8 E“ 11“ 8 8 egenwärtige Wirtschaftskrise, Symptome und Ursachen (Jahr⸗ ücher für Nationalökonomie und Statistik. Herausgegeben von Conrad, E. Loening und W. Lexis, III. Folge 24. Band); rner Th. Vogelstein: Die Industrie der Rheinprovinz 1888 — 1900, und: Die Störungen im deutschen Wirtschaftsleben ꝛc., heraus⸗ gegeben vom Verein für Sozialpolitik, Bd. II, Montan⸗ und ssenindustrie mit Beiträgen von O. Bosselmann, Th. Vogel⸗ ein, F. Kuh. 8
„Ie wesentlichen Momente, welche den Charakter der Eisen⸗ industrie in den letzten Jahren bestimmten, seien hier kurz
zusammengefaßt.
Der im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts eingetretene wirtschaftliche Aufschwung kann in erster Linie
zurückgeführt werden auf die politische Lage und die der industriellen Envvicklung günstige Gestaltung unser handels⸗ politischen Beziehungen zu einer Anzahl ausländischer Absatz⸗ gebiete. Erfindungen und technische Vervollkommnungen von großer Tragweite für die Verbilligung der Produktionskosten trugen dazu bei, die Eisenindustrie zur Erfüllung der größeren, ihrer noch harrenden Aufgaben in Stand zu setzen. Waren die allgemeinen Tendenzen zu einer Aufwärtsbewegung somit vorhanden, so gab den äußeren Anstoß hierzu die außerordentlich rasche Entwicklung der elektrotechnischen Industrie, deren Arbeiterzahl sich seit dem Jahre 1895 von 26321. auf 54 417 im Jahre 1898 gehoben hatte, deren Produktionswert sich im Jahre 1898 auf 228 675 000 ℳ bezifferte und deren Ansprüche an unser Nationalvermögen sich im Jahre 1900 auf 2 ½ Milliarden Mark beliefen. (Vergl. Bürner: Zur wirtschaft lichen Entwicklung und Lage der deutschen elektrotechnischen Industrie. Bochum 1903.) Die elektrotechnische Industrie, ins⸗ besondere ihr wichtigster Zweig: die Starkstromtechnik, ist eine bedeutende Abnehmerin von Erzeugnissen der Eisenindustrie; die Maschinenfabriken, die Eisengießereien, die Schienen⸗, Träger⸗ und Röhrenwalzwerke, die Wagenbauanstalten, die Kleineisenindustrie erhielten zahlreiche und lohnende Aufträge zur Herstellung von Produktionsmitteln für die elektrotechnische Industrie oder zur Einrichtung und zum Betrieb elektrotechnischer nlagen.
Alle jene Lieferanten, den eisenverarbeitenden Industrie⸗ zweigen angehörend, vermehrten den Absatz der großen Stahl⸗ werke und Hochofenbetriebe; der Verbrauch an Eisen hob sich in bedeutend vermehrtem Umfange und wurde noch mächtig gefördert durch die Zunahme der Bautätigkeit, welche sich für
Baulichkeiten zu Wohnzwecken wie zu gewerblichen Zwecken immer mehr der Verwendung von Eisenkonstruktionen zuwandte. Mit der vermehrten Arbeit und unterstützt durch das Interesse, welches das Anlage suchende Kapital an der Eisenindustrie ge⸗ wonnen hatte, hielten viele Werke den Zeitpunkt für gekommen,
nunmehr zur Vergrößerung ihrer Betriebe und zur technischen Neueinrichtung und Verbesserung ihrer maschinellen und baulichen Anlagen zu schreiten. Zugleich wurden neue Werke errichtet. Die Eisenindustrie fand auf diese Weise mehrere
Jahre hierdurch den besten Abnehmer in sich selbst, die Er⸗ gänzung von Produktionsmitteln verlieh ihr neben den anderen
E hervorgehobenen Momenten den lebhaftesten Impuls. Hierzu kam noch eine Reihe von Nebenumständen, die ins⸗ gesamt zur Verstärkung der Nachfrage nach Erzeugnissen der Eisenindustrie beitrugen, wie die zunehmende Verdichtung der Verkehrswege, die Vermehrung und Ergänzung der hierzu not⸗ wendigen Betriebs⸗ und Beförderungsmittel, der Umbau der Bahnhöfe, namentlich in den Industriebezirken, und die gleich⸗
zeitige günstige Lage einer ganzen Anzahl inländischer Industrien, welche den Wohlstand des Landes vermehrten.
Die Hochkonjunktur erreichte, wie jetzt als feststehend an⸗ gesehen werden darf, im Jahre 1899 ihren Höhepunkt. Der außerordentlich gestiegenen Nachfrage konnte die Produktion
nicht folgen; in Kohlen, Koks und Roheisen trat ein empfind⸗
licher Mangel ein, der bereits xg; der weiterverarbeitenden Betriebe verhinderte, die Vorteile der Konjunktur voll aus⸗ zunutzen. Diesem tatsächlichen Mangel gesellte sich alsbald noch ein nicht effektiver hinzu, indem viele Abnehmer aus Angst, keine Rohstoffe oder nur einen prozentualen Anteil an dem vorhandenen Gesamtquantum zu erhalten, weit über ihren Bedarf und ihre Leistungsfähigkeit hinaus zu hohen Preisen langfristige Lieferungsverträge abschlossen. Durch Spekulations⸗ käufe großer Handelsfirmen wurde diese künstliche Nachfrage noch verschärft. Die Preise verfolgten hierbei eine anhaltend steigende Richtung, denn man überbot sich, um nur Ware zu erhalten. Mit dem Jahre 1899 war allmählich eine größere Anzahl Werke, welche Betriebserweiterungen vorgenommen hatten, mit ihren Erzeugnissen auf den Markt gekommen, und die großen neu errichteten Stahlwerke in Lothringen näherten sich ihrer Vollendung. Wenn die Nachfrage nach Fertig⸗ erzeugnissen anhielt, woran man nicht zweifelte, so mußte in absehbarer Zeit der Mangel an Roheisen und Halbzeug weniger findlich werden, und bis zum Eintritt dieses Zeitpunktes
8 fuchee man r. langfristige Abschlüsse auf große 1819 die gleichmäßige Beschäftigung seines Betriebes sicher zu stellen. Daß aber mit Ende des Jahres 1899 und zu Beginn des Jahres 1900 bereits ein Stillstand der Nachfrage in der Luft lag, war damals noch nicht erkennbar. Es sei auf die Aeußerung eines Sachverständigen, des Generalsekretärs Stumpf in den
Verhandlungen über das Rheinisch⸗Westfälische Kohlensyndikat verwiesen (Verhandlungen Band 1 S. 144), welche in Ueberein⸗ stimmung mit den im praktischen Leben stehenden Sachverständigen erklärte, daß man sich noch im Anfange des Jahres 1901 an vielen Stellen gar nicht klar war, ob die rückläufige Bewegung sich überh ernstlich und dauernd weiterentwickeln würde, man
trug 2 mit der Hoffnung, die damals eingetretene Abwärts⸗ bewegung werde nur ein kleiner Uebergang sein und es würden bald wieder gesunde Verhältnisse eintreten. Man war eben eneigt, nicht in dem Nachlassen der 2 b2n⸗ sondern in dem angel an Rohstoffen und Halbfabrikaten den eigentlichen Grund zur Versteifung der Lage zu erblicken. Die richtige Beurteilung der augenblicklichen Konjunktur läßt sich aber an Schwierigkeit vergleichen mit der I eines Heerführers beim Erfassen der Gefechtslage und ich möchte hier an das Wort eines bekannten Militärschriftstellers erinnern, daß, wenn man spüter den wahren Zusammenhang der Dinge, kenne, man eneigt sei, die Zweifel und Täuschungen unbegreiflich zu uden, die sich in solchen Augenblicken füblbar machen.
Mit dem Augenblicke, wo viele, bisher als Verbraucher auftretende Eisenwerke ihre Rolle wechselten und als Probu⸗ zenten auftraten, begann auch die bisher so starke Fachvesn nachzulassen. Mit der Br 7 vetz Geldmarktes dur
die Industrie war allmäühlich das Geld so teuer geworden, da
die Bautätigkeit sich einschränkte. Auch die elektrotechnische
Induftrie, welche ben Aufschwung mit herbeiführen half, war
in ruhigere Bahnen eingelenkt; in der Anlage von elektrischen
“
“
von Elektrizitätswerken war ein gewisser Sättigungs⸗ grad eingetreten und viele Kommunen verschoben im Hinblick auf die teuren Preise der Rohmaterialien und den hohen Geld⸗ stand ihre bereits beabsichtigten Anlagen auf ruhigere Zeiten. Für die Erzeugnisse der Weiterverarbeitungs⸗ und Verfeinerungs⸗ betriebe der Eisenindustrie hatten die der Rohstoffe mit der Zeit einen Grad erreicht, welcher beim Nachlassen der Preise der bereai zu Schwierigkeiten führen mußte. 1 aren demnach genug innere Gründe vorhanden, um einen Umschwung der hochgespannten wirtschaftlichen Lage herbeizu⸗ zuführen, so bedurfte es nur einiger äußeren Anlässe, um die Aenderung zu bewirken. Das Jahr 1900. brachte der Industrie eine ganze Anzahl solcher Momente, namentlich auf dem Ge⸗ biete der auswärtigen Politik. Was die Höhe der Preise und der Produktion anlangt, so steht das Jahr 1900 noch in der vrcdeshgung, allein es handelte sich hierbei um Realisationen aus den vergangenen Jahren; der Eingang neuer Abschlüsse und namentlich die Spezifikationen ließen im Laufe des Jahres bedenklich nach. Im Jahre 1901 gingen 1 200 000 t Roheisen weniger in den Konsum über als im Vorjahre. Diesem Rück⸗ gange der Nachfrage stand aber die außerordentlich gesteigerte Produktionsfähigkeit der Werke gegenüber, welche nunmehr der Ausfuhr größere Aufmerksamkeit scenkten und, wenn auch zu mäßigen 1 eä.. ihre Ueberproduktion auf die sich als aufnahme⸗ fähig Phera gec en ausländischen Märkte brachten.
Betrachtet man die wirtschaftliche Verfassung der Eisen⸗ industrie zu Beginn und während der Zeit des Aufschwunges, o findet man, daß sie durch zwei, früheren Wirtschaftsperioden in weit geringerem Maße eigentümliche Erscheinungen gekenn zeichnet wird: die Betriebsvereinigungen und das Kartellwesen.
Die Vereinigung mehrerer verwandter Gewerbezweige in einer Hand kann nach zwei verschiedenen Richtungen hin ge⸗ schehen. Von besonderer Bedeutung ist die Angliederung von Werken an den im Produktionsprozeß vorhergehenden Betrieb oder an den im Produktionsprozeß unmittelbar folgenden Betrieb. Man hat für diese Art der Betriebsvereinigung den Ausdruck seem sehie Werke“ gewählt, im Gegensatz zu den „reinen Werken“ als solchen, welche auf dem Wege der Er⸗ zeugung des Halbfabrikates bis zur Herstellung der fertigen Ware nur für die Herstellung eines Gliedes dieser Kette tätig sind. Ein Hochofenwerk, welches nur Roheisen herstellt, ist ein reines Werk, ein Hochofenwerk, welches mit einem Stahlwerk verbunden ist, ist ein gemischtes Werk, ebenso wie ein Stahl⸗ werk, das mit einem Walzwerk vereinigt ist. Sofern Hütten⸗ werke mit Steinkohlengruben verbunden sind, ist für diese die Bezeichnung „Hüttenzechen“ angenommen worden.
Eine andere Art der Betriebsvereinigung ist die Ver⸗ einigung mehrerer nebeneinanderlaufender Betriebszweige, wie z. B. mit Stabeisen⸗ und Blechwalzwerken verbundene Träger⸗ walzwerke, eine weitere endlich die Kombination beider Arten in einer Hand. Der Umfang dieser b11““ hat in den letzten Jahren eine bedeutende Zunahme er ahren. Diese Tatsache beruht teils auf technischen, teils auf wirtschaftlichen Gründen. Wie später bei Erörterung der Gegensätze zwischen den hae und reinen Walzwerken ausgeführt werden wird, bietet die Betriebsvereinigung in technischer und betriebstechnischer Hinsicht eine wesentliche Ersparnis an Brennstoffen und an Transportkosten, sie verringert zugleich die Generalkosten und ermöglicht eine wirksamere Durchführung der Arbeitsteilung und Arbeitsvereinigung. r
In wirtschaftlicher Beziehung bietet die Betriebsvereinigung die Möglichkeit, sich bei der Beschaffung von Produktionsmitteln unabhängig von seinen Lieferanten und dem Zwischenhandel zu machen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß in dieser Beziehung die Bildung der Syndikate einen großen Anreiz zu Betriebsvereinigungen gewährt hat, denn gerade die wirtschaft⸗ lich bedeutendsten Syndikate bestehen in denjenigen Zweigen, welche Produktionsmittel gewinnen oder erzeugen; das Be⸗ streben der Abnehmer geht aber immer dahin, sich der Herr⸗ schaft der Kartelle zu entwinden; auf der anderen Seite bietet 82. die Betriebsvereinigung eben jenen Abnehmern, sobald sie als Warenhersteller auftreten und nun ihrerseits sich syndizieren, wesentliche Vorteile; so berichtet z. B. die Handelskammer in Essen (Jahresbericht für 1901) „daß diejenigen Werke, welche eigene Gießereien besitzen und diesen ihr Roheisen zu nicht syndizierten Preisen zu liefern imstande waren, vor den übrigen Gießereien hierdurch einen Vorsprung von 30 bis 40 ℳ für die Tonne hatten und daß sie hierdurch ihre Fabrikate bei der gedrückten Preislage und der großen Kon⸗ urrenz zu Preisen anbieten konnten, welche für die übrigen Gießereien Verlust bedeuteten“. Auch auf die von mir weiter unten vorgebrachten Klagen aus dem Kreise des Vereins deutscher Eisengießereien möchte ich hinweisen. Die Betriebsvereinigung, soweit sie sich auf nebeneinander herlaufende Betriebe (z. B. Eisen⸗ konstruktionswerkstätten, verbunden mit Maschinenfabriken, Kessel⸗ fabriken, Lokomotivbau usw.) bezieht, gewährt den großen Vor⸗ zug des Schutzes gegen Konjunkturschwankungen. Die Verschieden⸗ artigkeit der Erzeugnisse, deren Marktlage nicht stets die gleiche ist, gewährt einen Ausgleich, indem der etwaige Verlust in der einen Werksabteilung durch den Gewinn aus der anderen wieder ausgeglichen wird. Die Angliederung eines Betriebes kann auch dadurch verursacht werden, daß infolge zunehmender Konkurrenz die Fabrikation eines Zweiges sich nicht mehr lohnend genug erweist und zur Ausnützung der Betriebseinrich⸗ tungen und zu genügender Beschäftigung der Arbeiter nun ein Ersatz daäafür durch Errichtung einer verwandten Anlage gesucht wird. So wurde z. B. in der letzten Generalversammlung des Bochumer Vereins berichtet, daß das Werk beabsichtige, ein neues Walz⸗ und Stahlwer anzulegen, um einen Ausgleich zu schaffen für den Ausfall, den das Werk bei der Fabrikation von Schienen und Schwellen dadurch erleidet, daß eine große Anzahl neuer Werke die vvee. ieser Gegenstände in den Raßmen ihrer Erzeugung aufgenommen habe. 1“
Auch bei dieser Art der Betriebsvereinigung läßt sich eine Einwirkung der Kartelle feststellen, insoweit die fartellierten Werke neben der Herstellung kartellierter derese sich auch die Herstellung von nicht syndizierten angelegen sein lassen, denn wie der Vergwerksbesitzer Stinnes bei den kontradiktorischen Verhandlungen über das vF Kohlensyndikat (Verhandlungen Bd. 1 S. 178) hervorhob, liegen in den ver⸗ schiedenen Eisensyndikaten Beteiligungsquoten fest, die nicht über schritten werden können, und es ist klar, daß diejenigen großen Merke, die zu gleicher Zeit Artikel fabrizieren, die nicht syndiziert sind, den iehrab atz unzweifelhaft in diesen Artikeln suchen.
,soweit die Hüttenzechen in Frage kommen, auf den ee Berginspektors Hundt: Erwerbung von Steinkohlen 3 Hüttenwerke (Stahl und
weise i Aufsatz 4 gruben im NRuhrkohlenbezirk durch
vr in det Umfanges der Betriebsvereinigungen ver
der Hüttenzechen von 1895 bis 1902 von 7 auf 18 vermehrt. Im gleichen Zeitraum ist die “ der Hüttenzechen von 4 Millionen Tonnen auf 11 Millionen Tonnen gleich 19 % der Gesamtförderung des Ruhrkohlenreviers gestiegen.
Um einen Einblick in den Umfang zu gewinnen, welchen die Betriebsvereinigung in der Eisenindustrie genommen hat, ist auf Grund der Kataster der Berufsgenossenschaften eine für das Jahr 1903 geltende Statistik aufgestellt worden, welche sich sowohl auf die im einander folgenden Betriebszweige — Roheisenherstellung Halbzeugherstellung — Walzwerks⸗ betrieb — als auch auf die nebeneinander herlaufenden Betriebs⸗ zweige erstreckt. Im ganzen hat eine Verteilung auf 18 Be⸗ triebsarten stattgefunden. Bei dem Walzwerksbetriebe sind fünf verschiedene Zweige unterschieden worden. Der Lokomobil⸗, Lokomotiven⸗, Schiff⸗ und Waggonbau wurde in eine Gruppe zusammengefaßt. Die Herstellung von Schrauben, G Ambossen, Schneidwaren, Wagen, feinen Eisenwaren usw. ist in die Gruppe: Kleineisenindustrie und alle anderen nicht namentlich genannten Betriebszweige, wie die zahlreichen Schlossereien, Schmieden, Blechwarenfabriken, Geldschrank⸗ fabriken u. dgl. — in die Gruppe: Sonstige Eisenverarbeitung zusammengefaßt worden.
Die Statistik ist nach drei Gesichtspunkten aufgestellt worden, einmal nach der geographischen Verteilung auf Grund der Bezirke der Verufsgenosfenschaften mit Ausnahme der rheinisch⸗westfälischen Hütten⸗ und Walzwerksberufsgenossenschaft und der rheinisch⸗westfälischen Maschinenbau⸗ und Kleineisen⸗ industrieberufsgenossenschaft, deren Bezirkeinteilung nach Be⸗ triebsarten vorgenommen ist, die im übrigen aber die gleichen Bezirke umfaßt, ferner auf Grund der Einteilung nach Betriebs⸗ zweigen und endlich in Bezug auf die Anzahl. der mit dem einzelnen Betriebe vereinigten Betriebszweige. Die ausführ⸗ lichen Tabellen sind in den Anlagen 1—-3 veröffentlicht.
Die Ermittelungen erstreckten sich auf 34 072 Betriebe, unter denen sich aber allein rund 20 000 Schlossereien und Schmieden besfinden. Von diesen 34 072 Betrieben sind 29 110 (einschließlich der genannten Schlossereien) nicht mit anderen Betriebszweigen vereinigt, dagegen mit anderen Betrieben ver⸗ bunden 4962. 8
Auf die einzelnen Berufsgenossenschaften verteilt ergibt sich folgendes Bild:
Betriebe davon ohne in Verbindung Verbindung
insgesamt B. . 1— mit anderen Betriebszweigen
Berufsgenossenschaft Feinmechanik Süddeutsche Eisen⸗ Stahl⸗B.⸗G. ...... Südwestdeutsche Eisen⸗ und Stahl⸗B.⸗G Rhein.⸗Westfäl. Hütten⸗ u. Walzwerks⸗B.⸗G. . .. Rhein.⸗Westf. Maschinen⸗ bau⸗ und Kleineisen⸗ Industrie⸗B.⸗G. 8 Sächsisch⸗Thüring. Eisen und Stahl⸗B.⸗G. 1 Nordöstliche Stahl⸗B.⸗G. Schlesische Eisen⸗ Stahl⸗B.⸗G Nordwestliche Eisen⸗ und Stahl⸗B.⸗(G. .. . . ..
Betrachtet man die Betriebsvereinigung unter dem Gesichts⸗ punkt der Verteilung auf die einzelnen Gewerbezweige, so er⸗ sa sich, daß im Jahre 1903 88 Hochofenbetriebe vorhanden
289 457 183
1 492 und 8 406 7 949 640
511
6 989 4 433 3 182 1 182 3 387
8 177 5 139 3 696
Eisen⸗ und
und 1771
3 951
ind, von welchen 38 nicht mit anderen Betriebszweigen ver⸗ unden waren und 50 mit solchen vereinigt waren. Von diesen letzteren waren mit Betrieben zur Herstellung von Flußeisen verbunden 34, zur Herstellung von Schweißeisen 18, zur Her⸗ stellung von Stahlformguß 17, zur Herstellung von Schienen, Trägern usw. 26, zur Herstellung von Stabeisen 29, zur Her⸗ stellung von Blechen 20. Mit Gießereien waren verbunden 32 Hochofenbetriebe. . An Betrieben zur Herstellung von Flußeisen, worunter in der Statistik die Stahlwerke mit Konvertern als auch mit Martinöfen zusammengefaßt wurden, sind vorhanden im Jahre 1903 96 Betriebe, welche alle mit anderen Betriebzweigen vereinigt sind, einschließlich der bereits erwähnten 34 Betriebe, die mit Hochofenbetrieben verbunden sind. Ferner befinden sich hierunter 34 Flußeisenbetriebe in Verbindung mit Schweißeisen⸗ See 29 in Verbindung mit Betrieben zur Herstellung von Stahlformguß, 55 in Verbindung mit Betrieben zur Herstellung von Stabeisen, ferner 39 in Verbindung mit Walzwerken, welche Schienen und Träger herstellen, 39 Betriebe in Verbindung mit Blechwalzwerken, 13 in Verbindung mit Röhrenwalzwerken, 16 in Verbindung mit Drahtwalzwerken und 7 in Verbindung mit Drahtziehereien. Auch diejenigen Stahlwerke, welche mit Betrieben zur Herstellung von Fertigerzeugnissen vereinigt sind, sind nicht unerheblich. 17 Betriebe stellen gleichzeitig Erzeug nisse der Kleineisenindustrie her. Je 14 Betriebe sind mit Betrieben zur Fabrikation von Eisenkonstruktionen und mit Kesselschmieden verbunden. Als weiteres Beispiel seien die Betriebsvereinigungen in der Walzwerksindustrie, soweit es sich um Erzeugnisse dieses Zweiges handelt, erwähnt. Von den 50 Walzwerken, welche Fenier⸗ und Schienen erzeugen, sind alle mit anderen Zweigen der Walzwerksindustrie verbunden, darunter befinden sich 39, welche Stabeisen, 17, welche Bleche, 11, welche Draht, 9, welche Röhren auswalzen. Von den 107 Stabeisenwerken sind 6 ohne und 101 in Verbindung mit anderen Zweigen, 42 sind mit Blechwalzwerken, 22 mit Drahtwalzwerken, 16 mit Röhren⸗ walzwerken verbunden. Von 92 Blechwalzwerken sind 10 ohne und 82 in Verbindung mit anderen Betriebsarten der Walz⸗ werksindustrie, und zwar 11 mit Röhren⸗ und 6 mit Drahtwalz⸗ werken. Von den Drahtwalzwerken sind sämtliche 34 mit anderen Betrieben verbunden, darunter 18 mit Drahtziehereien und 12 mit Drahtstiftfabriken. An Drahtziehereien sind 195 vorhanden, wovon 92 ohne und 103 mit anderen Betrieben verbunden sind, darunter 41 mit Drahtstiftfabriken. Von letzteren wurden 108 Betriebe ermittelt, von welchen 57 ohne und 51 mit Walzwerksbetrieben verbunden sind. Schließlich sei noch erwähnt, daß von den 4962 Betrieben, welche mit anderen vereinigt sind, der Zahl nach verbunden
Eisen, 28. Jahrgang 1903 Nr. 13),
Hiernach hat sich die Zahl
sind mit nur einem Betriebe 2813, mit 2 Betrieben 1065, mit
“ 16“
3 Betrieben 406, mit 4 Betrieben 250, mit 5 Betrieben 138, mit 6 Betrieben 112, mit 7 Betrieben 80, mit 8 Betrieben 27, mit 9 Betrieben 10, mit 10 Betrieben 12, mit 11 Betrieben 23, mit 12 Betrieben 26 Betriebe.
„Der zweite Punkt, durch welchen sich die Verfassung der Eisenindustrie von derjenigen früherer Wirtschaftsabschnitte unterscheidet, ist das Eingreifen großer Verbände, die sich die Aufgabe gestellt haben, die Preise zu bestimmen und die Produktion dem Bedarf anzupassen. Bei Beurteilung der Frage, welchen Einfluß die Verbände ausgeübt haben, muß man die Art ihrer Organisation in Betracht ziehen. Uebersieht man die Organisation, so fällt zunächst eine gewisse Gleich⸗ mäßigkeit auf. Eine eigentliche Kontingentierung der Produktion findet nur in wenigen Verbänden statt. Beinahe bei jedem Kartell ist für das einzelne Mitglied allerdings eine seinen Betriebsverhältnissen entsprechende Beteiligungsziffer festgesetzt. Die Summe dieser Beteiligungsziffern kann aber nicht als eine Kontingentierung angesehen werden, welche der Marktlage oder der Höhe der Nachfrage entsprechend für bestimmte Zeiträume festgesetzt wird.
Bei einigen Syndikaten ist eine Produktionseinschränkung vorgesehen, hier wird also der Anpassung an die Marktlage mehr Rechnung getragen.
Bei den meisten Kartellen findet der Verkauf nicht durch die Mitglieder direkt, sondern durch Vermittelung einer Ver⸗ kaufsstelle statt, welche entweder in Form einer Aktiengesell⸗ schaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisiert ist oder als Kommissionärin des Verbandes fungiert. In einigen Fällen tritt diese Stelle als Selbstkäufer auf, sie kauft die Lare von den Mitgliedern und veräußert sie weiter, in den weitaus meisten Fällen dagegen nimmt die Verkaufsstelle nur die Stellung einer Verkaufsvermittlerin ein, sie fungiert nur als ein Organ, das dazu dient, allen Mitgliedern eine gleich⸗ mäßige Beschäftigung zu sichern und die gegenseitigen Ansprüche und Pflichten der Mitglieder auszugleichen. Man kann sagen, daß im allgemeinen der Verkaussstelle die mehr mechanische Geschäftsvermittelung und Abrechnung unter den Mitgliedern zugewiesen ist, die Leitung der Geschäftspolitik liegt dagegen nicht in den Händen dieses ständigen Organs, sondern in denen des von Fall zu Fall zusammentretenden Vorstandes und der *
ei einigen Vereinigungen liegt der Schwerpunkt der Kartellzwecke in der Einhaltung von neogrstgehee 6g Ein⸗ wirkung auf die Marktlage wird gar nicht beabsichtigt. Eine besondere Stellung nehmen diejenigen Wälzwerksverbände ein, welche Eisenbahnbedarfsmaterialien syndiziert haben. Man kann diese Vereinigungen als Submissionskartelle bezeichnen. Ihr weck geht vornehmlich dahin, ein Unterbieten der Preise bei Submissionen zu verhindern und lästige Verkaufsbedingungen zu beseitig en.
Hinsichtlich der Anschauung, in wie weit die Eisenkartelle einen Einfluß auf die Gestaltung der gegenwärtigen Lage ausgeübt haben, besteht keine Uebereinstimmung. Die Meinung derjenigen Industriellen, welche als Abnehmer von den Kartellmaßnahmen unmittelbar berührt werden, geht aus den in den Abschnitten über die Roheisensyndikate und den Halbzeugverband wieder⸗ gegebenen Aeußerungen klar hervor. Man kann die Meinungen dahin, zusammenfassen, daß die Abnehmer behaupten, die Verbände ließen es an der nötigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Bedürfnisse der weiterverarbeitenden Industrien fehlen; sie erschwerten ihren Abnehmern die Ausfuhrtätigkeit und bereiteten ihnen zugleich auf dem Inlandsmarkte einen empfindlichen Wettbewerb, weil sie die von ihren Abnehmern hergestellten Erzeugnisse selbst herstellten. Dank ihrer Politik der hohen Preishaltung für die zum Verkauf bestimmten Rohstoffe, deren Markt sie beherrschten, könnten sie aber wesentlich geringere Herstellungskosten “ als es den Abnehmern möglich sei. Die geschäftlichen Maßnahmen der Kartelle hätten somit bewirkt, daß sich in der Eisenindustrie seit Eintritt des wirtschaftlichen Rückganges zwei Gruppen herausgebildet hätten, welche in ihren Eristenzbedingungen wesentlich von einander eeee seien. Die eine Gruppe, diejenige der Rohstoff⸗ und Halbfabrikatproduzenten, könne auch unter den eingetretenen, gegenüber den Jahren 1895 — 1899 weniger günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen noch unter gedeihlichen Bedingungen produzieren, für sie könne von einer Krisis keine Rede sein. Diese Werke hielten die Preise der Rohstoffe auf einer Höhe, die es gestatte, den Ueberschuß der so außerordentlich gesteigerten Produktionstätigkeit auf den aus⸗ ländischen Märkten zum Selbstkostenpreise, ja sogar zu Verlust⸗ preisen abzusetzen, und sie seien ferner in der Lage, die noch übrig bleibende Menge ihrer Halbfabrikate im eigenen Betriebe weiterzuverarbeiten. Je nachdem einer dieser drei Faktoren: Ver⸗ kauf von Rohstoffen und Halbfabrikaten an inländische Abnehmer, Ausfuhr nach dem Auslande oder Weiterverarbeitung im eigenen Betriebe sich am rentabelsten erweise, könnten sie den einen oder den andern Teil ihrer Tätigkeit besonders forcieren und seien so in der Lage, ihren Betrieb in vollem Umfange aufrechtzuerhalten; der in dem einen Teil ihrer Fabrikation etwa erlittene Verlust könne durch Gewinne aus dem anderen Teil ausgeglichen werden.
Dagegen sei die Lage der anderen Gruppe, der weiter⸗ verarbeitenden Industrie, eine viel schwierigere. Während in den Se dem Bestehen der großen Verbände die Preise der ohstoffe und Halbfabrikate bei ungünstiger Geschäftslage eine star sinkende Tendenz gezeigt hätten, seien die Preise jetzt auf einer bestimmten Höhe geblieben und ständen in starlemn Mißverhältnis zu den Preisen der Fertigerzeugnisse. Früher hätten die Halbfabrikatproduzenten und die Hersteller fertiger Erzeugnisse gemeinsam die Verluste einer ungünstigen Kon junktur getragen, im Zeitalter der Kartelle ruhten aber alle 8 allein auf den Schultern der weiterverarbeitenden In⸗ dustrie, deren Lage mit dem Ausdruck Krisis richtig be⸗ zeichnet sei.
Die theoretischen Volkswirte, welche den Einfluß der Kar⸗ telle auf die Lage der Eisenindustrie festzustellen versuchten, ge langen teils zu ähnlichen Ergebnissen, teils schlagen sie die Wirkung der Kartelle auf die gegenwärtige Lage der Eisen industrie nicht allzu hoch an.
Vogelstein glaubt in seinen bereits angeführten Unter suchungen feststellen zu können, daß schon durch die Art der Organisation der Eisenkartelle ihrer Wirksamkeit Grenzen ge zogen seien. Vornehmlich könnten diejenigen Kartelle nur in beschränktem Umfange zur Verhütung von Krisen beitragen, die nicht einmal die genaue Einhaltung ihrer Preisfestseheungen hätten einhalten können. So habe das Roheisensyndikat in den vielfachen Gestaltungen, die es in dem letzten Jahrzehnt ge nommen ahe⸗ noch niemals die Festigkeit erlangt, daß seine
Preise absolut maßgebend gewesen wären, und auch bei einer
teih erer Syndikate seien vielfach Unterbietunge der offiziellen Verbandspreise zu beobachten gewesen. Am ungefähr⸗ lichsten sei es noch, wenn der Verband selbst seine nvnskllen Notierungen unterbiete, wie es für 1901 vom Halbzeugverband berichtet werde, wozu er durch die außenstehenden Werke ge⸗ zwungen worden sei, welche den Syndikatspreis um 20 ℳ unterboten hätten. Auch die Preise für Gußröhren und andere syndizierte Erzeugnisse seien nicht eingehalten worden; festgefügt ständen nur der Trägerverband, das Weißblechsyndikat und die Schienenvereinigung da.
Während der Jahre 1889 bis 1890 hätten die Syndikate nicht den Versuch gemacht, mit irgend welchem Erfolg mäßigend auf die Preisgestaltung einzuwirken und sie hätten ebensowenig in der diesen Jahren folgenden Zeit des Niederganges Arbeiter⸗ entlassungen oder das rapide Fallen der Preise bis auf einen zum Teil direkt verlustbringenden Standpunkt zu verhindern vermocht. In den folgenden Jahren 1895 bis 1898 hätten sich dagegen die Kartelle von übertriebenen und sprunghaften Preis⸗ erhöhungen freigehalten, obwohl es ihnen ein Leichtes gewesen wäre, durch Preistreibereien einen augenblicklichen Mehrbedarf und eine Hochkonjunktur schärfster Art hervorzurufen. Dagegen könne man nicht mit demselben Rechte dies für die nächst⸗ folgende Zeit 1899 bis 1901 behaupten. Die Verbände hätten zum Teil gegen den Grundsatz, eine ruhige Entwickelung zu befördern, verstoßen, so z. B. das Roheisensyndikat durch die Klausel in den Verkaufsbedingungen, daß der Preis bei einer Verteuerung von Erzen und Brennmaterialien eine Erhöhung um diese Verteuerung erführe. Die gegen früher veränderte Kartellpolitik, welche zu langfristigen Abschlüssen, verbunden mit hohen Preisen, hindränge, habe einen mächtigen Anreiz zur Spekulation gegeben und damit den Beteiligten jenen erstaun⸗ lichen Optimismus oktroiert, der alle bisher geübte Voraussicht vermissen ließ.
Ferner habe das Nebeneinanderbestehen von Organisationen, die vielfach keinerlei Rücksicht aufeinander nehmen, eine ein⸗ heitliche Kartellpolitik nicht gewährleistet und ebenso sei die Einwirkung der Kartelle auf die Produktionskosten, soweit es sich nicht um den Ankauf von kartellierten Erzeugnissen durch die Weiterverarbeiter handele, eine äußerst geringe; hierzu seien aber die heutigen Kartelle, die noch dazu zum Teil auf recht schwacher Grundlage beruhten, keineswegs imstande.
L. v. Wiese (die Rheinisch⸗Westfälische Eisenindustrie in der gegenwärtigen Krisis) glaubt, daß die Kartelle der Eisen⸗ industrie in der diesmaligen Krisis, in der sie ihre Feuertaufe bestehen sollten, sich aus dem Grunde weniger bewährt hätten, weil sie den Grundgedanken ihrer Organisationsbestrebungen: Anpassung der Produktion an den Bedarf und Preisregulierung unzureichend verwirklicht hätten.
Eulenburg endlich ist in seiner Arbeit über die gegen⸗ wärtige Wirtschaftskrise geneigt, den Kartellen nur einen mehr sekundären Einfluß auf Ausbruch und Dauer der gegenwärtigen Krise zuzugestehen. Die Kartelle hätten zwar teilweise etwas verschärfend gewirkt, aber sie seien nicht als Hauptursache des Ausbruchs und noch weniger als Hindernis für einen neuen Aufschwung anzusehen, die Ursachen der gegenwärtigen Depression lägen tiefer, es sei ein Nachlassen der Preise der Fertigfabrikate eingetreten, ohne daß dadurch die Aufträge im Inland sich wesentlich vermehrt hätten. Ein Nachlassen der Preise der Rohstoffsyndikate, das bei längerer Dauer der Depression doch eintreten müsse, hätte wohl die Stahl⸗ und Walzwerke besser gestellt; aber eine neue Anregung zur Produktion, die von anderer Seite ausgehen müsse, hätte dieser Umstand wohl kaum gegeben. Auch der Einfluß der Kartelle auf die Preis⸗ schwankungen dürfte nicht allzuhoch veranschlagt werden; das Preisproblem sei doch ganz erheblich komplizierter, als daß der gute Wille der Unternehmer allein eine Stabilisierung herbei⸗ führen könne; tatsächlich würden die Kartelle mehr geschoben, als daß sie schöben.
Dieser Verfasser hält auch die Kartelle für ganz ungeeignet, die Funktion der dauernden Anpassung der Produktion an den Bedarf zu erfüllen; denn auch der kartellierte Betrieb beruhe auf kapitalistischer Grundlage, und in diesem werde die Produktion durch die Menge des investierten Kapitals bestimmt, das nicht beliebig wieder herausgezogen werden könne. Auch * den kartellierten Betrieb gelte das Gesetz der degressiven General⸗ kosten; den Verlust, der jede Betriebseinschränkung mit sich bringe, könne nur durch Erhöhung der Inlandspreise oder Se. Abwälzung auf die Arbeiter ausgeglichen werden; daher bedeute für die kartellierte Industrie eine Fördereinschränkung immer nur Verringerung des Warenangebotes, Erhöhung oder Gleich⸗ bleiben der Preise und damit eventuell noch lohnender Gewinn — aber eben nur für diese Unternehmer selbst. Dies sei aber kein Ausgleichen der nationalen Produktion.
Von einer dritten Seite, nämlich aus den Kreisen der in der Kartellbewegung stehenden Persönlichkeiten, wird betont, daß die Kartelle während der Hochkonjunktur einen mäßigen⸗ den Einfluß ausgeübt und in den Zeiten des Abflauens der Nachfrage mit wenigstens teilweisem Erfolg allzu schwere Er⸗ schütterungen des Wirtschaftslebens verhindert hätten. Daß die Kartelle sich nicht von Fehlern haben freihalten können, wird zugegeben. Der wirtschaftliche Aufschwung aber sei ebenso wenig durch die Kartelle hervorgerufen worden, wie die später⸗ hin eingetretene Depression; dafür seien doch ganz andere Gründe maßgebend gewesen. Wenn man auf dem Standpunkt stehe, daß die Kartelle auf die Eisenindustrie einen ungünstigen Ein⸗ fluß ausüben müßten, weil die Kartelle überhaupt nachteilig für die Volkswirtschaft seien, 5 handle es sich um eine An⸗ chauung, über die sich nicht debattieren lasse; man komme dann zu dem Schlusse, die Kartelle, wie überhaupt so auch für die Eisenindustrie, gänzlich zu verwerfen. Wenn man sich dagegen auf den Standpunkt stellt, daß die Kartelle nützlich wirken können und daß die Absicht der maßgebenden Persönlichkeiten in den Kartellkreisen dahin gehe, das Wohl ihrer Fabrikationszweige im Einklange mit den Interessen ihrer Abnehmer zu fördern, so müsse man die Frage aufwerfen, ob nicht das Kartellwesen in der Eisenindustrie als solches, wohl aber die Mängel in der Organisation der Kartelle die Schwierigkeiten der wirtschaft⸗ lichen Lage Uar nicht hervorgerufen, aber doch nicht uhn überwinden können. Man dürfe jedoch nicht vergessen, daß die Kartelle nicht in erster Linie volkswirtschaftliche Interessen zu vertreten hätten, sondern dazu dienen sollten, den Zweck jeder kaufmännischen Tätigkeit zu erfüllen, nämlich die Rentabilität der Betriebe zu erzielen. Der Gewerbetreibende erblicke die letztere aber in einer möglichst großen Ausdehnung seines Geschäftsbetriebes oder in möglichst gewinnbringenden Preisen. Sofern ihm das Kartell die Erreichung dieser Ziele sichere, sei die Leitung des Kartells leicht zu handhaben. Sobald es sich aber darum handele, einer Ueberproduktion zu begegnen, einen
gleichmäßigen Besitzstand aller Kartellteilnehmer aufrechtzuhalten
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1 11A14XX“”“; “ und eine maßvolle Preispolitik zu beobachten, träten die Schwierig keiten zu Tage. Die Organisation der Eisenkartelle sei noch nicht soweit vorgeschritten, um das Sonderinteresse des Einzelnen den höheren Gesichts unkten zu unterwerfen. Auch die natur⸗ gemäß gegebenen geschäftlichen Gegensätze zwischen den reinen und den gemischten Betrieben seien durch die gegenwärtige Kartellorganisation nicht überwunden, und hierauf beruhe es, daß einzelne Teile der Erzeugnisse von den Bestimmungen des Kartellvertrages ausgeschlossen seien, sowie daß namentlich auch bei den meisten Kartellen das Auslandsgeschäft freigegeben wäre. Die Kartellmitglieder machten sich auf dem Weltmarkte in diesen Erzeugnissen untereinander den größten Wettbewerb, dessen nachteilige Folgen dann die für die syndizierten Erzeugnisse einzuschlagende Geschäftspolitik wieder ausgleichen solle. Diese unter Umständen die Abnehmer benachteiligende Tätigkeit könne allerdings durch Ausdehnung der Kartellverträge auf alle gleich⸗ artigen Erzeugnisse und auf die Ausfuhrwaren behoben werden.
Man mache nun des weiteren den Kartellen den Vorwurf, daß sie, welche sich doch die Anpassung der Produktion an den Bedarf zur Aufgabe gesetzt hätten, die Voraussetzung, zu deren Erfüllung, nämlich die richtige Erkenntnis der Marktlage und die Vorausberechnung des tatsächlichen Bedarfes, vollkommen hätten vermissen lassen. Wolle man nicht annehmen, daß sie absichtlich ihre Abnehmer über die wahre Gestaltung hätten im Unklaren lassen wollen, so könne man doch jedenfalls mit Recht behaupten, daß sich die Kartelle als unfähig erwiesen hätten, die Wirtschaftslage zu überblicken, und hierdurch hätten sie un⸗ berechenbaren Schaden gestiftet.
Es wird auch aus den Kreisen der Kartelle eingeräumt, daß es auf ihrer Seite ebenso wie auf Seiten ihrer Abnehmer an einer vollkommen klaren Erkenntnis über die voraussicht⸗ liche Dauer der Konjunktur gefehlt habe; hieran seien aber in der Hauptsache Erscheinungen schuld, für deren Vorhandensein man die Kartelle nicht verantwortlich machen könne. Daneben wird allerdings zugegeben, daß es bei besserer Organisation der Kartelle sich leichter hätte ermöglichen lassen, die Lage fest⸗ zustellen und ihr Rechnung zu tragen. Die spekulativen Kaufe hätten in erster Linie zur Verschleierung der Marktlage bei⸗ getragen, diese Käufe seien sowohl von Großhändlern wie von den Werken selbst veranlaßt worden. Die Angst vor der Eisennot, welch deßter⸗ nur kurze Zeit wirklich bestanden habe, späterhin aber künstlich hochgehalten worden sei, habe die Werke veranlaßt, sich über Bedarf zu decken, die langfristigen Abschlüsse, welche ja dazu angetan waren, die Produktionstätigkeit der Eisenerzeuger für einen längeren Zeitraum zu sichern, hätten naturgemäß die Zperficht in die Fortdauer der Konjunktur gestärkt. Die lang⸗ ristigen Verträge seien aber nicht, wie es immer dargestellt würde, den Abnehmern von den Kartellen aufgezwungen worden, sie hätten sich vielmehr aus der Macht der ergeben; der übergroße Bedarf, dem die Produktion für längere Zeit nicht folgen konnte, habe die Verbraucher veranlaßt, sich nicht nur mit möglichst vielen Mengen, sondern auch für einen möglichst langen Zeitraum zu decken. Aber auch gewisse Imponderabilien hätten dazu beigetragen, die Täuschung über die Marktlage hervorzurufen. Mehr als einmal sei gerade von den den Kartellen nahestehenden Kreisen ein Warnungsruf vor den spekulativen Käufen ergangen, aber es sei der geradezu blinde Glaube an die Macht der Kartelle gewesen, welcher diese Warnungen unbeachtet gelassen habe. Die Antwort sei immer gewesen: „Wir haben ja die Kartelle, die werden es schon machen“. Und da diese Anschauung zum Teil auch von solchen Seiten ausging, die sich in mirtschaftlichen Kreisen einer maßgebenden Stellung erfreuten, so glaubten andere sich dem Vorgehen jener unbekümmert anschließen zu können. Bei einer derartigen Sachlage hätten aber auch die großen Produzentenkartelle annehmen müssen, daß bis in die Reihen der letzten Abnehmer hinein das Bedürfnis nach Sach⸗ gütern noch lange nicht befriedigt sei. Was sei ihnen auch anders übrig geblieben, als den an sie herantretenden Ansprüchen zu genügen und der anhaltenden Nachfrage Rechnung zu tragen. Als ein Mangel habe es sich erwiesen, daß die Kartelle zu wenig Fühlung untereinander hätten. Wenn die auf einander ange⸗ wiesenen Kartelle sich von Zeit zu Zeit über die Marktlage ver⸗ ständigen würden, wenn jedes Kartell seine Geschäftspolitik in Einklang mit der Politik der im Produktionsprozeß vorhergehenden oder nachfolgenden Kartelle bringen könne, und bis in die Kreise der letzten Konsumenten die Kartelle über den Stand der Nachfrage unterrichtet und mit einander in Verständigung wären, wenn es endlich gelingen könnte, die Preise der syndizierten Er⸗ zeugnisse jeweils in entsprechender Spannung zu den Material⸗ preisen zu halten, so stelle dies einen bedeutsamen Fortschritt in der Organisation des Kartellwesens dar. Die Voraussetzung hierzu sei aber, daß die einzelnen Kartelle ihre Organisation in entsprechender Weise umgestalteten. Die Erfahrungen, welche man in den letzten Jahren gemacht habe, würden sicherlich dazu dienen, vorhandene Mängel zu beseitigen und bei den orga⸗ nisatorischen Aenderungen, die gelegentlich der Erneuerung der Syndikate geplant seien, dürfe man sich der Hoffnung hingeben, daß man aus der jetzt hinter uns liegenden Wirtschaftsperiode wenig vergessen, aber vieles gelernt habe.
Die beiden letzten Jahre der Depressionsperiode 1901 und 1902 standen im Zeichen des Kampfes zwischen den gemischten und reinen Walzwerken und werden ferner gekennzeichnet durch die stark gesteigerte Ausfuhrtätigkeit.
Diese Ausfuhrtätigkeit vollzog sich unter Verhältnissen, deren Zweckmäßigkeit von der einen Seite scharf bestritten wird, während von anderer Seite hervorgehoben wird, daß die Aus⸗ fuhr im Interesse der Entlastung des inländischen Marktes sich als recht nützlich erwiesen habe. Nachstehend werden die Urteile einiger Handelskammern des rheinisch⸗westfälischen Industrie⸗ bezirks über die in den beiden letzten Jahren getätigten Aus⸗ landsverkäufe wiedergegeben.
Die Handelskammer Düsseldorf äußert sich in ihrem Be⸗ richte für das Jahr 1901 dahin: 8
3 Wir haben mit einem gewissen Staunen gesehen, daß die deutsche Industrie — nach Beginn der Krise auf dem Auslandsmarkte große Warenmengen abzusetzen imstande war, aber nur mit außerordent⸗ lichen und soweit es sich dabei um Roh⸗ stoffe und Halbfabrikate handelte, wird zweifellos da⸗ durch der Wettbewerb ausländischer Industrien gegen die deutschen Fertigfabrikate im Auslande, zum Teil sogar auf dem Inlandsmarkte gestärkt.
Für das Jahr 1902 äußert sich der Bericht der gleichen Handelskammer wie folgt:
Die Ausfuhraufträge mußte der Feinblechver⸗ band zu außerordentlich niedrigen Preisen einholen, weil die Lieferanten des Rohmaterials dieses zu un⸗ verhältnismäßig niedrigen Preisen ins Ausland ab⸗
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