1904 / 106 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 05 May 1904 18:00:01 GMT) scan diff

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Karls⸗ ruhe, 30. April. Homann, Lt. im Inf. Regt. von Courbidre (2. Posen.) Nr. 19, Leo, Lt. im Füs. Regt. von Steinmetz (West⸗ preuß.) Nr. 37, mit der gesetzlichen Tersiat der Abschied aus dem aktiven Heere bewilligt; zugleich sind dieselben bei den Offizieren der Landw. Inf. 1. Aufgebots angestellt. Müller, Lt. im 2. Oberrhein. Inf. Regt. Nr. 99, mit der gesetzlichen Pension und der Aussicht auf Anstellung im Zivildienst, v. Schweinichen, Lt. im Königsinf. Regt. (6. Lothring.) Nr. 145, der Abschied bewilligt.

Potsdam, 2. Mai. v. Hochwächter, Gen. Lt. und Kom⸗ mandeur der 34. Div., in Genehmigung seines Abschiedsgesuches mit

der gesetzlichen Pension zur Disp. gestellt.

Beamte der Militärverwaltung. Durch Allerhöchste Bestallungen. 18. April. Dr. Keber, Geheimer Kriegsrat, vortragender Rat im Kriegsministerium, zum Militärintend, Brünig, Intend. Rat von der Intend. des Gardekorps, zum Geheimen Kriegsrat und vortragenden Rat im Kriegsministerium, Gruber, Intend. Assessor, Vorstand der Intend. der 31. Div., zum Militärintend. Rat, ernannt.

Durch Allerhöchste Patente. 18. April. Liedtke, Peters, Fleischer, Schmidt, Grützmacher, v. Natzmer, Pritsch, Geheime erxpedierende Sekretäre und Kalkulatoren im Kriegsministerium, Schultz, Nitter, Buchhalter bei der Gen. Militärkasse, Becker, Topograph bei der Landesaufnahme, Ih⸗ mann, Proviantamtsdirektor in Potsdam, Ermisch, Be⸗ kleidungsamtsrendant in Spandau, Reiner, Lazarettoberinsp. in Trier, Kramer, Böhnert, Krehmke, Reinhold, Drews, Festungsoberbauwarte der Fortifikationen Neubreisach beziehungsweise Küstrin, Spandau, Thorn und Neisse, der Charakter als Rechnungsrat, Ihlefeldt, Polzien, Geheime Registratoren im Kriegsministerium, Kohrt, Deprient, Registra⸗ toren beim Großen Generalstabe, Dietrich, Registrator, Schneid⸗ ratus, Kartograph bei der Landesaufnahme, der Charakter als Kanzleirat, verliehen.

Durch Allerhöchste Abschiede. 5. April. Brundke, Intend. Sekretär von der Intend. des XVII. Armeekorps, bei seinem Ausscheiden aus dem Dienst mit Pension der Charakter als Rechnungs⸗ rat verliehen.

18. April. Völker, Oberzahlmstr. vom 7. Thüring. Inf. Regt. Nr. 96, bei seinem Ausscheiden aus dem Dienst mit Pension der Charakter als Rechnungsrat verliehen.

Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 23. März. Schütt, Oberveterinär vom 2. Unterelsäss. Feldart. Regt. Nr. 67, als Assist. zur Militärlehrschmiede in Breslau, Stahn, Oberveterinär vom 1. Großherzogl. Mecklenburg. Drag. Regt. Nr. 17, zum 2. Unterelsäss. Feldart. Regt. Nr. 67, versetzt. Wilde, Stabsveterinär vom Drag. Regt. von Arnim (2. Brandenburg.) Nr. 12, unter Rücktritt von dem Kommando zur Tierärztlichen Hochschule in Berlin, zum kombinierten Jägerregt. zu Pferde kommandiert. Christiani, Stabsveterinär vom 2. Großherzogl. Hess. Drag. Regt. (Leibdrag. Regt.) Nr. 24, Jacob, Stabsveterinär vom 2. Hannoverschen Drag. Regiment Nr. 16, gegenseitig versetzt, ersterer unter Kommandierung zur Tierärztlichen Hochschule in Berlin. Schmidt, Oberveterinär vom Gardetrainbat., zum 2. Hannov. Drag. Regt. Nr. 16, Dr. Hock, Oberveterinär vom 2. Pomm. Ulan. Regt. Nr. 9, zum Gardetrainbat., dieser unter Rücktritt von dem Kommando zur Tierärztlichen Hochschule in Berlin, versetzt. Heimann, Unterveterinär vom Hus. Regt. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn (Schleswig⸗Holstein.) Nr. 16, unter Versetzung zum Drag. Regt. König Friedrich III. (2. Schles.) Nr. 8, zum Ober⸗ veterinär ernannt.

5. April. Stier, Zillger, Festungsbauwarte der Fortifikation Straßburg i. E. bezw. Kulm, zu Festungsoberbauwarten ernannt.

9. April. Domning, Militäranwärter, zum Kalkulator bei der Naturalkontrolle des Kriegsministeriums ernannt.

14. April. Lauterbach, Proviantamtskontrolleur auf Probe in Bonn, zum Proviantamtskontrolleur ernannt. Kraska, Garn. Bauschreiber auf Probe in Allenstein, endgültig angestellt. Lohoff,

DOberveterinär der Landw. 1. Aufgebots (Mülheim a. d. Ruhr), der

Abschied bewilligt.

15. April. Gentzen, Oberveterinär vom Oldenburg. Drag. Regt. Nr. 19, auf seinen Antrag zum 1. Mai 1904 mit Pension in den Ruhestand versetzt.

16. April. Krause, Proviantamtskontrolleur auf Probe in Halberstadt, zum Proviantamtskontrolleur ernannt.

19. Avril. Hirche, Oberzahlmstr. vom 3. Bat. Inf. Regts. Markgraf Karl (7. Brandenburg) Nr. 60, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.

8 20. April. Hoffmann, Proviantamtsdirektor auf Probe in Darmstadt, zum Proviantamtsdirektor, Ludz, Proviantmeister auf

Probe in Spandau, zum Proviantmeister, ernannt. Corell,

Proviantamtsrendant in Schwedt a. O., als Proviantmeister auf

Probe nach Torgau, Wahl, Proviantamtskontrolleur in Schwerin, als Proviantamtsrendant nach Schwedt a. O, Karst, Proviantamts⸗

kontrolleur in Stendal, nach Karlsruhe, Marks, Lüben, Proviant⸗ amtsassistenten in Thorn bezw. bei der Armeekonservenfabrik in

Spandau, als Proviantamtskontrolleure auf Probe nach Schwerin bezw. Stendal, Kuhnke, Proviantamtsassist. in Cöln, nach Spandau

(Armeekonservenfabrik), zum 1. Juni 1904 versetzt.

23. April. Dr. Keber, Geheimer Kriegsrat, Militärintend., die Militärintendantenstelle des XVII. Armeekorps übertragen.

25. April. Berendt, Oberlt. der Res., bisher Oberlt. im 2. Oberrhein. Inf. Regt. Nr. 99, Sauer, Oberlt. der Res., bisher Oberlt. im 1. Lothring. Inf. Regt. Nr. 130, unter Ueberweisung zu den Korpsintendanturen des XV. bezw. X. Armeekorps, zu etats⸗ mäßigen Militärintend. Assessoren ernannt.

27. April. Weniger, Krause, Witt, Eckhardt, Noll, Zwingmann, Wiegand, Pankow, Thiede, Zahlmstr. Aspi⸗ ranten, zu Zahlmeistern beim Gardekorps bezw. XVI., III., XVIII., XVI., IV., XIV., XVI. und II. Armeekorps ernannt.

Ostasiatische Besatzungsbrigade.

Allerhöchste Kabinettsordre vom 5. April 19 04. Buchinger, bisher Unteroff. der Res. aus dem Landw. Bezirk Worms, mit der Zahnarztstelle unter Ernennung zum Zahnarzt beliehen.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

8 Preußen. Berlin, 5. Mai.

Seine Majestät der Kaiser und König haben Sich gestern abend um 6 Uhr von der Wartburg nach Schlitz be⸗ geben, wo die Ankunft um 9 Uhr Abends erfolgte.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrat, Großherzoglich

mecklenburg⸗schwerinsche Landgerichtspräsident Dr. Langfeld

ist von Berlin abgereist.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin sind gestern abend von der Wartburg nach Heinrichau in Schlesien abgereist.

Deutsche Kolonien.

Der Kaiserliche Gouverneur von Deutsch⸗Südwestafrika, Oberst Leutwein meldet, wie „W. T. B.“ berichtet, folgende neue Kriegsgliederung:

1) Die Abteilung Estorff steht marschbereit in Otjosasu mit 4 berittenen Kompagnien, 2 Batterien C 96, 4 Maschinen⸗ gewehren und der Bastardabteilung, zusammen 706 Mann. 2) Die Hauptabteilung steht an der Eisenbahn ge⸗ staffelt verwendbar, sobald die noch im Anmarsch befindlichen ostpreußischen Pferde zur Verfügung stehen, mit 6 berittenen Kompagnien, 3 Batterien C 796 und der Abteilung von Hendrik Witboi, zusammen 964 Mann. 3) Die Nord⸗ abteilung steht in einigen Tagen marschbereit in Karibib mit 1 Kompagnie, 2 Geschützen C 96 und 2 Maschinengewehren, zusammen 176 Mann. 3) Die Ostabteilung liegt in Quarantäne in Otjihaenena

mit 3 Kompagnien, 4 eexeheen und 4 Feldgeschützen,

zusammen 209 Mann. Kranke sind nirgends einbegriffen. Der Feind geht anscheinend nordwärts zurück. Estorff hat Befehl, zu folgen und womöglich die östliche Flanke des Gegners abzugewinnen. Die Nordabteilung geht über Owaltjo mit Proviant nach Grootfontein.

Im Anschluß an vorstehende Mitteilungen berichtet der Gouverneur Leutwein weiter: Die Hauptmacht des Feindes geht anscheinend nach Otjiamangombe, nordwestlich von Katjapia, zurück. Estorff folgt mit marschbereiten berittenen Truppen am 4. Mai über Okatumba seiner vorausgeschickten Eingeborenenkavallerie. Bei Katjapia waren die Kapitäne Samuel, Assa, Kajata, Tetjo, Mambo versammelt. Nach Aussage von Ueberläufern war der Verlust der Hereros bei Onganjira groß. Die Werft des Kirchenältesten Paul ist fast völlig aufgerieben. Ein Kavisaeri⸗Sohn ist gefallen. Bei Oviumbo sind wieder viel Hereros gefallen, darunter ein Bruder des Großmanns Paul. Samuel selbst ist ver⸗ wundet. Die Hereros binden Nachts die Bastarde und Hottentotten an. Samuel soll angeblich nach dem Ovambo⸗ land marschieren wollen.

Oesterreich⸗Ungarn.

Der Ministerpräsident von Körber als Leiter des Justiz⸗ ministeriums hat, wie „W. T. B.“ meldet, um den Anregungen des Präsidenten des Reichsgerichts von Unger, betreffend die Revision des Allgemeinen bürgerlichen Gesetz⸗ buchs entgegenzukommen, eine Kommission einberufen, der die Aufgabe gesetzt ist, die erste Grundlage für die Revision des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs auszuarbeiten. Der erste Vorentwurf einer Revision soll von wissenschaftlich tätigen juristischen Fachmännern verfaßt werden. Aufgabe einer zweiten Kommission werde es hauptsächlich sein, zu be⸗ gutachten, wie weit die vom wirtschaftlichen Standpunkt für notwendig befundenen Aenderungen des Allgemeinen bürger⸗ lichen Gesetzbuchs den Anforderungen des Verkehrs entsprächen. In die mit der Verfassung des Vorentwurfs betraute Kommission berief der Ministerpräsident den Reichsgerichts⸗ präsidenten von Unger, den zweiten Präsidenten des Reichsgerichts Steinbach, den Ritter von Madeyski, den Sektionschef im Justizministerium Klein, die Hofräte und Universitätsprofessoren Bauda⸗Prag und Freiherr von Schey⸗Wien. Zum Vorsitzenden der Kommission ist der Reichsgerichtspräsident von Unger berufen worden. Die Kommission wird mit ihren Arbeiten alsbald beginnen.

Die Mitglieder des Streikkomitees der ungarischen Eisenbahnbeamten sind gestern aus der Untersuchungshaft ent⸗ lassen worden.

Großbritannien und Irland.

Das Unterhaus nahm gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, eine Resolution auf Einsetzung einer Kommission an, die untersuchen solle, welche von den Anforderungen, die gegenwärtig an in englischen Häfen verkehrende englische Schiffe gestellt werden, auf ausländische Fah zeuge erstreckt werden sollen, die in englischen Häfen verkehren.

Italien.

Der „Osservatore Romano“ erklärt zu den über die Haltung des Päpstlichen Stuhles während des Besuches des Präsidenten Loubet veröffentlichten Meldungen: Die Haltung sei derartig gewesen, wie sie der Natur der Tatsache entsprochen habe, die der Päpstliche Stuhl als eine sehr schwere Be⸗ leidigung seiner Würde und seiner Rechte betrachtet habe. Daher habe der päpstliche Stuhl an die französische Regierung einen förmlichen Protest gegen die ihm zugefügte Beleidigung ge⸗ richtet und gleichzeitig in ähnlichen Ausdrücken durch Ver⸗ mittelung seiner Vertreter im Auslande den obigen Protest den Regierungen aller Staaten mitgeteilt, mit denen er sich in unmittelbaren Beziehungen befinde.

Spanien.

Der König ist gestern nachmittag, wie „W. T. B.“ er⸗ fährt, in Cadix eingetroffen und von der Bevölkerung lebhaft begrüßt worden.

In Alburquerque, Provinz Badajoz, kam es infolge von Streitigkeiten über lokale Angelegenheiten zu Ruhe⸗ störungen. Eine auf 9000 Köpfe geschätzte Volksmenge durchzog die Straßen und richtete an einigen Gebäuden Schaden an. Der Präfekt ist mit einer Abteilung Gendarmerie

nach Alburquerque abgegangen. t. .““

Türkei. Aus Konstantinopel meldet das Wiener „DTelegr.⸗ Korrespondenz⸗Bureau“, die Legisten der Pforte, die Staatsräte Schukri Bey, Hakhi Bey und Ahmed Bey seien am 2. d. M. zur Untersuchung des Vorfalles in Smyrna dorthin abgereist. Die Griechen wollten sich an der Unter⸗ suchung nicht beteiligen, indem sie sich auf die Angaben ihres Konsuls beriefen. Die griechische Gesandtschaft habe die Forderung nach Genugtuung bei der Pforte wiederholt

und ihre Regierung um Instruktionen ersucht. Die von der Türkei bisher gemachten Vorschläge hinsichtlich der Genug⸗ futng seien von griechischer Seite als ungenügend abgelehnt worden.

Türkischen Blättern zufolge erhielten die europäischen Wilajetbehörden den Befehl, die Rückkehr der bulgarischen E“ und deren Wiedereinsetzung in ihren

esitz möglichst zu erleichtern.

Der Finanzminister ist durch ein Irade beauftragt worden, mit der Banque Ottomane ein Arrangement bezüglich des Nebresbudacs für die Zahlungen für die mazedonische Gendarmerie in Höhe von 250 000 Pfund zu treffen. Das Irade wurde bisher nur mündlich den Botschaftern der Ententemächte mitgeteilt, die eine schriftliche Mitteilung ver⸗ langen. 8 Rumänien. 8

Der Senat hat gestern, dem „W. T. B.“ zufolge, den Kredit von 28 Millionen zum Ankauf von Geschützen an

genommen. Amerika.

Der Dampfer „Empreß of China“ ist heute, wie „W. T. B.“ meldet, mit einer Ladung Mehl, das für Japan nach Nokohama gebracht werden soll, und 500 Kisten Fleisch⸗ konserven für Rußland, die nach Schanghai bestimmt sind, von Victoria in Britisch⸗Columbien in See gegangen.

Einem Telegramm aus Panama zufolge hat die ameri⸗ kanische Kanalkommission, wie das „Reuterschen Bureau“ berichtet, formell Besitz von der Kanalstrecke und dem Eigentum der Panamakompagnie ergriffen.

Aus Rio de Janeiro meldet die „Agence Havas“, es bestätige sich, daß ein Mobilisierungsbefehl an die brasilianischen Truppen ergangen sei. Die Vorbereitungen bei dem Heer und der Flotte würden eifrig betrieben. Peru habe auf die Note Brasiliens, die die Räumung der durch die Peruaner besetzten Gebiete von Alto⸗Purus und Alto⸗ Juru fordere, noch nicht geantwortet.

Afien. X“. 111““ Ein Telegramm des Oberbefehlshabers der mandschurischen Armee, Generals Kuropatkin vom gestrigen Tage lautet, dem „W. T. B.“ zufolge: Der General Kaschtalinski meldet: Ich halte es für meine S über die näheren Umstände des schweren, aber ruhmreichen ampfes zu berichten, den die Truppen unter meiner Führung gegen die ausgezeichneten Kräfte der Japaner am 1. Mai bei Tiurentschen führten. Bereits am Morgen des 30. April begannen die Japaner meinen linken Flügel zu bedrängen, der am Abend vorher die Höhen von Hussan besetzt hatte. Daber gab ich den Bataillonen des 22. Regiments, die Hussan besetzt hielten, den Befehl, durch Aiho sich auf eine Stellung in Potetynza zurückzuziehen. An demselben Tage begann vom Morgen an eine ungewöhnlich heftige, anhaltende Beschießung der ganzen Stellung bei Tiurentschen von Widschu aus. Es war vorauszusehen, daß die Japaner nach dieser Beschießung, nachdem bereits über 2000 Schuß abgegeben waren einen Angriff in der Nacht zum 1. Mai unternehmen würden. Ich erhielt vom General Sassulitsch den Befehl, zum Kampf vorzu⸗ gehen. Zwei Bataillone des 22. Regiments und drei Batterien der 6. Brigade verteidigten, indem sie auf ihrem früheren Platze auf dem linken Flügen meiner Stellung blieben, die Furten bei Potetynza. p vor und schoben auf die Furten über Aiho nicht weniger als ein Division Infanterie vor, die in Kolonnen unter sehr beträchtliche Verlusten die Furten überschritt und die russische Stellung angriff Letztere wurde auf dem Flügel von Widschu aus durch 36 Feldgeschütz und eine Batterie Belagerungsgeschütze beschossen. Das 12. Re giment nahm eine rückwärts gelegene Stellung unter Fcbuße von zwei Batterien der 6. Brigade und Maschinengewehrkompagnie ein, nachdem sie den Angriff de Japaner durch heftiges Feuer aufgehalten hatten. Um 1 Uhr Nach mittags hatten die Japaner sich der Stellung des 11. Regiments so weit genähert, daß die 3. Batterie nicht auf den Weg gelange konnte, der durch Kreuzfeuer beschossen wurde. Die Batterie blieb nachdem sie nahe vor den Japanern eine Stellung eingenommen hatte, auf dieser bis zum Schlusse des Kampfes, wobei sie de Kommandeur, Oberstleutnant Murawski, verlor. Der Kommandeu der Maschinengewehrkompagnie nahm, da er die schwierige Lage de Batterie des Oberstleutnants Murawski sah, aus eigener Initiative eine Stellung ein und verlor die Hälfte seiner Leut und alle Pferde. Dann machte er den Versuch, die Maschinen gewehre durch Mannschaften über die Berge hinwegzubringen. Di Maschinengewehre gaben gegen 35 000 Schuß ab. Teile des 12. Regi ments schlugen sich durch und retteten die Fahne. Die 2. Batterie der 6. Brigade versuchte, auf anderem Wege zur Reserve zu gelangen, konnte aber mit der Hälfte der Pferde nicht auf die Berge hinauf⸗ rücken und unterstützte, nachdem sie wieder ihre Stellung ein genommen, den Angriff des 11. Regiments. Um die Mittagszeit erfuhr ich, daß die Japaner ein Bataillon des 22. Regiments, das bei Ischingou stand, zurückgeworfen hätten und meine linken Flügel umgingen. Gegen 1 Uhr Nachmittags näherte sich meinem linken Flügel drei Bataillone des 11. Regi ments und die Batterie des Oberstleutnants Murawski, die General Sassulitsch aus der Reserve vorgeschickt worden waren, dem Befehl, bis zum Abzug des 9. und 10. Regiments aus Schachedz ich zu halten. Ich wies das 11. Regiment an, eine beherrschende ückenstellung mit einer Verteidigung nach zwei Fronten ein⸗ zunehmen, beauftragte die Batterie Murawski, sich zur Reserv zurückzubegeben und befahl dem 12. Regiment, der 3. Batterie und der Maschinengewehrabteilung, unter dem Schutze des 11. Re⸗ giments zurückzugehen. Die Truppenteile der Nachhut führte der Chef meines Stabes nach der für sie bestimmten Stellung Das 11. Regiment hielt sich auf seiner Stellung noch zwei Stunden und schlug sich, mit dem Bajonett kämpfend, unter bedeutenden Ver lusten mit der Fahne über den Höhenzug durch. Hierbei kam de Kommandeur des 11. Regiments, Oberst Leiming um. Unsere Ver luste betragen gegen 2000 Mann und etwa 10 Offiziere. Die Di vision zog sich in voller Ordnung nach Fönghwantschöng zurück. Di moralische Haltung der Mannschaften der 3. Division ist ungeschwächt. Mehr als 700 Verwundete marschierten mit den Regimentern zu sammen nach Fönghwantschöng. Aus Port Arthur von gestern abend meldet die „Russi⸗ sche Telegraphen⸗Agentur“: der Feind kreuzt am Horizont ein neuer Ueberfall ist möglich. Wie festgestellt ist, waren bei dem letzten Sperrungsversuche 12 Sperrschiffe in Aktion. Die Stelle, an der acht von ihnen untergingen ist genau bestimmt, dagegen die des Untergangs von zwei anderen noch nicht. Zwei Sperrschiffe hielten dem mörderischen Feuer nicht stand und machten kehrt. Nach den eingezogenen Snchchnes waren es Schiffe von über 2000 Tonnen. Die Namen der Schiffe sind „Sibata“, „Ko⸗ kura“, „Asagao“, „Mikawa“, „Totomi“, „Fudasan“, „Jeddo“, „Nagato“, „Otaru“, „Sagami“, „Aikoku“ und „Sakura“, das letztgenannte war 3000 Tons groß.

b

8

ie Japaner rückten um 5 Uhr Morgens zum Angriff

Reichstags und des

standen

Genehmigung

111“

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die auses der

8

gestrigen Sitzungen des bgeordneten befinden

sc in der Ersten, Zweiten und Dritten Beilage.

In der heutigen (84.) Sitzung des Reichstags zunächst Berichte der Geschäftsordnungs⸗ kommission auf der Tagesordnung.

Abg. Gröber (Zentr.) berichtet über einige Gesuche um Genehmigun des Reichstags zur Fortsetzung des ein⸗ geleiteten trafverfahrens gegen den Abg. Fusangel wegen verleumderischer Beleidigung, sowie zur Ein⸗

eitung und Durchführung eines Privatklageverfahrens gegen den Abg. Hilpert (wirtsch. Vgg.), wegen Beleidigung, und zur Einleitung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Dr. Pichler (Zentr.) wegen Beleidigung des bayerischen Kriegsministers Freiherrn

von Asch

Die Kommission empfiehlt einstimmig, die nachgesuchte in allen drei Fällen nicht zu er⸗ teilen. Das Haus beschließt demgemäß.

Bezüglich der in den Geschäfts⸗ und Redaktionsräumen er dem Abg. Jessen (b. k. F.) gehörigen Zeitung „Flensborg Avis“ stattgehabten Haussuchung beantragt dieselbe Kom⸗ mission durch ihren Referenten Abg. Gröber:

„den Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstag die Akten mit⸗ zuteilen, welche wegen des in der Zeitung „Flensborg Avis“ vom 20. November 1903 veröffentlichten Artikels „Tysk skandale paa Graasten“ 1) bei der Königlichen Staatsanwaltschaft Flensburg gegen den Redakteur Christiansen und gegen Unbekannt; 2) bei dem Amtsgericht Flensburg gegen den Redakteur Christiansen und gegen den Reichstagsabgeordneten Jessen bezw. gegen Unbe⸗ kannt; 3) bei dem Königlichen Landgericht Flensburg Pgen den Redakteur Christiansen aus Flensburg erwachsen sind. enn erst nach Einsicht dieser Akten werde der Reichstag in der Lage sein, sich über die Rechtsauffassung des Flensburger Staatsanwalts ein Urteil zu bilden.“

Abg. Dr. Stockmann (Rp.): Ich bin mit dem Antrage der

Kommission völlig einverstanden. Ich ergreife das Wort nur wegen

der Berichterstattung, die über die Vorgänge in der Kommission an

eine große Reihe von Zeitungen gelangt ist, eine Berichterstattung, die in der Provinz Schleswig⸗Holstein schwere Beunruhigung hervor⸗ gerufen hat, weil man annimmt, daß die Kommission über die Vor⸗ gänge einseitig von dänischer Seite unterrichtet sei. In den Be⸗ richten steht ein Satz, ein dänischer Landmann sei, als er sein

Mißfallen über eine Demonstration aussprach, von Mitgliedern es sogenannten „Deutschen Vereins“ tätlich beleidigt worden, und

dieser Vorgang ist als Skandal bezeichnet worden. Diese Darstellung

entspricht nicht den Tatsachen. Es handelt sich um Vorgänge in einer Wählerversammlung in Gravenstein, wo es zu einer Rauferei zwischen den beiden Parteien kam, nachdem der Abg. Hansen gesiegt hatte. Der betreffende dänische Landmann hat den Anlaß zu dem

Auftritt gegeben. Das Organ des Herrn Jessen hat auch das

Schleswig⸗Holstein⸗Lied in ganz unqualifizierbarer Weise glossiert.

Der sogenannte „Deutsche Verein“ kann als solcher nur von einem

Dänen bezeichnet werden.

Der Kommissionsantrag gelangt darauf zur Annahme. Es folgen Rechnungssachen. In bezug auf den ericht der Reichsschuldenkommission vom 3. März

1904 beantragt die Rechnungskommission durch ihren

Reeeferenten Abg. Hug (Zentr.):

anzuerkennen, daß die Reichsschuldenkommission durch Ueberreichung des Berichts den ihr gesetzlich obliegenden Verpflichtungen Genüge getan habe, und der Reichsschuldenverwaltung und der Verwaltung des Reichsinvalidenfonds Decharge zu erteilen.

Das Haus beschließt nach diesem Antrage und entlastet auch den Rechnungsleger der Rechnungen der Kasse der Oberrechnungskammer für das Rechnungsjahr 1901 bezüglich desjenigen Teiles, welcher die Reichsverwaltung

etrifft.

Ueber die Uebersicht der Reichs⸗Einnahmen und Ausgaben für 1901 hat der Abg. Schwarze⸗Lippstadt

(Zentr.) namens der Rechnungskommission schriftlichen Bericht erstattet.

Die nachgewiesenen Etatsüberschreitungen 64 840 000 nd die außeret atsmäßigen Ausgaben 2 704 000 werden orläufig, die außerordentlichen Einnahmen aus der Ver⸗ ußerung von Grundstücken, Materialien oder Geräten nach⸗ räglich genehmigt.

In zweiter Beratung der Allgemeinen Rechnungen

werden nach dem Antrage des Referenten Abg. Schickert

(d. kons.) die Anträge der Rechnungskommission auf Ge⸗

nehmigung der Etatsüberschreitungen und außeretatsmäßigen Ausgaben und auch Entlastung des Reichskanzlers an⸗ enommen.

Gemeinsam werden in zweiter Lesung die Uebersichten er Einnahmen und Ausgaben der Schutzgebiete für

1900 und 1901 auf Grund der Anträge der Rechnungs⸗ kommission beraten. Ueber eine Reihe von Ausgaben soll der Reichskanzler ersucht werden, alsbald erschöpfende Auskunft zu geben. Außerdem ist folgende Resolution vorgeschlagen: den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, darauf hinzuwirken, daß die Kolonialverwaltung sic mehr als bisher innerhalb der Grenzen der ihr durch den Reichshaushaltsetat zur Verwendung gestellten Mittel halte.

Ohne Diskussion tritt nträgen bei.

(Schluß des Blattes.)

das Haus den Kommissions⸗

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (67.) Sitzung, welcher der Finanzminister Freiherr von Rhein⸗ baben und der Minister der öffentlichen Arbeiten von Budde beiwohnten, die erste Beratung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die Herstellung und den Ausbau von Wasser⸗ straßen, fort.

g. Engelbrecht (freikons.): Die Hauptfrage bei den Kanälen st deren Wirtschaftlichkeit. Nur in ver Fällen sind die Kanäle heute technisch möglich und wirtschaftlich deß zweckmäßig. Man wird sich meistens darauf beschränken müssen, die Flüsse zu analisieren und große Flüsse untereinander zu verbinden, wie

es in der Denkschrift von 1882 geplant war. Damals war eabsichtigt, den Dortmund⸗Emskanal mit der Unterweser und der Unterelbe zu verbinden und Emden zu dem größten Seehafen des ontinents zu machen. Die kürzeste Verbindung zwischen Ems, Weser nd Elbe wäre ein Kanal von Dörpen über Oldenburg nach Stade. ie Gesamtkosten würden sich nur auf 40 Millionen belaufen. Das Terrain ist dazu ebenso geeignet wie in Holland. Außerdem zürde eine solche Verbindung der getrennten Weflerstrase vsteme licht die nachteiligen Folgen des Mittellandkanals haben. Wenn durch inen Küstenkanal die Endpunkte unserer Flußschiffahrt mit einander erbunden würden, so würde eine solche Verbindung eine große Bedeutung für unsern Export wie für den Import haben. Heute gehen große Mengen von Waren von der

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Ostsee über den Kaiser⸗Wilhelm⸗Kanal nach dem Ruhrgebiet. Diesen Verkehr könnten wir auf deutschen Gewässern festhalten durch einen Kanal von der Ems nach der Unterelbe, durch den zugleich die Verbindung mit Hamburg und den Ostseehäfen hergestellt würde. Ich möchte heute hier nur diese beiden großen Gesichtspunkte in den Vor⸗ dergrund rücken: 1) den Bau einer Wasserstraße vom Ruhrgebiet nach den großen deutschen Nordseehäfen und 2) die Verbindung der bisher getrennten Wasserstraßensysteme der Ems, Weser und Elbe. Die Kommission wird zu prüfen haben, ob nicht die frühere Regierungs⸗ vorlage, die diesen großen Gesichtspunkten gerecht wurde, eine Brücke zur Verständigung bilden kann.

Abg. Meyer⸗Diepholz (nl.) geht unter großer Unruhe des Hauses auf das Projekt des Schiffahrtskanals vom Dortmund⸗Ems⸗ kanal nach Hannover ein und bespricht ausführlich die in der Vorlage alternativ in Aussicht genommene Kanalisierung der Weser von Minden bis Hameln und Herstellung von Staubecken.

Abg. von Bodelschwingh (kons.): Ich bitte um Entschuldi⸗ gung, daß ich in dieser Sache auch das Wort ergreife. Sie werden mir sagen: Schuster bleib bei Deinem Leisten! Das will ich auch gern tun, und wenn ich es nicht tue, bitte (zum Präsidenten), wollen Sie mir es dann sagen. Wollen Sie mir auch sagen, wenn ich etwas wilde Wasserbäche in die Debatte gieße. Mein Freund Pappenheim hat mir einmal gesagt, ich könnte Sie „Du“ nennen. In meiner Heimat nennen sie sich alle „Du“. Wenn ich auch zu den Ministern „Du“ sage, so meine ich damit immer das Ministerium, und wenn ich etwas Böses sage, so sind Sie es nicht (zum Minister von Budde), sondern das Ministerium. Ich hätte eigentlich erwartet, daß in einer solchen Sache die Debatte einen höheren Flug nähme. Ich will die Schuld auf keinen einzelnen schieben, aber ich habe von Euch Rednern nicht viel ver⸗ standen. Die Männer des Zentrums haben ja einen ganz gewaltigen Redner vorgeschickt. Wenn ich so predigen könnte! Es war so klar, so tüchtig, so gründlich; aber, lieber Herr Kollege (zum Abg. Dr. am Zehnhoff), ich wußte, als Sie zu Ende waren, doch nicht ganz genau, wohin Sie wollten. Da wurde nicht nur von Emden und Rotterdam, von Ost und West, von Landwirtschaft und Industrie gesprochen, sondern auch die einzelnen Provinzen wurden gegen⸗ einander abgewogen, und ich meine, bei so viel Rücksichtnahme kann schließlich niemand mehr etwas Gutes tun. Der Redner zitiert einen längeren lateinischen Spruch, ohne sogleich verständlich zu werden. Auf Zwischenrufe bemerkt er: Ich will es Euch noch einmal sagen. Auf Deutsch heißt das: Unsere alten Germanen freuten sich, wenn sie etwas geschenkt kriegten, und freuten sich auch, wenn andern etwas geschenkt wird, und sie rechneten es niemandem nach. Der Redner der freisinnigen Volkspartei war erst aus dem Kanalschiff ausgestiegen und wollte auch nicht wieder einsteigen, und dann ist er doch eingestiegen. Nun weiß ich wirklich nicht, wo er jetzt ist. Was der Redner der Kon⸗ servativen gesagt hat, hat mir im ganzen gut gefallen; aber ganz bin ich mit Dir doch nicht einverstanden. Ich will aufrichtig be⸗ kennen, ich bin mit ganzer Freudigkeit für die Kanalvorlage; gerade die Kanäle können uns viele großen Dienste leisten, auch zur Heilung der sozialen Schäden. Der Minister hatte gestern recht: unsere wirtschaftlichen Verhältnisse müssen auf recht feste Basis gestellt werden, damit unser schönes Vaterland gesunden kann. Aber ich muß auch zwei Bedingungen stellen, oder Be⸗ dingungen ist nicht richtig gesagt ich will zwei sehr dringende Wuͤnsche äußern. Man kann hier in diesem“ Raume leider sehr schlecht etwas hören; aber ich habe keinen Laut bisher

davon gehört, daß man dafür sorgt, wo die Arbeiter bleiben, unsere

armen Kanalarbeiter, die den Kanal in Kälte und Hitze, im Sommer und Winter bauen müssen. Unsere Arbeiter sind alle Menschen, und für sie muß etwas getan werden. Das richtet sich gegen Sie (sich nach links wendend, wo in der Regel der Minister von Budde sitzt). Ach so, er ist nicht hier. (Zurufe. Der Redner sieht, aufmerksam ge⸗ macht, den Minister rechts stehen und wendet sich an ihn.) Ich meine Dich ja nicht, ich meine das Ministerium. Ich darf doch Du sagen? Dann möchte ich Dir sagen oder dem Staatsministerium und auch Dir, Abgeordnetenhaus: Diese Unternehmer treiben viel Schinderei mit den armen Arbeitern. Da möchte ich lieber alle Kanäle zum Pfeffer wünschen. Ich bitte den Minister, sich einmal die Aktenstücke uͤber den Eisenbahnbau (der Redner nennt eine bestimmte Linie, die jedoch nicht zu verstehen ist; da der Redner, nach rechts gewendet, zum Minister spricht, wird ihm zugerufen: Gerade aus!) Wie? (Rufe: Geradeaus sprechen!) Ach so, ich will artig sein. Ich habe ausgerechnet, daß die Arbeiter bei diesem Bau kaum einen Kubikmeter Lusft in ihrem Schlafraum hatten, und habe den Beamten auch ein Privatissimum darüber gehalten, das auch sehr herzlich aufgenommen worden ist. Aber nun auch etwas Gutes. Beim Nord⸗Ostsee⸗Kanal hat der Staat die Verpflegung der Arbeiter selbst in die Hand genommen, und wir be⸗ antragten, daß kein Schnaps verschenkt würde. Da kam aber aus Berlin der Bescheid: Ohne Schnaps kann man keine Kanäle bauen. Mein seliger Vater hat die Kämpfe von 1813—15 mitgewacht und hat mir gesagt, er sei nie schlapp geworden, aber alle, die Schnaps getrunken hatten, seien schlapp geworden. Ich habe 300 bis 400 Arbeiter⸗ häufer in meinen Kolonien. Wir lassen keinen Schnaps trinken, niemand bekommt Schnaps, und wer Schnaps trinkt, wird entlassen. Wir wollen noch mehr seben als 400 Millionen für Kanäle, aber wir müssen auch an die Menschen dabei denken, und wir wollen auch die Katholiken dazu einladen. Wir wollen die Barmherzigkeit nicht allein machen. Sie (zum Zentrum) haben ja Trapisten, Franzis⸗ kaner usw., lauter treffliche Leute. (Zwischenruf im Zentrum.) Wollen Sie uns keine geben? Der Schnaps ist ein fürchter⸗ licher Feind. Ich wünschte, daß die Minister uns einmal die Kon⸗ trakte mit den Unternehmern vorlegten. Folgen Sie auch einmal mir altem Manne. Die Arbeiter können nicht stramm arbeiten, wenn sie keine ordentliche Verpflegung haben, und dann soll man dafür sorgen, daß die Unternehmer nicht bloß die kräftigen Arbeiter an⸗ nehmen. Besser, als wenn wir 100 000 Leute auf der Landstraße laufen lassen, ist es, daß man auch mit den schwachen Leuten arbeitet. Der Unternehmer bekommt seinen Kubikmeter doch bezahlt, gleich⸗ viel ob er mit starken oder schwachen Menschen arbeiten läßt. Und dann muß man auch aufpassen, daß die Leute auch sparen. Wenn die Leute nicht Schnaps trinken, können sie in 15 Jahren 100 Millionen sparen. Es gibt bheute schon Leute, die die Hälfte ihres Vermögens nach Hause schicken. Das sollte verallgemeinert werden. Unter dem Schutze des Kaisers Friedrich und später unseres Kaisers haben wir uns bemüht, den kleinen Mann seßhaft zu machen. Landwirtschaft und Industrie sollten in dieser Beziehung gute Freunde sein und die Fabrikarbeiter auf dem Lande angestedelt werden. Die Kanäle sind auch deshalb ein großes Werk, weil an ihnen die Arbeiter angesiedelt werden können. An den Kanälen ist es ja so wunderschön. Das geht auch aus der trefflichen Denkschrift hervor. Ich mache der Regierung mein Kompliment. Da steht ja der Mann (auf den Geheimrat Sympher zeigend), der sie ausgearbeitet hat. Es ist klar, daß die Kanäle überall die Bevölkerung an sich ziehen. Ich habe schon vor einer ganzen Reihe von Jahren mit dem edelsten Oberpräsidenten Preußens einen Kanal befahren und schon damals ähnliche Erfahrungen gemacht. Was uns fehlt, ist eine Druckmaschine, die die Ansiedelungen be⸗ fördert. Ich kann nicht sagen, wie schͤn es am Dortmund⸗ Ems. Kanal ist und wie sehr mich die schönen Augen des Dortmund⸗Ems⸗Kanals erfreuen, wenn ich daran vorbeifahre. Das Rentengutsgesetz müßte erweitert werden. Schon bei einem halben Morgen sollte so ein armer Kerl Rentengutsbesitzer werden können. Gerade bei den Kanälen könnte ein solches Gesetz eine ganz außerordentliche Rolle spielen. Auf einem einzigen Quadratkilometer kann man schon 1700 Leute mit einem halben Morgen Land und am Dortmund⸗Ems⸗ Kanal 2 Millionen seßhaft machen. Nun, meine lieben Herren, ich richte mich sowohl an die Fabrikherren als auch an die Herren von der Landwirtschaft. Es müßte bestimmt werden, daß keine Fabrik⸗ anlage konzessioniert werden dürfte, deren Besitzer nicht die Frage be⸗ antworten kann: Wo läßt du deine Arbeiter? Es gibt da eine Menge von Aktiengesellschaften, die nicht gut

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getan haben, die sich nicht um

sind auch nicht alles Germanen. Von diesem Punkte häng

nach meiner Ueberzeugung zum großen Teil die Zukunft des deutschern

Volkes ab. Die Sozialdemokraten hassen gerade unsern Verein

weil wir die Arbeiter seßhaft machen. Bismarck hat seinerzei

einen großen Fehler gemacht, indem er das allgemeine Wahl

recht gab, ehe die kleinen Leute angesiedelt waren. Die Dampf

maschine hat auf den Mittelstand gedrückt, sie hat die armen Leut

an die Maschine gekettet. Dafür muß nun Ersatz ge

schaffen werden. Und Ihr, liebe Herren von der Landwirtschaft

Ihr müßt nun auch etwas tun. Aber auch die S 1 verwaltung müßte mit gutem Beispiel vorangehen. Sie, mein lieber Herr Minister von Rheinbaben, könnten das Geld nirgends so sicher anlegen wie für den kleinen Mann dadurch, daß Sie ihm ein An⸗ wesen schaffen, auf dem er mit seiner Familie seinen Garten bestellt

Man sollte doch in der Landwirtschaft mit der törichten Rederei auf

hören: wir wollen uns keine Laus in den Pelz setzen. Der kleine Tage

löhner, der seinen eigenen Garten, sein eigenes Stückchen Land und seine

Kuh usw. hat, ist keine Laus im Pelz. Also ich möchte bitten, das Haus möge zur rechten Stunde von dem Staatsministerium bestimmt

Garantien fordern, daß beim Bau der Kanäle dem Unwesen des Alkohols nach Möglichkeit ein Ende gemacht wird, es möge beim Staatsministerium beantragen, durch den Reichskanzler im Reichstage eine Novelle zum Gewerbegesetz einzubringen, nach der neuen Fabrik

die Konzession versagt werden darf, falls sie nicht jeden

selbständigen Familienvater die Möglichkeit geben, sich au

eigener Scholle mit einem halben Morgen anzusiedeln

und es möge eine Revision des Ansiedelungs⸗ und Koloniegesetzs für Landarbeiter und Fabrikarbeiter fordern

Ich bitte Sie alle von Herzen, recht einmütig für den Kanal zu stimmen. Sie von der konservativen Partei auch. J weiß, wie viele Familien gerettet werden könnten, wie S und Kirche grünen und blühen könnten, wenn mein akzeptiert würden. Geschieht dies, dann wird auch

Arbeitern an den Kanälen seinen Segen nicht versagen.

(Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkswirtschaft. 8

in den Rechnungsjahren 1899 bis 1902 i ngsweise versteigerten land, und forstwirtsch lichen Grundstücke nach Größenklassen.

In Nr. 105 des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ sind die Gesamt zahlen und die Gesamtflächen der im preußischen Staat und i den einzelnen Provinzen seit 1886 bezw. 1893, insbesondere der in de Rechnungsjahren 1899 bis 1902 zwangsweise veräußerten, hauptsächlich zur Land⸗ oder Forstwirtschaft dienenden Grundstücke, deren Besitze Land⸗ oder Forstwirtschaft im Hauptberufe betrieben, mitgeteil worden. Unterscheidet man die mindestens 2 ha großen Grund stücke dieser Art nach Größenklassen, so wurde nach der vom Regi rungsrat Dr. Kühnert in der „Zeitschrift des Königlich preußischen Statistischen Bureaus“ (Jahrgang 1904) veröffentlichten Statistik de Zwangsversteigerung land⸗ und forstwirtschaftlicher Grundstücke in preußischen Staat die folgende Anzahl und Fläche solcher Grund⸗ stücke zmangsweise veräußert:

in der Größenklasse von

im 2-5 5.20 20.50 50 100 100 200 200 u. meh Jahre he ha ha ha ha

1887 1415

1888 1538

1889

1890

1891 356 5 190 1892 S 287 1893 8 219 1894 38 210 1895 232 1896 348 48 204 1897 355* 2 222 1898 320 206 1899 262 4 171 1900 8 - 179 1901 302 8 163 1902 36 132

Umfang in Hektaren

1 e Oo g. Io= IE Sh2. S 508 8 FSð

C100 0Q)b190 00 5 bSU S9o=DSbS⸗ 2

16 762

17 550

1891

1892

1893 1693 6736 6636 212 6676 1894 123 29 6538 5020 7078 1895 1458 5592 7186 636 7216 1896 G 4948 590 3835 1897 1153 5480 688 b 6922 1898 1036 4810 62 5269 4766 1899 4116 53 24 4582 16 868 1900 4844 5632 31 4999 19 628 1991 1021 4632 52 6105 20 453 1902 887 3809 3505 6607 16 656.

Wie die Gesamtzahl der in Preußen zwangsweise versteigerten land⸗ und forstwirtschaftlichen Grundstücke von mindestens 2 ha Umfang nach den Mitteilungen in Nr. 105 d. Bl. während der Berichtszeit weiter beträchtlich abgenommen hat, sodaß die Jahre 1899 bis 1902 die günstigsten seit dem Beginn der Erhebung (1886) waren, und auch hinsichtlich des Gesamtumfangs der ver⸗ steigerten ländlichen Besitzungen von 2 und mehr Hektaren, wenn man von dem seit 1886 die geringste Versteigerungsfläche aufweisenden Jahre 1898 absieht, die Berichtszeit hinter den Vorjahren zurücksteht, so zeigt sich auch in den einzelnen Größenklassen bei hänfigen Schwan⸗ kungen doch durchweg ein unverkennbares, mehr oder weniger bedeutendes Sinken der Versteigerungszahl und „fläche. Vor allem gilt dies von der Gruppe der Besitzungen von 200 ha und dazüber, deren von der Zwangsversteigerung betroffener Flächenumfang feit 1897 anhaltend um etwa die Hälfte geringer als im Durchschnitt der vorausgegangenen sechs Jahre war. Im letzten Berichtsjahre haben alle Größenklassen mit Ausnahme der don 100 bis 200 ha eine wesantliche Verminderung 8 der Zwangsversteigerungen erfahren. Bei den 100 bis 200 ha großen Besitzungen allein haben seit 1900 die Verstrigerungsfälle wie die versteigerte Fläche ununterbrochen zugenom men, sodaß hier im Gegen⸗ satz zu den übrigen Gruppen eine starke Annäherung an die früheren höheren Ziffern erfolgt ist. 1n.

Infolge des seit dem Jahre 1897 anhaltenden Tiefstandes der Zwangsversteigerungen von 200 und mehr Hektar großzen Grund⸗ stücken hat sich auch der Anteil der einzelnen Besitzgrupper an der versteigerten Gesamtfläche erheblich verschoben und zwar so, daß er bei allen Gru gpen von unter 200 ha ein schließlich; der zwangsweise veräuße ten ländlichen G undstücke von weniger als 2 ha mit Land⸗ oder F orstwirtschaft als Hauptberuf des Besitzers mehr oder weniger sin die Höhe gegangen ist. Ins⸗