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Reichstag. 8 22. Sitzung vom 30. Januar 1904. 1 Uhr.
Auf der Tagesordnung steht die im Anfangsbericht der Sitzung am Sonnabend bereits im Wortlaut mitgeteilte Interpellation der Abgg. Trimborn und Genossen (Zentr.), betreffkend die Berufsvereine und Arbeits⸗ kammern.
Abg. Trimborn (fortfahrend): Unablässig haben wir auf die r .geg. dieser Kaiserlichen Verheißungen gedrungen, schon 1893 haben wir den Antrag auf Vorlegung entsprechender Gesetzentwürfe gestellt; 1895 haben wir interpelliert, 1898 abermals einen Antrag estellt, der 1900 zur Annahme einer Resolution durch den Reichstag führte. Von dem Nationalliberalen Abg. von Heyl und von den Sozialdemokraten sind ähnliche Vorstöße gemacht worden. Als jetzt der neue Reichstag zusammentrat, war die Herbeiführung einer Besprechung dieser überaus wichtigen Frage unsere erste Sorge. Wir bedurften dazu gar nicht erst der Anregung des Frankfurter Arbeiterkongresses. Wir schätzen aber die Unterstützung, die uns durch diesen Kongreß wurde, sehr hoch ein. Was die Organisation betrifft, so hat der Ausbau der Gewerbegerichte gewiß manchen Vorzug, man würde keiner neuen Wahlen bedürfen. Von anderer Seite sind Lokal⸗ oder Bezirksarbeitskammern vorgeschlagen. Wie weit das Gebiet der zu lösenden sozialen Aufgaben sich erstreckt, das zur Kompetenz dieser Arbeitskammern gehören würde, ist be⸗ kannt; insbesondere würde die Statistik über die Bewegung der Löhne und die Zustände in der Industrie endlich das authentische Material liefern, das uns bisher noch gar zu sehrfehlt. Mit Recht hat Dr. Hitze ausgerufen: „Mehr Statistik! Das ist die beste Bekämpfung der Sozial⸗ demokratie!“ Ganz besonders wertvoll würde die Wirksamkeit der Arbeitskammer bei Ausständen sein; schon vor Ausbruch des Streiks kann eine solche Kammer die Anzeichen davon gewahren und dem Streik vorbeugen. Natürlich müßten auch die Behörden bei ihren sozialen Maßnahmen Fühlung mit den Arbeitskammern nehmen. In Deutschland ist die Arbeiterschaft in weitem Umfange organisiert, und diese Organisation hat sich seit Jahrzehnten in den Krankenkassen, Schiedsgerichten, Gewerbegerichten usw. befestigt. Bei uns wären die Arbeitskammern nur der Schlußstein eines in Jahrzehnten errichteten Baues, womit ich freilich nicht sagen will, daß sie der sozialpolitischen Weisheit letzter Schluß wären. Man wird ja nun mit Einwänden gegen unsere Wünsche nicht sparsam sein, aber stichhaltige werden sich nicht darunter befinden. Jedenfalls liegen bei uns die Verhältnisse umge⸗ kehrt wie in Holland, wo man Arbeitskammern errichtete, bevor der Boden durch die Organisation der Arbeiter genügend vorbereitet war, und wo sich dann natürlich die an diese Einrichtungen geknüpften Er⸗ wartungen nicht haben erfüllen können. Trotzdem aber haben sie sehr anerkennenswerte Einzelleistungen aufzuweisen, wie in einer sehr lesens⸗ werten Schrift über diese holländischen Verhältnisse näher ausgeführt ist. (Redner verliest längere Abschnitte aus dem Buche.) Man wird weiter sagen, die Arbeitskammern würden den Gesetzgeber wider Willen nötigen, auch die sozialdemokratische Arbeiterschaft zu organi⸗ 8 Ich bin persönlich allerdings der Meinung, daß die Sozial⸗ emokraten in den Krankenkassen vielerorts ihre Macht terroristisch gebrauchen; ich erkenne aber auch an, daß die Gewerkbegerichte she. gut gewirkt haben. In jenem Buche wird bemerkt, daß in Holland die Sozialdemokraten sich mehr durch vieles Reden als sonst unangenehm bemerkbar gemacht hätten. Der Verfasser, Privatdozent Dr. Harms, klagt nebenher über die Disziplin⸗ losigkeit der holländischen Arbeiterschaft, die von ihren deutschen Kollegen noch viel zu lernen hätte. Man braucht dabei nicht notwendig an den Dresdener Jungbrunnen zu denken. Durch die Arbeitskammern kommen auch Regierung und Arbeitgeber endlich in eine dauernde, regelrechte Fühlung mit der Arbeiterschaft, und das ist die Vorbedingung dafür, das Vertrauen der Arbeiterschaft zu ge⸗ winnen. Verschiedene Anträge auf Errichtung von Arbeitskammern sind ja bereits in einigen Einzelstaaten gestellt worden; aber die Landeskompetenz fehlt. Im Reichstage hat ein solcher Antrag auf eine sichere Mehrheit zu rechnen. Der Gedanke der Arbeitskammern ist so gesund, daß ich mir garnicht denken kann, daß selbst die Konservativen nicht endlich in dieser Beziehung erleuchtet werden; und was die bürgerliche Linke betrifft, sollte etwa mit Herrn Bassermann auch sein Geift von den Nationalliberalen gewichen und Herr von Heyl in seiner splendid isolation eine doppelt interessante Erscheinung geworden seien? Und wird beim Bundesrat endlich die Sonne auf⸗ gehen? Wird die Regierung endlich die Gelegenheit ergreifen, um die dankbare Aktion der Versöhnung und Ausgleichung auf⸗ zunehmen? Wir fragen in der Interpellation: Werden die ver⸗ bündeten Regierungen „nunmehr“ tätig werden? Das Wörtchen „nunmehr“ ist eingegeben von unserer vibrierenden Ungeduld, die seit 14 Jahren wartet; aber auch der leise Hauch einer Hoffnungsfreudigkeit umschwebt dieses Wörtchen. Die eierlichen Zusagen der Kaiserlichen Erlasse sind noch nicht er⸗ füllt, und es bedeutet eine schwere Beeinträchtigung ihres eigenen Ansehens, wenn mit der Erfüllung noch länger gewartet wird. Die letzte Thronrede und die jüngste Aeußerung des Kanzlers im Reichs⸗ tage und gegenüber der Deputation der Frankfurter Kongreßarbeiter lassen anderseits die leise Hoffnung bei uns auftauchen, daß die theoretisch als berechtigt anerkannte Gleichberechtigung auch praktisch durchgeführt werde. Treten Sie an die praktische Verwirklichun heran; wir erwarten einheitliche, keine Flickarbeit; leiten Sie endlich das sozialpolitische Schiff hinaus aus den stillen Gewässern auf die hohe See. Auf der See gibt es zwar Stürme, aber es weht dort die Luft der Freiheit, die uns stärkt. Das Aechzen und Stöhnen in einzelnen Teilen der Beamtenmaschinerie sollen Sie nicht anfechten, wenn das Schiff in Bewegung gesetzt wird. Es gilt die Mission des sozialen Königtums zu erüllen, die nun einmal unverträglich ist mit jeglichem Scharfmachertum. Also Volldampf voraus!
Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Ich habe namens der verbündeten Regierungen folgende Erklärung abzugeben: Die verbündeten Regierungen sind grundsätzlich nicht ab⸗ geneigt, die Rechtsfähigkeit der Berufsvereine der unter die Gewerbe⸗ ordnung fallenden Arbeiter und Arbeiterinnen anzuerkennen und diese Berufsvereine somit als juristische Personen auszugestalten mit allen Rechten und Pflichten, welche solche Körperschaften zu haben pflegen. Die verbündeten Regierungen gehen aber hierbei, um zu einer Einigung im Bundesrate zu gelangen, von der Auffassung aus, daß eine derartige Gesetzgebung die Arbeiter in den Reichs⸗ und Staats⸗ betrieben und gewissen öffentlichen Anlagen, welche dringende und wichtige Aufgaben für die Allgemeinheit zu erfüllen haben, nicht ein⸗ zubegreifen hat. Die verbündeten Regierungen gehen ferner von der Auffassung aus, daß bei einer derartigen gesetzlichen Regelung aus⸗ reichende Fürsorge zu treffen ist, daß auch die Minderheiten genügend geschützt sind, und daß die anerkannten Berufsvereine, welche lediglich die wirtschaftlichen Interessen der Arbeiter vertreten sollen, sich von dieser gesetzlichen und eventuell statutarischen Grundlage nicht ent⸗ fernen dürfen.
Was die Schaffung einer Arbeitsvertretung anbetrifft, so ist be⸗ sonders in den Verhandlungen des Reichstags vom 16. Januar 1901 ausgeführt, daß man die betreffenden Bestimmungen des Gewerbe⸗ gerichtsgesetzes erweitern müsse, um den Arbeitern Gelegenheit zu geben, im Sinne der Kaiserlichen Botschaft vom 4. Februar 1890 in fried⸗ licher Weise ihre Wünsche und Interessen sowohl gegenüber den Arbeitgebern wie gegenüber den Behörden zu vertreten. Ent⸗
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Wünschen hat demgemäß der § 75 Abs. die Fassung erhalten:
Das Gewerbegericht ist berechtigt, in gewerblichen Fragen An⸗ träge an Behörden, an Vertretungen von Kommunalbehörden und gesetzgebenden Körperschaften der Bundesstaaten oder des Reichs zu richten.
Damit war bereits ein grundlegender Schritt geschehen zur Bildung von Arbeitsvertretungen, welche in der Allerhöchsten Bot⸗ schaft vom 4. Februar 1890 verheißen sind. Die verbündeten Re⸗ gierungen sind bereit, auf dieser Grundlage Arbeitsvertretungen weiter auszubauen, welche dem allgemeinen Grundsatz des genannten Aller⸗ höchsten Erlasses entsprechen. (Bravo!)
Was schließlich die Frage der Errichtung eines eigenen Reichs⸗ arbeitsamts betrifft, so kann es sich nur darum handeln, die arbeits⸗ statistische Abteilung des Statistischen Amts des Reichs in gleicher Weise zu einer unter dem Reichsamt des Innern stehenden selb⸗ ständigen Behörde auszubilden, wie etwa die biologische Abteilung abgegrenzt und selbständig gemacht werden soll gegenüber dem Reichs⸗ gesundheitsamt. Ob und wann ein derartiger Weg zu beschreiten ist, wird von den Verhandlungen über den Voranschlag der künftigen Jahre abhängen. (Bravo!)
Auf Antrag des Abg. Gröber (Zentr.) beschließt das Haus die Besprechung der Interpellation.
Abg. Legien GSen: Die heutige Erklärung des Staats⸗ sekretärs lautet wesentlich anders als die, die im Jahre 1895 der damalige Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe abgab. Fürst zu Hohen⸗ lohe erklärte damals, die verbündeten Regierungen seien sich nicht einig, es stände nach keiner Richtung hin in Aussicht, daß eine Rege⸗ lung der Materie erfolgen würde. Die heutige Erklärung läßt vor allen Dingen eine nähere Angabe darüber vermissen, wann eine Rege⸗ lung, die der Staatssekretär in beschränktem Maße in Aussicht gestellt hat, erfolgen wird. Wir erhalten also auch heute nach eine Erklärung, die hinsichtlich des Zeitpunkts in keiner Weise verbindlich ist. Seit mehr als drei Jahrzehnten beschäftigen sich die Oeffentlichkeit und die gesetzgebenden Körperschaften mit dieser Frage. Außerdem haben Frankreich, England, die Vereinigten Staaten parallel laufende Gesetze, auf Grund deren sich immerhin eine Uebersicht gewinnen läßt. Aber wenn diejenige Partei, die heute die Interpellation ein⸗ ebracht hat, die u. hätte energisch vertreten wollen, so wäre ie längst geregelt. Hat denn der Reichstag absolut keinen Einfluß auf die verbündeten Regierungen? Gilt denn sein Wort gar nichts? Wenn die verbündeten Regierungen sich konsequent auf den Standpunkt stellen, daß sie über Initiativanträge und immer wieder⸗ kehrende Forderungen des Reichstags hinweggehen, dann haben wir nicht den geringsten Anlaß, der Regierung bei ihren Anträgen zu folgen. öer hat sich aber nicht nur in Etatsangelegenheiten, in Heer und Marine auf den Boden der Regierung gestellt, sondern auch im Zolltarif ging sie mit derselben Regierung, die sich seit Jahrzehnten den vom Reichstag gestellten Anträgen gegenüber ablehnend verhält. Es hat gerade der ausschlaggebenden Partei des Reichstags an der nötigen Energie, und ich möchte sagen, an dem guten Willen gefehlt. Die organisierte Arbeiterschaft stellt sich der Frage der Interpellation verhältnismäßig kühl gegenüber. Die in Gewerkschaften vereinigten Arbeiter und Arbeiterinnen meinen allerdings, daß das, was hier ver⸗ langt wird, ihren Wünschen entsprechen würde. Aber die vereinigte Arbeiterschaft hat kein Vertrauen zur Regierung, kein Vertrauen zu den Mehrheitsparteien. All die kleinen Vereine und Verbände be⸗ finden sich in derselben übelen Lage, daß ihnen der Rechtsboden fehlt. Alle organisatorischen Einrichtungen sind vollständig dem Willen der Verwaltungsbehörden, der 1ecshedn unterstellt. Das Be⸗ dürfnis, hier eine gesetzliche Regelung, eine Sicherstellung der organi⸗ satorischen Einrichtungen herbeizuführen, ist unzweifelhaft vorhanden. Es liegt nicht an dem Wortlaut der Gesetze, die wir in Deutschland haben, daß die Massen der Arbeiterschaft sich unter unserer Staats⸗ und Gesellschaftsordnung gedrückt fühlen, sondern an der Anwendung dieser Gesetze durch die Verwaltungsbehörden und der Auslegung durch die Gerichte. Käme es auf den Wortlaut an, so würden die Arbeiter in Deutschland das weitest ausgebildete Koalitionsrecht haben. Die Verbots⸗ und⸗Strafbestimmungen, die die Arbeiter hindern, sich zu organisieren, bestehen nach dem 8 152 der Gewerbeordnung nicht. Der Gesetzgeber hat seinerzeit jedenfalls nicht in Aussicht genommen, die reaktionären vereinsgesetzlichen Bestimmungen der Einzelstaaten auf das Koalitionsrecht der gewerblichen Arbeiter anwenden zu lassen. Nach meiner Ueberzeugung ist diese Anwendung eine Widerrechtlichkeit. Außerordentlich dehnbar ist der Begriff der „politischen Angelegenheit“, den die meisten partikularen Vereinsgesetze enthalten. Nicht dem guten Willen der Regierung ist es zu verdanken, daß die Aufhebung des Verbindungsverbots erreicht ist, sondern der damalige Reichs⸗ kanzler befand sich durch das Bürgerliche Gesetzbuch gewissermaßen in einer Zwangslage. Nicht erreicht aber ist die Aufhebung des Verbots der Teilnahme der Frauen. Anderseits ist die Zugehörig⸗ keit der Frauen zur gewerkschaftlichen Organisation eine un⸗ bedingte Notwendigkeit. In Sachsen besteht noch immer das Verbot der Beteiligung der Minderjährigen an Vereinen und Ver⸗ sammlungen. Für alle diese Kategorien würde es also nach wie vor beim Ausschluß des Koalitionsrechts bleiben. Die weitere Vorschrift vieler Vereinsgesetze, daß die Vereine, die öffentliche und politische Angelegenheiten erörtern wollen, ein Mitgliederverzeichnis bei der Polizei einzureichen haben, hat wiederholt zum Mißbrauch dieser Verzeichnisse durch die Polizei und zur wirtschaftlichen Schädigung der Vereinsangehörigen geführt, was besonders kraß in Oberschlesien zu Tage getreten ist. Nach der Rechtsprechung des preaßischen Ober⸗ verwaltungsgerichts ist jeder Fabrikarbeiterverein zu Einreichung eines Verzeichnisses verpflichtet. Die weitere Verpflichtung, daß diese Ver⸗ zeichnisse in systematischer Ordnung zu halten und in regelmäßigen Zwischenräumen zu ergänzen und zu berichtigen sind, ist zu einer Quelle bösester Polizeischikanen gegen die Arbeitervereine gemacht worden. Wenn in Preußen die Frauen auch fernerhin von der Teil⸗ nahme an politischen Vereinen ausgeschlossen bleiben sollen, wie Graf von Posadowsky angekündigt hat, so werden dadurch die Arbeiterinnen derselben Polizeiwillkür überantwortet bleiben wie bisher. Die Dinge haben sich tatsächlich so entwickelt, daß den Frauen aus Gerechtigkeit vollständige politische Freiheit gegeben wird und alle Beschränkungen beseitigt werden, die ihrer wirtschaftlichen Organi⸗ sation entgegenstehen. Man mache hier nicht halbe Arbeit. Ich zweifle sehr, ob der preußische Staat heute das Recht hat, an dem preußischen Vereinsgesetz etwas zu ändern, nachdem durch Reichstagsbeschluß und Beschluß des Bundesrats die Sache Reichs⸗ sache geworden ist. Ich würde also die Einbringung einer Novelle für ungesetzlich halten, weil sie im Widerspruch steht mit Artikel 4 der Verfassung. Der Minister des Innern in Frankreich hat in den 1880er Jahren in einem Rundschreiben an die Präfekten sich dahin ausgesprochen, daß sie die Aufgabe hätten, die Neigung zur Vereins⸗ bildung zu erleichtern und den Arbeitern darin volle Freiheit einzuräumen, der Errichtung von Gewerkschaften kein Hindernis in den Weg zu legen, Unparteilichkeit zu üben in dem Verhältnis zwischen Arbeitern und Arbeitgebern. In Deutschland haben der Justizminister und der Minister des Innern den Staatsanwälten und Verwaltungsbehörden den Auftrag gegeben, zu prüfen, ob nicht der Versuch, von nichtorganisierten Arbeitern Beiträge einzutreiben, als Erpressung anzusehen ist, also den betreffenden Paragraphen im Widerspruch zu dem Sinn des Gesetzes auszulegen. Da sollen wir Vertrauen zur Regierung, zur Monarchie, zu den Gerichten und zu den, Verwaltungsbehörden haben? Die Beschlüsse der Frank⸗ furter Versammlung bewegen sich im allgemeinen im Rahmen unserer Wünsche. Glauben Sie (zum Zentrum) aber, daß diese christlichen Arbeiter immer Vertrauen zur Regierung haben werden? Sie werden nicht königstreu bleiben, wenn sie sich überzeugt haben, daß
1 8
2 des Gewerbegerichtsgesetzes
sprechend den in der genannten Reichstagsverhandlung ausgesprochenen
zu dem vom Staatssekretär angekündigten Ausschluß der Staats arbeiterschaft einnehmen, nachdem der Frankfurter Kongreß in seiner großen Mehrheit sich gegen einen solchen Ausschluß ausgesprochen hat? Wird das Zentrum fest bleiben? Ich sehe für einen solchen Ausschluß auch gar keinen Grund ein. Die Arbeiter sind keinen Augenblick davor sicher, daß sie aus dem Be⸗ triebe entlassen werden. Was würde es denn schaden, wenn einmal in Form eines Ausstands der Betrieb ein paar Stunden still stände? Aber ich glaube nicht, daß es dazu kommen würde, und wenn es dazu käme, so wäre es lediglich die Schuld der Verwaltung, z. B. der Eisenbahnverwaltung, die es nicht verstände, sich ebenso mit den Arbeitern zu verständigen, wie die Privatunternehmer. Herr Trimborn wollte das Koalitionsrecht an die Garantie der öffentlichen Ruhe und Sicherheit knüpfen. Eine solche dehnbare Einschränkung würde das ganze Koalitionsrecht illusorisch machen, wie es das Beispiel Hamburgs zur Genüge gezeigt hat. Die dortige ist allmächtig und erklärt, daß sie die Gründe eines Versammlungsverbots nicht anzugeben brauche. Ein Koalitionsrecht von der Polizei Gnaden wollen wir nicht, und das Zentrum sollte doch erst ruhig abwarten, was die Regierung bringen wird, statt ihr Finger⸗ zeige zu geben, wie sie jenes Recht beschränken kann. Namentlich in Crimmitschau hat sich dieselbe Allmacht der Polizei gezeigt wie in Hamburg: die Polizei g. die ausgesperrten Ar⸗ beiter, die zuziehenden Arbeiter über die Situation aufzuklären. Man redet immer von Terrorismus und Roheit der Arbeiter. Hätte sie nicht diese Beschränkung des Koalitionsrechts aufrecht erhalten, eine große Reihe von Fällen des Angriffs von Streikbrechern durch Streikende wäre nicht eingetreten. Einen großen Teil der Schuld an diesen Streikmißhandlungen trägt das Scziaälistengesetz, das die Schulung der Arbeiter 12 Jahre lang unmöglich machte, tragen die Regierung und die Parteien, die es zur Annahme brachten. Die privilegierten Stände tragen ihre persönlichen Differenzen durch das Duell aus, sie schlagen sich die Nasen kaput oder schießen sich über den Haufen; diese Schicht hätte alle Ursache, von diesen Prügelsitten abzulassen, aber die bestehen weiter; für die Arbeiter aber, die einmal aneinander geraten, hat man nur tiefste Ver⸗ achtung und höchste Entrüstung. Gewiß kommen solche Fälle vor, aber sie entspringen schließlich dem widerrechtlichen Eingreifen der Polizei zu Gunsten der Unternehmer. Die meisten Fälle dieser Art treten erst ein, nachdem die Polizei in dieser Weise Stellung genommen hat. Ist denn der Unwille der Ausständigen unbegreiflich, wenn sie sehen müssen, wie die Streikbrecher unter dem Schutz der Polizei zur Arbeitsstätte geleitet werden? Ich erinnere an die Zuchthausurteile in Löbau, Bromberg, Breslau, besonders in dem letzteren Falle habe ich die Vermutung, daß es bei dem betreffenden Richter nicht mehr normal stand, daß bei ihm schon eine Gehirnkrankheit ausgebrochen war.
Vizepräsident Dr. Paasche ruft den Redner wegen dieser Be⸗ leidigung zur Ordnung. (Zwischenruf rechts: Unverschämtheit!) Abg. Legien wendet sich gegen diesen Zwischenruf und wird vom Vize⸗ präsidenten Dr. Paasche nochmals rektifiziert, worauf er entgegnet: Mir wurde von rechts: Unverschämtheit! zugerufen, und darauf habe ich erwidert. Abg. von Oertzen (Rp) erhebt sich und erklärt: Ich habe das Wort Unverschämtheit gerufen. Vizepräsident Dr. Paasche 29. den Abg. von Oertzen wegen dieses Ausdrucks ebenfalls zur
rdnung.
Abg. Legien (fortfahrend): Das Unternehmertum von Crim⸗ mitschau hat hier Lobredner gefunden. Es handelte sich dort um die Erringung des Zehnstundentags; die Arbeitgeber boten den Arbeitern ganze fünf Minuten Arbeitszeitverkürzung. Das ist der reine gewesen. Der Ausstand ist beendet worden, obwohl Mittel zu seiner Fortführung über Ostern hinaus vorhanden waren; aber man mußte die Rache des Unternehmertums fürchten, die nachher eine große Zahl der Ausgesperrten nicht wieder in Arbeit zu stellen entschlossen war. Das sollte so viel wie möglich verhütet werden; als Bittende werden diese weiter Ausgesperrten nicht den Fabrikanten kommen; dafür ist gesorgt. Man spricht so viel von dem Zusammenschluß des Unternehmertums und seinem Siege, man hat aber gut von Ueber⸗ windung der Arbeiter reden, wenn man ihnen die Hände bindet und die Unternehmer unterstützt. Wir brauchen nicht nach einem Sünden⸗ bock zu suchen; der ist gegeben, es ist die sächsische Regierung, es sind die sächsischen Behörden. Der Bürgermeister soll vermittelt haben und wird dafür von dem sächsischen Bundesratsvertreter gelobt. Ja, er hat überall den Austritt aus der Organisation von den Arbeitern verlangt; das war seine vermittelnde Tätigkeit. Nicht die Arbeiter melden sich ab, sondern die Fabrikanten melden ihre Arbeiter ab. Das sind die Crimmitschauer Fabrikanten, die im Gemeininteresse gehandelt haben. Die Fabrikanten haben sich fest zusammengeschlossen und nehmen den Arbeitern ihr Koalitionsrecht. Der unglückliche Ausgang der Crimmitschauer Aussperrung hat die Widerstandsfähigkeit der Arbeiterschaft nicht im geringsten geschwächt. Ausstände und Aus⸗ sperrungen sind immer Machtfragen; aber die Darstellung, daß hier die Machtfrage von der sozialdemokratischen Partei heraufbeschworen war, ist falsch. Die Aussperrung dort hat mit der Partei⸗ leitung gar nichts, und mit der Partei nur insoweit etwas zu tun,
ein großer Teil der dortigen Arbeiter der Partei angehört. (Vizepräsident Dr. Paasche ersucht den Redner, über den Ausstand nicht in solcher Ausführlichkeit weiter zu sprechen) Ich habe nur angeknüpft an dasjenige, was hier über diesen Streik bereits gesagt und besonders von dem Bundesbevollmächtigten für Sachsen vertreten worden ist. Denn Hand in Hand mit dem Sondergesetz für die Berufsvereine muß die gesetzliche Sicherung des Koalitionsrechts gegen⸗ über denen geben, die es zu sichern und zu schützen berufen sind. ie Sozialdemokratie verlangt die Schaffung einer v Vertretung der Arbeiter, ganz unabhängig von der Frage der Berufsvereine; wir verlangen ein Reichsarbeitsamt. Das Wichtigste aber, was die Arbeiter brauchen, ist ein freies Koalitions⸗, ein freies Vereins⸗ und Ver⸗ sammlungsrecht, alle anderen Fragen laufen nur nebenher.
Staatssekretär des Innern, von Posadowsky⸗Wehner:
Ich möchte gegenüber den Ausführungen des Vorredners sofort einen Einwand erheben. Der Herr Vorredner hat erklärt, er würde es für ungesetzlich halten, wenn in Preußen an dem Vereinsrecht noch etwas geändert würde. Ich glaube, er steht damit im Widerspruch mit der staatsrechtlichen Auffassung der meisten Steaatsrechtlehrer. Ich erinnere nur daran, daß im Strafgesetzbuch ausdrücklich die Vor⸗ schriften des Landesrechts gegen einen Mißbrauch des Vereins⸗ und Versammlungsrechts aufrecht erhalten sind, und ich erinnere weiter daran, daß in der Strafprozeßordnung die landesrechtlichen Vor⸗ schriften aufrecht erhalten sind über das Verfahren bei Zuwider⸗ handlungen gegen die Vorschriften des Vereins⸗ und Versammlungs⸗ rechts. Ich könnte Ihnen die allernamhaftesten Staatsrechtlehrer an⸗ führen, die auf dem Standpunkte stehen, daß Artikel 4 der Reichs⸗ verfassung zunächst lediglich einen promissorischen Charakter hat, und daß die Einzelstaaten unzweifelhaft befugt sind, so lange ihr Landes⸗ recht auf dem Gebiete des Vereins⸗ und Versammlungsrechts zu ändern, solange wir nicht ein alle Bestimmungen des Vereins⸗ und Versammlungsrechts regelndes Reichsvereinsrecht haben. (Sehr richtig! rechts.) Wenn ein Einzelstaat sein Vereinsrecht ändert, so steht er deshalb mit den Vorschriften der Reichsverfassung nicht im Widerspruch. Abg. Dr. Hieber (nl.): Die Erklärung des Steaatssekretärs über die Rechtsfähigkeit der Berufsvereine ist von uns mit Be⸗ friedigung vernommen worden; allerdings war es hohe Zeit, 8 die Regierung eine solche Erklärung abgegeben hat. Es sind heute gerade 9 Jahre, daß Fürst zu Hohenlohe ebenfalls auf eine Inter⸗ llation Lieber erklärte, die Vorarbeiten hätten noch zu keiner Be⸗
schlußfassung der preußischen Staatsregierung geführt. Ich kann nicht zugeben, daß wir nach der heutigen Erklärung des Staatssekretärs
Staatsminister Dr. Graf
manches faul im Staate ist. Welche Stellung wird das Zentrum nun
auf demselben Boden stehen wie früher. Wir dürfen hoffen, daß