von keiner Seite eine Differenz zwischen Osten und Westen hervorgehoben worden. Die große Mehrheit ist in dieser Sache einig und hat provinzielle Ver⸗ schiedenheiten zurücktreten lassen. 8

Abg. Krawinkel (nl.): In Rheinland und Westfalen giebt es viele Kreise und Gemeinden, die außerordentlich belastet sind; darum kann auch ich nur sagen: Der Westen ist bei diesem Gesetz ziemlich schlecht weggekommen. Ich habe darüber in der ersten Lesung Zahlen angeführt, die jeden Zweifel an der großen Belastung jener Kreise und Gemeinden schwinden lassen.

Finanz⸗Minister Freiherr von Rheinbaben:

Der Herr Vorredner muß mich mißverstanden haben. Ich habe mit keinem Worte das Bedürfniß der Gemeinden für den Westen in Abrede gestellt. Ich habe mich nur gegen die Ausführungen des Herrn Abg. von Eynern gewandt, der behauptete, wir hätten den Westen benachtheiligt bei der ganzen Vorlage. Ich kenne die Verhältnisse des Westens ziemlich genau und erkenne mit dem Herren Vorredner durchaus an, daß es da eine Menge sehr überlasteter Gemeinden giebt; namentlich industrielle Gemeinden, Vorortgemeinden der großen Städte befinden sich in einer überaus bedrängten Lage. Deswegen habe ich mich auch in der Kommission dagegen gewandt, daß bei der Unter⸗ vertheilung in allererster Linie nur die Kreise berücksichtigt und die Gemeinden ausgeschlossen werden sollen.

Aber, meine Herren, die Belastung der Gemeinden ist doch nicht das Entscheidende allein. Der ganze Gesetzentwurf geht doch zunächst davon aus, den Provinzen neue Mittel zuzuweisen, und da habe ich mit Recht darauf hingewiesen, daß die westlichen Provinzen als solche doch viel leistungsfähiger sind als die Provinzen des Ostens. Ich habe vorhin schon Daten gegeben, aus denen hervorgeht, daß die Provinzen des Westens viel weniger Provinzialsteuern aufbringen als die des Ostens. Ist das der Fall und das hat der Abg. Krawinkel ausdrücklich anerkannt —, so sind die Provinzen des Westens auch viel eher in der Lage, den überlasteten Kreisen und namentlich den Gemeinden zu helfen, als das im Osten der Fall ist. (Abg. Krawinkel: Sehr richtig!)

Deshalb habe ich, glaube ich, mit meiner Behauptung durchaus Recht, daß der Vorwurf des Herrn Abg. von Eynern, wir hätten den Westen ungerecht und ungleich behandelt, nicht zutreffend ist, während ich durchaus anerkenne, daß auch im Westen eine große Anzahl schwer⸗ belasteter, ja überlasteter Kommunen vorhanden ist.

Nach einigen weiteren Bemerkungen des Abg. Dr. Martens (nl.) und des Geheimen Ober⸗Regierungsraths Dr. Freund wird § 1 angenommen.

Nach § 2 soll die Vertheilung der Renten auf die Pro⸗

vinzialverhände erfolgen: zu einem Drittel nach dem um⸗ ekehrten Verhältnisse der Staatseinkommensteuer, zu einem Drittel nach dem Prozentverhältnisse der Kommunalabgaben zur Staatseinkommensteuer, zu einem Drittel nach der Zahl der Bevölkerung. Bei der Berechnung der Kommunalabgaben sollen die gesammten Volksschullasten außer Ansatz bleiben.

Die daß alle 10 Jahre eine Revision der Vertheilung stattfinden soll, hat die Kommission gestrichen.

Abg. von Koller (kons., sehr schwer verständlich): Es handelt sich hier um Geldausgaben, und wenn die aufgestellten Zahlen, nach denen das Geld vertheilt wird, falsch sind, so wird auch das Geld falsch vertheilt. In Geldsachen hört aber die Gemuthlichkeit auf, und deshalb können wir dem Gesetzentwurf nicht in aller Gemüthsruhe zustimmen. Die jetzige Art der Vertheilung ist aber schon besser als die früheren Vorschläge des Ministers Herrfurth. Die Schullasten sind in den östlichen Provinzen auf dem Lande nicht kommunale Lasten, sondern Sozietätslasten; die Statistik der Schullasten ist außerordentlich schwierig, namentlich wegen der Unterscheidung zwischen kommunalen und Sozietätslasten und der Umrechnung von Natural⸗

leis in Geldleistung. . 1 Ober⸗Regier th Dr. Freund: Wir würden ein solches Gesetz nicht auf diese istik wenn diese ganz läfsig wäre. Die Statistik, die uns über die Volkgschulen zur fügung steht, ist die heste, die wir überhaupt haben, sie mit außeror r Sorgfalt und Muͤhe 2—— worden. 1. die in jeder Statistik vorkommen, sind allerdt auch darin vor⸗ namentlich bezüglich der von] eistungen in und der Unterscheidung zwischen Kommunallasten und

asten. Chlers ): Ich würde die Annahme des Ge on wünschen. 8. 2 Kommissio⸗ auch nicht t

so kann man s daß sie eseimtgwagdn ee ist. Sie 2△—2 wie bei diesem Gesetz. beantrage, es on bloc

anzunehmen. Nachdem die Abgg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch und Dr. von Hendebrand und der Lasa (kons.) diesen ommissions⸗

Antrag unterstühzt haben, wird die Vorlage in der K

en bloc - fesa en, wird die des Etate des Ministe⸗ riume des Innern, und zwar die Debatte über das Kapitel der Polizeiverwaltung in Berlin und Umgebung und den Antrag des Broemel (fr. a längliche Anstellung der Schutzleute,

8 § 39 des Baufluchtliniengesetzes die Krone die Durchquerung der

ebens⸗ .

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Abg. von Eynern (nl.) kommt auf die Generaldebatte zurück und bemerkt, daß ihm von den Hinterbliebenen des Herrn von Diest⸗ Daber eine Erklärung desselben mitgetheilt sei, nach der sich dessen Aeußerungen im Zirkus Busch nicht auf das gesammte Min sterium, sondern nur auf zwei Minister bezogen hätten, und daß er nur gesagt habe: „Die Minister können uns sonst gewogen bleiben.“ An die bekannte Aeußerung des Götz von Berli ingen 29 er (Diest⸗Daber) dabei nicht gedacht. Der Redner bemerkt, er habe von dieser Er⸗ klärung bisher keine Kenntniß gehabt; er bedaure, daß er neulich in dieser Sache Ausdrücke gebranI habe, die er bei Kenntniß dieser Er⸗ klärung nicht gebraucht hätte.

Abg. Kreitling (fr. Volksp, schwer verständlich) bestreitet Fösenüben dem Abg. von Eynern, daß der Zuschuß Berlins zu den

osten der Polizei in Berlin zu gering sei, und bespricht sodann die Frage der Durchquerung der Stroße Unter den Linden im Zuge der Lanonier⸗ und Neustädtischen Kirchstraße. Nun unterliege zwar die Anlage von Straßenbahnen in der Straße Unter den Linden der Ge⸗ nehmigung der Krone, aber der Eisenbahn⸗Minister von Thielen habe diese auf eine Anfrage in bestimmte Aussicht gestellt; deshalb sei seitens der Stadt der Ankauf der elektrischen Bahn von Siemens u. Halske erfolgt. Als dann aber die Durchquerung der Straße Unter den Linden habe in Angriff genommen werden sollen, habe auf das Gesuch um end 8 Genehmigung der Perde,Prasigent von Berlin am 30. Juni v mitgetheilt, daß der Eisenbahn⸗Minister dieselbe nicht geben könne. Die Randbemerkung des Kaisers habe gelautet: „Nein, wird unterirdisch gemacht.“ Es gebe eine ganze Menge von Stadttheilen und Straßen, deren Verkehr viel stärker belastet sei als die Straße Unter den Linden. Der unterirdischen Anlage ständen große technische Schwierigkeiten, namentlich wegen des Kanalisationsrohres, entgegen; aber wenn die unterirdische Anlage so gemacht werden sollte, daß sie richtig funktioniere und keine Störungen vorkämen, könnte die Stadt noch einmal 10— 12 Millionen dafür ausgeben. Der Minister möge doch eine andere Entscheidung herbeizuführen suchen.

Geheimer Ober⸗Regierungsrath Dr. Maubach rechtfertigt gegenüber dem Antrage Broemel das System der kündbaren Anstellung der GI mit den Erfahrungen, welche die Verwaltung in dieser Beziehung gemacht habe, und widerspricht der Behauptung, daß von dem Kündigungsrecht von der Verwaltung ein unangemessener Ge⸗ brauch gemacht sei. Die Kündigung sei nur sehr selten und nur in solchen Fällen erfolgt, in denen auch sonst das Disziplinarverfahren hätte eintreten müssen. Die Gehaltsverhältnisse und der Wohnungs⸗ geldzuschuß der Berliner Schutzleute seien richtig geregelt.

Minister des Innern Freiherr von Hammerstein: Meine Herren! Nach den Ausführungen meines Herrn Kom⸗

11 missars möchte ich Sie doch dringend bitten, den Antrag des Herrn

Broemel abzulehnen. Es ist nothwendig, daß eine Einheit in dieser Beziehung bei den verschiedenen Schutzmannschaften hier in und um Berlin geschaffen wird, und diese Einheit kann zweckmäßig zur Ab⸗ wehr subversiver Bestrebungen in der Beamtenschaft nur dadurch her⸗ gestellt werden, daß die Disziplin aufrecht erhalten wird, welche nur durch die obere Verwaltung richtig gehandhabt werden kann. Sie dürfen aber überzeugt sein, daß dabei das Polizei⸗Präsidium wie das Ministerium von dem Gedanken ausgeht und von dem Willen beseelt ist, tüchtige Schutzmänner im Dienst zu behalten und die Schutz⸗ männer so zu stellen, daß sie auch in ihrem Dienst und in ihren Lebensstellungen zufrieden sind.

Ich möchte dann noch mit einigen Worten erwähnen, daß es mir sehr interessant gewesen ist, die Ausführungen des Herrn Vorredners über die Durchquerung der Linden anzuhören. Ich habe mit großer Befriedigung seinen Worten die vollständige Loyalität und die Aner⸗ kennung entnommen, daß diese Frage der Allerhöchsten Entschließung bedarf. Wenn nun an mich die Anregung ergangen ist, hier einzu⸗ greifen, so hat sich doch der Herr Vorredner ein klein wenig in der Adresse geirrt. Wie auch in seiner Rede selbst ausgeführt ist, ist es immer der Minister der öffentlichen Arbeiten gewesen, der diese Ver⸗ handlungen geleitet hat. Es handelt sich dabei um die Durchführung einer Kleinbahn das Kleinbahngesetz ist bekanntlich anwendbar auch auf die Straßenbahnen von Berlin —, und die Anlage und Durchführung dieser Bahnen unterliegt dem Ministerium der öffent⸗ lichen Arbeiten. Ich werde nicht verfehlen, die Bemerkungen, die hier

gemacht sind, zur Kenntniß meines Herrn Kollegen zu bringen.

Abg. Dr. Krieger⸗Königsberg (fr. Volksp.) erkennt an, deh nach

nden verweigern könne; die ÜUnterführung dieser Straße stoße aber auf technische Unmöglichkeiten.

Abg. Reichardt (nl.) spricht sic die Durchquerung der Linden aus und meint, daß durch Umsteigen sowon die Durchquerung als auch die Unterführung vermieden werden könne. Das Um⸗ steigen wäre das kleinere und sei in vielen Städten üblich. Den Schwierigkeiten des Verkehrs in der Leipzigerstraße, auf dem Potsdamer Platz u. s. w. könne nur begegnet werden durch den Bau von Hochbahnen und unterirdischen Bahnen. In Berlin seien die Verhältnisse dadurch so schwierig geworden, daß durch die Haupt⸗ traßen die elektrischen Bahnen fuüͤhren, was in Paris nicht der Fall ei. Die Geschwindigkeit der Fahrzeuge x82” durch Polizeiverordnung geregelt werden, die elektrischen Bahnen follten nicht se fahren als ein im fahrendes Fuhrwerk.

„Abg. Schmitz⸗Düsseldorf 152 bemerkt, daß die Straßen⸗ unfälle in Berlin im Vergleich denen in anderen Städten immer⸗ bin nicht besonders groß seien. Was den Antrag Broemel betreffe, so liege in Berlin gar kein Anlaß vor, von dem System der Kün⸗ digung abzugehen. un der Minister in der Provinz die Kündi⸗ einfüͤbren wolle, so sei doch wohl zu daß in wohl

te nicht werde eingegriffen werden, sondern daß die Beamten,

8 welche auf Lebenszeit angestellt seien, es auch blieben.

Abg. Broemel (fr. Vag.) erwidert auf die vorgestrigen Aus⸗ rungen des von Staudy, daß er seine Bemerkungen nicht auf ganze ü-2ö3 bezogen habe, sondern nur auf diesenigen iten, welche den Straßenverkehr zu In hätten. Herr von taudy habe über die Behandlung der Pchupleute ;— das blikum geklagt; aber das Publikum, das im Straßenverkehr die hilfe der Pbelene in Anspruch nehme, sei es nicht, das gegen die Schutzleute unangemessen benehme. Herr von Staudy

kein Recht gehabt seinen Vorwürfen ihn, denn der

Minister Freiherr von nbaben habe selbst im vorigen Jahre

anerkannt, der Dienst der Schutzleute auf Straße noch nicht 0 iere, wie er es wünsche.

Antrag verl nicht, utzmann ohne weiteres unkündbar EI ℳ* nstellung solle vielmehr erst nach angemessener gcit erfolgen. Die lebenslängliche —22 würde die Qualität der Schutzmann⸗ schaft nur heben können. Fürsorge der R für ihre Be⸗

amten könne sich, abgesehen von den auch in der

Zweite Beilage

Berlin, Sonnabend, den 1. März

Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußisch n

Beschaffung von Wohnungen zeigen. Im Wohnungsgeldzuschuß müsse den Wandlungen in den Miethsverhältnissen in den letzten 30 Jahren Rechnung getragen werden.

Minister des Innern Freiherr von Hammerstein:

Der Herr Abg. Broemel hat es so dargestellt, als ob ich vor⸗ gestern die Meinung geäußert habe, daß wir bezüglich der Regelung des Straßenverkehrs in Berlin in einem geradezu idealen Zustande lebten. Ich rufe das ganze Haus zum Zeugen an, daß ich das keines⸗ wegs geäußert habe, sondern daß ich ausdrücklich erklärt habe, daß die Regelung des Straßenverkehrs eine sehr wichtige, noch nicht gelöste Aufgabe der Polizei sei. Ich habe bemerkt, daß die Vorkehrungen, die im vorigen Jahre aus der Initiative meines Herrn Amtsvorgängers getroffen seien, sich bewährt haben, daß aber noch immer alle dabei betheiligten Behörden bemüht seien, einträchtig dahin zu wirken, daß der Verkehr in Berlin gefahrloser und bequemer gestaltet werde. (Sehr richtig!)

Ich will dem noch hinzufügen, was die Herren vielleicht interessiert, daß ich in diesem Sommer eine Abordnung von Berliner Polizeibeamten, und zwar nicht nur von höheren Polizeibeamten, nach London geschickt habe, die in London während einer Periode von 10 Tagen den kolossalen Verkehr in der Londoner City fachmännisch haben studieren müssen, daß dieselben daraufhin einen sehr interessanten Bericht über die Erfahrungen, die sie ihrerseits in London gemacht haben, erstattet und daran Vorschläge geknüpft haben, in welcher Weise Theile der Londoner Anordnungen auf Berlin zu übertragen seien, und daß gegenwärtig gerade in dieser Beziehung praktische Versuche gemacht werden. Ich führe dies nur an, um Ihnen zu zeigen, daß wir nun nicht die Hände in den Hosen⸗ taschen behalten (der Minister hat die Hand in der Hosentasche große Heiterkeit), daß wir vielmehr bestrebt sind, dahin zu wirken, daß die thatsächlich vorhandenen und allseitig anerkannten Uebelstände, soweit das in einer Großstadt wie Berlin überhaupt möglich ist, mehr und mehr beseitigt werden. (Bravo! rechts.)

Nach einigen weiteren Bemerkungen des Abg. Broemel und des Berichterstatters Abg. von Loebell wird der Antrag Broemel der Budgetkommission überwiesen und nach einer kurzen Bemerkung des Abg. Kreitling über die Urlaubszeit der Schußmannschaft das Kapitel bewilligt.

Zu dem Kapitel der Polizeiverwaltung in den

Provinzen liegt der Antrag der Abgg. Daub (nl.) und Dr. Friedberg (nl.) vor:

die Regierung zu ersuchen, bei der Errichtung einer König⸗ lichen Polizei⸗Direktion in den drei Städten Saarbrücke n, St. Johann und Malstatt⸗Burbach darauf Bedacht zu nehmen, daß den Stadtverwaltungen die Baupolizei, insbesondere die Straßenbaupolizei belassen werde“.

Berichterstatter Abg. von Loebell referiert über die Verhand⸗ lungen der Kommission über die Nothwendigkeit, in den drei Städten eine Königliche Polizeiverwaltung einzurichten. Den gestellten Antrag habe aber die Kommission abgelehnt.

Abg. Dasbach (Zentr.) ist mit der Ueberweisung der e heitspolizei in den genannten drei Städten an die Königliche Ver⸗ waltung einverstanden, will aber die Baupolizei bei den Stadt⸗ verwaltungen belassen wissen.

Abg. Vopelius (freikons.) spricht sich gleichfalls für den Antrag Daub aus. Minister des Innern Freiherr von Hammerstein:

Meine Herren! Ich bedauere, dem Ansinnen des Heren Vor⸗ redners nicht entsprechen zu können. Bei der ganzen Frage der Ein⸗ richtung einer Königlichen Polizei in den drei Saarstädten war von dem Grundsatz auszugehen, daß keine dieser drei Städte für sich allein überhaupt berechtigt sei, eine staatliche Verwaltung zu fordern, daß aber die drei Städte räumlich und örtlich so ineinander verwachsen sind, daß daraus ein großes Gemeinwesen entstanden ist, das einer gemeinsamen polizeilichen Ueberwachung bedürftig ist. Zu dieser gemeinsamen Polizei gehört nun aber ausdrücklich nicht nur die ge⸗ wöhnliche Sicherheitspolizei, sondern die Polizei auf allen Gebieten. Es ist die Regel, daß gewisse fernliegende Zweige der Polizei, wie die landwirthschaftliche Polizei auf den Feldern und in den Wäldern, den Kommunen überlassen werden, daß aber alles, was das Kon⸗ glomerat der zusammengewachsenen Wohnungen betrifft, auch einheitlich geregelt wird.

Ich erkenne an und weiß, daß in einzelnen Städten gerade auf dem Gebiete der Baupolizei, sei es die gesammte Baupolizei, sei es der Hochbau, den Städten überlassen ist. Ja, meine Herren, in diesen großen Städten, die hier namentlich genannt sind, liegen die Ver⸗ bältnisse aber ganz anders. Da handelt es sich um Gemeinwesen von großer Bedeutung. Hier aber würden wir innerhalb des gesammten Polizeigebietes der drei Saarstädte wiederum drei verschiedene Bau⸗ inspektionen schaffen. (Sehr richtig! rechte.) Und diese drei ver⸗ schiedenen Bauinspektionen sind, wie der Herr Dasbach ausgeführt hat, in den meisten Fällen gebunden an die Genehmigung des Land⸗ raths, also gerade desjenigen, der hier auch die Polizeidirektion dem⸗ nächst wahrzunehmen hat; Sie würden also an Stelle einer Er⸗

Gutachten einem jeden Interesse gerecht zu werden, diese Bebauptung muß ich als vollständig unbegründet crachten. Dieser Unterschied Interessen, welcher in diesen drei Städten besteht, eristiert gerades in jedem größeren Gemeinwesen. Ich will garnicht einmal von Berlin sprrchen; dasselbe ist der Fall in Hannover, in Aachen, in Cöln, in Koblenz und in jeder Stadt; in der Peripherie liegen andere bauliche Bedürfnisse vor als in dem Zentrum wesens, also im Innern der Stadt.

und garnicht sich scheuten, mit ihrer Meinung herauszukommen —: daß die einzige Aeußerung aus der Bürgerschaft, die hier zum Vor⸗ schein gekommen ist, die Bitte ist, diesen Antrag abzulehnen. (Sehr richtig! Heiterkeit.)

Ich begreife ja nun sehr wohl, daß die Herren Bürgermeister, die jetzt durch die Einrichtung der Königlichen Polizeidirektion eine gewisse Macht, gewisse Rechte, gewisse Befugnisse, die ihnen bis dahin oblagen, auf einen anderen übergehen sehen, bestrebt sind, zu retten, was zu retten ist für ihre Machtstellung.

Ich meine, darauf kommt es hier aber nicht an, sondern darauf, wie den Interessen der Bürgerschaft am meisten entsprochen wird. Diese Interessen liegen, glaube ich, besser in der Hand eines einzigen Baubeamten, eines einzigen darüber entscheidenden Poli zei⸗Präsidenten oder Polizei⸗Direktors, als in der Hand von drei verschiedenen, aus der Wahl mit nachfolgender Bestätigung hervorgegangenen Bürgermeistern und deren voraussichtlich wegen der Kostenfrage sehr untergeordneten baulichen Hilfsarbeitern; die liegen besser in der Hand des staatlichen Beamten als in den Händen dieser, die doch immer, namentlich kurz vor dem Ablauf der Wahlperiode leider, wir sind Alle Menschen auf ihre Wähler Rücksicht zu nehmen haben (sehr richtig! rechts), während gerade hier durch die Einsetzung der Königlichen Behörde gewährleistet wird, daß überall nach Recht und Gerechtigkeit ohne Ansehen der Person verfahren wird. Ich möchte Sie deshalb bitten, diesen Antrag abzulehnen. (Bravo! rechts.)

„Regierungsrath Dr. Münchgesang führt als Vertreter des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten aus, daß die Baupolizei, Wohnungspolizei, Verkehrspolizei, Schutz der Bauhandwerker ꝛc. so ineinander greifende Gebiete seien, daß die Verwaltung in einer Hand liegen müsse. 8

Nachdem Abg. Daub seinen Antrag vertreten hat, erklärt sich auch Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch für denselben; nicht nur in größeren, sondern auch in kleineren Städten seien mit der kom⸗ munalen Bauverwaltung gute Erfahrungen gemacht worden. 8

Abg. Macco (nl.) führt Klage über zu strenge Durchführung der Baupolizeiverordnungen auf dem Lande. Es müsse den Bedürf⸗ nissen des Landes Rechnung getragen werden, und es dürften nicht bei jedem Stallbau oder bei raturen die strengsten Ansprüche von der Baupolizei gestellt werden.

Abg. von Arnim kkons.) meint, daß ein Beweis für die Noth⸗ wendigkeit der Ueberlassung der Baupolizei an die drei Städte von den bisherigen Rednern nicht erbracht sei. Die drei Städte würden sich noch weiter so entwickeln, daß eine einheitliche Verwaltung nur noch dringender werde.

Der Antrag Daub wird gegen die Stimmen der Kon⸗ servativen angenommen.

Bei den Besoldungen der Meldeamts⸗Bureau⸗Assistenten weist

Abg. Kopsch (frs. Volksp.) darauf hin, daß im Jahre 1900 eine auffallend späte Einberufung dieser Beamten stattgefunden habe. Die Beamten hätten deshalb ihre Wohnungen nicht rechtzeiti können und eine Zeitlang zwei Wirthschaften führen nhen t Einberufung müsse den Beamten möglichst frühzeitig mitgetheilt werden, damit sie sich vorbereiten könnten.

Das Kapitel wird bewilligt.

Bei dem Kapitel der Polizei⸗Distriktskommissare in der Provinz Posen tritt

Abg. Baensch⸗Schmidtlein (fr. kons.) dafür ein, diesen Beamten volle Dienstaufwandsentschädigung gewährt werbe. in Bezug auf den Wohnu dzuschuß müßten Nur die tüchtigsten aten dürften als Distriktskommissare an⸗ für in der Ostmark verlange, deren soziale Stellung gehoben werde, damit sie dauernd in ihrem Dienst erhalten werden könnten. wünscht der Redner, daß für t f ein kurzer

deutscher Titel gefunden werde.

Minister des Innern Freiherr von Hammerstein: Meine Herren, die Kategorie der Polizei⸗Distriktskommissare in der Provinz Posen ist eine sehr wichtige in dem Beamtenorganismus dieser Provinz. Ich erkenne gern an, daß diese Stellung vielerlei Beschwerden und Unannehmlichkeiten mit sich bringt und daß die Besoldung, die dafür gewährt wird, nur eine kürgliche ist, namentlich mit Rücksicht auf die Lebenshaltung, welche eine Anzahl dieser Beamten, gewissermaßen durch die Verhältnisse gexwungen, inne zu halten haben. Wenn ich trotzdem hier das Wort ergreife, um etwaigen durch die Rede des Herrn Vorrdners in der Provinz hervorgerufenen mn starken Anforderungen und Heffnungen dieser Beamten entgegen⸗ zutreten, so geschieht das nicht aus einem Mißwollen, sondern gerade umgekehrt, um nicht eine Enttäuschung dervorzurufen.

Die Königliche Regierung hat erst vor wenigen Jahren den Rang dieser Beamten erhöht; sie hat erst v die Bureau⸗

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Landraths sein sollen. Eine nochmalige Erhöhung des Bureaukostenfonds crachtet die Regierung in diesem Augenblick nicht für nothwendig. Es kann ja