Personalveränderu Königlich Preußische Armee.
Offiziere, Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförderungen
und Versetzungen. Im aktiven Heere. Berlin, 25. Fe⸗ bruar. Lehmann, Oberstlt. z. D. und Kommandeur des Landw. Bezirks Mühlhausen i. Th., unter Erteilung der Erlaubnis zum Tragen der Uniform des Füs. Regts. Generalfeldmarschall Graf Blumenthal (Magdeburg.) Nr. 36, zum Vorstand der Druck⸗ vorschriftenverwalk Fi Kriegsministerium, Müller, Major und Bats. Kommandeur im 1. Oberrhein. Inf. Regt. Nr. 97, mit der gesetzlichen ension zur Disp. gestellt und zum Kommandeur des Landw. Bezirks Mühlhausen i. Th., — ernannt. Boedicker, Major aggreg. dem Großherzogl. Mecklenburg. Jägerbat. Nr. 14, als Bats. Kommandeur in das 1. Oberrhein. Inf. Regt. Nr. 97 persetzt“ Erbprinz zu Wied, Oberlt. im Gardekür. Regt, zum überzähl. Rittm. befördert. Ritter v. Poschinger, Oberlt. im Gren. Regt. König Karl (5. Württem⸗ berg.) Nr. 123, unter Beförderung zum Hrnpen⸗ vorläufig ohne Patent, behufs Verwendung als Komp. Chef in diesem Regt. in dem Kommando nach Württemberg belassen. Hieronimus, Königl. württemberg. Hauptm., kommandiert zur Dienstleistung beim 2. Lothring. Feldart. Regt. Nr. 34, bisher Adjutant der 27. Feldart. Brig. . Königl. Württemberg)), zum Batteriechef in diesem Regiment ernannt. Jacobi, Königl. württembergischer Oberleutnant im 2. Württemberg. Feldart. Regt. Nr. 29 Prinz⸗Regent Luitpold von Bayern, kommandiert zur Dienstleistung als Assist. bei der Art. Prüfungskommission, von dieser Stellung behufs Beförderung zum Hauptm., vorläufig ohne Patent, und Verwendung als Battr. Chef im 3. Württemberg. Feldart. Regt. Nr. 49 enthoben. Herrmann, Königl. württemberg. Lt. im 4. Württemberg. Feldart. Regt. Nr. 65, kommandiert nach Preußen, der Art. Prüfungskommission behufs Dienstleistung als Assist. zugeteilt. Balcke, Oberlt. im 3. Lothring. Feldart. Regt. Nr. 69, von dem Kommando zur Dienstleistung bei der Intendantur der Marinestation der Ostsee enthoben. Frhr. v. Stein, Lt. im Hus. Regt. Landgraf Friedrich II. von Hessen⸗Hom⸗ burg (2. Kurhess.) Nr. 14, in das Hus. Regt. König Wilhelm I. 1. Nebein Nr. 7 versetzt. Donnevert, Feuerwerkslt. beim Art. e in Königsberg i. Pr., scheidet aus dem Heere am 28. Februar d. J. aus und wird mit dem 29. Februar d. J. in der Schutztruppe für Südwestafrika angestellt.
Vom 1. Garderegt. z. F. sind versetzt: die Lts.: v. Stuckrad, Stieler v. Heydekampf in das 4. Garderegt. z. F., v. Roon, Gr. zu Lynar (Aribert), Frhr. v. Willisen in das Gardefüs. Regt., Gr. Finck v. Finckenstein (Hans), Gr. Eckbrecht v. Duüͤrkheim⸗Montmartin in das Königin Augustagardegren. Regt. Nr. 4, v. Goßler in das 3. Garderegt. z. F.
v. Schwartzkoppen, Oberlt. im Gardefüs. Regt., unter Ent⸗ hebung von dem Kommando als Insp. Offizier an der Kriegsschule in Hannover, vom 1. März d. J. ab zur Dienstleistung beim Aus⸗ wärtigen Amt kommandiert.
Im Beurlaubtenstande. Berlin, 25. Februar. Versetzt sind zu den Res.⸗Offizieren der Fußart. Schießschule; die Lts. der Res.: Hauck des Fußart. Regts. von Dieskau (Schles.) Nr. 6, Friedrich des Westf. Fußart. Regts. Nr. 7, Dowe, Freyse des Schleswig⸗ Holstein. Fußart. Regts. Nr. 9, Koch des Bad. Fußart. Regts. Nr. 14.
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Berlin, 25. Februar. v. Pawel⸗Rammingen, Lt. im 4. Bad. Inf. Regt. Prinz Wilhelm Nr. 112, behufs Uebertritts in Königl. sächs. Militär⸗ dienste der Abschied bewilligt. 8st
Königlich Sächsische Armee.
Offiziere, Fähnriche ꝛc., Ernennungen, Beförderun und Versetzungen. Im aktiven Heere. 23. Februar. Beneke, Oberlt. beim Festungsgefängnis, in das 7. Königsinf. Regt. Nr. 106, Dietze, Lt. im 11. Inf. Regt. Nr. 139, zum 8 ungsgefängnis, — unterm 1. März d. J.; die Lts.: Frhr. von
eller im 1. (Leib.) Gren. Regt. Nr. 100, v. Römer im 2. Gren. Nr. 101 Kaiser Wilhelm, König von ——2 Nicolai (Werner) im Schützen. (Füs.) Regt. Prinz eorg Nr. 108, Demiani im 1. Jäger⸗Bat. Nr. 12, dieser unterm 1. April d. J., — in das 6. Inf. Regt. Nr. 105 n ilhelm II. von Württemberg, — versetzt, Rothlauf im 14. JInf. Regt. Nr. 179, Weste im 2. Feldart. Regt. Nr. 28, Zenker im 7. Feldart. Regt. Nr. 77, — vom 1. März d. J. ab auf zwei Jahre zur Dienst⸗ leistung beim Fußart. Regt. Nr. 12 kommandiert, Kie⸗ el bei dem Königl. sächs. Detachement für die Betriebsabteil. der Königl. preuß. Eisenbahnbrig., dieser unter Versetzung zum 1. Pion. Bat. Nr. 12 und gleichzeitiger Kommandierung bei vorgenanntem Detachement, bei der 3. (Königl. sächs.) Komp. des Königl. preuß. Telegraphenbats. Nr. 1, Höhne bei den Königl. sächs. Kom⸗ pagnien des Königl. preuß. Eisenbahnregts. Nr. 2, — zu Oberlts., vorläufig ohne Patent, befördert. v. Römer, Fähnr. im 2. Jägerbat. Nr. 13, zum Lt. mit einem Patent vom 25. Februar 1903 befördert. Stever, Unteroff. im 3. Inf. Regt. Nr. 102 Prinz⸗Regent Luitpold von Bayern, zum Fähnr. ernannt. Im Beurlaubtenstande. 23. Februar. Schreckenbach, Oberlt. der Landw. Telegraphentruppen 1. Aufgebots des Landw. Bezirks Leipzig, zu den Offizieren der Landw. Inf. 1. Aufgebots
versetzt.
Lie Vizefeldwebel bezw. Vizewachtmeister: 5ah elhorst des Landw. Bezirks Zittau, zum Lt. der Res. des 3. Inf. Regts. Nr. 102 Prinz⸗Regent Luitpold von Bayern, Engel des Landw. Bezirks II Dresden, zum Lt. der Res. des 1. Feldart. Regts Nr. 12, Schramm desselben Landw. Bezirks, zum Lt. der Res. des 1. Train⸗ bats. Nr. 12, — befördert.
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 23. Fe⸗ bruar. Frhr. v. dem Bussche⸗Ippenburg, Oberst a. D., zu⸗ letzt Kommandeur des damal. 5. Inf. Regts. Prinz Friedrich August Nr. 104, auf sein Gesuch mit seiner Pension und der Erlaubnis zum ferneren Tragen der Uniform dieses Regts., zur Disp. gestellt.
Im Beurlaubtenstande. 23. Februar. Henny, Hauptm. der Landw. Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Leipzig, Oloff, Oberlt. der Landw. Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Zittau, behufs Ueberführung zum Landsturm 2. Aufgebots, — der Abschied
bewilligt. WMilitärgesstliche. .“ Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 20. Fe⸗ bruar. Pause, Predigtamtskandidat und Realschuloberlehrer, als Div. Pfarrer in Dresden unterm 21. Februar d. J. angestellt.
Regt.
Beamte der Militärverwaltung. Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 19. Fe⸗ bruar. Jacob, Unterapotheker der Res. im Landw. Bezirk Leipzig, zum Oberapotheker des Beurlaubtenstandes befördert.
Deutscher Reichstag. 43. Sitzung vom 26. Februar 1904. 1 Uhr.
“ “ Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten Beratung des 8g. Faneessere fun 1904 bei dem Etat der ei
ur Verhandlung stehen zunächst die drei auf den Auto⸗ mobilverkehr bezüglichen, im Wortlaut bereits mitgeteilten Resolutionen.
Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.
Abg. Prinz zu Schönaich⸗Carolath (nl.) fortfahrend: In England geht man also nicht an die ausschweifende Grenze von 80 und 90 km, die die Automobilsportsmänner uns ansinnen. In einem Kanton der Schweiz wird gefordert, daß die die Schnelligkeit eines Pferdes im Traben nicht überschreiten darf. Die
“ 16
ehegesslang ej,
Schweizer Verordnu sprechen sich auch sehr lebhaft gegen die Vermummung aus; selbst das Tragen von Brillen und Hauben will man verbieten. Das scheint mir allerdings zu weit zu gehen, da diese Vorrichtungen zum Teil zum Schutz der Gesundheit notwendig sind; um so wirkungsvoller würde auch nach diesem Gesichtspunkt die Auflegung der Haftpflicht sein. Auf die Frage, ob die Wett⸗ fahrten zu verbieten wären, will ich mich nicht näher einlassen. In unserem schönen Taunusgebiete ist man mit Erfolg bestrebt, diese Wettfahrten einzuschränken und alle denkbaren Sicherheitsmaßregeln zu treffen; aber auch hier bitte ich die Behörden, auf das Publikum die größte Rücksicht zu nehmen; denn die Straßen, die mit dem Gelde der Steuerzahler gebaut werden, sind doch s dießnich für das Publikum und nicht für die Automobile da. Weshalb soll sich der Landmann ängstlich vor seine Pferde stellen, wenn ein Automobil ankommt? Wie kommt es denn, daß diese das Vorrecht beanspruchen? Wie kommen wir dazu, den Automobilen aus dem Wege zu fahren? In unserer angeborenen deutschen Bescheidenheit stürzen wir achtungsvoll zur Seite, wenn der Hornruf eines Automobils erschallt. er weiß denn, wer darin sitzt? Auch eine Enquete, wie sis in, der Schweiz vorgenommen wird über die Verheerungen, die urch das Automobil angerichtet worden sind, ist sehr wünschenswert. Schließlich bitte ich Sie, unsere Resolution anzunehmen. Mögen die verbündeten Regierungen es nicht lediglich bei Erhebungen und Be⸗ richten bewenden lassen: hier handelt es sich um einen Fall, wo der Satz zutrifft: Bis dat qui cito dat!
Der Abg. von Maltzan Freiherr zu Wartenberg und Penzlin (d. kons.) hat inzwischen den Eingang seines Antrages dahin ert, daß es heißt: 1
„die verbündeten Regierungen zu ersuchen, die gleichzeitige Ein⸗ bringung eines Gesetzentwurfs in Erwägung zu ziehen.“
Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding:
Meine Herren! Es wäre mir an und für sich lieber gewesen wenn ich das Wort zunächst denjenigen Herren hätte überlassen können, welche gleich dem Herrn Vorredner Resolutionen zu dieser Materie eingebracht haben. Aber der geehrte Herr Vorredner hat in seinem Vortrage gegenüber den Regierungen, dem Bundesrat und den Ge⸗ richten Bemerkungen gemacht, denen ich doch sofort widersprechen muß, um nicht der Meinung Vorschub zu leisten, als ob in seinen Aus⸗ führungen nach dieser Richtung hin etwas wirklich Begründetes ent⸗ halten sei. Daß dies der Fall, muß ich bestreiten.
Der Herr Vorredner hat zunächst Bezug genommen auf einen Antrag, der von ihm und seinen politischen Freunden eingebracht worden ist zum Etat des Reichsamts des Innern, und der darauf hinzielt, eine gleichmäßige polizeiliche Verkehrsordnung für die Automobile einzuführen. Mir ist die Lage der diese Frage be⸗ treffenden Vorarbeiten im Reichsamt des Innern naturgemäß nicht bekannt. Ich konnte nicht erwarten, daß der geehrte Herr diesen Gegenstand berühren würde (Zuruf von den Nattionalliberalen); aber ich kann so viel sagen, daß. Vorarbeiten, die eine von dem Herrn Vor⸗ redner und gewiß von uns allen gewünschte gleichmäßige Ordnung des Verkehrs in ganz Deutschland bezwecken, im Gange sind, und daß, wenn der Herr Vorredner es bedauert hat, daß wir bis jetzt ohne eine gleichmäßige Regelung geblieben sind, das nicht an dem guten Willen des Reichsamts des Innern oder der anderen beteiligten Instanzen gelegen hat, sondern in der großen Schwierigkeit, für ein noch immer in der konstruktiven Entwickelung begriffenes Vehikel Vorschriften zu treffen, welche dem Bedürfnis des öffentlichen Verkehrs Genüge leisten, ohne auf der anderen Seite doch der Weiter⸗ entwickelung der Industrie zu sehr Eintrag zu tun. Ich gebe voll⸗ ständig zu, daß in einzelnen Staaten Vorschriften erlassen sind. Aber Sie werden begreifen, daß, wenn für ganz Deutschland nach dieser Richtung Vorschriften erlassen werden, das mit Vorsicht geschehen muß, damit nicht eine weitere Entwickelung des Automobilverkehrs beeinträchtigt werde.
Was nun die Seite der Sache betrifft, die das Reichsjustizamt angeht, so ist der Herr Vorredner von einem Falle ausgegangen, in welchem, wie er sich ausdrückte, von einem Automobilisten ein Mann totgefahren worden sei. Der Herr Abgeordnete hat Bezug ge⸗ nommen auf eine Aeußerung des Herrn Abg. Schaedler, die er hier im Hause vor Weihnachten getan haben soll, indem er sich stützte auf eine Mitteilung der Presse. Der Herr Abgeordnete hat es bedauert, daß der Herr Justiz⸗ minister bei der Beratung des gleichen Gegenstandes im preußischen Herrenhause über diesen Fall noch nicht näher orientiert gewesen ist. Ja, in dieser Beziehung möchte ich doch für den Herrn Justizminister um Nachsicht bitten. Ich kann offen sagen, daß bis zur Verhandlung dieses Falles im preußischen Herrenhause auch mir der frühere Vor⸗ gang, der hier im Hause sich abgespielt hat, unbekannt gewesen ist. Die Chefs der einzelnen Verwaltungen sind ja wohl in der Lage, die Verhandlungen des Reichstags in den sie betreffenden Punkten und Fragen genau zu verfolgen; aber alle Verhandlungen in allen einzelnen Ressorts durchzulesen, dazu sind wir wirklich nicht imstande. Der Herr Justizminister hat aber, nachdem der Vorfall im Herrenhause Preußens zur Sprache gebracht worden war, das Seinige getan, er hat sich über den Fall näher unterrichtet und er hat auch mir von den amtlichen Berichten Mitteilung gemacht, die auf diesen Fall Bezug nehmen. Nach diesen amtlichen Berichten muß ich jedoch erklären, daß die Mit⸗ teilungen der Presse, welche den Herren Rednern hier im Hause und im preußischen Landtage zu Grunde gelegen haben, in hohem Grade übertrieben gewesen sind, und ich möchte diejenigen Herren, die auf diesen Fall noch wieder zurückkommen wollen, bitten, nicht mehr den Ausdruck zu gebrauchen, daß durch ein Automobil in dem beregten Falle ein Mensch totgefahren worden sei. Das würde den Tatsachen, wie sie amtlich fest⸗ gestellt worden sind, nicht entsprechen. Der Herr Justizminister Preußens ist bei der gleichen Verhandlung im preußischen Abgeordnetenhause dem Fall näher getreten, und ich muß mir mit Rücksicht auf die Aus⸗ führungen des Herrn Vorredners gestatten, den Vorgang auch hier kurz vorzutragen, weil ich von den Herren doch nicht erwarten kann, daß sie die Verhandlungen des Abgeordnetenhauses genau verfolgen.
Meine Herren, der Vorfall hat sich folgendermaßen zugetragen. Es handelt sich nicht etwa um ein Sportautomobil, sondern es handelt sich um ein altes, langsames Automobil eines kleineren Geschäfts⸗ mannes, der dieses Fahrzeug benutzte, um seine Geschäftsreisen damit zu bewerkstelligen, ein altes Automobil, das mehr als 16 km in der Stunde nicht fahren konnte, weil seine Konstruktion für größere Ge⸗ schwindigkeit nicht reichte, ein Automobil, das übrigens an dem Tage, als das Unglück passierte, nicht benutzt wurde zu Geschäftszwecken, sondern — es war an einem Sonntage — von dem Eigentümer benutzt worden war, um mit seinen Familienmitgliedern eine Spazier⸗ fahrt zu machen. Der Mann ist mit seinem Vehikel um Mitternacht nach Hause gekommen bei sichtigem, ruhigem Wetter, seine Fahrt wurde gekreuzt von zwei Passanten, die kurz vor ihm die Straße
— überschritten. Diese beiden Leute sind umgestoßen worden, der eine blieb unverletzt, der andere wurde zu Boden geschleudert und ten eine unbedeutende Abschürfung am Beine und eine kleine Rißwunze am Ohr davon. Die beiden Leute waren imstande, weiter zu gehen obwohl sie, wie das Gericht nachher feststellte, und wie sie selber 8 geben, angetrunken waren. Das Unglück hinderte also die Leute nicht, weiter zu gehen, und die Sache lag auch so, daß der verletzte Mam wegen der Wunde keine Besorgnis hatte, und ärztliche Hilfe üben, haupt nicht in Anspruch nahm. Nach einigen Tagen trat bei dem
Mann eine Schwellung derjenigen Gesichtsseite ein, auf der de
Verletzung vorgekommen war. Nun ließ der Mann einen Art
kommen, der Arzt untersuchte die Wunde und erklärte, der
Kranke hätte die Wunde vernachlässigt, sie wäre schmutzig, während
das erste doch immer sein muß, eine Wunde zu reinigen
Der Arzt war im Hause des Verletzten nicht in der Lage, die Rein⸗
gung vorzunehmen, er bat den Mann, zu ihm zu kommen, er woll
in seinem, des Arztes Hause die nötige Reinigung bewirken. Diesem
ärztlichen Rate ist der Mann nicht gefolgt, zu dem Arzt ist er nicht
gekommen. Darauf ist einige Zeit vergangen, dann hat die Schwellung
zugenommen, und der Kranke hat sich in ein Krankenhaus begeben
müssen. Da wurde nun allerdings festgestellt, daß eine gefährliche
Entzündung eingetreten war, und ein tödlicher Wundstarrkrampf
folgte vermöge des Starrkrampfgiftes, das, wie von ärztlicher Seite
festgestellt wurde, gerade durch Straßenstaub in offenen Wunden⸗ leicht
erzeugt wird. Auf Grund dieses Tatbestandes hat das Gericht angenommen
daß beide Teile, sowohl den Automobilisten als auch die beiden an⸗ getrunkenen nächtlichen Spaziergänger ein gewisses Verschulden träfe:
den einen insofern, als er nicht ausreichend vor sich ausgeschaut hätte ob sich Passanten auf dem Wege befänden — die Beleuchtung des Wagens war in Ordnung —, die andern insofern, als sie nicht um sich gesehen hätten, als sie die Straße kreuzten. Dazu hat daz Gericht festgestellt, daß die bedauerliche weitere Entwicklung doch zurückzuführen ist auf die Vernachlässigung der kleinen Wunde und auf den Umstand, daß der Verletzte es unterlassen hat, den ihm erteilten Rat des Arztes folgend, diesen aufzusuchen und weitere ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. So liegt der Fall. Und ich glaube, man würde dem Automobilführer, der nach gerichtlichem Spruch seine Strafe bekommen hat, unrecht tun, wenn man jetzt noch sagen wollte, er hätte jemand zu Tode gefahren.
Meine Herren, der Herr Abg. hat daran die Bemerkung an⸗ geknüpft, daß die Gerichte in vielen solchen Fällen zu milde seien, und daß man auch vielfach derartige Vorkommnisse ignorierte, es seien dem Herrn Abgeordneten eine ganze Anzahl von schweren Verletzungen durch das Automobil bekannt, und er wundere sich, daß der Herr Justizminister Preußens sie nicht gekannt habe, da sie in Preußen vorgekommen seien. Ja, meine Herren, der Hen⸗ preußische Justizminister kann nicht alle Zeitungen darauf nachlesen lassen, ob Automobilunfälle vorkommen, mir sind die Fälle auch un⸗ bekannt. Wenn der Herr Abgeordnete die Güte haben will, mir das Material zu geben, so werden wir gern bereit sein, darüber Fest⸗ stellungen vorzunehmen. Aber ich fürchte, wie es bei Preß⸗ mitteilungen so häufig geht, und wie das in dem erzählten Falle ja auch geschah: die Dinge werden schließlich viel anders liegen, als nach der ersten Preßmitteilung zu vermuten war. Wenn aber der Herr Abgeordnete andeutete, es würden Unfälle ignoriert, und die Gerichte urteilten zu milde, so muß ich doch sagen, daß das ein Vorwurf gegenüber den Strafverfolgungsbehörden ist, den ich nicht ohne Widerspruch lassen kann. Der Staatsanwalt ist, sobald er Kenntnis von einem solchen Fall bekommt — und er wird doch so gut wie der Herr Abgeordnete Kenntnis bekommen in seinem Bezirk, verpflichtet, einem solchen Falle nachzugehen und, wenn die vom Strafgesetz vorausgesetzten Momente vorhanden sind, die Straf⸗ verfolgung einzuleiten. Denn wenn er das nicht tut, handelt er gesetzwidrig und macht sich strafbar. Was die Gerichte anlangt, so möchte ich doch fragen, welches Motiv in aller Welt die Gerichte haben könnten, und welche Motive sie besonders auch in dem Falle, der hier in Frage steht, wo angeblich ein Mensch totgefahren sein soll, was nicht der Fall ist, haben sollten, zu Gunsten des Automobilisten und gegen den Verletzten Partei zu nehmen? Die Richter fahren doch in der Regel nicht leidenschaftlich Automobil, und das menschliche Interesse wird bei den Richtern genau so wie bei Ihnen, meine Herren, zunächst auf seiten des Ver⸗ letzten sein. Sollte desungeachtet ein mildes Urteil verhängt werden, so werden wahrscheinlich auch Momente vorliegen, die das Gericht nach seinem pflichtmäßigen Ermessen dazu nötigen, gerade wie in den Falle, den ich die Ehre hatte, Ihnen vorzulegen. Also, meine Herren, ich möchte bitten, doch die gerichtlichen Behörden nicht zu streng zu beurteilen und davon auszugehen, daß sie auch dem Automobilverkehr gegenüber gesetzlich verfahren.
Was nun die Zukunft betrifft und die Wünsche des Herrn Ab⸗ geordneten, die im wesentlichen sich auch decken mit den Wünschen der Herren Vertreter der anderen Parteien, so darf ich daran erinnern, daß bereits vor zwei Jahren hier im Reichstage die Sache zur Sprache gebracht wurde, von der rechten Seite des Hauses aut. Ich habe damals erklärt, daß das Reichsjustizamt und überhaupt die Reichsverwaltung nicht in der Lage sei, in solchen Dingen geset⸗ geberisch vorzugehen ohne Rücksicht auf die nötigen tatsächlichen Grundlagen, die es gestatteten, das Bedürfnis und den Un⸗ fang der Uebelstände zu beurteilen, und die nur von seiten der Bundesregierungen, vor allen von seiten Preußens als den größten Staate, zu beschaffen seien, daß für das Reichsjustizamt es am nächsten liege, hier die Initiative der preußischen Regierung abzuwarten, die in der Lage ist, bei der Reichsverwaltung einen An⸗ trag zu stellen auf eine gesetzliche Regelung der Sache.
Meine Herren, ich habe mich auf diesen Standpunkt hier im hohen Hause gestellt. Wir sind aber dennoch weiter gegangen, in Erwägung der Stimmung und der Auffassungen, die damals im Reichstage zum Ausdruck kamen. Wir haben uns schon im Jahre 1902, bald nach jener Debatte mit der preußischen Regierung in Verbindung gesetzt und haben ein nähere Prüfung der Sache, insbesondere auch auf das Bedürfnis einet reichsgesetzlichen Regelung hin, zur Erwägung gegeben. Meine Herren, ich weiß, daß seitdem in Preußen nicht bloß Erwägungen schweben sondern auch die Vorbereitungen getroffen werden, um das sächliche Material für eine Gesetzgebung zu gewinnen. Ich glaube auch annehmen zu dürfen, daß diese Vorarbeiten in nicht zu langer Zett zum Abschluß kommen werden, und ich kann Ihnen die Versicherung
— ich glaube, es war keine Chaussee „ ben, daß, wenn es dahin gekommen ist, und wenn die pr.
11“ “ 1 Regierung das Bedürfnis anerkannt und begründet haben wirde an uns es nicht liegen wird, wenn nicht baldigst eine gesetzliche Regekung 8,77ehg und eine Vorlage an die gesetzgebenden Faktoren gebracht wird.
In der Sache selbst, was die Frage der zweckmäßi g betrifft, neige ich im Perinzip auch der Meinung W redners zu, daß eine Erweiterung des Haftpflichtgesetzes auf den Automobilverkehr den einfachsten und sichersten Weg abgibt um in den ganzen Verkehr eine größere Vorsicht zu bringen. Aber ich kann die Frage ohne die tatsächlichen Unterlagen, die wir zu er⸗ warten haben, nicht erschöpfend prüfen, muß auch anerkennen, daß diese Frage eine verschiedene Beurteilung gestattet, je nachdem es sich um den Personalschaden oder den Sachschaden handelt, der beim Auto⸗ mobilverkehr in Betracht kommen kann.
Ich muß mir ein entscheidendes Urteil darüber vorbehalten und beschränke mich den Ausführungen des Herrn Vorredners gegenüber darauf, ihm die Versicherung zu geben, daß nichts in der Sache ver⸗
säumt werden wird, um sie baldigst zu einer gesetzlichen Regelung ge⸗
langen zu lassen.
Abg. Gröber (Zentr.): wesen gebracht hat, verkenne ich nicht. Namentlich für das Gewerbe⸗ wesen und sogar für die Militärverwaltung haben die Automobile einen dauernden Wert. Es wäre aber töricht sich den Schatten⸗ seiten der nenen Erfindung zu perschließen Eine Verbesserung der Gesetzgebung würde die Fabrikation nicht beeinträchtigen, wenn ich auch sagen muß, daß eine Industrie auf Kosten von Leben und Gesundheit des Publikums keines v2 würdig ist. Die Gefahren der Automobile liegen darin, daß man sich noch nicht an die gewissen⸗ lose Rücksichtslosigkeit der Fahrer gewöhnt hat. und beklagenswertesten Unfälle sind auf das unvorsichtige Fahren der Sportsleute zurückzuführen. Es sind so viel Kinder und alte Leute totgefahren oder verletzt worden, daß man vorgehen muß, ohne noch große Enqueten usw. vorzunehmen. Bei einem Ausflug wurde in Eberswalde die Tötung eines Menschen durch rücksichtgloses ahren verursacht, ohne daß sich der Inhaber im ge⸗ ringsten um den Unglücksfall bekümmert hätte. Auch andere solche Fälle haben noch keine Sühne gefunden. Ein Mann, der selbst aus dem Volke stammt und das Volksempfinden enau kennt, der alte Pfarrer Hansjacob, hat sich in sehr drastischen Worten der Empörung über diesen Unfug ausgelassen. Mit Recht führt er aus, wie energisch gegen die Bauern losgegangen würde, wenn sie so schnell 688 würden; da aber die oberen Zehntausend, die hohen und Allerhöchsten
Die schwersten
Herrsthaften diesen Sport treiben, krähe kein Hahn danach. Wenn ich
auch nicht so weit gehe wie der leicht überschäumende Hansjacob, so
reicht doch sicherlich auch der Rat des preußischen Justizministers nicht 8 Wenn der Staatssekretär nicht alle unsere Verhandlungen verfolgen kann, so hätte
die Fußgänger etwas vorsichtiger sein möchten.
doch mindestens einer seiner Kommissare zu seiner Information abge⸗ ordnet und anwesend sein können. A.r zehars Uri F.-2 den Automobilverkehr auf den Landstraßen gänzlich verboten, kein Wunder für den, der den Verkehr auf den hohen Alpenstraßen kennt. Neben dem völligen Verbot hat man die Beschränkung des Fahrens auf bestimmten Straßen empfohlen, auch im preußischen Abgeordneten⸗ hause; außerdem die Beschränkung der Schnelligkeit. Letzteres würde dem Automobilsport aber jedenfalls einen großen Teil seines Reizes nehmen und sicher der Industrie schäclic⸗ sein. Auch den Befähigungsnachweis, den sonst zu fordern ale ein Merkmal der Rückständigkeit angesehen wird, empßtehlt man hier, wo es sich um Leben und Tod handelt. Ich quittiere dankend über dieses Am. erkenntnis. Bezüglich der Fahrgeschwindigkeit, der Signale usw. sind die Bestimmungen des englischen Gesetzes mit ihren hohen Geld⸗ und Gefängniesstrafen sehr erwägenswert; jedenfalls greifen diese Be⸗ stimmungen weit mehr durch, als unsere an manchen Mängeln leidenden Strafvorschriften. Was nützen unsere Strafen von 60 ℳ und 14 Tagen Haft für zu schnelles Fahren? Noch dazu hört man außer⸗ ordentlich selten davon, daß überhaupt auf einen Tag Haft erkannt wird; und was wollen 60 ℳ Geldstrafe für einen Antomobilbesitzer bedeuten! Man wird die strafrechtliche Seite der Angelegenheit in der Hauptsache auf die Reform des Strafrechts verschieben müssen. Ganz anders liegt die Sache zivilrechtlich. Es muß untersucht werden, ob die Bestimmungen des Haftpflichtgesetzes ausreichen. Jetzt sst die Haftpflicht nur begründet, wenn ein Verschulden des Fahrers nachgewiesen wird, und die Beweislast trifft, den Ge⸗ schädigten. Wenn nun ein Zusammenstoß eintrit oder ein Mensch überfahren wird, wie soll da ein genügender Beweis erbracht werden? Sind denn immer unbeteiligte Zeugen vorhanden, die auch bereit sind, Zeugnis abzulegen? Bei jedem Straßenvorkommnis in Berlin sind eine Masse Neugieriger zugegen; aber wenn es darauf onkommt, Zeugen zu bekommen, so hält das ungeheuer schwer. Der Nachweis, daß eine Fahrlässigkeit vorliegt, daß der Fahrer zu rasch gefahren ist, ist nur in ganz wenigen Fällen zu führen. Das heißt doch dem Geschädigten eine Beweislast aufbürden, die er in den meisten Fällen nicht tragen kann. Was ist angemessener⸗ das Risiko dem aufzuerlegen, der den Vorteil und das Vergnügen von der Sache
hat, oder dem, der nur den Schaden davon hat? So spitzt sich die Frage zu, und da wirft sich die weitere Frage auf, ob man nicht an
die Stelle des bisherigen Verschuldungsprinzips das Gefährdungs⸗ prinzip zu setzen hat, und diese Frage bejahe ich. Dieselben Gründe,
die seinerzeit zur Verschärfung der Haftpflicht für die Eisenbahn ge⸗
führt haben, 9* auch hier vor. Bei den Eisenbahnen liegt die Sache für das Publikum sogar viel günstiger; denn die Vorsichts⸗ maßregeln der Eisenbahn sind mannigfalttg⸗ und die Führer haben einen Befähigungsnachweis zu bestehen, die Automobilfahrer bisher leider noch nicht. „Wir wollen also die Haftpflicht einführen, und zwar nicht allein für die Personen⸗, sondern auch für die Sachbeschädigungen. Der Prinz zu Carolath will dasselbe; in seinem Antrag ist das aber nicht klar zum Ausdruck gekommen. Die reichsgesetzliche Regelang ist
landesgesetzlichen durchaus vorzuziehen. Heute schon auf die Frage der eventuellen Bildung einer Genossenschaft einzugehen, scheint mir nicht Asereigt; 17- Frage ist zur Entscheidung noch nicht reif; von der Entscheidung dieser Frage darf man sedenfalls die Entscheidun der Frage der Ausdehnung der Haftpflicht nicht abhängig machen. J.
tte allerdings gewünscht, daß der Staatssekretär etwas schneidiger vorgegangen wäre und sich nicht erst auf preußisches Aktenmaterial zurückgezZogen hätte. Er sollte noch in dieser Session einen Gesetz⸗ entwurf vorlegen.
Abg. von Maltzan Freiherr zu Wartenberg und Penzlin: Wenn von zwei großen Parteien diese Frage zum Gegenstand eines vrn s gemacht worden ist, so begrüßen meine Freunde das mit großer
A nach den §§ 833, 834 des Haftpflichtgesetzes die Besitzer von Tieren für den durch diese verursachten Schaden deüthflicha sind, so olte das in noch viel höͤherem Grade von den Automobllbesitzern selten. Heute ist das nicht der Fall. Der Besitzer kann sagen, ich zabe meinem Fahrer gar nicht den Auftrag erteilt, überhaupt zu ahren. Wir sind aus den von dem Abg. Gröber angeführten Gründen nicht in der Lage, für den Antrag des Prinzen zu Schönaich⸗
lath zu stimmen. Wenn man ein einheitliches Automo llgese e, so müßten die ; er Lach verantwortlich gemach n en für den von ihnen verursachken Sachschaden. Daß darunter
8 Industrie leiden würde, kann ich nicht zugeben. ie Fahr⸗ chwindigkeit läßt sich nicht gut festlegen, auch gegen das Wettfahren schäbne ts einzuwenden vorgusgesetzt, daß das Publikum nicht ge⸗ 5 igt werden kann. Anderseits müssen wir uns hüten, eine Industrie süm zu legen, die Tausende seübiger Hände beschäftigt und n Induftrie anderer Staaten bereite überflüͤgelt hat. 88 darf in 88n Beziehung an das Gordon⸗Bennett⸗Rennen ertinern. Ich habe einen Gedanken aufgegriffen, der auf dem Deutschen Juristentag —₰ geworden ist, nsmng die B von Zwangsgenossens aften die Kraftfahrer nach dem Vorbild der Unsallberussgenossenschaft.
t mir übrigens auf die Art der Fassung nicht an, ich bin
Die Fortschritte, die das Automobil⸗
9 1“ ““ 8
gern bereit, einem besseren Vorschlage susttmmen. Daher bitte ich Sie, den Antrag Gröber und den meinigen anzunehmen.
Abg. Dr. üe ffr. Volksp.): Weiß denn der Staatssekretär nicht, daß ein Beschluß des Hauses von 1903 vorliegt, in dem eine Petition über den Automobilbetrieb dem Reichskanzler zur Berücksichtigung überwiesen wurde? Man sieht daran wieder, wie es mit der Erledigung von Petitionen beschaffen ist. Solche
etitionen wandern einfach in den v des Reichskanzlers.
ir werden uns das für die Zukunft merken. Ich habe namens meiner Freunde zu erklären, daß wir die Resolution Gröber und Prinz zu Schönaich annehmen. Von Herrn Gröber weiche ich darin ab, daß ich eine Neigung zu einer besonderen Milde bei den Straf⸗ gerichten nicht gefunden habe. Den armen Staatsbürgern kann ich es nicht übel nehmen, daß sie sich um das Zeugnis drücken, wenn man sieht, wie die Leute stundenlang in Moabit warten müssen. Dem Antrag von Maltzan können wir, namentlich in der abgeschwächten Form, nicht zustimmen; er würde wirkungslos sein. Der ganze Gegenstand eignet sich überhaupt nicht zu einer Zwangs⸗ versicherung; dazu fehlt es an der genügend breiten Unterlage. Eine derartige Versicherung würde geradezu eine Assekuranz für den sein. Ich verstehe die Art nicht, wie von Maltzan hier für den Schutz der Induftrie aufgetreten ist. Een Gamp hat doch gestern im Abgeordnetenhause eine ganz andere Stellung dazu eingenommen. Ich möchte nicht nur die zivilrechtliche, sondern auch die öffentlich strafrechtliche, polizeiliche Seite der Frage reichs⸗ Fegeic gerega haben. Ar. Holland, Belgien und England aben bereits eine solche Gesetzgebung. Dieser Sport verdient in der Tat die Unpopularität, die er bei allen Parteien genießt. Wenn die Sportsleute auf der Rennbahn sich tummeln, so ist das ihre Sache, aber Todesfahrten wie die von Paris nach Berlin, gehen denn doch über den Spaß. Auf dem Bankett dieser Automobilfahrer waren drei Minister und ein Staatssekretär anwesend. Der Handelsminister singt sogar ein großes Loblied auf den Automobilsport. Ich denke, die Regierung sollte gegen den furor automobilis vorgehen und nicht abwarten, bis noch böa Leute totgefahren werden.
Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding:
Wenn ich nach dem Vorschlag des Herrn Abg. Dr. Müller (Meiningen) den Weg betreten wollte, daß wir die ganze Materie des Automobilwesens in einem Gesetze regeln, dann würden wir wahr⸗ scheinlich hier im hohen Hause dem Vorwurf begegnen, daß wir alles täten, die Sache zu verzögern. Wenn wir rasch zum Ziele kommen wollen, müssen wir den Weg einschlagen, der in den anderen Resolutionen vorgeschlagen ist. Wenn wir aber einen Kodex für das Automobilrecht machen wollen, so können wir überzeugt sein, daß die Sache noch recht lange dauert.
Der Herr Abg. Dr. Müller (Meiningen) hat mir — ich muß den Punkt doch erwähnen — den Voaorwurf gemacht, daß ich die Akten nicht kenne, daß mir die früheren Vorgänge in dieser Sache und die Beschlüsse des Reichstags nicht bekannt seien. Ich lasse mir, als praktischer Geschäftsmann, den Vorwurf, daß ich die Akten nicht kenne, nicht gern gefallen, selbst wenn dieser Vorwurf von dem Herrn Abg. Dr. Müller (Meiningen) kommt, der so leicht ge⸗ neigt ist, der Regierung Vorwürfe zu machen (Heiterkeit), sobald er glaubt, eine schwache Stelle bei ihr entdeckt zu haben. Ich erkläre also, daß dieser Vorwurf ungerechtfertigt ist. Der Herr Abg. Dr. Müller (Meiningen) hat daraus, daß ich den Beschluß des Reichstags vom Jahre 1903 nicht erwähnt habe, geschlossen, daß der Beschluß nicht mehr in meiner Erinnerung sei. Diese Schluß⸗ folgerung ist aber nicht logisch; ich kann auch aus anderen Gründen den Beschluß nicht erwähnt haben. Und ich habe ihn deswegen nicht ermähnt, weil er für meine Daslegung keine Bedeutung hatte. Ich habe dem hohen Hause auseinandergesetzt, was wir in der Sache getan haben, um zu zeigen, daß alles geschehen sei, was geschehen konnte. Alles aber, was ich in dieser Beziehung anführte, war schon geschehen, bevor der Beschluß des Reichstags von 1903 erfolgte. Derselbe konnte also zu irgend welchen Maßnahmen keine Veranlassung mehr geben. Und weil er das nicht konnte, hatte ich auch keinen Grund, auf diesen Beschluß zurückzukommen. Unter diesen Umständen wird der Herr Abg. Dr. Müller⸗Meiningen den Vorwurf nicht auf⸗ recht erhalten können, daß mir der Beschluß nicht bekannt ge⸗ worden sei.
Abg. Stadthagen (Soz.): Ich freue mich, hier eine Resolution zu finden, deren Grundgedanke von uns wiederholt ausgesprochen ist, nicht nur in bezug auf Automobile, sondern noch weiter. Wir haben also um so mehr Veranlassung, ihr zuzustimmen. Der Antrag Gröber ist aus dem ökonomischen Ausgleichsprinzip heraus notwendig, und wir werden ihn ebenfalls annehmen. Es stimmt durchaus, daß Eisenbahnen und Automobile dieselbe Gefahrenhöhe aufweisen. Die meichen Sportfere müssen an dem Punkt getroffen werden, wo sie empfindlich sind. Auch die in der Resolution von Maltzan vorgeschlagene Assekuranz finder unseren Beifall, um so mehr, als sie den vollen Schaden ersetzen will und nicht nur zwei Drittel, wie das Unfallgesetz, das auch den vollen Schaden ersetzen soallte. Wir hoffen, daß die Regierung schneller vorgeht, als sie Gebiete der Senne geseehens vorgegangen ist.
Abg. Prinz zu Schönaich⸗Carolath: Wenn der Staats⸗ sekretär hier von angeblichen Aeußerungen des Abg. Schaedler, die ich zitiert hätte, sprach, so möchte ich ihn darauf aufmerksam machen, daß ich das amtliche Stenogramm verlesen habe, daß also von „ugeblichen“ Aeußerungen nicht die Rede sein kann. 8g habe den Juristen auch nicht vorgeworfen, daß sie die Sache nicht beachten; der Staatssekretär hat mich mißverstanden. Ich habe dies nur gewissen Kreisen vorgeworfen, die tatsächlich bestehen. Der Staatssekretär hat in vollendeter Weise die Einzelfragen be⸗ handelt, ist aber um die Hauptfrage hegangen. Es ist mir nicht verständlich, wie der preußische Fn stimmian ter vorgestern hat er⸗ klären können, der Breslauer Fall sei ihm nicht bekannt, nachdem er hier und von mir im Herrenhause zur Sprache gebracht worden ist.
Ich bin nicht auf der Suche nach Unglücksfällen, sondern jede Tages⸗ zeitung — solche fortlaufend. Wenn wir eine Liste über die Automobilunfälle bringen wollten, so hätten wir eine recht lange und traurige Liste zu verlesen. Ich will nur anführen, daß auch deute wieder der „Tag“ unter der Ueberschrift „Von einem Automobil über⸗ fahren und getötet“ einen solchen Fall mitteilt.
Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding:
Meine Herren! Wenn ich in meinen Ausführungen mich dahin ausgedrückt haben sollte, worüber der geehrte Herr Vorreduer ja so ungehalten zu sein scheint, daß der Herr Abg. Dr. Schädler angeblich hier etwas gesagt haben solle, so bitte ich feierlichst um Entschuldigung⸗ (Heiterkeit.) Es ist natürlich nicht meine Absicht gewesen, nach dieser Richtung hin die Ausführungen des Abgeordneten in Zweifel zu zieden; ich habe es selbstverständlich als richtig angenommen, daß wenn er hier das Wort eines Abgeordneten aus einer früheren Sitzung zitiert, dies Zitat richtig ist. Ich habe nur den preußischen Herrn Justih⸗ minister dagegen in Schutz genommen, daß er jede Bemerkung. die so nehenbei geschieht — und diese ist so nebenbei geschehen — aus der Rede eines Reichstagsmitgliedes auswendig kennt, das koͤnnen Ste von dem Herrn nicht verlangen. G Wenn der Herr Abgeordnete dann bestreitet, den Gerichten einen
Vorwurf gemacht zu haben, nun, so nehme ich von dieser Erklärung
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mit Genugtuung Akt. Es freut mich, daß den Gerichten kein Vorwurf gemacht werden kann, daß die Rechtsprechung hier als eine unparteiische anerkannt wird. Ich weiß dann allerdings nicht, weshalb der Herr Abgeordnete bei dieser Gelegenheit andere Behörden, die das Reichs⸗ justizamt gar nichts angehen, für die es einzutreten gar nicht in der Lage ist, hier mit Vorwürfen belastet; das gehört ja dann doch eigentlich nicht zu unserem Thema. 1.
Wenn der Herr Abgeordnete sich dann darüber wundert, daß ich seinen Antrag auf Nr. 203 der Drucksachen nicht als zur Tages⸗ ordnung gehörig angesehen habe, ja, so beruht das auf zwei Momenten. Einmal wird dieser Antrag in der heutigen Tagesordnung des Reichs⸗ tags nur nebenbei hinweisend erwähnt; es steht ausdrücklich in der Tagesordnung des Reichstags: conferatur Nr. 203. Daraus durfte ich entnehmen, daß zur Erläuterung der Resolution des Herrn Abg. Prinzen Schönaich, die hier zur Diskussion steht, auf diese andere Resolution hingewiesen werden sollte. Und ich war berechtigt zu dieser Annahme um so mehr, weil es sich in der Resolution gar nicht um einen Gegenstand handelt, für den der Staatssekretär des Reichsjustizamts verantwortlich gemacht werden kann, sondern um einen Gegenstand, der zum Ressort des Reichsamts des Innern gehört. Also der geehrte Herr Abgeordnete wolle mir das nicht so übel nehmen, daß ich eine andere Auffassung gehabt habe als er. Ich will darum die Berechtigung seiner Auffassung nicht bestreiten; aber enr kann dann wohl auch die meinige als eine berechtigte anerkennen.
Wenn der Herr Abgeordnete dann aber behauptete, ich wäre um die Sache so herumgegangen mit vielen Worten, so muß ich er⸗ klären: diesen Vorwurf lehne ich ganz entschieden ab. Es ist mir gar nicht eingefallen, um die Sache herumzugehen. Ich habe mich aber nicht weiter darauf einlassen können, weil ich namens der Bundesregierungen mich auszusprechen nicht legitimiert bin — und ohne Legitimation der Bundesregierungen, die zu vertreten ich die Ehre habe, kagn ich hier sachliche Erklärungen von einiger Tragweite nicht abgeben. (Sehr richtig! rechts.) Im übrigen glaube ich, ich habe mich so wohlwollend wie möglich ausgesprochen, und die Worte, die ich gemacht habe, waren nicht dazu da, meine Position zu ver⸗ schleiern, sondern offen zu erklären, welches meine Anschauungen und Absichten sind. Ich habe auch den einzelnen Fall nicht so ausführlich erwähnt, um über die Sache so hinweg⸗ zukommen, sondern nur, weil ihn der Herr Abgeordnete hier erwähnt hat, weil derselbe im preußischen Abgeordnetenhause zur Sprache gekommen ist, und weil er im preußischen Herrenhause von dem Herrn Abgeordneten selbst zur Sprache gebracht wurde. Ich habe angenommen, daß der geehrte Herr Abgeordnete auch einen be⸗ sonderen Wert auf diesen Fall lege; und nur aus Rücksicht auf den geehrten Herrn habe ich den Fall hier so ausführlich dargelegt; sonst hätte ich die Zeit des hohen Hauses, die, wie ich weiß, so kostbar ist, nicht belastet.
Wenn aber der Herr Abgeordnete sich dem Appell des Herrn. Abg. Gröber dahin anschließt, daß der Staatssekretär des Reichs⸗ justizamts doch vorgehen und sich um die preußische Regierung nicht kümmern möge, so wollen mir die beiden geehrten Herren doch ver⸗ zeihen, wenn ich erkläre, daß sie die staaterechtliche Stellung des Staatssekretärs verkennen und sfeine Macht entschieden überschätzen. Was soll denn der Staatssekretär machen? Wer steht denn vor Ihnen im Hause? Hier steht nicht der Staats⸗ fekretär des Reichsjustizamts in Fragen der Gesetzgebung vor Ihnen, sondern der Vertreter der verbündeten Regierungen. (Sehr richtig! rechts.) Der kann Ansichten haben, wie er will: wenn sie von den verbündeten Regierungen nicht getragen werden, sind sie vor dem Hause nichts wert. Wenn ich mit einigem Erfolge die Initiative zur Gesetzgebung ergreifen soll, kann ich es nur tun im Einverständnis mit der preußischen Regierung; gehe ich vor ohne Einverständnis mit der preußischen Regierung, so würde das nur ein Hieb in die Luft sein. Damit wäre dem hohen Hause auch nicht gedient. (Sehr richtig! rechts.) Wir wollen keine Gesetzgebung vom grünen Tisch machen, aber auch nicht auf Grund von Preßberichten, die sich immer wieder und wieder als unrichtig darstellen. Wir machen Gesetz⸗ entwürfe nur auf Grund zuverlässiger, aktenmäßiger Mitteilungen, die mir von den Behörden zugehen. Solange wir keine solchen Mit⸗ teilungen haben, können wir keine Vorschläge machen, die auf die Billigung des hohen Hauses rechnen dürfen. Das ist ein weiterer Grand, weshalb wir zurückhaltend sein müssen. Meine Herren, wem wir Gesetzesvorschläge machen, die nicht sachlich begründet sind, wird uns ein Vorwurf gemacht; jetzt, wo wir warten, bis uns das Material zur Begründung einer Vorlage zugegangen ist, wird mir der Vorwurf gemacht, daß von uns zu lange gewartet werde. Wie sollen wir es denn anfangen, um es dem hohen Hause recht zu machen? Also nach der Richtung seien Sie doch auch gerecht. (Bravo! rechts.) 8
Abg. Dr. Bärwinkel (nl.): Wi issen s daß Haftpflichtgesetz von 1871 — Ersatz ur — — diesem Sinne haben wir den Ausdruck analog“ gewählt. Wenn uns Herr von Maltzan dieraus einen Vorwurf macht. so leidet doch sein Antrag an demselben Fehler; denn die Unfallberussgenossenschaft ragelt auch keinen Sachschaden. Was gemeint ist, weiß ja doch jeder. 8.
ist das richtige, beide Resolutionen anzunehmen, die unserige und die des Herrn Gröber. Es gilt hier nicht nur: Bis dat qui cito dat, sondern
auch: Cito dat qui bis dat. Nach einer weiteren kur Bemerkung des Abg. von artenbderg und Penzlin
Malsaz Ferterrn za schließt die Diskussion. Die Resolution des Abg. Gröder wird einstimmig angenommen; ebenso mit großer Mehhrheit die von dem Adg. Prinzen zu Schönaich⸗Carolath eingebrachte Resolution, ferner die Resolution von Maltzan und endlich der Etat des Reichsamts des Innern ci Antrag Ab EEä Carolath: 1u derbünde rungen zu ersuchen, 1) uf hinzu⸗ wirken, daß tunlichst dald einbeitliche erlassen werden, welche geeignet sind, Leben, Gesundheit und Eigen⸗ tum der —+ vor Unfällen und Schädigungen, weiche durch übermätzig schnelles Fahren von Automobilen auf öffentlichen Straßen und Plätzen verursacht 5 Hützen. als dieg Isher der Fall ist. 2) von dem Erlaß dieser Be⸗ stim dem — is zu geben, zugleich mit cimner verursachten —— 8 88 hhdechehee . 8 Verhandlung stehen nunmehr folgende Resolutionen: D der Abgg Dr. Spahn, Gröder und Genossen (Zentr.): „den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, durch Vermittelung der
werden, in vertärkrerem Matze zu
und Gefängnisarbeit in den Einzelstaaten hie um die
wverwaltung auf einheitliche d eneaen über die Jucht⸗
8 dem Handwerk ige Konkurrens