Die nach § 23 Abs. 2 des Gewerbeunfallversicherungs⸗ gesetzes bei grundloser Verweigerung der Heilanstaltsbehandlung seitens eines Verletzten zulässige Versagung der Rente unter⸗ liegt dann nicht einer zeitlichen Beschränkung, wenn nach Ab⸗ lauf der Zeit, für welche ihm die Rente zu versagen war, die Erwerbsfähigkeit durch Unfallfolgen nicht mehr beschränkt ist (2035 *).
Der Einwand des Fristablaufs gemäß § 72 Abs. 1 des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes vom 30. Juni 1900 ist nicht durchgreifend, wenn das nach dem Unfalle von der Be⸗ rufsgenossenschaft eingeleitete Feststellungsverfahren mit der Be⸗ willigung eines zur Erleichterung der Folgen der Verletzung erforderlichen Hilfsmittels — § 9 Abs. 1 Ziffer 1 a. a. O. — seinen Abschluß gefunden hat (2036).
Die Hafendiener der Stadt Stettin, die Lotsendienste auf Seeschiffen im Hafen verrichten, sind auf Grund des See⸗ unfallversicherungsgesetzes versichert (2037).
Im Abschnitt C (Invalidenversicherung) werden zu⸗ nächst Vorschriften veröffentlicht, die die Landesversicherungs⸗ anstalt Hessen⸗Nassau mit Genehmigung des Reichsversicherungs⸗ amts vom 15. Dezember 1903 zum Zwecke der Beitrags⸗ kontrolle erlassen hat. Sodann werden zwei Rund⸗ schreiben des Reichsversicherungsamts vom 30. No⸗ vember 1903 und vom 21. Januar 1904 mitgeteilt, betreffend die Zulässigkeit schriftlicher Abstimmung bei Beschluß⸗ fassung der Ausschüsse in eiligen Fällen.
Der Abschnitt enthält ferner eine Entscheidung aus §§ 75, 111 Abs. 1 Ziffer 1 des Invalidenversicherungsgesetzes, in der der Grundsatz ausgesprochen wird, daß der Vorsitzende des Vorstands einer Versicherungsanstalt im Wege des § 75 a. a. O. nur solche Beschlüsse des Ausschusses anfechten könne, die Rechtsfolgen haben, und deren Bean⸗ standung daher einer aufschiebenden Wirkung fähig ist. Demgemäß ist die Anjechtbarkeit eines Be⸗ schlusses, der lediglich eine die Geschäftsführung des Anstalts⸗ vorstands nicht billigende Meinungsäußerung enthielt, verneint worden. Dabei ist die Befugnis des Ausschusses zu derartigen Meinungsäußerungen anerkannt worden (1102).
Im Anschluß hieran werden noch folgende Beschlüsse mitgeteilt:
Das im § 71 Abs. 1 Ziffer 7 des Invalidenversicherungs⸗ gesetzes begründete Recht des Ausschusses zur Ueberwachung der Geschäftsführung des Anstaltsvorstands umfaßt auch die Befugnis, unter Umständen das persönliche Erscheinen eines Vertreters des Vorstands in der Ausschußsitzung behufs Aus⸗ kunftserteilung über die Geschäftsführung zu verlangen (1103).
Die zur Ausübung des dem Ausschusse zustehenden Ueber⸗ wachungsrechts notwendigen Ausgaben sind als Verwaltungs⸗ kosten von der Versicherungsanstalt zu tragen (1104).
Die Rückzahlung des Werts von Beitragsmarken, die infolge Verlustes der Quittungskarte in eine neue Karte über⸗ tragen worden sind, wird nicht dadurch gehindert, daß die ursprünglichen Marken fehlen. Die vorherige Ver⸗ nichtung solcher Marken erfolgt in der Weise, daß dem Ueber⸗ tragungsvermerk ein Vermerk über die Ungültigkeit der Marken beigefügt wird (1105). 1
Endlich folgen noch Uebersichten über den Erlös aus Beitragsmarken im Jahre 1903, über die Zahl der im Jahre 1903 geleisteten Wochenbeiträge und über die Rentenzahlungen und Beitragserstattungen im Jahre 1903. “
Im nichtamtlichen Teile ist eine Verfügung der Generaldirektion der Königlich bayerischen Posten und Telegraphen vom 31. Januar 1904, betreffend die Regelung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse der Post⸗ agenten, und eine Entscheidung des Reichsgerichts vom 3. Oktober 1899 mitgeteilt worden, in welcher Ausführungen über den ursächlichen Zusammenhang des Todes mit einer äußeren Gewalteinwirkung, zu der eine innere Erkrankung den Anstoß gegeben hat, sowie über den Einfluß der bona fides auf die Beweislast enthalten sind.
8
Der Kaiserliche Gesandte in Lima Dr. Michahelles ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurüͤckgekehrt und hat die Geschäfte der Kaiserlichen Gesandt⸗ schaft wieder übernommen.
Der Kaiserliche Ministerresident in Bangkok Coates hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit werden die Geschäfte der Kaiserlichen Ministerresidentur von dem derselben zuͤgeteilten Vizekonsul Schulze geführt 1
In der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ wird die vom Reichs⸗ eisenbahnamt aufgestellte tabellarische Uebersicht der Be⸗ triebsergebnisse deutscher Eisenbahnen für den Monat Februar 1904 veröffentlicht, auf die am Freitag v. W. an dieser Stelle auszüglich hingewiesen worden ist.
Hessen.
In Mainz wurde am Sonnabend, wie das „Mainzer Journal“ berichtet, im dortigen Dome die feierliche Konsekration und Inthronisation des Bischofs Dr. Kirstein durch den Erz⸗ bischof von Freiburg Dr. Nörber vollzogen. Die Stadt war aus Anlaß der Feier reich geschmückt. An dem Festzuge, der sich
om Bischofsplatz aus in Bewegung setzte, nahmen etwa 90 Ver⸗ ine mit ihren Fahnen teil. er Feier wohnten Ihre König⸗ iche Hoheit die Landgräfin Anna von Hessen, die Bischöfe der oberrheinischen Kirchenprovinz, die staatlichen,
militärischen und städtischen Behörden sowie die Mitglieder der
Kammer bei.
“
Elsaß⸗Lothringen.
Der Landesausschuß hat sich am Donnerstag auf unbestimmte
Zeit vertagt. Deutsche Kolonien.
stieß, wie „W. T. B.“ meldet, der Major von Glasenapp, als er, den Kompagnien vorauseilend, dem Tetjo⸗Stamm von Rehoro über Okandjesu nach Nordwesten folgte, am —) Die neben den einzelnen Entscheidungen stehenden eingeklammerten 8-e, geben die Ziffer an, unter welcher diese in den „Amtlichen Nachrichten“ veröffentlicht sind.
“
13. März bei Owikokorero mit seinem Stabe, zahlreichen Offizieren, einer berittenen Abteilung von 36 Mann und einem Maschinengewehr auf die Nachhut des Feindes. Diese erhielt unerwartek Verstärkung, sodaß der Major von Glasenapp gezwungen wurde, zurückzugehen. Das Gefecht spielte sich vor der eigentlichen Kolonne ab. Gefallen sind 7 Offiziere und 19 Mann, verwundet 3 Offiziere und 2 Mann. Vom Feind wurden 20 Tote gesehen. Um den Gegner in seiner jetzigen Stellung nach Formierung der Hauptabteilung, wenn möglich, unter Heranziehung der Kolonne des Majors von Estorff umfassend anzugreifen, sind Maßnahmen eingeleitet.
Einem weiteren Telegramm des Gouverneurs Leutwein zufolge waren die Verluste in dem erwähnten Gefecht auf deutscher Seite folgende: Tot sind: Hauptmann von Frangois, Oberleutnant Eggers, Oberleutnant zur See Stempel 2. Matrosendivision), Leutnant Dziobek (1. Seebataillon), Leutnant der Reserve Tiesmeyer, Leutnant der Reserve Bendix, Marineoberassistenzarzt Dr. Velten (S. M. S. „Habicht“), von der Schutztruppe: Feldwebel Karl Bach, Feldwebel Her⸗ mann Nitschke, Unteroffizier Paul Kiel, Gefreiter Michael Wolf und Gefreiter Friedrich Otten, vom Januarersatz 1904: Reiter Wilhelm Albrecht, Reiter Otto Forster, Reiter Hermann Graschoppf Hilfstrompeter Hermann Woderich und Reiter Michael Schanz, von der 2. Matrosendivision: Signalmaat Wrocklage (S. M. S. Sabicht“), Bootsmannsmaat Hedtke (S. M. S. „Habicht“), Obermatrose Ehlers (S. M. S. „Habicht“), Sergeant Bennewies aus Eilbeck vom Seebataillon, früher im 15. Husaren⸗ regiment, außerdem Ersatzreservist Tierarzt Sepp, Land⸗ wehrmann August Ahlenberg aus Elbing, Landwehrmann Sebastian Stegmann aus Grummersbach (Unterfranken), Invalide Oskar Bachmann aus Berlin und Vizefeldwebel der Reserve Bernhard Wellstein aus Mülheim a. d. Ruhr. Leicht verwundet sind: Major von Glasenapp (Streifschuß am Hinterkopf), Adjutant, Leutnant Schäfer, Oberleutnant zur See Herrmann (S. M. S. „Habicht“), Gefreiter der Land⸗ wehr Wilhelm Schmidt, geboren am 14. August 1868 zu Gollendorf (Osterburg), und Gefreiter der Landwehr Johann Senne, geboren am 22. Januar 1870 zu Friedrichsfeld (Hof⸗ geismar).
Für den 1. April wird in Swakopmund die Ankunft eines am 18. März von Buenos Aires abgegangenen zweiten Transports von Pferden und Maultieren erwartet.
Oesterreich⸗Ungarn.
Die Königin⸗Witwe von Sachsen ist, wie die „Wiener Abendpost“ meldet, am Sonnabend früh im strengsten Inkognito in Wien eingetroffen. Allerhöchstdieselbe wird heute abend die Reise nach Pontebba und von dort über Venedig nach Gardone fortsetzen.
Das österreichische Abgeordnetenhaus beriet, dem „W. T. B.“ zufolge, am Sonnabend den dringlichen Antrag des Abg. Dvorak, betreffend die Ausgestaltung der tschechischen Hochschulen in Prag und Brünn. Der Antragsteller begründete seinen Antrag und verwahrte sich dagegen, daß es sich um einen Obstruktionsantrag handle. Er schilderte die unzulänglichen Verhältnisse an den tschechischen Hochschulen in „Fümlicher und hygienischer Hinsicht sowie bezüglich der Ausstattung mit wissenschaftlichen Instituten, und er⸗ klärte, die tschechische Forderung auf Errichtung einer zweiten Uni⸗ versität dürfe nur vom Kulturstandpunkt aus beurteilt werden. Die Tschechen würden die durch Aufhebung der Sprachenverordnung ihnen zugefügte Schmach nicht ruhig über sich ergehen lassen und würden sich durch sogenannte Konzessionen auf wirtschaftlichem Gebiet vom Widerstande nicht abbringen lassen. Dies Unrecht könne nur durch Entgegenkommen des Staats auf dem Gebiete der geistigen Güter wieder gut gemacht werden. Der Ministerpräsident Dr. von Körber erwiderte, die Regierung lasse sich bezüglich der Vervoll⸗ ständigung und Ausgestaltung der bestehenden Hochschulen nur von der Pflicht und dem Willen leiten, sie zu würdigen Stätten der Forschung und der Lehre zu machen. Das nationale Moment komme dabei nicht in Betracht. Die Verhandlung wurde hierauf abgebrochen.
Das Domkapitel von Olmütz hat vorgestern den e-,r,ggs Johann Weinlich zum Kapitularvikar ge⸗ wählt.
Frankreich.
Der Deputierte Chaumet, der in der Budgetkommission der Kammer heftige Angriffe gegen den Marineminister Pelletan geführt hatte, hat, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet, der Kommission wiederum einen von einem pensionierten Admiral herrührenden Bericht unterbreitet, in dem zahlreiche Angriffe gegen Pelletan erhoben werden. Darin wird u. a. erklärt, der Minister habe während seiner Amtsführung nicht ein einziges Mal den höheren Marinerat einberufen, auch der Marinegeneralstab sei ausgeschaltet worden. Der Zustand der Flotte und der Arsenale sei infolge der Untätigkeit des Marineministeriums unter Pelletan beklagenswert. Es sei zu befürchten, daß die Hand, die die Marine in Friedenszeiten desorganisiert habe, noch weniger fähig sein werde, sie in Kriegeszeiten zu leiten. — Der Deputierte Berry hat den Minister Pelletan schriftlich daran erinnert, daß er ihm versprochen habe, nach Beendigung der Untersuchung die Anfragen über die Spionageangelegenheit Martin zu beantworten. Da die Untersuchung beendigt sei, stehe nunmehr der Erörterung nichts mehr im Wege.
Spanien.
Der König ist vorgestern mittag, wie „W. T. B.“ he⸗ richtet, wieder in Madrid eingetroffen. Zur Begrüßung waren mehrere Mitglieder der Königlichen Familie auf dem Bahnhofe erschienen. Auf der Fahrt zum Schlosse wurde der König von der Bevölkerung mit herzlichen Zurufen begrüßt. Die Behörden von Barcelona verhinderten gestern, daß eine geplante anarchistische Versammlung daselbst ab⸗ gehalten wurde. Viele Punkte der Stadt wurden mit starken Wachtposten besetzt. Zahlreiche Anarchisten wurden verhaftet, später aber wieder freigelassen; ihre Waffen wurden beschlag⸗
nahmt. 8 Türkei.
Der deutsche Botschafter Freiherr Marschall von
Nach einem Telegramm des Kaiserlichen Gouverneurs Bieberstein wurde, wie „W. T. B.“ meldet, am Freitag
on Deutsch⸗Südwestafrika, Obersten Leutwein vom 19. März
nach dem Selamlik von dem Sultan in Audienz empfangen. Der „Frankfurter Zeitung“ wird aus Konstantinopel be⸗ richtet, der Wali und kommandierende General des II. Armeekorps in Adrianopel, Marschall Arif Pascha sei abberufen worden. Der General Schukri Pascha sei zum Kommandanten von Adrianopel ernannt worden.
Das Wiener „Telegr.⸗Korr.⸗Bureau“ berichtet, die Pforte habe die Ueberreichung des Gendarmeriereorganisationsplans
nicht abgewartet, sondern am Freitag den Botschaftern der Ententemächte eine Antwort übermittelt, die eine umfan reiche Replik auf die Forderungen der fremdländischen Gendarmeriekommission darstelle, von einige angenommen andere aber, und zwar wesentliche, ab eschlagen würden. Die Pforte halte, außer den Adjoints, sechs fremde Offiziere zur Ueberwachung der Gendarmerieorganisation für ausreichend fremde Unteroffiziere jedoch für unzweckmäßig. Sie nehme vom Verzicht auf die Kommandogewalt Kenntnis. Die Be⸗ strafung und Entfernung unwürdiger türkischer Militärs solle auf den Antrag de Giorgis' erfolgen. Für die von diesem über⸗ wachte Gehaltszahlung der Offiziere seien Zehnten und Vieh⸗ steuer überwiesen. Die Pforte sei endlich gegen die Ver⸗ schiebung der Reorganisation in Albanien, wo sie wie überall Bergisch zur Ausfuͤhrung kommen solle. Die Antwort der Botschafter der Ententemächte, in der sie eine voll⸗ ständige Annahme fordern, sollte gestern morgen der Pforte überreicht werden.
Der russische Kreuzer „Aurora“ ist gestern mit drei Torpedobooten von der Sudabai abgegangen. Auch das Schlachtschiff „Osljabija“, mit dem Admiral Wirenius an Bord, ist gestern nebst drei Torpedobooten mit unbekannter Bestimmung von der Sudabai ausgelaufen. Gestern nach⸗ mittag traf der russische Kreuzer „Dimitri Donskoi“ j der Sudabai ein.
Rumänien.
Die Kammer hat am Freitag, wie „W. T. B.“ erfährt, ein stimmig die Pariser Internationale Sanitätskonventio angenommen.
Amerika.
Die Regierung der Vereinigten Staaten hat, wie „W. T. B.“ aus Washington berichtet, japanischen Gesandten den Botschafter in St. Petersburg Mac Cormick angewiesen, die russische Regierung zu er⸗ suchen, sie möge den in Sibirien vorhandenen etwa 50 japanischen Nichtkombattanten dazu behilflich sein, nach Berlin zu gelangen, wo die japanische Gesandtschaft sich ihrer an⸗ nehmen werde.
Asien.
Der „Russischen Telegraphenagentur“ wird aus Liauj ang vom 19. d. M. gemeldet, daß die Familien der Ausländer Niutschwang verlassen hätten; nur einige ausländische Kauf leute seien zurückgeblieben. Nur am Tage liefen dort Dampfer unter Führung von russischen Lotsen ein. Die chinesischen Truppen hätten sich an das Westufer des Liauho zurückgezogen. Der General Linewitsch habe an die Truppen der Mandschureiarmee einen Tagesbefehl erlassen, in dem er ihnen einschärfe, mit der chinesischen Bevölke⸗ rung in Frieden und Freundschaft zu leben, niemanden zu beleidigen und zu bedrängen. nur bei Barzahlung geschehen.
Der Tagesbefehl habe
beruhigenden Eindruck gemacht. Die Ankäufe von Lebens⸗
mitteln, Fourage und Vieh bei der chinesischen Bevölkerung G
gehen ohne Schwierigkeiten vonstatten.
Das „Reutersche Bureau“ berichtet aus Niutschwang, die russischen Behörden hätten dort gestern bekannt gemacht, daß fortan keine Konsularmeldungen über Angelegenheiten aus
oder in betreff von Dalny oder Port Arthur dort eingehen würden. — Die Konsuln hätten ihren Landesangehörigen amtlich mit⸗ geteilt, daß der russische Garnisonskommandant den Aus⸗ b die Mauern der Eingeborenenstadt
ländern verbiete, über hinauszugehen, mit der einzigen Ausnahme, daß sie das Fluß⸗ ufer zwischen der Fremdenniederlassung und den Kanonen⸗ booten benutzen dürften.
Der Kaiser von Japan eröffnete gestern, wie dem „Reuter⸗
schen Bureau“ aus Tokio mitgeteilt wird, in Person, begleitet vom Kronprinzen, die außerordentliche Tagung des Parlaments mit einer Rede, in der Allerhöchstderselbe folgendes ausführte: Die Beziehungen zu den Vertragsmächten nähmen stetig an Herzlichkeit zu.
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Die Regierung habe Verhandlungen mit Rußland eingeleitet gehabt,
aber mangels Aufrichtigkeit auf seiten Rußlands sei sie genötigt
gewesen, die Entscheidung der Waffen anzurufen. Sie könne jetzt nicht zögern, bis das Ziel des Krieges erreicht sei. Die Rede appelliert dann an alle Untertanen, gemeinsam zur Mehrung des Ruhmes des Reichs zu wirken, und ersucht das Parlament, dem Finanzprogramm der Regie⸗ ung freudig seine Zustimmung zu geben. Der Kaiser schloß mit Worten der Anerkennung für die Truppen, die jetzt unter ungewohnten Beschwerden und Entbehrungen ihre standhafte Treue und Tapferkeit an den Tag legten. Der Landtag nahm sodann eine Adresse an den Kaiser an, die Allerhöchstdenselben der Ergebenheit des Parla⸗ ments versichert und erwähnt, daß Rußland seinen Vertrag mit
China und seine den Mächten gegenüber abgegebenen Erklärungen 82
verletzt habe.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die vorgestrigen S Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Zweiten und Dritten Beilage.
— Das Haus der Abgeordneten setzte in der
heutigen (47.) Sitzung, welcher der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Studt beiwohnte, die zweite Beratung des Staatshaushaltsetats für das Rechnungsjahr 1904 im Etat des Ministeriums der geistlichen, Unter⸗ richts⸗- und Medizinalangelegenheiten bei dem Kapitel „Evangelische Geistliche und Kirchen“ fort. Für Besoldungen und Zuschüsse sind 1 337 232 ℳ ange⸗ setzt, das sind 17 836 ℳ mehr als im Vorjahre. Darin ist eine Mehrausgabe von 15 000 ℳ an Kosten der Unterhaltung, Bewachung, Beleuchtung, Heizung und Reinigung usw. des neuen Doms und der Fürstengruft in Berlin einbegriffen.
Die Kommission beantragt, diese Mehrforderung in dem Titel besonders hervorzuheben durch die Einschaltung „ein⸗ schließlich von 15 000 ℳ Staatszuschuß an die Domkirchen⸗ kasse in Berlin zur laufenden Unterhaltung des Doms und der Fürstengruft“.
Berichterstatter Abg. Winckler referiert eingehend über die Kommissionsverhandlungen und über die umstrittene Rechtslage be⸗ treffs der Unterhaltungspflicht. (Präsident von Kröcher unterbricht den Redner mit der Bemerkung: Ich bitte, die Privatunterhaltungen so leise zu führen, daß die Herren, welche sich für den Vortrag des Referenten interessieren, wenigstens auf den ersten Bänken ihn verstehen können.) Man habe die Rechtsfrage offen lassen wollen, gegen die Forderun selbst aber keinen Widerspruch erhoben, mit der Maßgabe, daß es si fur Staatszuschuß handele, der in jedem Etat ersichtli
Die Forderung wird ohne weitere Debatte bewillig
auf Ersuchen des
bei Chinesen dürften ur Zarza hen. Für die strenge Beobachtung dieser Vorschriften hätten die Chefs der Truppenteile zu sorgen. auf die Bevölkerung einen hoöͤchst
Die Kapitel „Bistümer und die dazu gehörigen Institute“, „Katholische Geistliche und Kirchen“, „Altkatholische Geistliche und Kirchen“, „Provinzialschulkollegien“ und „Prüfungs⸗ kommissionen“ werden ebenfalls ohne Diskussion genehmigt.
Bei dem Kapitel „Elementarunterrichtswesen“ schlägt 1 Referent Abg. Winckler vor, die Besprechung der Schulunter⸗ hbaltungspflicht und der Lehrerbesoldungen später gesondert im An⸗ schluß an einen Antrag des Abg. Freiherrn von Zedlitz und Neukirch über die Schulunterhaltungspflicht stattfinden zu lassen.
Abg. von e (kons.): Ich habe namens meiner Freunde zu erklären, daß wir nach den Beschlüssen des Senioren⸗ konvents jetzt weder über die Schulunterhaltungspflicht noch über die Lehrerbesoldungsverhältnisse sprechen werden. Wir werden auch auf eine Provokation nach dieser Richtung hin nicht eingehen. Uns er⸗ scheint der Gegenstand als zu wichtig, und die Schule wie die Lehrer liegen uns zu sehr am Herzen, als daß wir sie jetzt bei der Etats⸗ beratung behandeln könnten. 1
Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (freikons.) wünscht, daß die Lehrerbesoldung erörtert werde, nachdem schon in der Diskussion zu dem Titel „Gehalt des Ministers“ zwei Redner über sie gesprochen hätten und weitere Erörterungen darüber bis zur Debatte über das Elementarschulwesen ausdrücklich vertagt worden seien.
Die Abgg. D. Hackenberg (nl.) und Dr. Dittrich (Zentr.) schließen sich dem Abg. von Pappenheim an, der formell den Antrag stellt, daß die beiden erwähnten Gegenstände von der Debatte ausgeschlossen werden. “
Das Haus stimmt diesem Antrage zu.
Berichterstatter Abg. Winckler referiert über Petitionen aus Derschlag und Dümmlinghausen um Errichtung eines evangelischen Schullehrerseminars in Derschlag statt in Gummersbach und bean⸗ tragt, diese Petitionen der Regierung als Material zu überweisen.
Abg. Dr. Dittrich (Zentr.) bespricht die sittlichen und erzieh⸗ lichen Aufgaben der Volksschule. Die Zunahme der jugendlichen Ver⸗ brecher, der auch das Fürsorgeerziehungsgesetz nicht in allzu großem Umfange vorbeuge, lasse erkennen, daß die jetzige Volksschule mehr eine Bildungs⸗ als eine Erziehungsanstalt sei; die sittliche Erziehung der Jugend müsse auch in der Fortbildungsschule fortgesetzt werden, und das religiöse Moment dürfe nicht unberücksichtigt bleiben. Seine Partei wünsche, daß die Kirche bei der S Fn.; der Jugend mitwirke, um zu verhüten, daß die Keime der sozialdemokratischen und materialistischen Weltanschauung in den Herzen der Jugend Wurzel fassen. Das sei die
este Erziehung zur Vaterlandsliebe. Heute sei zwar das alte Mißtrauen gegen die katholische Geistlichkeit in Kirchenfragen bei der Regierung verschwunden, aber auf dem Gebiet der Schule dauere es immer noch fort und zwar in der Imparität in der geistlichen Schulinspektion. Der Redner schließt mit der Forderung der konfessionellen Schule und spricht die Hoffnung aus, daß das Schulunterhaltungsgesetz, dessen Entwurf im nächsten Jahre vorgelegt werden solle, auch den kon⸗ fessionellen Minderheiten zu ihrem Recht verhelfen werde.
Abg. Ernst (fr. Vgg.): Ueber Imparität wird in der Tat ge⸗ klagt, aber von anderer Seite, als der Kollege Dittrich meint, näm⸗ lich von der evangelischen Geistlichkeit fast allgemein, von der katholischen nur ganz ausnahmsweise. Auch ich bitte den Kultusminister, diesen Klagen ein Ende zu machen, indem er eingreift, aber nicht da⸗ durch, daß er nach dem Wunsche des Herrn Dittrich mehr katholische, sondern dadurch, daß er mehr evangelische Geistliche zu Kreisschulinspektoren ernennt. Auf die Ausführungen des Kultusministers möchte ich erwidern, daß von der Linken die überaus große Schwierigkeit der Aufgabe des Kultusministeriums auf dem Gebiete des Volksschulwesens stets anerkannt und bei jeder passenden Gelegenheit auch der Dank für die Lösung des einen oder des anderen Teils dieser Aufgaben ausgesprochen worden ist. Das gleiche ist seitens der Lehrerschaft geschehen. Die preußischen Volksschullehrer sind überhaupt ein dankbares Geschlecht; sie bewahren den Ministern Falk, Goßler und Bosse und dem Ministerialdirektor Kügler ein dank⸗ bares Andenken und wollen ihnen sogar Denkmäler und Stiftungen widmen. Dem Minister Falk vor allem müßte ein Denkmal gesetzt werden mit der Inschschrift: „Dem Kultus⸗ minister Falk die dankbare Lehrerschaft“; denn er ist als Vor⸗ bild für alle späteren Kultusminister hinzustellen. Der jetzige Herr Kultusminister würde sich ebenfalls ein Denkmal setzen, wenn er die Er⸗ höhung der Volksschullehrergehälter und die Beseitigung der geistlichen Schulinspektion herbeiführen wollte. Die seminaristisch vorgebildeten Lehrer an Töchterschulen werden noch immer zurückgesetzt; sie sind der Be⸗ förderung zu Oberlehrern und zu Kreisschulinspektoren nur in verhältnis⸗ mäßig geringem Maße teilhaftig geworden. (Als der Redner auf die Lehrerbesoldung allgemeiner eingehen will, wird er vom Präsidenten von Kröcher auf die vorher gefaßten Beschlüsse des Hauses bezüglich der Teilung der Debatte verwiesen.) Der Redner erwähnt dann die Maßregelung eines Lehrers unter Anführung genauer Details und bittet den Minister, diesen Fall nachzuprüfen. Darauf geht der Redner näher auf die Schulverhältnisse in den ge⸗ mischtsprachigen Landesteilen ein. Die deutschen Volksschulen hätten in diesen Landesteilen eine ganz besondere Aufgabe zu lösen. In rein deutschen Bezirken verpflanze sich die Liebe zum Vaterlande, der Patriotismus von selbst als teures Erbstück von den Eltern auf die Kinder; in den polnischen Landesteilen sei dies nicht der Fall, und da falle der Schule die Auf⸗ gabe zu, diese Lücke auszufüllen. Daher der andauernde Notschrei in den Provinzen Posen und Westpreußen: Gebt uns mehr Schulen, gebt uns mehr Lehrer! Solange noch in diesen Gegenden 70 bis 80 Schüler auf einen Lehrer kommen, während es doch nur 40 bis 50 hoöchstens sein sollten, sei kei durchgreifender Erfolg zu erzielen. Nach diesem Maßstabe brauche man allein in der Provinz Posen 3000 Lehrer mehr. An die „Germanisierung“ denke er hier nicht etwa in dem Sinne, daß die polnischen Kinder in der Schule ihrer Sprache und Nationalität beraubt werden sollten. Die Aufgabe der Volksschule und ihrer Lehrer würde wesentlich erleichtet werden, wenn wir in Posen die Simultan⸗ schule hätten. Mit der konfessionellen Schule, deren prinzipieller Gegner er sonst nicht sei, könne man in diesen konfessionell und sprachlich gemischten Gegenden nichts anfangen; im Interesse der An⸗ näherung der verschiedenen Konfessionen und Nationalitäten an einander wie auch im Interesse der Verminderung der Schulunterhaltungspflicht müsse der Simultanschule der Vorzug gegeben werden. In diesem Sinne hätten sich alle Schul⸗ und pädagogischen Autoritäten aus⸗ gesprochen.
8 (Schluß des Blattes.)
Statistik und Volkswirtschaft.
Die Amtstage und Amtsstunden bei den preußischen Sparkassen.
In den öffentlichen Erörterungen über Sparkassenwesen ist neuerdings vielfach auch die Frage aufgeworfen worden, ob unsere Sparkassen bezüglich ihrer Offenhaltung an bestimmten Tagen oder Stunden dem Bedürfnisse der Sparkassenkundschaft genügen. Ohne zu den betreffenden Urteilen Stellung zu nehmen, möchten wir darauf aufmerksam machen, daß die preußische Statistik über diesen Punkt alljährlich Angaben sammelt, wenn auch — wegen der Geringfügigkeit der hierbei von Jahr zu Jahr eintretenden Ver⸗ schiebungen — nicht regelmäßig veröffentlicht. Für das Jahr 1901 ist dies indessen in der „Zeitschrift des Königlich preußischen Statistischen Bureaus“ (Jahrgang 1903) geschehen. Aus den hier gemachten An⸗ gaben ergibt sich, daß in der Tat zahlreiche kleine Sparkassen nur einen geringen äußeren Amtsverkehr aufweisen. Unter 1508 an die amtliche Statistik angeschlossenen Sparkassen befanden sich 68, die keine be⸗ stimmten Amtstage, und 119, die keine bestimmten Amtsstunden besaßen, sondern beide nach Bedürfnis“ abhielten. Es waren darunter
63 bezw. 98 kleine Kassen mit einem Einlagebestande von weniger als 1 Million Mark. Es gab ferner Sparkassen
bei einem Betrage der 1 2 g; Tu 6 6 bis 12 Einlagen wöchentl. Amtstagen wöchentl. Amtsstunden bis 1 Mill. ℳ 51 41 75 42 von5 52 42 1 46 43 “ — 1 — 2. „Wie schon diese wenigen Zahlen erkennen lassen, kommt die be⸗ schränkte Offenhaltung fast ausschließlich bei kleinen und einigen mittleren Sparkassen vor. Es waren sogar 46 Kassen, darunter 6 mit unter 1 Million und 25 mit 1—5 Mill. Mark Einlagen, vor⸗ handen, die 7 Amtstage in der Woche für den Einlageverkehr angesetzt hatten, und die großen Sparkassen waren dafür fast durchweg an 5 oder 6 Wochentagen zugänglich, wobei die Zahl der wöchentlichen Amtsstunden bei 23 Kassen auf mehr als 48 und bei 109 auf 42 bis 48 hinaufgeht. Daneben bestanden allerdings 33 Kassen, die nur einen, 32, die 2, endlich 2, die Zmonatliche Amts⸗ tage hatten, ohne regelmäßig an einem bestimmten Wochentage geöffnet zu sein. Solche Anstalten fanden sich aber lediglich unter den kleinen Privat⸗ sowie den Kirchspiels⸗, Fleckens⸗ und Land⸗ emeindesparkassen, bei denen ein Bedürfnis nach längerer Offen⸗ altung nicht von vornherein angenommen oder wenigstens nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand an Zeit und Mühe befriedigt werden kann. Auch ist zu berücksichtigen, daß Kassen mit zeitlich beschränkter Offenhaltung jenem Bedürfnisse gleichwohl durch eine ausreichende Anzahl bequemer Annahmestellen genügen können.
Zur Arbeiterbewegung. le haben, wie „W. T. B.“ meldet, die Hafen⸗
In Ma 2 3.“ n a nabend früh die Arbeit wieder aufgenommen.
1 arbeiter S
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8 m
(Vgl. Nr. 68 d. Bl.) “ Kunst und Wissenschaft.
Bruno Pinkow veranstaltet im Hotel Wilhelmstraße 70a, eine 27. März, täglich von 12 bis 3 Vormittags und von 6 bis 9 Uhr
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1 Nachmittags, geöffnet ist.
8 „Der Reichshof“, Sonderausstellung, die bis zum
X*8
Die 31. Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause wurde, wie „W. T. B.“ meldet, am Sonnabend durch Seine Majestät den Kaiser Franz Joseph feierlich eröffnet.
Aus Wien wird dem „W. T. B.“ ferner telegraphiert: Auf Einschreiten der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften hat das Ackerbauministerium verfügt, daß von den erzeugten Laug⸗ rückständen der Uranfarbenfabrikation in Joachimsthal 20 000 kg bis auf weiteres nicht in den Handel gebracht, sondern daß zunächst 10 000 kg der Kaiser⸗ lichen Akademie der Hissenschaften und 10 000 kg Herrn Curie in Paris käuflich überwiesen werden. Dabei hat das Ackerbauministerium nur die Bedingung gestellt, daß von diesen 20 000 kg und von den Produkten aus diesen alles nur wissenschaftlichen Arbeiten vorbehalten bleibe und nicht in geschäftlichen Vertrieb gebracht oder verkauft werde, und daß die Kaiserliche Akademie bei diesen Arbeiten nach Tunlichkeit auch sonstige österreichische Universitätsinstitute berücksichtige. Durch diese Verfügung wird die Möglichkeit gegeben sein, eine Reihe der wichtigsten auf das Radium bezüglichen Fragen näher zu erforschen.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Saatenstand in Ungarn.
Nach den bei dem ungarischen Ackerbauministerium eingelangten Berichten haben sich, wie der „Wiener Ztg.“ berichtet wird, in den Wintermonaten infolge der günstigen milden und an Niederschlägen ziemlich reichen Witterung die Saaten mit wenigen Ausnahmen im allgemeinen befriedigend entwickelt. Sowohl Wintergetreide als auch Raps und Klee haben zumeist gut überwintert und sind von frischer und gesunder Farbe. In einigen Komitaten be⸗ ziehungsweise Bezirken, besonders jenseits der Donau und in Sieben⸗ bürgen, haben Mäuse sowie Insekten und Würmer Schaden verursacht, doch ist dieser im Landesdurchschnitt so unbedeutend, daß er kaum in Betracht kommt. Der Stand der Herbstsaaten ist auf diese Weise derzeit befriedigend und gut. Auch die Frühjahrsarbeiten und zum Teil insbesondere der Anbau von Hafer und Gerste werden schon i Angriff genommen; der Kern beginnt schön zu keinem
Internationale Gartenbauausstellung in Turin 1904.
Unter dem Patronat Ihrer Majestät der Königin⸗Mutter von Italien und dem Ehrenvorsitze Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs von Aosta wird anläßlich des 50jährigen Jubiläums der Königlichen Gesellschaft für Garten⸗ und Ackerbau von Piemont in Turin eine internationale Ausstellung für Gartenbau in der Zeit vom 10. bis 25. Mai d. J. abgehalten werden, an die sich bis zum Ende des Monats der öffentliche Verkauf der Ausstellungsgegenstände an⸗ schließen soll. V1
Anmeldungen zur Teilnahme an der Ausstellung werden bis zum 30. März d. J. von dem ausführenden Ausschuß („Comitato ese- cutivo dell'Esposizione internazionale orticola“), Via Stampotori 4, Turin, entgegengenommen.
Als Lokalität ist für die Ausstellung der landschaftlich sehr schön gelegene Park del Valentino gewählt worden, in dem bereits die internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst, Turin 1902, und andere Ausstellungen stattgefunden haben. Präsident des Arbeitsausschusses ist der von der vorbenannten Ausstellung her be⸗ kannte Graf Di Sambuy, im übrigen besteht der Arbeitsausschuß aus bekannten und angesehenen der Stadt.
Die Kosten der Ausstellung, soweit sie nicht durch die Eintritts⸗ gelder gedeckt werden, werden von dem von der Allgemeinen Italienischen Industrieausstellung Turin 1898 verbliebenen Ueber⸗ schuß, der über 600 000 Lire betragen hat, übernommen, Platzmiete wird von den Ausstellern nicht erhoben.
Wie der Präsident des Arbeitsausschusses mitgeteilt hat, sollen Anmeldungen aus Holland, Frankreich und auch aus Deutschland bereits vorliegen. Seine Majestät der König von Italien hat die Anlage eines Gartens im altitalienischen Stil befohlen.
Daß die Ausstellung bedeutenderen Umfanges sein wird, wie beispielsweise seinerzeit die Gartenbauausstellung in Hamburg, dürfte wohl nicht angenommen werden können, wenngleich die ausgeschriebenen sich auf 289 beziffern; sie wird wohl mehr eine lokale bleiben.
Die deutsche Ausfuhrziffer von Sämereien, besonders von Gemüse und Küchenkräutern, ist nicht unbedeutend; nördlicher gelegenen Ländern entstammende Sämereien werden in Italien vor den ein⸗ heimischen bevorzugt. Vermutlich dürfte die Ausfuhr von Säme⸗ reien nach Italien noch beträchtlich steigerungsfähig sein und die Ausstellung den deutschen Samenzüchtern Gelegenheit geben, ihre Er⸗ zeugnisse in weiteren Kreisen Italiens bekannt zu machen. Für deutsche Interessenten dürften namentlich in Betracht kommen:
Wettbewerbe 211 bis 213 getrocknete Blätter und Blumen, auch gefärbte für Bindereien; 217 Sämereien, Knollen und Zwiebel⸗ gewächse; 225 Gewächs⸗ ꝛc. Häuser und Teile derselben; 244 Gebrauchsgegenstände für den Gartenbau; 258 Zeichnungen und Pläne für die Anlage von Gärten; künstliche Dünger; Mittel zur Bekämpfun ekten usw.
schädlicher In⸗ 1
Ferner dürfte es sich empfehlen, daß die deutschen Handels⸗
gärtnereien den die Ausstellung besuchenden Interessenten ihre Kataloge zugängig machen. Unter den Mitgliedern des Ehrenkomitees werden die Herren Max Kolb und Bouché, Präsidenten der Gartenbaugesellschaft in München und Dresden, aufgeführt. (Nach einem Bericht des Kaiser⸗ lichen Konsulats in Turin.)
Saatenstand und Getreidehandel in Rumänien.
Der Kaiserliche Generalkonsul in Galatz berichtet unterm 13. Der Stand der Saaten befriedigt im großen Ganzen. Geringer Regen und Schnee im letzten Drittel des Monats Februar unterbrachen die Frühlingsarbeiten, sicherten aber die Herbstsaaten vor dem Vertrocknen und Erfrieren. Allgemein ist man der Ueberzeugung, daß für eine gedeihliche Entwickelung der Saaten größere Feuchtigkeit notwendig ist. Der Sommer und der Herbst des verflossenen Jahres waren anhaltend trocken. Auch der Winter hat sehr wenig Schnee gebracht.
Die infolge des Ausbruchs des russisch⸗japanischen Krieges ein⸗ getretene Steigerung der Getreidepreise kam den hiesigen Händlern sehr gelegen; sie hat aber nicht Stand gehalten, sodaß der Markt jetzt still liegt, obwohl die Schiffahrt etwa seit Mitte Februar d. J. eröffnet ist. Die Seefrachten sind infolgedessen gedrückt und notieren nur 8/6 —. Auch die Getreidepreise sind nur nominell anzugeben, und zwar stellen sie sich für:
Weizen .auf 140 — 155 ℳ cif für 1000 kg, ““; v4* bEE((1Fcenö
Es wurden im Februar d. J. von der Donau ausgeführt:
30 287 t Weizen, 15 713 t Gerste, .
4 444 „Roggen, 2 144 „Hafer,
20 195 „ Mais, 1 114 „ Bohnen.
In Galatz lagern gegenwärtig etwa: vL
13 500 t Weizen, 12 500 „Roggen, 11 500 „Mais, 7 000 „ Gerste.
Aus Anlaß der diesjährigen Frühjahrsaus Vereins zur Beförderung des Gartenbaues von 150 und 50 ℳ für die beste Beantwortung folgender Frage ge⸗ stiftet: Wie ist der Gemüsebau in der Umgegend Berlins am ratio⸗ nellsten zu betreiben? In dieser Schrift ist gleichfalls in Kürze an⸗ zugeben, wie Artischocken, Blumenkohl, Spinat, Bleichsellerie, Schwarz⸗ wurzeln, Kohlrabi, Rettig, Radieschen usw. im Gemüsegarten des Liebhabers am besten anzubauen sind und welche Arten der Liebhaber wählen soll, um das ganze Jahr gutes, wohlschmeckendes Gemüse für seine Tafel zu haben. Die Arbeiten sind spätestens bis zum 20. April 1904 an das Generalsekretariat des Vereins, Invalidenstraße 42, ohne Namensnennung einzusenden. Jede Arbeit ist mit einem Kenn⸗ wort zu versehen und muß von einem versiegelten Briefumschlag, der das gleiche Kennwort trägt, begleitet sein. as versiegelte Kuvert enthält Namen und genaue Adresse des Verfassers und wird erst na dem Urteilespruch der Preisrichter geöffnet. Die Länge der Arbeit darf 8 Druckseiten, Format Gartenflora,
Verkehrsanstalten.
W. T. W.) Der erste Teil die türkische Grenze über Athen, in Gegenwart des Königs, der Königin,
plomatischen Korps eröffnet.
Theater und Musik.
Neues Theater.
„Königsrecht“ betitelt sich ein vieraktiges Schauspiel des holländischen Rechtsanwalts und Schriftstellers W. A. Paap, das am Sonnabend auf der Bühne am Schiffbauerdamm seine Erst⸗ aufführung erlebte. Das Stück soll eine Verherrlichung Friedrichs des Großen und eine Satire auf die rein formale Recht⸗ sprechung darstellen. iese beiden Momente kamen stark zum Ausdruck und errangen dem Stück bei teilweise vorzüg⸗ lichen schauspielerischen Leistungen den allerdings nicht unbestrittenen Beifall der Mehrzahl der Zuschauer. gt man aber ei lerischen Maßstab an, so gibt es darin des Unzulänglichen se Vor allen Dingen fehlt eine dramatische Entwickelung, ei bare, lebendige Behandlung des Konflikts. Vier Akte hin holt sich unter Abstumpfung der Wirkung dasselbe Motiv; ein hätte das Gegebene erschöpfend behandelt. Der Handlung der bekannte, geschichtlich beglaubigte Eingriff des Königs in den Prozeß des Müllers Arnold auf der Krebsmühle in Pommerzig gegen seinen
achtherrn und den Grafen von Gersdorf zu Grunde, der ihm durch Sperrung des Baches das Wasser entzogen hatte. Der erste und dritte Akt zeigten die Benachteiligung des Müllers durch seine Gegner, denen ein dem Rechtsempfinden des Volks zuwiderlaufendes Erkenntnis des Gerichtshofs zur Seite steht, während der zweite und vierte Akt das natürliche Gerechtigkeitsgefühl des Königs und seine Kabinettsjustiz zu Gunsten des Müllers schildern. Die Häufung der juristischen Karikaturen und die Häufung durchaus gleichartiger Szenen nehmen, wie schon eingangs erwähnt, dem Stück den Wert und die Wirkung, die es in der knapperen Form eines Einakters wohl hätte erzielen können. Auch findet sich in der Charakterzeichnung viel Unnatürliches, und in der Technik treten Schwächen hervor, zu denen man besonders die Monologe rechnen muß. Die Darsteller setzten daher zum größten Teil vergeblich ihre ganze Kraft für die Sache ein. Die dankbarste Aufgabe hatte Emanuel Reicher, der den König Friedrich den Großen sowohl in der Maske vortrefflich, wie in Haltung, Sprache und Gebärde ungemein lebendig und anziehend darstellte und in der Tat für Augen⸗ blicke die Romantik, die für uns die Person des Königs umgibt, und einen Hauch seiner Zeit lebendig werden ließ. Hervorzuheben sind ferner noch die Leistungen der Herren Thurner als Müller, Herzfeld als Ge⸗ richtspräsident und Eisfeldt als Graf von Gersdorf. . Thaliatheater. Im Thaliatheater ist der „Hochtourist“ am Sonnabend durch einen Schwank mit Gesang in drei Akten von Wilhelm Jacoby und Arthur Lippschitz (Musik von Julius Einödshofer), „Resemanns Rheinfahrt“ betitelt, abgelöst worden. Resemann ist ein älterer verwitweter Berliner, der in der Reichshauptstadt eine junge Rheinländerin kennen und lieben gelernt hat und entschlossen ist, sie als seine zweite Frau heimzuführen. Zu diesem Zweck reist er ihr an den Rhein nach, wo er allerlei komische Abenteuer erlebt, die damit enden, daß seine Bewerbung um die Hand des hübschen Wirtstöchterleins Dorchen zu Gunsten eines jüngeren Freiers abgewiesen wird. Er weiß sich aber damit zu trösten, daß seine beiden Töchter und eine Nichte, die er nur widerwillig mit auf die Reise nahm, sich vorteilhaft verlobt haben; und so schließt der Schwank mit der gluͤcklichen Vereinigung verschiedener liebender Paare, die zuerst infolge von allerhand Mißverständnissen und scheinbaren Hinder⸗ nissen nicht zueinander kommen konnten. Der Träger dieser etwas dünnen Handlung ist Guido Thielscher, der als Rheinfahrer ebenso drollig ist, wie er als Hochtourist war; besonders im zweiten Akt, wo die Situations⸗ komik ihren Höhepunkt erreicht, gelang es ihm durch sein Spiel, herz⸗ liches Lachen zu erwecken. Einen Sondererfolg erzielte er auch noch durch den Vortrag eines witzigen Kuplets. Neben ihm war es haupt sächlich Frau Josephine Dora, die in der Rolle eines tschechischen Dienst⸗ mädchens sowohl als Darstellerin wie als Kupletsängerin und Tänzerin
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gefiel. Mit wohlklingender Stimme trug ferner Fräulein Marie Manci