1904 / 32 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 06 Feb 1904 18:00:01 GMT) scan diff

Materialprüfungsamt in Dahlem Das Bedrucken

des Papiers mit Kopfaufdruck oder Formularvordruck ist als „Ingebrauchnahme“ nicht anzusehen. Soweit jedoch das Papier nicht schon bedruckt geliefert wird, hat die Peufung vor dem Bedrucken zu erfolgen.

Die Gebühr für die Prüfung einer Papiersorte durch das Materialprüfungsamt beträgt 20 Ergibt die Prüfung, daß das Papier den Anforderungen genügt, so hat die Behörde, anderenfalls der Lieferant die Prüfungsgebühr zu zahlen.

Die an das bö“ einzusendenden Proben nüssen aus zehn Bogen Papier, zehn 1. oder Aktendeckeln von jeder zu prüfenden Sorte bestehen und einzeln aus verschiedenen Stellen der Lieferung und aus Paketen, die noch nicht geöffnet waren, bei größeren Lieferungen aus nindestens fuüͤnf Paketen, entnommen werden; sie sind zwischen teife Deckel zu verpacken und dürfen nur so weit geknifft verden, daß die ungeknifften Flächen mindestens 26,5 21 cm groß bleiben. 81

Das Materialprüfungsamt hat in seinen Prüfungs⸗ zeugnissen neben der Angabe der Einzelergebnisse der Prüfung zu bescheinigen, ob das Papier die Bedingungen für die Stoffzusammensetzung, Festigkeit und Leimung erfüllt oder nicht erfüllt. Letzterenfalls ist ersichtlich zu machen, inwieweit den Anforderungen nicht genügt ist.

Auf Antrag und gegen Erstattung der Kosten können den Papierfabriken, deren Wasserzeichen eingetragen ist, die Ergeb⸗ nisse der amtlicherseits veranlaßten Prüfungen ihrer Papiere

em Materialprüfungsamt mitgeteilt werden.

Papiere, die nach dem Urteile der Behörden 4 Abs. 2) oder nach den Prüfungszeugnissen des Materialprüfungsamts 7 Abs. 1) den Bedingungen nicht genügen, sind zurück⸗ zuweisen.

Hat das Materialprüfungsamt bei den im Auftkage von Behörden vorgenommenen Prüfungen der Erseugnäse einer Fabrik im Laufe eines Jahres mehrfach grobe Verstöße gegen die Bestimmungen festgestellt, so ist die Fabrik von dem Materialprüfungsamt zu verwarnen.

Als grobe Verstöße gelten Abweichungen gegen die Stoff⸗ und Festigkeitsklasse, die bei achtsamer Fabrikation und ewissenhafter Kontrolle der Ware vor Abgang aus der Fabrik hätten erkannt werden müssen.

Bleibt die Verwarnung erfolglos, so kann die Fabrik durch Streichung ihres Wasserzeichens in dem amtlichen Ver⸗ zeichnisse von ferneren Lieferungen für staatliche Behörden ausgeschlossen werden. Die Entscheidung hierüber erfolgt durch den Minister für Handel und Gewerbe.

Die Löschung des Wasserzeichens wird im „Reichs⸗ und Staatsanzeiger“ bekannt gemacht. 1

Nach Ablauf von zwei Jahren kann die betreffende Fabrik unter Vorlegung von Proben ihres Papiers bei dem Material⸗ prüfungsamte die Wiedereintragung ihres Wasserzeichens be⸗ antragen. Ueber den Antrag entscheidet auf Grund gutacht⸗ lichen Berichts des Materialprüfungsamts der Minister für Handel und Gewerbe.

Die Behörden dürfen in ihren Lieferungsbedingungen andere als die bei den Verwendungsklassen angegebenen Grenzwerte für Stoff, Festigkeit und Gewicht des Papiers nicht vorschreiben.

In den Verträgen über Papierlieferungen bezw. bei mündlicher Erteilung des Lieferungsauftrags ist auszubedingen, daß der Lieferant sich den für ihn aus diesen Bestimmungen folgenden Verpflichtungen zu unterwerfen habe.

Diese Bestimmungen sind jedem Lieferungsvertrag an⸗ zuhesten und zu dem Zweck von dem Königlichen Material⸗ prüfungsamt in Dahlem auf Verlangen abzugeben.

§ 10.

Die unter dem 17. November 1891 erlassenen Vorschriften für die Lieferung und Prüfung von Papier zu amtlichen Zwecken treten außer Kraft. .“ 2

Berlin, den 28. Januar 1904.

Königliches Staatsministerium. Graf von Bülow. Schönstedt. Graf von Posadowsky. von Tirpitz. Studt. Freiherr von Rheinbaben. von Podbielski. Freiherr von Hammerstein. Möller. Budde. von Einem.

Denutzchar Nelichsang. 25. Sitzung vom 5. Februar 1904. 1 Uhr.

5

Tagesordnung: Fortseßung der zweiten Beratung des

Reichshaushaltsetats für 1904 bei dem Etat des

Reichsamts des Innern, und zwar bei der an den

Titel 1 der Ausgaben („Gehalt des Staatssekretärs“) ge⸗ knüpften Diskussion. m

Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen

Nummer d. Bl. eg, nn

Abg. Patzig (ul., fortfahrend): Die Kritik der Sozialdemokratie

unseren Anträgen ist natürlich so schroff wie möglich. Aber

sie uns über? Praktische Vorschläge hat sie nicht

sie hat nur unsere Einrichtungen, unsere Monarchie, unsere

und unsere Armeezustände maßlos kritisiert.

Fischer meinte, alle? liken stünden in bezug auf Gleichberechti⸗

gung an erster Reihe und 7227 unserem allgemeinen Wahl⸗

recht: Die sonaldemokratischen Rehner suchen einen Haß in unsere

Arbeiterschaft bineinzutragen, der den ganzen Staat richtet,

den sie einen Klassenstaat nennen. Die Sache wäre richtig, wenn sie

statt Arbeiterschaft Sozialbemokratie und statt Klassenstaat rfasungs

Dieser deutsche Verfassungsstaat würde von der Sozial⸗

nicht das mindeste zu erwarten haben. Sozial⸗

und einer Ungerechtigkeit erfüllt, der

3 1 ,I. in Dresden, er sei der Tod⸗

Gesellschaft, und die Herren sind hierher⸗

ber. „stürmischer und schroffer hier vorzugehen

2 272 Thungen, in die soztalen und wirt⸗ ichen n werden von der Sozial⸗ ie lne te 1 doch nicht finden. Wo 89282. 7 Auß rachtung des Auslandez

Die

22 bat 7 slann ein. Was hat denn Frankreich 7 4. Web st nichts in sozialpolitischer 1 eine sind am itert; eine sozial⸗ fall⸗

von Maßregeln

entpru 2ℳℳ

2 terte die

ben ubliken wird von

Teil auch sotialistischen Mehr⸗ rrichtungen ein 174 Wider⸗ 291 18, Peußsche Reic,

1111““

das in lunhes Zeit das 29jäprig Jubiläum der ersten Kaiserlichen a

1“ 111“

Botschaft feiern kann. Derselbe Racker Staat, den Sie (zu den Sozial⸗ demokraten) bekämpfen, hat schon frühzeitig eine Enquete veranstaltet, die zur Gewerbeinspektion führte. Wie weit sind wir seit 25 Jahren? Herr Fischer klagt freilich darüber, daß nicht einmal jährlich eine Be⸗ aufsichtigung der Betriebe stattfindet. Gewiß, es wäre zu wünschen, daß eine höhere Ziffer von Betrieben, wenn auch nicht alle, beaufsichtigt würde. Aber es ist doch ein Fortschritt, daß die Hälfte aller gewerblichen Be⸗ triebe jährlich beaufsichtigt wird. Das zeigt doch, wie falsch es ist, zu sagen: lasset alle a draußen, mit diesem Staat ist nichts zu erreichen. Im Jahre 1903 sind 200 Millionen ausgegeben für die Krankenversicherung, 118 Millionen für die Unfallversicherung und 112 Millionen für die Invaliden⸗ und Altersversicherung; bald wird die halbe Milliarde erreicht sein. Ist das nichts? Wenn die Arbeiter ihrerseits mit solchen Dingen hervorgetreten wären, so hätten die praktischen Engländer ihnen gesagt, das könne die Produktion nicht ertragen. Jetzt zeigt sich, daß wir sogar die Witwen⸗ und Waisen⸗ versicherung für die Arbeiter werden tragen können, und eine Arbeits⸗ loscgeerfeae e ist wenigstens vorbereitend in die Wege geleitet worden. Glauben Sie in Ihrem Zukunftsstaat irgend eine Einrichtung treffen zu können, bei der eine Abnutzung der menschlichen Arbeit nicht stattfindet, bei der es keine Invaliden geben wird? Der Staat hat ja selbst der Abnutzung der Arbeit und dem Erwerbssinne gewisse Schranken gesetzt. Darum ist nichts ungerechter, als wenn gesagt wird, daß ein gewisses Herrentum bei uns bestünde, das die 8 rbeiter auszubeuten suche. Die betreffenden Gesetze werden doch ausgeführt. Wir werden ja demnächst eine Denkschrift erhalten an der Hand der Berichte der Gewerbeinspektoren. Das ist dankbar zu begrüßen. Ich stimme auch dem Staatssekretär darin bei, daß es nicht Sache dieser Berichte der Gewerbeaufsichtsbeamten ist, subjektive Urteile zu fällen. Hat der Beamte solche Meinungen und Urteile zu äußern, so soll er sie in anderer Weise an das Reichsamt des Innern gelangen lassen; diese Berichte aber sollen uns eine objektive Darstellung von Tatsachen bieten. Die Frage der Regelung der hausindustriellen Verhältnisse, wie sie der Antrag von Heyl fordert, wird auch erst dann praktisch zu lösen sein, wenn die Gewerbeaufsicht die tatsächlich bestehende Arbeitszeit in der gesamten Hausindustrie genau ermittelt haben wird. Die Sozialdemokratie sagt nun, der moderne Staat sei ja überhaupt nicht in der Lage, solche Fragen, wie die große Arbeiterversicherung, zu

lösen, und ihre Wortführer bringen nach ihrer Art auch Beweise

dafür bei. Ich bin durchaus der Meinung, daß es vorschnell sein würde, die bisherige Selbstverwaltung auf dem Gebiete der Arbeiter⸗ versicherung durch einen mehr hierarchischen Aufbau zu ersetzen, wie es der Staatssekretär als über kurz oder lang erforderlich bezeichnet hat; jedensalls muß da mit größter Vorsicht vorgegangen werden. Sehr körderlich hat sich die sozalpolitische Arbeit des amtlichen „Reichs⸗ arbeitsblatts“ erwiesen, die aller Anerkennung wert ist. Ich wünsche nur, die Rubriken in diesem Organ erweitert werden nach einer Seite hin, die für die Beruhigung der Arbeiter sehr wichtig ist: nach der Seite hin, daß wichtigere Entscheidungen aus der Rekursinstanz und aus den Sentn mitgeteilt werden, um die Oeffentlich⸗ keit des Verfahrens, die ja ohnehin gegeben ist, noch zu verstärken. Wir werden dann Klarheit bekommen daruüber, was es mit den Klagen über hartherzige Abweisungen gewisser Beschwerden und dergleichen auf sich hat. Auch die Klagen über die Schwerfälligkeit des Abfertigungsverfahrens bei den Postämtern sind berechtigt, und es muß hier Abhilfe erfolgen. In dem Korrespondenzblatt der Generalkommission sür die Gewerk⸗ schaften Deutschlands werden derartige Fälle mit einer solchen tendenziösen Einseitigkeit behandelt, daß eine amtliche authentische Darstellung im „Reichsarbeitsblatt“ dringend von nöten ist. Die Sozialdemokratie ist stark in der Kritik, aber unfähig zu positiven Vorschlägen; trotzdem nimmt sie alles, was jetzt an sozialpolitischen Fortschritten durch⸗ geführt ist, als ihr Verdienst in Ansprnch. Das ist aber ebenfalls ein schwerer Verstoß gegen die geschichtliche Wahrheit. Lange ehe man an Marx und Lassalle dachte, waren bei einsichtigen Arbeitskennern, bei den Stumm, Krupp, Faber, Cornelius, Heyl alle jene Ein⸗ richtungen, wie Krankenkassen usw., schon vorhanden. Als Herr von Heyl den Vorhang vor dem eigenen Schaffen der Sozialdemokratie bei uns und im Auslande etwas lüftete, haben sich die Herren sehr entrüstet. Ich behaupte aber, daß, von kleinen Irrtümern im Detail abgesehen, an der Richtigkeit der von Herrn von Heyl gegebenen Dar⸗ stellung nicht zu zweifeln war. Sie (zu den Sozialdemokraten) haben bis 1893 gegen die Wuchergesetzgebung gestimmt, davon können Sie nichts abstreiten; Sie haben der Versicherungsgesetzgebung widerstrebt, und Ihre Art des Arbeiterschutzes würde nichts als eine Quelle endloser Streitigkeiten zwischen Arbeitern und Arbeitgebern gewesen sein. Auch die Steuergesetzgebung in Hessen hatte sich Herr Ulrich außerordent⸗ lich leicht gemacht; er hat sich selbst nachher berichtigen müssen. Die Schwierigkeiten des Herrn Finanzministers Ernst in Zürich sind vorhanden; seine wunderbaren haben einstweilen nur bewirkt, daß dort die Steuerdefraudationen ins Weite gehen. Man wirft uns vor, wir nähmen den Arbeitern mit dem Zolltarif ihr Geld ab und böten ihnen dafür nur das Stückchen trockenes Brot des Arbeiterschutzes; aber wie stellen Sie sich denn jetzt zu der Affäre Schippel? Der zweite Teil seiner Ausführungen ist allerdines ein krasser Gegensatz zu den sozialdemokratischen Wahlaufrufen, die die Möglichkeit des Abschlusses von Handelsverträgen auf der Grund⸗ lage des neuen Zolltarifs für eine bare Unmöglichkeit erklärten. Der Uebergang zu Ihrem Zukunftsstaat würde schließlich zwei Diktaturen notwendig machen, den kurzen Rausch der Diktatur des Proletariats und dann die Diktatur des Büttels, der dem einzelnen seine Ver⸗ pflichtung gegen das Ganze in einer Weise einzuprügeln hätte, die mit Freiheit nichts mehr zu tun hätte. Sie können die Sache ö. wie Sie wollen: es wird niemals einen Kommunismus geben, der demokratisch ist, und niemals eine Demokratie, die kommunistisch ist. Heute lehnt die Sozialdemokratie jede Ver⸗ antwortung für den Crimmitschauer Ausstand ab. Dieser Kampf war kein wirtschaftlicher mehr die Führer erklärten, es handele sich hier um einen Klassenkampf. Die wirtschaftliche Frage kommt erst wieder in den Vordergrund, wenn die ausgeglichen werden, die in dem fünfmonatigen Kampfe zwischen Arbeitgebern und Arbeitern angerichtet worden sind. Ich hoffe, daß dann allmählich eine Erleichterung in der Arbeits⸗ weise eintreten wird. Augenblicklich wird das nicht möglich sein, weil man erst den eigenen Verlust wieder ausgleichen muß, die Arbeiter werden erst lange Zeit arbeiten müssen, um die Schulden zu bezahlen, die sie bei anderen Organisationen gemacht haben. (Zwischenruf bei den Sozialdemokraten.) Die Arbeiterorganisationen hatten ein Interesse daran, den Kampf abzubrechen, ehe die Arbeitswilligen in ihnen die Mehrheit bekamen. Es wird noch Monate dauern, bis eine Beruhigung zwischen Arbeitswilligen und Streikenden ein⸗ ist. Aus einer Umfrage an Arbeitswillige geht hervor, daß is in die Arbeitshütten ein Druck ausgeübt worden ist, der ganz ungeheuerlich war. Es wurde den Leuten gesagt; Ihr seid verachtet vor aller Welt, wenn Ihr die Arbeit aufnehmt: kehrt Ihr zurück, so werdet Ihr etwas erleben. In Meerane haben sich sogar einzelne Arbeitswillige erhängt. (Lachen bei den Sozialdemokraten.) Jawohl, das läßt sich beweisen. Zweifellos ist eine Menge von Drohungen ausgestoßen worden, welche die Arbeitswilligen einschüchterten. ir erwarten von den Fabrikanten, daß sie alles tun, um diese Arbeitswilligen in ihren Betrieben zu erhalten, und lieber die anderen entlgssen. Vor einem halben Fahe hätte ich nicht geglaubt, daß plötzlich das Unternehmertum sich solivarisch zeigen würde. Discite moniti. An der Mauer dieses Unternehmertums werden Sie sich (zu den Sozial⸗ demokraten) die Köpfe einrennen. Lehren aus dieser Bewegung zu jehen, wird jedermanntz sein. Alles das soll uns aber nicht

indern, fortlufahren in der Sozialreform. Unser Antrag, ein einheit⸗ liches Vereins⸗ und Versammlungzrecht zu machen, hängt ursächlich mit den Vorgängen in Crimmitschau zusammen. Wir sind bereit, auf allen diesen Gebieten mitzuarbeiten. Wir dürfen mit Stolz feststellen, da in Deutschland ein Arbeitgebertum vorhanden ist, das gern mitschafft und die Opfer auf sich nimmt, die wir ihm im allgemeinen Interesse auferlegen müͤssen. Ich hoffe, vaß wir aut diesem fleßtgen nicht über⸗ stursten Schaffen herautz einen Zustand bei uns erhalten, der uns vor den Verwüstungen bewahrt, wie sie angerichtet werden durch eine Partei,

E11““

von dem Augenblick an, wo

die nur das Bestreben hat 8 de herbeizuführen, die diesen Staat oder diese bürgerliche Gesehlf aft zu stürzen geeignet sind.

Abg. Dr. Müller⸗Meiningen (fr. Volksp.): 8* Patzig agte, wir seien in den 1880 er Jahren auch in sozialer Beziehung sehr fruchtbar gewesen. Jedenfalls haben wir damals die Resolutionen nicht belastet. Wer Recht behält, der Optimist oder der Skeptiker, in bezug auf die Förderung unserer Arbelten, wird der 23. oder 24. März zeigen. Neun Zehntel von dem, was der Herr Vertreter von Hamburg neulich hier ausgeführt hat, gehörte überhaupt nicht zur Sache. Er war gar nicht angeregt dazu, nur irgendwie im allgemeinen über und Bordelle, Feasernicrun und Lokalisierung der Prostitution zu reden, denn ich habe mit keinem Worte von all diesen Dingen vom prinzipiellen Standpunkt aus gesprochen. Warum nicht? Ich bin kein Sachverständiger auf diesem Gebiete. Ich überlasse das den Sachverständigen. Außerdem ist es Sache der Hygieniker und Mediziner, sich mit dem Herrn Vertreter von Hamburg auseinander⸗ zusetzen. Herr Syndikus Schäfer kann nicht bestreiten, daß durch die Staatsanwaltschaft in Hambureg fatsschnig, das Bordell⸗ wesen anerkannt ist. Unter diesen Unctänden atte er kein Recht, zu sagen: Wir haben in Hamburg keine Bordelle im poltzei⸗ technischen Sinne. Das glaubt Ihnen niemand, und das glaubt vor allem niemand nach den letzten Ausführungen des Herrn Dr. Schäfer. Nun war der Herr Vertreter von Hamburg ganz besondert stolz darauf, daß das Kasernierungs⸗ und Lokalisierungssystem das uhälter⸗ unwesen vollständig 8” habe. Ich möchte den Herrn Vertreter, den ich zu meiner großen Freude hier sehe, fragen, wie es sich mit einer Notiz verhält, die ich wunderbarerweise gerade gestern zum richtigen Zeitpunkt in der ranefürter Zeitung“ las. In dem im Februar 1904 erschienenen Berichte des Budgetausschusses der Bürgerschaft Hamburgs stehen folgende Stellen: „Wie ständige Zunahme der heim⸗ lichen Prostitution und mit ihr des Zuhaͤlierwesens machen es im öffentlichen Interesse erforderlich, diesen verderblichen Erscheinungen mehr Aufmerksamkeit zuzuwenden, als es bei dem bisher verfügbaren Bestand von Arbeitskräften möglich war.“ Nichts als Widersprüche. Ich muß doch annehmen, daß der Herr Vertreter von Hamburg uns heute darüber Aufschluß gibt, was richtig ist: seine Ausführungen oder die in dem Beschluß des Budgetausschusses der Bürgerschaft, die tatsächlich diese erhöhten Mittel zur Bekämpfung des Dirnenwesens bewilligt hat. Das Merkwürdige ist, daß der Herr Vertreter von Hamburg bis zum Schlusse meiner Ausführungen überhaupt nicht verstanden hat, warum ich diese Frage vorgetragen habe. Ich habe ausdrücklich gesagt, daß die tatsächlichen Verhältnisse in einer Reihe von Bundesstaaten und in erster Linie sogar der Republik der Freien und Hansestadt Hamburg zeigen, daß unsere Bestimmungen auf dem Gebiete des Vereins⸗ und Versammlungswesens unhaltbar sind. Ich habe weiter nichts erwähnt, als daß Ham ung gewissermaßen ein typisches Beispiel dafür ist. Nun bin ich dem Herrn Vertreter Hamburzs dankbar, er hat die Haupt⸗ sache meiner Ausführungen vollkommen zugegeben, daß nämlich die Person der betreffenden Frauenführerin, die mir mein Material lieferte, es allein war, welche die Schikanen der Hamburger Polizei hervorgerufen hat. Es ist ja wahr, Sachsen und Reuß ä. L. müssen geradezu vor Neid bersten, daß sie auf die wunderbare Idee noch nicht gekommen sind, daß man eine Versammlung verbieten könne, weil in der Diskussion eine 1 von der man noch gar nicht weiß, ob sie überhaupt in der Diskussion auftreten wird, etwas agen könnte, was dem Herrn Polizeileutnant nicht behagt. Ich möchte mit einigen Worten den Beweis für meine Behauptungen bezüglich der Handhabung des Vereins⸗ und Ver⸗ sammlungsrechts in Hamburg erbringen und bitte den Herrn Ver⸗ treter von Hamburg, mir klipp und klar zu erwidern. Daß ich berechtigt bin, das Hamburger Vereinsgesetz ultrareaktionär zu nennen, zeigen die Bestimmungen des § 1 und 2 dieses Gesetzes. § 1 lautet: „Vereine und Versammlungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit mit dem Gesetz in Widerspruch stehen, oder den öffentlichen -. oder die öffentliche Sicherheit gefährden, sind verboten.“

as heißt das, die öffentliche Sicherheit gefährden“? Nach den Ausführungen des Herrn Dr. Schäfer gefährdet es die öffentliche Sicherheit, wenn eine Dame, die bei der Hamburger Polizei nicht beliebt ist, sich in einer Versammlung einmal versprechen könnte. § 2 dieses Gesetzes lautet: „Bei dringender Gefahr für den öffentlichen Frieden oder die öffentliche Sicherheit ist die Polizei⸗ behörde berechtigt, jede öffentliche oder nicht öffentliche Versammlung zu versagen.“ Was gefährdete die öffentliche Sicherheit in dem be⸗ sonderen Falle? Weiter nichts, als daß eine bei der Hamburger Polizei unbeliebte Dame eine Versammlung einberief. Daß man mit diesen Bestimmungen alles machen kann, liegt auf der Hand, und man macht mit diesen Kautschukbestimmungen auch alles, wie die folgenden Fälle beweisen. Im November 1902 wurde eine Frauenversammlung verboten, in der das Thema eröͤrtert werden sollte: „Der zweite internationale Kongreß in Brüssel und die Reglementierung der Prostitution.“ Dann hat die betreffende Dame eine Versammlung einberufen mit dem Thema: „Das Hamburger Vereinsgesetz und die Frauen“. Der überwachende Beumte hat die Versammlung sofort aufgelöst, als die Dame auf die Unkenntnis der Unterbeamten zu sprechen kam und sagte, daß sie das Hamburger Gesetz nicht zu kennen schienen. Am 6. Februar 1903 wurde die Generalversammlung des Vereins der Internationalen Föderation aufgelsst, obwohl sie in einem Privathause tagte und keine öffent⸗ 8.S Angelegenheiten erörtert wurden. Es unterliegt keinem Zweifel, daß hier ein qualifizierter Hausfriedensbruch seitens der Beamten vorlag. Gleichfalls verfiel der Auflösung eine Versammlung des Kaufmännischen Vereins „Industria“; als über die Satzungs⸗ änderungen verhandelt werden sollte, brachte man der den Vorsitz führenden Dame die Mitteilung, daß sie zwei Polizisten draußen erwarteten. Als sie nicht hinausging, erschienen einige Minuten später in vollem Wichs die beiden Polizisten im Saal. Als die Dame ihnen sagte, daß sie dort überhaupt nichts zu tun hätten, wurde ihr sofort bedeutet, daß sie die Ver⸗ sammlung zu schließen habe, widrigenfalls gegen sie vorgegangen würde. Die Dame hat die Versammlung tatsäͤchlich geschlossen, um sich nicht eines Widerstandes gegen die Staatsgewalt schuldig zu machen. 2re. ist in Hamburg eine Versammlung nicht erlaubt worden, obgleich vorher die Versammlung eines anderen Frauen⸗ vereins mit ganz demselben Thema, in demselben Lokal und mit Referenten gestattet war. Die Damen Fes. daß das Verbot mit der Person des Referenten zusammenhing, sie haben in⸗ olgedessen den Referenten von seinem Vortrage entbunden. Aber die ersammlung verfiel trotzdem der Auflösung. So wird das Vereins⸗ und Versammlungsgesetz auch heute 158 in Hamburg gehandhabt. Herr Schäfer hat nun im Reichstage einen Ton angeschlagen, von dem er sich sagte, er würde Widerhall zu seinen Gunffen finden; er machte nämlich damit graulich, daß sich Minderjährige in diesen Ver⸗ ammlungen befunden hätten, und er hat ja sofort Beifall auf der dechten und im Zentrum gefunden. Ich habe nun zahlreiche Briefe von Diakonissinnen, Lehrerinnen usw. bekommen, die sich mit größter Entrüstung über seine Auslassungen im Reichstage bdglic 2 Versammlungsverbote und bezüglich der „betreffenden Dame⸗ man denn die jungen Leute von zwöl und vierzehn Jahren aus den Versammlungen nicht entfernt? n allen den Aktenstücken, die sich auf diese Verbote be⸗ ziehen, kommt nicht ein Wort davon vor, c die Verbote erfolgt wären, weil sich Minderjährige in den Versammlungen befanden. Diese Behauptung des Herrn Pügee ist also vollkommen unrichtig gewesen. Zur Fhauenfege 8 at der Staatssekretär bemerkt, von der hae aen Tätigkeit sollten die Frauen ihre Hine⸗ lassen. Welche Unklarheit der Auffassung, lediglich diktiert von seiner Verlegenheit! In der Brust des Otaatbsekretärs sind zwei Seelen: auf der einen Seite der moderne Mann, auf der anderen der Ver⸗ treter der verbündeten Regierungen, die an der preußischen Tradition esthalten wollen. Was ist denn politische Tätigkeit? Wenn die rauen zu den kaufmännischen Gerichten aktiv und passiv das Wahl⸗ recht haben wollen, wenn sie zu dem Universitätsstudium zugelassen werden wollen, wenn sie zum Gewerbeaufsichtsamt zugelassen werden wollen, sind da holthch Betätigungen oder 85 Die Dame in Hamburg, die das Mißfallen des ce

äußern. Warum hat

ern Schaser erregt hat, hat

praktisch mehr geleistet als ein Dutzend von Frauenvereinen, die di Frauenfrage nur mit Glasgondschuhen aven Fr aber nichts .S. 85 den im Elend befindlichen Mitschwestern die 1229 zur Errettung aus seelischer und leiblicher Not zu reichen. Der Stein ist im Rollen auch bezüglich des deutschen Vereinsgesetzes. Vor wenigen Jahren schickte uns die Regierung einen blutjungen Assessor in die Petitionskommission, der dort erklärte, über solche Petitionen bnea , ar nicht verhandelt zu werden, weil die verbündeten Regierungen nicht beabsichtigten, in abseh⸗ barer Zeit an ein Reichsvereinsgesetz zu denken. Das ist denn doch anders geworden. Graf von Posadowsky sagt nun, es werde ein solches Gesetz nicht vorgelegt, weil es im Reichstage nicht so gestaltet werden. würde, daß ihm die verbündeten Regierungen zustimmen könnten. Warum so ängstlich? Versuchen Sie es doch einmal! Diese Zimper⸗ ichkeit ist ganz unangebracht. Und wollen Sie einen solchen cht vorlegen, so könnte es ja aus der Mitte des Hauses geschehen, sofern wir hoffen dürften, daß er auch noch zur Verhandlung käme. Der Antrag Rickert in dieser Beziehung hat ja die große Mehrheit des Hauses seinerzeit gefunden. Wir verlangen nur, was in einer Reihe von Bundesstaaten schon längst Gesetz, was in vielen Kultur⸗ staaten überhaupt Usus ist, was Männer wie Berlepsch, Hammacher, Bennigsen verlangt haben. Aber die Herren, die uns seinerzeit die wunderbare Denkschrift über die uchthausvorlage“ machten, die lassen Sie aus dem Spiele! Das Verlangen nach dem einheitlichen deutschen Vereinsgesetz wird ja von der Linken bis zur äußersten Rechten geteilt; Herr Stöcker war ganz unserer Meinung. Mag der Staatssekretär die Initiative ergreifen. Wir können ja ein Reichs⸗ geseß Hefre er zneren⸗ 9 t ex . wenn wir ein Reichs⸗ ereinsgesetz haben. wünsche im übrigen dem Staatssekretär er bennsihs felg 14 ,8.; bergege. 3 g. Lesche (Soz.): Herr Patzig hat sich ja alle Mühe gegeben, uns als abschreckende Haisderr Hetig at Höchst Mäbe ge kon⸗ trastiert mit seinen Ausführungen, was in diesen Tagen vor der Stichwahl in Osnabrück die nationalliberale „Osnabrücker Zeitung“ über uns geschrieben hat. Da heißt es, niemand könne bezweifeln, daß die Sozialdemokratie nach vielen Seiten hin befruchtend ewirkt habe, und weiterhin wird anerkannt, wie der Ver⸗ sehr zwischen uns und den Nationalliberalen im Reichstage auf der Basis gegenseitiger Achtung sich vollziehe, und der Liberalismus vielfache Berührungspunkte mit unz habe. Dem gegen⸗ über bemüht sich Herr Patzig hier 1 ½ Stunden lang, unsere absolute Unfruchtbarkeit nachzuweisen. Wir sind ia diese rrampfhaften Be⸗ mühungen gewöhnt. Man möchte auf alle Weise in Vergessenheit bringen, daß wir mit allen diesen Forderungen vorangegangen sind, und die bürgerlichen Parteien nur nachhinken. Auch Gcch von Posadowsky versuchte, für die Kaiserliche Botschaft von 1881 die sozialpolitische Priorität in Anspruch zu nehmen. Aber auch in diesem Schlupf⸗ winkel kann ich ihn nicht ungestört lassen. In den Motiven zu dem Unfallgesetz sagte die Regierung, die sozialdemokratische Arbeiterschaft müsse jetzt mit positiven Mitteln bekämpft werden. Damit wurde die Berechtigung unserer anerkannt. Bamberger meinte damals, der Entwurf stehe auf dem Boden des Sozialismus, was Herr Bebel zugeben würde, der 1878 einen ähn⸗ lichen Vorschlag gemacht hatte; nur die Kritik der Sozialdemokratie hat die bürgerliche Gesellschaft zu sozialpolitischen Schritten getrieben. Das Krankenkassengesetz genügte uns nicht, und es genügt uns auch heute nicht. Man wirft uns vor, daß wir nichts Positives schaffen, nur Kritik üben. Wir haben seit Jahren Forderungen gestellt, die auf eine Verbesserung des bisherigen Zustandes hinzielen, z. B. auf eine Vereinfachung und Verbesserung der Versicherungsgesetzgebun durch Verschmelzung der drei Versicherungsarten. Wir hoffen, baß der Unterbau dafür recht bald geschaffen wird. Wenn Herr Beumer behauptet, daß diejenigen über die Notwendigkeit der Verschmelzung der drei Versicherungsgesetze am meisten reden, die sich am wenigsten damit beschäftigt haben, so ist das unrichtig. Durch die letzte Novelle ist das Verfahren auf Grund dieser Gesetze schon komplizierter ge⸗ worden. Das gilt namentlich vom Unfallversicherungsgesetz, unter dem die verletzten Arbeiter infolge der Entscheidungen der Versicherungsanstalten zu kurz kommen. Redner kritisiert die Tätigkeit der Berufsgenossenschaften, insbesondere der neuen Berufs⸗ genossenschaften. Der Arbeiter könne aus den Versicherungsgesetzbestim⸗ mungen nicht klar ersehen, welche Ansprüche er überhaupt habe. Sogar der Regierungsrat Zacher habe anerkannt, daß selbst der Gesetzeskundige sich in den betreffenden Bestimmungen nicht zurechtfinden könne. Was die Arbeitgeber zur 11“ beitragen, belaufe sich nur auf 5 für den Tag und Arbeiter, eine Lohnerhöhung um 5 für den Tag würde also denselben Effekt haben. Das Unternehmerinteresse widerstrebe allen wirklich nützlichen Forderungen der Arbeiter, vor allem einem ausreichenden Koalitionsrecht auch dann, wenn die Regierung zum Nachgeben bereit wäre. Eine bessere Lebenshaltung der Arbeiter würde die ganze Arbeiterversicherung überflüssig machen. Jetzt er⸗ schwerten die Regierung und die Mehrheit des Reichstags diese Lebens⸗ haltung durch die hohen Lebensmittelzölle. Die 600 000 katholischen oder christlichen Arbeiter würden der Kirche nicht treu bleiben, wenn ihre Lebenshaltung nicht verbessert und das Koalitionsrecht nicht in vollem Umfange garantiert würde. Kommissar des Bundesrats, Hamburgischer Syndikus Dr. Schäfer: 8. will auf die Ausführungen des Abg. Dr. Müller⸗Meiningen nicht weiter näher eingehen. Es handelt sich um rein landespolizei⸗ liche Fragen, in denen lediglich nach Landesrecht zu entscheiden ist. Nur den einen Punkt möchte ich hervorheben, daß in Hamburg grund⸗ sätzlich bei der Zulassung von Versammlungen kein Unterschied ge⸗ macht wird, ob die Versammlungen angemeldet werden von Männern oder von Frauen. Das Hamburger Vereinsgesetz macht einen der⸗ artigen Unterschied nicht, und ein solcher Unterschied wird auch nicht von der Polizeibehörde bei der Handhabung des Gesetzes in das Gesetz hineingetragen. Wenn in den vorliegenden konkreten Fällen die Versammlungen, die angemeldet waren, verboten sind, sh lag das lediglich, wie ich schon ausgeführt habe, in der Art und Weise, wie sexuelle Fragen in den voraufgegangenen Verhandlungen erörtert waren und bei der Tatsache farf ich stehen bleiben; sie wird bestätigt durch sämtliche Berichte, die darüber vorliegen in Gegenwart von jugendlichen Personen, die nicht durch das sach⸗ liche Interesse angelockt waren, sondern durch die Hoffnung, gewisse Sachen in der Versammlung zu hören. Herr Dr. Müller⸗ einingen hat uns den Rat gegeben, in Zukunft die Versammlungen zuzulassen und nur die Minderjährigen, die schutzbedürftige Jugend auszuschließen. Das Vereinsgesetz gibt, das gebe ich dem Abg. Müller zu, den Polizeibehörden allerdings 28 weitgehende Rechte, aber das eine Recht gibt es der Hamburger Polizeibehörde nicht, das Recht nämlich, von einer Versammlung, die als öffentliche einmal zugelassen ist, irgend welche Personen, seien es Minderjährige oder Kinder, aus⸗ zuschließen. Das ist der springende Punkt bei all den Verboten ge⸗ wesen. Die Polizeibehörde wußte, daß sie, wenn sie die Versammlung t in der 89g war, Kinder und jugendliche Personen von der Teilna me an der Versammlung auszuschließen. Und nach den Erfahrungen, die sie früher mit dem Besuch von solchen Versammlungen é hatte sie allerdings Anlaß, vorsichtig zu sein. Das snd Gründe, welche die Hamburger Polizeibehörde bestimmt haben, und die auch die Billigung aller ihr vorgesetzten Behörden ge⸗ Abg. Erzberger (Zentr.): Wir begrüßen es, daß der Staats⸗ sekretär Graf von Posadowskyv mit uns die Vermehrung des 1u“ für notwendig hält, aber in Preußen cheint man nicht ganz so von der Notwendigkeit dieser Ver⸗ mehrung durchdrungen. Wir haben keine Antwort auf die Frage balten, ob eine Enquete über die Löhne der Straßenbahner und der rbeiter im Verkehrsgewerbe veranstaltet werden wird. Wir bitten ener den Staatssekretär, seine Bemühungen dahin aufzubieten, daß bestimmte Behörde über die Zugehörigkeit eines Betriebes 8 Handwerk oder zu den Fabrfikbetrieben entscheidet, damit ie Zwiespältigkeiten, die jetzt bezüglich der Kompetenz der Hand⸗ ge ammern hestehen, verschwinden. In der laufenden Debatte hat die Zentrumsfraktion verschiedene Angriffe erfahren. Daß wir dies⸗ nicht gemeinsam mit Herrn von Heyl den Zehnstundentag für

11“ 8 . 811u“ 8 5 EEAA11““

und Herr

von dem sozialpolitischen Automobil. Die späteren Erörterungen werden zeigen, daß wir in Europa lange nicht mehr an der Spitze der Sozialreform marschieren. Das Zentrum nimmt au hier

heit im Hause, von einer regierenden Partei in dem Sinne, daß wir einfach unsere Anträge zum Gesh . könnten, ist doch keine Farni Sie sagen, wir seien die ausschlaggebende

hier doch nicht offenbar Verrücktheiten machen und Unmögliches fordern. Vernünftige Fach bewilligen wir. glich

das Heer abrüsten würde? Das würde doch die Konsequenz dessen sein,

dazu sind Sie am wenigsten berechtigt

wandelt haben. Auch von Herrn Müller⸗Meiningen gilt das Wort: Wer im Glashause 18 of nicht mit Steinen werfen. Ich erinnere ihn nur an seine Anträge zur „jex Heinze“. Herr Fischer warf uns vor, daß wir nichts zur Kultur beitragen. Da ist es interessant, was

lutionen usw., soda kann:

ß man sagen es gibt keine Infamie erachtet, seinen Spalten von den Bettelsuppen des Abg. Hitze, demokratischer Seite zugegeben wurde, daß Herr ihm zugeschriebenen Kochrezepte nicht perfaß treffende Büchlein rührt von einem Pfarrer her. anlassung des Abg. Hitze sind jene Kochrezepte verschwunden. Das war schon vor 23 Jabren, und heute wird die Sache wieder auf⸗ gerührt. Es ist überhaupt bezeichnend, daß gerade von sozialdemo⸗ kratischer Seite gegen diejenigen die beleidigendsten Angriffe gerichtet werden, die sich um die Fortführung der Sozialpolitik die größten Verdienste erworben haben. Ich nenne die Herren von Heyl und itze. Man will wohl diesen Herren die Mitarbeit an der sozialen rbeit verleiden. Wie werden denn die Kochrezepte im Zukunftsstaat beschaffen sein? Herr Bebel hat in seinem Buch „Die Frau“ darüber Auskunft gegeben, ebenso Herr Stern. Dieser sagt, jeder bezieht seine Kleider aus den Magazinen und ißt im Hotel, was er will, oder zu Hause seine Viktualien, die er aus den Magazinen bezieht. Dagegen kommen allerdings die heutigen viegae nicht in Betracht. Herr

einzuverleiben. Man sprach

ferner obwohl von

sozial⸗ hat. Das be⸗

Stern erklärt jeden, der ihm das nicht glaubt, für einen öden Philister Der Bischof von Keiteler hat sich schon als Pfarrer und pnp vor Lassalle mit der soztalen Frage beschäftigt, er hat auch nicht, wie Herr Wurm meinte, Herzlosigkeit und Selbstsucht den Armen, sondern dem Kapital vorgeworfen. Er wurde deswegen sogar sozial⸗ demokratischer Tendenzen angeklagt. In seinen Reden und Schriften findet sich auch nicht der leiseste Anklang an⸗ Lassallesche Ideen. Er hat seinen Standpunkt auch tätigt. Ketteler hat sich allerdings an Lassalle gewendet, aber nur, um eine Ausunft über die Arbeiter⸗ produktivassoziationen zu erhalten, nicht über allgemeine Fragen. Lassalle erklärte sich in seiner Antwort gegen eine vns. Gewerbefreiheit. Später erklärte Schweitzer, er stimme nur aus Bosheit für die unbedingte Gewerbefreiheit. Herr Mehring hat Ketteler und Lassalle für die einzigen Agitatoren großen Stils erklärt, Ketteler also nicht hinter Lassalle gestellt. Aus einem Brief Lassalles 2 Uexreg geht Bevoe, 9 mit 82 E“ oziationen gar nicht ernst meinte, er sagte: der Mob ist groß und die Unwissenheit unglaublich. Vom Gothaer Parteitag . Erfurter Parteitag, 16 Jahre lang, haben Sie (links) das Blendwerk des ehernen Lohngesetzes vertreten, während Ihre 2 von dessen Unholibarkeit überzeugt waren, so Liebknecht. Und da hat der Abg. Wurm den Mut, von Heuchelei des Zentrums in der sozial⸗ politischen Gefetzgebung zu sprechen! Gewundert hat mich, daß er hier öffentlich Herrn Schippel wegen seiner bekannten Zollrede vor die Parteipistole gestellt hat. Was Herr Schippel eigentlich damals gesagt hat, wissen wir nach dem, was er im „Vorwärts“ darüber erklärt hat, auch heute nicht. Uebrigens hat auch Herr David in einer Schrift vor kurzem ausgeführt, selten sei eine Theorie so sehr durch die Tatsachen widerlegt worden, wie die Maristische Agrartheorie. Er setzt sich damit in Widerspruch mit dem sozialdemokratischen Programm, und da behauptet Herr Wurm, seine Partei halte unerschütterlich an dem Programm fest. Herr Wurm sagte, wir meinten es nicht ernst und machten Blendfeuerwerk. Die Herren sollten doch bescheidener sein, die die Forderung des Achtstundentages aufgestellt haben. In der Arbeiterversicherungsgesetzgebung sind wir allen Staaten voran. Wem verdanken wir alle diese Gesetze? Wenn das Zentrum und die übrigen bürgerlichen Parteien ebeuso töricht ver⸗ fahren wären wie früher die sozialdemokratische Partei, so wäre absolut nichts für die Arbeiter zustande gekommen. Danken Sie es dem Geschick, daß die ruhige Einsicht, aber nicht Ihre Zukunftsstaatsidee zum Durchbruch gekommen ist. Die Furcht vor der Sozialdemokratie hat das Zentrum zu keiner Zeit zur Sozialpolitik veranlaßt. Freiherr von Schorlemer hat einmal gesagt: was wir hier tun, tun wir aus Pflicht⸗ galthr. weil wir uns nach unserem religiösen Standpunkt verpflichtet ühlen, den Armen beizustehen, aus Furcht tun wir nichts. Das ist auch unser Standpunkt.

Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. von eehast, ederer b

Meine Herren! Der Herr Abg. Patzig hat den Wunsch aus⸗ gedrückt, daß grundsätzlich wichtige Entscheidungen des Reichsversiche⸗ rungsamts auf dem Gebiete der Unfallversicherung in der Zeitschrift der Arbeitsstatistischen Abteilung des Reichsstatistischen Amts ver⸗ öffentlicht werden möchten. Ich gestatte mir, den Herrn Abgeordneten auf die amtlichen Veröffentlichungen des Reichsversicherungsamts hinzuweisen, in denen bereits jetzt derartige grundsätzlich wichtige Ent⸗ scheidungen zum Abdruck gelangen.

Es ist ferner ein Fall aus Hamburg mitgeteilt, in dem die See⸗ berufsgenossenschaft von der allgemeinen Armenanstalt regreßpflichtig gemacht worden ist, gewisse Rentenleistungen dem Armenverbande zu überweisen, weil vorher der Armenverband seinerseits dem Renten⸗ empfänger Armenpflege gewährt hatte. Der Fall liegt so, daß nach § 8 des früheren Unfallversicherungsgesetzes es ganz unzweifelhaft war, daß Armenverbände einen Er⸗ stattungsanspruch gegen Berufsgenossenschaften nur erheben konnten bei Gleichartigkeit der Leistungen. Darauf wurde, weil die Armenverbände häufig in der Exekutionsinstanz ihren an sich berechtigten Anspruch nicht durchsetzen konnten, bei der letzten Revision des Unfallversicherungsgesetzes bestimmt, daß für den Er⸗ stattungsanspruch der Armenverbände die Zeit maßgebend sein sollte, für welche dem Unterstützten eine Rente seitens der Berufsgenossenschaften zustand. Wenn man aber die Entstehungsgeschichte dieses § 25 des jetzigen Unfallversicherungsgesetzes, der aus redaktionellen Gründen den Vor⸗ schriften des Invalidenversicherungsgesetzes nachgebildet ist, sowie des gleichlautenden § 29 des Seeunfallversicherungsgesetzes verfolgt, so muß man meines Erachtens zu der Ueberzeugung gelangen, daß es keineswegs beabsichtigt war, etwa die Versicherten schlechter zu

beantragt haben, liegt nur an einem unglücklichen Zufall, und

Herr von Heyl ist auch darüber aufgeklärt worden. Herr von Kardorff Beumer haben unsern sozialpolitischen Eifer lebhaft

kritisiert; man spricht von dem Eilmarsch in den Zukunftsstaat und Unterstützung des Armenverbandes nach wie vor auch die Gleichheit e Gleichhei

die mittlere Linie ein; es hat hundert Mitglieder, von einer Mehr⸗

3 Partei, wir werden aber ebenso überstimmt wie Sie (zu den Sozialdemokraten). Wir können

was Sie von uns fordern, wir würden damit nur dem Scharfmachertum Vorschub leisten. Sie sahen, wir wollten alles im Fcha 8 zie am m ch nach dem Dresdener Partei⸗ age, wo 13 Anträge in ein paar Minuten erledigt wurden. Die Herren von der Sozialdemokratie ärgern sich über unsern klugen Gedanken,

daß wir unsere Initiativanträge in Resolutionen zum Etat ver⸗

der bistorische sozialdemokratische Kalender als Kulturtaten anführt.

in der Weltgeschichte, die der historische Kalender nicht für würdig

Hitze die Auf Ver⸗

praktisch be⸗

brieflich vereinsgesetz, das auch

ührer innerlich längst

stellen, sondern daß man nur die Armenverbände in der Exekutions⸗

8 1 1““ 8

instanz besser sichern wollte. Ich bin deshalb auch der Ansicht, daß neben dem zeitlichen Zusammenfall der gewährten Rente und der

der Leistungen erforderlich ist, um einen Regreßanspruch der Armen⸗ verbände gegen die Berufsgenossenschaften zu begründen. Das Preußische Oberverwaltungsgericht hat auch so am 14. Dezember v. J., wie bereits angeführt, entschieden. Allerdings läßt der Wortlaut des letzten Unfallversicherungsgesetzes gewisse Zweifel offen. Ich stehe aber in diesen Fragen auf der Auffassung von Foerster, der in seinem

1u1““ Werke „Theorie und Praxis des preußischen Privatrechts“ ausführt:

den Etat ablehnen, weil unser Jesuitenantrag von der Regierung nicht angenommen worden ist? Glauben Sie, bdaß unser energischer Kaiser

Je nachdem man bei der Auslegung von Gesetzen an dem Worte haften bleibt und in ihm den vollkommen entsprechenden Ausdruck des Gedankens findet oder über das Wort hinaus den Gedanken zu erreichen sucht, das Wort nur als das nächste Mittel gebraucht, um selbständig den Gedanken des Gesetzes in sich ent⸗ stehen zu lassen, übt man grammatikalische oder logische Aus⸗ legung;

und ich meine, das Oberverwaltungsgericht hat in seinem Erkenntnis

logische Auslegung geübt, wie sie in dem Falle geübt werden mußte.

Das ist meine Ansicht zur Sache über diesen Fall. Es ist auch wieder meine Aeußerung über die politische Tätigkeit der Frau zum Gegenstand der Erörterung gemacht. Ich bin gewiß weit

geleistet worden ist auf dem Gebiete der Charitas, der öffentlichen Wohltätigkeit, und ich bin auch der Ansicht, daß Frauen berechtigt sind, in der Oeffentlichkeit aufzutreten und gewisse öffentliche Zweck⸗ furcht⸗ los zu verfolgen, vollkommen gleichberechtigt mit den Männern. Aber ich glaube doch, daß es eine Anzahl von politischen Aufgaben gibt, die nicht Sache der Frauen sind. (Sehr richtig! in der Mitte.) Der Herr Abg. Müller⸗Meiningen hat gesagt, das wäre eine Auffassung, die ich vielleicht nicht aus meiner Seele heraus spräche, sondern als Vertreter des Bundesrats. Ich möchte aber an den verehrten Herrn Abgeordneten eine Gegenfrage richten: Wie würde er darüber urteilen, wenn beispielsweise die Frauen der Mitglieder des Bundes der Land⸗ wirte öffentliche Versammlungen veranstalteten und forderten, daß die Regierung diejenigen Zollsätze annähme, die ihre Männer, die Ver⸗ treter des Bundes der Landwirte, für angemessen halten? (Heiterkeit.) Ich glaube, dann würde er doch diese Tätigkeit der Damen für eine sehr bedenkliche halten! (Große Heiterkeit) Daß, wenn die ver⸗ bündeten Regierungen Gesetze vorlegen, die Mitglieder des bohen Haufes stets Präsenz markieren wollen, über diese Aeußerung babe ich mich außerordentlich gefreut. (Heiterkeit.) gestellt worden. Ich habe allerdings erklärt, daß, wenn man di Hoffnung haben könnte, sich mit diesem hohben Hause über ein unzweifelhaft den Forderungen des Staats genügt, zu einigen, man über solche Frage reden könnte.

Nun hat der Herr Abg. Müller⸗Meiningen erklärt, er hätte ein Vereinsgesetz ganz six und fertig. (Ahal und Heiterkeit rechts. Dabei fällt mir eine kleine Erzählung ein, ich glaube aus Immer⸗ manns Münchhaufen. Deort wird erzählt, daß in einem Koffer zu sammen verpackt gewesen wären ein sehr frommes Buch und ein sehr leichtes Produkt französischer Literatur, und als der Besitzer dieses

Koffers die Bücher wieder ausgepackt hätte, wären die Seiten dieses

leichten französischen Buches ganz weiß gewesen, denn das fromme Buch hätte das französische Buch inzwischen bekehrt. Falls ich ohne weiteren Vergleich im einzelnen sicher wäre, wenn wir ein Reichsvereinsgesetz einbrächten, daß dieses unser Vereinsgesetz die gleiche Bekehrungskraft auf den Entwurf des Herrn Abg. Müller üben könnte, dann wäre der Bundesrat vielleicht bereit, ein solches Gesetz vorzulegen. (SHeiterkeit.)

Meine Herren, wir werden so oft getadelt, daß wir mit der Sozialpolitik nicht schnell genug vorgehen. Aber ich bitte, einmal auch den Standpunkt des Bundesrats zu beachten. Es gibt gewisse starkwirkende Medizinen, die, obgleich sie ein Heilmittel sind, doch vom verordnenden Arzt zunächst nur in kleinen Dosen gegeben werden, in vorsichtigen Dosen, weil er erst sehen will, wie diese Medizin auf den Körper des Patienten wirkt, ob sie beruhigend wirkt oder auf⸗ regend. Nach ganz demselben Rezept treiben wir auf gewissen Ge⸗ bieten auch Sozialpolitik.

Meine Herren, es ist auch die Arbeitszeit der Angestellten im Ver⸗ kehrsgewerbe behandelt und die Frage an mich gerichtet, ob wir bereit wären, Erhebungen hierüber anzustellen. Ich habe auch die Ueber⸗ zeugung, daß diese Frage vielleicht einer Prüfung und eventuell auch der Regelung bedarf; aber die Arbeiter und die Angestellten des Ver⸗

kehrsgewerbes fallen nicht unter die Gewerbeordnung, und wenn man

solche Erhebungen anstellen wollte, so wäre unzweifelhaft Ueberein⸗ stimmung der verbündeten Regierungen dazu erforderlich. Ob die ver⸗ bündeten Regierungen geneigt sein werden, solche Erhebungen von Reichs wegen anzustellen, darüber kann ich eine Erklärung heute nicht abgeben.

Zum Schluß! Es ist heute von den Herren Sozialdemokraten gegenüber den Ausführungen, die ich über die Kaiserlichen Erlasse gemacht habe, wieder die Priorität in Anspruch genommen worden für das, was auf dem Gebiete des Arbeiterschutzes und der Ver⸗ sicherung der Arbeiter geschehen ist. Ich glaube, das können Sie doch nicht leugnen: der Grundstein dessen, was in Deutsch⸗ land sozialpolitisch geschehen ist, liegt in diesen Kaiserlichen Erlassen. Aber im übrigen halte ich es für das eigentliche Wesen der Bildung und namentlich der politischen Bildung, an jede Frage und an jede Person durchaus vorurteilsfrei heranzutreten, sei es, was es will, und werde die Frage angeregt, von wem sie wolle. Ich halte deshalb den Streit, von wem irgend eine Anregung zu einer nützlichen Tat ausgegangen ist, für politisch recht gleichgültig. (Sehr richtig!) Meine Herren, das mag bei den Wahlen einen gewissen Wert haben, für die Regierung und für das deutsche Volk hat es aber gar keinen Wert (sehr richtig!), und wir werden das Nützliche und Verständige jedenfalls immer nehmen, woher es auch kommen mag. Wenn uns vorgeworfen wird, daß wir hier so häufig betonten, was gerade Deutschland auf dem Ge⸗ biete der Sozialpolitik geleistet hat, so soll das sicher keine Renommage sein; eine Regierung darf am allerwenigsten renom⸗ mieren wollen. Aber wenn wir derartige Aeußerungen getan haben, so war das doch nur ein Akt der Notwehr und der Verteidi⸗ gung, weil so oft von der anderen Seite die Sozialpolitik, die die Regierungen und die die bürgerlichen Parteien treiben, als eine Reklamepolitik bezeichnet wurde. Dem gegenüber müssen wir ung wehren und müssen darauf hinweisen, was sachlich Wertvolles bercite