1904 / 94 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 21 Apr 1904 18:00:01 GMT) scan diff

wachrufen müßten, so sage ich: es ist das ein Verdienst des Reichstags, denn die Veteranen haben ein Recht auf Beihilfen. Die es chn der Gesetze ist heute viel zu streng gegen die Kriegsteilnehmer. Es werden namentlich von den unteren Instanzen Ansprüche zurückgewiesen, die ein gutes Recht darstellen. Daß die Kriegsteilnehmer vor der Zeit ihre Arbeit einstellen könnten mit Rücksicht auf die Beihilfe, glaube ich nicht. Der Staatssekretär übersieht ganz, daß es sich da nur um 120 jährlich handelt. Die Hauptbedeutung der Resolution beruht im Gesetz. Die Verhältnisse Uegen heute anders als 1895, wo man nur eine kleine 1 Feetmehe und die Ueberschüsse des Invalidenfonds verwenden wo te. Heute sind die Kriegsteilnehmer in dem Alter, wo sie zum größten Teil erwerbs⸗ unfähig sind. Man darf ihnen nicht mehr zumuten, daß sie ärztliche Zeugnisse für ihre Erwerbsunfähigkeit beibringen. Ein Mißbrauch ist nicht mehr zu besorgen. Daß aber, wie die Resolution des Grafen von Oriola will, die Unterstützungen nur denjenigen Personen gezahlt werden sollen, die dringend bedürftig sind, würde eine Verschlechterung gegenüber dem jetzigen Gesetz sein, das eine dringende Hilfs⸗ bedürftigkeit nicht kennt. 2 iese Bestimmung würde auch zu einer schärferen Handhabung durch die Behörden führen, wie sie heute schon vorhanden ist. Eine Armenunterstützung soll die Bei⸗ hilfe nicht sein. Was die Deckungsfrage betrifft, so halten meine Freunde die Wehrsteuer für den besten Weg, nicht etwa die Reichs⸗ einkommensteuer. Im preußischen Abgeordnetenhause ist ein Antrag gestellt worden, der noch über diese Resolution hinausgeht. Es handelt sich hier nicht um eine Finanzfrage, sondern um eine Ehren⸗ frage; hier darf nicht geknausert werden. Das würde nur böses Blut machen. Ich hoffe, daß der Bundesrat sich seiner Verantwortung bewußt ist und so schnell als möglich eine Abhilfe bringt.

Abg. von Oldenburg (d. kons.): Es kommt gar nicht darauf an, ob gisbilfe durch den Antrag des Grafen von Oriola oder den Antrag Nißler geschieht, sondern lediglich darauf, daß möglichst schnell und möglichst bald vollständige Hilfe gebracht wird. Wir betrachten dies ebenfalls als eine Ehrenpflicht, und wenn auch der Stand der Reichsfinanzen nicht sehr glücklich ist, so hat doch ein großer Teil unseres Vaterlandes gar kein Verständnis dafür, daß hier nichts auf⸗ gewendet wird, während man beispielsweise 4 Millionen übrig hat für eine Weltausstellung in Amerika. Es ist mir immer von außerordentlichem Wert, wenn einmal ein Gedanke hervortritt, in dem sich die Parteien des Reichs einig sind und auf einem Boden der Entschließung und des Empfindens zusammenstehen. Mir persön⸗ lich ist es ziemlich gleichgültig, ob. wir mit den Sozial⸗ demokraten hier einig sind, daß wir aus verschiedenen Empfindungen heraus hier einmal für dasselbe einstehen. Wenn die Sozial⸗ demokraten auch eine mildere Tonart gnschlagen und eine Mauserung mehr zum Nationalen vornehmen, weiß der, der sie aus der Nähe kennt, doch, daß, wenn auch einmal eine solche Verwandlung eintritt, ihr Herz dasselbe bleibt. Eine Schwierigkeit bei der vorliegenden Frage ist die Bemessung des Grades der Bedürftigkeit. Dieser ist in der Stadt sehr viel leichter festzustellen als auf dem Lande. Ich, bin durchaus damit einverstanden, daß das Wort „dringend“ gestrichen wird, und halte es mit dem Abg. Dr. Arendt für besser, einen festen Satz von etwa 600 Einkommen einzuführen. Es läßt sich tatsächlich sehr schwer feststellen, wann die Bedürftigkeit eigentlich eintritt. Bei uns auf dem Lande lassen wir die Leute, wenn sie in einen Zustand kommen, in dem sie schwere Arbeiten nicht mehr verrichten können, sehr oft die Art ihrer Arbeit wechseln, stellen sie aber nicht schlechter in ihren Bezügen. Sie behalten trotzdem, was sie haben. Ich habe Leute von 70 Jahren, die dauernd auf dem⸗ selben Stand des Verdienstes stehen, wie sie ihn gehabt haben, als sie in ihrer vollen Kraft und vollen Arbeit waren. Da heißt es dann oft, jemand ist nicht hilfsbedürftig, weil wir ihm Naturalbezüge belassen, während er tatsächlich Anspruch auf die Beihilfe hat. Darum halte ich die Festsetzung einer gewissen niedrigen Grenze von 600 für wünschenswert. Wir alle werden und können stolz sein, wenn wir uns auf dem Boden des Patriotismus zusammenstellen können, und wenn es uns gelingen sollte, auch das Reelle zu erreichen, daß denjenigen, die die bchen Zeiten geschaffen haben und auf deren Knochen das Deutsche Rei errichtet ist, ihr Recht zu teil wird.

Abg. Dr. Potthoff (fr. Pgg): Auch wir werden alles tun, was eine Erweilerung der Bezüge der Invaliden zur Folge hahen kann. Ein Einkommen von 600 wird für Veteranen mit sehr großer Familie noch etwas zu dürftig sein. Es werden über⸗ einstimmende allgemeine Grundsätze für die Auslegung der Be⸗ stimmungen aufgestellt werden müssen, da sonst die einzelnen Ver⸗ waltungsorgane in ihren Ansichten weit auseinandergehen. Wir bitten, daß mit dem größten Wohlwollen verfahren werde, und daß

nan in allererster Linie an die denkt, welche bisher zurückgewiesen

worden sind. Abg. Prinz zu Schönai „Carolath (nl.): Den Abg. Grün⸗ erg, der gemeint hat, der Kezang habe in dieser Frage nichts erreicht, und er hätte mehr darauf dringen sollen, daß etwas geschehe, möchte ich darauf aufmerksam machen, daß die 11 ½ Millionen im Etat der beste Beweis dafür sind, daß die Wünsche des Reichstags von den verbündeten Regierungen berücksichtigt sind. Wenn auch nach der Mitteilung des Staatssekretärs die bezugsberechtigten Veteranen binnen kurzer Zeit im Besitz der Beihilfen sein werden, so sind dies doch immer nur diejenigen, die auf Grund der gegen⸗ wärtigen Bestimmungen es endlich erreicht haben, vorgemerkt zu werden, denen es gelungen ist, ihre dauernde gänzliche Erwerbsunfähigkeit nachzuweisen. Es gibt aber außerdem eine große Reihe von Veteranen, die auch beihilfsbedürftig sind, denen es aber nicht möglich ist, ihre völlige Erwerbsunmöglichkeit und ihre Unterstützungsbedürftigkeit nach⸗ Deshalb halte ich die Annahme der Resolution für außer⸗ wünschenswert und notwendig. Es ist geradezu traurig, zu welchen lächerlichen Folgen die gegenwärtig geltenden Be⸗ stimmungen führen. Mir ist der Vorschlag, eine Grenze von 600 zu schaffen, sehr sympatisch, weil dadurch eine gleichartige Behandlung eitens der verschiedenen Verwaltungsbehörden ermöglicht wird. Der tachweis, daß die Kränklichkeit im ursächlichen Zusammenhang mit dem Feldzug steht, ist ganz undenkbar und hat schon viel Aergernis und viel böses Blut gemacht. Schon das beweist die Notwendi keit einheitlicher Grundsätze. Ich glaube nicht, daß die 120 Beihilfe eeignet sind, die Begehrlichkeit anzuregen. Ich habe die gegenteilige 5 gemacht, und wenn man an die Plackereien denkt, die dazu gehören, um sich diese Rente endlich einmal zu erwerben, so wird man das verständlich finden. Die Resolution wird wenigstens den Weg bahnen zu einer Besserung der Situation, und gerade hier gilt der Satz: doppelt gibt, wer schnell gibt. Abg. Werner: Es muß volle Arbeit gemacht hoffe, daß die Resolution möglichst einstimmig an Die Veteranen müssen aus ihrer jetzigen Unsicherhei Es ist ein unwürdiger Zustand, daß sie in vielen Fällen auf die Armenunterstützung der Gemeinden angewiesen sind. Außerdem muß es Erbitterung hervorrufen, wenn der eine Kriegsteilnehmer eine Bei⸗ hilfe bekommt, der andere nicht.

Abg. Itschert (Zentr.): Um die gewünschte Einstimmigkeit, von der der Vorredner sprach, zu erzielen, habe ich namens meiner Partei zu erklären, daß wir für die Resolution stimmen werden. bin auch in der Lage, dem Staatssekretär denselben Dank auszusprechen wie die anderen Redner. Ob es notwendig ist, für die Unterstü gr. bedürftigkeit ein bestimmtes Einkommen anzu eben, will ich dahin⸗ gestellt sein lassen. Mögen die verbündeten egierungen recht bald vorgehen, ehe noch der größte Teil der Kriegsteilnehmer zur großen Armee abberufen ist. 1

Damit schließt die Diskussion. Die Resolution des Abg. Grafen v unter Streichung des Wortes „dringend“ na Arendt einstimmig angenommen.

Darauf wird der Etat des Reichsinvalidenfonds un⸗

verändert genehmigt.

teilnehmer

8

8.

zuweisen. ordentlich

werden, und ich enommen wird. befreit werden.

on Oriola wird ch dem Antrage

Bei den laufenden Kosten der Verwaltung des Reichs⸗ heeres hat die Budgetkommission eine Reihe von Abstrichen vorgenommen und unter anderen eine Anzahl von Offiziers⸗ stellen nur noch für ein halbes Jahr bewilligt. Im ganzen beträgt der Abstrich 1 345 000

89n (Zentr.), Dr.

Ein Antrag der Abgg. Dr. Sp Paasche 885 und bhen will die Gesamtforderung des

an Oberleutnantstellen, nämlich 32 statt 19, bewilligt wissen. Referent der Kommission ist der Abg. Graf von Oriola. Abg. Payer . Volksp.): Die verbündeten Regierungen haben dem verschiedentlich ausgesprochenen Verlangen des Reichstags, die ostasiatische Brigade zurückzuziehen oder wesentlich zu vermindern, nicht entsprochen. Bei den erheblichen Mitteln, um die es sich hier handelt, hat der Gedanke nahe gelegen, durch energischere Mittel als bisher auf die Entschließung der Regierun einzuwirken. Wären in der Kommission entsprechende Anträge ge tellt worden, so wären sie keines⸗ wegs aussichtslos gewesen. Wir haben aber von der Stellung solcher Anträge abgesehen, weil wir meinen, daß die Fehe betigen kriege⸗ rischen Verwickelungen in Ostasien uns eine d eserve auferlegen. Die Kommission hak sich darauf beschränkt, Abstriche vorzunehmen. Wenn wir unsere Resolution wegen möglichst schneller Rückherufung der Truppen im Plenum nicht noch einmal aufnehmen, so wollen wir damit keineswegs auf diesen Anspruch verzichtet haben. Wir wollen damit auch keineswegs die Passivität der verbündeten Re⸗ gierungen gutgeheißen haben, noch weniger wollen wir anerkennen, daß durch die gemachten Abstriche im Etat die Sparsamkeit auf das Maß gebracht ist, das wir für erforderlich halten; auch wollen wir dem provisorischen Charakter der Besatzung den Stempel des Ständigen nicht aufdrücken. Endlich wollen wir unsere Abneigung gegen eine Kolonialschutztruppe bei dieser Gelegenheit auf das entschiedenste zum Ausdruck bringen.

Staatssekretär des Auswärtigen Amts Dr. Freiherr von Richthofen:

Ich glaube, daß, wenn der Herr Vorredner von einer Passivität der Reichsregierung in der Zurückberufung der ostasiatischen Truppen gesprochen hat, dies der Sachlage nicht entspricht. Die Regierung hat im Verlauf von verhältnismäßig kurzen Fristen die ostasiatische Be⸗ satzung von 20 000 Mann zunächst auf 4800 und dann auf 2600 re⸗ duziert. Ich glaube, daß da von einer Passivität nicht die Rede

sein kann. Sodann kann ich dem Herrn Vorredner gegenüber bestätigen, wie

es ja auch in der Budgetkommission gesagt worden ist und wie es in der ganzen Gestaltung dieses Etats zu Tage tritt, daß die ostasiatische Besatzungsbrigade nicht als etwas Dauerndes, sondern als etwas Temporäres gedacht ist. Im übrigen glaube ich, daß die Enderklärung des Herrn Vorredners, die Rückberufung sei zur Zeit nicht opportun, wohl auch die volle Rechtfertigung für die Regierung dafür in sich schließe, daß sie es im vorigen Jahre nicht für angezeigt erachtet hat, die Besatzungsbrigade noch um ein weiteres zu vermindern.

Es geht noch ein Antrag des Abg. Freiherrn von Richt⸗ hofen⸗Damsdorf (d. kons.) ein, der über den Antrag Spahn in einigen Beziehungen hinausgeht.

Abg. Freiherr von Richthofen⸗Damsdorf: Meine politischen Freunde sind von der Ueberzeugung durchdrungen, daß es niemandes Wunsch sein kann, aus der Besatzungsbrigade eine ständige Einrichtung zu machen; aber der Zeitpunkt der völligen Zurückberufung kann nur allmählich kommen und nicht mit Gewalt berbeigeführt werden. Die Expedition hatte früher ganz andere Aufgaben zu lösen als heute; damals galt es, die Ehre des deutschen Namens wieder⸗ herzustellen und für die Interessen aller Kulturnationen einzu⸗ treten. Die S Aufgabe ist gelöst; allen, die dabei mitgewirkt haben, vor allem au dem verewigten General⸗ feldmarschall Grafen von Waldersee, schulden wir dauernden Dank für ihre Tätigkeit. China braucht zur Erhaltung seiner Selbständigkeit eine moralische Stütze; auch dazu ist die Erhaltung unserer Brigade in Ostasien notwendig.é Weiter kann niemand voraussehen, ob nicht Unruhen, wie sie der Anlaß der Expedition wurden, sich wiederholen können. Darum muß die Brigade auch in der nötigen Stärke und mit den nötigen Mitteln ausgerüstet dort verbleiben. Diesen

weck verfolgen unsere Anträge, die über die Anträge

pahn zum Teil hinausgehen. Wir wollen die Offiziere für das ganze Jahr 1904 bewilligen und insoweit die entgegenstehenden Kom⸗ missionsanträge bezw. den Antrag Spahn abändern. Wir sind ferner der Meinung, daß der Fortbestand der Verwaltung in ö1;S. selbst gewährleistet sein muß, also auch die Bekleidungs⸗ und Baubehörden dortselbst belassen werden müssen, da diese Dinge sich nicht von Berlin aus verwalten lassen. Eine finanzielle Bedeutung haben unsere Anträge eigentlich nicht, da das mehr zu Bewilligende nach weiteren Vorschlägen unserer Anträge an anderen Stellen erspart werden soll.

Abg. Dr. Südekum (Soz.): Wenn man die Herren so hört, kann man wirklich nicht glauben, daß wir uns in einer Finanzklemme befinden; mit so unglaublicher Leichtigkeit werden uns hier Millionen⸗ ausgaben zugemutet. Im Gegensatz zu dem Vorredner stehen wir auf dem Standpunkte, daß es nicht nur angängig, sondern sogar notwendig wäre, die Brigade einfach aufzulösen. Die Aufrecht⸗ erhaltung der Neutralität wird nicht sowohl als eine Stütze durch die ostasiatische Brigade angesehen, als sie vielmehr zur Beun⸗ ruhigung dient. Die fremden Kontingente müssen von China als Pfabl im Fleische empfunden werden. In der Kommission hat mein

ollege Ledebour immer wieder vergebens versucht, etwas Näheres über die internationalen Verträge zu erfahren, die Deutschland verpflichten, seine Brigade dort zu behalten. Nichtsdestoweniger richte ich auch hier wieder die Frage an den Staatssekretär des Aus⸗ wärtigen Amts, ob er darüber Mitteilungen machen will. Wenn man auf dem Standpunkt des Abgeordneten der Rechten steht, dann genügt nicht eine solche kümmerliche Brigade, sondern dann müßte man ein oder zwei Armeekorps hinschicken. Was will man denn mit dieser Handvoll Leute für Unruhen unterdrücken? Zu einem ernsten Zwecke reichen sie nicht aus, lediglich zu dekorativen Zwecken sind sie uns zu kösische g. Es wird immer erzählt, die Leute aben es da draußen sehr schwer, sie müssen stets auf dem ui vive stehen, wir müssen kostspielige Einrichtungen treffen, um ihnen das Leben in jenem Lande auch nur erträglich zu machen. Man sagt, die Brigade slebe auf dem Kriegs⸗ fuß, und wir müßten den Offizieren Kriegskompetenzen auszahlen; aber wir finden im Etat eine Position, nach der alles dies den Tat⸗ sachen nicht entsprechen kann. In der Erklärung zu dem Titel „Für Vorspann⸗ und Transportkosten“ lesen wir: „Kosten infolge Heran⸗ ziehung von Familien nach China 40 000 ℳ“* CEs handelt sich hierbei darum den verheirateten Offizieren ihre Frauen nachkommen zu lassen. Wenn die Verhältnisse dort wirklich so schlecht sind, wenn wir dort einen Kriegazuftan haben, so ist es ja gernden eine Barbarei, die Frauen solcher Gefährdun auszusetzen. Es ist das aber auch gar nicht der Fall. Es handelt sich da mehr um Kämpfe auf dem Lawn⸗ Tennisplatz und Zusammenkünfte im Teehause, die man dort im Inter⸗ nationalen Verbande veranstaltet, bei denen natürlich die Anwesenheit der Damen sehr erwünscht sein kann. Mit dieser Position ist der beste Beweis geliefert, daß der ganze Etat verdient, von uns gänzlich gestrichen zu werden.

Fensesssas des Auswärtigen Amts Dr. Freiherr von Richthofen:

Es ist zwar gerade nicht meine Absicht, den Herrn Vorredner an⸗ genehm zu enttäuschen; aber aus sachlichen Gründen halte ich mich doch

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seiner Rede von mir erwartet hat. licher Zwang, die Okkupationsbrigade in derjenigen Stärke in China zu erhalten, in der sie augenblicklich dort vorhanden ist. Es besteht eine Verabredung unter den militärischen Kommandanten über die Stärke dieser Truppen, und diese Verabredung geht von der Voraus⸗ setzung aus, daß eben die Gesamtheit der Truppenzahl vorhanden sein müsse, um den fremden Okkupationstruppen in der Provinz Tschili ihre gegenwärtige Stellung zu wahren. Wenn der Herr Vorredner glaubt, daß diese Truppen zu einem rein dekorativen Zwecke dort sind, so muß ich sagen, daß dieser „rein dekorative Zweck“ sich in den letzten Jahren sehr bewährt hat. Ich glaube nicht, daß, wenn die Okkupationstruppen überhaupt nicht dort gelassen worden wären, sondern wenn man sofort den Abmarsch der gesamten Truppen durch⸗ geführt hätte, dann noch die Gesandtschaftswachen in Peking und der Aufenthalt der Fremden in der Provinz Tschili ausreichend gesichert wären.

Im übrigen hat sich ja der Herr Abgeordnete mit einer etwas vorsichtigen Redewendung dahin ausgedrückt, daß er wünsche, daß die Okkupationsarmee möglichst bald von der Provinz Tschili abberufen werde. Ich glaube, diesen Wunsch teilt das gesamte Haus; aber ich glaube auch, daß es doch nur sehr wenige in diesem hohen Hause geben wird, die etwa den Rat geben wollen, die Okkupationsarmee jetzt zurückzuziehen. Diesen Rat hat auch der Herr Abg. Payer in keiner Weise gegeben, und ich meine, daß wir, wenn wir im ver⸗ gangenen Jahre etwa die Okkupationstruppen reduziert hätten, aus diesem hohen Hause mit vollem Rechte den Vorwurf über uns würden ergehen lassen müssen, daß wir den Gang der Ereignisse nicht aus⸗ reichend vorhergesehen hätten. (Bravo!)

Abg. Dr. Paasche: Für ernsthafte Verwickelunge

natürlich die dortigen Besatzungstruppen nicht aus, das haben wir aber auch niemals gefordert. Wie die Lage gegenwärtig ist, müssen wir uns zufrieden geben; wir wünschen aber, daß möglichst bald die Marineverwaltung die Vertretung der defficen Interessen über⸗ nehmen wird. ie verbündeten Regierungen haben selbst erklärt, sie wären bereit, das eine Bataillon, die 670 Mann, die gegenwärtig in Tsingtau stehen, zurückzuziehen. Das wird man hoffentlich recht bald tun können. Unser ganzes Streben geht darauf, daß die finanzielle Belastung so viel als e vermindert wird. Was jetzt durch den konservativen Antrag hinzugefügt wird, wird einge⸗ bracht werden durch weitere Abstriche an den sachlichen Forderungen, sodaß also an dem, was die Kommission vorschlägt, nicht gerüttelt wird. Die Vertretung des konservativen Antrags glauben wir voll⸗ kommen verantworten zu können, wenn auch tatsächlich an Gehältern, Teurungszulagen usw. Summen ausgegeben sind, die man in der heutigen Zeit vielleicht am allerwenigsten verantworten kann, wo wir gezwungen sind, im eigenen Lande zu sparen. Meine politischen Freunde sind also der Meinung, daß man im Augenblick nicht daran denken kann, wesentliche Aenderungen vorzunehmen, daß es aber für dringend wünschenswert erachtet werden muß, die Vertretung der Interessen in China der Marineverwaltung zu übertragen.

Abg. Ledebour (Soz.): Der Staatssekretär sprach von einer Verabredung der Kommandeure; es kommt uns aber darauf an, zu erfahren, ob jede einzelne Regierung sich das Recht vorbehalten hat, jederzeit ihr Kontingent zurückzuziehen. Darauf hat er nichts erwidert. Besteht eine Verabredung oder nicht, daß die Regie⸗ rungen ohne gegenseitige Uebereinkunft ihre Truppen nicht zuruͤck⸗ ziehen dürfen? Es würde etwas Ungeheuerliches sein, wenn unsere Regierung sich so die Hände gebunden hätte. Wenn etwas uns veranlassen könnte, gegen die ganze Forderung zu stimmen, so wäre es der von dem Schatzsekretär in der Kommission ver⸗ ratene Plan, die Besatzungsbrigade künftig in das Ordinarium hinein⸗ zubringen. Das läßt auf viel weiter gehende Pläne schließen, als der Reichstag gewollt hat. Bedenklich macht uns auch die Bemerkung des Abg. von Richthofen, daß die Besatzungsbrigade die Selbständigkeit, das Rückgrat der chinesischen Verwaltung bilden soll, um zu verhüten, daß China im gegenwärtigen Kriege aus seiner Neutralität heraustritt. China ist doch bis jetzt ein unabhängiger Staat und nicht von dem Belieben irgend eines Kommandeurs abhängig. Der Abg. von Richt⸗ hofen kündigt einen Interventionskrieg an, um China von einem Ueberfall gegen andere Mächte abzuhalten. Es soll mich freuen, wenn Herr von Richtbofen sich eines Besseren überzeugt hat. Die neuere Entwickelung der Chinapolitik sollte zu einer sofortigen Zurückziehung der Brigade veranlassen. Die Ruhe in China wird dadurch doch nicht aufrecht erhalten, sondern die chinesische Be⸗ völkerung immer weiter gereizt. Darum könnte der Reichstag nichts Besseres tun, als zu beschließen, daß die Brigade sofort zurück⸗ gezogen wird.

Staatssekretär von Richthofen:

Meine Herren! Es ist eine etwas undankbare Aufgabe, die Fragen des Herrn Abg. Ledebour zu beantworten, denn welche Antwort man auch erteilen mag, er erklärt von vornherein die Antworten von dieser Stelle als völlig bedeutungslose. Ich habe erklärt, daß die Ostastatische Brigade nur als eine temporäre und vorübergehende Institution gedacht sei. Darauf hat der Herr Abg. Ledebour mit allen möglichen Gründen erklärt: das gilt nicht, das scheint nicht der Fall zu sein, die Erklärung hat keinen Wert. Zweitens habe ich auf die Frage, wie das Rechtsverhältnis unter den verschiedenen Regierungen hinsichtlich der Belassung der Truppen sei, geantwortet: es besteht ein staatsrechtlicher Zwang in dieser Hinsicht nicht. Auch diese Erklärung war dem Herrn Abg Ledebour nicht genügend. End⸗ lich hatte ich vorhin gesagt, die Zurückberufung der Truppen wird möglichst bald geschehen. Auch dies hat dem Herrn Abg. Ledebout nicht befriedigt. Aber ich bin dessenungeachtet nicht in der Lage, etwal Weiteres erklären zu können.

Im übrigen darf ich die Erwiderung auf den zweiten Teil de Rede des Herrn Abg. Ledebour, soweit er einer solchen etwa be⸗ dürftig sein sollte, wohl dem Abgeordneten für Schweidnitz⸗Striegal überlassen. (Heiterkeit.)

Damit schließt die Erörterung. Nach Bewilligung der ersten Titel dieses Etats, entsprechend dem Antrag der Kom⸗ mission, wird die Vertagung beschlossen.

Schluß 6 ½ Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 1 Uhr. sEfate Expedition nach Ostasien, Rei smilitärgericht, Rechnunge of, Kolonialverwaltung.)

des Auswärtigen Amts Dr. Freiherr

Es folgt der Etat für die Expedition nach Ostasien.

für verpflichtet, aus der Passivität herauszutreten, die er im Anfang

Es besteht keinerlei staatsrecht⸗

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußi

No 94.

Zweite Beilage

Berlin, Donnerstag, den 21. April

Preußisch er Landtag. Haus der Abgeordneten. 57. Sitzung vom 20. April 1904, 11 Uhr.

Ueber den Beginn der Sitzung ist Nummer d. Bl. berichtet

Nach der Erledigung des Etats der Staatsarchive fol die zweite Beratung des Gesetzentwurfs über erch Picfesge

aufsicht bei den größeren Amtsgerichten.

Die wesentlichsten Bestimmungen der Vorlage lauten in

der von der Kommission beantragten Fassung:

§ 1. Bei den mit mehr als fünfzehn Richtern besetzt .

gerichten steht das Recht der Aufsicht Aätsres G tsg ie Amtsgerichtsdir

werden vom König ernannt; sie beziehen dasselbe Prichts⸗

Amtstitel Amtsgerichtsdirektor führt.

Landgerichtsdirektoren.

§ 2. eamten.

(Der letzte Satz ist ein Zusatz der Kommission.) § 3. Auf die Vertretung der Amtsgerichtsdirektoren dem Amtsgericht I und dem 10. April 1892 entsprechende Anwendung. Die Kommission hat ferner folgenden § 3a hinzugefügt: § 3a. Den Präsidenten der Landgerichte, die den 8 § 1 be⸗

zeichneten Amtsgerichten übergeordnet sind, steht die Befugnis aus § 9

des Gesetzes vom 10. April 1892 zu. Abg. Peltasohn (frs. Vgg.) beantragt folgende Ab⸗ änderungen: 1) dem § 1 folgende Fassung zu geben: „Bei den mit mehr

als 30 Richtern besetzten Amtsgerichten steht das Recht der mehr einem Amtsrichter zu, der den Amtstitel Amtsgerichtspräsident führt. Die Amtsgerichtspräsidenten werden vom König ernannt; sie beziehen dasselbe Gehalt, wie die Landgerichtspräsidenten“; 8 2) an Stelle der §§ 2 und 3 folgende Bestimmung zu setzen: Die Bestimmungen der §§ 3 bis 8 des Gesetzes, betreffend die Führung der Aufsicht bei dem Amtsgericht I und dem Landgericht I. zu Berlin usw, vom 10. April 1892 finden auf die Amtsgerichts⸗ präsidenten bei anderen Amtsgerichten v Anwendung. Den Präsidenten der Landgerichte, die den im § 1 bezeichneten Amts⸗

gerichten übergeordnet sind, steht die 8 bom 10. April 1892 zu.“ h Befugnis aus §9 des Gesetzes

Auf die ebenfalls schon auszugsweise wiedergegeben

A en Ausführungen einer Anzahl von Rednern aus dem Garhs über den Gesetzentwurf und die zu diesem gestellten Anträge erwidert der

Justizminister Dr. Schönstedt:

Meine Herren! Nachdem die Vertreter sämtlicher maßgebenden Fraktionen zum Wort gekommen sind, liegt die Sache zweifellos so daß sowohl die Regierungsvorlage wie die aus der Kommission her⸗ vorgegangene Vorlage die Mehrheit dieses Hauses nicht finden wird daß sie vielmehr mit einer mehr oder weniger großen Mehrheit ab⸗ gelehnt werden wird. Mit dieser Tatsache habe ich zu rechnen und kann es mir deshalb ersparen, noch lange Ansführungen zu Gunsten der Vorlage zu machen. Ich würde in der Lage gewesen sein namens der Königlichen Staatsregierung die Zustimmung zu 8— modifizierten Vorlage, wie sie aus der Kommissionsberatung hervor⸗

gegangen ist, zu erklären. Ich erkläre dies auch jetzt noch; aber einen Zweck hat es ja nicht.

Von sämtlichen heute aufgetretenen Rednern hat kaum einer etwas Neues vorgebracht; ich glaube, es ist im wesentlichen nur das wiederholt worden, was bei der ersten Lesung vorgebracht und, was in ein⸗ gehender erschöpfender Weise in dem Kommissionsbericht niedergelegt ist. Der stenographische Bericht über die Sitzung vom 8. Februar d. J. und der Kommissionsbericht enthalten alle gegen die Vorlage erhobenen Einwendungen, und ich will nicht dem Beispiel des Herrn Abg. Roeren folgen, der im Beginn seines Vortrags erklärte, er werde nicht weit⸗

8 läͤufige Ausführungen zur Sache bringen, der aber dann fast alles wiederholt hat, was von ihm in der ersten Lesung angeführt war. Ich verweise Sie auf das, was gedruckt vorliegt. Ich habe nur weierlei Neues in dem Vortrag des Herrn Roeren gehört und will darauf mit wenigen Worten eingehen.

1 Zunächst hat es mir zur Befriedigung gereicht, daß Herr Roeren wie auch der Herr Abg. Keruth das Anerkenntnis abgegeben haben, daß durch die Vorlage, wenn sie Gesetz geworden wäre, die Unab⸗ hängigkeit der Amtsrichter nicht beeinträchtigt sein würde. Herr Koeren hat allerdings einen feinen Unterschied gemacht: zwar nicht die Unabhängigkeit, aber die Selbständigkeit der Amtsrichter würde in Gefahr gekommen sein. Ich bestreite auch das; überzeugen will ich Sie nicht.

Das zweite Novum war, daß Herr Roeren sich auf die ablehnende Haltung der Rechtsanwaltschaft berufen hat. Er hat hierfür insoweit eine Unterlage, als heute 3 Rechtsanwälte sich gegen die Vorlage aus⸗ gesprochen haben. Wenn er sich aber auch berufen hat auf einen in der Presse veröffentlichten einstimmigen Beschluß des Vorstands dr Cölner Anwaltskammer, so muß ich bemerken, daß nir von einem solchen Beschluß nichts bekannt ist. Er ist weder mir noch dem Oberlandesgerichtspräsidenten in Cöln zugegangen; Wich muß deshalb ohne weiteres annehmen, daß der Beschluß gar nicht eristiert. Wenn er existierte, würde der Vorstand der Anwaltskammer über seine gesetzliche Zuständigkeit hinausgegangen sein; denn nach der Rechtsanwaltsordnung hat der Vorstand allerdings die Befugnis, Vorstellungen und Anträge im Interesse der Rechtspflege und der Rechtsanwaltschaft an die Landesjustizverwaltung zu richten, er hat aber nicht das Recht, Resolutionen für die Zeitungen zu fassen, wie es im vorliegenden Falle möglicherweise geschehen ist, und solche Re⸗ solutionen durch Vermittelung irgend eines Richters, der darin für die angeblich in den weitesten Kreisen herrschende Erbitterung einen neuen Belag findet, in die Presse zu bringen. Also der Beschluß existiert als solcher für mich nicht, falls aber etwa die Mitglieder des Vor⸗ stands der Anwaltskammer privatim eine solche Erklärung abgegeben

in der gestrigen

Das Recht der Aufsicht des Amtsgerichtsdirektors

sc auf alle bei dem Amtsgericht angestellten oder vrcherftrec Jedoch steht dem Amtsgerichtsdirektor richterlichen

Beamten gegenüber die Befugnis zur Erteilung einer Rüge nicht zu.

die §§ 6 bis 8 des Gesetzes, betreffend die Führung der nnfsche den

Landgericht I in Berlin usw., vom

steht, würde ich größeren Wert gelegt haben.

gibt mir Anlaß zu einer kurzen Erwiderung.

hältnis der Landräte zu den Amtsvorstehern hinweisen. Verhältnis ungefähr ähnlich.

standen.

weiter erörtern.

ein selbständiges Urteil darüber zu bilden, ob diese in d 1 rechtigt sei oder nicht. n der Tat be⸗

sie für vollständig unberechtigt zu erklären, und ich habe die feste

hängigkeit, an unserer Selbständigkeit mäkeln, wir sollen herab⸗ gesetzt werden! dann würde es keinem Menschen aus der Bevölkerung eingefallen sein, eine Herabsetzung, eine capitis

staaten mit gleichen Einrichtungen gemacht worden ist. Es ist mir noch vor kurzem von maßgebendster Stelle für Bayern bestätigt worden, daß sich dort die Einrichtungen, wie wir sie haben schaffen wollen, vollkommen bewährt haben, von keiner Seite beanstandet

werden, und daß das Ansehen der dortigen Richter in keiner Weise darunter gelitten hat.

Meine Herren, ich beruhige mich, wie gesagt, bei der Sache. Di praktische Probe kann jetzt nicht gemacht 8c8 aber ich wenn die Vorlage Gesetz geworden wäre, so würde in einem Viertel⸗ jahre von solcher Erregung nirgendwo mehr die Rede gewesen sein, man würde sich bald überzeugt haben, daß die Vorlage nicht nur der Rechtspflege zugute gekommen wäre, sondern daß sie auch dem An⸗ sehen der Amtsgerichte und der Amtsrichter nicht geschadet hätte, ihm vielmehr eher förderlich gewesen wäre. 1 Das, meine Herren, ist es, was ich zu der Gesetzesvorlage und zu dem Ihnen vorliegenden Kommissionsantrage zu sagen habe. Nun, meine Herren, ist heute durch den Herrn Abg. Peltasohn ein Antrag eingebracht worden, daß für die mit mehr als 30 Richtern besetzten Amtsgerichte Amtsgerichtspräsidenten bestellt werden. Dieser Antrag ist nicht neu; er ist schon der Kommission gestellt und dort abgelehnt worden. Nicht ganz genau ist es aber, wenn der Herr Abg. Keruth meint, ich habe diesen Antrag dort für unannehmbar erklärt. Ich habe ihn zwar, wie Sie auf S. 10 des Kommissionsberichts ersehen können bekämpft und bemerkt: 1 Er bleibe einerseits hinter dem Bedürfnis zurück, weil er für diejenigen Amtsgerichte, die mehr als fünfzehn, aber weniger als dreißig Richter umfaßten, überhaupt keine Vorsorge treffe, und gehe andererseits über das Bedürfnis hinaus, da ein solches für die Schaffung von Präsidentenstellen auch bei den mit mehr als dreißig 7 nicht anzuerkennen sei. Die Bezug⸗ nahme auf Berlin sei unzutreffend, da dort ganz ei . hältnisse herrschten. v Diese Erklärung halte ich aufrecht; sie ist aber doch nicht eine Unan⸗ nehmbarkeitserklärung; ich habe darin nur die Bedenken ausgesprochen die dem Vorschlage entgegenstehen. Andererseits kann man für den Antrag sagen, daß bei Gerichten, die mit mehr als 30 Amtsrichtern besetzt sind, das Bedürfnis nach einer straffen einheitlichen Leitung. nach einer einheitlichen Spitze, wie sie ja eigentlich von allen Seiten an und für sich als wünschenwert angesehen worden ist, in höherem Maße hervortritt als bei den kleineren Gerichten von 45 Richtern usw. Der Antrag widerspricht auch insoweit der bestehenden Gerichts⸗ organisation nicht, als wir eine ganze Reihe von Landgerichten haben es sind im ganzen 11 —, deren gesamtes Richterpersonal, also Landgericht und Amtsgericht zusammen einschließlich des Präsidenten, weniger als 30 Richter umfaßt, und die zweifellos insgesamt noch ein verhältnismäßig geringeres Personal an Bureaukräften, Bureau⸗ und Unterbeamten haben, wie die Amtsgerichte mit mehr als 30 Richtern. Insoweit könnte vom Standpunkt der Justizverwaltung immerhin anerkannt werden, daß für diese großen Gerichte die Einsetzung von Amtsgerichtspräsidenten, nach dem Muster des Berliner Amtsgerichts⸗ präsidenten, eine Verbesserung der bestehenden Zustände herbeizuführen wohl geeignet wäre. Auch das Bedenken, daß ein solcher Amts⸗ gerichtspräsident in der Ausübung seiner Aufsichts⸗ und Verwaltungs⸗ geschäfte eine volle Ausfüllung seiner Zeit nicht finden werde, würde vielleicht nicht ausschlaggebend ins Gewicht fallen, da es an und für sich nicht unerwünscht wäre, wenn ihm Zeit bliebe, sich auch an den richterlichen Geschäften zu beteiligen.

haben möchten, dann würde ich auch die autoritative Bedeutung dieser

Der Antrag ist also immerhin diskutabel.

Noch ein Novum aus den Bemerkungen des Herrn Abg. Roeren Er hat gemeint, es sei ein Unikum, wenn man einem Vorgesetzten das Recht gäb⸗, 18— 8 ermahnen ich bemerke hier nur in Parenthese: ermahnen und mahnen, Ermahnung und Mahnung sind nicht identisch, während das heute mehrfach verwechselt worden ist —, daß er zwar ermahnen aber nicht rügen dürfe, sondern für die Erteilung einer Rüge sich 8 den ihm vorgesetzten Landgerichtspräsidenten wenden müsse. Nun, ein so vollständiges Unikum ist auch das nicht; ich darf die Herren, die mit unserer Verwaltungsorganisation näher bekannt sind, nur auf das Ver⸗ Da liegt das

Also, meine Herren, ich kann nur mein Bedauern ausspr daß die Osterferien scheinbar die Stimmung auch bei Varhefinee e umgewandelt haben, die früher der Vorlage freundlich gegenüber⸗ Die Erregung in weiten Kreisen der Amtsrichter muß ich ja als eine Tatsache hinnehmen; ihre Berechtigung will ich nicht eiter Ich enthalte mich auch einer Ausführung darüber wie die gesetzgebenden Körperschaften sich zu einer solchen Erregung zu stellen haben möchten, welchen Einfluß auf ihre Entschließungen sie solchen Augenblicksstimmungen einräumen könnten, und ob sie nicht verpflichtet wären, die Gründe dieser Erregung nachzuprüfen und sich

Ich stehe noch heute auf dem Standpunkte,

Ueberzeugung, daß, wenn nicht aus den Kreisen der Richter heraus der Ruf in die Welt gegangen wäre: man will an unserer Unab⸗

deminutio für die Amtsrichter aus dieser Vorlage herauszulesen. Dafür spricht, meine Herren, die Erfahrung, die in anderen Bundes⸗

en Staa

Erklärung nicht gar zu hoch einschätzen, und zwar deshalb, weil wohl die Herren, die dem Vorstand der Cölner Anwaltskammer angehören, mit den Amtsgerichten recht wenige Beziehungen haben. Sie sind außerdem nicht wie die altländischen Rechtsanwälte zugleich Notare, stehen also den Verhältnissen eigentlich ziemlich fern; auf eine Erklärung des Vorstands des Notariatsvereins, der den Verhältnissen jedenfalls näher

der Lage, eine bestimmte Erklärung dazu namens der Sta

abzugeben. Es bedarf noch der näheren Prüfung, und ich weder den Herrn Finanzminister irgendwie binden, noch übersehe ich wie sich die Königliche Staatsregierung zu dem Antrage stellen wird. Dazu würde ich erst bei der dritten Lesung, wenn der Antrag H d. möchte, im stande sein. Bis dahin kann ich ie Stellungnahme der Königlichen Ste f 1 glich aatsregierung feststellen und zu 8 Also, meine Herren, ich bedaure, daß die Sache so verlaufen ist. Ich kann es ertragen; wem es zum Nutzen, wem es zum Schaden gereicht, das wird die Zukunft lehren.

Darauf wird die Debatte geschlossen ersönli 1 ich b scl Roeren (Zentr), daß er seine G über ch 8 er in Cöln einer Zeitung entnommen habe. Bei der Abstimmung stimmt für den § 1 sowohl i Fassung der Regierungsvorlage wie in der 11 nur ein Teil der Konservativen und der Freikonservativen. Dagegen gelangt der Antrag Peltasohn zur Annahme mit einer Mehrheit aus der Rechten (mit einigen Ausnahmen) den Nationglliberalen und der Freisinnigen Vereinigung, jedo ohne den letzten Satz des Antrags, „den Präsidenten der Land⸗ b vom 10. April 1892 zu“, den der Antragsteller zu unsten des gleichlautenden § 3a in der Kommissionsfassung zurückgezogen hat. Dieser § Za wird aber dann unter großer 8. 8 unter der Heiterkeit des s der. abgelehnt, der bestimmt, c 1. 1 19 c5 8 Kraft tritt. i zweiter Beratung wird darauf der Ge wegen Abänderung des Gese 8 vom Aeentwwef betreffend die Regehung der Richtergehälter, mit den Abänderungen, die sich in Konsequenz der Annahme des An⸗ ieh deeeltasohn. zu Sn vorher beratenen Gesetzentwurfe über 8 ei den größeren2 Eätgrumg 8 größeren Amtsgerichten ergeben, ohne „‚Das Haus wendet sich alsdann dem an die Kommissi zurückgewiesenen Ausgabetitel „Gehälter der ““ anwälte“ im Etat der Justizverwaltung zu. 8 SG Etatsentwurf sah für 92 Erste Staatsanwälte bei andgerichten und für 11 Staatsanwälte als Abteilungs⸗ vorsteher und Vertreter der Ersten Staatsanwälte die Gehalts⸗ h- 68 8.S. sollten 6 Erste Staats⸗ den größeren Gerichten pensionsfähige Gehalts⸗ zulagen von je 900 ℳ. bekommen,

Die Budgetkommission hat von den 11 S 8. ,vn taats⸗ anwälten als Abteilungsvorstehern nur 5 bewilligt und die

pensionsfähige Zulage für die 6 Ersten Staats ü gestrichen; sie hat dagegen für 6 gerichten in der Gehaltsklasse von 3000 6600 Funktions⸗ zulagen von je 600 in den Etat eingestellt. Kommeftcenfsatese”. Dr. Fervers empfiehlt die Annahme der Justizminister Dr. Schönstedt:

Meine Herren! Da ich nicht weiß, ob auch in der vorli G Frage schon maßgebende Fraktionsbeschlüsse 8 8 Schicksal der Regierungsvorlage entscheiden, so kann ich mich der Ver⸗ pflichtung nicht entziehen, hier noch einmal für die Regierungsvorlage einzutreten und kurz die Gründe zu resümieren, die für die Anträge der Staatsregierung maßgebend gewesen sind.

Der von dem Herrn Referenten vertretene Kommissionsbeschluß ist ja für die Justizverwaltung insoweit wertvoll, als er das An⸗ erkenntnis enthält, daß es für die großen Staatsanwaltschaften, um die es sich hier handelt, geboten sei, dem Leiter der Staatsanwaltschaft einen tüchtigen Vertreter beizuordnen, der ihm einen Teil seiner Ver⸗ antwortung abnehmen kann. Im übrigen leidet der Antrag an gewissen Unstimmigkeiten. Eine solche Unstimmigkeit ist zunächst darin zu erkennen, daß die Zulage, die diesen Abteilungsvorstehern gewährt werden soll, hier unter den Besoldungen aufgeführt ist, und daß üihr damit die Pensionsfähigkeit zuerkannt worden ist, während für die Staatsanwälte bei den Oberlandesgerichten, die auch eine solche Zulage haben, die Pensionsfähigkeit nicht eintritt. Eine weitere Un⸗ stimmigkeit würde sich in der Praxis daraus ergeben, daß bei An⸗ nahme des Kommissionsvorschlags das Diensteinkommen des Ab⸗ teilungsvorstehers höher sein würde als wenn er zum Ersten Staats⸗ anwalt ernannt wäre, nicht selten auch höher als das Diensteinkommen seines Chefs, des Ersten Staatsanwalts. Der letztere Fall würde vorkommen, wenn ein junger Beamter zum Ersten Staatsanwalt er⸗ nannt wird und einen Abteilungsvorsteher vorfindet, der schon 5400 Gehalt bezieht; dieser letztere würde dann 6000 haben, und damit würde der neuangestellte Erste Staatsanwalt nicht beginnen. Es würde ferner der Antrag der Kommission sich für die Finanzverwaltung insoweit vorteilhaft gestalten, als er dem Staat nicht dieselbe Mehr⸗ ausgabe verursacht wie die von der Staatsregierung verlangten Be⸗ züge. Dieser Gewinn für die Staatskasse würde sich aber umgekehrt zu einem Verlust für die jüngeren Richter und Staatsanwälte ausgestalten die im Besoldungsetat hinter diesen Abteilungsvorstehern stehen; die Abteilungsvorsteher bleiben ja nach dem Kommissionsbeschluß in der Reihe der Richter und Staatsanwälte stehen, während die Regierungs⸗ vorlage sie herausnehmen wollte. Bei dem gegenwärtigen richterlichen Besoldungssystem stehen sie also für das Aufsteigen in den Gehalts⸗ stufen den jüngeren Richtern im Wege, und so würden in gewissem Sinne die jüngeren Richter die Opfer dieses Antrages werden.

Das sind ja Dinge, über die man allenfalls hinwegkommen könnte, die sich durch eine andere Fassung zum Teil auch noch be⸗ seitigen ließen; aber die Hauptsache, weshalb ich mich gegen den Antrag aussprechen muß, ist, daß er dasjenige nicht leistet, was er leisten soll und daß er für die Zwecke, die die Regierung im Auge hat, sich als ungenügend erweist.

Meine Herren, ich will nur mit ein paar Worten darauf zurück⸗ gehen, wie die Sache sich historisch entwickelt hat beim Landgericht I. Hier war schon im Jahre 1889, als die Staatsanwaltschaft mit 22 höheren Beamten besetzt war, seitens der Staatsregierung der Vor⸗

Ich bin aber nicht in

schlag an den Landtag gebracht worden, den vier Abteilungsvorstehern