unsere Bestände älterer Literatur können die meisten wissen⸗ schaftlichen Werke gar nicht geschrieben werden. Es handelt sich aber nicht darum, das wir mit Vergnügen die Sachen herausgeben und zur Verfügung stellen, zunächst natürlich den Autoren, was aber indirekt dem Verleger zugute kommt. Das versteht sich von selbst, dazu sind wir da, das betrachten wir als unsere Pflicht und Lebensaufgabe. Wir gehen aber sehr weit darüber hinaus. Wenn sich nur annähernd ein Bild davon geben ließe, was wir für Anfragen zu beant⸗ worten haben, wenn die Leute sich an uns wenden, um über ihre speziellsten Aufgaben das Nähere, — seien es einzelne Tatsachen, sei es die ganze Literatur, zu erhalten — ich könnte da wahre Wunderdinge erzählen. Das tun wir alles ohne jede Weigerung, ohne jede Erschwerung; wir geben auf jedes Auskunft, wir scheuen weder Arbeit noch Mühe. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, wie mir scheint, für die Verleger. Ich will gar nicht davon sprechen, daß jetzt, wo die Ilustrations⸗ werke in einer für uns erschreckenden Weise zunehmen, bei Vervielfältigung von Abbildungen oder dergleichen, was in älteren Werken vorhanden ist, an uns die Frage gerichtet wird: was gibt es darüber? was raten Sie uns allenfalls zu publizieren? Es vergeht bei uns keine Woche, wo nicht zwei, drei derartige Gesuche kommen. Wir müssen unsere Beamten hinausschicken in die Vervielfältigungsanstalten, wo sie manchmal ganze Tage zubringen. Wer die Beschränktheit unserer Arbeits⸗ kräfte kennt — an den Universitätsbibliotheken ist das no in weit höherem Maße der Fall — weiß, was wir damtt leisten. Das sind positive Leistungen dem Verlage der auch gar nicht zaghaft ist, in dieser Beziehung an uns zu appellieren.
Sowohl dem Verlage wie den Sortimentern gegenüber sind es sehr bedeutende Vorteile, die wir ihnen bieten, und wo wir wirkliche Arbeit leisten, und es scheint mir gerecht⸗ fertigt, daß eine gewisse Gegenleistung da wohl am Platze ist. Die Herren haben ja erfreulicherweise gelegentlich in ihren Aeußerungen erwähnt, daß sie geneigt sind, den Bibliotheken ein gewisses Entgegenkommen zu gewähren. Es ist mir auch
privatim gesagt worden, daß in einer Buchhändlerversammlung
man sich in diesem Sinne schlüssig gemacht habe. Aber wir halten es doch für wertvoll, das auch hier festzustellen, die wesentlichen Gründe in aller Kürze — die Herren sehen hoffentlich, daß ich mich der äußersten Kürze befleißige —, daß es guten Grund hat, wenn wir die demnächst zusammen⸗ tretende Kommission dringend ersuchen, es bei dem alther⸗ gebrachten Verhältnisse zu belassen, uns also einen Rabatt von 10 % sowohl für Bücher als Zeitschriften zu gewähren wie früher. Es kommt das ja ganz direkt auch den absetzenden Herren wieder zu gute; denn würden wir um die Rabatt⸗ summe verkürzt, so müßten wir natürlich soviel weniger Bücher ankaufen. Das würde aber auch weitergehen. Wir würden
dann für andere Anschaffungsbedingungen sorgen müssen. Wir haben im allgemeinen und namentlich hier den Grundsatz, jedes Buch neu zu kaufen, sowie es erscheint, weil wir einen
so kolossalen Zuspruch haben, daß wir die Bücher womöglich sofort zur Verfügung stellen. f
Aufgabe und das tun wir, so lange wir können. Können wir es nicht mehr, so müßten wir darauf verzichten, so müßten wir, wie das kleinere Bibliotheken ja vielfach tun, die antiquarischen Exemplare abwarten, die ja manchmal sehr bald zu haben sind. Dem Verleger, dem Sortimenter würde dan diese Sache entgehen. Gerät man aber einmal schiefe Ebene, so würde man darauf ohne weiter fortschreiten, es würde mit der Zeit eine sehr wesentliche Einbuße des deutschen Buchhandels herbeiführen.
Das sind lauter, wie mir scheint, rein praktische Gesichts⸗
punkte. Ich verzichte auf alle weitere wissenschaftliche usw. Beleuchtung und wiederhole also meine Bitte an die zu⸗
sammentretende Kommission, diese Gesichtspunkte gütigst im
Auge zu behalten. (Bravo!) Buchhändler Prager⸗Berlin: Meine Herren! „Der buchhändlerische Ladenpreis ist eine Taxe, ein Preismaxrimum.
Seine Entstehung hängt zusammen mit den Verlagsprivilegien
gegen den Nachdruck.“ „Im Buchhandel scheint die Entstehung des Ladenpreises mit dem Changegeschäft zusammenzuhängen.“ „Der Ordinärpreis scheint allgemein so reichlich bemessen ge⸗ wesen zu sein, daß die Buchhändler es in ihrem Interesse fanden, in ihren wirklichen Preisforderungen unter demselben zu bleiben, und so entstand der Kundenrabatt.“
Meine Herren, was ich eben verlesen habe, ist dem Buche des Herrn Geheimrat Dr. Bücher entnommen. Ich bin ja nun nicht der Ansicht, daß der Kundenrabatt so entstanden ist, und ich bin einfach deswegen nicht dieser Ansicht, weil der dem Kunden gewährte Rabatt 25 bis 30 % betragen hat. Der Kundenrabatt entstand beim Uebergang des Tauschverkehrs zum Nettoverkehr gerade zu einer Zeit, als die Verleger den dem Sortimenter gewährten Rabatt auf 16 ⅜ und 20 % herabsetzten. Und trotz dieser Herabsetzung des dem Sorti⸗ menter gewährten Rabatts ein Kundenrabatt von 10, 15, 20 und mehr vom Hundert! Wie war dies möglich? Dies ist nur so zu erklären, daß die großen Lager, die eine Folge des Changegeschäftes waren, wohl oder übel geräumt werden mußten; um sie zu räumen, erfolgten die Anerbietungen uner⸗ hörter Rabatte. Ich führe das auch nur an — es ist näm⸗ lich ganz gleichgültig, woher der Kundenrabatt kommt, wir wollen ja hier keine wissenschaftlichen Forschungen machen, es ist auch gleichgültig, wie lange er besteht, ich führe das nur an, weil von denjenigen, die den Rabatt fordern, auch wohl von Herrn Geheimrat Bücher, das Alter dieses Kundenrabatts mit herangezogen, ich will nicht sagen bloß, aber mit herangezogen worden ist, um den Rabatt als etwas Ge⸗ gebenes, als etwas Historisches, als etwas Selbstverständliches hinzustellen. Es heißt, eine solche alte Institution müsse wohl auf Vernunft beruhen, sie sei deshalb notwendig und könne nicht entbehrt werden. Meine Herren, ich bestreite das voll⸗
Herr Geheimrat Bücher hat sich ja ursprünglich in Auflage seines Buches nur mit dem wissenschaft⸗ lichen Buchhandel beschäftigen wollen, wenn er auch Streifereien
8*
gegenüber,
Das halten wir für unsere
auf diese Zweifel immer
1 28 auf andere Gebiete gemacht hat. In der zweiten Auflage hat er sich nicht mehr darauf beschränkt. Dieser wissenschaftliche Buchhandel ist hierdurch als der eigentliche, als der Buchhandel betrachtet worden, neben dem nichts anderes vor⸗ handen ist. Das ist ganz falsch. Ein ganz großes Gebiet des Buchhandels ist niemals von dem Rabatt verseucht worden: die Literatur, die das Volk bekommt, — schon deshalb, weil es sich da meistens um kleinere Beträge handelt. Aber auch sonst ist nicht bloß in kleineren Städten, nein, ist auch in Berlin vieles stets ohne Rabatt verkauft worden und wird auch heute noch ohne Rabatt verkauft. Da fällt ein ganz großes, vielleicht das größte Gebiet des Streites schon von vorn herein fort, und es fällt also auch das fort, was Herr Geheimrat Bücher sagt, daß der Buchhandel durch die Auf⸗ hebung des Rabatts die deutsche Kultur gefährde und dem Aermsten der Armen das geistige Brot verteuere. Diesem geistig Armen ist das geistige Brot eben stets ohne Rabatt serviert worden, und er hat sich ohne diese Zukost ganz gut dabei befunden. Also das fällt fort.
Was nun aber den Rabatt an wissenschaftlichen Werken betrifft, so ist auch er ja noch gar nicht so alt, denn Sie müssen immer bedenken, daß ein eigentlicher Schleuderrabatt sich erst seit dem Jahre 1872, erst nach Einführung der Ge⸗ werbefreiheit und nachdem namentlich eine Firma sich der Sache angenommen hat, in Berlin entstanden ist und sich von da aus auch über die Provinzen verbreitet hat. In Leipzig ist allerdings, wie ich sehr gut weiß, schon früher ein erheblicher Rabatt gegeben worden, er hat aber lange nicht diesen Schaden angerichtet, weil die Leute sich gesagt haben: der Leipziger Buch⸗ händler hat ja keine Frachten zu zahlen, keine Kommissionsspesen, er arbeitet viel billiger, er kann also diesen Rabatt gewähren. Wenn nun die Studenten, die den Rabatt in Leipzig kennen gelernt hatten, zu ihren heimischen Penaten zurückgekehrt waren, machten sie meistens derartige Ansprüche an ihren Buch⸗ händler nicht. Von Berlin aus, das muß ich ja zu meinem Schmerze sagen, hat sich der Rabatt erst in dieser Weise verbreitet und ist zu dem Krebsschaden geworden, den wir so sehr beklagen und der nunmehr zu der Reaktion geführt hat, die in der gänzlichen Abschaffung des Rabatts ihren Ausdruck ge⸗ funden hat.
Meine Herren, nun frage ich Sie: ist denn die Sache wirklich so fürchterlich wichtig? Es stoßen nämlich da ver⸗ schiedene Anschauungen miteinander zusammen. Die eine sagt: der Rabatt ist ja eigentlich eine Kleinigkeit. Für den Konsumenten ist er in der Tat eine Kleinigkeit. Wenn Sie annehmen, daß der Durchschnittsbedarf eines Deutschen im Jahre höchstens 100 ℳ beträgt und wenn Sie davon das abziehen, was überhaupt nicht rabattiert wird, so ist das für den einzelnen Käufer eine ganz geringe Summe. Der Herr Vorsitzende hat Ihnen schon gestern ausgeführt, wie sich dies für die Bibliotheken, nämlich ein Herabgehen von 10 % auf 5 % Rabatt, stellt: ich habe hier eine Aufstellung des Herrn Dr. Petermann über die von ihm geleitete Bibliothek der Gehestiftung, die ein ähnliches Ergebnis aufweist. Der Etat der Bibliothek beträgt 10000 ℳ inklusive der Auslandbezüge, der Antiquaria usw. Es sind für ca. 7000 ℳ von Dresdener Buchhändlern ge⸗ liefert worden. Davon sind 5205 ℳ rabattfähig, und es betrug der Rabatt durchgehends 5 %, 260,20 ℳ, also auf den ganzen Etat von 10000 ℳ 260 ℳ Es stimmt das un⸗ gefähr auch mit den Berechnungen, die ich einmal gelegentlich mit Herrn Professor Schulz gemacht habe, überein. Bei seinem Etat von ca. 30000 ℳ stellte sich ein 5 % Rabatt etwa auf 6 bis 800 ℳ, dies wäre die Summe, die ihm entgehen würde, wenn er in seiner Rabattforderung auf 5 % zurückgehen würde. Ich sprach gestern mit einem andern Herrn, der 40000 ℳ zu verwenden hat. Da kamen wir auf 800 — 900 ℳ durch⸗ schnittlich bei Gewährung von 5 % bezw. bei einem Rückgehen auf 5 % Rabatt. Es wurden, glaube ich, 12000 ℳ als die Summe angegeben, die nötig wäre, die Ausfälle zu decken, wenn die Preußischen Bibliotheken mit einem Rabatt von 5 % zufrieden sein würden. Also, meine Herren, für den Privat⸗ mann macht die Rabattherabsetzung gar nichts aus, für die Bibliotheken auch nicht allzuviel. Ich will aber vollständig zugeben, es geht da wie mit dem Börsenblatt: die Herren nehmen es als eine persönliche Kränkung hin, daß sie als größere Konsumenten, als Konsumenten, die namentlich auch, wie ich das schon mehrfach ausgeführt habe, in Berlin zur Zeit der schlimmsten Rabattschleuderei in dankenswertester Weise den Berliner Buchhandel gestützt haben, nicht das gewünschte Entgegenkommen finden. Gewiß halte ich es für eine Forderung der Gerechtigkeit, den Bibliotheken soweit entgegenzukommen, wie es möglich ist, besonders da, wo es sich um größere Aufträge handelt. Aber ich glaube nicht, daß die Höhe des Rabatts die größte Rolle spielt; ich glaube, daß die Bibliotheken hauptsächlich gegen die Differentialrabatte sind. Sie können sich gar nicht vorstellen, daß es in der Ordnung sei und auch ich kann es nicht in der Ordnung finden, daß in einzelnen Städten ein geringerer Rabatt an eine Bibliothef gewährt wird, die viel größere Bezüge macht, als anderwärts an eine kleine Bibliothek. Ich glaube, darauf muß sich haupt⸗ sächlich die Reform richten, und der Börsenverein ist auch bereit zu Maßnahmen in dieser Richtung.
Die Bibliotheken verlangen meiner Ansicht nach mit vollem Recht besser gestellt zu werden, als die einzelnen Konsumenten. Herr Geheimrat Wilmanns hat das ja in der lichtvollsten Weise dargestellt und ich will ihn nicht wieder⸗ holen. Wenn aber die Berechtigung des Verlangens der Bibliotheken zuzugeben ist, so möchte ich doch — gegenüber den von verschiedenen Seiten immer wieder betonten 10 % Rabatt — die Herren, die Bibliotheken vorstehen, bitten, nicht direkt von vornherein auf den 10 % bestehen zu wollen. Die Höhe des Rabatts ist ja eine offene Frage, die die Kommission zu erwägen haben wird. Aber warum denn 10 % meine Herren? (Heiterkeit). Man könnte ja ebensogut 5 sagen. (Zuruf: Weils gewesen ist!) Ja, weils gewesen ist, meine Herren, das beweist ja nicht, daß es gut ist, noch weniger, daß etwas gegenwärtig gut ist; im Gegenteil, wir wollen ja zu etwas Besserem
kommen, und das Bessere ist jedenfalls ein niedrigerer Rabatt. (Heiterkeit.) Ich will hier überhaupt gar keine bestimmten Vorschläge machen, ich meine bloß, daß es wünschenswert wäre, keine derartig gebundene Marschroute der Kommission zu geben; es ließe sich vielleicht auf einer mittleren Linie eine Einigung treffen.
Der Hauptgrund, weshalb der Rabatt abgeschafft werden soll, resp. abgeschafft worden ist, liegt doch wo anders. Er liegt doch darin, daß der Buchhandel in der Tat den Rabatt nicht gewähren kann, daß ein Rabatt von 10 % ein ruinöser ist. Ich habe früher den 10 % igen Rabatt auch verteidigt, namentlich in den größeren Städten; ich habe mich aber durch Berechnungen überzeugt, daß in der Tat der Rabatt von 10 % die Grenze übersteigt, die eine verständige Geschäftsführung ziehen muß. Ich habe in meiner Gegenschrift gegen die Denkschrift eine Berechnung gemacht, und verschiedene Be⸗ sprechungen haben gerade das Verdienst dieser Schrift darin gefunden, daß sie klare Berechnungen gegeben hat, was eigentlich das Sortiment verdient, und, meine Herren, ich möchte dabei darauf aufmerksam machen: es wird immer zusammengeworfen Sortiment und Sortiment. Herr Geheimrat Bücher hat ja mit großer Vorliebe die kleinen Sortimente, die eigentlich gar keine Existenzberechtigung haben, wenigstens als Einzelgeschäft ohne Nebenzweige, seinen Berechnungen zu Grunde gelegt. Er hat sich jetzt vielleicht überzeugt, daß dies nicht sachgemäß war. Meine Herren, bei der Erwähnung dieser kleinen Sortimente komme ich gleich auf das, was Herr Dr. Giesecke mir vor⸗ geworfen hat. Das hat mir ja, wenn ich nicht irre, auch Herr Geheimrat Bücher vorgeworfen. Ich stehe nun noch heute vollständig auf dem gleichen Standpunkt, auf dem ich früher gestanden habe. Ich will gar nicht diejenigen stützen, die nach Staatshilfe schreien; (Bravon) ich will nicht diejenigen stützen, die nicht selbst existieren können. Ich will aber den Sortimentern die Möglichkeit zu existieren geben, auch ohne Nebengeschäfte, ohne Antiquariat. Ein Sortiment mit einem Umsatz von 100000 ℳ ist, das werden Sie mir alle zugeben, ein Sortiment, das man schon ein größeres nennen kann, in kleineren Städten ist es sogar schon ein großes. Also das ist ein lebensfähiges Geschäft, das Sie nicht einen Zwergbetrieb nennen können. Wenn in einem solchen Betrieb bei 10 % Rabatt für den Inhaber ein Betrag von ca. 4000 ℳ bleibt, so werden Sie mir alle zugeben, daß das kein gesunder Zu⸗ stand ist. Das ist ein absolut ungesunder Zustand, und diese ungesunden Zustände zu beseitigen, haben die wissenschaftlich Arbeitenden mindestens ebenso viel Interesse wie der Buchhandel, und ich glaube auch, bei dem guten Verhältnis, das bisher zwischen wissenschaftlich Arbeitenden und denen, die diese wissenschaftliche Arbeit verbreiten, bisher bestanden hat, werden die Herren gewiß nicht der Meinung sein, daß sie diese Ver⸗ pflichtung nicht hätten. Es ist auf den Boykott hingewiesen worden, und einer der Herren hat gesagt: die Leute sollen ja verpflichtet werden, nur so und so zu verkaufen, aber der Einzelne muß sich selbst schützen, und gestraft dürfen die Uebertreter nicht werden. Meine Herren, wenn man den Zweck will, muß man auch die Mittel wollen. Wenn wir also einmal wollen, daß der Preis festgestellt wird, und daß dieser Preis auch gehalten werden soll, so muß auch irgend eine Macht dahinter stehen, die imstande ist, dem Uebertreter Nachteile zuzufügen, wenn er die gegebenen Verpflichtungen nicht einhält. Meine Herren, mit dem Strafgesetzbuch allein würden wir doch nicht weit kommen, wenn nicht dahinter der Staatsanwalt stände, und so ist es hier auch.
Ich komme jetzt zu einem sehr wunden Punkt, nämlich zur Schleuderei nach dem Ausland. Ich muß Ihnen ge⸗ stehen, daß ich persönlich sehr bei dieser unerhörten Schleuderei interessiert bin. Ich habe behauptet und behaupte es auch heute noch, daß die Aufhebung der Schleuderei im Inland die Schleuderei nach dem Ausland zur Folge gehabt hat. Herr Geheimrat Bücher hat das bestritten, wenn ich nicht irre. Meine Herren, ich appelliere an die Herren, die Antiquare sind. Sie werden sich erinnern, daß in Leipzig früher ein paar Antiquare existierten. Plötzlich war ein Dutzend da. Dies Dutzend Antiquare war früher Sortimenter gewesen. Sie hatten ganz besonders nach der Provinz ihre Bücher mit hohem Rabatt verkauft. Als sie dies nun plötzlich nicht mehr konnten, waren diese Großbetriebe gezwungen, sich dadurch zu helfen, daß sie das Antiquariat in großem Umfange poussierten, das sie früher entweder gar nicht oder nur in geringem Maß⸗ stabe geführt hatten. Diesen großen Antiquariaten genügte aber der einfache Antiquariatsbetrieb noch nicht: um ihren großen Betrieb in gleicher Weise fortführen zu können, mußten sie nach dem Auslande verkaufen und, um sich diese Kuͤndschaft heranzuziehen, sich gegenseitig und die früheren Lieferanten unterbieten, und es ist in der Tat ein nicht sehr schöner Zustand, daß der Rabatt nach dem Auslande nach und nach auf 20 und sogar 25 % gestiegen ist, obgleich die Meinungen darüber geteilt sind, ob Verkauf zu billigeren Preisen nach dem Auslande eine wirtschaftliche Berechtigung hat. Ich habe z. B. hier aus dem Buche meines verehrten Herrn Nachbars Dr. Liefmann: Schutzzoll und Kartelle, eine Aeußerung über „die billigeren Auslandspreise, in denen eine Verschleuderung nationaler Güter liege.“ „Rundweg wären die billigeren Aus⸗ landspreise,“ sagt Herr Dr. Liefmann, „unter zwei Be⸗ dingungen abzulehnen, erstens, wenn die ins Ausland ge⸗ brachte Produktion zu den dort erzielten Preisen auch im Inland abgesetzt werden könnte, zweitens, wenn auch bei Verkauf der Gesamtproduktion im Inland zu den billigen Aus⸗ landspreisen der Bestand der Industrie in ihrem bisherigen Umfange gesichert wäre. Treffen diese beiden Prämissen nicht zu, und das ist wohl zumeist der Fall, dann seien die niedrigen Auslandspreise gerechtfertigt“ Also, meine Herren, die Wissenschaft ist in dieser Beziehung auch noch nicht einig, ob derartige Auslandspreise sozusagen gerechtfertigt sind oder nicht, und in der Lage, das Ausland nicht entbehren zu können, ist der deutsche Verleger sehr. Wir brauchen diesen ausländischen Absatz, und wenn auch teilweise eine Schädigung der Konkurrenten durch diesen billigen Auslandsverkauf
geschieht, eine Schädigung der deutschen Konsumenten werden Sie nicht behaupten können. Die deutschen Bibliotheken, die 5 oder 10 % bekommen, die deutschen Abnehmer, die 5 % oder gar keinen Rabatt bekommen, würden die Bücher nicht um einen Pfennig billiger erhalten, wenn der Verkehr nach dem Auslande nicht wäre. Also ich weiß eigentlich nicht, warum
die Herren sich dadurch so fürchterlich beschwert fühlen. Wir, die wir konkurrieren, fühlen uns in der Tat beschwert, inso⸗
fern wir gezwungen werden, zu billigeren Preisen zu liefern; aber keineswegs werden die deutschen Konsumenten in irgend einer Weise benachteiligt. Die Produktion geht nach außen, ind wir brauchen dieses Ventil sehr. Von Jurisprudenz und Volkswirtschaft geht z. Z. ein großer Teil unserer Produktion nach dem Auslande. Wie es übrigens gemacht wird, daß ein so hoher Rabatt gegeben werden kann, habe ich in meiner Gegenschrift ausgeführt.
Herr Dr. Giesecke hat sich wieder auf die große Zahl der Sortimenter berufen und hat behauptet, daß nur 20 % von den à condition gegebenen Sachen abgesetzt würden. (Zuruf: 10 oder 8 %!) — So? Ich glaube, derartige Berechnungen sind sehr schwierig zu machen. (Sehr richtig!) Es wird dies bei den verschiedenen Verlegern verschieden sein, wie däs auch bei den Sortimentern verschieden ist. Aber ein Sortiment, das nur etwa 8 oder 10 % dessen absetzt, was es à condition bezieht, ja, meine Herren, das müßte meiner Ansicht nach nach einigen Jahren zusammenbrechen. (Zuruf: Es ist aber im Durchschnitt so bei der gesamten Berechnung!) — Na, ich kann das eigentlich kaum begreifen; denn dann kosten die Spesen für die 10 % der verkauften Bücher 100 %, also unter den Berliner Verhältnissen würde jedes Kilo 72 Pfg. reine Frachtspesen kosten. (Sehr richtig!) — Das wäre ja entsetzlich! Einschließlich der Kosten für Zurücksendung würde da jedes Kilo über 100 Pfg. kosten.
Meine Herren, Herr Dr. Giesecke hat ja darauf hinge⸗ wiesen, und mit vollem Recht, daß das Heil in dem Spezial⸗ geschäft liegt. Aber, meine Herren, alle können ja doch nicht Spezialgeschäfte haben. Ich bin ja selbst Spezialist, also ich kann den Gedanken sehr begrüßen; aber wie wollen Sie denn in kleineren Städten oder in Städten von 100 — 150 000 Einwohnern die Sache machen. Da lassen sich nicht alle Geschäfte als Spezialgeschäfte einrichten. Was soll in einer größeren Stadt, die keine Universität hat, wo nur ein paar Richter und ein paar Anwälte sind, ein Spezialgeschäft für Jurisprudenz? Sie werden vielleicht sagen: diese können der⸗ artige Werke aus der nächsten größeren Stadt beziehen. Aber warum soll denn der Käufer das seinem Ortsbuchhändler ent⸗ ziehen? Also, meine Herren, da stößt Theorie und Praxis sehr hart zusammen.
Wenn Herr Dr. Giesecke sich ferner auf die Notwendigkeit der Versendung von Prospekten beruft, um zu beweisen, daß der Sortimentsbuchhandel nicht genügend leiste, so möchte ich den Herrn einmal darauf hinweisen, daß diese Sorge für den Vertrieb seitens der Fabrikanten auf anderen Gebieten in einem weit höheren Maße geübt wird als es der Buchhandel tut. Meine Herren, sehen Sie sich doch die Annoncenseiten der Zeitungen an, dann werden Sie finden, daß die großen Fabrikanten, die Stahlwerke ꝛc. ꝛc dort ihre Waren anzeigen, obwohl es ihnen niemals einfällt, direkt zu liefern. Sie liefern eben ihren Engrosabnehmern und unterstützen diese Abnehmer durch Inserate und direkte Versendung von Pro⸗ spekten. Oder glauben Sie, meine Herren, daß alle die Ge⸗ schäfte, die sich mit dem Adressenverkauf befassen, alle oder großenteils vom Buchhandel leben? Sie leben vielmehr von den Großhändlern, von den Fabrikanten, die die Adressen benutzen, um ihre Erzeugnisse bei den Privatkunden bekannt zu machen. Also das ist gar keine Sache, die etwa nur im Buchhandel geübt wird.
Herr Dr. Giesecke hat sich nun auf Herrn Professor Dr. Krüger berufen. Herr Professor Dr. Krüger hat gestern mit viel Temperament, bloß Temperament will ich nicht sagen, (Heiterkeit) seine Ansicht verteidigt — ich glaube ihn richtig verstanden zu haben —, daß die wissenschaftlich Lernenden die Bücher billiger haben sollen. Ja, meine Herren, wer sind denn die Käufer der wissenschaftlichen Bücher? Das sind immer die wissenschaftlich Arbeitenden, die Lehrenden und die
Lernenden. Die Praktiker kaufen keine Bücher. Der prak⸗ tische Arzt, der Bücher kauft, ist eine Ausnahme, ebenso wie
der praktische Jurist, der Bücher kauft, eine Ausnahme ist. Man muß beim Verkauf stets auf die wissenschaftlich Arbeitenden
rechnen, denn die wissenschaftlich Arbeitenden brauchen eben die Bücher, sie sind ihr tägliches Brot, ihr Handwerkzeug, und dann auf die wissenschaftlich Lernenden. Wenn diese also die
Bücher billiger bekommen sollen, wer soll sie denn dann zu
dem Normalpreise kaufen?
gaben.
s
Papiers nur wenig ermäßigt wird, nur nebenbei.
halb der Verlag eigentlich das Sortiment unterstütze.
Es wäre ja kein Mensch da, der das täte.
Ganz dieselbe Geschichte ist es mit den billigeren Aus⸗ Auch davon verspreche ich mir gar keinen Vorteil. Was nützt denn ein Buch auf schlechtem Papier, das nach ein paar Jahren zusammenfällt, während man doch eigentlich
8 wünschen müßte, daß das, was der Student während seiner
Ausbildungszeit kauft, die Grundlage für seine Bibliothek bildet?! Daß der Herstellungspreis bei Verwendung schlechteren
Herr Dr. Liefmann hat dann die Verleger gefragt, wes⸗ halb Es ist ihm ja schon darauf geantwortet worden, daß der Verlag das
Sortiment eben braucht.
Noch einen weiteren Irrtum des Herrn Dr. Liefmann
möchte ich berichtigen, nämlich den, daß die Sortimenter in
ganz verschieden.
den Orts⸗ und Kreisvereinen die Majorität hätten. Das ist Das richtet sich ganz nach den örtlichen Verhältnissen. Bei uns in der Berliner Vereinigung z. B. haben die Verleger die entschiedene Majorität; in anderen Städten ist es anders. Jedenfalls kann man das, was Herr Dr. Liefmann gesagt hat, nicht als Norm aufstellen.
Ebenso möchte ich Herrn Dr. Liefmann dahin aufklären,
daß auch die Verleger ihre Vereine haben; sie haben die Ver⸗
legervereine, und sie haben kammer gehabt, in denen ihre Interessen ganz genügend ge⸗ wahrt werden auch gegen die Sortimenter.
Eine ähnliche Forderung wie Herr Professor Krüger hat Herr Oberstudienrat Dr. Egelhaaf gestellt, daß Bücher, die etwa 36 ℳ oder mehr kosten, an Anstalten mit 60 % Rabatt geliefert werden möchten. Ja, meine Herren, wer soll denn die Bücher zum vollen Preise kaufen? Meine Herren, weshalb sind denn so hohe Preise gestellt? Doch nicht bloß zum Vergnügen der Buchhändler, sondern ganz einfach deswegen, weil eben bei billigerem Preise der Verleger nicht auf seine Kosten kommen würde! Wenn er das Buch den wirklichen Interessenten — und es handelt sich ja doch hier um die Interessenten — billiger gibt, an wen soll er es dann zum vollen Preise ver⸗ kaufen, etwa an seinen Schneider oder seinen Schuhmacher? Die werden ihm das Buch nicht abkaufen, sollte er auch selbst ein noch so ein guter Kunde von ihnen sein.
Ja, meine Herren, das wäre so einigermaßen das, was ich zur Sache zu sagen hätte. (Heiterkeit.)
Universitätsprofessor, Geh. Hofrat Dr. Bücher⸗Leipzig: Meine Herren! Herr Dr. Liefmann hat eine Anzahl sehr beachtenswerter Ausführungen gemacht, die meines Erachtens den Kern der Sache treffen. Er hat in diesen Ausführungen aber die Auffassung vertreten, daß bei der Rabattfrage, die uns jetzt beschäftigt, das Sortiment die treibende Kraft ge⸗ wesen sei. Meine Herren, das muß ich für die letzten Rabatt⸗ maßnahmen des Börsenvereins in Abrede stellen. Die treibende Kraft ist nicht das Sortiment in diesem Falle gewesen, sondern der erste Vorsteher des Börsenvereins, der in einer bemerkenswerten Rede, die er im Vereinsaus⸗ schuß am 5. September 1901 gehalten haks seinerseits diese Rabattfrage wieder aufgeworfen hat, nachdem sie lange geruht hatte. Er hat damals erklärt, daß der Vereinsausschuß, der sich seither mit allerlei anderen Dingen beschäftigt habe, nun seine Hauptaufmerksamkeit auf diese Frage zu richten habe, und er hat, um den Vereinsausschuß von der Nützlichkeit einer erneuten Aktion auf diesem Gebiete zu überzeugen, eine Be⸗ rechnung aufgestellt. Diese Berechnung halte ich in ihren Grundlagen für unrichtig. Sie geht aus von der Behauptung, daß ein mittelgroßes Sortiment, das einen Umschlag von 80 000 ℳ habe, Jahr für Jahr 4000 ℳ wegschenke, wenn der seitherige Rabatt von 5 % aufrecht erhalten werde; dabei übersieht sie vollkommen, daß ein großer Teil des Verkaufs, namentlich fast der ganze Handverkauf, durchgängig ohne Ra⸗ batt erfolgt ist, daß außer ihm viele Artikel namentlich auch von der Wissenschaft bezogen werden, die niemals rabattiert worden sind. Er hat dann außerdem in einer bekannten Be⸗ rechnung dargelegt, wie die Gesamtsumme, welche das Sortiment jährlich an dem Rabatt wegschenke, nicht weniger als sechs Millionen Mark betrage und gemeint, daß es wohl am Platze sei, diese 6 Millionen Mark dem Sortiment zu erhalten, sodaß sie künftig dazu dienten, die Lage des Sortiments zu verbessern. Herr Brockhaus würde jetzt viel⸗ leicht etwas darum geben, wenn diese 6 Millionen seinen Lippen nicht entschlüpft wären. (Sehr richtig!) Aber wir halten ihn bei dieser Summe fest, und wir betonen auf das allerentschiedenste, daß das Sortiment damals seinerseits die Notwendigkeit, den Rabatt weiter zu erniedrigen, verneint hat. Nun ist ja hier von Herrn Seippel aus Hamburg darüber gesprochen worden. Herr Seippel hat in der damaligen Sitzung erklärt, „daß die Verhältnisse im deutschen Buchhandel sehr wohl einen Nachlaß bis zu 5 % von den Ladenpreisen ermöglichen“. Ein anderer Vertreter des Sortiments, Herr Meinardus aus Coblenz, hat in der damaligen Sitzung ausgeführt: ie fortwährenden öffentlichen Anerbietungen seitens anderer kaufmännischer Branchen lassen das Rabattgelüste beim Publikum nicht einschlafen. Es ist das ein Zug der Zeit. Das Publikum will sein Opfer haben. Gewähren wir ihm dieses für uns erschwingliche Opfer von- 5 %; es wird sich damit zufrieden geben. Das Sortiment ist es also nicht gewesen, das die Maß⸗ nahmen des Börsenvereins in der Rabattfrage und damit die ganze große B
Die Dle “
Bewegung, der diese Versammlung ihr Dasein verdankt, hervorgerufen hat.
Sie mögen, meine Herren, nach dieser Konstatierung sich selber die Frage beantworten, inwiefern der Börsenverein dem wesentlichen Merkmal eines Kartells entspricht, auf die Preise einen Einfluß auszuüben. Ich weiß ja allerdings, daß formell die Delegiertenversammlung der Kreis⸗ und Ortsvereine in der Sache zu entscheiden gehabt hat und tatsächlich entschieden hat. Es ist aber gar keinem Zweifel unterworfen, daß die Initiative ausgegangen ist von dem Vorstand des Börsen⸗ vereins.
Auf die Einzelheiten dieser neuen Rabattfestsetzungen brauche ich nicht einzugehen. Sie sind allgemein bekannt. Sie sind auch in der Denkschrift des Herrn Dr. Voelcker wiederholt worden. Daß in manchen Fällen die Ausnahmen, welche zugelassen sind gegen die allgemeinen Bestimmungen, irrationell sind, brauche ich auch des weiteren nicht darzulegen. Es ist das in meinem Buche geschehen. Ich finde, es heißt denn doch dem Publikum, namentlich den Direktoren der Bibliotheken, zuviel zumuten, wenn man an demselben Orte der einen Bibliothek 5 % konzediert hat und der anderen 10 %, wie es z. B. in Frankfurt a. M. und an anderen Orten der Fall ist.
Ich will noch ganz kurz die Frage des Rabatts nach dem Auslande streifen. Meine Herren, ich glaube, es liegt doch diese Frage, die mein Herr Nachbar (Herr Prager) schon erörtert hat, etwas anders wie bei sonstigen Kartellen. Bei anderen Kartellen hat der höhere Auslandspreis wenigstens die eine tatsächliche Grundlage, daß es sich hier handelt um die Konkurrenz von gleichartigen Produkten. Wenn deutsche Schienenwerke nach dem Auslande, sagen wir nach Italien, billiger liefern, als sie in Deutschland verkaufen, so konkurrieren sie mit Belgien, mit England, mit anderen Staaten eben
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bis jetzt noch die Verleger⸗
mit derselben Ware, der Schiene. Das ist aber bei deutschen Büchern, die nach dem Auslande bezogen werden, in keiner Weise der Fall. Es handelt sich hier lediglich darum, einer Konkurrenz zu begegnen, die, wie es scheint, in einer rationelleren Organisation des fremden buchhändlerischen Kleinvertriebs ihren Grund hat, indem der ausländische Buchhändler eben von deutschen Büchern einen hohen Rabatt zu geben imstande ist, dem man mindestens gleichkommen muß, wenn man von Deutschland aus dieses Geschäft machen will.
Jedenfalls, meine Herren, dürfen Sie sich aber nicht damit trösten, daß Sie nun sagen: Ja, was schadet Ihnen der Rabatt nach dem Auslande? Er schadet ganz zweifellos insofern denn doch, als auch im Buchhandel dieser hohe Rabatt nach dem Auslande nur ermöglicht werden kann dadurch, daß man an dem vaterländischen Konsumenten einen höheren Gewinn macht, und damit ist schon ganz von selbst auch die Erklärung dafür gegeben, daß diese Tatsache am meisten alarmierend im Publikum gewirkt hat. Sie wird auch in dieser Weise fortwirken. Die Erklärung, die Herr Brockhaus gestern abgegeben hat, daß der Börsenverein darauf bedacht sein wolle, diesen höheren Rabatt nach dem Auslande abzu⸗ schaffen, hat — Herr Brockhaus möge mir das verzeihen — keinen höheren als dekorativen Wert. Meine Herren, Sie haben nicht die Mittel — das glaube ich ohne weiteres aus⸗ sprechen zu können —, um das zu betätigen, weil Sie nicht in der Lage sind, auf die fremden Sortimente so einzuwirken, wie Sie auf den deutschen Buchhandel einwirken können. Sie haben ja, wenn ich nicht sehr irre, den Versuch mit England gemacht. Der Versuch ist, wie ich berichtet bin, mißglückt, — zunächst wenigstens. Also jedenfalls werden wir uns auf diese Sache nicht verlassen. Wir werden mit der Tatsache zu rechnen haben, daß dieser höhere Rabatt nach dem Auslande fortgesetzt bestehen wird.
Aber, meine Herren, auch im Inlande besteht fort⸗ gesetzt ein höherer Rabatt, besteht ein Rabatt von 20 % und mehr, und zwar im Kleinvertrieb. Ich habe hier einen Katalog. Der Katalag enthält ca. 10000 Nummern Bücher, die vertrieben werden von einer Berliner Sortimentshandlung. Diese Bücher merden angeboten in „aufgeschnittenen Exremplaren“ und zwar zu 20 — 25 %. Die Firma betreibt einen großen Lesezirkel und versichert, daß sie die in diesem Katalog an⸗ geführten Werke liefert „in benutzten, aufgeschnittenen aber durchweg gut erhaltenen Exemplaren, die nach dem Einbinden als neu gelten können.“
Da wir von der Mehrzahl der Artikel bedeutende
W Vorräte besitzen, so werden wir auf längere Zeit
hinaus in der Lage sein, eingehende Aufträge voll
und umgehend auszuführen. Sie können auf diesen Katalog hin so ziemlich jeden Roman bekommen, können auch die ganze populär⸗ wissenschaftliche Literatur beziehen, Sie können auch einen Teil der streng wissenschaftlichen Literatur auf diesem Wege erhalten. So sind beispielsweise sämtliche Hauptwerke von Roscher und Schäffle hier verzeichnet; es ist hier ver⸗ zeichnet Helmholtz, Die Lehre von den Tonempfindungen, Ladenpreis 12 ℳ, „aufgeschnitten“ 9,50 ℳ; Dühring, Kursus der National⸗ und Sozialökonomie, dessen Ladenpreis 9 ℳ beträgt, wird für 7,25 ℳ geliefert. Ferner sind Lorenz und Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, die vielleicht für Herrn Oberstudienrat Dr. Egelhaaf ein Interesse haben, mit 15 bezw. 17 ℳ Laden⸗ preis und 12 bezw. 12,50 ℳ Verkaufspreis angesetzt usw
Sodann wird hier von Berlin aus bekanntlich in ziem lich großem Umfange die sogenannte Mietbücherei betrieben auch eine sehr interessante Geschäftsart, die in ihrer Ent stehung zusammenhängt mit den gegenwärtigen Zuständen im Buchhandel. Von einer dieser Mietbüchereien — ich will sie nennen: Struppe & Winkler — der Name tut ja nichts zu Sache, denn andere machen es ebenso ist vor kurzer Zei an die beteiligten Kollegen im weitesten Umfange folgende Zettel geschickt worden:
Unsere umfangreiche juristische Mietbücherei setzt un in den Stand, fast jedes juristische Buch in neueste
luflage antiquarisch, aber in sehr gut erhaltenern Eremplaren weit unter dem Ladenpreise zu ver kaufen.
Ich knüpfe an diese Annonce gar keine weitere Be⸗ merkung. Ich glaube, der Geschäftsbetrieb der Firma is durchaus legitim. Sie sehen aber, daß es für gewisse Ge⸗ biete Mittel gibt, und zwar für sehr weite Gebiete, gerade von Berlin aus mit einem relativ so hohen Rabatt, wie er von den Schleuderern im Durchschnitt niemals gegeben worden ist, Bücher zu beziehen. Ich will weiter bemerken, daß eine Reihe von Buchhandlungen existiert, auch wieder hier in Berlin, die ihren Betrieb auf die Studenten gerichtet haben und mit Studentenverbindungen an den verschiedenen Universitäten sich in Konnex zu setzen wissen, um dann deren konzentrierten Be⸗ darf zu befriedigen unter Bedingungen, die ebenfalls außer⸗ ordentlich günstig sind. Sie sehen, Sie können einfach das Geben von verbotenem Rabatt nicht unterbinden. Es gibt zweifellos noch eine ganze Reihe von Mitteln, mit denen das erfolgt, und in dem Maße, als Sie mit Ihren Bestimmungen strenger werden, wird sich die Menge dieser Gelegenheiten vermehren. Wir haben auch in Leipzig derartige Bezugs⸗ quellen. Ist es nun wirklich des Buchhandels würdig, daß der Student sozusagen im Verborgenen zu diesem oder jenem Winkelhändler schleichen muß, um dann von diesem ein Buch mit 17 oder 20 % Ermäßigung zu beziehen, wobei ihm der betreffende Verkäufer sagt: „Eine Rechnung erhalten Sie nicht, Sie erhalten aber so und so viel heraus auf das Geld, was Sie mir gegeben haben. Das schenke ich Ihnen.“ Ich glaube, man braucht diese Frage nur zu stellen, um sie zu beantworten. Die Herren haben sich etwas aufgeregt über den Grund⸗ satz, den der Akademische Schutzverein ausgesprochen hat, daß er den Bedarf konzentrieren will und auf Grund dieses konzentrierten Bedarfs dann günstigere Bedingungen für sich zu erzielen sucht. Ja, meine Herren, ist denn das im wirt⸗
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