1902 / 108 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 09 May 1902 18:00:01 GMT) scan diff

Kriegs⸗Ministerium. Es ist ganz richtig, daß die hohen Prämien, welche das Militär denjenigen Unteroffizieren gewährt, welche 12 Jahre bei der Fahne bleiben, in gewisser Weise den Zuzug zur Gendarmerie und auch zu den Schutzmannschaften beeinträchtigt. Daß da eine Abhilfe nöthig ist, ist meine feste Ueberzeugung, und es wird auch dahin gestrebt, sie zu erreichen. In welcher Weise das geschieht, kann ich heute nicht sagen; wollten wir das System der Armee auf die Gendarmerie übertragen auf die 4500 Gendarmen, so würde damit eine einmalige Ausgabe von nahezu 3 Millionen

Mark nothwendig sein. Diese 3 Millionen im nächsten Etat zu

ünden, scheint mir mindestens zweifelhaft. Wir werden deshalb

Mittel und Wege suchen und wie ich hoffe, auch finden, um auf

andere Weise die nothwendige Rekrutierung der Gendarmerie durch

Besserstellung der Gendarmen selbst zu sichern. Ich glaube, daß die

Herren überzeugt sein können, daß die Gendarmerie nicht nur in diesem

hohen Hause und im Abgeordnetenhause warme Vertheidiger hat,

sondern daß sie mit demselben Maße des Wohlwollens auch seitens der Königlichen Regierung gemessen wird. (Bravo!) Herr von Zitzewitz schließt sich den Ausführungen des Grafen

Arnim namentlich bezüglich der Wohnun sverhältnisse der Gendarmen an.

DOber⸗Bürgermeister Dr. ““ lenkt die Aufmerksam⸗ keit der Regierung auf eine Entscheidung des Kammergerichts, durch welche die Anwendung des Fürsorgegesetzes erheblich eingeschränkt worden ist, da das Kammergericht die Fürsorgeerziehung nur dann eintreten lassen will, wenn andere Maßregeln, wie die Schulzucht und die freiwillige Liebesthätigkeit und Armenpflege, erschöpft sind. In dem

Falle, daß der Vater in wirthschaftliche Noth gerathen ist, solle dann

der Vormundschaftsrichter die Unterbringung des Kindes in einer

Familie veranlassen. Wer solle aber die Kosten tragen? Das Kind

werde arm gemacht, und der betreffende Armenverband solle die Kosten

übernehmen. Dadurch würden namentlich die kleinen Gemeinden ge⸗ schädigt. Die Entscheidung des Kammergerichts sei insofern schädlich und verderblich, als die kleinen Gemeinden. sich fortan hüten würden, die Fürsorgeerziehung zu beantragen. An diese Auslegung des Gesetzes

habe bei Erlaß des Gesetzes niemand gedacht. 88

Herr Dr. von Dziembowski: In der Anwendung des Fürsorge⸗ erziehungsgesetzes ist kaum etwas Wesentliches versäumt worden, an

Intensität hak es jedenfalls nicht gefehlt, und das Gesetz hat segens⸗

reich gewirkt. Ueber die Hälfte der Anträge ist allerdings als nicht

dem Gesetz entsprechend befunden worden: das liegt aber daran, daß die Antragsteller sich uͤber den Sinn des Gesetzes nicht klar gewesen sind. Gewissenlose Eltern suchen sich der Pflicht der Kindererziehung zu entziehen. Würden solche Fälle verallgemeinert werden, dann würde das Gesetz der Anschauung Spielraum geben, daß die Familie nicht mehr die Grundlage des Staates bildet; es würde destruktiv wirken.

Die Entscheidung des Kammergerichts beruht auf gesetzlichem Boden,

denn es handelt sich dabei garnicht um eine Fürsor eerziehung. Man

hat gewissermaßen den Previnzialverbänden eine Menge von Kindern, auch ganz junge, auf Abbruch überweisen wollen.

1 Iö” Minister des Innern Freiherr von Hammerstein: Meine Herren: Es ist unzweifelhaft richtig soeben ausgeführt,

daß in der Ausführung des Fürsorgeerziehungsgesetzes sich die Grenzen

zwischen der Fürsorgeerziehung und der ordentlichen Armenpflege so nahe berühren, daß in vielen einzelnen Fällen es zweifelhaft sein kann,

b der Fall zu der Ortsarmenpflege gehört oder unter das Fürsorge⸗

ziehungsgesetz fällt. Das Gesetz ist aber so neu, selbst mir liegen noch nicht einmal die Ergebnisse vor über das erste Jahr des Be⸗ stehens des Gesetzes in der ganzen Monarchie, und ich glaube deshalb, daß es unrichtig sein würde, heute schon irgendwie Stellung zur Aus⸗ führung des Gesetzes zu nehmen. (Sebr richtig!) Selbstwerständlich habe ich überhaupt keinen Einfluß weder auf die Entscheidungen des

Kammergerichts noch auf die zu erwartenden Entscheidungen des

Bundesamts für das Heimathswesen. Ich glaube aber, daß es

athsam sein wird, mit einem Urtheile zu warten, bis die Sache sich

mehr ausgelebt hat, bis reichere Erfahrungen und vollständige Ent⸗

scheidungen durch alle Instanzen vorhanden sind. (Bravo!) Ober⸗Bürgermeister Df. Lentze glaubt, daß das Gesetz noch viel

segensreicher gewirkt haben würde, wenn die Einschränkungen des

Kammergerichis nicht eingetreten wären. Darunter litten am meisten die Kunder.

Ober. Bürgermeister Dr. Bender beschwert sich darüber, daß den Kommunen die sogenannten wilden Männer aus Gefängnissen über⸗ wiesen würden: das sei ein unerträglicher Zustand, daß die Gemeinden die Kosten für die Unterbringung der Leute in einer Irrenanstalt oder die weitere pflegliche Versorguns tragen müßten. Die Uebergangs⸗ anstalt in Brcslau sei auf solche Fälle nicht eingerichtet Minister möge für Abbilfe sorgen. Minister des Innern Freiherr von Hammerstein: Meine Herren! Die Angelegenbeit, welche der Herr Ober⸗Bürger⸗ meister von Bretlau bier zur Sprache gebracht hat, bildet zugleich den Inhalt einer Eingabe der Stadt Breslau an das Ministerium des Innern, welche ver einiger Zeit bier eingegangen ist und in dem Ge. schäftebetriebe bis jetzt nech nicht erledigt ist. Ich könnte mich also darauf berufen und eine Antwort auf die Ausführungen des Herrn Bender bier ablehnen. Ich will es aber nicht thun, um die Sache, soviel an mir liegt. thunlichst klar zu stellen. Ich möchte zunächst bemerken, dem gewöhnlichen Sprachgebrauch entsprechend ist die Abtheilung für Irre bei der Strafanstalt in Breölau nicht für sogenannte „wilde Männer“ eingerichtet. Man versteht unter sogenannten wilden Männern diezenigen eines Ver⸗ berchens angeklagten Untersuchungkgefangenen, welche sich irre stellen. Hier handelt es sich um etwas ganz Anderes. Hier kemmen wesentlich verurtheilte Verbrecher in Betracht, welche schen mehr oder minder lange Jahre in den Strafanstalten zugebracht haben und werden. Diese irre gewordenen Verbrecher werden in besondere Irrenabtheilungen gebracht, welche im Bereiche sechs Strafanstalten eingerichtet s.

er hat uns vorgetragen, daß die Stadt Breslau eine Anstalt besitzt, welche als Durchgangsstation für die anderen Irrenanstalten gebaut sei. Ich glaube, man könnte kaum eine bessere Stelle finden, wohin die Leute vorläufig gebracht werden, bis definitiv über sie entschieden ist. Daß das der Stadt unbequem ist, erkenne ich gerne an, da diese Anstalt nun nicht mehr in dem Maße Pensionäre aufnehmen kann wie früher, und ich gebe auch zu, daß das zu einer pekuniären Schädigung der Stadt führt. Ich möchte aber doch bemerken, daß die Belastung der Stadt Breslau nicht eine so große ist, wie Sie vielleicht aus dem soeben gehörten Vortrage entnehmen können. In den zwei Jahren seit Errichtung der Irrenabtheilung beim Strafgefängniß in Breslau, vom 1. März 1898 bis 1. April 1900, sind aus dieser Irrenabtheilung in Breslau 65 Gefangene entlassen worden. Davon sind 19 direkt ihren Heimaths⸗ verbänden zugeführt und 46 nur der Stadt Breslau übergeben für kürzere oder längere Zeit, bis der verpflichtete Armenverband, gegen den dann die Stadt ein Rekursrecht hat, sich entschieden hat, die Leute zu übernehmen und über ihre Unterbringung befunden hat. Es ist richtig, daß auch bei dem Ersatz der Gelder seitens dieser Armenver⸗ bände Schwierigkeiten entstehen konnen, namentlich, wenn die Kosten, welche die Stadt Breslau aufwendet, höher sind als der Tarif, den

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sie für ihre Durchgangsstation angenommen hat. Aber vielleicht wäre dem dadurch abzuhelfen, daß man hierfür einen besonderen Tarif ein⸗ richtet, und ich will dem Herrn Ober⸗Bürgermeister noch weiter in Aussicht stellen, mit dem Herrn Finanz⸗Minister dahin in Verbindung zu treten, ob es, wenn wir in unseren Anstalten Platz haben, möglich sein wird, einen Theil dieser Irren, selbstverständlich auf Kosten der Stadt, in unsere Irrenabtheilungen eine Zeit lang, solange Platz ist, zu übernehmen, natürlich nicht über eine bestimmte Zeit binaus. Die Kosten bei uns betragen etwa 80 täglich. Die Stadt Breslau würde dadurch einen doppelten Vortheil haben: einmal würde sie mit geringen Kosten diese Leute untergebracht haben, und zweitens würde sie ihre eigene Durchgangsstation von diesen Elementen befreit wissen. Ich muß jedoch ausdrücklich betonen, daß ich eine Zusicherung in dieser Beziehung nicht geben kann, schon weil darüber noch Ver⸗ handlungen gepflogen werden müssen. Erwähnen will ich aber, daß ich bereit bin, in diesem Sinne in Verhandlungen einzutreten. Wie ich schon bemerkt habe, liegt uns die Eingabe des Magistrats der

Stadt Breslau noch vor, und ich hoffe, daß es gelingen wird, den

darin ausgesprochenen Bitten nach Moglichkeit gerecht zu werden. Der Etat wird genehmigt, ebenso das Etatsgesetz. Gegen 6 Uhr vertagt sich das Haus. Nächste Sitzung Fhrrtag⸗ 11 Uhr. (Sekundärbahnvorlage, kleinere Vorlagen, 1

Letitionen.)

Haäaus der Abgeordneten.

76. Sitzung vom 7. Mai 1902, 1 Uhr. äa Seiner Majestät dem Kaiser und König ist folgendes Handschreiben an den Präsidenten ein⸗ gegangen: „Ich danke Ihnen für die Mir im

bn die Namen des Hauses der Abgeordneten anläßlich des Heimgangs Seiner Köni llichen Hoheit des Prinzen Georg von Preußen zum Ausdruck gebrachte Theil⸗

nahme und ersuche Sie, dem Hause der Abgeordneten Meinen Dank zu übermitteln. ““

Berlin Schloß, den 5. Mai 1902. Wilhelm.“

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Verlesung der Interpellation der Abga. Faltin (SZentr.) und Genossen: Ist es der Königlichen Staatsregierung bekannt, daß am 2. März 1902 zu Rybnik eine Versammlung christlicher Arbeiter, deren Mutter⸗ und Ung ngssprache die polnische ist, auf polizeiliche Anordnung aus dem Grunde aufgelöst worden ist, weil die Verhandlungen in polnischer Sprache geführt werden sollten? Welche Koͤnigliche Staats⸗ regierung zu ergreifen, um derartige Zuwider andlungen gegen Ver⸗ fassung und Gesetz künftighin vorzubeugen?“ d Der Minister des Innern Freiherr von Hammerstein erklärt sich bereit, die Interpellation sofort zu beantworten. Abg. Faltin begründet die Interpellatien: Schon im Jahre 1897 haben wir uns mit einer edenselchen Interpellation, die von oberschlesischen Abgeordneten gestellt war, beschäftigt. Das Ober⸗ verwaltungsgericht hat de Eesgben Versa ngen wegen des Gebrauchs der polnischen Sprache holt für ungesetlich erklärt. Trotzdem ist am 2. März in Robnik wiederum eine solche Ver⸗ sammlung wegen des Gebrauchs der polnischen Sprache aufgelost worden. Die Versammlung war rechtzeitig apgemeldet. In der Bescheinigung der bestimmte die Polizeibehörde: „Die Verbhandlungen dürfen nur deutscher Sprache geführt werden.“ Das Anbesten ven Plakaten wurde verboten. ammlung erschienen drei Pelitisten in Uniform. Als der BPe die B sammlung eröffnete mit den Worten: „Gelobt sei Jcsus erklärte der überwachende Peltteikommißar. daß er den Gehraus polnischen Sprache nicht gestatien dürse; sobald man polnisch sprechen würde, er auflesen. Die Aufregung der Versammlung war 2 Der —.—₰ orderte mit ci vpesges Beriez e auf; auf Grund dieser loste der Kommissar die P ung auf. Es liegt eine dretfache Gescpesverletzung vor. Der Zusatz in der Be⸗ da der Art. 27 der Ver⸗ nur in

In der

um schleunige Anweisung an die Polizeibehörde, daß Versammlungen aus dem erwähnten Grunde nicht mehr aufgelöst werden. Minnister des Innern Freiherr von Hammerstein: Meine Herren! Die Interpellation enthält zwei Fragen; die eine ist dahin gerichtet: ist es der Königlichen Staatsregierung be⸗ kannt, daß in Rybnik eine Versammlung christlicher Arbeiter auf⸗ gelöst wurde?— und die zweite Frage: welche Maßnahmen gedenkt die Königliche Staatsregierung zu ergreifen, um dem künftig vorzubeugen? Ich wende mich zuerst zu der Beantwortung der ersten Frage und antworte zunächst mit einem lauten Ja; es ist der Regierung bekannt, und ich füge hinzu: die Regierung billigt diese Auflösung nicht (Bravol im Zentrum), Es ist hier eine Versammlung aufgelöst, zu deren Auflösung ein ge⸗ setzlicher Grund nicht vorlag. Dieser Standpunkt ist der Polizei⸗ verwaltung zu Rybnik schon ohne mein Zuthun durch den Regierungs⸗ Präsidenten in Oppeln vor längerer Zeit eröffnet, und zwar durch eine sehr kurze, aber klare Verfügung, deren Wortlaut ich mir erlaube, Ihnen mitzutheilen:

Nach der Rechtsprechung des Ober⸗Verwaltungsgerichts kann der alleinige Umstand, daß die mit der Ueberwachung einer Ver⸗ sammlung beauftragten Beamten der Sprache, worin ver⸗ handelt wird, nicht mächtig sind, nicht als gesetzlicher Grund zur Auflösung einer solchen Versammlung anerkannt werden. Ich kann daher die lediglich aus diesem Grunde erfolgte Auflösung der Ver⸗ sammlung des christlichen Arbeitervereins am 2. März nicht für gerechtfertigt anerkennen und ersuche, die Polizeierekutivbeamten entsprechend mit Anweisungen zu versehen.

Ich glaube, daß damit der Rybniker Fall an und für sich er⸗ ledigt sein könnte. Ich halte es aber doch für meine Verpflichtung, auch hier ausdrücklich anzuerkennen, daß gewisse Milderungsgründe fůür das Vorgehen der Rybniker Polizeiverwaltung bestehen. (Aha! bei den Polen.) Es ist das erste Mal, daß die großpolnische, in ihrem Endzweck antipreußische Agitation einen Vorstoß in das Gebiet von Rybnik macht. Bis dahin war dieses Gebiet von den großpolnischen Hetzereien nicht berührt. Es sind nun auch nicht Rybniker, Eingeborene des Kreises, welche hier ihren angeblich bedrängten Herzen haben Luft machen wollen, sondern von außen her wird eine Agitation in den Kreis hineingetragen. (Hört, hört! rechts.) tragung geschieht durch ein Mitglied des vereins aus Roßberg bei Beuthen. bedauere das sehr; denn ich von meinem Standpunkt aus schätze die Thätigkeit des christlichen Arbeitervereins in Oberschlesien. Bis jetzt hat dieser christliche Arbeiterverein das Seinige dazu beigetragen, um gerade die antipreußischen Wühlereien aus Ober⸗ schlesien fernzuhalten. Der christliche Arbeiterverein hat sich der christ⸗ lichen Arbeiter, einerlei, ob sie deutscher oder polnischer Zunge sind, mit Eifer angenommen. Aber auch auf politischem Gebiet ist er in preußischem Sinne thätig gewesen. Nun hat hier ein Mitglied dieses Vereins eine Versammlung großpolnischer Agitation berufen und in dieser Versammlung den Vorsitz geführt, dann aber als Vorsitzender nicht, wie der Herr Vorredner meinte, selbst das Wort ergriffen zur Beruhigung, sondern er hat das Wort gegeben einem bekannten großpolnischen Agitator, einem Manne,

Diese Hinein⸗ christlichen Arbeiter⸗ Meine Herren, ich

kurzem nach Oberschlesien gezogen ist und, ich glaube, in Kattowitz gerade eine Zeitung bervorgerufen hat, die den Namen „Gornoslazak“ führt, gerade im Gegensatz zu den Bestrebungen des christlichen Arbeiter

vereins, gerade im Kampf gegen den christlichen Arbeiterverein. Dieser Herr

völkerung zu beruhigen gesucht, sondern die Bevölkerung erst recht erregt. Unter diesen Umständen hat der Vertreter der Polizei sich für berechtigt gehalten, zu der Auflösung zu schreiten, was ich sehr bedaure und was von der Regierung, wie ich schon erwähnt habe, reprobiert wird. Damit, glaube ich, könnte die erste Frage er⸗ ledigt sein. Was nun die zweite Frage betrifft: welche Maßnahmen gedenkt die Königliche Staatsregierung zu ergreifen, um derartigen Zuwiderhandlungen gegen Verfassung und Gesetz künftighin vorzubeugen? so glaube ich da zunächst ein Bedenlen, einen Zweifel ausdrücken zu dürfen, ob, überhaupt die Verfassung in diesem Punkte irgendwie berührt ist. Die Verfassung enthält Bestimmungen über die Sprache bekanntlich nicht. Sie gewährleistet jedem Preußen das Recht, an öffentlichen Versammlungen theilzunehmen, sich in Vereinen mit andern zu vereinigen, überhaupt an dem öffentlichen Leben sich zu betheiligen. Sie macht leinen Unterschied unter den Preußen deutscher Zunge und nichtdeutscher Zunge. (Zuruf: eben deshalb! bei den Polcn.) Aber, meine Herren, sie gewährleistet eine fremde Sprache nicht, (Große Heiter⸗ keit im Zentrum und bei den Polen) und zwar ist das nicht eigentlich indirekt geschehen, sondern ganz ausdrücklich. In den Verhandlungen der zweiten Kammer des Jahres 1849 war der Antrag gestellt von dem Abg. Osterath und Genossen, den nicht deutsch redenden Volkestämmen des preußischen Staates ihre volksthümliche Entwickelung zu gewähr⸗ leisten durch Gleichkerechtigung ihrer Sprache, soweit deren Gebiet reicht. im Kirchenwesen, Unterricht, in der inneren Vermwaltung u. f. w. Meine Herren, dieser Antrag ist damals in der Kommission, die darüber berathen hat, mit allen gegen eine Stimme und im Plenum mit überwältigender Mazorität abgelehnt worden. (Hört, bert! rechts und bei den Naticnalliberalen.) Es ist dabet ausdrücklich ausgeführt der Herr Prästdent gestattet mir vielleicht, daß ich das wörtlich

Ca kann unmbalich in der Pflicht des Staates Ulegen, eine

füͤr zeden größeren oder

der wegen Geheimbündelei schon mit mehreren Wochen Gefängniß bestraft war (hört, hört! rechts; Lachen bei den Polen), der erst seit

hat denn dart das Wort ergriffen und nicht, mwie gesogt ist, die Be.

treu und innig an das Ganze anschließen, in dessen Wohlfahrt vor allem ihre eigene finden und dadurch von selbst der Gesetzgebung, der Regierung und allen Organen des Staats die heilige Obliegenheit, auch hier partikulares Wohl in und mit dem all⸗ gemeinen Wohl zu fördern, zum gesteigerten Bewußtsein bringen. Meine Herren, das ist der Standpunkt, den dieses hohe Haus im

Jahre 1849 eingenommen hat, und den die Regierung auch heute noch

einnimmt. Wir messen deutsch sprechende und nicht deutsch sprechende Preußen nicht mit anderem Maße; ein jeder hat den gleichen Schutz und die gleiche Fürsorge der Regierung zu erwarten. Aber aus dem Schweigen der Verfassung über die Sprache zu folgern, daß nunmehr die nicht deutsch sprechenden Preußen ein besonderes Sprachenrecht haben, das, glaube ich, wird durch das, was ich Ihnen eben angeführt habe, schlagend widerlegt. (Zustimmung und Widerspruch.) Vielleicht ließe sich hieraus gerade e contrario noch etwas Anderes folgern. Man kann sagen: in der Verfassung ist einem jeden Preußen das Recht gewährleistet, an öffentlichen Versammlungen und öffentlichen Ange⸗ legenheiten theil zu nehmen. Soll dieses Recht etwa der großen Mehrzahl der deutsch sprechenden Preußen verkümmert werden zu Gunsten einer Minorität? (Unruhe bei den Polen.) Sollen sie in den Versammlungen, welche in gemischtsprachigen Gebieten stattfinden, mundtodt gemacht werden? (Andauernde Unruhe bei den Polen.) Soll es ein Recht geben nur für die nicht deutsch sprechenden Preußen, für die deutsch sprechenden Preußen aber dieses Recht verkümmert werden? Ich glaube, meine Herren, das ist nicht der Sinn der Verfassung und auch nicht der Sinn dieses hohen Hauses. (Sehr ut! rechts.)

Ich will nun nicht behaupten, daß irgendwie in Rybnik ein der⸗ artiger Fall vorgelegen hat, daß das Deutsche unterdrückt wird; ich gebe diesen Fall, wie ich schon erklärt habe, vollständig preis. Ich möchte aber der Illustration halber hinweisen auf einen andern Fall, der sich unlängst in der Provinz Posen im Kreise Filehne in Rosko zugetragen hat. Dort ist auch eine Versammlung aufgelöst. Ob mit Recht oder mit Unrecht, das lasse ich heute dahingestellt sein; es ist Beschwerde darüber erhoben, und über die Beschwerde wird befunden werden. Interessant ist aber der Fall durch die Eigenart, in welcher er sich gestaltet hat. Der Kreis Filehne ist ein überwiegend deutscher Kreis: es sind darin nur einige polnisch sprechende Dörfer. Nun hat man, wieder nicht in Filehne, sondern auße rhalb des Kreises, das Bedürfniß empfunden, auch in diesen Kreis die polnische Agitation hineinzutragen. (Hört, hört! rechts.) Von auswärts, also aus anderen Kreisen Posens, sind Herren in den Kreis gekommen, um dort einen landwirthschaftlichen Verein zu gründen. (Zuruf bei den Polen: Also keinen politischen!) Es ist zu diesem Verein jedermann aufgefordert, es sind sowohl die deutsch sprechenden als die polnisch sprechenden Bewohner der Gegend von Rosko zusammengekommen. Der Landrath hat zunächst das Wort ergriffen in deutscher Sprache und hat im Namen der vielen Deutschen gebeten, daß man die Verhandlungen auch weiterhin deutsch führe, da jeder der Anwesenden der deutschen Sprache mächtig wäre. Trotzdem haben die im Kreise nicht angesessenen polnischen Einberufer der Versammlung beschlossen, daß in der Ver⸗ sammlung nur polnisch gesprochen werden dürfe, worauf dann der Landrath und die Deutschen die Versammlung haben verlassen müssen, weil sie zum größten Theil der polnischen Sprache nicht mächtig waren. Meine Herren, das ist nicht mehr Svprachenrecht, sondern das ist politische Agitation, übertragen auf das wirthschaftliche Gebict. (Sehr wahr! rechts. Unrube bei den Polen.)

Nun frage ich mich, ob Zuwiderhandlungen gegen das Gesetz hbier vorliegen, welche Maßnahmen der Königlichen Staatsregierung er⸗ fordern. Der Herr Interpellant hat selbst sich auf das Gesetz nicht berufen, sondern auf Urtheile des Oberverwaltungsgerichts. Meine Herren, mit sehr greoßer Ehrfurcht betrachte ich alle Urtbeile der obersten Gerichtshofe. Ich betrachte sie einmal als Endurtheile in dem einzelnen Fall, in dem sie ergangen sind für den bilden sie Gesetz —; ich betrachte sie auch als sehr schätzbare Hinweise für die Handhabung des Gesetzes in ähnlichen, analogen Fällen. Ich muß aber bestreiten, daß die Entscheidung in einem einzelnen Falle Gesetzeskraft hat für künftige andere, vielleicht ähnliche, vielleicht aber auch ganz anders geartete Fälle. (Sehr wahr! rechts. Widerspruch bei den Polen.) Nun ist es richtig, daß das Königliche Ober⸗ verwaltungegericht in mehrfachen Entscheidungen über das Ueber⸗ wachungsrecht der Versammlungen entschieden hat. Die Ertscheidungen des Oberverwaltungsgerichts gipfeln dem Wesen nach darin,

daß das Ueberwachungtrecht der Polizei dem Versammlungsrecht der Bevölkerung nicht übergeordnet sei Meine Herren, diesem Autfpruch des Oberverwaltungkgerichts trete

ich vontständig

bei. Das Versammlungörecht ist aber seinerseits auch nicht dem Ueberwachungerecht übergeordnct, sendern die beiden Rechte croänzen

wenn Sie so wollen eine Er⸗ 8. Ohne Ueberwachungsrecht bestebt Versammlungsrecht nicht. vom Oberverwaltungsgericht cffen ge⸗

delose Anwendung der Freibeiten des Verfammlungt

zm ciner Auflösung zu schreiten, offen ge⸗ uden der Gebrauch einer den der⸗

der fremden Sprache lediglich die Vereitelung der Ueberwachung zum Zwecke habe, würde eine solche Umgehung der vom Gesetz⸗ geber zugelassenen Ueberwachung für zulässig zu erachten sein. Meine Herren, diese Entscheidung betraf einen Fall, wenn ich nicht irre, in Halle. Für diesen⸗Fall in Halle ist das res judicata. Aber ich glaube, daß man sich dieser Ent⸗ scheidung für alle Fälle doch wohl nicht anschließen kann. Ich persönlich neige vielmehr der Ansicht zu, daß gerade in rein deutschen Landestheilen, in denen nur durch Zufall, möchte ich sagen, fremd⸗ sprachige Preußen eine Versammlung halten, daß da die Abhaltung der Versammlung in dieser fremden Sprache, obwohl alle Mitglieder der Versammlung der deutschen Sprache vollständig mächtig sind und sie im täglichen Leben gebrauchen, einen Dolus involviert, um das Ueberwachungsrecht der Polizei illusorisch zu machen. (Lachen im Zentrum und bei den Polen; sehr richtig! rechts und bei den National⸗ liberalen.) Ich meine, daß dieser Dolus, wenn nicht eine praesumptio juris et de jure, so doch mindestens eine praesumptio juris ist. Ich habe Veranlassung genommen, die ganze Frage noch einmal dem Oberverwaltungsgericht zur Entscheidung zu unterbreiten (ah! bei den Polen) in einem Falle, der weitab von hier, in Westfalen,

spielt. Es ist auch, meinem Wunsche entsprechend, Klage beim Ober verwaltungsgericht erhoben worden, und diese Klage wird zum Austrag kommen. Ich bin dazu veranlaßt worden insbesondere auch durch eine Ihnen voraussichtlich bekannte Schrift eines unserer hervor⸗ ragendsten Staatsrechtslehrer, des Professors Zorn zu Bonn. (Aha! bei den Polen und im Zentrum.) Der Herr Professor Zorn zu Bonn hat in einer längeren Abhandlung ausgeführt, daß eben nach unserer Verfassung, nach unserem Gesetze die deutsche Sprache die allein zulässige sei. Ob und wie weit das richtig ist, darüber will ich kein Urtheil fällen. Ich halte es aber für erwünscht, wenn eine so anerkannte Autorität wie Professor Zorn (Lachen bei den Polen) eine derartige Ansicht offen ausspricht und in einer längeren Aus⸗ führung vertritt, daß dann dem Oberverwaltungsgericht Ge⸗ legenheit gegeben wird, dazu Stellung zu nehmen. Ich nehme an, daß das Oberverwaltungsgericht dabei entscheiden wird, ob diese Auffassung des Professors Zorn in allen Punkten und wie weit sie richtig ist; dann aber auch darüber entscheiden wird, ob etwa aus dem allen Preußen durch die Verfassung gewährten Rechte, sich zu ver⸗ sammeln, auch eine andere Auffassung als die bisherige Auslegung zu gewinnen ist.

Und da, meine Herren, weise ich hin auf einen Unterschied, der neines Wissens bis jetzt in der Rechtsprechung noch nicht gemacht ist: auf den Unterschied zwischen privaten und öffentlichen Versammlungen. In Privatversammlungen, die sich mit politischen Gegenständen be⸗ schäftigen, ist die Polizei ebenso befugt wie in öffentlichen Versamm⸗ lungen, ihr Ueberwachungsrecht auszuüben. Ich meine aber, es ent⸗ spricht der Natur der Sache, daß in solchen privaten Versamm⸗ lungen, die nicht öffentlicher Natur sind, die Mitglieder der Ver⸗ sammlung so sprechen, wie es ihnen mundgerecht ist, und daß da, wenn es sich um 20 bis 30 Mitglieder eines geschlossenen Kreises handelt, die Verwaltung, wenn sie ihr Ueberwachungsrecht ausüben will, sich auch danach richten muß, daß sie geeignete Organe hat, um diese Ueberwachung thatsächlich üben zu können.

Anders dagegen, und zwar ausdrücklich mit Bezug auf die Be⸗ stimmungen der preußischen Verfassung, steht es in öffentlichen Ver⸗ sammlungen. Zu öffentlichen Versammlungen ist jeder berufen, der überhaupt die bürgerlichen Ehrenrechte hat, der an Versammlungen sich betheiligen kann. In diesen Versammlungen beim Gebrauch einer fremden Sprache einem guten deutschen Preußen zu verwehren, auch sein Scherflein zur Lösung der Frage beizutragen, halte ich für un⸗ richtig. (Sehr richtig!)

Endlich wird auch das Oberverwaltungsgericht, wie ich vorhin schon anführte, nochmals festzustellen haben, ob etwa der Dolus, die Absicht, sich der Aufsicht entziehen, nicht aus Neben⸗ umständen, wie ich sie vorhin angeführt habe, namentlich durch Veranstaltung von Versammlungen im deutschen Sxvrachgebiet seitens solcher Personen, die thatsächlich der deutschen Sprache mächtig sind von selbst zu folgern ist. Vom Standpunkt des staatlichen Ueber⸗ wachungsrechts kann ich bezeugen daß die agitatorische Art des Veor⸗⸗ gehens der Polen mitten in unseren deutschen Landestheilen jetzt geradezu unhaltbare Zustände schaftt. Wie sie dort polnische Pfarrer gefordert haben, so fordern sie auch jetzt polnische Polizei⸗ heamte, sie fordern polnische Lebrer, sie wollen ein zweites Polen mitten in Deutschland errichten. (Widerspruch bei den Polen. Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.) Ich warte rubig die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ab. Andere Maßnahmen würde ich allerdings für den Fall in Auesicht nehmen, wenn das Ober⸗ verwaltungkgericht auf dem alten Standpunkt verharren und die Verwaltung in der Ausführung der Gesetze thatsächlich so lahm legen wellte, wie das zu meinem Bedauern durch einige ältere Entschei⸗ dungen geschehen ist. (Bravo! rechts und bei den Nationalliberalen.)

Um nun nochmals auf den Fall in Robnik zurückzukemmen, und an die letzten Weite det Herm Vorrednert anschließend, pürde ich es auch sehr bedauern, wenn die Sitze der Herren in Oberschlesien

durch andere, einer radikalcren

grofwolnischen Richtung angehänge Herren. Ich hoffe, daß das nich: geschehen wird, beffe auch, daß der Chriftliche Arbeitervercin in dem Sinne wirken wird. Ich mächte aber doch nicht unterlassen, darauf hinzumcisen, daß der Herr, der in Robnik gesprochen hat, nicht das des Cbriftlichen Arbeitervereins, sondern der

des in seine

Auf Antrag des Abg. Dr. Porsch (Zentr.) beschließt das

Haus die Besprechung der Interpellation.

Abg. Dr. Porsch: Wir wollen abwarten, welchen Eindruck die Schrift des ö Zorn auf das Oberverwaltungsgericht machen wird. Der Dolus der Gesetzesverletzung in diesem Fall liegt nicht bei der Versammlung, sondern bei dem, der angeordnet hat, daß nur deutsch gesprochen werden darf, und der die Plakate verboten und die Versammlung aufgelöst hat. Wer in der Versammlung sprechen würde, war ja der Polizei vorher garnicht bekannt. Der christliche Arbeiterverein in Robnik hat mit dem volnischen Agitator garnichts zu thun. Es wäre gut, wenn die Staatsregierung die oberschlesischen Verhältnisse nicht immer durch die großpolnische Brille ansehen wollte. Was der Minister gesagt hat, rechtfertigt die Maßnahme der Polizei⸗ verwaltung in Rvbnik nicht. Der christliche2 rbeiterverein treibt nach seinen Statuten keine polnische Agitation. Damit sind wir allerdings einverstanden, daß der polnische Agitator und dessen Hinter⸗ männer dem Verein fern gehalten werden. Daß das Ver⸗ fahren der Polizei in Rybnik gegen Gesetz und Verfassung verstößt, ist die unbestrittene Meinung des Hauses. Bei der Prüfung der Wahl in Konitz⸗Schlochau hat die Wahlprüfungskommission noch in diesem Jahre die Auflösung von Versammlungen wegen des Gebrauchs der polnischen Sprache für ungesetzlich erklärt. Hinzu kommt, daß der

Polizeibeamte in Rybnik des Polnischen mächtig ist. Durch ein

solches Verfahren wird erst recht die polnische Agitation gestärtt,

zeigt ja auch das Zitat, das uns der Minister zum Schl das sich gegen die Mitglieder meiner Fraktion richtet zeiungen aber hoffentlich nicht wahr werden.

Abg. Dr. Mizerski (Pole) bezeichnet es als Aufgabe gierung, Polizeibeamte zur Verfügung zu haben, welche der polnischen Sprache mächtig genug seien, um die polnischen Versammlungen überwachen. Der Minister wolle das Deutschthum schützen, dieses se doch aber nicht gefährdet, wenn sich die Polen in ihrer Muttersprache unterhielten. Die Auflösung von Versammlungen aus diesem Grunde widerspreche dem geltenden Gesetz. Auch die Unterscheidung des Mi nisters zwischen privaten und öffentlichen Versammlungen habe kein gesetzliche Grundlage. So lange das Gesetz gelte, müsse es respektier werden. Der Redner wendet sich gegen den Gedanken, daß die Re gierung das Oberverwaltungsgericht beeinflussen könne.

Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum: Ich bin überzeugt, das Oberverwaltungsgericht werde so wie früher seine Selbständigkeit be⸗ wahren. Der Regierung die Absicht unterlegen, daß sie das Ober⸗ verwaltungsgericht beeinflussen wolle, heißt, ihr eine Schlechtigkeit und eine Thorheit vorwerfen. Wenn man einmal eine derartige Behörde hat, muß man sich allerdings ihrer Entscheidung fügen, wenn es einem auch einmal unbequem ist. Der Minister hat aber die Konsequenzen aus den Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts vollkommen gezogen. Die Rechtsfrage, ob verlangt werden kann, daß deutsch gesprochen wird, hat das Gericht entschieden, aber seine Entscheidung ist doch nicht so überwältigend, daß man nicht sagen könnte, daß auch einmal eine andere Entscheidung getroffen werden könnte. Die polnische Agitation bildet einen sehr bedenkliche Zustand und eine ernste Gefahr für den Bestand unseres Vaterlandes. Wir müssen der Regierung die Mittel an die Hand geben, um die polnische Agitation zu bekämpfen. Wo kein Mißbrauch mit der polnischen Sprache getrieben wird, wo die Leute treue Preußen sind und keine Agitationen mit ihrer Sprache gegen den Bestand des Vaterlandes treiben, wird man allerdings keinen Anlaß haben, einzuschreiten; aber in manchen Gegenden, theilweise auch schon in Oberschlesien, wird unzweifelhaft die Sprachenfrage Henutzt, um eine Agitation gegen die deutsche Herrschaft zu treiben. In solchen Fällen muß man der Regierung etwas freie Hand lassen, sonst kommt man in Gefahr, ihr die Voll⸗ macht zum Einschreiten auch da zu geben, wo es nicht erwünscht ist.

Wir können die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ruhig ab⸗

dessen *

warten und sehen, ob die Bekämpfung der polnischen Agitation er⸗ reicht werden kann; wir werden aber auch nicht vor neuen gesetz· geberischen Maßnahmen zurückschrecken, wenn sich die Nothwendigkert dazu herausstellt.

Abg. Dasbach (Zentr): Mir ist früher von einem Vertreter der Regierung der Vorwurf gemacht worden, daß ich unwahre Be⸗ hauptungen hier aufgestellt hätte, weil die Regierung von ihren Beamten anders lautende Berichte erhalten hätte, und nachher hat sich doch herausgestellt, daß die Berichte der Beamten falsch waren. Es geht nicht an, daß wir hier von der Regierung mit unwahren Angaben regaliert werden. Es muß Wandel darin geschaffen werden, daß die Beamten meine v. chikanieren Manche Unterbeamten hoffen auf eine Gratifikation, wenn sie recht schroff gegen uns vorgehen. Unzählige Versammlungen sind widerrechtlich auf gelöst worden. (Der Redner führt verschiedene Fälle an.) Nachdem das Oberverwaltungsgericht in der bekannten Weise entschieden hat. follte doch eine entsprechende allgemeine Verfügung für die Beamten ergehen. Der Minister hat heute eine sonderbare Erklärung abgegeben: man müsse unterscheiden zwischen privaten und Fentlichen Versamm⸗ lungen. Mir ist diese Theorie des Ministers ebenso unklar wie seine Ausführung bezüglich des Gebrauchs einer fremden Sprache. Graf Limburg⸗Stirum hat gemeint, es mußten Mittel und Wepe gefunden werden, um die Uebelstände zu beseitigen. Wie sollen sie gefunden werden, und welche Mittel sind gemeint? Wir haben durch die Ver⸗ solgungen nur eine stärkere Pesition erlangt. bei den Polen wird es ebenso gehen. Nach einigen Jahren wird man vielleicht einsehen, daß man mit einer anderen Prarde bessere Erfelge erzielt haben würde als mit den ständigen Verfelgungen.

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (fr. kons. Ich möchte im sat zum Perredner die Regicrung auffordern, an der bisberigen Politik in der Ostmark festzuhalten. Nichts bdat den Polenitmus mehr gestärkt als die unglückselige Caprivi sche Polen⸗ volitik, durch welche wir in der Ostmark zur orfen worden sin Was die vorliegende Sache betrifft, ic ist sie mit der Erklärung des Ministers, daß in diesem Falle die . b Unrecht erfolgt sei. vollig erledigt; einer prechung der Intervpellatien bedurfte ech da nicht mehr. ir Dasbach dat die Beamten ange⸗ griffen. Das preußische embhum ist ebrenbaft und wabhrdensliebend. den die Wahrheit ist nicht auf die deutsche Scite , mâ* der volnische Cbarakter das polnische Naturell in dieser Bez nicht be⸗ sonders gut begabt erscheint. Es wird vergeblich dersu Dieziplin der Beamten zu leckern. Damit derlafse ich Auch wir stehen auf dem Standdunkt, daß die verwaltungsgerichts sehr der Unter tung hedarf, inwicweit die im einzelnen Fall haltbar sind, namentlich auch im vorlie scheidung des Oberverwa Staatsinteresse verlangt. so durch Matregeln

des Peolonibmußs. Dr. Sattier (ul.) pelemtszert zonäͤchft Wenn derselbe bebaudtet habt, daß bei de immer eine Garantie für die Wahrbeit zu ünden

des Eekrchte