sch kann für solche Fälle auch die Empfindungen begreifen, denen Herr on Komierowski soeben Ausdruck gegeben hat. Damit wird aber das Prinzip nicht berührt; denn Irrungen in der Anwendung maßgebender Verwaltungsgrundsätze kommen täglich vor, und der Weg, diese Irrungen zu beseitigen, ist gegeben in der Beschwerde bei den vorgesetzten In⸗ stanzen, aber nicht in der Form einer Resolution, die nicht den einzelnen Fall, sondern den Grundsatz behandeln muß. Solange es sich nur um einzelne Fälle handelt, muß ich die Herren hinweisen, aß sie sich an die vorgesetzten Instanzen wenden, und erst dann, wenn sie da ihr Recht nicht zu bekommen vermeinen, an den Landtag oder an den Reichstag — da es sich hier auch um reichsrechtliche Fragen handelt — gehen. Solange der Beschwerdeweg nicht erschöpft ist, st der Weg einer Resolution nicht gegeben.
Nun hat der Herr Vorredner gesagt, es sei nicht im Sinne der bei der Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs getroffenen Verab⸗ redung, wenn von einzelnen Personen, die eine Eintragung mit einer polnischen Endung verlangen, ein besonderer Beweis erfordert würde;
solcher Vorbehalt zu Gunsten der Notwendigkeit eines Beweises sei bei der Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht gemacht worden, infolgedessen seien die Inhaber polnischer Namen ohne weiteres bedingungslos berechtigt, die Eintragung zu verlangen. Meine Herren, diese Ausführung beweist aber doch zu viel; die Vereinbarung, die damals getroffen worden ist, ging dahin, daß bei polnischen Familien eine Konzession mit Rücksicht auf ihre Herkunft und Tradition gemacht werden solle; daraus folgt doch nicht, 8 daß der Standesbeamte bei jedem Mann, der kommt und erklärt, er wolle Namen mit einer polnischen Endung eingetragen haben, ohne weiteres nachgeben muß, ohne zu prüfen, ob wirklich die Voraus⸗ setzung, daß es sich um einen polnischen Namen handelt, vorliegt. Meine Herren, wenn wir uns auf den Standpunkt stellen, den Herr von Komierowski jetzt dargelegt hat, daß in jedem einzelnen Falle der Standesbeamte bedingungslos dem Wunsche des einzelnen Antragstellers entsprechen und demgemäß verpflichtet sein soll, den Namen so einzutragen, wie er von dem Antragsteller ihm in polnischer Form vorgetragen wird, dann würden wir allerdings in unsren Pro⸗ vinzen mit polnischer Sprache einer Agitation mit gar nicht ab⸗ sehbarem Ausgange entgegengehen. (Widerspruch bei den Polen und in der Mitte.) Dem wollte die Regierung entgegentreten, nichts weiter. Das Recht, wie es aus den maßgebenden Bestimmungen sich bei sach⸗ entsprechender, billiger Auslegung im Sinne der Vereinbarung bei der Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs sich ergibt, wird Ihnen zu teil. Dieses Recht soll die polnische Bevölkerung behalten; aber, meine Herren, verlangen Sie nicht mehr! Abg. von Tiedemann (Rp.): Wer da weiß, in welcher Art bindurch die Deutschen polonisiert worden sind, weiß auch notwendig Vorsicht gegen solche polonisierte Namen ist. Ich eriunnete an Schulz = Szulc, Schumann = Szuman, Woll⸗ schläger = Wolszlegier, lauter deutsche polonisierte Namen! Wie soll sich der Standesbeamte verhalten, wenn an den Szulc die Femimnendung „a“* verlangt wird? Mit der 12 bin einverstanden, aber ich stimme dA i in für vollständig gegenstandslos halte. Daß tamn ter einen faux pas macht, kommt ie Herren Polen wünschen aber auch aus dieser Elefanten zu machen. Mögen sie doch zunächst den Be⸗ schwerdeweg beschreiten, dann wird schon Remedur eintreten, wenn ein Schait zacht war. r. von Dziembowski⸗Pomian: Die Sache ist keineswegs os. Mit der Beschwerde kommen wir nicht weiter; auf den kommt tens der Bescheid: „Wir sind nicht in der Ibrer Beschwerde stattzugeben.“ Es bestehen allgemeine Ver⸗ bbs, nicht 1.— einem einzelnen Min 3 u - Reichsrecht ist: Ihr dürft und sie darf nicht abgelehnt werden; in beiht es, die Eintragung dat in der Regel zu umertleciben 2 ein WDiderspruch vor den Geist der
darf nicht dem Reichsrecht aber beißt es:
ise erst, daß lang in g war! Das Da macht man ja den Standesbeamten
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des deutschen Vornamens protestieren wir. nachgegeben wurde, erklärten sie, gut, wir wollen damit einverstanden sein, daß auch der deutsche Namen eingetragen werde, aber der polnische Namen steht an der Spitze und der deutsche Namen kommt erst in Klammern hinterher. Trotz des Hinweises darauf, daß die bisherige Uebung auf einem Einverständnis mit dem Reichstage beruhe, beharrten sie bei ihrem Begehren. Die Sache mußte bis zum Kammergericht gebracht werden und der Streit hat erst dort ausgetragen werden können. So wird Agitation gemacht. Es hat das jahrelang zur Beunruhigung der Bevölkerung beigetragen. Ich habe keinen Zweifel und ich glaube, daß die preußische wie die sächsische Regierung davon überzeugt sind, daß, wenn sie die Konzessionen machen wollten, die von den Herren Antragstellern verlangt werden, dann dieselbe Agitation auf dem Gebiete der weiblichen Namen eintreten würde. Deshalb haben die Regierungen alle Veranlassung, vorsichtig zu sein. So lange in den polnischen Kreisen die jetzige Bewegung anhält, werden die Regierungen Preußens und Sachsens mit der Beseitigung der geltenden Bestimmungen sicher nicht einverstanden sein. Wenn die Antragsteller dieser Resolution den von mir angedeuten Sinn geben, dann kann
ich das Haus nur dringend bitten: lehnen Sie die Resolution ab. (Bravo!)
Abg. Schmidt 1 (Soz.) bemängelt die Behandlung der Redakteure in den Gefängnissen, die Versagung der Selbstbeköstigung, der Selbstbeschäftigung, des Lesens von Tagesblättern, des Empfangs von Freunden. Einem Redakteur sei angedroht worden, das nächste Mal dürfe er nicht mehr auf die Erlaubnis der Selbstbeköstigung rechnen. In Hessen⸗Darmstadt lägen die Verhältnisse viel günstiger. Solle sich “ von diesem kleinen Staat beschämen lassen?
Abg. Raab (Reformp.) geht ebenfalls auf den von dem Abg. Crüger erörterten Fall in Hamburg ein, wo die Verwaltung den Ausdruck Sparkasse monopolisieren wolle, und spricht die Hoffnung aus, daß der Antrag des Senats von der Bürgerschaft abgelehnt
erden möge.
Steaatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding:
Ich glaube, meine Herren, daß ich, um dem Sinne des Herrn Vorredners zu entsprechen, eine Einschränkung des von mir vorher Gesagten gar nicht eintreten zu lassen brauche. Ich habe zu dem Inhalt des hamburgischen Gesetzentwurfs mich überhaupt sachlich nicht geäußert; ich habe ausdrücklich erklärt, daß ein Urteil darüber mir nicht zustehe. Ich kann jetzt nur hinzufügen: das hat der Senat von Hamburg mit der Bürgerschaft von Hamburg allein auszumachen, das geht uns nichts an. Was uns angeht, das ist die Frage, ob bei dem Entwurf Reichsrecht verletzt wird. Da bin ich allerdings dem Herrn Abg. Crüger der Meinung, daß die Reichsver⸗ waltung in jedem Augenblick, in jedem Stadium der Vorbereitung eines Landesgesetzes das Recht haben muß, zu prüfen, ob Reichsrecht verletzt wird oder nicht. Deshalb habe ich mich für legitimiert ge⸗ halten, jetzt schon zu sagen, wie meine Meinung in dieser Be⸗ ziehung ist.
Ich stehe auf dem Standpunkt, daß Reichsrecht nicht verletzt wird. Ich habe auch keine Sorge, daß der Geschäftsbetrieb der Ge⸗ nossenschaften in irgend einer Weise dem Reichsrecht entgegen beschränkt werden wird. Nach wie vor werden die Genossenschaften in der Lage bleiben, Spargelder anzunehmen; nach wie vor werden sie ihren Ge⸗ schäftsnamen wählen können, und der Firmenrichter wird zu prüfen haben, ob der Name, den die Genossenschaft sich zulegt, zulässig ist oder nicht; dann wird sich ja das weitere im Wege Rechtens ergeben. Nach dieser Richtung hin, glaube ich, braucht der Herr Abgeordnete keine Sorge zu haben.
Im übrigen, wiederhole ich, die Reichsverwaltung geht, soweit es sich um das Bedürfnis einer gesetzlichen Regelung handelt, die Sache nichts an: Hamburg mag nach dem Votum von Bärgerschaft und Senat das tun, was es vom Standpunkt seiner Interessen verantworten kann und für zweckmäßig hält.
Der Antrag von Dziembowoski wird angenommen un der Etat der Reichsjustizverwaltung genehmigt. Beim Etat des Reichsschatzamts wünscht der Dr. Hermes (fr. Volkep.), daß bei der Ausführ⸗ alle In diesem
Staatesekretär des Reichsschazamts Freiherr von Thiel⸗
mann. 2
Meine Herten! Der Herr Abg. Dr. Hermes hat vollkommen zu⸗
Igehefes, tat ellgemeinen Penstens Nelchelnseltbenfenbse
io heichenehe uns Telecsrepheseer,
eee angenommen, ebe seifentahnamts, bir Meicheschu ’—
Und als ihnen das nicht
mit
nutztes Haus bekommen haben. Das Postamt befindet sich in diesen reichseignen Haus am Bahnhof. Weil nuneingesehen ist, daß die Entfernung des Posthauses von der Stadt den Anforderungen der emporstrebenden Stadt Riesa nicht entspricht, haben wir im Innern der Stadt ein zweites Postamt in gemieteten Räumen eingerichtet. Dieses Postamt nimmt Sendungen jeder Gattung an, gibt Sendungen jeder Gattun
aus und ist zu denselben Zeiten geöffnet wie das Postamt am Bahnhag bis 8 Uhr Abends. G
Als nun die Petition einging, habe ich zur Prüfung der An⸗
gelegenheit zwei Kommissare nach Riesa entsendet. haben die Verhältnisse an Ort und Stelle geprüft und haben berichtet: Die Postanstalten in Riesa entsprechen augenblicklich allen Anforderungen, die berechtigterweise seitens des Publikums geltend gemacht werden können. Wir bauen sicherlich gern Posthäuser, die unseren Bedürfnissen voll entsprechen, und ich bin⸗ der letzte, der Riesa nicht ein neues Postamt zuwenden wollte; aber Sie würden mich hier zur Verantwortung ziehen können, wenn ich, solange
kein dringendes Bedürfniß vorliegt, diese Ausgabe machen und anden
Diese
Orte, für die das Bedürfniß an einem reichseigenen Posthaus dringender
ist, zurücksetzen würde.
Der Ausbau des Postamts auf dem Riesaer Bahnhof hindert, wie ich schon in der Kommission erklärt habe, und wie ich hier wiederhole, durchaus nicht, daß im Innern der Stadt, sobald das Bedürfnit bervortritt, ein reichseigenes Posthaus gebaut wird. Der Ausbau auf dem Bahnhof ist notwendig, weil die Räume nicht mehr aus⸗ reichen, den Durchgangsverkehr an Packeten, die mit den Zügen kommen und mit anderen weitergehen, zu bewältigen. Wir müssen diese Packete am Bahnhof unterbringen, um nicht für Fahrten in die Stadt Ausgaben zu haben und um den Verkehr schneller abwickeln zu können. Ferner brauchen wir den Ausbau, weil die Telephonistinnen sehr schlecht untergebracht sind.
Ich kann wiederholen, was ich in der Kommission gesagt habe, daß der von der Postverwaltung geplante Umbau am Bahnhof nicht hindert, wenn es notwendig wird, auch im Innern ein Posthaus zu bauen. Augenblicklich müssen wir aber die Uebelstände beseitigen, die so lästig sind, daß schnelle Abhilfe geboten.
Abg. von Treuenfels (d. kons.) bittet die Verwaltung, die
Frist, in welcher die Beamten ihre Wohnungen beziehen sollen, an⸗ gemessen zu regeln.
Abg. Cahensly (Zentr.) äußert sich über die Anstellungsverhältnisse der Postbeamten.
Auf eine Anfrage des Abg. Werner (Reformp.) erklärt der Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:
Ich möchte dem Herrn Vorredner erwidern, daß die Bescheide an die Betreffenden abgegangen sind, worin gesagt wird, daß ihten Wünschen nicht entsprochen werden kann und daß ihnen überlassen werden muß, zu klagen, wenn sie ihre Forderung berechtigt glauben. Im übrigen darf ich dem hohen Hause wiederholen, was ich schon in der Kommission ausgeführt habe, daß die Reichspost⸗ und Telegraphenverwaltung den Wünschen der Militäranwärte und dieses hohen Hauses nach jeder Richtung insofern entsprochen hat, als wir auch Zinsen an diejenigen gezahlt haben, die ph Recht keine Zinsen verlangen konnten. Die Frage, die jetzt zur Erörterung kommt, ist eine Frage von so weittragender Wirkung, dar wir nicht glauben, dem entsprechen zu können, und abwarten müssen in welcher Weise u. a. die Gerichte entscheiden.
Der Etat wird angenommen, ebenso der Etat der Reichs druckerei.
Beim Etat der Verwaltung der Reichseisenbahnen verliest
Abg. Baron de Schmid (b. k. F.) eine Rede, in der er, soweit
sie auf der Journalistentribüne vernehmlich wird, drei Bahnlinien ie Lothringen zu wünschen scheint.
Preußischer Minister der öffentlichen Arbeiten Budde
Es ist kein Zweifel, daß die Ausführung der drei von dem Hern Vorredner erwähnten Bahnlinien für die beteiligten Landesteile vos Nutzen sein würde. Die Ausführung stößt nur insofera zur Zeit auf Schwierigkeiten, als in Elsaß⸗Lothringen eine ganze Anzahl ver Eisenbahnwünschen bestehen, die nach dem Urteil der Landesregierung und nach den angestellten Untersuchungen zunächst bauwürdiger sim als die von dem Herrn Vorredner angeführten Linien. Ich daake ihm indessen für die Anregungen und verspreche ihm eine erneute Prüfung darüber, ob und wann diese Bahnlinien werden gebaut werden können. (Bravo! und Heiterkeit.) Ich kann zur Zeit nicht sagen, wann dies der Fall sein wird. Aber der Herr Vorredner ver⸗ langte ja nicht mehr, als daß er wünschte, ich sollte sobald wie möglich in eine wohlwollende Prüfung der Linien eintreten und mich mit der benachbarten Staaten Bavern und Preußen wegen Fortsetzung der Linien in Berbindung scyen. (Bravo!)
Im Exrtraordinarium wurde in zweiter Lesung die druu
Nate von 100 000 ℳ zur Erweiterung des Bahnhoss Lurxembur
est b Abg. vBeisc⸗ (b. f. F.) befürwertet, die Rate zu bewilligen. . Preußischer Minister der öffentlichen Arbeiten Budde:
Meine Herrten! Ich mächte dringend bitten, daß der Aatrag det Dern Berredners angenommen wird, es ist tatzächlich bei der Ber⸗ waltung das Bedürfnis vorhanden, daß die gestrichenen 100 000 £ mieder in den Etat eingeseht werden. (Bravo!)
Der Antrag wird fast einstimmig, auch unter der Z⸗ stim ber raten, angenommen und dem gemaß bie Forderung der Regieru wiederhyergestellt
Iim übrigen wird der Eiat e Tebatte angenommen. cbenso ber Eiat der Zölle und Berbrauchs abgaben und ber Gtat ber Reichstempelabgaben. Per Rest des Ctats. „ 2. die außerorbentlichen Decdungemittel, àu Zuschubanleihe, bie Matrikularbeiträge, bie Ei⸗
aus dem Hankwesen werden chenfalle ohne Pebothe ten zweiter Uesung seht t, chenso bat Gtatsgesetz, Unlethegesetz unb Tilgunge
gee 2* Giat balanctert in Ginnahme und Ausgabe wt 2 410 0— 912 ℳ
Damatt ihh bie beitte Lesfung bes RNeichehaugehelt*- etate ur 190 9 bwnbegt. In ber eha mtabhimmun marb b26 mit bem Geat gegen bie Geühmenhen ben wepatbemaefraten eᷣhgen om eh
121921118408, b ℳ4 1, nben Abheimmungen übe’
bie zSum Gieot geßetltten
ntrüöge unb Reseluattene?*
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Der Antrag Heyl⸗Trimborn auf Einführung des 10stündigen Normalarbeitstages für Frauen und jugendliche Arbeiter wird angenommen. Der Antrag Albrecht, betreffend die Einführnng der Reichsfabrikaufsicht, wird abgelehnt. ö11“] Der Antrag Gröber, betreffend die eFslehekert er Berufsvereine, wird angenommen; desgl. ein An⸗ rag Roesicke⸗Pachnicke, denselben Gegenstand betreffend, benso der Antrag Jaeger, betreffend eine Enquete uͤber die Wohnungsverhältnisse im Deutschen Reich. Der Antrag Stötzel, betreffend den 10stündigen Normalarbeitstag, wird gegen die Stimmen der Sozial⸗ demokraten und des Zentrums und vereinzelter Nationalliberaler elehnt. 8 8 188 Antrag Baumann⸗Blankenhorn, betreffend den Verkehr mit Wein, gelangt zur Annahme. Der Antrag Sachse, betreffend die Untersuchung der Wurmkrankheit, wird abgelehnt. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. “ Präsident Graf von Ballestrem beraumt die nächste Sitzung auf den 21. April, 2 Uhr, an, mit der Tagesordnung: Beratung einer Bekanntmachung, betreffend die Abänderung des Wahlreglements, zweite Beratung des Gesetzentwurfs, betreffend Phosphorzündwaren; er bittet die Mitglieder der Kommission über die Krankenkassennovelle, noch einige Sitzungen abzuhalten, damit der Bericht bis zum Wieder⸗ zusammentritt des Reichstages fertig Heftant werden könne. Gegen die Tagesordnung wird kein Widerspru erhoben, worauf der Präsident die Sitzung mit dem Wunsche schließt: Ich wünsche Ihnen allen eine gute Erholung und ein frohes und gesegnetes Osterfest. Schluß 6 ½l Uhr.
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 9 Abendsitzung vom 23. März, 7 ½ Uhr.
Es wird die dritte Beratung des Staatshaushalts⸗ etats für das Rechnungsjahr 1903 beim Etat des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten fortgesetzt.
Abg. Dr. Porsch (Zentr.): An diesem für uns so traurigen Tage können wir nicht in der sonstigen scharfen Weise debattieren. Die Versagung der Niederlassung der Ursulinerinnen in Kreuznach hat in katholischen Kreisen das peinlichste Aufsehen erregt, zumal da man gleichzeitig die höhere paritätische Töchterschule dort genehmigt hat. Die Ausführungen des Kollegen Hackenberg über den Besuch katholischer und nichtkatholischer Anstalten anläßlich der Besprechung des Trierer Falles sind unrichtig. 3
Auf eine Anregung des Abg. von Bonin (kons.) erklärt der
Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗ angelegenheiten Dr. Studt:
Meine Herren! Dem von dem Herrn Vorredner zuletzt aus⸗ gesprochenen Wunsche will ich gern Folge geben. Im übrigen bemerke ich, daß es Sache der kirchlichen Behörden ist, die Initiative zu Anträgen auf Vermehrung der geistlichen Stellen, insbesondere auch der General⸗ superintendentenstellen zu ergreifen. Ein derartiger Antrag ist mir noch nicht zugegangen, und ich muß es mir deshalb versagen, jetzt schon eine bestimmte Stellung in dieser Frage zu nehmen.
Abg. Heve⸗Nienburg (nl.) bespricht die baulichen und sanitären Zustände bei dem Progymnasium in Nienburg und fordert, daß die nöͤtige Summe in dem nächsten Etat ausgeworfen und die Aufstellung der speziellen Baupläne im Laufe dieses Sommers so gefördert werde,
daß mit dem Neubau im April des nächsten Jahres begonnen werden könne.
Ein Regierungskommissar teilt mit, daß der Bau im nächsten Etat werde vorgesehen werden.
Abg. Krause⸗Waldenburg (freikons.) fordert eine Einwirkung auf die Stadt Berlin in der Richtung, daß auch sie den fünften Nachtrag zum Normaletat einführe, nach welchem die Oberlehrer, statt nach 24, schon nach 21 Jahren das stgehalt erreichen. Nach einer
ußerung habe der Berliner Oberbürgermeister gesagt, Berlin
nicht nötig, höhere Aufwendungen für die Lehrer 7 machen, da cs an Angebot nicht fehle. Er hoffe, daß diese achricht umrichtig sei.
Ministerialdirektor Dr. Althoff bemerkt, er hoffe, daß die kommissarischen VBeratungen in Berlin über die Einführung cs Nachtrags zum Normalctat erfolgreich sein werden.
Mizerski (Pole ch darü ß polnische
Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗ angelegenheiten Dr. Studt:
Meine Herren! Die Herten von der polnischen Fraktion nehmen.
wenigstens was mein Ressort anbetrifft, in neaerer Zeit immer mehr
die Gewohnheit an, Behauptungen und Vorwürfe gegen die Unter⸗
versagen kann, heute nechmals näher darauf ecinzugehen.
Berantwortlichkeit für Vorgänge, die nicht zu meiner
Kognition gekommen sind, einfach ablehnen. Was den
mund anbetrifft, so dabe ich indessen
stellungen genommen, die noch
Sache ertnnerlich ist. dandelt es
Uaterrichteverwaltung, sondern
und wenn ich mich nicht iere, dat die
beretts die betrettenden Hernen in Schaß genemmen. Weiterbin it der Derr Abgrerduete
vem 14. März d. J. mrückgekemmen.
Abg. Dr. Muerehl chen am 9. März
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die polnische Presse derartige
ausländische Agenturen unterstützt, habe ich bereits angeführt, daß ein, wenn ich nicht irre, innerhalb der Provinz Posen erscheinendes polnisches Blatt damit renommiert bat, daß ein Agent in irgend einer Hauptstadt, sei es in Paris oder in London — das ist mir im Augenblick nicht gegenwärtig —, den Er⸗ folg erzielt habe, durch rechtzeitige Warnung der betreffenden Regie⸗ rung ein Vorgehen der deutschen Diplomatie zu kontrekarrieren. Meine Herren, deutlicher kann der Beweis nicht geführt werden, mit welchen Mitteln die nationalpolnische Agitation auch im Auslande gegen Deutschland, gegen deutsche Interessen und auch gegen die preußische Unterrichtsverwaltung arbeitet.
Meine Herren, was die Tätigkeit anbetrifft, welche die von dem Herrn Abgeordneten als die größte Dichterin der Neuzeit bezeichnete Dame in der Angelegenheit des Wreschener Falles entwickelt hat, so liegen die Tatsachen klar vor Augen. Hauptsächlich ist Italien als Agitationsfeld ausgesucht worden, wo es ge⸗ lungen ist, die leicht erregbare Phantasie der beteiligten Kreise durch Hinweis auf die preußische Barbarei, auf die Ungerechtig⸗ keit der preußischen Tyrannen und Unterdrücker usw. zu entflammen und in Form von Plakaten große Refolutionen in Vereinen usw. zu stande zu bringen. Ich habe ein corpus delicti hier mit zur Stelle; wenn die Herren davon Einsicht nehmen wollen, steht es zur Ver⸗ fügung. Vielleicht interessiert es auch den Herrn Abg. Mizerski, der aber wahrscheinlich davon sehr genaue Kenntnis hat. (Abg. Dr. Mizerski: Gar nicht, gar nicht! Muß ich entschieden bestreiten! Zuruf rechts.) — Gut! Dann, meine Herren, wenn das richtig ist, dann muß ich um so mehr bedauern, daß der Herr Abg. Mizerski kein Wort der Entschuldigung dafür hat, daß er nach Krakau gefahren ist und dort der betreffenden Dame seine besondere Huldigung dargebracht hat. (Hört, hört! und Heiterkeit. Abg. Dr. Mizerski: Ist schon vorher geschehen!)
Meine Herren, in diesem Plakat ist der Wreschener Fall in dem bekannten Lügengewebe als eine Tyrannei der preußischen Unterrichts⸗ verwaltung dargestellt, welche sich in Massenmißhandlungen von polnischen Kindern, die ihr Blut dabei vergossen hätten usw., gezeigt habe. Als eine selbstverständliche Pflicht jedes zivilisierten Menschen ist dabei die Verurteilung der preußischen Barbarei bezeichnet und bemerkt, die italienischen Stimmen müßten sich zu Gunsten der tapferen polnischen Kinder aussprechen und die Unter⸗ drücker und die preußische Tyrannei aufs schwerste verdammen.
Meine Herren, mir fällt dabei ein, daß neulich schon der Herr Abgeordnete sich des Ausdrucks „Massenprügelei“ gegenüber den da⸗ maligen Vorgängen in Wreschen bedient hat. Ich habe damals alsbald dagegen Einspruch erhoben und tue das heute auch. Meine Herren, ich habe nicht allein aus den Berichten unserer Behörde, die durchaus objektivb waren und als solche auch in dem gerichtlichen Erkenntnisse anerkannt worden sind, sondern auch aus dem Inhalte des gerichtlichen Erkenntnisses selbst Ihnen den Nachweis geführt, daß es sich bei dem Vorgange am 20. Mai 1901 nur um die Bestrafung von 14 Schulkindern handelte. Die weiter vorgekommenen Züchtigungen sind nicht wegen hart⸗ näckigen Schweigens der Kinder im Religionsunterricht verhängt, sondern lediglich wegen Roheiten und sonstigen groben Aus⸗ schreitungen, die ich hier gar nicht mal in ihren Einzelheiten andeuten will, 8 nicht in die Oeffentlichkeit gebracht werden (Hött. Die Schulkinder sind in ganz verschriftsmäßiger Weis auf die Hand bestraft worden; von einer schlagen ufw. ist absolut nicht die Rede Lügen, die nachber von einer gewissen Stelle kündet worden sind.
Meine Herren, ich beklage eins allerdings. Ausdruck gegeben, daß, statt die
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weil sie so widermärtig sind, daß sie besser
cht allein Redaktionen die deutschen Interessen zu beeinträchtigen sucht und
jenes Lügensystem, welches ich schon gebrandmarkt habe, weiter zu verbreiten bemüht ist, sondern daß auch polnische Dichterinnen si dazu hergeben, die wohlberechtigten Maßnahmen der Schulverwaltung in der geschilderten Weise zu diskreditieren. 3
Was nun die Radesche Schrift anbetrifft, die der Herr Abgeordnete hier erwähnt hat, um das Vorgehen der Schul⸗ verwaltung und das ganze System als unrichtig darzustellen, so hat der Herr Abgeordnete — wie ich vermute, aus Versehen — unerwähnt gelassen, daß Rade ausdrücklich betont, er hätt die Erfahrung gemacht, daß das preußische System der Anwendung der deutschen Unterrichtssprache in gemischtsprachigen Landesteilen sich vortrefflich bewährt habe, soweit nicht ein illoyaler Widerstand der Eltern oder sonstiger politischer Kreise den Einfluß der Schule ver⸗ eitele.
So, meine Herren, glaube ich Ihnen ein Bild geliefert zu haben, welches dem Abg. Mizerski wenig gefallen, aber doch in Ihnen hoffentlich die Ueberzeugung festigen wird, daß die Unterrichtsverwaltung sich auf dem richtigen Wege befindet und loyaler Mittel bedient. (Lebhaftes Bravo rechts und bei den Nationalliberalen.)
Abg. Kittler (fr. Volksp.) weist auf den Raummangel in dem Gebäude für das Gymnasium und Realgymnasium in Thorn hin.
Abg. Rosenow (fr. Volksp.): Das Bestreben der Berliner Stadtverordnetenversammlung geht dahin, die Oberlehrer an den Berliner Gymnasien ebenso hoch und noch höher zu stellen als im Staatsdienste; wir wollen sie sogar noch um 200 ℳ besser stellen. e Fvaede ist “ in Fluß, sie ist einer gemischten
ommission zur Beratung überwiesen. 3
Abg. Lückhoff (freikons.) empfiehlt die Gewährung ausreichender Fuhrkostenentschädigung an die Geistlichen auf dem Lande.
Ein Regierungskommissar weist darauf hin, daß in den fünf Jahren die Entschädigungssummen auf das Doppelte an⸗ ewachsen sind. 1b 8 Abg. Schmidt⸗Wardurg (Zentr.): Ich mächte mich einmal er⸗ kundigen, wie es mit dem alten Botanischen Garten in Berlin steht. Es war beabsichtigt, die Kosten des neuen Gartens in Dahlem durch den Erlös aus dem Verkauf des alten zu decken; ich und andere haben dem widersprochen, aber das Projekt hat trotzdem die Mehrheit gefunden. Obwohl der neue Garten erst im Entsteben begriffen ist, hat man doch den alten 4— abgebrochen, man hat ihn in — Weise verwüstet. der Anpflanzung der Alpenpflanzen man nicht nur die Pflanzen entsernt, sendem auch die Stetez man ein Schild mit — daß Kinder dort spielen dürfen;
efunden. Boun den Bäumen stehen lassen, von den
Garten ruht 8 1.
gestellt, das Gelände solle der 8
Volkspark zum Selbstkostenpreise Man bhat 16