1904 / 249 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Oct 1904 18:00:01 GMT) scan diff

8 B v

8 G 8 1u Der Königlich bayerische Gesandte Graf von Lerchen⸗ feld⸗Köfering ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Kaiserlich russische Botschafter Graf von der Osten⸗ Sacken ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrat, Fürstlich scwaxhe burg⸗rudolstädtische Staatsminister Freiherr von der Recke ist von Berlin abgereist.

Der Regierungsrat Dr. Nobiling in Hildesheim ist dem Königlichen Oberpräsidium in Hannover und der Re⸗ gierungsassessor Dr. Gleitsmann in Freienwalde a. O. der Königlichen Regierung in Stettin zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden. 8 8.

Der Landrat Graf von Wedel ist aus dem Kreise Leer in gleicher Amtseigenschaft in den Landkreis Hannover versetzt worden.

ung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Fürst

Laut Me des Kreuzergeschwaders gestern in

Bismarck“ mit dem Chef Wusung eingetroffen.

1S8 . S. Falke“ geht heute von Buenos Aires nach Rosario (am Parana) in See.

In der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ wird die vom Reichs⸗ eisenbahnamt aufgestellte tabellarische Uebersicht der Be⸗ kehees eh deutscher Eisenbahnen für den Monat September 1904 veröffentlicht, auf die am Mitt⸗ woch an dieser Stelle auszüglich hingewiesen worden ist.

Potsdam, 20. Okt ober. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Mecklenburg⸗ Schwerin sind, wie „W. T. B.“ meldet, heute nachmittag mit Ihrer Königlichen Hoheit der Herzogin Cecilie auf der Wildparkstation eingetrofften. Zum mpfange waren Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Heinrich und die übrigen zur Zeit im Neuen Palais weilenden Mitglieder der Königlichen Familie erschienen. Nach sehr herzlicher Begrüßung fuhren die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften nach dem Neuen Palais.

Sachsen.

Das „Dresdner Journal“ veröffentlicht folgenden Erlaß Seiner Majestät des Königs:

In der tiefen Königs Georg, Meines teuren, nun in Gott ruhenden Herrn Vaters, haben Meinem Herzen die überaus zahlreichen Kundgebungen aufrichtiger Liebe und Treue, welche Mir aus allen Kreisen Meines Volkes zu⸗

egangen sind, außerordentlich wohlgetan. Es drängt Mich, Meinen Heealichftes und tief gefühlten Dank hierfür zur allgemeinen Kenntnis (AIEeeeö““ ö“ E Friedrich August.

1 Württemberg.

8ss

In der gestrigen ersten Sitzung der Kammer der Standes⸗ herren wurde eine Mitteilung des Justizministers von bekanntgegeben, wonach der sozialistische Landtagsabgeordnete Keil au der Protestversammlung in der Liederhalle am 30. Juni d. I. anläßlich der Ablehnung der Schulnovelle in der Ersten Kammer gegen diese Ausdrücke gebraucht habe, die nicht nur eine Schmäbung einzelner Mitglieder dieser Kammer, sondern auch eine grobe Beleidigung dieser gesetzgebenden Körperschaft ent⸗. hielten. Die Staatsanwaltschaft in Stuttgart habe daher am 8. Juli der Justizbehörde die Bitte unterbreitet, eine Entscheidung der Kammer der Standesherren darüber herbeizuführen, ob wegen der getanen Aeußerung gegen den Abg. Keil die Klage im Sinne des § 197 des Strafgesetzbuchs zu erheben sei. Die Mitteilung wurde der Justiz⸗ gesetzzebungskommission überwiesen mit dem Auftrage, in kärzester

eit dem Hause darüber Vortrag zu erstatten.

Deutsche Kolonien.

Der Kaiserliche Gouverneur von Deutsch⸗Südwestafrika, Oberst Leutwein meldet, wie „W. T. B.“ berichtet, unterm 19. d. M. aus Rehoboth, daß Nomtsas vor 98 der Verstärkung von Hottentotten genommen worden ist und bei diesem Ueberfall der Tierarzt Oskar Albrecht und der Hermann den Tod gefunden haben. Witbois ammeln sich in Massen bei Rietmond.

Ferner meldet ein gestern in Berlin eingegangenes Tele⸗ gramm aus Okahandja: Im Nordwesten des Schutzgebietes sind der Hottentottenkapitän Uichamab und dessen Sohn vom Koinmandanten von Outjo gefangen genommen. Die Be⸗

satzung von Zesfontein (früher 1 Offizier und 11 Mann) ist verstärkt; vorläufig sind die Toopnaar⸗ und Zwartboi⸗Hotten⸗ totten ruhig. In Swakopmund ist ein schnelleres Zu⸗ nehmen der Molenversandung zu befürchten.

Zu dem Feldzug gegen die Hereros wird nachträglich ge⸗ meldet, daß am 11. August bei Waterberg noch verwundet worden sind: Unterveterinär Borowski (Transport Hagenen durch einen Prellschuß an der oberen Kopfhaut, Reiter Adol Jäckel aus Reppichau (Kreis Dessau), fruͤher im 1. Garde⸗ ulanenregiment, durch einen Prellschuß am linken Daumen, Reiter Richard Neubecker aus Gro ekünsterberg, früher im 2. Gardedragonerregiment, durch einen Prellschuß in die rechte Schulter und Gefreiter Georg Striebel aus Attenweiler, früher im Infanterieregiment Nr. 124, durch einen Schuß in den Arm. An Typhus gestorben sind: Reiter Johann August

auchert von der 3. Kompagnie des Feldregiments Nr. 2, früͤher in Hartwichwaldau, Kreis Sagan, am 7. Oktober im Lazarett zu Epukiro, Reiter Gustav Kohn, geboren am 17. April 1882 in Großhasselburg, Kreis Heiligenbeil (Ost⸗

reußen), früher im Artillerieregiment Nr. 2, am 12. Oktober, Reiter Friedrich Mögging von der 10. Kompagnie des Regiments Nr. 2, geboren am 23. Oktober 1882 in Ueberlingen am Bodensee, am 14. Oktober und Reiter Mathias Willems, geboren am 15. Juni 1884 in Altenwald, Kreis Saarbrücken, am 13. Ok⸗ tober im Lazarett zu Otjimbinde; Gefreiter Karl Mattes von der Maschinengewehrübteilung, geboren am 14. Januar 1882 in Renquishausen, Oberamt Tuttlingen (Württemberg), am 15. Oktober im Lazarett zu Otjosondu; Militärkranken⸗ wärter Hermann Köbele am 18. Oktober im Lazarett zu Owikokorero. Reiter Albert Martin Faust, geboren am

Trauer über das Hinscheiden Seiner Majestät des

10. November 1 19. Oktober im Lazarett zu Oka gestorben.

in Leipzig, früher Gardefüsilier, ist am b hemnn an Herzschwäche

GFroßbritannien und Irland. Wie „W. T. B.“ meldet, ist gestern eine Armeeverord⸗ nung erlassen worden, die bestimmt, daß der Linieninfanterie neun Jahre bei der Fahne und drei Jahre in der Reserve zu dienen b11“

Rußland.

Die „Russische Telegraphen⸗Agentur“ berichtet, die Ab⸗ teilung der „Associated Preß“ in St. Petersburg erkläre, sie sei ermächtigt, die Nachricht, daß die Regierung der Vereinigten Staaten beabsichtige, den kriegführenden Parteien ihre guten Dienste zur Wiederherstellung des Friedens anzubieten, kategorisch für unbegründet zu erklären. Die Regierung der Vereinigten Staaten habe niemals etwas derartiges im Sinne ehabt. 8 Die Mitteilung des in Dorpat weilenden Ministers für Volksaufklärung, daß der Kaiser den studentischen Korporationen das öffentliche Couleurtragen, das seit 1894 verboten war, wieder gestattet habe, rief, wie dem „W. T. B.“ mitgeteilt wird, allgemeinen Jubel hervor. Die Korporationen sandten dem Kaiser ein Ergebenheits⸗ telegramm. Spanuien.

In der Madrid“ wird der Prinz Alfons, der äͤlteste Sohn der verewigten Prinzessin von Asturien, zum Thronfolger proklamiert; der Titel Prinz von Asturien bleibt dagegen vorläufig vakant.

Portugal.

Das neue Ministerium legte gestern in der Deputierten⸗ kammer seine Politik dar und erklärte, es werde den wirtschaft⸗ lichen und finanziellen Fragen sorgfältigste Aufmerksamkeit schenken und die produktiven Kräfte des Landes zu entfalten streben. Es seien Maßnahmen zu Gunsten der Landwirtschaft beabsichtigt, auch werde der Abschluß von andelsverträgen nicht außer Acht gelassen werden. Das Glei gewicht des Budgets werde durch Sparsamkeit in jeder Richtung und durch Reformen des Finanzsystems gesichert werden. Die Regierung werde die schwebende Tabakfrage regeln und dabei in dem einzubringenden Ge⸗ setze nicht an dem vorläufigen Tabaksvertrage festhalten. Sie werde die Abkommen des Staats mit der Bank von Portugal zu ändern bemüht sein und sich angelegen sein lassen, die portugiesischen Kolonien zu entwickeln. Insbesondere werde sie die nötigen Schritte tun, um die Herrschaft Portugals in Süd⸗Angola wirksam zu gestalten.

Schweiz. Das gestern vom Bundesrat festgesetzte eidgenössische Budget füͤr das Jahr 1905 schließt, dem „W. T. B.“ zufolge, bei eiwas über hundert Millionen Franken Einnahmen und Ausgaben mit einem mutmaßlichen Fehlbetrag von rund einer Million Franken ab. 1 Der bisherige schweizerische Gesandtschaftssekretär in Wien Deucher wurde unter Beförderung zum Gesandtschaftssekretär erster Klasse zum Sekretär der C. esandtschaft in Berlin ernannt und der Attaché bei dieser Gesandtschaft de Pur unter Beförderung zum Sekretär zweiter Klasse na Washington versetzt. Türkei.

Vorgestern haben, wie „W. T. B.“ meldet, die Bot⸗ schafter der Ententemächte die Pforte auf die in der letzten Zeit zunehmenden Kämpfe zwischen den Angehörigen der verschiedenen Kirchen und Nationalitäten in Mazedonien, gegen die die Pforte nichts unternehme, aufmerksam gemacht und entsprechende Maßregeln verlangt. .

Der ökumenische Patriarch hat, dem Wiener „Telegr.⸗Korresp.⸗Bureau“ zufolge, auf Grund eines legalen Beschlusses des gemischten ats, beh n aus allen acht Mitgliedern des Laienrats und vier itgliedern der Minorität der Synode, nicht nur den Metropoliten von Durazzo, sondern noch weitere drei oppositionelle Mitgkkeber der Synode abgesetzt und sie durch neue, ihm ergebene Provinzmetropoliten ersetzt, wovon vorschrifts⸗ mäßig dem Knultusminister Mitteilung gemacht wurde. Dagegen hlt die aus acht Mitgliedern bestehende Oppo⸗ sition er Synode dem Kultusminister ein Me⸗ morandum überreicht, das den Patriarchen wegen seiner eigenmächtigen Verfügung des Patriarchats verlustig erklärt. Die oppositionellen Mitglieder der Synode haben auch bei der russischen Botschaft Be⸗ schwerde geführt und vergebens Intervention verlangt.

Der „Frankfurter Zeitung“ wird aus Saloniki vom 19. d. M. gemeldet, daß dort ein bulgarischer Priester vor seiner Wohnung von Griechen ermordet worden sei.

Unter den Bulgaren in Saloniki herrsche starke Aufregung.

Rumänien. Die Königliche Familie ist, wie „W. T. B.“ gestern abend von Jassy in Sinaja eingetroffen.

Bulgarien. Der türkische Kommissar in Bei ist in der Nacht zu gestern, wie , schwerer Krankheit gestorben. Montenegro. 8 Von montenegrinischer Seite wird, wie das Wiener „Telegr.⸗Korresp.⸗Bureau“ berichtet, gegenüber dem Be⸗

berichtet,

Sofia Ali Ferruh .T. B.“ meldet, nach

richte des Walis von Skutari über die Vorfälle bei dem

Flusse Zeta erklärt, die montenegrinischen Mitglieder der gemischten Kommission hätten das Verschulden der Monte⸗ negriner anerkannt, aber greifbare Beweise dafür geliefert, daß von Nizam unterstützte Arnauten den Kampf provoziert hätten. Da die türkischen Mitglieder der Kommission es ab⸗ lehnten, ihre Arbeit fortzusetzen, sei aufs neue der Pforte erhoben worden. 8 Dänemark.

In der gestrigen Sitzung des Folkething führte, „W. T. B.“ zufolge, präsident Dr. Deuntzer aus, die dauernden Neutralität und hätten in dem letzten

macht. lla den Parlamentarismus zu stützen und

nehmen könne.

daß die Mannschaften)

Protest bei

dem bei der ersten Lesung des Budgets der Minister⸗ Bemühungen zur Erreichung einer Dänemarks seien stetig fortgesetzt worden Jahre recht bedeutende Fortschritte ge⸗ Die Regierung, erklärte der Ministerpräsident weiter, wünsche zu erweitern, der die einzige Form darstelle, unter der das Volk an der Verwaltung des Landes teil⸗

8

Ein Teil der russischen Ostseeflotte abend um 6 Uhr die Anker gelichtet und egangen; die übrigen Schiffe folgten im acht.

hat gester ist in die Norzse Laufe der letzten

Afien.

Der General Kuropatkin hat, wie dem „W. T. B.⸗ aus St. Petersburg berichtet wird, dem Kaiser unter den

19. d. M. gemeldet:

Es haben keine Kämpfe stattgefunden. Als unsere Kavallerie an 18. Oktober 6 Werst östlich vom Dorfe Tadusanpu eine R⸗ kognoszierung ausführte, g sich die Vorhut der Japaner feuernd zurück. Bei der erfolgung des Feindes stießen de Kavallerieabteilungen in Sandepu auf bedeutende Stret. kräfte, und jwar auf Infanterie mit Maschinengewehren und Artillerie. Der Feind eröffnete das Feuer und zwang dadurch unsen Kavallerie, die Verfolgung aufzugeben. Eine Streifwache wurd⸗ 200 Schritt vom Feinde entfernt, mit Maschinengewehrfeuer empfangen. Die Pferde der Kosaken wurden getötet. Der Führe der Streifwache und ein Kosak wurden verwundet.

Der „Birshewija Wjedomosti“ wird aus Mukden vom 19. d. M. telegraphiert: 1

Die Kosakenabteilung des Generals Mischtschenko kam mit zwei Bataillonen des Feindes ins Gefecht. Das Feuer der russischen Artillerie war so gut, daß der Feind gezwungen wurde, das Feuer einzustellen. Die Infanterie auf unserer Westfront ging am 18.8. M. zurück. Eine Abteilung der Vorposten umzingelte ein Bataillon de Japaner und zwang es zur Uebergabe der Waffen. Die Russen be⸗ setzten die Stellungen im Süden des Dorfes Schaho. Die Japaner gehen langsam zurück.

Dem „Reuterschen Bureau“ wird aus Mukden vom 20. d. M. über Peking berichtet:

Die große Schlacht am Schaho endete damit, daß die beiden Armeen sich Front gegen Front gegenüberstehen, nur durch de Schaho getrennt. Der Artilleriekampf wurde am 18. und 19. der ganzen Tag über fortgesetzt. Das russische Zentrum rückt Tag

ag etwas vor unter einer heftigen Kanonade. Auf ihrem linken lügel halten die Pegher seit dem 16. trotz andauernder Be⸗ chießung und zahlreicher nfanterieangriffe eine ausgezeichnete Stellung auf einer Anhöhe besetzt, die den Schaho beherrscht. Auf dem rechten Flügel wenden die Russen Mörser an, mittels deren sie die Japaner von einem kleinen, in der Ebene liegenden Hügel zu vertreiben suchen. Die letzten Regenfälle haben die Flüsse anschwellen lassen, sodaß die Verwendung von Pontons erforderlich ist, da über den Schaho keine Brücke führt.

In Tokio ist, dem ‚„Reuterschen Bureau“ zufolge, ein am 19. d. M. abgegangener telegraphischer Bericht aus dem Hauptquartier der mandschurischen Armee ein⸗ getroffen, der die Lage in der Front folgendermaßen schilden:

Die mittlere Kolonne der rechten Armee griff gestern die feind⸗ liche Kavallerie, die Tunschiafen besetzt hielt, an und vertrieb se von dort; doch kehrte eine kleine Abteilung feindlicher Infanterie in diese Stellung zurück. Waitaoschan wird noch vom Feinde besetzt ehalten. Am Morgen des 19. Oktober wurden in der Nähe don Koorwankschia, rechts von unserer rechten Armee, zwei Bataillone feindlicher Infanterie sichtbar; sie haben anscheinend noch Ro⸗ serven hinter sich, deren Stärke jetzt erkundet wird. Am 19. Nachmittags wurden vom rechten Flügel der mittleren Armee zwei russische Bataillone mit einer Batterie Artillerie bemerkt, die von Tunschiafen auf Titischan ückte Titischan in Deckung gingen. Bei Fenschiapao beschoß feind⸗ liche Artillerie gelegentlich unsere Stellungen; eine feindliche Brigade hat bei Fesc aves Stellung genommen. An der Front der linken Kolonne ist keine Veränderung eingetreten, ebenso ist an der Front der mittleren Armee eine Veränderung der Lage nicht zu verzeichnen, ausgenommen elegentliches gegenseitiget Feuern. An der Front der linken Armee ist alles ahig. doch werden auch dort unsere Truppen gelegentlich vom eschossen. In der Nacht des 18. griff der Feind die linke Kolonne an, wurde aber zurückgeschlagen.

Der „New York Herald“ veröffentlicht ein Telegramn aus Tschenking vom 19. d. M., das besagt, der General Kuroki sei an Dyvsenterie erkrankt und liege im Sterben.

Der Prinz Karl Anton von Hohenzollern ist an 18. d. M. in Dalny eingetroffen.

Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Tschifu vom gestrigen Tage über die Lage bei Port Arthur folgendes:

Die Japaner haben am 8. auf Erlungschan und die Russen am 9. auf die japanischen Befestigungen einen der geblichen Angriff gemacht. Später unternahmen die Japaner (inen üͤberraschenden Angriff und eroberten Höhen und die nur 500 m von der Hauptbefestigung Erlungschan entfernte eiserne Eisenbahnbrücke seitdem haben die Russen verschiedene vergebliche Versuche gemacht. diese Stellung wiederzunehmen. Am 10. gingen neun Torpedo⸗ bootszerstörer aus dem Hafen und beschossen die linke Flank⸗ der ZJapaner, aber vier japanische Torpedobootszerstören zwangen die Russen, in den Hafen zurückzukehren; hierbei erlitt en japanisches Boot schwere Havarie, indem es auf eine Mine lief. Die russische Garnison ist jetzt auf 5000 Mann zusammengeschmollzen. 4.⸗ 13. fand ein heftiges Gefecht auf den Abhängen von Erlungscham statt, wobei die Japaner 300 Mann verloren. Die Nachricht von Auslaufen des Baltischen Geschwaders hat in der Festung große Bo⸗ geisterung hervorgerufen.

Das Staatsdepartement in Washington hat, me das „Reutersche Bureau“ erfährt, den ers nischen Protef dagegen, daß die russischen Truppen chinesische Kleider ge tragen hätten, an den Geschäftsträger Eddie in St. Peter⸗ burg zur Ueberweisung an die russische Regierung übermittelt Es heißt in Washington, die Bekleidung sei nicht gebrauch worden, um den Feind zu täuschen, sondern weil wegen ds eingetretenen kalten Wetters warme Kleidung nötig. gewesen sei. Es sei also nur eine Verletzung der Kriegsgesetze im te nischen Sinne. 8

Der „Daily Mail“ wird aus Phari vom 19. Oktob⸗ daß der General Macdonald trotz tiefen Schneez ei klarem Wetter seinen Rückmarsch fortgesetzt habe.

Dasselbe Blatt berichtet aus Simla, der indische Genera⸗ sekretär des Aeußern Sir W. J. Cuningham werde 1. Führer der am 25. d. M. zu Verhandlungen mit dem * von Afghanistan nach Kabul gehenden Spezialgesand schaft sein.

Parlamentarische Nachrichter.

Bei der gestern im 12. Casseler Wa lbezirk 5 genommenen Ersatzwahl zum Hause der A geordnete wurden, wie amtlich gemeldet wird, 187 Stimmen, und

fämtlich fur den Reichsgerichtsrat Dr. Spahn (Zenir), , gegeben 1X“

Ftatistik und Volkswirtschaft.

Auswärtiger Handel des deutschen Zollgebiets im Jahre 1903.

In dem soeben erschienenen Heft XIé vom Band 158 der Statistik des Deutschen Reichs“ hat das Kaiserliche Statistische Amt den Warenverkehr mit den einzelnen Ländergebieten von „Afrika“ mit Ausnahme der schon in Heft VII bei der Türkei bebandelten krrkischen Gebietsteile dargestellt. Den einzelnen Tabellen geht je eine allgemeine Darstellung der Handelsbeziehungen zu diesen Länder⸗ ebieten in den letzten 10 Jahren oder seit 1897, soweit besondere Nachweise erst seit diesem Jahr gegeben worden, voran.

Der an sich unbedeutende Handel mit Abessinien usw. ist be⸗ wertet auf 207 000 in der Einfuhr, hauptsächlich bestehend in rohem Bienenwachs und Kordofangummi, und 161 000 in der Ausfuhr, bei welcher besonders Eisenbahnlaschen, eiserne Schwellen, Messerwaren und Schneidewerkzeuge, Bier in Flaschen, Slasplättchen, Glasperlen usw. zu nennen sind.

Bei Aegypten ist der Gesamteinfuhrwert mit 57,1 Mill. Mark verzeichnet, der Wert der Ausfuhr dorthin mit 22,7 Mill. Mark

upteinfuhrwaren sind rohe Baumwolle (48,5 Mill. Mark), Zigaretten 65,5), Zwiebeln (1,3), Gummiarabikum (0,9), während die Ausfuhr dorthin vornehmlich aus Erzeugnissen der Textil-, Eisen⸗ und Metall⸗ warenindustrie besteht. Das Jahr 1901 u16“ nahmen Ein⸗ fuhr und Ausfuhr in den letzten 10 Jahren ständig zu, 1903 gegen⸗ über dem Vorjahr um je 25 v. H.

Algerien liefert hauptsächlich Phosphat, Eisenerze, Pflanzen⸗ haar, rohe behaarte Schaf⸗ und Ziegenfelle und rohes Korkholz, empfängt dagegen vornehmlich Preß⸗ und Torfkohlen, Feueranzünder, Maschinen, unbearbeiteten Tabak und ätherische Oele. Gesamt⸗ einfuhrwert: 9,093 Mill. Mark, Gesamtausfuhrwert: 0,899 Mill.

ark. 8 Der Wert der Gesamteinfuhr aus Britisch⸗Ostafrika be⸗ trägt 2,167 Mill. Mark, der der Ausfuhr dorthin 3,146 Mill. Mark; jene bestand vornehmlich aus Gewöürznelken, Nelken⸗ stengeln usw., Kautschuk und Guttapercha, Elfenbein, Rindshäuten, Mimosarinde, Mauritiushanf, diese aus Eisenbahnschienen, „Laschen, Schwellen, groben Eisenwaren, Zucker, Lokomotiven, baumwollenen Geweben, Glasplättchen, Perlen usw., Seife.

Britisch⸗Südafrika, Gesamteinfuhrwert 29,2 Mill. Mark, Gesamtausfuhrtwert 32,7 Mill. Mark, lieferte besonders rohe Schaf⸗ wolle (25,0), Straußfedern (2,6), Mimosarinde (0,7), getrocknete Kap⸗ blumen (0,4 Mill. Mark) und bezog vornehmlich Eisen⸗ und Baum⸗ wollenwaren, Klaviere, Maschinen, Kleider, Sprengstoffe, Bier, Zement, Zucker usw. usw. Der Handel mit der Oranje⸗Kolonie ist un⸗ ßedeutend, Einfuhr 0, Ausfuhr dorthin 44 000

Transvaal und Swasiland: Einfuhr 0.03, Ausfuhr 8,94 Mill. Mark, unter letzterer hauptsächlich Maschinen, grobe und feine Eisenwaren, gereinigies Glyzerin, Baumwollengewebe, Loko⸗ motiven, Eisenbahnfahrzeuge, Fahrräder.

Aus Portugiesisch⸗Ostafrika kommen insbesondere Kautschuk und Guttapercha, Erdnüsse, Mangrove, und Mimosarinde, Wachs und Kopra Gesamteinfuhrwert 2,27 Mill. Mark —; es gehen dorthin vornehmlich Eisen⸗ und Baumwollenwaren, Maschinen usw., Flaschen⸗ bier und Zündwaren Gesamtausfuhrwert 4,515 Mill. Mark.

Britisch⸗Westafrika führt hauptsächlich Palmkerne ein 82 v. H. des Gesamteinfuhrwerts von 42,8 Mill. Mark —, außerdem Palmöl, Kautschuk und Guttapercha, Kakaobohnen, Erdnüsse und Nutz⸗ holz und bezieht dagegen insbesondere Branntwein in Flaschen, Eisen⸗ und Baumwollenwaren und Parfümerien. Gesamtausfuhrwert: 6,2 Mill. Mark.

Aus Deutsch⸗Ostafrika werden Kautschuk, Kopra, Kaffee, Mauritius⸗ usw. Hanf, Wachs, Mangroverinde und Elfenbein einge⸗ führt Gesamteinfuhr: 2,114 Mill. Mark —; es werden dorthin ausgeführt namentlich Eisenwaren, Flaschenbier, Kleider, Maschinen Gesamtausfuhrwert: 2,564 Mill. Mark.

50 v. H. der gesamten Einfuhr aus Deutsch⸗Südwestafrika (Wert zusammen 0,3 Mill. Magk) besteht aus natürlichem Guano, alsdann aus Goldmünzen, Kupfererzen, Elfenbein, die wichtigsten Waren der Ausfuhr (Wert zusammen 4283 Mill. Mark) aus Eisenbahnschienen, ⸗Laschen, Schwellen, Bier, Kleidern, Eisen⸗ und Baumwollwaren, Patronen usw.

Aus Kamerun und Togo, Deutsch⸗Westafrika, kommen hauptsächlich Kautschuk, Palmkerne, Kakaobohnen, Palmöl, Elfenbein (Gesamteinfuhrwert: 4,4 Mill. Mark), es gehen dorthin Eisen⸗ und Baumwollenwaren, Schießpulver, Bier, Silbermünzen (jusammen Ausfuhrwert: 5,2 Mill. Mark).

Französisch⸗Westafrika Gesamteinfuhr: 5,8, Ausfuhr dorthin 2,6 Mill. Mark liefert Erdnüsse, Kautschuk, Palmkerne, Nutzbolz und empfängt Baumwollenwaren, geschälten Reis, Schieß⸗ pulver und alkoholhaltige Getränke. 1

Die Einfuhr aus dem Congostaat (8,97 Mill. Mark) besteht zu 92 v. H. in Kautschuk, alsdann in Elfenbein, Palmkernen, die Ausfuhr dorthin (674 000 ℳ) in Flaschenbier, Eisen und Baum⸗ wollenwaren, Schießbedarf.

Fe-E aus Liberia (Gesamteinfuhrwert: 1,493 Mill. Mark) sind Piassavafasern, Kaffee, Palmkerne, Palmöl, in der Aus⸗ fuhr dorthin (472 000 ℳ) sind besonders Eisen und Kupferwaren, Baumwollgewebe und Reis zu nennen. 3

Madagaskar (Einfuhr 2 192 900 ℳ) führt Kautschuk, Rinds⸗ häute, Vanille, rohe Erzeugnisse zu Bürsten ein, die Ausfuhr dorthin gee” ℳ) nennt insbesondere Flaschenbier und Nähmaschinen ohne Gestell.

8 Marokko liefert besonders Mandeln, dann Leinsaat, Schafwolle, Schaf. und Ziegenfelle, Wachs (zusammen 4,618 Mill. Mark) und bezicht vornehmlich gemünztes Silber, Wollenwaren, Kriegsbedarf, Zucker, Eisenwaren (zusammen 4,048 Mark).

Portugiesisch⸗Westafrika: Einfuhr 6,542 Mill. Mark, Aus⸗ fuhr 1,752 Mill. Mark Einfuhrwaren: Kakaobohnen, Kautschuk, Wachs, Errnüsse usw; Ausfuhrwaren: Eisen⸗ und Baumwollenwaren, Schieß⸗ pulver, Kleider, Bier, Spiritus. 1

Der Verkehr mit Tunis ist unbedeutend: Einfuhr 652 000 (über 80 v. §. Phosphat), Ausfuhr 641 000 ℳ, vornehmlich Leder, wollene und baumwollene Strumpfwaren. Eisenwaren.

Der Bezug aus dem „übrigen Afrika“ (Wert 145 000 ℳ) bestand in Kautschuk, Guttapercha, Nutzdolz von Buchsbaum usw.; der Versand dorthin (243 000 ℳ) in Eisenwaren, Schießpulver, Bier,

umwollenen und seidenen Geweben usw.

Hauptergebnisse der Bevölkerungsbewegung in Preußen 1903. e Nach den neuesten Feststellungen des Königlich vrzußischen Statistischen Bureaus kamen im Jahre 1903 1 274 666 Geburten, nmter 39 453 Totgeborene, 285 384 See. und 1cgs Sterbefälle einschließlich der Totgeborenen bei den rund 1e; preußischen Standesämtern zur Anmeldung, so daß auf 210 Einwohner 35,8 Geburten, 16,0 eheschließende Personen und *0 Gestorbene entfielen. Gegen das Vorjahr ist demnach die eburtsziffer weiter gesunken, und auch die Heiratsziffer hat eine geringe Abnahme erfahren. Dagegen ist die Sterbeziffer um 0,5 v. T. niegen. Diese letztere Tatsache ist bei den sich wiederholenden Schwankungen nicht besonders auffällig und dürfte für die weitere ntwickelung der preußischen Bevölkerung, welche sich in den letzten Abrfehnten bei geringer Abnahme der Heigatsliste durch ein ver⸗ Sitrismögig schnelles Sinken der Geburts⸗ und noch schnelleres inken der See. kennzeichnet, ohne nachhaltige Bedeutung sein. in d nter 1 eborenen waren mner chschmttlich im Jahre 1903 30 8 Städten 90,3 und auf dem Lande 57,1 unehelich Geborene, c bezw. 31,1 Totgeborene und 24,8 bezw. 26,8 Mehrlingskinder. Stätanteile der 8ee Geborenen sind demnach sowohl in den jens ten wie auch auf dem Lande weiter zurückgegangen, während die⸗ 888 der Totgeboren en in den Städten eine geringe

Kautschuk, E1“

Zunahme

FEexe waren unter 1000 ehelich Geborenen durchschnittlich;

1b einder in rein evangelischen, 386 in rein katholischen, 5,8 in rein jüdischen und 64,1 in anderen Ehen geboren. Gegen das Vorjahr, wo sich die entsprechenden Ziffern auf 547, 382, 6,5 und 64,5 stellten, hat somit die Geburtenzahl in rein katholischen Ehen zu⸗ und diejenige in rein evangelischen and jüdischen Ehen ab⸗ genommen.

Das Durchschnittsalter der Ebeschließenden belief sich 1903 gleichwie in den beiden Vorjahren bei den ännern auf 28,9 und bei den Frauen auf 25,7 Jahre. Die Zahl der Eheschließungen zwischen Junggesellen und Jungfrauen ist wiederum verhältnismäßig gestiegen, da 1903 auf 1000 eheschließende Paare 867 solcher ent⸗ sielen gegen 866 im Jahre 1902 und 865 im Jahre 1901. Ferner befanden sich unter 1000 eheschließenden Paaren 601 rein evangelische, 299 rein katholische, 8,9 rein jüdische und 91 anderen oder gemischten Religionsbekenntnisses. Die Ehedauer hat 19090 eine weitere Steigerung erfahren; sie betrug beim Ableben des Mannes durchschnittlich 25,7 und bei dem der Frau 24,0 Jahre, gegen 25,3 bezw. 23,9 im Jahre zuvor.

Die Sterblichkeit des Jahres 1903 war ungünstig. Es starben nämlich * 8

im Jahresdurchschnitt 1 bezw. im Jahre .

1881/85 1886/90 1891/95 . 1896/1900 1901

Personen

Geschlechts 354 44 368 360 363 544 365 640 364 656 373 893 Vv2 672622 1903 . .. . 1161 1 Unter 1000 Gestorbenen befinden sich ferner 502 Kinder unter 15 Jahren (1902 479) und 498 Erwachsene über 15 Jahre (1902 521) sowie 596 Ledige einschließlich der Kinder, 243 Verheiratete, 159 Verwitwete und 2,1 Geschiedene. Ferner kamen auf je 1000 Gestorbene 611 Evangelische, 379 Katholiken, 8,0 Juden und 2,4 sonstige Christen. Wie bereits aus den vorstehenden Angaben ersichtlich ist, hat sich die Kindersterblichkeit im Jahre 1903 nicht unerheblich vergrößert. Insbesondere sind auch die Säuglinge daran beteiligt. Denn es starben von 1000 Lebendgeborenen im ersten Lebensjahre im Jahres⸗ bei den Ehelichen bei den Unehelichen durchschnitt in den auf dem in den auf dem bezw. im Jahre Städten Lande Städten Lande 1876/80. 211 403 1881/85. 211 1886/90. 210 1891/95.. 203 1896/1900 . 195 1901. 195 1992 8 162 162 1908. . . ... 18 322. Infolge der hohen Kindersterblichkeit ist auch das Durchschnitts⸗ alter aller Gestorbenen gesunken; es betrug 1903 bei den männlichen Personen 28,0 und bei den weiblichen 30,8 Jahre, gegen 29,2 und 32,1 im Jahre 1902. (Stat Korr.)

Zur Arbeiterbewegung.

Gegen 1500 Bauanschläger (Schlosser Berlins und der Umgegend, die sich seit Wochen in einer Lohnbewegung befinden, waren, der „Voss. Ztg.“ zufolge, am Mittwoch versammelt, um den Bericht der Lohnkommission über die Verhandlungen mit der Meister⸗ kommission entgegenzunehmen. Es wurde mitgeteilt, daß die Ver⸗ handlungen mit der Schlosserinnung ergebnislos verlaufen seien. Zum Schluß wurde folgende Erklärung angenommen: „Sollten die Ver⸗ handlungen der Kommission am s den 24. Oktober d. J., nicht zu einem annehmbaren Ergebnis führen und die Bauanschläger dadurch gezwungen werden, in den Autstand zu treten, so fällt die Verant⸗ wortung dafür der Berliner Schlosserinnung zur Last.“

Aus Athen wird dem „W. T. B.“ gemeldet, daß die Arbeiter im Hafen von Piräus in den Ausstand getreten sind; sie fordern eine Erhöhung des Lohns.

KRKunst und Wissenschaft.

Eheschließungs⸗ und Ehescheidungsrecht der Völker Europas und iher Kolonien.

Die Völker der europäischen Staaten und ihrer Kolonien be⸗ finden sich auf den verschiedensten Stufen der Kultur, und wie es anders nicht denkbar ist, lassen sich auch in ihrem Eherecht Einflüsse dieser Kulturstufen deutlich erkennen. Von Zeit zu Zeit bieten die Tagesblätter ihrem Publikum als Neuigkeit Nachrichten über das Matriarchat im südlichen Afrika und auf Inseln der Südsee, während doch jedem Kundigen die Verbreitung dieser altertümlichen Sitte in jenen Gegenden wohlbekannt ist. In dem schon an anderer Stelle besprochenen, von dem Geheimen Oberjustizrat Dr. Leske und dem Justizrat Dr. W. Loewenfeld herausgegebenen Werke „Das Eherecht der europäischen Staaten und ihrer Kolonien“ 8 Heymanns Verlag, Berlin), dessen wertvollem Material die Mitteilungen entnommen sind, begegnen wir aber einer wohlbezeugten Nachricht aus unserem eigenen Erdteil und unserer Gegenwart. In Bulgarien gilt noch heutigen Tags als Ehescheidungs⸗ grund, wenn die Ehegattin ohne triftigen Grund ihren Gatten davon⸗ jagt und ihn innerhalb dreier Jahre trotz Ermahnung der geistlichen Behörde nicht wieder bei scc aufnimmt. Der Bearbeiter des Ehe⸗ rechts dieses Balkanstaates, bulgarischer Legationssekretär Dr. Schisch⸗ manow in Wien, bemerkt hierzu⸗ „So seltsam dies auch klingt, so hat der bulgarische Gesetzgeber doch die einheimischen Sitten vor Augen gehabt, da in einzelnen Gegenden Bulgariens, besonders dort, wo die Bevölkerung mit Griechen gemischt ist (Südbulgarien, wie auch die Kreise von Warna, Burgas und zum Teil Trnowo), die Frauen wahre Amazonen sind und das Zepter in der Hand haben.“ So gemahnt ferner an frühe Stufen des Rechts, daß noch heute in Montenegro die Wahlbrüderschaft als Ehehindernis gilt. Das Recht der Türken, auf deren Polygamie nur hingewiesen zu werden braucht, kennt heute noch eine Ehegabe, einen Kaufpreis für die Frau und gewährt dem Mann das Recht, die Frau ohne Angabe eines Grundes zu verstoßen. Dort werden auch die minder⸗ jährigen Kinder von ihren Gewalthabern noch zur Verheiratung gezwungen. Eine Erinnerung an die alten Hausgenossenschaften scheint es zu sein, daß in Rußland die Einwilligung der Eltern zur Eheschließung ohne Rücksicht auf das Alter der Kinder vorgeschrieben ist. 8 Fort⸗ bestehen der alten slavischen Hauskommunionen wird in dem genannten Werke aus bäuerlichen Gegenden Bulgariens wie auch Montenegros bezeugt. In dem letzteren Lande müssen nach der herrschenden Rechts⸗ sitte die Eltern zur Verheiratung der Tochter die Zustimmung der männlichen Mitglieder der „Familie“ in dem weiten Sinne, den dieses Wort in jenen Gegenden hat, einholen. Damit steht wohl auch in Zusammenhang, daß die griechisch⸗katholische Kirche das Ehehindernis i der bie zum 7 Grad ausdehnt,

n Serbien, wo sich die Hausgenossenschaften bis in die neuere Zeit erhalten haben, sogar auf den 8. Grad erstreckt ist. Interessant ist es, die Formen der Eheschließung in den einzelnen Ländern zu verfolgen. Außer im Deutschen Reiche ist noch in der Schweiz, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Frankreich, Monaco, Italien, Ungarn (mit Ausnahme von Kroatien und Slavonien) und Rumänien nur Zivilehe, in Rußland, Finnland, Bulgarien, Serbien, Montenegro, Kroatien⸗Slavonien und Griechen⸗ land nur kirchliche Ebeschließung zulässig. In Rußland wird die rein kirchliche Eheschließung so streng gehandhabt, daß sein Bei⸗ tritt zur Haager Konvention über das internationale Recht der Ebe⸗

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rfahren haben. Dagegen zei b 3 zeigte sich hinsichtlich der Mehrgeburten in

reuen auch im legkes Jahre eine Steigerung. EC“

schließung daran gescheitert ist, daß Rußland an der d st⸗ bees dse im Fiefacde ven Ruster nichk nochl eescieehene

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Ehen sollten nicht nur in Rußland, sondern auch im Staat⸗ der Eheschließung selbst schlechthin nichtig sein. In Dänemark, Norwegen und Schweden bildet ebenfalls die kirchliche Eheschließung die Regel; nur als Nothilfe wurde dort die Zivilehe anerkannt, in Dänemark und Norwegen für den Fall, daß kein Pfarrer verpflichtet ist, die Brautleute zu trauen, d. h wenn sie nicht beide seiner Kirchen⸗ Hente scheft angehören, in Schweden für die aus der lutherischen Kirche Ausgetretenen, bei Ehen zwischen Juden und Christen sowie zwischen Christen, die keine trauberechtigte Geistlichkeit haben, während bei Ehen zwischen Angehörigen verschiedener christlicher Kirchen, von denen eine oder beide trauberechtigte Geistliche haben, in Schweden Wahl zwischen bürgerlicher Eheschließung und kirchlicher Trauung be⸗ steht. In Oesterreich sind für Angehörige einer anerkannten Reli⸗ nur kirchliche Eheschließung und (wenn ein Seel⸗ orger die Vornahme des Aufgebots oder die Entgegennahme der feierlichen Erklärung der Einwilligung zur Ehe aus einem von der Gesehgebung des Staats nicht anerkannten Grunde verweigert) Not⸗ zivilehe, für andere ist nur Zitvilehe zulässig, in Spanien

und Portugal für Katholiken nur kirchliche Eheschließung, für

andere nur In England und Irland haben die Ver⸗

lobten die ahl zwischen kirchlicher und standesamtlicher Form,

in Schottland zwischen kirchlicher Form (regulärer Ehe) und bloßer Willenseinigung in beliebiger Ausdrucksform (irregulärer Ehe). Wie

konservativ man in England, insbesondere in der Wahrung altertüm⸗

licher Förmlichkeiten, ist, erhellt daraus, daß dort bei der Eheschließung

die Frau dem Mann noch ausdrücklich nach alten Formeln Gehorsam

zu versprechen hat. In manchen der canadischen Provinzen kann die Eheschließung auch vor Kommissaren und Stabsoffizieren der Heils⸗

armee erfolgen, was auf den ganz ungewöhnlichen Einfluß hinweist, den die Heilsarmee in jenen Gegenden besitzen muß Nach dem Recht der Türken hat die Bekundung der Willenseinigung vor zwei Zeugen stattzufinden; die Anwesenheit des IJmam (geistlichen Vor⸗ stehers des Viertels) ist vorgeschrieben, aber nicht wesentlich.

In der griechisch⸗ katholischen Kirche tritt auch die hohe Be⸗ deutung der Verlobung äußerlich dadurch hervor, daß sie durch den Priester eingesegnet wird; sie wird dort auch als Anfang der Ehe ihr geradezu gleichgestellt. Auf Kinderverlobungen in alter 3 deutet hin, daß in Montenegro eine Verheiratung vor Eintritt der Geschlechts⸗ reise möglich ist, die Ehe vor diesem Zeitpunkt aber nicht als voll⸗ zogen gilt.

Die meisten europäischen Staaten haben den Grundsatz der Auf⸗ löslichkeit der Ehe durch Richterspruch aus bestimmten Gründen in Staatsgesetzen sanktioniert. Nur in Italien, Spanien, Portugal, Monaco und Irland hat kein Gericht das Recht, eine Lösung dez Ehebandes durch Urteil auszusprechen; in diesen Ländern ist lediglich Trennung von Tisch und Bett unter bestimmten Voraussetzungen gestattet und die gültige Ehe nur durch den Tod eines Ehegatten lösbar. In Oesterreich und Kroatien⸗Slavonien kann die Auflösung der Ehe durch richterliches Urteil aus gewissen Gründen dann gefordert werden, wenn zur Zeit der Eheschließung keiner von beiden Teilen römisch⸗katholisch war; bei Ehen römis katholischer Personen darf auch in diesen Ländern nur auf Trennung von Tisch und Bett erkannt werden. Ebenso hat es Rußland für Römisch⸗ katholische bei dem Recht ihrer Kirche bewenden lassen, das nur Trennung von Tisch und Bett kennt. Nach türkischem Recht kann eine Ehe bei Lebzeiten der Ebegatten durch Privatakte (Ehescheidung auf Grund Uebereinkommens, Verstoßung der Gattin), durch richterliche Trennung (im Falle einer Scheidungsklage der Frau, ferner wenn die Frau die Beschuldigung des Ehebruchs durch Eide und Ver⸗ wünschung zurückweist), endlich ipso facto mit dem Eintritt gewisser Tatsachen (Gelübde der Enthaltsamkeit, Abfall eines Ehegatten vom Islam) gelöst werden. Die Gründe, aus denen ein Ehegatte gericht⸗ liche Scheidung der Ehe ferdern kann, sind in Rußland, Bulgarien, Griechenland, Serbien, Montenegro, Kroatien⸗Slavonien (bei Ehen von Griechisch⸗Orthodoxen, Protestanten und Juden) und auch in Oesterreich (bei Ehen von nicht römisch⸗katholischen Personen), der Schweiz, Belgien und Luxemburg weit zahlreicher als in den übrigen europäischen Staaten, die in Staatsgesetzen die Auflöslichkeit der Ehe durch Richterspruch anerkannt haben. So sind in Rußland, Bulgarien, Griechenland, Serbien, Montenegro und bei Ehen griechisch⸗orthodoxer Personen in Kroatien⸗Slavonien nach dem in diesen Ländern geltenden Rechte u. a. auch Hochverrat, Ver⸗ schickung nach Sibirien (in Rußland), längere Kriegsgefangenschaft (in Griechenland), Bedrückung der Religionsfreiheit des orthodoxen Gatten, Abfall vom orthodoxen Glauben, Religionsverschiedenheit infolge Be⸗ kehrung eines Gatten zum orthodoxen Glauben, Hebung des eigenen Kindes aus der Taufe, Eintritt in ein Kloster, unversöhnlicher Haß, von der Frau gegen den Mann dreimal verübter Diebstahl, nicht nur Geisteskrankheit, sondern auch Epilepsie und gewisse andere Krank⸗ heiten sowie Trunksucht Ehescheidungsgründe. Das Einverständnis beider Ehegatten ist als ein genügender Grund zur völligen Lösung der Ehe gesetzlich anerkannt außer in der Türkei noch in Belgien (sofern die Ehe mindestens 2, aber noch nicht 20 Jahre bestanden hat und die Frau noch nicht 45 Jahre alt ist), in Luxemburg (mit derselben Beschränkung wie in Belgien), in der Schweiz (esofern sich aus den Verhältnissen ergibt, daß ein ferneres Zusammenleben der Ehegatten mit dem Wesen der Ehe unverträglich ist“) und in Oesterreich (bei Ehen von nicht römisch katholischen Personen). Die willkürliche Scheidung als Recht des Mannes (Verstoßung der Frau) findet sich in Europa heute nur noch in der Türkei. Vielfach ist aber noch, als letzte Nachwirkung, die Erschwerung der Ehescheidung bezw. der Trennung von Tisch und Bett für die Frau bei Ehebruch des Mannes

eltendes Recht: in Belgien, Spanien, Portugal, Großbritannien und Irland, Griechenland. Ein wesentlicher Schutz der Frau ist im neuesten englischen Recht in praktischer Weise durch die auf ihren Antrag vom Polizeirichter in einem abgekürzten Verfahren auszusprechende Trennung für solche Fälle erreicht, die der Frau ein Zusammen⸗ leben mit dem Mann zur moralischen Unmöglichkeit machen, ½ B. bei Verurteilung des Mannes wegen brutaler Mißhandlung der Frau, bei böslicher Verlassung. Versagung des Unterhalts oder Trunksucht. Bezeichnend für die englischen Zustände ist es, daß dasselbe Recht auch dem Ehemann der trunksüchtigen Frau eingeräumt ist. Diese

einrichtung haben auch die meisten englischen Kolonien eingeführt. Die Folge des Ehebruchs ist in einzelnen Ländern dahin geordnet, daß der schuldige Ehegatte überhaupt nicht mehr helraten darf, so in Rußland und für die Ehefrau in Griechenlaad.

In Zweibrücken ist, wie „W. T. B.“ meldet, der Orientalist, Regierungsrat Dr. Emil Schlagintweit, der jüngste und kisr Ueberlebende von fünf Brüdern, die der Wissenschaft hervorragende Dienste geleistet haben, gestern aus dem Leben geschieden. Er war am 7. Juli 1835 geboren, widmete sich zunächst der Rechtswissenschaft wandte sich aber (1855) zu Berlin gleichzeitig auch der Orientkunde zu. Nach Beendigung seiner Studien trat er in den bayerischen Verwaltungs⸗ dienst, in dem er es bis zum Regierungsrat brachte. Nachdem er sich die tibetische Sprache angeeignet, gab er nach den Handschriften seiner Brüder in englischer Sprache ein Buch über den Buddhismus (1863) heraus und veröffentlichte mit Unterstützung der baverischen Akademie der Wissenschaften „Die Könige von Tibet“ (München 1865) und Die Gottesurteile der Indier“ (1866) Nach einem umfangreichen Quellenmaterial wurde bearbeitet. „Indien in Wort und Bild“ (2 Bde. 2. Aufl. Leipzig 1890). Nach dem Tode der Brüder machte Emil Schlagintweit deren große Sammlungen durch Kataloge und Aufstellung in öffentlichen Museen, meist Deutschen Reiche, allgemein zugänglih. hs

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Ab maßregeln.

Die bulgarische Regierung hat die für Herkünfte von Smyrna angeordneten Quarantäne maßregeln wieder aufge⸗ der 2 8

hoben. (Vergl. „R.⸗Anz“ vom 6. d. M., Nr. 236.)

auf eine Legalisierung des „Separiertlebens“ hinauskommende Rechts⸗