1902 / 275 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 22 Nov 1902 18:00:01 GMT) scan diff

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Deutscher Reichstag. 219. Sitzung vom 21. November 1902. 12 Uhr.

Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten Berathung des Entwurfs eines Zolltarifgefetzes bei dem von der

Kommission vorgeschlagenen § 11 a und den dazu gestellten Anträgen.

Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.

Abg. Trimborn (Zentr.): Der Gedanke, die Mehrerträge aus den Lebensmittelzöllen zu Gunsten der Erleichterung einer Wittwen⸗ und Waisenversicherung zu verwenden, ist zuerst aus den Reihen meiner Freunde heraus vom Abg. Müller⸗Fulda ausgesprochen worden bei der Etatsberathung des Jahres 1900. Am 5. Mai 1901 hat der Reichskanzler seinerseits erklärt, daß er bei einer voraussichtlich erheb⸗ lichen Steigerung der Einnahmen aus den Zöllen vorschlagen würde, solche Mehreinnahmen speziell aus den Zöllen für Lebensmittel ganz wesentlich zu Wohlfahrtseinrichtungen im Reich und zum Besten der weniger günstig gestellten Klassen der Be⸗ völkerung zu verwenden. Meine Freunde vermissen schmerzlich, daß diese Erklärung in der Vorlage nicht zum Ausdruck gekommen ist, infolge dessen haben wir in der Kommission den Gedanken aufgegriffen und ihn zur Annahme gebracht. Die von mir vorgeschlagene Fassung des § 11a unterscheidet sich von der Kommissionsfassung in zwei Punkten. Erstens werden die Mehrerträgnisse aus den Zöllen auf Gerste und Foefer ausgeschieden und

Antrag beschränkt sich ledigli auf Weizen, Roggen, Fleisch und Mehl, also auf die reinen Lebensmittel, wozu Hafer und Gerste nicht zu rechnen sind. Die zweite Aenderung be⸗ zieht sich auf die Ermittelung der Durchschnittsperiode. Ich Foffe⸗ damit die Annahme unseres Antrags dem Hause und der Regierung zu erleichtern. Die Wittwen⸗ und Waisenversicherung als Krönung unserer Reichs⸗Arbeiterversicherung einzuführen, ist ein alter Lieblings⸗ gedanke meiner Freunde und namentlich des Abg. Hitze, der leider durch Krankheit verhindert ist, an diesen Verhandlungen theilzunehmen. f der Abg. von Stumm hat sich stets dafür erwärmt. Die Frage, o diese Stelle geeignet ist, die Wittwen⸗ und Waisenversicherung zu be⸗ handeln, muß ich bejahen. Nichts drückt den Arbeiter mehr als die Sorge, was nach seinem plötzlichen Tode aus Frau und Kindern wird. Mehr als ¼ ist auf öffentliche Unterstützung oder private Wohl⸗ thätigkeit angewiesen, ca. % führt ein kümmerliches Dasein. Die Art der Ausführung denke ich mir so, daß zunächst die Zoll⸗ überschüsse in einem großen Fonds thesauriert werden, und daß in der Zwischenzeit ein Gesetz erlassen wird, das die Wittwen⸗ und Waisenversicherung auf Grund der gesammten Erfahrungen regelt. Durch die Bestimmung, daß das Gesetz spätestens am 1. Januar 1910 in Kraft treten soll, ist das Inslebentreten der Wittwen⸗ und absolut sichergestellt. Der Anschluß dieser Versicherung an die Invalidenversicherung ist naturgemäß. Die Waisen sind die Allerunglücklichsten, für die in erster Linie gesorgt werden muß. Dann muß in zweiter Linie für die Kinder der Wittwen und schließlich in dritter Linie für die Wittwen selbst gesorgt werden. Allerdings wird nur diejenige Wittwe zu unterstützen sein, die nach dem Invaliden⸗Versicherungsgesetz als erwerbs⸗ unfähig gilt; die erwerbsfähige Wittwe zu unterstützen, liegt für

uuns, wenigstens zunächst, keine Veranlassung vor. Bei dieser Beschränkung wird die Unterstützung für erwerbsunfähige Wittwen

um so höher sein können. In der Kommission habe ich, wie alle Sozialpolitiker, auch den Gedanken erörtert, daß neben dem Reichsbetrage auch Beiträge der Arbeitgeber und Arbeiter in Betracht kommen könnten. Das war natürlich eine S Erwägung eines Abgeordneten, mit der ich nicht sagen wollte, daß unter allen Umständen solche Beiträge vorzusehen seien. Im Gegentheil haben meine Freunde lebhafte Bedenken dagegen, daß Landwirthschaft und Handwerk mit neuen Beiträgen für eine Reichsversicherung belastet werden. Für uns scheidet die Frage solcher Beiträge vollkommen aus. Keiner meiner Freunde bindet sich durch die Zustimmung zu dieser Versicherung dahin, daß in dem künftigen Gesetz Beiträge der Arbeit⸗ geber und Arbeiter vorgesehen werden sollen. Auch ohne solche Bei⸗ rragsleistung wird sich hoffentlich eine recht fühlbare Unterstützung er⸗ zielen lassen. Man wendet ein, auf die schwankenden Zolleinnahmen ließe sich solche Einrichtung nicht gründen. Aber durch die Thesaurierung der Zollerträge bis1910 wird für die Schwankungen ein Ausgleichsfonds ge⸗ schaffen. Ferner wendet man ein, diese Versicherung sei nur eine Entlastung der kommunalen Armenverwaltung. Aber wir wollen gerade den Wittwen und Waisen einen Rechtsanspruch geben, der sie von dem dium der Armenunterstützung befreit. Die Versorgung der Wittwen und Waisen ist gerade durch unsere Produktionsverhältnisse derart be⸗ gründet, daß man sie nicht auf dem Fundament der Armenunterstützung aufbauen darf. Wie viele verschämte Wittwen scheuen sich heute, an die Armenverwaltung heranzutreten, die keine Bedenken tragen würden, einen Rechtsanspruch geltend zu machen, den ihnen das etz giebt. Die meisten Schwierigkeiten macht der Einwand, daß die Laͤge der Reichsfinanzen so ist, daß wir die Mebrerträge der Zölle nich ent⸗ behren können. Dem stelle ich die Erklärung des Reschskanzlers vom 5. Mai 1901 entgegen, die doch nicht ohne Rücksicht auf finanzielle Verbhältnisse ergangen ist. Wir wollen eben mit aller Energie ver⸗ hindern, daß die Einnahmen aus diesen Lebenemittelzöllen zu allge⸗ meinen Staatezwecken verwendet werden. Die Nahrungsmittelzolle sollen keine Finanzölle sein, sondern lediglich Schutzölle für den der Landwiribschaft. Die Resolution Rettich ist gut gemeint, aber Sachlage entspricht sie nicht. Wenn sert die Wittwen⸗ und Waisenversor Gesetz wird, dann wird dieser Reichstag, der lichen Standpunkt aus beurtheilt wird,

ein unvergängliches Ruhmesblatt erworben Abg. Roesicke⸗Dessau (b. k. F.): Wir müssen dem Zentrum danken, dies angeregt zu haben; ich halte auch den Gedanken dieser Frage mit dem Zolltarif nicht für verfehlt, für den Antrog stimmen kann. Unsere Arbeiter

noch unvollkommen, so lange auch die der Hinterbliebenen 3 führt 1n. 29. Arbeiter

viel zurücklegen, um s. für die Versorgung der

liebenen zu sorgen. Abst in den Iednftrkemmehoen mit

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wie die Arbeiterfamilien mit ihren geringen Einnahmen durchkommen,

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Resolution des Herrn v Lasten nicht tragen könne, und sprach dieselbe Meinung auch für die Industrie aus. Waren die Herren schon damals dagegen, so müssen sie es heute erst recht sein, weil inzwischen über die Industrie die Krise hereingebrochen ist. Das Zentrum aber stellt sich den Konser⸗ vativen entgegen und erklärt ihnen mit aller Deutlichkeit, 86 die höheren Getreidezölle nur zu stande kommen sollen, wenn die ehr⸗ erträge für diesen Zweck verwendet werden. Ich fürchte nur, daß das Zentrum nicht fest bleiben wird, daß es vielmehr trotz jener Er⸗ klärung des Herrn von Richthofen sich auf die Resolution Rettich einigen wird, die jetzt so harmlos von dieser Seite eingebracht wird. Der Wunsch nach Verständigung ist auf der Rechten und im Zentrum zu groß, man wird dieser Verständigung zu Liebe alles Trennende aus dem Wege räumen. Wunderbarer Weise findet sich selbst in liberalen Blättern die Meinung, daß die Obstruktion der Sozialdemokraten die Einigung zwischen den Mehrheitsparteien und der Regierung gefördert habe. Nein, die Herren waren sich von allem Anfang an voll bewußt, daß sie schließlich auch mit dem von der Regierung Gebotenen zufrieden sein könnten, und sie haben sich nur nach Kräften bemüht, soviel wie möglich herauszuschlagen. Die Gelder für die Versicherung sollen aus dem genommen werden, was die Arbeiter vorher selbst aufgebracht haben; von einer den Arbeitern zu gewährenden Wohlthat ist daher nicht wohl zu reden. Der Zweck, aus der Erhöhung der Lebensmittel⸗ zölle Einnahmequellen zu machen, soll garnicht vorhanden gewesen sein, wenigstens hat Herr Trimborn soeben mit allem Nachdruck bestritten, daß die Reichsfinanzen damit aufgebessert werden sollen. Das Verhältniß von Einfuhr und Konsum beim Getreide ist ungefähr 1:6; bei Vieh und Fleisch 1: 10; in Geld ausgedrückt, wird also der Mehrbetrag etwa 78, die gesammte Preiserhöhung des Konsums aber 600 Millionen für die Bevölkerung betragen. Wir sollen 7 ½ Zolleinnahme zurück⸗ legen und thesaurieren für eine Wittwen⸗ und Waisenversorgung; wir sollen aber dieselben Arbeiter mit einer Konsumvertheuerung um 60 ½ schädigen, und das nennen die Herren einen Ausgleich für die Mehr⸗ belastung. Dabei sind die Laften, die dem Arbeiter durch die in⸗ direkten Steuern auferlegt sind, garnicht in Rechnung gestellt. Bei den Löhnen, die heute gezahlt werden, bedeutet das eine Mehrbelastung, die geeignet ist, die Existenz der Familie in Frage zu stellen. Damit macht man also der Arbeiterschaft ein Danaergeschenk. Herr Müller⸗ Fulda ist sich auch vollkommen bewußt gewesen, welche geringe Ent⸗ lastung dem Arbeiter gegenüber der ihm angesonnenen ungeheuren Mehrbelastung damit geboten wird. Es sieht fast so aus, als ob man den Arbeiter irreführen wollte, wenn man ihm erklärt, man wolle ihn glücklich machen mit 7 ½ ℳ, ihm aber gleichzeitig 60 ½ aus der Tasche zieht. Das Zentrum hat aber andere Gründe; es ist sich der Un⸗ popularität seiner Zollpolitik bei der Arbeiterschaft vollkommen bewußt, und es braucht eine Schamdecke; diese stellt der Antrag dar. Je näher wir aber der Verabschiedung des Zolltarifs kommen, desto mehr wird sich auch das Zentrum der Regierung nähern und schließlich vielleicht den letzten Rest wieder über Bord werfen. Herr von Miquel hat s. Zt. überzeugend dargethan, daß sich die Getreidezölle für diesen Zweck absolut nicht eignen, da sie ihren Zweck erst dann richtig erreichen, wenn ihr finanzieller Effekt auf ein Minimum gesunken ist. Dann bleibt zwar für die Wittwen und Waisen nichts mehr übrig, aber die Konsumvertheuerung ist da und nicht wieder zu beseitigen. Herr Trimborn hat sich energisch an die verbündeten Regierungen gewandt, ihren Widerstand au zugeben, und sich dabei auf den Reichskanzler berufen. Gewiß hat dieser dem Gedanken Sympathie bewiesen, aber damit hat er sich noch nicht im mindesten festgelegt, am wenigsten auf eine bestimmte Summe. In der Kom⸗ mission hat man die nothwendige Summe auf 100 Millionen geschätzt. Ich glaube nicht, daß das ausreicht, denn mit einer Wittwen⸗ rente von jährlich 100 können wir uns doch nicht begnügen. Schon die Invalidenrenten, so gering sie sind, betragen doch mindestens 116 ℳ; für die besser situierten Arbeiter in den höheren Klassen sind im Beharrungszustande Renten bis zu 500 zu zahlen. Mit 100 Wittwenrente kann doch wahrlich nicht viel angefangen werden. Andererseits wollen Sie (rechts) ja den Gerstenzoll erhöhen, aber ich glaube, Sie werden, wenn es noth thut, auch diese Absicht wieder fallen lassen und sich mit den 3 begnügen, wenn nicht die verbündeten Regierungen, um namentlich die Bayern zu⸗ frieden zu stellen, sich auf eine Erhöhung einlassen. Ziebt man allein die Regierungsvorlage in Betracht, so ergiebt sich ein Betrag von etwa 80 Millionen Mark. Ständen diese dauernd zur Verfügung, dann ginge es vielleicht, aber eine solche Reichsverpflichtung kann doch nicht auf so schwankende Einnahmen gegründet werden. Der Vorschlag Trimborn ermäßigt den eventuell zur Verfügung stehenden Betrag noch ganz bedeutend, etwa um 20 Millionen: dann bleiben nur noch 60 Millionen übrig. Solche Lasten müssen die leistungsfähigen Schultern tragen. Die verbündeten Regierungen sind aber auch noch aus dem Grunde gegen den Antrag, weil, wenn über⸗ haupt neue Einnahmen aus dem Tarif sich ergeben, diese sehr noth⸗ wendig für den allgemeinen Reichssäckel gebraucht werden, da schon der Etat für 1 einen Fehlbetrag von 24 ½ Millionen aufweist. Die Zuckerkonvention wird weitere Ausfälle verursachen, die In⸗ validenversorgung braucht jährlich höhere Zuschüsse, und die Offiziers⸗ pension will man ja auch erhöhen. Dazu kommt die ärtig berrschende Ungunst der wirthschaftlichen Verhältnisse, südaß im nächsten Etat eine nicht gedeckte Summe von 150 Millionen figurieren soll. Bei solcher Lage, wo man große Schulden machen Geld in solchem Betrage aufzuspeichern, würde bei jedem Privatmann, der sd wirthschaften wollte, einfach für unsinnig angesehen werden. bleibt also übrig? Aus den Arbeitern würde auf dem Wege der Bier⸗ und Tabackssteuererhöhung wieder

Frref werden, was ihre Relikten an Verso 3ö;— uf solche Dinge kann 2 15 Freisinnige eegnünne ee ich hbier vertrete, nicht einlassen. ir können die Einnahmen, die sich event. aus dem Zolltarif ergeben, nicht heute schon zur Vertheilung Dieselbe Stellung würden wir auch einnehmen müssen gegenüder Antrag Richter, der ebenfalls das Fell einch Bären vertheilen den man noch nicht t bat. Die N der Zuckersteuer ist erfolgt zum guten! auf Grund den Vorschlägen der liberalen Seite. Wir können diesen rif nicht dadurch schmackhaft machen oder dem Volke verfüßen, wir ploötzlich die Zuckersteuer abschaffen.

Staatssekretär des Reichs⸗Schazamts Freiherr von Thiel⸗

mann:

on Stumm, daß die Landwirthschaft weitere

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dafür binden, daß, sei es der Arbeitgeber, sei es der Arbeiter auch; den kleinsten Zuschuß zu dieser Versicherung in Zukunft 8 leisten haben. Dies, meine Herren, fasse ich auf als den der Absicht, die Wittwen⸗ und Waisenversicherung solle, s noch fernere Mittel in noch späterer Zukunft hinzukommen, einzig un allein basiert werden auf die Mehrerträge des neuen Zolltarifs s gewisse Nahrungsmittel. Ich habe in der Kommission Ihnen 8n gesagt, meine Herren, daß keiner von uns weder im Bundesrath im Hause sagen kann, wie hoch diese Mehrerträge auch g annähernd sein werden. Wir haben, wie ich mich damalg 8 drückte, eine Gleichung mit vielen Unbekannten. Wir kennen noch 1ih die Höhe der Zollsätze für den Fall, daß das Gesetz in Kraft tritt; 1 meine Herren, daß diejenigen Minimalzölle, welche Sie für Getreid Vieh und Fleisch beschlossen haben, die Zustimmung der verbündede Regierungen nicht finden werden, ist Ihnen bereits von diesem vin aus, nicht von mir, aber von anderer Seite gesagt worden. Vr⸗ wissen ferner nicht für den Fall, daß beispielsweise die Sätze d Regierungsvorlage in Kraft treten, wie der einheimische Körnerka dadurch beeinflußt werden wird, wir wissen nicht, um eine wie ti größere Fläche mit Roggen oder Weizen bebaut werden kann, alz, gegenwärtig der Fall ist, und wir wissen ferner nicht, n hoch und wie schnell die Bevölkerung des Reichs anwachsen wi All diese Unsicherheiten machen es unmöglich, die Summe, die mi dem Kommissionsbeschluß im § 11a für eine Wittwen⸗ und Wajsa versorgung zur Verfügung stehen würde, auch nur einigermaßen siche zu schätzen. Eine rein mechanische Berechnung, indem man auf d gegenwärtigen Konsum und die gegenwärtige durchschnittliche Einfil⸗ an Getreide, Vieh und Fleisch die Sätze der Regierungsvorlage 2 wendet, eine rein mechanische Berechnung also, die praktisch vielleich als Anhalt dienen kann, aber keine sicheren Ziffern giebt, zenn als Endresultat die Summe von 82 Millionen. Ich habe de bereits in der Kommission gesagt, und wenn ich nicht irre, hat dn Herr Abg. Roesicke die gleiche Ziffer angeführt. Wenn nun die 82 Millionen vom Jahre 1903 oder 1904 an thesauriert werden ich nehme dabei an, daß die Handelsverträge, welche wir auf Grund eines hier zu stande kommenden Tarifs abschließen werden, in den⸗ jenigen von diesen Grundpositionen, für welche Minimalzölle nicht beschlossen sind, keine wesentlichen Veränderungen hervorrufen, das wäre sonst eine fernene Unsicherheit wenn also Summen für 7 Jahre thesauriert werden, so ergäbe das Grundkapital von rund ½ Milliarde Mark. Nach dem heute eit vertheilten Antrag des Herrn Abg. Trimborn, welcher die Gern den Hafer, das Federvieh, Eier, Butter und Käse diese Posten sind es, glaube ich aus dem § Ila fortlassen will, würde sich d Summe des Kapitalgrundstocks jedoch nur auf rund ½ Mill stellen. Diese Ziffern sind selbstverständlich runde und zum gegriffene; sie können nur eine ungefähre Vergleichung möglichen. Ob es möglich sein wird, die Wittwen⸗ und We versicherung, wenn jeder Beitrag des Arbeiters und des Arbeitg fortfällt, mit diesem Grundstock einer halben oder gar einer de Milliarde durchzuführen, ist eine Frage, die heute ebensor jemand am Bundesrathstisch, wie in diesem Hause beantw kann. Man könnte ja freilich sagen: es wird den Wittn die dann vorhanden sein werden, eben so viel gegeben, als d bereiten Mittel zulassen. Ob damit den Wittwen und ihren Kin den Waisen, gedient sein würde, das weiß ich nicht. Denn wenn die jährliche Vertheilungssumme sich auf 50 Millionen stellte, da Zinsen und vielleicht ein Amortisationsbetrag aus dem aufgesp Kapitalgrundstock träte, so hätten wir eine Summe von rund wir 60, allerhöchstens 70 Millionen zur Vertheilung in Jahr. Wie viel Wittwen daran theil nehmen würden, weiß eben noch niemand. Es ist aber überschläglich selbstverständlich seitens der zuständigen Aemter berechnet oder, besser gesagt, ges⸗ worden, daß eine Wittwenversicherung mit einer einigermaßen kömmlichen jährlichen Zuwendung und Herr Roesicke hat richtig darauf aufmerksam gemacht, daß eine Zuwendung von 100 oder 120 nicht als eine auskömmliche anzusehen sei einer solchen Summe von 60, 70, sei es selbst 80 Millionen, nicht annähernd befriedigt werden kann. (Sehr richtig!) Dazu wi Summen erforderlich sein, die das Doppelte mindestens erreie vielleicht bei weitem überstiegen.

Also, meine Herren, ob der Antrag der Kommission, der § so, wie er vor uns liegt, oder der Antrag des Herrn Abg. Trim der Ihnen heute vorgelegt worden ist, eine genügende Grundlag zugeben geeignet sind, um im Jahre 1910 eine Wittwen⸗ und We versorgung darauf zu basieren, diese Frage bleibt nach den bes Berathungen durchaus offen; sie läßt sich erst einige Jahre der

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baffen werden. Die verbündeten Regierungen haben Ihnen bereits der Kommission erklärt, daß ungedeckte Matrikularbeiträge in es Höhe für viele Staaten den vollen wirthschaftlichen und varzbellen Ruin bedeuten. (Hört, hört! links.) Ein Theil sid welcher Theil, das wird später noch der Beschlußfassung des Bundesraths und des Reichstages unterliegen wird jedenfalls auf usgdere Weise beschafft werden müssen. Aber, meine Herren, ich selber bin keineswegs geneigt, dem das Wort zu reden, daß alle künftigen ellbeträge, bis wieder eine wirthschaftliche Hochfluth eintritt, einfach auf den Weg der Anleihe zu verweisen seien, und Sie, meine Herren, werden es wohl ebenso wenig wollen. Es muß also Vorsorge ge⸗ troffen werden, die Finanzen des Reichs für die nächsten Jahre min⸗ destens so zu stellen, daß bei der durch Gesetze und unabänderliche chatsachen gegebenen Steigerung der jährlichen Ausgaben ich er⸗ innere nur an die Invalidenversicherung, an die Schuldenzinsen und nebenbei an das Pensionsgesetz und ähnliche —, daß bei diesen stigenden Ausgaben also auch steigende Mittel vorhanden sind.

Der Herr Abg. Roesicke ließ durchblicken, daß er in erster Linie für das Bier fürchte. Ich habe Ihnen bereits in meiner letzten Ftatsrede gesagt, daß, wenn irgend welche Gegenstände in der nächsten geit zu erhöhten Abgaben herangezogen werden müßten, Bier und nback in der ersten Linie stehen. (Hört, hört! linkxr) Das gab auf jener Seite des Hauses schon damals einen Entrüstungssturm. Die rhatsache läßt sich aber nicht ändern, und ich glaube, Sie werden gut tbun, alle diese Verhältnisse sich vor Augen zu halten, wenn Sie über de § 11a der Kommissionsvorlage und den dazu eingebrachten Antrag ds Herrn Trimborn, sowie ferner über die Resolution, die von kon⸗ sewativer Seite eingebracht ist, beschließen werden.

Nun, meine Herren, ist noch ein Punkt staatsrechtlicher Art, i Sie sich gleichfalls überlegen müssen, ehe Sie Ihre Stimme cgeben. Nach der gegenwärtigen Rechtslage, und zwar nach der fechtslage, die geschaffen ist durch das Zentrum selber, nämlich zucch den Antrag Franckenstein vor länger als 20 Jahren, ge⸗ hören die Mehrerträge aller Zölle über eine gewisse Summe hinaus von Rechtswegen den Bundesstaaten, und es ist am Schlusse des § 12 in den letzten Worten des Gesetzentwurfs ausdrücklich ausgesprochen, daß die clausula Franckenstein weiter bestehen soll, bis sie durch ein neues Gesetz geändert wird. Der § 11 a, n der Fassung der Kommission sowohl wie nach dem Antrag des Herrn Trimborn, läßt diesen Rechtszustand unbeachtet; denn er verfügt ausdrücklich über solche Erträge, welche dem Reiche garnicht chören, er verfügt über diese Erträge zum Schaden der Einzel⸗ staaten. Meine Herren, ich glaube deshalb, daß der § 11a, dessen Tendenz, soweit sie die Schaffung einer Wittwen⸗ und Waisen⸗ versicherung berührt, von allen Bundesstaaten meines Wissens ttheilt wird, deshalb nicht seine richtige Stellung hat in dem gegenwärtig vorliegenden Gesetz, sondern in demjenigen Heset, welches nach den Schlußworten des § 12 dazu be⸗ timmt ist, die clausula Franckenstein entweder abzuschaffen oder zu modifizieren und damit den ersten Schritt zu thun zu der von allen Seiten oft geforderten, von keiner Seite aber je materiell um⸗ schtebenen oder bestimmt vorgeschlagenen Finanzreform. Der Ruf

heiner Finanzreform geht vielleicht noch mehr durch die Presse

durch dieses hohe Haus; ich habe die Frage wenigstens in diesem ise nur mehr beiläufig berühren hören, wohl aber findet man in

Presse, ich möchte sagen, von Tag zu Tag Leitartikel, welche eine

mmgreform fordern. Wie diese Finanzreform ohne neue Einnahmen

za gdacht ist, das verschweigt jeder Leitartikel, und auch in diesem ohe Hause habe ich eine Meinung darüber nicht hören können. hetteckeit.)

Meine Herren, ich bitte Sie also, ehe Sie Ihre Stimme für oder un den § 11 a und für oder gegen den dazu neuerdings gestellten urag abgeben, sich diese Verhältnisse ich habe ja ohne jede Lemik gesprochen und Ihnen nur die bestehenden Thatsachen, die zerdem kein Geheimniß, sondern allgemein bekannt sind, wiederholt diese Thatsachen, diese Sachlage und diese Lage des öffentlichen

Rechts vor Augen halten zu wollen. (Bravo! rechts.) ollmächtigter zum Bundesrath, Königlich baverischer Staats⸗ b Freiherr von Stengel: Meine Herren, Sie werden aus den rungen des Herrn RAche. sekretärs den Ernst der finanziellen ge, in der sich das Reich len befindet, bereits zur Genüge ent⸗ umen hahben. Die Konsequenzen hieraus bezüglich der Stellung⸗ ime zu § ll a, den Ihnen die Kommission vorschlägt, ergeben

hiernach eigenilich von selbst. Wenn ich mich gleichwohl

orte gemeldet so ist es um deswillen schehen,

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dem Schoße Bundebraths entstandenen Bedenken, ich in der Kommission ausführlich darzulegen mir gestattet habe,

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das dem § 11a des jetzt vorliegenden Gesetzentwurfes vorschwebt. Es sind vorläufig Ideen, es sind Wünsche, aber von einem fest⸗ stehenden Programm, namentlich von einem Programm, demgegenüber der Gesetzgeber bereits Stellung genommen hätte, ist heute noch keine Rede. Es besteht ferner nicht die mindeste Klarheit über die Mehr⸗ erträge, die wir von dem neuen Zolltarif erwarten dürfen. Das hat Ihnen vorher bereits der Herr Reichs⸗Schatzsekretär in einer Weise dargelegt, daß ich keine Veranlassung habe, dem noch weiteres hinzu⸗ zufügen. Aber eines, meine Herren, ist sicher, und darüber besteht die vollste Klarheit, nämlich, daß wir gegenwärtig sowohl im Reich als auch in den Einzelstaaten in einer überaus mißlichen Finanzlage uns befinden. Da werden, wie ich vermuthe, doch viele von Ihnen, wenigstens in ihrem Innern, mir beipflichten müssen, wenn ich sage, daß es gerade in einer solchen Zeit und in einer solchen Lage doppelt gefähr⸗ lich erscheint, durch einen Akt der Gesetzgebung gegenüber den breiten Massen der Bevölkerung sich auf Versprechungen festzulegen, von denen niemand weiß, ob und wann sie von uns eingelöst werden können. Meine Herren, die Mehrheit der Kommission hat geglaubt, über dies Bedenken dadurch hinwegkommen zu können, daß sie Ihnen vor⸗ schlägt, die neue Last auf die Mehrerträgnisse der Lebensmittelzölle zu radizieren und diese Mehrerträgnisse einstweilen bis zum Jahre 1910 zu thesaurieren. Ich will mich an dieser Stelle nicht in die Frage ver⸗ tiefen, ob es sich überhaupt empfiehlt, von dem verfassungsmäßigen Grundsatz der Einheitlichkeit unseres Budgets abzuweichen und zu dem in früheren Zeiten vielfach beliebten Systeme der Spaltung der Ein⸗ nahmequellen des Staats nach Verwendungszwecken zurückzukehren. Schwerer fällt für mich und für uns der Grundsatz ins Gewicht, daß der Zoll, auf den Sie die Last radizieren wollen, kein Finanzzoll, sondern ein Schutzzoll ist. Das wurde vorhin auch von dem Herrn Abg. Trimborn mit besonderer Betonung hervorgehoben; und ich kann nicht bergen, daß mich diese besondere Betonung gerade von dieser Seite gewundert hat, denn gerade die Natur des Schutzzolls ist es, die in mir besondere Bedenken gegen den Kommissionsvorschlag erregt. Es handelt sich also um eine Abgabe, meine Herren, die, wenn sie ihren Zweck, unserer Landwirthschaft aufzuhelfen, erfüllen soll, unfehlbar im Laufe der Jahre zurückgehen muß. Von den Schwankungen, denen die Getreidezölle erfahrungsgemäß auch ohnehin schon unterworfen sind, will ich hier weiter gar nicht reden. Und auf eine solche voraussichtlich stetig zurückgehende Einnahmequelle wollen Sie nun eine stets wachsende Ausgabe, stets wachsende rechtliche Verpflichtungen des Reichs von der allergrößten finanziellen Tragweite basieren. Nein, meine Herren, nach meinem Dafürhalten werden wir, wenn wir die Sache über⸗ haupt einmal in Angriff nehmen wollen, wenn wir der Frage der Wittwen⸗ und Waisenversicherung der Arbeiter näher treten wollen, nach einer solideren Grundlage suchen müssen, und diese Unter⸗ lage will ich Ihnen gach nennen. Diese Unterlage kann nur be⸗ stehen in festgefügteff und nachhaltig geordneten Reichsfinanzen. Die Antragsteller haben die Schwächen ihres Antrags in dieser Richtung auch selbst gefühlt, und deshalb namentlich haben sie die Thesaurierung vorgeschlagen. Aber wie die Dinge gegenwärtig liegen, meine Herren, so stellen Sie durch diese Thesaurierung das Reich doch nur vor die Wahl, entweder auf der anderen Seite neue, größere Schulden zu machen oder, wie bereits hervorgehoben ist, neue, vielleicht recht drückende Steuern einzuführen, denn die Last dieser Thesaurierung etwa mittelbar auf die Schultern der Einzelstaaten hinüberwälzen zu wollen, das dürfte auch wohl nicht in der Absicht der Antragsteller selbst gelegen gewesen sein. Dann möchte ich im Anschluß daran doch auch noch die Frage aufwerden, ob es überhaupt von Ihnen für angängig und mit dem Art. 70 der Reichsverfassung für vereinbar erachtet wird, eine so wichtige Ein⸗ nahmequelle, wie die ist, um die es sich hier handelt, der freien Ver⸗ fügung des kommenden Reichstages und seiner späteren Nachfolger zu entziehen. Auf die clausula Franckenstein, meine Herren, werden Sie sich in dieser Beziehung als einen Vorgang nicht berufen können, denn durch die clausula Franckenstein ist, weder was ihren Zweck, noch was ihren Erfolg anlangt, das Budgetrecht des Reichstages auch nur im mindesten beschränkt und beeinträchtigt worden. Keine glück⸗ liche Eingebung war es auch, meine Herren, gerade das Jahr 1910 für das Inslebentreten des neuen Gesetzes über die Wittwen⸗ und Waisenversicherung der Arbeiter ins Auge zu fassen. Gerade das Jahr 1910 nämlich verspricht leider für den Reichshaushalt ein besonders verhängnißvolles zu werden; denn wenn wir uns mit der dringend gebotenen Sanierung des Reichs⸗Invalidenfonds nicht beeilen, so wird nach den uns vorliegenden Berechnungen gerade im Jahre 1910 dieser Fonds erschöpft sein, und es werden im Jahre 1910 nicht weniger als rund 40 Millionen Jahresbeiträge an Pensionen ganz unvermittelt - den Reichshauehalt übernommen werden müssen. Für die vor⸗ geschlagene Verkettung der Wittwen⸗ und Waisenversicherung mit dem neuen Zolltarif ist unter anderem auch angeführt und darauf hin⸗

rewiesen worden, daß von diesem neuen Zolltarif eine Vertheuerung der Nahrungsmittel zu besorgen sein würde. Aber ich frage: ist diese Besorgniß in der Phat anch begründet? findet sie insbesondere in den Erfahrungen der Vergangenheit auch ihre volle Bestätigung? können wir nicht abwarten, ob diese gefürchtete Vertheuerung auch wirklich eintritt, bevor wir zu einer solchen gesetzlichen Regelung schreiten? handelt cs sich nicht doch vielleicht nur um ein Schreckgespenst, das an die Wand gemalt wird? Der Herr ahr. Roesicke hat uns in dieser Beziehung allerdings bereits sehr umfassende und detaillierte Berechnu auf⸗ 8 Aber, meine Herren, das Papier ist geduldig, und die irklichkeit pflegt solchen Berechnungen nur in seltenen Fällen zu entsp In der Kemmissien waren selbst die Meinungen darüber sehr getheilt, ob man den Antrag Heim, wie er norie is hieß, annehmen sollte oder nicht. In der ersten Lesung der Kommission wurde denn

der Antrag mit 15 gegen 12 Stimmen abgelehnt; erst in zweiter

Wung, und zwar nicht voll be⸗ -2 Kommission, dieser 1.r. mit einer Stimme Mehr⸗ t zur Annahme. Umsomehr bege ich daß das Plenum diese Bestimmung, die ja nicht etwa a vem Kompromiß der Mehrbeitsparteien ist, nunmehr wiederum aus der Vorlage elimin die age ia dieser Beziehung wieder herstellen werde. ann Amendement der Abgg. brecht und dieses dement noch in einem

2 6 von seiten der Herren jen, also von seiten des Zentrums, eine neue Fassung für den neuen § l1a por⸗ ges worden. Ich muß zugeben, diese neue Fassung die wir den Kommis schluß hegen müssen.

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diesem Antr⸗ Trimbormn yund als in ungs⸗ und noch so viel Vedenken daß Fna könnte, auf diese zu treken. Antrag des Herrn Rettich auf eine annehmbar und lenewerth. Dieser des 11 °, ohne der

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die Schlußfolgerungen des Abg. Roesicke. Wenn durch Erhöhung der Schutzzölle die Landwirthschaft in eine bessere Lage gebracht wird, dann können wir uns wohl auf den Standpunkt stellen, daß wir uns damit einverstanden erklären, wenn gewisse Mehrerträge aus den Zöllen zur Errichtung und Erleichterung der Wittwen⸗ und Waisenversicherung in Anspruch genommen werden. Ich habe namens meiner politischen Freunde zu erklären, daß wir unter dieser Voraussetzung uns mit dem Gedanken der Wittwen⸗ und Waisen⸗ versorgung einverstanden erklären können. Die Mehrheit meiner Freunde ist aber der Ansicht, daß die ganze Einrichtung nach Art und Umfang der dafür erforderlichen Mittel noch nicht genügend klar vorliegt, als daß wir uns entschließen könnten, in diesem Augen⸗ blick die Kapitalien dafür festzulegen. Ich kann mich in diesem Be⸗ tracht mit den Ausführungen der Regierungsvertreter bis auf das letzte Wort einverstanden erklären. Es kann sogar der Fall eintreten, daß wir Mindererträge haben. Wenn wir dann die Wittwen⸗ und Waisenversorgung eingeführt hätten, dann hätten wir uns finanziell hineingelegt, und die Folge würde sein, daß die Einzelstaaten, die jetzt schon unter der Last der hohen Matrikularbeiträge zu leiden haben, noch mit schwereren Auflagen belastet würden. Auf einer so schwanken den Grundlage eine Versicherung aufzubauen, widerspricht einer gesunden und vernünftigen Finanzpolitik. Wir sind bereit, an der Einführung der Wittwen⸗ und Waisenversicherung mitzuwirken, aber so ins Blaue hinein können wir das Geld nicht festlegen und stimmen deshalb gegen § 11 a und auch gegen den Antrag Trimborn. Unsere Gedanken haben wir in einer Resolution zum Ausdruck gebracht, die der Abg. Trimborn etwas wegwerfend „Resolutiönchen“ genannt hat. Wenn die Sache geklärt sein wird, so sind wir bereit, gewisse Ueberschüsse aus den Zöllen zur Erleichterung der Wittwen⸗ und Waisenversorgung zu verwenden. In der Resolution ist von einer Festlegung von Geldern nicht die Rede. Die Verwendung von Ueberschüssen wird in Erwägung zu ziehen sein, nachdem man sich über die Grundzüge der Einrichtung geeinigt hat. Ich kann Sie nur bitten, der Resolution Ihre Zu⸗ stimmung nicht zu versagen. .

Abg. Molkenbuhr (Soz.): Also die Herren von der Land⸗ wirthschaft meinen, daß, wenn ihre Lage durch den Zolltarif verbessert wird, sie dann in der Lage sein würden, gewisse Ueber⸗ schüsse für diesen sozialpolitischen Zweck anzuweisen. Daß sie dazu in der Lage sein werden, bezweifle ich nicht, desto mehr aber, daß sie dazu bereit sein werden. Nachdem 1885 die Getreidezölle verdreifacht worden waren, hat die Landwirthschaft die Beiträge für die Kranken⸗ versicherung der landwirthschaftlichen Arbeiter doch nicht übernommen; es kam 1887 die Verfünffachung, und, als wir 1891 das Krankenversicherungsgesetz machten, hörten wir nur immer wieder von der Nothlage der Landwirthschaft, die diese Beiträge nicht tragen könnte. Und so wird es immer gehen, und wenn man noch zehn Mal die Zölle erhöhte; jede neue Erhöhung wird nur eine Quelle neuer Forderungen für die Landwirthschaft sein. Man brauchte hier nur einen Köder für die Arbeiter, und da mußte man staats⸗ männisch sein. Der § 11a ist nichts weiter als eine schwache Nach⸗ ahmung des Köders, den Fürst Bismarck in der berühmten Botschaft vom 17. November 1881 den Massen in der Arbeiterversicherung für das Tabackmonopol hinwarf. Damals mußten 450 Millionen aufgebracht werden, um 30 bis 40 Millionen für die Arbeiter flüssig zu machen; und jetzt ist das Verhältniß etwa dasselbe. Damals hat das Zentrum die Bismarck⸗ schen Vorschläge einstimmig abgelehnt; es hatte bedeutendere Staats⸗ männer als heute. Aber das gewöhnliche Volk ist denn doch auch nicht ganz blind; die Arbeiter werden üer nicht verlocken lassen, die Getreidezölle für eine segensreiche Einrichtung zu halten, weil daraus ein Almosen an die Arbeiter gegeben werden soll. 480 Millionen Mark wurden 1900 zunächst den Brotessern mehr abgenommen; der Zoll von Roggen und Weizen brachte 63 Millionen. Nach den neuen Sätzen würden 41 Millionen den Wittwen, aber 375 Millionen den Grundbesitzern zufallen. Mit anderen Worten: von 100 Mehrertrag erhalten 78 die Grundbesitzer, 13 das Reich, 8,59 die Wittwen und Waisen; um diesen 8 ½ zuzuführen, müssen den deutschen Konsumenten 100 abgenommen werden. Die Hochschutzzölle sind doch nur dazu da, um die großen Massen des Volkes auszuplündern. Das sehen wir in Amerika und werden es auch in Deutschland erleben; das deutsche Volk ist aber nicht so zahlungsfähig wie das amerikanische. Daher wird der deutsche Arbeiter viel eher am Rande der Hungers⸗ noth angelangt sein, und diese wird die Zölle schließlich hinwegfegen. Kleine Bauern und Landarbeiter haben keine Einnahmen aus den Zöllen; daher wird gleichzeitig mit der pigereng der Zölle eine Herabminderung der Lohne stattfinden. Steigende Zölle haben eine Verschärfung der Krisis zur Folge, das liegt auf der Hand. Legen Sie daher die gesammten landwirthschaftlichen Zöͤlle der Versicherung zu Grunde und suchen Sie die Deckung der Reichsbedürfnisse in einer Reichseinkommensteuer. Die Mittel, die das Zentrum nach dem An⸗ trage Trimborn gewähren will, köoͤnnen unter keinen Umständen ge⸗ nügen; sollen die Wittwen und Waisen nicht bungern, so muß die Armenkasse eingreifen, und dann wird diese auch auf die Versorgungs⸗ gelder Beschlag legen. Andererseits werden die verbündeten Regierungen, wenn Sie ihnen diese Einnahmen entziehen, an dem ganzen Zolltarif nur noch die halbe Freude haben. Wir empfehlen Ihnen also den Antrag der Kommission mit unseren Zusätzen.

Abg. Dr. von Komierowski (Pole) erklärt, er halte die Resolution Rettich für zu vag und werde, wie in der Kommission, für den § lla stimmen. Sollte der Kommissionsbeschluß abgelehnt werden, so werde er mit seinen Freunden für den 8 Trimborn stimmen.

Abg. Richter (fr. Velksp.): Wir stimmen gegen den Kommissions⸗ antrag und gegen den Antrag Trimborn. Abgesehen von ctatsrecht⸗ lichen und staatsrechtlichen Gründen, ist der prinzipielle Standpunkt durchschlagend, daß wir durch Verquickung der erhöhten Lebensmittel⸗ zölle mit einer künftigen Wittwen⸗ und Waisenversorgung die erböhten Zölle in n; estlegen und es uns erschweren, sie zu ermäßigen, wenn die Zeit r gekommen ist, denn wir rufen damit Hundert⸗ tansende von Privatansprüchen hewvor, die nicht ohne weiteres wieder beseitigt werden koͤnnen. Dazu kommt E Be⸗ denken gegen eine weitere Ausdeb 3 eeese er die Be. friedigung privater Bedürfnisse Bevölk en. Diesecs Bedenken dat in den ersten St der Berathung der Invaliden⸗ versicherung den größten Theil des Hauscs beberrscht, weil cinerscits die Selbstverantworilichkeit der Bevölkerung geschwächt wird, und andererseits nur kümmerliche Renten wer die sofort weitere Ansp bervorrusfen und Unmfriedenheit be⸗ wirken. Diesch der Reichszuschüsse muß zu unerschwinglüchen Steuerlasten Mich wundert, daß das trum so leicht auf rweiterung der Reichszuschüsse denn u 1897 bat ch deren Bescitigung verlangt: und d

se kemmen nar cinem Theil der Bevolkerung zu Gute, während alle Abeile die Steucrlasten mittragen. Abgesehen dade eutspricht ch der Natur der Sache, daß man bei cinem über 100 Millionen Mehreinnahmen verspricht, auch . Ver- *æq Wenn erböbte Steuern für VBier und bever⸗ steben, man um so mehr nr zu wenden, die eine e Belastung Der srricht ven der ungünftügen —*q des Reichs, aber will ha keine Zuwendung an Reich, sjondern an die ent der clauasula Franckenstein, während dem lassen durch Matrikularbrikr den Er⸗ Actröge wicder dece mehr wenden den 1—- am Herzen Uegt. fellte man ver der Hlausula Franckenftein ven 190 abeben. Wemn der

1 hce =L.— über dan einmwirken, auf cine sente