1903 / 72 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 25 Mar 1903 18:00:01 GMT) scan diff

Salinenv erwaltung der Minister für Handel und Ge⸗ werbe Möller in Erwiderung auf die Beschwerde des Abg. Dasbach (entr über angeblich bei der letzten Reichstags⸗ wahl durch obere Bergbehörden in Saarbruͤcken ausgeübte Wahlbeeinflussungen gemacht hat, hatten folgenden Wortlaut;

Meine Herren! Was der Herr Vorredner vorgebracht hat, zeugt davon, daß leider in den beiden Wahlkreisen, von denen er gesprochen hat, ungemein scharfe Gegensätze bestehen, die in der gegenseitigen lebhaften Agitation bedeutend zum Ausdruck kommen. Meine Herren, derartige scharfen Gegensätze sind unerfreulich, und jedermann, der mit ihnen zu rechnen hat, ist nicht in einer angenehmen Lage.

Der Herr Vorredner hat zum großen Teil seine Beschwerden vor⸗ gebracht aus einer Zeit, die jahrelang zurückliegt: zum großen Teil aus der Wahl von 1898; denn der Herr Bergrat Hueck, von dem er gesprochen hat, und den er besonders angegriffen hat, ist seit 1899 nach Königsberg versetzt. (Zuruf.) Die Wahl Prietze ist aller⸗ dings aus neuerer Zeit. Was diese Wahl betrifft, so liegen die Wahl⸗ beeinflussungen, die angeblich getrieben worden sein sollen, der Wahl⸗ prüfungskommission des Reichstages zur Beratung vor. Ich halte es in der Tat nicht für angezeigt, daß man auf die Details einer der⸗ artigen Wahlagitation hier eingeht, sondern die Wahlprüfungs⸗ kommission des Reichstages ist der eigentliche Platz dazu. (Sehr richtig! rechts.) Der Reichstag hat auch, wie bei allen ähnlichen Fällen, wo Wahlbeeinflussungen nicht nur erwiesen, sondern wo sie auch nur wahrscheinlich sind, stets gegen diejenigen entschieden, die an⸗ geblich Wahlbeeinflussungen getrieben haben. Ich habe an meinem eigenen Leibe als Abgeordneter zu wiederholten Malen erfahren, daß jeder Versuch, Wahlbeeinflussungen unerlaubter Art zu betreiben, durch Kassierung der Wahl geahndet wird. Ich selbst habe darum keinerlei Angriffe im Reichstag je erfahren, und ich nehme auch an, daß den beiden Abgeordneten, von denen hier die Rede war und denen zuliebe angeblich Wahlbeeinflussungen passiert sind, in keiner Weise ein persönlicher Vorwurf gemacht werden kann.

Zu den verschiedenen Aeußerungen und Anklagen, die er⸗ hoben worden sind, gehört insbesondere, daß der „Bergmannsfreund“, eine Zeitung, die für die Bergleute unter Mitwirkung der Berg⸗ werksdirektion in Saarbrücken herausgegeben wird, die also amtlich beeinflußt sei, Wahlagitationen zu Gunsten des Abg. Boltz getrieben habe. Meine Herren, ich habe von dieser Stelle aus im vorigen Jahre schon erklärt, daß ich, wenn das geschehen sei, dies nicht für richtig halte, und ich habe gesagt, es solle nicht wieder passieren; ich glaube nicht, daß der Herr Abg. Dasbach hier nachweisen kann, daß seitdem in Bergmannskreisen irgend ein Versuch gemacht ist, die Wahlen zu beeinflussen. In gleicher Weise habe ich mich aus⸗ gesprochen in Bezug auf die amtlichen Wahlbeeinflussungen im all⸗ gemeinen. Ich habe den Königlichen Beamten in Saarbrücken ihr volles Recht als Staatsbürger gewährt, für die Wahlen persönlich in dem Sinne einzutreten, wie sie es für richtig halten, habe aber aus⸗

rücklich hier und auch den Beamten in Saarbrücken erklärt, daß ich amtliche Wahlbeeinflussungen nicht wünsche. Meines Erachtens sind amtliche Wahlbeeinflussungen auch nicht vorgekommen.

Nun hat der Herr Abg. Dasbach auf einen Fall speziell zurück⸗ gegriffen, der unter meinem Regiment vor der letzten Wahl des Herrn Abg. Prietze vorgekommen ist. Das ist der Fall der Versetzung des Berginspektors Adams von Saarbrücken nach Clausthal. Es ist nicht angenehm, über innere dienstliche Sachen und über die Gründe

von Versetzungen zu sprechen; aber wenn hier in dieser Weise die

höchste Bergwerksverwaltung, die Bergabteilung in meinem Ministerium, wegen dieser Versetzung angegriffen wird, so muß ich den wirklichen Grund für diese Versetzung angeben, und ich zweifle nicht, daß der Herr Abg. Dasbach wie seine Feunde diesen Grund vollständig billigen werden. In Clausthal ist derjenige Herr, an dessen Stelle Herr Adams schleunigst gesetzt werden mußte, durch ein Duell, welches er seinerseits gefordert hatte, in den ruhigen Verhältnissen des kleinen Ortes Clausthal gesellschaftlich unmöglich geworden. Man nahm an diesem Duell Anstoß, und es war dringend erforderlich, daß ein anderer an seine Stelle gesetzt wurde. Das ist Herr Adams gewesen.

Daß gleichzeitig pwischen Herrn Adams und Herrn Gebeimrat Hilzer wenig freundliche Unterhaltungen über die Wahl stattgefunden haben, ist anznerkennen. (Hört, hört! im Zentrum.) Aber ich habe

können, daß irgend eine unerlaubte Wahlbeeinflussung Gebeimrats Hilger versucht worden ist. In diesen schwer, zu unterscheiden zwischen dem, was erlaubt

verhandelt das Haus über den Etat der Eisenbahn⸗ verwaltung.

Abg. Graf Moltke Lfreisons) wünscht die Einführung von Wagen mit größerer Ladefähigkeit.

Abg. Dr. Mizerski (Pole) beschwert sich über die Versetzung von polnischen Beamten nach dem Westen. 6 89

Minister der öffentlichen Arbeiten Budde:

Bevor ich dem Herrn Vorredner antworte, möchte ich dem Herrn Grafen Moltke meinen Dank aussprechen für die Anregungen, die er gegeben hat und hinzufügen, daß die Einführung von Güterwagen mit größerer Tragfähigkeit fortwährend die Aufmerksamkeit der Staatseisenbahnverwaltung beschäftigen wird; nicht nur, daß die amerikanischen Verhältnisse in den Schriften, die darüber vorliegen, von uns studiert werden, sondern ich habe neuerdings angeordnet, daß eine Anzahl von Sachverständigen der Eisenbahnverwaltung und der Wasserbauverwaltung in nächster Zeit nach Amerika fahren, um an Ort und Stelle die Ladeeinrichtungen, den Uebergang von Fracht vom Schiff auf die Eisenbahn und umgekehrt, kurz alle diese Verhältnisse, die in Amerika gut durchgebildet sind, zu studieren, damit alle dortigen Erfahrungen für uns nutzbar gemacht werden können, soweit sie für unsere Verhältnisse passen. Ich stimme dem Herrn Grafen Moltke auch darin bei, daß wir vorsichtig sein müssen mit diesem unserm Vorgehen und nur in dem Maße die amerikanischen Erfindungen und Erfahrungen anwenden können, wie sie auf unsere speziellen Ver⸗ hältnisse übertragbar sind. Ich kann also nur sagen: dem Wunsche des Herrn Abg. Graf Moltke entsprechend, wird die Karte von Nord⸗ amerika in dem Zimmer, wo die Verhandlungen stattfinden, zweifellos auf⸗ gehangen sein, und die Erfahrungen von Nordamerika werden in Betracht gezogen werden. (Bravo!) Was den Herrn Vorredner anlangt, so muß ich ihm bestätigen, daß eine Anzahl von Beamten aus Posen in andere Provinzen versetzt worden sind, und zwar hat das eine sehr verschiedene Ursache. Schon seit einigen Jahren sind die Anwärter für den Bureaudienst in einer Liste der Direktion Halle geführt worden, um eine Gleichmäßigkeit für die Anstellung der Anwärter herbeizuführen. Wird in irgend einem Direktionsbezirk eine Stelle frei, so wird der Anwärter, der nach seinem Dienstalter heransteht, dorthin versetzt. In der Heimat würde er sonst unter Um⸗ ständen noch lange auf Anstellung warten müssen. Das Verfahren hat sich voll bewährt, und wegen dieser Bewährung hat man es neuerdings auch auf andere Beamtenkategorien übertragen, so daß diese nun ebenso behandelt werden. Vor allen Dingen ist dies in neuerer Zeit mit versorgungsberechtigten Militäranwärtern geschehen, die für Stationsassistentenstellen bestimmt sind. Nun lehrt die Erfahrung, daß gerade die Unteroffiziere im Osten geneigt sind, so lange im Militärdienst zu bleiben, bis sie den Zivilversorgungsschein erdient haben. Die Zahl der im Osten geborenen Militäranwärter ist größer als in den westlichen Provinzen. Es ist daher natürlich, daß eine Anzahl von Militäranwärtern, die im Osten geboren sind, nach west⸗ lichen Provinzen versetzt werden. Diese Versetzungen liegen also nur im eigensten Interesse sowohl der vorhin erwähnten Militäranwärter wie der Bureauanwärter, die auf Stellen warten.

Ferner ist eine neue Maßnahme insofern getroffen worden, als die Gruppen der Direktionsbezirke, in denen die Anstellung der An⸗ wärter geregelt werden, geändert worden sind. Bisher bestand eine öͤstliche Gruppe aus den drei Grenzbezirken, Kattowitz, Breslau und Posen. In diesen Grenzbezirken liegen nun die Verhältnisse ziemlich gleichmäßig, und dies hat sich als ungünstig ergeben. Es hat also eine Aenderung in der Gruppierung stattgefunden. Die Direktion Posen ist angegliedert an zwei rückwärtige Direktionsbezirke, Halle und Erfurt, und die Direktion Kattowitz ist angegliedert an die Bezirke Breslau und Magdeburg. Diese Gruppierung ist praktisch, weil sie die Beamten viel gleichmäßiger durchwürfelt, und weil die Beamten auch in viel günstigerer Weise versetzt werden koͤnnen, als wenn die Grenzbezirke eine Gruppe für sich bilden. Hieraus ergibt sich von selbst, daß natürlich bei Verschiebungen unter Umständen Beamte von Halle nach Posen geschoben werden und aus Posen eine größere An⸗ zahl nach dem Bezirke Halle und Erfurt. Das ist also wiederum eine Verwaltungsmaßnahme, die lediglich im Interesse der Beamten⸗ anwärter selbst geschieht. Uebrigens werden infolge Einrichtung einer großen Kontrolle in Posen demnächst auch, und zwar vom 1. April 1904 ab, eine größere Anzahl von Beamten aus dem Innern wieder nach Posen hinkommen.

Nun sind auch eine Anzahl Beamte deshalb versetzt worden, weil

beteiligt haben. Wir müssen

solche Versetzungen vorgekommen sein sollten, was ich natürlich in diesem Moment hier nicht beurteilen kann, so haben andere Gründe vorgelegen. Ich möchte daher den Herrn Abgeordneten bitten, mir die Fälle schriftlich einzureichen, damit ich sie untersuchen kann. Von seiten der Verwaltung hat niemals die Absicht bestanden, aus Er⸗ sparnisrücksichten Beamtinnen anzustellen, um einen älteren verdienten Beamten zu beseitigen.

Was die verschiedenen Wünsche wegen des Urlaubs betrifft, so wird der Urlaub nicht lediglich nach der Dienststellung des Betreffenden bemessen, und nicht derjenige, der die höchste Stellung hat, bekommt den meisten Urlaub. Ich kann dem Herrn Abgeordneten das schon dadurch beweisen, daß ich vielleicht am wenigsten Urlaub bis jetzt gehabt habe und vielleicht auch späterhin haben werde. Also der erwähnte Grundsatz besteht nicht. Aber es ist auch ein Unterschied, ob ein Beamter Urlaub nimmt, der dauernd im körperlichen Dienst in frischer Luft beschäftigt ist, oder jemand, der dauernd in der Schreibstube in anstrengendem geistigen Dienst tätig ist. Danach muß selbstverständlich der Urlaub auch be⸗ messen werden, außerdem aber selbstverständlich auch nach den Mitteln, die der Beamte hat, um den Urlaub auszunutzen. Im übrigen kann ich nur versichern, daß die Herren Präsidenten angewiesen sind, in der Urlaubserteilung und in der Erteilung von Freifahrscheinen den Beamten nach Tunlichkeit entgegenzukommen und die einzelnen Fragen durchaus wohlwollend zu behandeln. Das kann ich auch für die Zu⸗ kunft zusichern.

Was nun die Besetzung der Präsidentenstellen anbetrifft, so ist die Sachlage nicht verändert gegenüber den Erklärungen, die mein Herr Amtsvorgänger abgegeben hat, die nämlich dahin gehen, daß es nicht gesonderte administrative und technische Präsidentenstellen gibt, sondern daß die Präsidentenstellen von sämtlichen Eisen⸗ bahndirektionen gleichmäßig behandelt werden. Es wird ein Mann ausgesucht, der zum Präsidenten geeignet ist, sei es, daß er eine ad⸗ ministrative, sei es, daß er eine technische Vorbildung hat.

Es ist auch ein Irrtum, wenn der Herr Abgeordnete sagt, daß ich in der Lage wäre, eine Präsidentenstelle sofort zu besetzen, wenn ich einen Administrativbeamten nehme. Meine Herren, ich bin nicht in der Lage, eine Präsidentenstelle zu besetzen, sondern das Besetzungs⸗ recht liegt bei der Krone, und fernerhin ist die Besetzung jeder Präsi⸗ dentenstelle bezw. der Vorschlag zu dieser Besetzung unter allen Um⸗ ständen dem Beschlusse des Staatsministeriums vorbehalten. Ich kann also nur nochmals erklären, daß die Auswahl der Personen für die Präsidentenstellen ganz unabhängig von der Vorbildung geschieht und zunächst im Staatsministerium beschlossen wird, und der Beschluß des Staatsministeriums wird dann Seiner Majestät dem Könige vorgelegt.

Abg. Kirsch (Zentr.) bittet, den Beamten die Möglichkeit lum

Kirchenbesuch am Sonntage zu gewähren.

Minister der öffentlichen Arbeiten Budde:

Meine Herren! Ich erkenne gern an, daß es notwendig ist, den Beamten die nötige Zeit zum Kirchenbesuch zu gewähren, und die Verwaltung ist fortgesetzt bemüht, diese Zeit zu gewähren, soweit der Eisenbahndienst es zuläßt. Die Bestimmung ist die, daß jeder Beamte

zweimal im Monat das Recht auf Zeit zum Kirchgang hat, sei es am Ruhetage, sei es durch besonders gewährte Kirchzeit. Sämtlichen

Beamten die Möglichkeit zu geben, jeden Sonntag in die Kirche zu gehen, läßt der Eisenbahndienst natürlich nicht zu.

In welchem Umfange es aber erreicht werden kann, daß die Ruhe⸗ tage auf Sonntage fallen, mögen Sie aus folgender Zahl entnehmen: Bei einer Gesamtzahl der Dienstbefreiungen von mindestens 18 stün⸗ diger Dauer im Laufe eines Kalendermonats fallen unter 699 244 Dienstbefreiungen nicht weniger als 438 553 auf Sonntage. Das ist im Durchschnitt ein schönes Resultat, das wir erzielt haben.

Im übrigen bemerke ich, daß die Kommissionen, die ich ein⸗ gerichtet habe, um die Wohlfahrtseinrichtungen der Beamten zu prüfen, fortgesetzt ihr Augenmerk darauf richten, daß die Diensteinteilungen nicht nur im Ducchschnitt verständig aufgestellt sind, sondern nament⸗ lich auch für den einzelnen Beamten. Die Berichte, die bei mir vor⸗ liegen, zeigen, daß hier und da eine sorgsamere Durcharbeitung im einzelnen wohl noch stattfinden kann, und daß wir eine ganze Anzahl

im Interesse der Beamten bereits getroffen haben. wie mir aus Zuschriften der Beamten hervorgeht, anerkannt, und ich hoffe, daß die Kommissionen auch Sonntagtruhe gut wirken werden. im übrigen die Ruhevausen für die Beamten gesteigert fol Zahlen entnehmen. Mehr als hetage im Monat erbielten unter 100 Beamten: n im Jahre 1892 im Jahre 1902 21,41 % 40,90 %. . 259,88 % 45,14 %. . 2920 % . 92,42 %

Wiemer a

egregann nerer.ge⸗ —2 erner (Antif.) bittet um brecht (l

eichsanzeiger und Königlich Preußischen

Berlin, Mittwoch, den 25. März

8 11““

Auf eine Anfrage des Abg. Kindler⸗Posen (fr. Volksp.)

harklärt der

Minister der öffentlichen Arbeiten Budde:

Die Klagen, betreffend die Tarife in Posen für Eisen und der⸗ rtige Gegenstände, sind mir vor kurzer Zeit von einem Mitgliede der handelskammer in Posen vorgetragen worden, und die Angelegenheit efindet sich bereits in einer Prüfung.

Was die Sonntagskarten nach Königstein anbetrifft, so habe ich

V bereits vor mehreren Tagen die Eisenbahndirektion in Frankfurt a. M.

ngewiesen, diese Sonntagskarten einzuführen. (Bravo! links.) Hierauf wird der Etat der Eisenbahnverwaltung genehmigt.

Das Haus geht zur Beratung des Etats der Bau⸗ verwaltung über. 1

Abg. Felisch (kons.): Der Abg. Dr. Hirsch hat bei der zweiten gesung die Gefahren der Bauarbeiter übertrieben, um seinem Antrage burchzuhelfen. Im Prinzip stehe ich auf dem gleichen Standpunkt wie der Abg. Hirsch, man kann gar nicht genug tun zum Schutze der Arbeiter. Aber ich kann es nicht billigen, daß er die Bauarbeiter als die Stiefkinder unter den gewerblichen Arbeitern bezeichnet hat. Der Abg. Hirsch hat auch die und die Arbeiter in Regiebauten mit eingerechnet; diese Arbeiter ge⸗ ören aber nar nicht zum Baugewerbe. Nach der Statistik des Reichsversicherungs⸗ umts kommen auf 1000 Vollarbeiter nicht 11,69 entschädigte Unfälle

wie der Abg. Hirsch ausführte —, sondern nur 7,47, also weniger als der Durchschnitt, der 8,08 beträgt. Es war also echt deplaciert, daß der Abg. Hirsch diese hohen Ziffern anführte, um eine hohe Gefahr für das Baugewerbe zu konstruieren. Man kann sich ur freuen, daß es in Wirklichkeit nicht so ist. Für die Bauarbeiter st auf dem Gebiete des Schutzes viel geschehen, das beweisen die Bau⸗ mfallverhütungsvorschriften; das kann man auch auf der Wohlfahrts⸗ ausstellung in Charlottenburg sehen, an der sich die Bau⸗ genossenschaften beteiligen. Ich möchte deshalb die Regierung vor der Annahme des Antrages Hirsch warnen. Sobald die Arbeiter Bau⸗ kontrolleure sind, ist die Sozialdemokratie in den Baugeschäfsten Trumpf. Sorgen Sie dafür, daß für das Baugewerbe der Be⸗ üͤbigungsnachweis eingeführt wird, dann wird im Baugewerbe eine größere Sicherheit erzielt werden. b

Abg. Dr. Lotz (b. k. P.) erinnert an die Verheerungen durch die große Sturmfluͤt im Jahre 1901 bei Leer und Weener und bittet m einen Zuschuß für einen besseren Schutzhafen in Weener.

Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat Schweckendieck sagt wohlwollende Peffun zu. 4

Abg. Dr. Crüger (fr. Volksp.) weist darauf hin, daß der geplante Helüafen in Thorn die Thorner selbst nicht befriedige; die Brom⸗

ger aber befürchteten eine Schädigung ihrer Handelsinteressen.

Abg. Kittler⸗Thorn (fr. Volksp.) tritt dem Vorredner entgegen und befürwortet die Ausführung des geplanten Holzhafens. Brom⸗ berg werde kein Schaden zugefügt, höchstens könnte Danzig in Mit⸗ leidenschaft gezogen werden. 8 8

Ein Regierungskommissar weist darauf hin, daß die Inter⸗ ssenten in Bromberg und Thorn bei der Vorberatung des projefi⸗ zugezogen worden seien. Die Bromberger konnten zufrieden sein, bei en wasserpolizeilichen Maßnahmen werde sich die Regierung nur von sanitären Gesichtspunkten leiten lassen.

Abg. Dr. Hirsch Volksp.): Ich bedauere, das der Abg. Felisch same Angriffe auf mich in meiner Abwesenheit gemacht hat; nahdem er bei der zweiten Lesung und der Beratung meines Frirags nicht anwesend war, hälte er mir mitteilen ch. er heute diesen Angriff gegen mich richten wollte. Ich kann e. da ich sein Material bei mir habe, ichtt auf die Einzelheiten eingehen. Wenn er sagte, ich könne nicht in der Statistik lesens so steht seine Ansicht im iderspruch mit der

I M .Ich stehe seit Jahren in der Statistik. Be Abg. Felisch mir Fälschung der hlen zumutete, so ist das ein es Stück. Wenn ich neulich gesagt habe,

die ein Stieffind des Arbeiterschutes sind, ist das eine Wahrheit, die selbst die Regierung aner⸗ sannt hat. Was ist denn so Außerordentliches daran, wenn die Arbeiter Baukontro aufstellen? 85 bebalte mir vor, auf die e Darlegungen des Abg. Felrf anderer Gelegenheit zurück⸗

dirsch verben he Imr 122 1an bätte 8 Ordnung die Erörterung zu schließen,

ihn zur gerufen.

Hierauf wird ein Antra angenommen und der Etat bewilligt.

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Durch Präsidialbeschluß vom 17. Dezember d. J. ist der Kammer⸗ gerichtsrat Havenstein vom 1. Januar 1903 ab aus dem Strafsenat in den XIV. Zivilsenat überwiesen worden, bei dessen Geschäftslage er durch die anderen Mitglieder auf die Dauer von 3 Monaten nicht übertragen werden kann. Meine Herren, daß ist das, was ich von der Sache weiß. Es ist also in dem geordneien Wege durch das zuständige Präsidium des Kammergerichts die Versetzung des Hertn Havenstein beschlossen worden.

Ich habe keine Veranlassung gehabt, den Gründen dieser Versetzung nachzugehen, weil ich mich nicht für berechtigt halte, in die Beschlüsse des Präsidiums des Gerichts ein⸗ zugreifen, für die sie ausschließlich nach den Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig sind. Wenn ich einen solchen Versuch gemacht hätte, so würde ich ja zweifellos wiederum der Gegenstand heftiger Angriffe von der anderen Seite geworden sein. (Heiterkeit.) Ich finde aber absolut nichts Auf⸗ fälliges in einem solchem Beschluß, und ich bin einigermaßen erstaunt gewesen, daß gewisse Zeitungen einen „Fall Havenstein“ haben konstruieren wollen und dabei zurückgekommen sind auf den Fall Schmidt, der sich vor 10—12 Jahren in Berlin zugetragen haben soll, und auf den Herr Dr. Rewoldt, wenn ich ihn richtig verstanden habe, im Beginne seiner Ausführungen andeutungswe ise hinge⸗ wiesen hat.

Es ist gesagt worden, die Versetzung des Kammergerichtsrats Havenstein sei deswegen eine besonders auffällige, weil dieser Herr ein ganz hervorragendes Mitglied des Strafsenats gewesen sei, weil er sich in seiner früheren amtlichen Wirksamkeit nur mit Strafsachen beschäftigt habe, und deshalb für die Zivilsachen weniger geeignet sei; er sei auch gegen seinen Willen versetzt worden. Ob das letztere richtig ist, weiß ich nicht; mir ist nichts davon bekannt geworden. Ich weiß nicht, ob die Uebung beim Kammergericht besteht, vor der allgemeinen Geschäftsverteilung die verschiedenen Herren über ihre Wünsche zu befragen. Eine Verpflichtung dazu besteht jedenfalls nicht, und bei denjenigen Gerichten, bei denen ich von 1879 bis 1894 als Richter tätig gewesen bin, bestand eine solche Uebung jedenfalls nicht. Ich würde sie auch nicht für unbedenklich halten, weil damit dem Er⸗ messen des Präsidiums doch leicht gewisse Schranken gezogen würden, die sich mit den dienstlichen Interessen nicht überall würden in Ein⸗ klang bringen lassen. Wenn eine Rundfrage gehalten würde, welchen Wunsch die einzelnen Herren haben, ob sie in Zivilsachen oder in Strafsachen beschäftigt werden wollen, so würde das, nach meiner Meinung, namentlich bei einem so großen und zahlreich besetzten Ge· richt, wie es das Kammergericht ist, zu recht ernsten Unzuträglichkeiten führen.

Nun, meine Herren, ist es richtig, daß Herr Kammergerichtsrat Havenstein, über dessen Tüchtigkeit und Scharfsinn nirgendwo ein Zweifel besteht, bis zu seinem Eintritt in das Kammergericht ausschließlich in der Staatsanwaltschaft tätig gewesen war und deshalb mehr Kriminalist als Zivilist war. Aber, meine Herren, daß seine Neigung und seine Befähigung sich etwa nur auf das Gebiet des Strafrechts beschränkt hätte, davon ist mir nichts bekannt geworden. Er hat es mir jedenfalls nicht erklärt. Wenn er es mir erklärt hätte, so würde ich Bedenken getragen haben, ihn Seiner Majestät zum Kammergerichtsrat in Vorschlag zu bringen; denn solche Herren, die nur ganz einscitig für einen bestimmten Rechts⸗ zweig zu verwenden sind, sind beim Kammergericht nicht zu verwenden. Aber es ist das Gegenteil der Fall. Herr Kammergerichtsrat Haven⸗ stein hat mir, als er sich um seine Beförderung in eine höhere Richter⸗ stelle bewarb, ausdrücklich erklärt, daß er den besonderen Wunsch dabe, sich nunmehr, nachdem er so viele Jahre in der Strafrechtspflege tätig

auch auf dem Gebiete der Zivilrechtspflege betätigen zu können. Gerade dieser Wunsch ist für mich mwesentlich bestimmend gewesen, daß ich ihn für das in Vorschlag gebracht habe. Nun ist er allerdings zunächst, kam, dem Strafsenat ü worden, Herren aus der Staathanwaltschaft in Richterstellen berufen in einen Strafsena

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Auf Grund dieses Attestes hat also Herr Havenstein zunächst einen Urlaub von drei Monaten nachgesucht, den ich ihm ohne weiteres bewilligt habe, und in dessen Genuß er sich gegenwärtig befindet.

Nun, meine Herren, darf ich noch einmal darauf zuückkommen ob es überhaupt möglich ist, daß ein Druck ausgeübt wird in der von den Zeitungen angedeuteten Art auf das Präsidium des Kammer gerichts. Das Präsidium des Kammergerichts besteht nach Maßgab des Gesetzes aus dem Kammergerichtspräsidenten, aus den 14 Senats präsidenten und den beiden ältesten Mitgliedern des Kammergerichts Herren, die sämtlich im vorgerückten Lebens⸗ und Dienstalter sich befinden, und ein Kollegium von einer Unabhängigkeit darstellen, wie sie vielleicht bei keinem anderen Kollegium der Welt vorkommt. Nun möchte ich sehen, meine Herren, wer es versuchen möchte, einen unzu⸗ lässigen Druck auf ein solches Kollegium auszuüben, und ich möchte sehen, welche Geschäfte ein Herr machen würde, der diesen Versuch unternehmen wollte.

Meine Herren, ich zweifle nicht, daß die Versetzung er⸗ folgt ist auf den Antrag des Herrn Kammergerichtspräsidenten, der vermöge seiner Stellung dazu berufen ist, dem Präsidium am Schluß des Geschäftsjahres seine Vorschläge zu machen über die Verteilung der Mitglieder auf die einzelnen Senate und Kammern. Das hat er auch getan. Welche Gründe für ihn dabei bestimmend gewesen sind, wie gesagt, dem nachzugehen, halte ich mich nicht für berufen. Mögen die Gründe sein, wie sie wollen, dar⸗ über kann für jeden ruhig und vernünftig denkenden Menschen kein Zweifel sein, daß für das Präsidium ganz ausschließlich sachliche Er⸗ wägungen maßgebend gewesen sind. Die Befugnis des Präsidenten aber, wenn er der Auffassung und Ueberzeugung ist, daß irgend ein Mitglied des Gerichts nicht an der richtigen Stelle verwendet würde, daß seine Verwendung an einer anderen Stelle dem Interesse der Rechtspflege oder sonstigen allgemeinen Interessen mehr entspräche, diese Befugnis des Präsidenten, in einem solchen Falle seine Ansicht dem Präsidium gegenüber zur Geltung zu bringen, wird von niemandem in Zweifel gezogen werden; das ist nicht nur ein Recht, sondern das ist eine Pflicht des Präsidenten, und wenn er demgemäß nicht verführe, so würde er nach meiner Ansicht seine Pflicht vergessen. Meine Herren, ich verstehe also nicht, wie man in der Presse diesen Fall hat aufbauschen und da in dunklen Andeutungen die Verdächtigung hat äußern können, daß damit wieder einmal ein Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz persucht und verübt worden ist.

Es ist auch angedeutet worden, daß dem leider inzwischen plötzlich verstorbenen hochverdienten Senatspräsidenten Groschuff, der seit einer langen Reihe von Jahren den Vorsitz in dem Strafsenat des Kammer⸗ gerichts geführt hat, diese Versetzung in seinen letzten Tagen bittere Stunden bereitet habe. Worauf solche Behauptungen sich stützen, weiß ich nicht. Mir erscheint sie in hohem Grade unwahrscheinlich gegenüber den mir vorliegenden amtlichen Aeußerungen des Herrn Senatspräsidenten Groschuff über die Qualifikation und die Tätigkeit des Herrn Havenstein in seinem Senat, Aeußerungen, von denen die letzte aus diesem Jahre herrührt, und welche für mich die Auf⸗ fassung des Herrn Groschuff in unwiderleglicher Weise erkennen lassen.

Also, meine Herren, wenn nun in den Artikeln der Besorgnis Ausdruck gegeben wird, der alte Satz: es gibt noch ein Kammer· gericht in Berlin werde vielleicht seine Wahrheit verlieren nach einem solchen Vorgang, dann, meine Herren, glaube i doch aus⸗ sprechen zu können, daß das Kammergericht in Berlin den Ruf, daß es ein Hort des Rechts für Hech und Niedrig ist, Ruf, den es scit alten Zeiten bewahrt hat, daß es den a der Ver⸗ setzung des Herrn Havenstein aus dem Strafsenat in einen Zwilsenat sich weiter bewahren wird (Heiterkeit), und auf das Kammer⸗ gericht auch in Zukunft das stolze Wort cines französischen Gerichtz- präsidenten passen wird: „la cour rend des arröts, mals pas des services.“ (Bravo!)

Auf eine Anfrage des Abg. Werner (Antis.) erklärt der

Justizminister Dr. Schönstedt: