1. Kurhess. Feldart. Regts. Nr. 11, auf sein Gesuch ausgeschieden und zu den Sanitätsoffizieren der Landw. 2. Aufgebots übergeführt.
Der Abschied bewilligt: Dr. Focke, Stabsarzt der Res. (Düssel⸗ dorf), Dr. Kobrak ( Breslau), Dr. Kallfelz (Kreuznach), Dr. Giesler (Kiel), Dr. Reuter (II Altona), — Stabsärzte der Landw. 1. Aufgebots, Dr. Volkmann (Dessau), Dr. Cordes Eö en), Stabsärzte der Landw. 2. Aufgebots, Dr. Matthiaß,
berarzt der Res. (Gotha), diesem auf Antrag des Bezirkskommandos, Dr. Busch, Oberarzt der Landw. 1. Aufgebots (I Hamburg), Dr. Demme ““ Dr. Pulvermacher (Posen), Dr. Holl (Heidelberg), r. Wenz (Offenburg), Oberärzte d. Landw. 2. Auf⸗ ebots, Dr. Schmidt, Assist. Arzt der Res. (Torgau), diesem behufs
bertritts in Königl. sächsische Militärdienste.
Deutscher Reichstag. 75 Sitzung vom 25. April 1904. 1 Uhr.
Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Beratung des Gesetzentwurfs, betreffend die Uebernahme einer Reichsgarantie für eine Eisenbahn vom Dar⸗ essalam nach Mrogoro.
Ueber den⸗Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.
Abg. Dr. Graf Udo zu Stolberg⸗Wernigerode (d. kons. Pe sabrendh; Die Bahn soll doch einmal den Anschluß an die englische
ahn erreichen; sollen wir dann die Spurweite vergrößern? Der Standpunkt „alles oder nichts“ ist hier allerdings nicht der richtige; findet die Schmalspurbahn eine Mehrheit im Reichstag, so werden wir uns dieser Mehrheit anschließen. Die Kommission sollte ihre früheren Beschlüsse hervorholen und diese zur Grundlage ihrer weiteren Beratungen machen. In erster Linie wünschen wir den Bau einer Bahn und in zweiter Linie den Bau einer Bahn mit der Kapspur.
„Abg. Dr. Müller⸗Sagan (fr. Volksp.): Weshalb die Spur⸗ weite verändert worden ist, hat uns der Kolonialdirektor nicht ver⸗ raten. Es handelt sich nur um eine Stichbahn, und doch behauptet der Kolontaldirektor, dies sei eine Lebensfrage für Deutsch⸗Ostafrika. An eine Rentabilität der Bahn ist auch nach dem neuen Projekt nicht zu denken. Der Direktor glaubt, daß sie nach 25 Jahren eintrete. Das ist Zukunftsmusik. Der Zeilpunkt für die Gewährung eines Reichs⸗ reh g. ist ö möglich gewählt. Wir müssen alles vermeiden, was eine neue à elastung des Reiches bewirken könnte; für Südwestafrika werden schon große Summen ausgegeben. Wenn die Unruhen in Südwestafrika beendet sind, werden wir zu überlegen haben, ob das System der Kolonialverwaltung schuld ist an den dortigen Unruhen. Ich habe gestern den Bericht der Rheinischen re über den Hereroaufstand erhalten. Darin wird das herrschende System aufs schärfste mißbilligt und bemerkt, daß die kulturellen Bestrebungen hinter den materiellen zurückträten. Ehe wir mit Bahnen fortschreiten, wollen wir uns überlegen, ob an die Stelle der extensiven Kolonialwirtschaft nicht lieber eine intensive treten sollte. Selbst vom Standpunkte des Kolonialfreundes wäre die Uebernahme einer Zinsgarantie unangebracht, denn die Reichskonsols stehen heute noch niedriger als damals, als die Sache hier zuerst verhandelt wurde. Es handelt sich hier doch nicht allein um die Summe, die der Kolonial⸗ direktor uns vorgeführt hat, sondern das Reich wird vor jede Bresche treten müssen, die bei der Ausführung des Prosektes sich ergeben wird. Erfahrungsmäßig werden die Voranschläge für solche Bahnen stets überschritten. Dann wird das Reich haftbar gemacht werden und dafür einstehen Püsen. Es wird außerdem mindestens zehn Jahre dauern, ehe die Bahn durch Frachten alimentiert werden wird. Nun hat der Kolonialdirektor wieder das alte Lied angestimmt über die ruchtbarkeit der Gegenden, durch die die Bahn gehe usw., und er steht, dank seiner lücklichen Veranlagung, die Dinge in jenem Lichte, in dem sie dem eweiligen Projekte günstig erscheinen. Können wir denn wirklich einen solchen Weg heute betreten, wo von den ver⸗ schiedensten Seiten die dringendsten Wünsche auf Verbesserung der Verhältnisse der Invaliden usw. mit Rücksicht auf die ungünstige Finanzlage des Reichs zurückgestellt werden müssen? Wenn wirklich die Bahn rentabel würde, wozu dann die Garantie des Reichs? Ohne diese Garantie wären die Anteilscheine schwerlich unterzubringen. Selbstverständlich muß die Vorlage in der Budgetkommission auf das sorgfältigste geprüft werden. Der Kolonialdirektor hat gesagt, daß die Vorlage dem Reichstag wiederholt vorgelegt worden ist. Ich will hoffen, daß sie vom Reichstag noch wiederholt begraben werden wird. n2 Schwarze⸗Lippstadt (Zentr.): Man sollte endlich mit der unseligen Bankpolitik in unseren Kolonien brechen. Ganz große Flächen sind verschleudert worden, und dc ich bin der Meinung, daß wir anstatt einer extensiven eine intensive Kolonialpolitik treiben sollten. Herr Müller⸗Sagan kommt aber aus demselben Grund zu einer falschen Schlußfolgerung, indem er den Bau der Bahn verwirft. Ich komme zu einem entgegen⸗ gesetzten Ergebnis. Es dürfen nicht fortgesetzt Millionen für die Kolonien ausgegeben werden, ohne daß sie einen Nutzen abwerfen, sondern die Kolonien müssen ertragreich gemacht werden. Das ist eben nur durch Eisenbahnen zu ermöglichen. Mit dem Stand der Konsols hat diese Bahn nichts zu tun. Die Zinsgarantie wird in ab⸗ lebbabfr Zeit überflüssig werden. Für den Bahnbau liegen die Ver⸗ ältnisse hier besonders günstig. Steine und Holz sind überall zu erreichen. Der Reichskanzler hat die Hoffnung ausgesprochen, daß der Herero⸗ aufstand eine neue Aera für unsere Kolonien eröffnen würde. Deutsch⸗Ostafrika ist in einer Weise vernachläßt nnd Südwestafrika in einer Weise bevorzugt worden, die nicht zu begreifen ist. Südwest⸗ afrika ist eine Sandwüste, an die ungeheuere Mittel gewendet worden sind. Hätten wir dies Geld für Deutsch⸗Ostafrika ausgegeben, so wären wir heute viel weiter. Der Hauptwert ü Kolonien liegt in der Gegend am Tanganypika und Viktoriasee. Da müssen wir unter allen Umständen eine Bahn bauen. An der Küste befinden sich nur einige Militärstationen, im Innern gibt es nur vier Stationen, auf einem Gebiete, das zweimal so groß ist wie Deutschland. Mit diesem System muß endlich gebrochen werden. Wir hätten schon längst weiter sein müssen. Die Engländer, die doch auch wissen, was sie tun, und kein Geld wegwerfen, haben schon 1896 eine Bahn gebaut von Mombassa nach dem Viktoria⸗Nyanzasee. Hätten wir dort eine Bahn, so wären schon längst mehr Leute dorthin gegangen. Der ganze andel wendet sich jetzt nach Britisch⸗Ostafrika. Auch im Süden, m Gebiet des Nyassa⸗Sees, ist schon ein großer Teil des Handels nach der englischen Interessensphäre abgelenkt, und wenn der von den Engländern dort projektierte Bau der Bahn fertig dann geht uns auch noch der Rest des Handels verloren. An der sambara⸗Bahn haben sich in den wenigen Jahren Tausende von Wanyamwesi angesiedelt. Ich behaupte, Afrika ist ein Juwel, und ich versichere, daß meine Schilderung Ihnen nicht schönere Bilder vorgezaubert hat, als sie die Wirklichkeit bietet; die Entwickelungs⸗ möglichkeit nach allen Richtungen ist wunderbar. Elfenbein und Kautschuk werden jetzt auf Raubbau gewonnen; dem würde die Bahn ein Ende machen. Man muß endlich einmal den ernsthaften Versuch machen, in unseren Kolonien intensive Wirtschaft zu treiben.
Abg. Graf von Arnim (Rp.): Herr Müller⸗Sagan übersieht bei seiner Polemik gegen die Vorlage eine Reihe von Tatsachen. Er hält den Zeitpunkt fur unglücklich gewählt, weil jetzt die Konsols niedriger stehen als 1902, und die Finanzlage ungünstig ist; er übersieht, daß wir erst von 1908 ab die Garantie übernehmen sollen; bis dahin sind
och gewiß der neue Zolltarif und die neuen Handelsverträge in Kraft
etreten, und das Reich kann aus diesen neuen Einnahmen auch diese hlun en mit Leichtigkeit leisten. Ein freisinniges führendes Blatt
S esien nennt die ostafrikanische Cisenbahngesellschaft eine Gesell⸗ schaft für Projektmacherei auf Kosten des Reichs. Das ist ein etwas kühnes und voreiliges Urteil. Die Einfuhr nach Ostafrika hat im Verhältnis zu Britisch⸗Ostafrika lange nicht genügend zugenommen, die Kaufkraft des Gebietes läßt nach, und zwar deswegen, weil wir für die Hebung des Landes nichts tun. Herr Richter meinte früher, die englische Bahn sei lediglich eine strategische Bahn. Die Ent⸗
wickelung hat gezeigt, daß es sich bei der Mombassa⸗Bahn um eine wirtschaftliche Bahnanlage handelt; die Engländer haben die Parole der strategischen Bahn wohl nur als Finte uns gegenüber aus⸗ sghecen, In Ostafrika besitzen wir einen Schatz, den wir pfleglich ehandeln müssen. Es sind 7 ½ Millionen Einwohner vor⸗ handen, die arbeitsfähig, wenn auch noch nicht sehr arbeitsfreudig
nd. Mit der Plantagenwirtschaft haben wir, was kein Wunder st, da wir Neulinge auf diesem Gebiete waren, zuerst keine besonders günstigen Erfahrungen gemacht. Die Plantagen allein können auch nie und nimmer in stafrika großen Export schaffen. Daneben müssen die Kulturarbeiten mit aller Kraft gefördert werden. Für den Bahnbau ist ein neuer Antrieb in dem Baumwollbau hinzu⸗ gekommen. Die Kolonialverwaltung hat sich seit Jahren mit dieser Frage beschäftigt. Ich habe auf den Tisch des Hauses eine Anzahl Proben derjenigen Baumwollen niedergelegt, die dort gewonnen werden können. Die bisherigen Versuche auf diesem Gebiete verdienen nicht den Spott und Hohn der frreisinnigen Partei und Presse, sondern vollste Anerkennung. Wenn wir einen schönen Hafen haben wie Daressalam, so ist es widersinnig, das Hinterland, das fruchtbar und bevölkert ist, brach liegen zu lassen. Die Statistik ergibt, daß über Sansibar zwischen 60 und 70 % des Imports und Exports gehen; bringen wir das Hinterland hoch, so wird schließlich Daressalam Sansibar als Stapelplatz schlagen. Der Kilometerzentner, auf dem Kopf des Negers getragen, kostet 1 ℳ, auf der Bahn von Mrogoro nach der Küste nur 25 bis 30 ₰. Die Bahn bringt ganz bedeutende Ersparnisse, das ist uns auch durch eine Denkschrift nachgewiesen, die der Abg. Spahn dem Reichs⸗ tage zugänglich gemacht hat; die Kalamität der Trägerkolonnen wird erheblich verringert werden. Es fragt sich nur, 8 die Ver⸗ minderung der Spurweite der Bahn nicht diese Hoffnung wieder teil⸗ weise zunichte machen möchte. In den ersten Zeiten wird ja auch die Schmalspur den Transportanforderungen genügen; aber was soll später werden? Je leistungsfähiger die Bahn ist, desto eher werden die Garantiezuschüsse sich verringern und verschwinden. Der Unterbau muß ja doch dieselbe Stärke haben wie bei der Kapspurweite; er ist dann auch ebenso teuer. Die Fahr⸗ geschwindigkeit ist natürlich entsprechend geringer; je kleiner die Spurweite, desto höher liegt der Schwerpunkt des Wagens, und die Geschwindigkeit wird höchstens 20 — 25 km betragen können. Hochbau, Telegraphenanlagen, Personal, alles muß in demselben Um⸗ fange und zu den gleichen Kosten vorhanden sein auch bei nur 75 cm Spurweite. Aber wenn nichts mehr zu erlangen ist, werden wir uns zur Zeit auch mit dieser geringeren Spurweite begnügen. Zweimal haben wir die Bahn tracieren müssen; zweimal hat die Tropensonne die Trace wieder mit Gras bedeckt. Jetzt wird es hoffentlich Ernst werden. Wenn aber deutsche Gründlichkeit zur Unentschlossenheit auch diesmal führt, so werden wir mit Recht dem Spott des Auslandes verfallen. Die Herren mögen uns den Dampf bewilligen, dann werden wir vorwärts kommen.
Abg. Dr. Paasche (nl.): Es ist bei der finanziellen Lage des Reichs kein leichter Entschluß, die hier geforderten Gelder zu be⸗ willigen. Trotzdem halten wir es für absolut notwendig, in Ostafrika eine Bahn zu bauen, die dem Verkehrsbedürfnis wirklich entspricht und die die Kolonie zu dem macht, was sie nach ihrer natürlichen Anlage werden kann. Von fast allen Rednern ist auch anerkannt worden, daß, wenn wir einmal Kolonien haben, das Deutsche Reich diese nicht sich selbst überlassen kann, sondern ge⸗ zwungen ist, die Kulturaufgaben, die es übernommen hat, auch durch⸗ zuführen. Die Ansicht, daß aus den Kolonien überhaupt nichts werden könnte, halte ich für vollkommen unzutreffend. Gewiß sind in Südafrika einzelne Teile, die sich nur schwer und langsam ent⸗ wickeln, aber alle Kenner der Verhältnisse sind sich darin einig, daß die Lage in Ostafrika wesentlich günstiger ist. Dort haben wir im Innern reiche, fruchtbare Gelände, die erschlossen werden müssen. Auch von englischer Seite ist anerkannt worden, daß wir in Afrika Außergewöhnliches geleistet haben, so gering auch die Mittel im einzelnen waren. Man hat die Sklaverei aufgehoben, ruhige, fried⸗ liche Zustände geschaffen und die Wege für eine Kultur geebnet. Aber wenn man auf halbem Wege stehen bleiben will, sind selbst⸗ verständlich die Vorarbeiten vergeblich, und das wollen und ägflen wir verhüten. Allerdings können wir Verkehrswege auch ohne Eisen⸗ bahnen schaffen, und ich habe schon früher in der Kommision ausgeführt, daß es, solange der Verkehr noch nicht vorhanden ist, vielleicht besser wäre, dem Verkehrsbedürfnis durch die Anlage von Wegen zu dienen. Mit Eisenbahnen allein wird es nicht getan sein, es muß auch durch den Ausbau der kommunalen Wege weiter gesorgt werden, was bei der betriebsamen und arbeitswilligen Bevölkerung auch möglich sein wird. Wir haben zwar schon jetzt im Innern ausgedehnte vortreff⸗ liche Kunststraßen; aber es mangelt an Zugtieren, um auf diesen Lasten in größerem Maße bewegen zu können, da die Zugtiere in fast allen Distrikten den Krankheiten erliegen. Man hat auf Kraftwagen als taugliche Mittel zur Beförderung hingewiesen; das liegt nicht im Bereich der Unmöglichkeit, aber es sind in ferner Zeit liegende Pläne. Vorläufig sind wir noch nicht so weit, daß die Krankheiten der Zugtiere bekämpft sind; weder Pferde, Ochsen noch Kameele haben sich als widerstandsfähig erwiesen, und die Zucht der Zebras ist noch nicht so weit vorgeschritten, daß wir uns daraus ein wirklich brauchbares Zugtiermaterial beschaffen könnten. Deshalb muß in erster Linie daran gedacht werden, durch Eisenbahnen eine Verkehrseinrichtung zu schaffen, an die sich andere Verkehrsstraßen anschließen könnten. Es ist eine Fülle von fruchtbaren Landstrichen vorhanden, in denen wir Massenartikel für den Bahntransport in großer Zahl produzieren können. Auch nach meiner Ansicht ist die Baumwolle einer der wesentlichsten Faktoren, und wir müssen dafür sorgen, daß wir in diesem Punkt immer unabhängiger werden, weil die große wirtschaftliche Spekulation in Amerika uns gezeigt hat, wohin unsere Baumwollindustrie kommen kann. Wenn wir also eine große Kolonie haben, die Baumwolle produziert, so ist es Aufgabe einer weitsichtigen Politik, sie zu unterstützen. Die goldenen Zeiten für die Kolonien, wo die Kolonialprodukte zu ganz außergewöhnlichen Preisen verkauft wurden, sind vorüber. Wir sind in einen Niedergang kolonialwirtschaftlicher Bestrebungen hineingekommen Es muß das Interesse und das Verständnis der Kapitalisten geweckt werden, damit die Kolonie wirklich ein nutzbringender Teil des gesamten Deutschen Reichs wird. Ich bin für die Bahn und dafür, daß sie, wie vorgeschlagen, durch eine Privatgesellschaft gebaut wird. enn einmal das Kapital in einer neuen Kolonie festgelegt ist, so kann mit Sicherheit erwartet werden, daß es weiter nutzbringend in der Kolonie arheitet. Die technische Ausführung der Bahn ist meiner Ansicht nach nicht glücklich im Entwurf gelöst. Es wäre auch uns lieber gewesen, wenn man uns die Vorlage unverändert vorgelegt hätte. Man braucht das finanzielle Bedenken nicht so sehr in den Vordergrund zu stellen, es handelt sich um eine Zinsgarantie von einigen hunderttausend Mark mehr oder weniger. Das ist schließlich kein so wesentlicher, ausschlag⸗ gebender Faktor, daß man deswegen eine weniger leistungsfähige Bahn bauen sollte. Der Bau von Kleinbahnen ist zwar billiger; aber bei einigermaßen entwickeltem Verkehr ist die Bewirtschaftung teuerer. Die Unkosten für das ganze rollende Material sind dieselben, man fährt aber auf der Kleinbahn langsamer. Die Fahrzeit würde für die Strecke von Daressalam nach Mrogoro 10 Stunden betragen; mit der größeren Bahn könnte man denselben Zug an demselben Tage mit 40 km Geschwindigkeit zurückgehen lassen, und man würde die Hälfte des rollenden Materials sparen können. Ueberall geben wir uns in Deutschland Mühe, möglichst einheitliche Spurweiten einzuführen; warum nun dort neben der englischen Kapspurweite eine 75 Zenti⸗ meterbahn? Jedenfalls bedarf es noch ernsthafter Erwägung, ob wir nicht den Vertrag dahin abändern, daß doch die Bahn mit 106 cm Spurweite gebaut wird. Deshalb stimme ich dafür, daß in der Kom⸗ mission die ganze Vorlage 8 einmal geprüft wird.
„Abg. Schrader (fr. Vgg.): Wer den Verhandlungen des vorigen Reichstags über diese Frage beigewohnt hat, wird einiger⸗ maßen erstaunt sein. Heute hört man fast gar keinen Widerspruch.
err Richter fehlt allerdings, und Herr Bebel ist anderweitig be⸗ chäftigt. Wir werden das Vergnügen haben, die Reden beider in der zweiten Lesung zu hören. Im vorigen Jahre blieb die Sache in der
“
Kommission stecken. Nun hat Herr Spahn eine Broschüre geschrieben, und es ist anzunehmen, daß auch ein Teil seiner Freunde hinter ihm steht, sodaß das Projekt wohl zustande kommen wird. Man sagt, aus der Kolonie werde doch nichts werden. Von heute und morgen läßt sich da allerdings nichts machen. Der Erfolg kostet Arbeit, Mühe und Zeit. Der Streit, ob man mit den Kolonien überhaupt hätte anfaͤngen sollen, ist heute müßig. Wir haben die Kolonien einmal, wir müssen deshalb die Mittel ergreifen, die zur Entwicklung notwendig sind. Dazu gehören Verkehrswege, die leistungsfähig genug sind, weite Strecken zu erschließen, und das sind Eisenbahnen. Der Bau von Chausseen ist ebenso schwierig wie der von Bahnen. Wollen wir eine intensive Kultur betreiben, oder wollen wir, daß die Kultur sich auf ein engeres Ge⸗ biet beschränkt, so müssen wir nicht nur wie in Südafrika Viehzucht, sondern auch Landwirtschaft in weiterem Umfange treiben können, und das ermöglicht nur eine Eisenbahn. Durch die Kultur wird auch der Gesundheitszustand der Kolonien verbessert. Es ist nur schade, daß wir nicht schon vor acht Jahren die Bahn gebaut haben. Wäre die Eisenbahn in Südwestafrika aus⸗ gedehnter, würde der Aufstand nicht ausgebrochen, jedenfalls aber bald niedergeschlagen sein. Für die nächsten drei bis vier Jahre hat ja das Reich überhaupt nichts für die Bahn zu zahlen. So pessimistisch sehe ich unsere Finanzverwaltung überhaupt nicht an, wie es von anderer Seite geschehen ist. Ein Teil der Verzinsung wird auch ersetzt durch nicht unerhebliche Ersparnisse in den Ver⸗ waltungskosten der Kolonie. In der Frage der Spurweite war ich erstaunt, zu hören, daß man heute für die größere Spurweite eintrat. Ich glaube, daß wir auf recht lange Zeit mit der 75⸗Zentimeterspurweite auskommen können. Der Verkehr wird nur allmählich steigen, und wir ersparen eine Menge von Zinsen. Die 75⸗Zentimeterspurweite hat auch den Vorteil, daß man Neben⸗ bahnen anschließen kann für Plantagen usw. Natürlich würde ich auch für eine größere Spurweite stimmen. Die dortigen Neger sind bereits an die Landwirtschaft gewöhnt, und es ist zu erwarten, daß immer mehr Produkte hergestellt werden, die in größeren Quantitäten exportiert werden können. Namentlich kann Baumwolle in größeren Mengen hergestellt werden. Vielleicht ist es sogar in schnellerem Tempo, als es der Kolonialdirektor glaubt, möglich, die Bahn rentabel zu machen. Zum ersten Male wird das große Kapital für eine koloniale Unternehmung dieser Art gewonnen. Das ist ein Vorteil. Die betreffenden Bankinstitute übernehmen dadurch auch die Verpflichtung, die Kolonie zu fördern. Dies Beispiel wird hoffentlich Nachfolge finden. 8
Abg. Ledebour (Soz.): Nicht dagegen haben wir etwas, daß Bahnen in den Kolonien gebaut werden, sondern daß sie auf Kosten der deutschen Steuerzahler gebaut werden. Es handelt sich hier um à fonds perdu hingeworfenes Geld, denn wir halten Ostafrika nicht, wie Herr Schwarze, für ein Juwel. Wäre es so, so würden die deutschen Kapitalisten die Bahn bauen, ohne erst auf die Unterstützung des Reiches zu warten. Die Gesellschaft hat den Nutzen von 400 000 ha Land, die ihr längs der Bahn unentgeltlich überwiesen werden, und trägt nicht das geringste Risiko. Wir haben keine Ver⸗ anlassung, sie von Reichs wegen zu unterstützen.
Abg. Dasbach (Zentr.): Die Zentrumsfraktion hat über diese Frage noch nicht beraten. Herr Schwarze hat also nur in seinem eigenen Namen gesprochen, und auch ich spreche nur im eignen Namen. Die Verkürzung der Strecke auf eine Stichbahn ist nur erfolgt, damit einmal ein Anfang gemacht wird. Es ist kein Zweifel, daß, wenn die Bahn von Mrogoro gebaut wird, und sie sich dann als unrentabel herausstellt, der Ruf nach einer Verlängerung bis an die beiden Seen erschallen wird, nach einer Zentralbahn, die 1300 km lang sein müßte, Daher kommt es, daß viele solchen ungeheueren Projekten gegenüber ängstlich werden. Es mag sein, daß die Baumwollenkultur gute Aussicht hat, aber dann müßte die Baumwollenindustrie sich dafür interessieren, um der amerikanischen Konkurrenz zu begegnen. Ich habe den Wunsch ge⸗ äußert nach einem Verbot der Einfuhr des Branntweins nach den Kolonien. Der Kolonialdirektor hat aber keine Zusicherung gemacht. Wenn so offenbaren Uebelständen gegenüber so wenig Entgegenkommen besteht, so kann man sich nicht darüber wundern, wenn wenig Be⸗ geisterung für die Kolonien herrscht. Die Klagen der Missionare sind nicht berücksichtigt worden.
Abg. Dr. Arendt (Rp.): Herr Schwarze ist als Lokomotivführer begeistert auf die erste Lokomotive nach Mrogoro gestiegen, aber Herr Dasbach hat sich leider als Bremser auf die Lokomotive geschwungen. 8 Dasbach hat eine Zentralbahn befürchtet. Er mag sich beruhigen.
enn die Bahn bis Mrogoro sich als unrentabel herausstellt, so ist das der beste Grund gegen die Fortsetzung der Bahn bis zu den Seen. Wenn die Landkonzessionen, wie ich glaube, für die Gesellschaft wert⸗ voll sind, dann rentiert sich die ganze Unternehmung, und die Steuer⸗ zahler werden entlastet. Das scheint Herr Ledebour zu übersehen. Das Ziel der Kolonialpolitik ist nicht, recht viel Bewilligungen vom Reich zu erhalten, sondern sie überflüssig zu machen. Es sollen neue Oellen für den nationalen Wohlstand eröffnet werden. Wir möchten sobald wie möglich den Bewilligungen des Reichs für die Kolonien ein Ende machen, und dazu dient der Bau von Eisenbahnen. Herr Müller⸗Sagan sprach von einer intensiven Kolonialwirtschaft. Diese ist doch ohne eine Eisenbahn gar nicht möglich. Er wird doch wissen, daß das, was in der Kolonie un⸗ mittelbar am Meere liegt, ein wüstes Gebiet ist, wo man weder eine intensive noch extensive Wirtschaft treiben kann. In der Vorderzone herrschen Fieber⸗ und Malariakrankheit. Anders liegt es im Hinter⸗ land. Südwestafrika ist sehr belehrend für den Bau von Eisen⸗ bahnen. Wir ersehen aus Berichten, wie schnell sich seit der Er⸗ öffnung der Bahn von Windhuk der koloniale Verkehr entwickelt hat. Mit dem Abg. Dasbach wünsche auch ich, daß die Baumwoll⸗ produzenten selbst vorgehen. Das geschieht aber schon. Leb⸗ haft bedauern muß ich, daß die Vorlage an eine Kommission gehen muß; es ist das durchaus und allein ein Verschulden der Kolonialverwaltung. Die heutige Debatte hat ergeben, daß bezüglich der Spurweite eine weitgehende Uebereinstimmung unter allen sonst dem Projekte Günstigen besteht, die die diesmalige Rücksicht der verbündeten Regierungen auf die Sparsamkeits⸗ bestrebungen im Reichstage nicht rechtfertigt. Es ist durchaus un⸗ angebracht, in einer Kolonie zwei verschiedene Spurweiten ein⸗ zuführen; die Schmalspur hat überhaupt außer der geringen Herab⸗ minderung der Baukosten gar keine Vorteile. Solche Gründe können also gegenüber der Wichtigkeit dieser Vorlage gar nicht in Be⸗ tracht kommen. In der Kommission wird also die Frage noch in besondere Erwägung zu nehmen sein. Der Abschlag an sich scheint mir auch etwas hoch gegriffen zu sein; man kann vielleicht die Kap⸗ spur wieder in die Vorlage hineinbringen, ohne den Kapitalbetrag zu erhöhen. Für die neue Schwierigkeit sind allein diejenigen verant⸗ wortlich, welche die Umänderung in das Projekt hineingebracht haben. Daß der Gouverneur die Schmalspur bevorzugt, ist auch selbst in den Motiven nicht behauptet; er wird sich nur faute de mieux damit begnügt haben. Im Interesse der Kolonie muß diese Verballhorni⸗ sierung der Vorlage wieder beseitigt werden. Eine voraussichtige Ver⸗ waltung hätte sich gar nicht drängen lassen dürfen, von der 1.” abzugehen. Es muß alles aufgeboten werden, daß es gelingt, in dieser Session die Vorlage zu verabschieden; die Verantwortung für die Verzögerung trifft allein die Kolonialverwaltung.
in der Dritten Beilage.) 8 Iu“] 8 8
Dri tt e Be i la ge Deutschen Reichsanze
Berlin, Dienstag, den 26. April
er Bevollmächtigter zum Bundesrat, Direktor der Amts Dr. Stuebel: Dr. Arendt gegen die mulierung der Vor⸗ d als ungere daß die Kolonialver⸗ Privatfirma, hätte bestimmen zu reduzieren auf eine
ausschließlich daß damit der ohen Hauses eine sie das Zu⸗ Es ist also ungerecht, daß sie leicht hätte ngen die Vorlage überhaupt ir zur Frage der Spurweite ein⸗ Wir haben diese geringere icht sind, daß sie den dringenden chaftlichem Gebiete füͤr die ine absehbare Reihe von Jahren vollständig wenn nach einer Reihe von Jahren sich Spurweite von 75 cm nicht mehr ge⸗ rfnis im Handelsverkehr vorliegt, es sich Prosperität des Schutzgebiets handeln cht machen müßte, aus einer ge⸗ iteren Spurweite überzugehen, um der auch voraussehen läßt, daß eine nicht mehr auf Kosten oder mit einer ondern einfach auf Kosten der Interessenten, nigen Gesellschaften, die in dem Ich glaube, mich heute auf um die Diskussion
tellvertretend rch Cit des Auswärtigen
Vorwürfe, die Herr Abg. in Ansehung der neuen For möchte ich als ungerecht un ist es völlig unrichtig,
Privatinstituts von 1,068
n! ialverwaltung erichtet hatte,
mit Rücksicht ie Spurweite
einleitenden weil wir der Ansicht gewesen sind,
Reichs und der Sparsamkeit dieses h gemacht werde, von der wir voraussetzen, daß Vorlage erleichtern werde.
kommen der f zu machen,
olonialverwaltung einen Vorwur sehen können, mit diesen Welche Stellung w ist von mir bereits te gewählt, nissen des Schutzge Zeit, und zwar für e
1 wird, daß diese ein größeres Bedü inen Grad der rdentlich lei
präzisiert worden. weil wir der Ans biets auf wirts
dann um e (vürde, der es außero eren Spurweite zu einen Grad der Aenderung in der Spu ie des Reichs, s Schutzgebiets oder derje iet tätig sind, geschehen kann. hier beschränken zu können,
Prosperität,
diese Bemerkungen nicht aufzuhalten
Abg. ert gegen die Abgg. Dr. Er habe lediglich auf die lande hingewiesen und ausgeführt, man solle da, erst für eine Weiterentwicklung Sorge Reichs, sondern der Kolonial⸗ f dem Standpunkt des Parteigenossen des laube, auf diesem Standpunkt en zu können. anlage oder durch eine Zins⸗ Form, nicht der Sache nach ver⸗ ebenso, wie sie zur Beseitigung auch zur Ausbreitung derselben bei. rikaner voraus, und es frage aus Ostafrika für unsere
Müller⸗Sagan polemisi Arendt, Graf von Arnim und Schrader. Freignisse im Herero wo man einmal engagiert sei, und zwar nicht auf Er stehe au Bambergers, und iter stehen blei
Kosten des
bg. Schrader, auch in Ehren w eeiligung des Reichs durch eine K. attfinde, sei nur der Die Eisenbahnen von Krankheiten mitwirkten, der Baumwollkultur seien uns die Ame ob sich die Baumwolle Jeder Fabrikant werde, schland oder aus einem Schutzgebiete besten und billigsten bekäme, und da absetzen, wo sie die besten chts geändert werden. natürlich, daß Rentabilität ß hier mit einer Reichsgarantie Notwendigkeit vor. lonialverwaltung nicht geändert wäre, hne Kommissionsberatung ab⸗ üheren Verhandlungen außer⸗ daher der Kolonialverwaltung
sich überhaupt, Spinnereien eignen würde. ob die Baumwolle aus Deut stamme, da kaufen, wo er sie am ebenso würden die Händler ihre Preise erzielten. Daran werde ni — Schrader führt aus, allen Eisenbahnen ungewiß sei, Ez sei gar nichts Sonderbares, da vorgegangen werde, es liege ein auch die Spurweite von der Ko so wäre es sicherlich trotzdem nicht ol Der Reichstag sei bei allen fr ordentlich sparsam gewesen. keinen Vorwurf wegen ihres Abg. Ledebour: günstig liegen, deutschen Steuerza
Man könne Verhaltens machen. 1 Verhältnisse in Ostafrika wirklich so childert, so ist es nicht nötig, daß man die
Anspruch nimmt, dann Land erhält.
wie man sie hler für den Bahnbau in genügt es, daß die Gesellschaft 460 000 ha
Damit schließt die erste Beratung. Die Vorlage wird der Budgetkommission überwiesen.
e erste Beratung des Gesetzentwurfs, be⸗
Es folgt die eset einer Anleihe für das Schutz⸗
treffend die Aufnahme iet Togo.
Nach der Vorlage soll der Reichskan sten des Schutzgebietes Togo zum isenbahn von Lome nach Palime eine zu 8 Millionen Mark aufzunehmen. Tilgung der Anleihe soll das Reich die
zler ermächtigt werden, wecke des Baues einer 3 ½ Prozent verzins⸗ liche Anleihe von Verzinsung und Garantie übernehmen. Stellvertretender Bevollmä Kolonialabteilung des Auswärtigen Amts Dr. Stuebel: Vorschlag der Regierung haben Wenn England und F nicht abzusehen, Schutzgebiet
chtigter zum Bundesrat, Direktor der
schwerwiegende Gründe Weg beschritten haben, weshalb nicht auch für ein deutsches
so leichter, als da in erfreulichem Aufschwung begriffen ist. Seit vom Reich unabh
rankreich denselben
Schutzgebiet 1902 ist das Schutzgebiet finanziell. Landesgrenzen sind im wesentlichen daß die Erhöhung der Zölle ausrei Für den Bau der
Entwickelung der Baumwollkultur f den Köpfen der Ein⸗ ist die Konkurrenz Durch den Bau auch in bescheidenem Umfang, Auch die Ausfuhr
chen Zeitung“ wird behauptet, sie weiter gebaut wird adstation Palime sei in einer Kommission die Verträge mit den betreffende
Wie es heißt, soll im Gebiet Hektar für 445 ℳ gekauft und
ich halte eine Prüfung dieser Ich schließe mich dem Wir haben es hier mit einem tun; eine unserer Kolonien ist aufgenommen werden kann. Reiches wieder in Anspruch Auffassung kommen, daß ls bei der Bahn von
ängig. Die und es ist zu erwarten, chen werde, um den Bau der Bahn Bahn von Lome nach Palime
zu gewährleisten. maßgebend.
ist namentlich die Solange der geborenen, als dieser Baumwolle auf dem der Bahn würde unsere Industrie, wenn von dem Auslande unabhängig gemacht werden. von Palmöl und Palmenkernen Abg. Das bach: In der „Deuts diese Bahn könne nur rentabel werden, wenn ins Innere des Landes bis Atakame; mit der die Bahn nur eine halbe Maßregel. näher geprüft werden. sellschaften bedürften der Aufklärung. von Misahöhe ein Areal von 45 000 für 420 000 ℳ verkauft worden sein.
Abg. von Staudy (d. kons auffallenden Mitteilungen für se⸗ Antrage auf Kommissionsberatung an. erfreulichen Vorgang zu daß für sie eine Anleihe Gleichwohl wird auch hier der Kredit des und man könnte sogar zu der chieht, noch schärfer ist a Der Verlauf der Diskussion auf die Ausführungen des Reichsfinanzen zu bemerken, durchaus berechtigt 8 daß
Transport der Baumwolle auf d o in teurer Weise, hergestellt wird, Weltmarkt ausgeschlossen.
pielt eine Rolle.
Das müßte
r notwendig.
ganz neuen, so weit gediehen,
genommen, die Form, in der das ges Daresfalam nach Mrogoro. letztere veranlaßt mich dazu, Sagan über die auf die letzteren falschen Schluß zieht.
Abg. Müller⸗ Rücksichtnahme Herr Müller aber einen
i wie bisher
ist gar kein Ende der großen Opfer für die Kolonien abzusehen. Hätten wir, was der Aufstand gekostet hat und noch kosten wird, für die Entwickelung von Südwestafrika verwendet, so wäre diese Kolonie in einem ganz anderen Zustande, und der Aufstand wäre nicht aus⸗ gebrochen. Diese Erwägungen müssen uns dazu bringen, auch für Togo etwas zu tun, um die Entwickelung dort zu fördern. Togo hat uns in den letzten Jahren keine Kosten mehr gemacht; die Kolonie hat gezeigt, daß es dort vorwärts gehen kann; besonders die Baum⸗ wollkultur hat große Ft h gemacht Von den drei Wegen, auf denen eine Anleihe aufgenommen werden kann, ist der in der Vorlage vorgeschlagene, nach welchem die Anleihe zu Lasten des Schutzgebiets Togo durch Schuldverschreibungen aufzubringen und in 30 Jahren durch Auslosung der Schuldverschreibungen zu tilgen ist, zweifellos richtig.
Staatssekretär des Reichsschatzamts Freiherr von Stengel: Meine Herren! Der Herr Vorredner hat durch seine Aus⸗
führungen mir Veranlassung gegeben, mich auch von dem reichs⸗ finanziellen Standpunkt aus über den Vorschlag der Aufnahme einer Togoanleihe à conto des Schutzgebiets zu äußern und den Vorschlag, den die verbündeten Regierungen dem hohen Hause in dieser Be⸗ ziehung unterbreiten, etwas näher zu begründen.
Es bedarf wohl keines Hinweises darauf, daß die Schutzgebiete
ihrer rechtlichen Natur nach sich darstellen als überseeische Provinzen, die der Souveränität des Reichs unterworfen sind. Sie besitzen hier⸗ nach für sich keine eigene völkerrechtliche Persönlichkeit; aber — und das gilt insbesondere auch von den Kronkolonien, und um eine solche handelt es sich im vorliegenden Falle — sie besitzen immerhin eine eigene vom Reiche getrennte vermögensrechtliche Persönlichkeit. Das erhellt aus dem § 5 des Gesetzes über die Einnahmen und Ausgaben des Schutzgebiets vom 30. März 1892, worin bestimmt ist:
Für die aus der Verwaltung eines Schutzgebiets entstehenden Ver⸗ bindlichkeiten haftet nur das Vermögen dieses Gebiets. Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Doktrin und
Praxis ist hieraus gefolgert worden, daß den Schutzgebieten die eben von mir erwähnte gesonderte vermögensrechtliche Persönlichkeit zu⸗ kommt. Das drückt sich auch aus in den alljährlichen Haushalten, die wir für die Schutzgebiete beschließen, und es drückt sich überhaupt aus in der gesonderten Etatsgesetzgebung für die Schutzgebiete. Die Schutz⸗ gebiete hängen hiernach, finanzpolitisch betrachtet, mit dem allgemeinen Reichshaushalt überhaupt nur noch zusammen durch die Reichszuschüsse.
Nun besagt § 4 des von mir vorhin schon erwähnten Schutz⸗
gebietsgesetzes vom 30. März 1892:
Erfordern außerordentliche Bedürfnisse eines Schutzgebiets die Aufnahme einer Anleihe oder die Uebernahme einer Garantie, so erfolgt dies auf dem Wege der Gesetzgebung.
Daß hier in dem Sinne des § 4 nur koloniale Anleihen gemeint
sein können, nicht etwa allgemeine Reichsanleihen, das ergibt sich aus der ganzen Struktur des von mir soeben angeführten Gesetzes. Ich muß nun ohne weiteres zugeben, daß bisher von dieser Bestimmung des § 4 des Gesetzes von 1892 noch nicht Gebrauch gemacht worden ist. Aber ich könnte meinerseits nicht zugeben, daß, wie es mehrfach schon in der Presse behauptet worden ist, wenn wir nun diesen Schritt hier vornehmen, hierin etwa ein grundsätzlicher Wechsel in der Finanz⸗ politik des Reichs zu erblicken sei. Denn in der Tat handelt es sich um nichts anderes, als darum, daß wir eine Gesetzesbestimmung nun
iger und Königlich Preußi chen Staatsanzeiger
59
1904.
uroben m.
wendungen oder zu Bedenken zu geben. Wir sehen aber in dem System, das hier eingeschlagen wird, eine Gefährdung unserer Finanz⸗ wirtschaft. Es ist nur ein Mittel, um dem Kolonialsport Vorspann zu leisten, und da sage ich: principiis ahsta! 1
Abg. Dr. Paasche: Wir haben hier eine wertvolle Kolonie vor uns. Togo kann aus eigenen Mitteln jetzt seine Ausgaben bestreiten. Für die Notwendigkeit der Bahn selbst braucht man kein Wort z verlieren. Der neu eingeschlagene Weg der Finanzierung ist nur zu billigen. Von Spekulationsankäufen auf Grund der Eisenbahn ist gar keine Rede. Graf Douglas hat den Grundbesitz bereits 1897 gekauft, ehe an den Bau der Bahn Lome — Palime gedacht wurde. Er hat seinen Besitz an die Togoplantagengesellschaft verpachtet, deren Haupt⸗ teilhaber er ist. b
Staatssekretär des Reichsschatzamts Freiherr von Stengel
Meine Herren, nur noch zwei Worte! Ich bemerke vor allem daß der Herr Vorredner meine Ausführungen vollständig richtig wieder⸗ gegeben hat und mich vollständig richtig verstanden hat. Ich wollt in meinen Schlußbemerkungen nur das eine zum Ausdruck bringen daß das Reich, wenn der hier vorgeschlagene Weg betreten wird, unte 8 allen Verhältnissen und selbst im ungünstigsten Falle immer noch besser fahren würde, als wenn es gleich von vornherein die ganze Last auf den Reichshaushalt, auf Reichsanleihe übernehmen würde.
Was aber sodann die Ausführungen des Herrn Abg. Dr. Müller-⸗ Sagan anlangt, so muß ich sagen, hat es mich in der Tat lebhaft gewundert, gerade von seiner Seite jetzt Bedenken zu vernehmen gegen den § 4 des Gesetzes von 1892, gegen die Auslegung, die diesem Paragraphen gegeben wird, und gegen die Folgerung, die ich aus dem⸗ selben gezogen habe; denn gerade die Fraktion, der er angehört, war es, welche unter Führung des Abg. Richter seinerzeit bei den Ver⸗ handlungen über das Gesetz vom Jahre 1892 schon in der Budget⸗ kommission diesem Paragraphen ganz unbedenklich ihre Zustimmung erteilt hat.
Abg. Dr. Müller⸗Sagan: Daß Togo seine Ausgaben in den letzten Jahren felhi bestritten hat, weiß ich sehr gut, aber ich zweifle nicht, daß nach ein paar Jahren wieder neue Forderungen für Togo an das Reich herantreten werden. — —
Abg. Dr. Arendt: Wenn die Ausgaben in anderer Weise ge⸗ deckt würden, würden die Steuerzahler schwerer herangezogen werden als bei der Kolonialanleihe, wo die eigenen Einnahmen der Kolonie mit haften. Ich spreche meine Genugtuung darüber aus, daß mit der Begebung von Kolonialanleihen der Anfang gemacht werden soll. Ich
halte das für außerordentlich nützlich; die Gegenwart wird auf Kosten der Zukunft belastet, die von den Erträgnissen der Kolonie die Vorteile haben wird. Dieser Weg ist zur Erschließung der Kolonien am ersprießlichsten. Die Befürchtung des Herrn von Staudy, daß die Kolonialanleihe an den Börsen gegenüber der Reichsanleihe einen schlechten Stand haben werde, teile ich nicht; sie wird zweifellos sehr begehrt sein, weil sie mehr bietet als die Konsols, bei denen nur die Verzinsung, nicht aber das Kapital sichergestellt ist. Die Schmalspur in Togo anzuwenden, halte ich für ausgeschlossen.
Damit schließt die erste Beratung. Die Vorlage geht an die Budgetkommission.
Darauf vertagt sich das Haus.
Schluß 6 ¼ Uhr. Nächste Sitzung Dienstag, 1 Uhr. für Seeleute; Börsengesetz⸗ und Stempel⸗ teuernovelle.) 8 8 G ““
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Preußischer Landtag.
zur Ausführung bringen, über die sich die verbündeten Regierungen
mit dem Reichstag bereits vor mehr als 10 Jahren geeinigt haben.
Ob es zweckmäßig ist, eine Anleihe für ein Schutzgebiet aufzu⸗ nehmen, das ist eine Frage, die sich generell überhaupt nicht bean⸗ worten läßt; das ist eine Frage, die nur richtig beantwortet werden kann nach Lage des einzelnen Falles. Ohne Zweifel spricht viel da⸗ für, den Bau und den Betrieb speziell von Eisenbahnen in über⸗ seeischen Ländern der Privatindustrie zu überlassen und der Privat⸗ industrie bei solchen Unternehmunzen, soweit angängig, soweit es für gerechtfertigt erachtet wird, mit der Zinsgarantie von seiten des Reichs zu Hilfe zu kommen. Es sind auch hier in der Tat solche Versuche gemacht worden, allein alle Versuche, ein Privatunternehmen vorgehen zu lassen mit Zinsgarantien des Reichs, sind gescheitert, und es war daher mit dem Bahnbau hier tatsächlich nicht anders vorwärts zu kommen, als dadurch, daß das Schutzgebiet als Unternehmerin und als Kontrahentin der Anleihe selbst vorgeht.
Ob eine Kolonialanleihe mit Reichsgarantie auf dem Geldmarkte wesentlich schwieriger unterzubringen sein wird als eine Reichsanleihe, das dürfte wohl noch einstweilen abzuwarten sein. Soweit wir unter⸗ richtet sind, würde es wohl keiner großen Schwierigkeit unterliegen, die hier in Frage stehende Anleihe unter ganz vorteilhaften Bedingungen unterzubringen. Eine andere Frage ist ja schließlich die, ob wir und inwieweit wir uns versichert halten dürfen, daß eine Inanspruchnahme der Garantie des Reichs innerhalb der in Aussicht genommenen Zeit nicht erfolgen wird. Ich blicke durchaus nicht optimistisch in die Zukunft; aber selbst angenommen, daß auch nur ein Teil des Kapitals und der Zinsen innerhalb der Dauer des Garantie⸗ verhältnisses zwischen dem Reich und dem Schutzgebiet dem Reich erstattet werden sollte, so wäre auch in diesem ungünstigsten Falle dann doch unter allen Umständen die Operation, wie sie Ihnen hier in Vorschlag gebracht wird, auch für die Reichsfinanzen eine vorteilhaftere, als wenn wir auf jeden derartigen Ersatz von seiten des Schutzgebiets im voraus verzichten und die Anleihe einfach als allgemeine Reichsanleihe aufnehmen wollten, ohne irgend welche Aus⸗ sicht dafür, daß eine spätere Tilgung derselben erfolgen werde. Ich bin also, ich wiederhole, durchaus der Meinung, meine Herren, daß es durchaus auch im finanziellen Interesse des Reiches liegt, wenn in dem vorliegenden Falle der Weg eingeschlagen wird, der Ihnen in der Regierungsvorlage hier in Vorschlag gebracht wird.
Abg. Ledebour: Ich kann nicht zugeben, daß ein größeres Bahnnetz den Aufstand in Südwestafrika verhindert haben würde. Dieser Aufstand ist durch die Ausbeutung der Neger seitens der Pflanzer
hervorgerufen worden. In Togo scheint es sich um ein Spekulanten⸗ tum zu handeln, dem wir in der Kommission auf den Grund kommen müssen. 8 1
Abg. Dr. Müller⸗ Sagan: Man hat den Weg der Anleihe zu Lasten von Togo nur beschritten, um hier nicht Gelegenheit zu Ein⸗
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Haus der Abgeordneten.
60. Sitzung vom 25. April 1904, 11 Uhr. UHUeber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Das Haus setzt die dritte Beratung des Staatshaus⸗ haltsetats für das Rechnungsjahr 1904 bei dem Etat
der Berg⸗, Hütten⸗ und Salinenverwaltung ö“
Abg. Dasbach (Zentr.) kommt, wie kurz wiederholt sei, auf die Debatte, die bei der zweiten Lesung über an ebliche Wahlbeeinflussungen in Saarbrücken stattfand, zurück, um die Ausführungen des Abg.Prietze zurück⸗ zuweisen, die er als niederträchtige Behauptungen gegen seine Partei be⸗ zeichnet. Der Redner verliest aus einem Bericht über Gerichtsverhand⸗ lungen die angebliche Aeußerung des Vorsitzenden der Bergwerksdirektion
in Saarbrücken, Geheimen Bergrats Hilger in einer Wahlversammlung, daß die Versetzung des Bergbeamten Adams eine Sühne dafür sei, daß Adams früher in ungenügender Weise für den nationalliberalen Kan⸗ didaten Prietze eingetreten sei, und nimmt ferner auf eine angebliche Aeußerung des Geheimen Rats Hilger Bezug, in der dieser bei Ueberreichung von Orden der Zentrumspartei Mangel an nationalem Sinne vorgeworfen habe.
Minister für Handel und Gewerbe Möller:
Meine Herren! Die beiden Aeußerungen, die dem Herrn Geheimrat Hilger vorgeworfen werden, sind in den früher hier statt⸗ gehabten Verhandlungen ihrem Wortlaut nach nicht näher festgelegt worden. Wenn der Herr Vorredner nun jetzt aus den Aussagen des Herrn Geheimrats Hilger selbst vorliest, daß dieser den Besuch einer für den Geheimrat Prietze abgehaltenen Wahlversammlung als eine Sühne dafür hingestellt hat, daß Herr Adams früher in ungenügender Weise für den Kollegen Prietze eingetreten ist, so muß ich allerdings er⸗ klären, daß ich einen derartigen Ausspruch für ungehörig halte. Bisher war, wie gesagt, immer nur die Rede davon — deshalb sind meine früheren Aeußerungen gefallen —, daß es sich lediglich darum ge⸗ handelt habe, daß es die Kollegialität bei Herrn Adams erfordere, nicht ostentativ einer Wahlversammlung für Herrn Prietze fern⸗ zubleiben. Solange die Weisung des Herrn Geheimrats Hilger sich in diesen Grenzen gehalten hätte, wie ich bisher annahm, würde ich die Aeußerung nicht haben mißbilligen können. Wenn sie aber in der Form gefallen ist, wie der Herr Vorredner es eben verlesen hat, und wie es nach der gerichtlichen Aussage des Herrn Hilger nicht zu bezweifeln ist, so nehme ich keinen Anstand, zu erklären, daß ich diese Aeußerung, wie ich wiederhole, für ungehörig halte.
Wenn weiter, wie der Herr Vorredner es behauptet, Herr Ge⸗ heimrat Hilger bei der Gelegenheit, als er einen Orden im Aller⸗ höchsten Auftrage überreichte, der Zentrumspartei einen Mangel an nationaler Gesinnung vorgeworfen haben sollte, so würde auch
das entschieden ungehörig sein. Nach den Berichten, die