1904 / 200 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 25 Aug 1904 18:00:01 GMT) scan diff

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Der Kaiserliche Botschafter in istantinopel, L minister Freiherr Marschall von Bieberstein ist vom Urlaube auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.

Der Wirkliche Geheime Oberregierungsrat Benthin bei der Königlichen Oberrechnungskammer ist von seiner Urlaubs⸗ reise nach Potsdam zurüͤckgekehrt.

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8 88

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Loreley“ am 23. August von Varna in Konstantinopel angekommen.

S. M. S. „Geier“ ist am 19. August in Schanghai eingetroffen. 8

S. M. S. „Sperber“ ist am 19. August

Schanghai nach Tsingtau in See gegangen.

S. M. S. „Falke“ ist am 21. August von Rio de Janeiro nach Jeha Grande (Brasilien) abgegangen.

S. M. S. „Vineta“ ist am 23. August in Pernambuco eingetroffen und gestern von dort nach Bahia in See gegangen.

von

Cronberg, 24. August. Ihre Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin von Griechenland haben gestern vormittag 10 ½ Uhr, wie „W. T. B.“ berichtet, die Heimreise nach Griechenland angetreten.

Deutsche Kolonien.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ sind im Gefecht bei Omatjatjewa am 13. August schwer verwundet worden: Gefreiter Willers, früher im 75. Regiment (Schuß in den Kopf), und Reiter Steindorf, früher im 26. Regiment (Schuß in die Schulter). Leicht verwundet ist der Reiter Christoph, früher im 1. Grenadierregiment (Streifschuß).

Im Gefecht bei Omatupa, das am 15. August stattfand, fielen: Unteroffizier Oskar Schoder aus Lähn, Kreis Liegnitz, früher im 2. Gardedragonerregiment, Reiter Otto Handrock aus Naumburg a. S., früher im 71. Regiment, Reiter Hermann Kämmler, fruͤher im 4. Dragonerregiment, und Gefreiter Wilhelm Mayer aus Jesse bei Spremberg, früher im 12. Regiment. Schwer verwundet wurden: Oberleutnant Bischoff, früher im 132. Regiment (Schuß in rechten Fuß), Unteroffizier Paul Kanitz, früher im 2. Dragonerregiment (Gesichtsschuß), und Reiter Emil Worbs, früher im 5. Pionierbataillon (Arm⸗ und Hüftschuß). Leicht verwundet wurden: Leutnant von Maien, früher im 115. Re⸗ giment (Streifschuß in linke Hand), und Unteroffizier Oswald Standow, früher im 96. Regiment (Streifschuß in den Hals).

Die Presse hat bemängelt, daß die Verlusttelegramme aus dem Schutzgebiete nach dem Gefecht vom 11. August so lange auf sich warten ließen. Die Sache findet nun eine Erklärung durch ein Telegramm des Generalleutnants von Trotha, der meldet:

Der Feldtelegraph ist zerstört gewesen, der Heliograph durch Telegramme für Operationen überlastet. Die namentliche Verlustliste wurde durch Offizierpatrouille nach Okahandja auf den Draht gebracht, daher die Verzögerung. 3 ““

Frankreich.

Der König von Griechenland ist gestern, wie „W. T. B.“ erfährt, in Paris eingetroffen und wird bis morgen dort Aufenthalt nehmen. v“

Schweiz.

Die deutschen Vertreter für die Handelsvertrags⸗ unterhandlungen mit der Schweiz sind gestern, wie „W. T. B.“ meldet, in Luzern eingetroffen. Die Ver⸗ handlungen haben am Nachmittag begonnen.

Serbien.

Die Nachricht, daß eine neue serbische Bande bei Wranja die Grenze überschritten und sich nach Mazedonien begeben habe, wird, dem „W. T. B.“ zufolge,

amtlicher serbischer Seite als völlig unbegründet bezeichnet.

Asien.

Das Staatsdepartement in Washington ist, wie dem „W. T. B.“ mitgeteilt wird, benachrichtigt worden, daß das Waiwupu in Peking die Frist für die Reparatur der rus⸗ sischen Kriegsschiffe in Schanghai bis zum 28. d. M. Mittags verlängert habe. Der „Times“ wird aus Schanghai

berichtet, der Kontreadmiral Reitzenstein habe den Befehl erhalten, den Kreuzer „Askold“ und den Torpedoboots⸗ zerstörer „Grosovoi“ abzurüsten. Infolgedessen hätten ie Schiffe gestern abend die Flagge eingeholt.

Aus Saigon vom gestrigen Tage erfährt die „Agence

Havas“, der Kreuzer „Diana“ seir in dem Kampfe am 10. d. M. von einem Geschoß unter der Wasserlinie geiroffen worden, ein anderes Geschoß habe einen Offizier und drei Mann getötet und 23 Mann verwundet. die „Diana“ sei nach Schantung gegangen, aber gezwungen worden, den Kurs zu ändern, da sie japanische Torpedoboote getroffen habe, die neun Torpedos gegen sie abgeschossen hätten, ohne zu treffen. Die russische Admiralität solle der „Diana“ die Wei⸗ sung erteilt haben, in Saigon abzurüsten. 8 Der „Daily Mail“ zufolge herrscht in den Schiffahrts⸗ kreisen der Londoner City Erregung wegen des Auftauchens russischer Kreuzer in den südafrikanischen Gewässern. Viele englische Schiffe seien mit solchen Waren nach Japan und China unterwegs, die nach russischer Auffassung Konter⸗ bande seien. Die Schiffseigentümer ließen die Empfänger war unterschreiben, daß diese Waren nur friedlichen Zwecken ienen sollten, doch werde dies nicht als ausreichender Schutz betrachtet.

Dem „Daily Telegraph“ wird aus Kapstadt berichtet,

sämtlichen Häfen der Kapkolonie sei verboten worden, russischen Kriegsschiffen ohne vorherige Genehmi⸗ gung der Regierung Kohlen zu liefern. Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Brisbane, man sei daselbst in Aufregung versetzt durch die Möglichkeit, daß ein russischer Kreuzer den australischen Schiffsverkehr beunruhigen könne. Die vereinigte f

Kaufmannschaft in Brisbane habe beschlossen, sich an den Commonwealthminister für Verteidigung zu wenden, damit dieser die englische Regie⸗ rung angehe, eine Kommission zu bestimmen, die die besten Mittel ausfindig mache, um die Küstenschiffahrt zu beschützen.

Staats⸗

Statistik und Volkswirtschaft.

Volksschulen in Württemberg im Schuljahre 1903/04.*) Am 1. Januar 1904 zählte man im Königreich Württemberg in

d2102 Schulorten 2316 gewöhnliche Volksschulen, und zwar

67 Knabenschulen mit zusammen 397 Schulklassen, 70 Mädchen⸗ schulen mit zusammen 458 Schulklassen und 2179 gemischte Schulen mit zusammen 4070 Schulklassen für beide Geschlechter Nur in den 96 fünf⸗ und mehrklassigen Schulen dieser letzten Schulart mit im ganzen 612 Klassen werden in den Oberklassen die 12. bis 14 jährigen Schulkinder meist nach Geschlechtern getrennt unterrichtet. Zu diesen 2316 gewöhnlichen Volksschulen, von denen 1129 nur 1 Schulklasse und 666 2 Schulklassen umfaßten, kommen noch 38 Mittelschulen und 27 israelitische Volksschulen. Alle diese 2381 Schulen zählten mit Einschluß einer Hilfsklasse für Schwachbegabte zusammen 5 143 Schul⸗ klassen. Darunter befanden sich 1280, das ist ungefähr ein Viertel sämtlicher Schulklassen, in denen vornehmlich wegen Ueberfüllung, Engräumigkeit und Lehrermangels ein besonderer Abteilungsunterricht erteilt werden mußte. Es geschah dies wegen einer Zahl von mehr als 90 Schülern in 346 Klassen, wegen Enge des Schulraumes oder zur Erleichterung des Unterrichts und im Interesse der Disziplin in 809 Klassen und wegen Lehrermangels in 125 Klassen. Da im vorigen Jahre die entsprechenden Zahlen 287, 821 und 126 lauteten zusammen zählte man damals 1234 solcher Klassen mit gesondertem Abteilungsunterricht —, so haben sich die Verhältnisse seitdem im ganzen nur wenig geändert. 8 Was die Zahl der Lehrkräfte anbelangt, welche den Unterricht sämtlicher 5143 Schulklassen und zugleich den der württembergischen Fortbildungsschulen zu versehen hatten, so gab es am 1. Januar 1904 in Württemberg überhaupt 5148 Lehrstellen, nämlich 3753 ständige, von denen 55 mit Lehrerinnen besetzt waren, 78 ständige Schulamts⸗ verwesereien, 473 Unterlehrerstellen und 844 Lehrgehilfenstellen. Die Zahl der Schulkinder mit Einschluß von 1592 Zöglingen der Rettungs⸗ und Erziehungsanstalten und 1190 Zöglingen „weiterer Privatschulen“ betrug 310 530. Davon waren 147 177 Knaben und 163 353 Mädchen. Abgesehen von den Zöglingen der Seminarübungsschulen mit 884 Schülern und Schüle⸗ rinnen und der mitgeteilten Zahl der Zöglinge der Rettungs⸗ und Erziehungsanstalten und „weiteren Privatschulen“, zählte man in den evangelischen Volksschulen Württembergs 215 889, in den katho⸗ lischen 90 536 und in den israelitischen 439 Schulkinder. (Stat. Korr)

Die Ergebnisse der österreichischen Personaleinkommen⸗ steuer 1898 nach Geschlecht und Beruf.

Nachdem wir schon früher das finanzielle Ergebnis der neuen Fersoral an. in Oesterreich eingehend besprochen haben,

ringen wir heute einige Mitteilungen, allerdings entsprechend unserer Quelle**) mangels weiterer Angaben nur für das Jahr 1898, über die Verteilung des zur Steuer herangezogenen Einkommens der physischen Personen nach Geschlecht, Berufsgruppen und der sozialen Stellung der in diesen Berufen Stehenden.

Es wurden 1898 in Oesterreich 733 243 Zensiten mit einem Ein⸗ kommen von 1 194 724 080 Fl. zur Personaleinkommensteuer veranlagt. Auf je 1000 Zensiten und je 1000 Fl. Einkommen entfallen 3

907 männliche Zensiten mit 899,5 Fl. Einkommen, 92 weibliche 95,3 Fl. 8 1 ruhende Erbschaft mit 5,2 Fl. 8 Die weiblichen Zensiten besaßen also auf den Kopf ein größeres Ein⸗ kommen als die männlichen, die ruhenden Erbschaften aber das größte. Letzteres ist aus dem Umstande zu erklären, daß ruhende Erbschaften nur bei größeren Vermögen vorzukommen pflegen, deren endgültige Verteilung längere Zeit dauert. . 1

Ueber die weitere Verteilung des Einkommens auf die Berufs⸗ gruppen (die ruhenden Erbschaften sind hierbei ausgeschieden) gibt die folgende Aufstellung Auskunft.“ Es fanden sich auf 1000 Zensiten und 1000 Fl. Einkommen a. Zensiten, b. Einkommen 1 8— in der Berufsgruppe:

und

Beamte

und In

dustrie

schaft

Bergbau, Hütten und onisten und deren

Salinen erkehrswesen Angehörige Rentner

3 freie Berufe

UIIIII venst

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8—

eflst. V

0

16 9 132,4 29,0

95 16 28,5

,0 124,5 a11“

69 1u6⁵³ 29 37 129 32 49,5 27,5 39,1 126,8 26,7 46 29 36 123 30 * 49,2 27,4 38,9 122,6 25,5 0,3 0,1 02 43 1,1 136 26 29 7 69,4 13,0 92 13,9 3,8 135 26 28 6 68,8 13,0 13,77 35 1“ 06 00 0,3 02 0,3 358 66 160 158 55 42 52 3203 85 897 140s 895 89 824 13 64 148 151 52 27 männlichen 306% 184 123 13833 575 385 388 weiblichen b 9,4 0,1 14,3 1,1 8,5 45 20 14, 39,0.

Die Pensionisten, d. h. pensionierte öffent liche Beamte und ihre Angehörigen, sind nur unter den Angestellten höherer Art aufgeführt, weil die niederen Beamten und ibre Angehörigen gewöhnlich eine nicht steuerpflichtige Pension beziehen und, falls sie ein anderweitiges steuerpflichtiges Einkommen haben, an anderer Stelle gezählt sind. Fast in allen Berufen sind die Frauen an Zahl schwächer und nur in der Gruppe der Rentner sowie bei den Selbständigen im Bergbau usw. ebenso stark wie die Männer vertreten. Auffallen muß es, daß das Durchschnittseinkommen bei den weiblichen Unter⸗ nehmern in der Landwirtschaft höher als bei den männlichen ist. Die meisten weist die Gruppe „Gewerbe und Industrie“, demnächst der Handel auf, während das höchste Duͤrchschnittseinkommen bei den Rentnern sowie bei den Selbständigen der freien Berufe vorkommt. Unter den produktiven Berufen versteuert der Handel auf den Kopf der Gesamtzahl seiner Angehörigen das größte Ein⸗ kommen. Im einzelnen sind aber von den „produktiven“ Selbständigen wie Angestellten höherer Art die der Gruppe „Bergbau, Hütten und Salinen“, sodann 89 die des Handels hinsichtlich des Durchschnitts⸗ einkommens am günstigsten gestellt. Das Verhältnis des Anteils am Einkommen zu demjenigen an der ist natürlich am un⸗ günstigsten bei allen Hilfskräften. Bei ihnen steht es im allgemeinen ungefähr wie 1 zu 2, am besten beim Handel, am schlechtesten bei der Land⸗ und Forstwirtschaft. (Stat. Korrt)

89

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ständigen: männlichen

IIII öffentliche

00 00Dᷓ 8

000 S22A Land⸗ und Forstwirt⸗

weiblichen.

Angestelltensa höherer Art:b

männlichen weiblichen Hilfs⸗

kräften: männlichen

weiblichen

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zusammen:

——— O.80—-SD ⸗—J— O SO0 0o0

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Zur Arbeiterbewegung. Nach einer von „W. T. B.“ wiedergegebenen Meldung des Pariser Blattes „Matin“ aus Marseille sollen die dortigen

*) Statistik des Unterrichts⸗ und Erziehungswesens im Koͤnigreich Württemberg für das Schuljahr 1902/03. Stuttgart 1904. **) Beiträge zur Statistik der Pers onaleinkommensteuer. Wien 1903.

Zuckerraffinerien un

andere größere Fabriken beschlossen ha wegen der der Industrie durch den Ausstand erwachsenen Schwierig⸗ keiten ihre Arbeiter zu entlassen und die Werkstätten vom Montag ab zu schließen. (Vgl. Nr. 198 d. Bl.) Aus London wird dem „W. T. B.“ telegraphiert: Wie die hiesigen Blätter aus New York von gestern melden, haben sämtliche Bau⸗ ewerkvereine beschlossen, dem Ausstand der Bauhandwerker (vpgl. gir. 186 d. Bl.) beizutreten. 30 000 Arbeiter sind bereits ausständig, weitere 24 000 Arbeiter bereiten sich dazu vor. Infolge des Aus⸗ standes ruhen die Arbeiten an 65 Schulgebäuden. Der „Times⸗ geht aus New York die Meldung zu, daß die Arbeiter zweier großen Stahlgesellschaften in Pennsylvanien in den Ausstand getreten seien. Man befürchte, daß sich der Ausstand auch auf andere Stahlwerke ausdehnen werde. 1 X“

Kunst und Wissenschaft

Die Staatsverwaltung und der Bureaudienst im griechisch⸗römischen Aegypten.

Die Altertumskunde hat in unserer Zeit infolge der modernen Ausgrabungen auf dem Boden antiker Kultur, namentlich in Babg⸗ lonien und Aegypten, Entdeckungen zu verzeichnen, wie sie so zahlreich und wichtig seit dem Untergange der alten Welt niemals gemacht worden sind. Ganz besonders haben die babylonischen Ausgrabungen die Oeffentlichkeit in hohem Maße in Erstaunen und Erregung ver⸗ setzt, weil sie in engster Beziehung zu dem Leben des jüdischen Volkez und zu den Grundtatsachen des Alten Testaments stehen. Demgegen⸗ über sind die Ergebnisse der ägyptischen Grabungen weniger in die Oeffentlichkeit gedrungen, und doch verdienen auch sie die Aufmerksam⸗ keit, namentlich wegen der großen Fülle der zutage geförderten griechi⸗ schen Papyrus, Originalschriftstücke aller Art, die uns mitten in das vielgestaltige Leben jener Zeit hineinführen. Aegypten stand bis zur Eroberung 8 die Perser (525 vor Chr.) unter einheimischen Königen ; sodann war das Land eine persische Provirz bis zur Eroberung durch Alexander d. Gr. (332 vor Chr.). Nach dem Tode Alexanders warf sich einer seiner Heerführer, Ptolemaios, zum König des Landes auf; er und seine Nachfolger, die Ptolemäer, herrschten in Aegypten bis zur römischen Eroberung (30 v. Chr.). Von nun an blieb Aegypten eine römische Pro⸗ vinz, bis die Araber sich des Landes bemächtigten (641 nach Chr.). Die herrschende Sprache war in Aegypten seit Alexander die griechische und sie blieb es auch während der ganzen Römerzeit. Daher ist auch die große Mehrzahl der ausgegrabenen Papyrusurkunden aus jener Zeit in griechischer Sprache verfaßt. Nachdem nun mehr als zehntausend griechische Urkunden aus Aegypten herausgegeben worden sind, folgen die Untersuchungen, welche die vielen einzelnen Angaben zu größeren Bildern vereinigen, rasch aufeinander. In den Heften 12 und 13 (1904) des „Archivs für Post und Telegraphie“ veröffentlicht der Telegraphendirektor Dr. Friedrich Preisigke in Straßburg, der sich in seinen freien Stunden der Papyrusforschung gewidmet hat, einen lehrreichen Aufsatz über „griechische Papyrus⸗ urkunden und Bureaudienst im griechisch⸗römischen Aegypten“. Er gibt in anziehender Darstellung einen Ueberblick über die mannigfachen amtlichen Schriftstücke und Formulare, führt uns in das große Ver⸗ waltungsgebäude des Regierungspräsidenten (Strategen) und in das bescheidene Haus des nicht minder geschäftigen Dorfschreibers hinein, belehrt über die Wanderung der Urkunden durch verschiedene Beamten⸗ stellen, über Vermerke aller Art, über das Titelwesen, über mancherlei Listenführung, Rechnungslegungen usw.

Die Schreibseligkeit der Pharaonenzeit ist bekannt; sie hatte aber, wie recate ausführt, den Nutzen, daß die Verwaltung des Landes nach bestimmten, durch die Schriftform festgehaltenen Regeln und Grundsätzen sich ausbildete. Die Griechen übernahmen diese Verwaltungsformen und hüteten sich im Interesse der unge⸗ wöhnlich großen Steuerkraft des Landes, an dem seit vielen Jahr⸗ hunderten bewährten System zu rütteln. Die Staatsverwal⸗ tung war durchaus zentralisiert; Königlich waren alle Beamten, vom Minister bis zum geringsten Wächter des entferntesten Dorfes. Das ganze Land jerfiel in eine große Zahl kleiner Provinzen (Gaue), an deren Spitze je ein Provinzialdirektor (2rparyrös) stand. Dieser vereinigte in ptolemäischer Zeit die militärische und die zivile Gewalt in seiner Hand, in römischer Zeit war er nur Zivilbeamter. Neben ihm stand als selbständiger Beamter des Finanzressorts der Provinzial⸗ sekretär (Haeldeds pauuaress). In jeder Provinz gab es nur eine Stadt, die Provinzialhauptstadt; die übrigen Ortschaften wurden als Dörfer bezeichnet, obwohl sie oftmals an Größe und Bedeutung kleineren Städten nichts nachgaben. An der Spitze des Dorfes stand der Königliche Dorfsekretär (z μ̈ονοαμμsmαese;). Daneben gab es in jeder Provinz noch eine Schar von anderen Beamten, deren Ressorts sich kunst⸗ gerecht in die große Staatsmaschine einfügten. Bei der erstaunlich großen J des Landes war Aegypten ein Ackerbaustaat ersten Ranges. Die gesamte zivile Staatsverwaltung war dahe auf das Steuerwesen in erster Linie zugeschnitten. Diesem Gesichts⸗ punkte zuliebe bestanden Einrichtungen, die wir in modernen Kultur⸗ staaten zwar auch finden, von deren Vorhandensein im Altertume jedoch erst die Papyrusurkunden uns Kenntnis gegeben haben.

So hatte man in Aegypten Grundbuchämter, die bisber als eine Errungenschaft der Neuzeit galten. Die Grundbuch⸗ ämter wiesen nicht nur die Grundstücke nach Größe, Lage usw. sowie das Eigentumsrecht nach, sondern auch die Hypo⸗ theken und sonstigen Belastungen. Wollte jemand sein Grund⸗ stück verkaufen, so hatte er die Mitwirkung des staaͤtlichen Notariatsamts in Anspruch zu nehmen; das Notariatsamt durfte jedoch den Kaufvertrag nicht früher bestätigen, als bis vom Grundbuch⸗ amte die Erlaubnis d. h. die Erklärung eingelaufen war, daß die Rechte dritter Personen nicht verletzt wurden. Der Dorf⸗ sekretär führte genaue Listen, aus denen die Gesamt⸗ fläche der Dorfgemarkung sowie diejenige Fläche zu ersehen war, die davon auf Häuserbauten, Dämme, Kanäle, Land⸗ straßen entfiel. Den Rest bildete das Ackerland. Das Ackerland wiederum zerfiel in verschiedene Abteilungen, je nach der Steuer⸗ kraft (Bonitätsklassen). Aus jedem Dorfe wanderten all⸗ jährlich solche Listen an das Finanzministerium in Alexandreia; hier bildeten sie die Grundlage für die Aufstellung des Etats für das neue Jahr. Jeder Hausvater hatte seinen Besitz an Haus, Hof und Vieh alljährlich schriftlich der Staatsbehörde zu deklarieren. Alle 14 Jahre hatte er eine Liste über die in seinem Hause wohnenden Familienangehörigen, Sklaven und Mieter einm⸗ reichen mit Angabe des Lebensalters jeder Person (Volkszählung); diese Liste diente zugleich der Militärbehörde als Stammrolle für die Aushebung. Wurde ein Kind geboren oder stars ein Hausbewohner, so hatte der Hausvater alsbald eine Ge⸗ burts⸗ oder Todesanzeige der Staatsbehörde einzureichen; ebenso hatte er zu melden, wenn ein Hausbewohner auf Reisen ging oder nach auswärts verzog, oder wenn z. B. ein Kind von den Eltern zu den Großeltern übersiedelte. So war alles bis ins einzelne von Staats wegen genau geregelt. Die

entralbehörde dn Alexandreia wußte die Finwohnerzahl jedes

orfes und jeder Stadt, sie kannte die Steuerkraft jedes einzelnen Landesangehörigen und die Ertragsfähigkeit jedes Grundstücks im weiten Lande, da alle Listen in Alexandreia zusammenliefen. Beamtenschaft und der Bureaudienst in Alexandreia müssen einen Süeefdt,. Umfang gehabt haben; die Ordnung in den dortigen

egistraturen wird von einem antiken Gewährsmann als musterhaft FFöhört Die Zahl der Ortschaften des Landes belief sich auf etwa

Der Registratur⸗, Kanzlei⸗ und Kassendienst bei den verschiedenen Aemtern regelte sich im allgemeinen n. denselben Grundsätzen, die wir auch heute bei uns vorfinden. Die zahlreich vorhandenen amtlichen riftstücke, bald Einzel⸗ urkunden, bald aus größeren Aktenstücken herausgetrennte Blätter, wie sie der Zufall uns erhalten hat, SeHee. dem modernen Beamten keineswegs so fremdartig, wie man bei dem Zeit. unterschiede von rund 2000 Jahren vermuten möchte. Die Erklärung

hierfür liegt in dem Umstande, daß der moderne Bureaudienst a

dem römischen heraus sich entwickelt hat; der römische aber das

eht aus den Papyrusurkunden mehr und mehr deutlich hervor hat feim Vorbild in Aegypten.

Während die Hieroglypheninschriften der Pharaonen⸗ zeit den orientalischen Schwulst in vollster Breite uns vor Augen führen, sind die amtlichen Papyrus der griechisch⸗ römischen Zeit davon frei; wir erkennen hier den Einfluß des griechischen Geistes. Der Wortlaut der Verfügungen ist knapp und bestimmt gehalten, ebenso der Wortlaut der Berichte, in denen Höflichkeitsformeln und Ergebenheitsausdrücke nur in beschränkter Form sich vorfinden. Gegen die unnütze Schreiberei sind die Ptolemäer offenbar von Anfang an ent⸗ schieden vorgegangen. Das zeigt eine Urkunde’1) aus dem 2. Jahrhundert vor Chr., das Bruchstück einer Verfügung aus der Kanzlei einer oberen Behörde, worin es heißt: „Die Berichte an den König sollen weder lang sein, noch sich über allerlei Neben⸗ sachen verbreiten, man soll vielmehr auf das Notwendige und Dring⸗ liche sich beschränken und sich so kurz wie möglich fassen.“ Dies ist ZeE““ der modernen Verfügungen wider die Schreiblast.

Wenn eine Provinzialbehörde heute eine Verfügung der ihr über⸗ geordneten Zentralbehörde empfängt und die unteren Vehörden danach mit Anweisung zu versehen hat, so kann sie auf zweierlei Weise ver⸗ ahren: entweder verarbeitet sie den erhaltenen Auftrag zu einer selb⸗ tändigen Verfügung, ohne die Zentralbehörde zu erwähnen, oder sie ibt den unteren Behörden eine Abschrift der Verfügung der Zentral⸗ sebörde und fügt alsdann ihrerseits noch einige Ausführungs⸗ bestimmungen hinzu. Die letztere Form ist heute in betriebstechnischen die gebräuchlichere, sie war es auch im griechischerömischen egypten. Jede Behörde bebielt die ihr zugegangene Verfügung der höheren Behörde zurück und fertigte Abschrift für die nächst⸗ untere Behörde. Da oftmals ein längerer Instanzenzug zu durchlaufen war, enthielt die letzte Abschrift schließlich die Abschrift aller vorhergehenden Abschriften, zwiebelschalenartig ineinander gefügt. Verfügungen dieser Art sind Reinschriften⸗ verfügungen; damals, wie heute, behielt die absendende Stelle den Entwurf, nachdem dessen Wortlaut vom Vorsteher der Behörde genehmigt war, bei den eigenen Akten zurück, während die vom Kanzlisten gefertigte Reinschrift an die Empfangsstelle abging und dort zu den Akten genommen wurde. Daneben gab es in Aegypten, wie bei uns, Vorzeigeverfügungen, das sind Ver⸗ fügungen, die der nachgeordneten Behörde zur Kenntnisnahme zu⸗ gingen, alsdann an die vorgesetzte Behörde zurückgelangten und hier den Akten genommen wurden. Damals, wie heute, behielt die untere Behörde für ihren Bedarf einen Auszug oder eine Abschrift zurück. Die Abschrift einer Vorzeige⸗ verfügung besitzen wir z. B. in Pap. Tebtynis²) Nr. 26 aus dem Jahre 114 vor Chr.; die Verfügung geht vom Provinzialsekretär namens Horos aus und ist an die Kreissekretäre und Dorfsekretäre seines Sprengels gerichtet. Die uns erhaltene Abschrift ist vom Dorfsekretär des Dorfes Tebtvnis angefertigt worden; sie lautet: „Horos an die Krreissekretäre und Dorssekretäre, Gruß. Sogleich nach Empfang dieser Verfügung habt Ihr die Leute zusammenzubringen, die zur Reise nilabwärts bestimmt sind gemäß Anweisung des Finanzministers Eirenaios, Rats erster Klasse. Ich sende daher diese Verfügung zur Vorzeigung durch besondere Boten. Nehmt Euch der Sache an und verfahrt demgemäß. Jahr 4, am 19. des Monats Phaophi“ ³). Aus dem ortlaut gebt hervor, daß der Provinzialsekretär mehrere Boten, möglicherweise berittene Boten, gleichzeitig absandte, von denen ein jeder mit einem gleichlautenden Exemplar in der Hand eine bestimmte Reihe von Dörfern belaufen mußte. Das war die Eilpost für Staatsdepeschen; sie nahm gelegentlich auch Privat⸗ briefe mit, doch läßt sich aus dem Urkundenmaterial bisher nicht erkennen, ob die Vergütung hierfür in die Staatskasse oder in die Taschen der Boten lloß. Unser Dorfsekretär empfing nun jene Vorzeigeverfügung zufällig nicht in seinem Heimatsdorfe (Tebtynis), sondern in der Provinzialhauptstadt (Ptolemals Euergetis), wo er sich gerade aufhielt. Auf die Verfügung vom 19. erstattete er schon am 20. desselben Monats seinen Er⸗ ledigungsbericht. Er verfuhr hierbei so, wie unsere heutigen Bureau⸗ beamten in derartigen Fällen auch verfabren: er nahm das Blatt, auf dem er die Abschrift der Verfügung gefertigt hatte, und schrieb unterhalb der Abschrift den Entwurf für seinen Bericht nieder. Die Reinschrift sandte er ab, den Entwurf nahm er mit nach Hause, nach Tebtynis, und hier ist das Blatt von den Engländern gefunden worden. Der Bericht lautet: „An Horos, Gruß. Während ich mich in Ptolemais Euergetis aufhalte zwecks Ueberreichung der eingeforderten Abrechnung, wird mir davon Meldung gemacht, daß die staatlichen Landarbeiter meines Dorfes die ihnen zugewiesene Dienstleistung verweigert haben und am 19. des laufenden Monats in den Tempelbezirk) zu Narmouthis geflohen sind. Ich halte es für meine Pflicht, Dir hiervon Meldung zu machen, damit Du es wissest. Lebe wohl. Jahr 4, am 20. des Monats Phaophi.“ Damit ist die Papyrusurkunde zu Ende. Man kann zwischen den Zeilen lesen, daß es sich um einen regelrechten Streik handelte; die Arbeiter hatten nicht Lust, sich gemäß der Weisung des Finanz⸗ ministers verschicken zu lassen. Derartige Streiks waren in Aegypten nichts Ungewöhnliches, wie man aus anderen Papyrus weiß.

Wenn eine Reinschriftverfügung nicht für eine einzige Empfangs⸗ stelle bestimmt war, sondern mit gleichem Wortlaute gleichzeitig an mehrere Dienststellen abzugehen hatte, trug jede einzelne Verfügung gleichwohl sämtliche Adressen. So beginnt ein Königlicher Erlaß ⁵) aus dem Jahre 263 vor Chr. folgendermaßen: „König Ptolemaios 8 die Strategen, an die Hipparchen, an die Hegemonen, an die Nomarchen, an die Toparchen, an die Oekonomen, an die Kontrollschreiber, an die Provinzialsekretäre, an die Libyarchen und an die Obergendarmen, Gruß. Wir senden Euch hiermit Abschriften unseres Erlasses, wonach hinfort 16 vom Hundert der Ernteerträge an das Ressort der Göttin Philadelphos als Steuer zu mhlen sind. Sorget dafür, daß demgemäß verfahren werde. Lebet wohl. Jahr 23, am 20. des Monats Dios.“ Auch heute tragen oftmals (bei mechanischer Vervielfältigung) die Reinschriftverfügungen 8 links die Adressen aller Empfangsbehörden.

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Verkehrsanstalten.

Die nächsten Postverbindungen nach Swakopmund ec. werden hergestellt: 5 1) für Pakete durch den Dampfer „Alexandra Woermann“, ab Pamburg am 30. August, in Swakopmund etwa am 26. September. Foͤluß in Hamburg am 30. August, 12 Uhr Mittags; letzte Be⸗ farderung ab Berlin, Lehrter Bahnhof, am 29. August, 11,12 Abends, b 2) für Briefe durch den am 3. September von Southampton cbgehenden englischen Dampfer, mit Anschluß in Kapstadt an den eichspostdampfer „König“, in Swakopmund etwa am 22. Sep⸗ 4 ber. Letztere Beförderungen am 2. September ab Cöln Mt achm, ab Oberhausen 7,24 Abends, ab Berlin 11,23 Vorm. it dem am 27. August von Southampton abgehenden englischen pfer werden ebenfalls Briefsendungen nach Swakopmund ꝛc. ab⸗ besndt, die am 13. September in Kapstadt eintreffen und von da nter Umständen schon vor Abgang des Reichspostdampfers „König“ ucch einen außerplanmäßigen Dampfer Weiterbeföͤrderung erhalten

8 3 3 8 ¹) Berliner Griechische Urkunde Nr. 1011; berausge eben von Generalverwaltung der Königlichen Museen, Berlin 1895 ff.

²) B. P. II, A. S. t and J. Smyly, The Tebtuni papyri 1,2. Prersec 1 S. Hunt and J. Smyly, The Tebtunis

bs. d Jahreszähl ung erfolgte nach Regierungsjahren des

⁴) Der Tempelbezirk ist Freistätte.

5 2. 0100) „3 p. Grenfell Revenue Laws of Ptolemy Philadelphus,

können. Letzte Beförderungen am 26. August ab Cöln 6,1 Nach⸗

mittags, ab Oberhausen 7,24 Abends, ab Berlin 11,23 Vormittags.

Der Bau der Straße Njassa— Tanganjika.

Der Bezirksamtmann von Langenburg berichtet über die im Bau begriffene Straße vom Njassasee nach dem Tanganjikasee, wie das „Deutsche Kolonialblatt“ mitteilt, folgendes:

Die Straße beginnt in Mwaja am Njassa auf 500 m über dem

Meeresspiegel und erhebt sich während der 25 km, die durch das

Unterland führen, nur wenig über diese Höhe. Zweimal muß der 30 bis 50 bezw. 30 bis 100 m breite und 1 bis 4 bezw. bis 2 ½ m tiefe Mbaka⸗

V

ständig

1 Phangen wird. 8

1

L11e1“ v1“ 8 111“ nahme von dreien genügen werden. Bisher haben selbst die über 20 m langen, 6 bis 8 m breiten und 1 bis 2 m hohen Driften über den Kiwira, Ssongwe und Ssaissi sich trotz der abnormen Regenfälle dieses Jahr gehalten; sollten sie dennoch durchwaschen werden, so würde ein neuer Versuch, Driften mit Durchlässen herzustellen, ge⸗ macht werden, ehe zu den teueren, komplizierten und fachmännischer Aufsicht bedürftigen Brücken über⸗ e 1 “] sein über den und eine Fähre) und 2 e 1 ächs Jahre gebaut werden sollen. öX““ Die größten Driften erforderten einen Monat Arbeit durch einen

Enuropäer, drei Askaris und 120 Arbeiter, kosteten also für 1 chm etwa

fluß überschritten werden, weil drei tiefe und reißende Zuflüsse eine

Umgebung hindern. Dann steigt die Straße nach Ueberwindung

Kreise Unter⸗ und Oberland durch schönen, hochstämmigen Wald zu

5 Rupien. Die Kosten einer massiven Brücke dürften bei 20 m Länge das Sechs⸗ bis Zehnfache einer Drift betragen. Das Setzen des Dammes

bi 5 1 muß ausschließlich durch angelernte Kräfte (Askari folge rend des 0,20 bis 3 m tiefen und 5 m breiten Njugiro Grenze der 1 8 (Askaris) erfolgen, wahrend

hierzu sind auch Ochsen und Karren verwendet worden.

dem aus gebrannten Ziegeln erbauten Rasthaus Mwasukulu (etwa bei ihrer Gemeingefährlichkeit allgemein durch Driften ersetzt werden, selbst . wenn die Steine, wie für manche Driften im. Unjika, zwei Stund

lang zu dem 1590 m hohen Ntukujuberge hinaus, den das Bezirksamt Erden mäͤssen; de⸗ mauch

Kilometer 32) auf 900 m an. Langsam windet sie sich, bei Mpuguso in ihrem Klimmen durch zwei tiefe Flußtäler gehemmt, vier Stunden

krönt (etwa Kilometer 50). In den 6 ½⅞ Stunden bis zum Fuße der hseleh senkt sie sich unter Ueberwindung zahlloser und Bäche wieder um 200 bis 300 m, einer Stunde stracks zu dem 2000 m hohen zufübren.

hinauf⸗

Passe

Flüsse um dann in

die Tagelöhner die Blöcke und Steine herbeizuschaffen haben; Jedenfalls

sollten die im Schutzgebiete üblichen Holzbrücken mit Erdbewuürf wegen

weit auf den Köpfen herbeigetragen werden müssen; denn wenn auch die Drift zerstört werden sollte, finden die Steine sich im Flußbett wieder vor. Streng muß dabei den Arbeitern auf die Finger gesehen werden, welche zur Beschleunigung des Vekfahrens immer wieder ver⸗

suchen, Holzstreben und Erdfüllungen in den Dammkörper hinein⸗

Nach einer Stunde Marsches durch den Igaleurwald geht

es auf der anderen Seite der Berge in vielen Zickzackwindungen 600

bis 800 m hinunter in die trockene Ussafaebene, wo 6 ½ Stunden nach dem Aufbruch vom Igalerasthaus das Rasthaus am Ssongwefluß er⸗ reicht wird. (Ramsaysche und Bornhardtsche Karte.) Dieser Fluß ist bei 10 bis 30 m Breite 0,75 bis 2 m tief. lichten Wald in zwei langen Streckungen 300 m hinauf Unjakaplateau. Bei der Scheffmannschen Viehfarm befindet sich das, von Mwaäja ab gerechnet, fünfte Rasthaus (Jumbe Mwesimpia). sieben Stunden, teils h . teils durch weite nötig war, geht es berge.

an bewaldeten, sanften Hängen entlang, Grassteppen, deren Trockenlegung

zu der Nebenstelle Itaka am Maganga⸗

sich bringen, an dem wasserreichen und reißenden Kalunguflusse erreicht. Auch der nächste Tag führt über bewaldete Geläͤndewellen noch 100 bis 300 m bergab in die Nkanaebene, welche von den Wanjamanga des Großsultans Mkoma bewohnt wird (Grenzkarte II und IID); der Fluß ist 30 m breit und führt in seinem 6 bis 10 m tiefen Einschnitt 1 bis 6 m Wasser. Jenseits der Tiefebene dringt die Straße auf schraubenartiger Bohrung den Steilabsturz Tschingambo hinan zum Tanganjikaplateauu. Wieder beträgt die Höhendifferenz 600 bis 700 m. Auf dem Plateau geht die Straße, um die nördlich gelegenen, unüberwindlichen Geländeschwieri keiten zu vermeiden, nach Westen zu direkt auf die britische Grenze bei der Neben⸗ stelle Deutsch⸗Ikomba los (7 Stunden). Aber bereits eine gute Stunde vorher biegt sie scharf nach Nordwesten um und erreicht in zwei weiteren Tagemärschen die Bezirksgrenze an dem 30 bis 50 m breiten und 1 bis 3 m tiefen Ssaissiflusse. Größere Niveau⸗ differenzen bat die Straße auf dem Plateau nicht mehr zu über⸗ winden, wohl aber zahlreiche, einige hundert, ja mehrere tausend Meter breite Sümpfe, welche mit Dämmen und Gräben gangbar gemacht sein wollen. Dasselbe gilt für die fünf Tagemärsche bis Bismarck⸗ burg, während welcher nur ein namhafter Fluß (Kalambo) zu über⸗ brücken und der Absturz zum Tanganjika auszuarbeiten ist. (Grenz⸗ karte Blatt I.)

Die zu überwindenden Schwierigkeiten sind demnach dreifach: Auf⸗ und Abstiege, Gewässer, sumpfige Ebenen. Zur Anwendung gelangte dabei im Gegensatz zu dem sonst in der Kolonie üblichen deutschen das füdafrikanisch⸗ burische Straßenbausystem. Dessen Vorzüge sind folgende: Während man in Deutschland, von dem Wunsche der Schonung des Pferde⸗ materials ausgehend, übermäßige Steigungen als die schlimmsten Feinde des Straßenbaues ansieht, sind solche für den Ochsendoppel⸗ wagen der Buren fast bedeutungslos. Was er fürchtet, sind scharfe Biegungen. Danach wird bei jedem Straßenbau in Afrika im voraus die prinzipielle Frage zu entscheiden sein, ob sie dem Verkehr mit Pferde⸗, Maultier⸗ oder Eselkarren einerseits oder ander⸗ seits dem mit Treckochsenwagen dienen soll. Langenburg, das wohl einzig von allen Bezirken der Kolonie mehr dem südafrikanischen als dem indisch⸗ozeanischen Interessen⸗ und Verkehrskreise angehört, hat sich für das letztere entschieden, ohne aber das Anstreben des Ideals, d. h. einer Straße, die beiden Transportsystemen gerecht wird, aufzugeben. . 1—

Bekanntlich fährt der südafrikanische Frachtfahrer stets mit zwei von je 8 bis 16 Ochsenwagengespannen gezogenen Wagen. Die Länge des Vorspanns verlangt Straßen mit ganz allmählichen Biegungen, weil bei scharfen Wendungen nur das letzte oder die beiden letzten Joche Zugwirkung ausüben können; diese Kraft würde aber zur Be⸗ wegung des schweren Wagens nicht ausreichen. Daraus folgt, daß das europäische System, Steigungen zu überwinden die Ser⸗ pentine im allgemeinen nicht zur Anwendung gelangen darf.

Anderseits ist der Bur gewöhnt, Steigungen, die in Europa als unerhört gelten, dadurch zu überwinden, daß er die sämtlichen Joche beider Wagen erst vor den einen, dann vor den andern spannt.

Deshalb ist beim hiesigen Straßenbau mehr auf die Herstellung geradliniger Streckungen als auf Verminderung der Steigungen gesehen worden. Das aber machte zum Teil ganz gewaltige Erdbewegungen nötig, umsomehr, als sich herausstellte, daß zu sprengende Gesteinsmassen meist nicht erschlossen wurden. Der Aufstieg zum Oberlande machte verhältnismäßig wenig Mühe, dagegen mußten bei Mpuguso und an mehreren Stellen zwischen Neu⸗Langenburg und dem Igalepaß erhebliche Erdmengen bewegt werden. Die Hauptarbeit aber machte die Ueberwindung des gerade in der Wetterecke des niederschlagsreichen Kondelandes gelegenen Passes selbst, wo der sehr weiche Straßenkörper bei der enormen Steigung durch eac. 8 und breite Sicker⸗ schlitze gegen die dauernden Ab⸗ und Auswaschungen geschützt werden muß. Beim Abstiege nach Ussafa ließen sich durch eine ebenso ge⸗ wandte und von der Natur begünstigte Tracierung größere Arbeiten vermeiden. Dasselbe kann von dem Aufstiege 28. Unjika gesagt werden. Dagegen erfordern die Abstiege zum Kalungu und Nkana und der sehr steile Aufstieg zum Tanganjikaplateau sehr bedeutende Erd⸗ und Gesteinsabtragungen. 8

Auch die Ueberwindung der Gewässer erfolgte wesentlich durch das südafrikanische Ecbeam das inzwischen von den Nachbar⸗ stationen Bismarckburg und Ssongea adoptiert worden ist. Das Hauptmittel dieses Systems ist die Drift. Eine Drift ist ein aus Felsblöcken und Steinen so sorgsam quer über den Fluß Fsegter Damm, daß das Wasser bei normalem Stande durch die ücken fließt und daß (auch bei Hochwasser) der Damm dem An⸗ sturme der größeren Menge wesentlich schon durch die Schwerkraft seiner Fügung Widerstand genug entgegensetzt. Des weiteren gehört zum Wesen der Drift eine Bemessung der Dammhöbe, welche der Menge des Hochwassers, die durch ihren Ueberdruck den Damm zerreißen würde, den Abfluß über die Krone des Damms gestattet, ohne daß dieses über den Damm schießende Hochwasser durch seine Tiefe die Passierbarkeit ausschließt. Es soll also auch beim höchsten Stande die Drift nur bis 2 m unter Wasser stehen. Der Fehler, der beim Driftbau am öftesten gemacht wird, ist der, daß der Damm zu hoch gesetzt wird. Dadurch werden zwar fürs erste die weitausholenden Abstiche, auf denen die Straße sich langsam zur Drift hinabsenkt, vermieden, aber in der Regel wird auch der Damm vom nächsten Hochwasser brnweggewaschen.

Ausschließlich derartige Driften und keine festen Brücken sind in den beiden Jahren des Straßenbaues hergestellt worden. Bei denen des ersten Jahres sind die gewöhnlichen Fehler nicht durchweg vermieden worden, sodaß ein großer Teil in ver⸗ besserter Ausführung erneuert werden mußte. Dafür aber scheint es, daß sorgfältig ausgeführte Drifter, bei allen Flußläufen mit Aus⸗

mäßig leicht.

zupfuschen.

Die sumpfigen Wiesen zu überschreiten, erwies sich verhältnis⸗ mäßig . Es genügte im allgemeinen, rechts und links von der Straße Gräben von 2 m Breite und ½ m Tiefe auszuheben, den Aushub in der Mitte als 6 bis 8 m breiten und ¼ bis *3, m hohen

1 Damm aufzuschütten und den Graben einen Abfluß zu eröffnen enseits führt die Straße in knapp vier Stunden durch schönen 8

zum In vielfach

. Das nächste Rasthaus wird nach fünf Stunden, von denen die beiden letzten den Abstieg vom Plateau um 400 bis 500 m mit

8 Von der Neubaustrecke der Usambarabahn.

In den Monaten Mai und Juni war die große Regenzeit dem Baufortschritte sehr hinderlich. Der Gesundheitszustand der farbigen Arbeiter wurde nicht bemerkenswert verschlechtert, wenn⸗ gleich natürlich der anhaltende Regen und die Frühkälte die Arbeitsfäbigkeit der nach Landessitte wenig bekleideten Leute beeinträchtigt. Bei den Europäern traten die während und nach der Regenzeit üblichen tropischen Erkrankungen auf, sodaß andauernd einige Beamte lazarett⸗ oder revierkrank waren, und daß auch schon ein Todesfall unter dem aus Deutschland gekommenen Personal zu beklagen ist. Arbeitermangel herrschte nicht, die Arbeiterfrage, die in den ersten Monaten der Bauzeit besprochen wurde, kann nunmehr als erledigt angesehen werden. Die Regelung des Grunderwerbs hat das Kaiserliche Gouvernement selbst in die Hand ge⸗ nommen und damit das zuständige Bezirksamt (Wülhelmstal) beauftragt. Zur Zeit sind ferner Maßnahmen in Vor⸗ bereitung, um in derselben Weise, wie es bei Korogwe geschah, nun auch in Mombo außerhalb des engeren Bahnhofsgeländes Grundstücksblocks zum Verkauf festzulegen, welche regelrecht bebaut werden sollen. b

Auf der Strecke Kilometer 11,3 bis 13,9 hinderte der Regen die Fertigstellung der Arbeiten, die im letzten Bericht als der Vollendung nahe bezeichnet werden konnten. Die Bauleitung hat aber jetzt alle verfügbaren Leute hier zusammengezogen, sodaß drei Arbeiterschichten in Tätigkeit sind, und nach dem Aufhören des Regens die Beendigung dieses, vor und hinter der Haltestelle Maurui belegenen Stückes in vier bis sechs Wochen zu erwarten steht. Wegen der ungünstigen Witterungsverhält⸗ nisse hatten die Arbeiten während der letzten sechs Wochen fast voll ständig ruhen müssen

Ueber Maurui hinaus sind die Erdarbeiten bis Kilometer 29 in Angriff genommen worden, aber auch hier konnte eine Fertigstellung des Planums nur stückweise erfolgen, da der andauernde Regen den Boden so aufweichte, daß eine Bearbeitung desselben sowie ein regel⸗ rechter Feldbahn⸗Arbeitszugbetrieb meist unmöglich war. Die Bau⸗ leitung mußte sich daher auf der letzten Häͤlfte dieser Teilstrecke not⸗ gedrungen darauf beschränken, das Reinigen und Roden des Unter⸗ grundes, das Ausheben der Gräben sowie andere Vorbereitungsarbeiten auszuführen.

Es sind somit die Erdarbeiten zwischen Korogwe und Makujuni überall in Angriff genommen und auf der Anfangsstrecke bis Maurui ungefähr vollendet.

Die Rücksicht auf den öffentlichen Verkehr erforderte schon jetzt, daß auf dem Anfangsstücke der Neubaustrecke Kilometer 0 bis 1 hinter Korogwe die Straßen und der Karawanenweg mit einfachen Uebergängen über die Bahn geführt und mit Rücksicht auf die Eisen⸗ bahntrasse an mehreren Stellen der Linie seitlich verlegt wurden. Zur Vermeidung von Streitigkeiten mit den Anliegern ertolgen diese Maßnahmen der Bauleitung im Benehmen mit dem zuständigen Be zirksamte.

Des schlechten Wetters wegen konnten die Mauerarbeiten nur wenig in der Berichtszeit gefördert werden. Der Stand dieser Arbeiten ist zur Zeit folgender: Zwischen Korogwe und Maurui sind sie beendigt, zwischen Maurui und Mombo sind acht Bauwerke fertig, während sie sich an drei anderen Stellen in der Ausführung befinden.

Die Verlegung der Rohrdurchlässe hinter Kilometer 135 wurde einstweilen unterlassen, da der Transport der Zementringe auf dem aufgeweichten Untergrund und ebenso auf dem teilw ise unter Wasser stehenden Karawanenwege nicht möglich war. Die Bauleitung wird die Rohre erst nach der Regenzeit mit den Arbeitszügen be⸗ fördern und dann in die Dämme einlegen.

Oberbaumaterial ist jetzt vollständig für 25 km Gleis vor handen, außerdem noch eine nicht unbedeutende Menge vor Kleineisenzeug. Das Gleis, welches bis Kilometer 7 vorgestreckt war, ist nunmehr für den Arbeitszugbetrieb genügend beschott. und reguliert, sodaß die Bauleitung mit dem weiteren Vorbau be ginnen kann. Das erforderliche Oberbaumaterial ist hinter Bahnhof Korogwe sowie an der Anfangsstrecke aufgestapelt und wird von den Bauzügen der Bauleitung vorgebracht. Nachdem bei Kilometer 7 das große Schotterlager erreicht ist, werden die Arbeiten 1 eingerichtet, daß dauernd ein Schotterzug im Betriebe bleibtz damit das Gleis gleich hinter dem Vorbautrupp angehoben und unter⸗ stopft werden kann. Die zweite Baumaschine holk die Marerialzü (Schienen, Schwellen, Kleineisenzeug) zur Bauspitze von Korogwe aus wohin sie seitens der Eisenbahnverwaltung mit wöchentlich zwei Zügen gebracht werden. Das Aufladen der am Hafenpier in Tanga ankommenden Materialien besorgt eine Ladekolon⸗ der Firma Lenz. Die in Korogwe ankommenden Züge werden gleich ohne Umladung von der Baumaschine in Empfang ge⸗ nommen und bis zur Bauspitze zum direkten Vorstrecken geschafft Diese Züge sind so zusammengesetzt, daß sie das nötige Material für 800 m Gleis fahren, also in einem Monat für etwa 7. km Gleis zum Neubau schaffen können.

An Schotter hat die Bauleitung bis jetzt 28 000 ecbm anfertigen lassen. 1b

Bei Maurui wird das Planum aufgeschüttet. Wegen der Situation der Bahnhofsgleisanlagen fanden Verhandlungen zwischen der Verwaltung und der Bauleitung sowie zwischen dieser und ihrer Firma statt. 8

üterwagen, einem Viehwagen und vier Bahnmeisterwagen hat statt⸗ gefunden.

Literatur. 8 8

Kurze Anzeigen neu erschienener Schriften, deren Besprechung vorbehalten bleibdt. Das neue bürgerliche Recht in EE1“ Dar⸗ stellung von Professor Dr. Franz Bernhöft. III. Sachenrecht. 1. Abteilung. Rechte an Gaundstücken. Gebdn. 1,50 Stuttgart, Ernst Heinrich Moritz. 1m““

ie im vorigen Bericht erwähnte Montage von drei