1904 / 294 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 14 Dec 1904 18:00:01 GMT) scan diff

Bei III. Preise der Arzneimittel

treten folgende Aenderungen der bisherigen Ansätze in Kraft: omiim bromastan 8 F4“*“ 1 15 Bismutum oxyjodatum . . .. 1 15 . J“ 8 65 bbX“ 75

19,. it.,Be118132,878 75

8 1““ 10 a444X4X““ 15 Drtrsetum Hydrastis Uuid. .. es 8 8 80

8 8 35 4“ 15

15

1““ Jodum.

Kalium bromatum

Oleum Jecoris Aselli b Rhizoma Hydrastis ““ Serum antidiphthericum Nr. 0 500 fach 1 kzm

IdoSco—-'

.

Tinctura Jodi G 111—00)

8E „2u 2

Berlin, den 9. Dezember 1904. Der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten. Studt.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.

Schließung mehrerer Bezirke für Notierung forst⸗

versorgungsberechtigter Anwärter. Die Regierungsbezirke Gumbinnen, Potsdam, 2 11b „, ₰12 7 8 furt a. O., Stettin, Köslin, Stralsund, Posen, Bromberg, Breslau, Magdeburg, Merseburg, Erfurt, Hannover, Hildes⸗ heim, Lüneburg, Minden, Wiesbaden, Koblenz und Düsseldorf werden bis auf weiteres für Notierungen forstversorgungs⸗ berechtigter Anwärter geschlossen. Dies ist schleunigst durch das Amtsblatt zur öffentlichen Kenntnis zu bringen. Berlin, den 10. Dezember 1904. 8 Der Minister für 1I1“ Domänen und Forsten. 8 L Wesener.

Der bisherige Kanzlist bei der mechanisch⸗technischen Ver⸗ suchsanstalt in Charlottenburg Lewandowski ist zum Ge⸗ heimen Kanzleisekretär im Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten ernannt worden.

Ministerium für Handel und Gewerbe. Dem außerordentlichen Lehrer an der Königlichen Verg⸗ akademie zu Berlin, Oberingenieur Dr. phil. Zickermann ist das Prädikat „Professor“ verliehen worden.

Bekanntmachung.

I1I.“X“ *

Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetzsamml S. 357) sind bekannt gemacht:

1) das am 30. Juni 1904 Allerhöchst vollzogene Statut für die Entwässerungsgenossenschaft „Rheinböllen III“ zu Rheinböllen im Kreise Simmern durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Koblenz Nr. 47 S. 279, ausgegeben am 10. November 1904¼;

2) das am 16. September 1904 Allerhöchst vollzogene Statut für die Stawa⸗Wiesen⸗Entwässerungsgenossenschaft zu Sullenschin im Kreise Karthaus durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Danzig Nr. 45 S. 341, ausgegeben am 5. November 1904;

3) der Allerhöchste Erlaß vom 23. September 1904, durch welchen der Stadtgemeinde Quedlinburg das Recht verliehen worden ist, ein zur Anlegung eines kommunalen Begräbnisplatzes erforderliches Grundstück in der Gemarkung Quedlinburg im Wege der Enteignung zu erwerben, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Magdeburg Nr. 47 S. 454, ausgegeben am 19. November 1904;

4) der Allerhöchste Erlaß vom 1. Oktober 1904, betreffend die Verleihung des Rechts zur Chausseegelderhebung usw. an den Kreis Tarnowitz für die von ihm ausgebaute Chaussee von der Beuthener Kreisgrenze bei Buchatz bis zur Einmündung in die Chaussee Tarnowitz Neudeck, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung

zu Oppeln Nr. 46 S. 381, ausgegeben am 11. Nooember 1904;

5) das am 1. Oktober 1904 Allerhöchst vollzogene Statut für die

Entwässerungsgenossenschaft zu Mierunsken im Kreise Oletzko durch

das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Gumbinnen Nr. 43 S. 401, ausgegeben am 26. Oktober 1904;

6) das am 1. Oktober 1904 Allerhöchst vollzogene Statut für die Entwässerungsgenossenschaft zur Regulierung des Seegrabens im Freise Pillkallen durch das Amteblatt der Königlichen Regierung zu Gum⸗ binnen Nr. 46 S. 422, ausgegeben am 16. November 1904;

1 7) der Allerhöchste Erlaß vom 12. Oktober 1904, betreffend die Verlethung des Enteignungsrechts an die Firma Havestadt und Contag, offene Handelsgesellschaft zu Deutsch⸗Wilmersdorf⸗Berlin, zur Entziehung und zur dauernden Beschränkung des zum Bau und Betrieh einer Privatanschlußbahn von dem Staatsbahnhofe Münden nach der u errichtenden Umschlagsstelle an der Weser in Anspruch zu nehmenden Grundeigentums, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu⸗ Hildesheim Nr. 46 S. 2 9, ausgegeben am 18. November 1904; 8) der Allerhöchste Erlaß vom 12. Oktober 1904, betreffend die Verlethung des Rechts zur Chausseegelderhebung usw. an die Gemeinde Kochlowitz im Landkreise Kattowitz für die von ihr zu bauende Chaussee von Kochlowitz bis zur Kreisgrenze bei Panewnik, durch das Amteblatt er Königlichen Regierung zu Oppeln Nr. 47 S. 387, ausgegeben am 8. November 1904;è,

90

Frank⸗

8 “X“ 8 6“ 8— 9) das am 12. Oktober 1904 Allerhöchst vollzogene Statut für die Wassergenossenschaft der Jeetzel⸗Niederung zu Lüchow im Kreise Lüchow durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Lüneburg Nr. 45 S. 271, ausgegeben am 11. November 1904; 10) der Allerhöchste Erlaß vom 17. Oktober 1901, betreffend die Anwendung der dem Chausseegeldtarife vom 29. Februar 1840 ange⸗ hängten Bestimmungen wegen der Chausseepolizeivergehen auf die im Landkreise Recklinghausen erbauten Chausseen: 1) vom Dorfe Erle nach Bahnhof Rhade, 2) von der Provinzialstraße Recktinghausen Waltrop nach Henrichenburg und weiter bis zur Grenze des Re⸗ gierungsbezirks in der Richtung auf Ickern, 3) vom Dorfe Buer bis zur Grenze des Regierungsbezirks bei Gelsenkirchen, durch das Amts⸗ blatt der Königlichen Regierung zu Münster Nr. 47 S. 301, aus⸗ gegeben am 24. November 1904; 11) der Mlerhöchste Erlaß vom 26. Oktober 1904, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Aktiengesellschaft der ver⸗ einigten Kleinbahnen der Kreise Köslin, Bublitz und Belgard zu Köslin zur Entziehung und zur dauernden Beschränkung des zum Bau und Betrieb einer Kleinbahn von Manow nach Bublitz mit Ab⸗ zweigung nach Belgard in Anspruch zu nehmenden Grundeigentums, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Köslin Nr. 48 S. 275, ausgegeben am 1. Dezember 190uu9. 8 8

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 14. Dezember. 8

Seine Majestät der Kaiser und König sprachen heute vormittag bei dem Reichskanzler Grafen von Bülow vor und nahmen später im hiesigen Königlichen Schlosse den Vortrag des Chefs des Zivilkabinetts, Wirklichen Geheimen Rats Dr. von Lucanus entgegen.

8 8

Der Ausschuß des Bundesrats für Justizwesen, der Ausschuß für Zoll⸗ und Steuerwesen, die vereinigten Aus⸗ schüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Justizwesen sowie die vereinigten Ausschüsse für ee und Verkehr und für Zoll⸗ und Steuerwesen hielten heute Sitzungen

““

Der Bevollmächtigte zum Bundesrat, Großherzoglich mecklenburgische Oberzollrat Lorentz ist in Berlin an⸗ gekommen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Hansa“ mit dem Zweiten Admiral des Kreuzergeschwaders an Bord, am 12. Dezember in Schanghai eingetroffen.

S. M. S. „Luchs“ ist am 12. Dezember in Hongkong eingetroffen. 1

SESuchsen⸗Evburg⸗Gothaä. Nach dem heute morgen ausgegebenen Bulletin über das Befinden Ihrer Großherzoglichen Hoheit der Herzogin⸗ Witwe Alexandrine ist, wie „W. T. B.“ berichtet, keine Besserung eingetreten. Die Nacht war sehr unruhig, erst Morgens 5 Uhr trat Schlaf ein.

Deutsche Kolonien.

Nach einem amtlichen Telegramm aus Windhuk ist, wie „W. T. B.“ meldet, der Reiter Michael Regnath, ge⸗ boren 21. September 1879 zu Dietfurt, früher im Königlich bayerischen 15. Infanterieregiment, am 8. Dezember im Lazarett Owinaua⸗Naua an Lungenentzündung gestorben.

Amtlich wird, dem „W. T. B.“ zufolge, gemeldet: Am 28. November sind im Gefecht bei Warmbad gefallen: Unteroffizier Hugo Nickel, geboren 7. September 1877 zu Klein⸗Drensen, früher im Utanenregiment Nr. 9; Reiter von der Fecht, geboren 12. Oktober 1881 zu Balje, früher im Husaren⸗ regiment Nr. 16; Reiter Karl Dresen, geboren 5. Juli 1882 zu Broich, früher im Kürassierregiment Nr. 4. Verwundet wurden Gefreiter der Reserve Christoph Bolies, geboren 5. März 1878 zu Stolbeck, früher im Grenadierreniment Nr. 1, schwer, Reiter Johannes Elias, geboren 16. Januar 1882 zu Tettenbüll, früher im Husarenregiment Nr. 15, schwer; Reiter Georg Schäferlein genannt Maier, geboren 17. September 1882 zu Memmelsdorf, früher im Jafanterie⸗ regiment Nr. 95, schwer. Vermißt wird Gefreiter Wil⸗ helm Siebel, geboren 8. Oktober 1879 zu Hof⸗Buchen, früher im Füsilierregiment Nr. 80 8

An Typhus sind gestorben: Gefreiter Paul Jüttner, geboren 4. Juni 1884 zu Goldberg (Schlesien), früher im Feld⸗ artillerieregiment Nr. 41, am 10. Dezember im Lazarett Windhuk, Reiter Otto Flanze, geboren 24. Juni 1883 zu Nahrten, früher im Luftschifferbataillon, am 11. Dezember im Lazarett Otjosondu, Reiter Karl Ehlers, geboren 16. Frbruar 1883 zu Groß⸗Voigtshagen, früher im Infanterie⸗ regiment Nr. 162, am 2. Dezember im Lazarett Owikokorero, Reiter Wilhelm Gollert, geboren am 19. Juli 1881 zu Yanz, früher im Infanterieregiment Nr. 128, am 7. Dezember im Lazarett Epukiro.

Oesterreich⸗Ungarn.

In Budaäpest herrschte gestern, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet, den ganzen Tag über vollständige Ruhe. Die Polizei, die Vormittags vor dem Unterhause Aufstellung genommen hatte, hatte keine Veranlassung einzuschreiten. Die Personen, die bei der Räumung des Platzes festgenommen wurden, wurden sofort entlassen. Der Polizeiinspektor Rogulya, der von mehreren Abgeordneten tätlich insultiert worden war, hat gegen diese Strafanzeige erstattet.

Nachträglich ist noch zu erwähnen, daß Kossuth und Graf Apponyi nach der Verwüstung des Saales ihren An⸗ hängern mitteilten, der Präsident Perczel wünsche die Sitzung zu eröffnen, die nach Verlesung des Königlichen Einberufungsreskripts sofort wieder geschlossen werden solle. Die oppositionellen Abgeordneten riefen darauf: Jeder

Perczel jemals präsidiere.

eine Anzahl Minister und weilten nur 10 Minuten im Saale; die oppositionellen Ab⸗ geordneten brachen in Pereatrufe aus.

kann präsidieren, nur Perczel nicht. Wir dulden nicht, daß Der Ministerpräsident sowie liberale Abgeordnete ver⸗

. 8 ““ 1 L“ Pe“ Das ist kein politischer Kampf mehr, das ist ein gewöhnliches erbrechen. 1 Die für gestern anberaumt gewesenen Sitzungen des Oberhauses und des Unterhaufes sind auf heute ver⸗ schoben worden.

Ihn einer Konferenz der liberalen Partei erklärte gestern der Ministerpräsident Graf Tisza:

Er sei überrascht gewesen, daß das Unterhaus zum Schauplatz strafbarer Handlungen geworden sei, mit denen sich die Gerichte zu be⸗ fassen haben würden. Die Regierung werde sich durch solche Aus⸗ schreitungen nicht beirren lassen. Sollte der Fall eintreten, daß ch unmöglich sei, Sitzungen abzuhalten, so werde sofort ein Appell an die Nation erfolgen, doch sei nicht anzunehmen, daß man fortgesetzt durch Kriminalakte die Tätigkeit des Parlaments vereiteln werde In diesem Falle würden stärkere Mittel zur Anwendung ge⸗ bracht werden müssen, und er hoffe, daß sich niemand in der Partei finden werde, der sich dieser traurigen Notwendigkeit, falls sie eintreten sollte, verschließen werde. Alle Versuche der Opposition, die Bewegung auf die Straße zu verpflanzen, seien bisher kläglich miß. lungen. Selbst derjenige Teil der hauptstädtischen Bevölkerung, der entgegengesetzte politische Prinzipien verfolge, verurteile die Ausschreitungen der Obstruktion und billige das Vorgehen der Regierung, um dem Unwesen ein Ende zu machen. Im weiteren Verlaufe seiner Rede sagte Graf Tisza, in Erwiderung auf die Bemerkung des Parteimitglieds Szentivanyi bezüglich der Vermittlerrolle der Dissidenten, daß er sich niemals einem Ideenaustausch mit der Opposition hinsichtlich einer friedlichen Vereinbarung über eine gemäßigte Revision der Hausordnung ver⸗ schlossen habe, doch sei jede Vermittelung aussichtslos, solange nicht der Schandfleck der Vorgänge im Parlament gesühnt worden sei.

Baron Daniel gab dem vollen Vertrauen der Partei⸗ mitglieder Ausdruck und erklärte, daß sich niemand finden werde, der die Partei im Kampfe für den Parlamentarismus feige im Stich lassen werde. Diese Erklärung wurde von allen Anwesenden mit lebhaftem Beifall aufgenommen.

Frankreich.

Der Präsident Loubet empfing gestern nachmittag, wie

W. B.“ meldet, den französischen Botschafter in t. Petersburg Bompard, der ihm ein Handschreiben des Kaisers Nikolaus überreichte.

Der Senat nahm gestern einen Gesetzentwurf an, wonach der Artikel des Code civil abgeschafft wird, der dem wegen Ehe⸗ bruchs Geschiedenen untersagt, seinen Mitschuldigen zu heiraten.

In der Deputiertenkammer brachte der Ministerpräsident Combes eine Vorlage ein, durch die ein Betrag von 100 000 Fr. als Beihilfe für den unter dem Protektorat des Präsidenten stehenden Internationalen Tuberkulosekongreß gefordert wiid. Hier⸗ auf nahm die Kammer die Beratung des Einkommensteuer⸗ gesetzes wieder auf. Der Depatierte Caillaux (Republikaner) er⸗ klärte sich für die Einkommensteuer, machte aber verschiedene Aus⸗ stellungen. Im Laufe seiner Rede beklagte er sich darüber, daß die fremten Staatsfonds in Frankreich nicht genügend besteuert selen, was die französischen Kapitalisten veranlasse, fremde Fonds zu kaufen. Der Finanzminister Rouvier führte aus, er glaube, an der Rente keine Aenderung vornehmen zu können, da in Zukunst sicherlich eine Er⸗ niedrigung des Zinsfußes eintreten werde. Der Minister recht⸗ fertigte die Grundlagen, auf denen sich der Gesetzentwurf auf⸗ baue; er verteidigte die abgestufte direkte Steuer und wies nach, daß die neue Steuer keine Doppelbesteuerung mit sich bringe. Er erklärte sich im übrigen zu Konzessionen bereit, voraus⸗ gesetzt, daß die Grundzüge des Gesetzes gewahrt blieben. Der Minister erkannte an, daß die Ausgaben sich immer gesteigert hätten; aber man dürfe gewisse unumgängliche Ausgaben nicht zurückweisen, ohne die Versprechungen zu vergessen, die man der Demokratie gemacht habe. Ein Gesetz müsse die Republik annehmen, das, betreffend die Alters⸗ versorgung der Arbeiter. Der Minister schloß, indem er sich an die Konservativen wandte: Sie verkennen die moderne Geselsschaft, die unzweifelhaft in Aufregung versetzt, aber doch lebensfähig ist durch das Wesen menschlicher Solidarität. Darauf wurde die Weiter⸗ keratung auf Montag vertagt.

Die Untersuchungskommission für die Nordsee⸗ angelegenheit wird wahrscheinlich am nächsten Dienstag oder Mittwoch im Ministerium des Aeußern zusammentreten. In ihrer ersten Sitzung wird die Kommission das fünfte Mit⸗ glied wählen und sich dann bis zum Januar vertagen.

Auf Grund der Ratifikation des französisch⸗ siamesischen Abkommens hat die siamesische Re⸗ gierung den französischen Konsul Padoux zum gesetz⸗ geberischen Beirat und den Obersten Boullet zum Oberkommandierenden der Eingeborenentruppen in den Provinzen Battambong und Siemo⸗reap ernannt.

Rußland.

Aus Helsingfors wird dem „W. T. B.“ mitgeteilt, der Kaiser habe jetzt den ausgewiesenen Finnländern Gripen⸗ berg und Kuhlfeldt die kürzlich verweigerte Erlaubnis erteilt, nach Finnland zurückzukehren, um an den Landtags⸗ verhandlungen teilzunehmen. 3

Italien. In der gestrigen Sitzung der Deputiertenkammer führte bei der Adreßdebatte als Antwort auf die Thronrede der Deputierte Ferri (Soz) aus, die Thronrede habe nichts über den allgemeinen Ausstand und über die Chescheidung enthalten; der Ausstand sei nicht das Werk einer kleinen den Umsturz bezweckenden Zahl gewesen, sondern eine feierliche Protestkundgebung des Proletariats. Die Gruppe der Sozialisten und das Prolctatiat sollten sich allen Beschränkungen des Ausstandsrechts widersetzen. Der Deputierte Ta roni (Republikaner) trat für die Notwendizkeit wirtschaftlicher Reformen ein. Der Deputierte Sonnino forderte das Ministerium auf, sich über die Militär⸗ und Eisenbahnfrage zu äußern. Der Ministerpräsident Giolitti stellte in Abrede, daß es der neuen Kammer an politischer Information fehle und daß sie das Resultat einer Ueberraschung sei. Da Ferri und viele seiner Freunde ihr Mandat hätten niederlegen wollen, habe die Regierung an das Land appelliert, dessen Antwort derart genesen sei, daß sie keinen Zweifel zulasse. In der Thronrede habe man nicht viele Einzelheiten über das Arbeitsprogramm geben können. Die Frage der Ehescheidung sei auf fast einstimmigen Beschluß der früheren Kammer zurückgestellt worden. Bei dem letzten Wahlkampfe habe fast niemand von der Scheidung gesprochen, der er der Minister übrigens günstig gegenüberstehe. Bei den Unruhen im September, die für jedermann und besonders für die Regierung schmerzlich gewesen seien, würden sich gewisse Aus⸗ schreitungen nicht ereignet haben, wenn die“ Agitatoren auf den ver⸗ schiedenen Kulturzustand und Geist der Bevölkerung Rück⸗ sicht genommen hätten. Jedenfalls sei es durchaus ungerecht, die Regierung für einige bedauernswerte Vorkommnisse ver⸗ antwortlich zu machen. Das Militär sei von den Ruhestörern an⸗ gegriffen worden und habe sich auf seine Verteidigung beschränkt. Wenn ein Beamter seine Pflicht nicht getan habe, sei er bestraft worden. Gegenüber dem allgemeinen Ausstande habe die Regierung sich vorgenommen gehabt, den Ausstand nicht waltsam zu unter⸗ drücken; sie habe Vertrauen in den guten Geist der Bevölkerung gehabt, in der Ueberzeugung, daß es sich nur um eine vorübergehende Berirrung handele. Sie habe daher den Präfekten Mäßigung und Ruhe empfohlen. Es sei kein Grund vorhanden, dieses Verfahren zu bedauern. Wenn auch nicht alle volkswirtschaftlichen und finanziellen Reformen, die die Regierung beabsichtigt habe, in der vergangenen

Graf Tisza sagte:

Leg slaturperiode hätten verwirklicht werden können, so seien doch die

8 8 1

8 zht und die Lage der Arbeiter bedeutend gebessert worden Pis die absolute Notwendigkeit verkennen, daß der regel⸗ mäßige öcfentliche Dienst aufrecht erhalten werden müsse, Ausstände von Staatsbeamten würden nicht statifinden, andernfalls würden die Ausständigen sofort entlassen werden. Die Reformen, die die Regierung in kurzer Zeit durchgeführt habe, seien nicht gering an Zahl und Bedeutung, das dauernde Bestreben der Regierung und des Parlaments müsse und werde es aber sein, die Lage der minder gutgestellten Klassen zu bessern, denn die Ausdehnung des Wohlstandes auf alle Bevökerungs⸗ klassen sei ein sicherer Schutz des Friedens im Vaterlande. Die Adresse zur Beantwortung der Thronrede wurde sodann mit großer Mehrheit in einfacher Abstimmung angenommen und die Sitzung vertagt. 1 1“ 8

Die Agenzia „Stefani“ veröffentlicht nachfolgende Note:

Die über ein angebliches Uebereinkommen zwischen der Re⸗ gierung und den Eisenbahngesellschaften verbreiteten Nach⸗ richten sind vollkommen unbegründet. Wenn die Regierung irgend ein Abkommen abgeschlossen hätte, so würde sie es unverzüglich der Kammer mitteilen, und wenn die Kammer nicht tagen würde, würde

ees sofort veröffentlichen. Indessen hat der Minister der öffentlichen N beten der Kammer einen Gesetzentwurf, betreffend den Ankauf der Zugangslinien zum Simplon, sowie, betreffend die Ermächtigung, bis zum 30. April 1905 den Zeitpunkt der Erwägung hinauszuschieben, ob es für den Staat angebracht sei oder nicht, die Mittelmeerbahnen anzukaufen, vorgelegt. Im zustimmenden Falle würden die Bedingungen des Ankaufs der Ge⸗ nehmigung des Parlaments vorgelegt werden.

Spanien. 8

1 8 . In der Deputiertenkammer sprach sich gestern, wie „W. T. B. erfährt, bei der Beratung des Budgets des Aeußern der Depu⸗ tierte Moret zu Gunsten des Vertrages mit Frankreich über Marokko aus. Der Minister des Aeußern Sam Pedro erklärte, er werde sein möglichstes für die Entwickelung der Politik Spaniens in Marokko tun; er habe zu diesem Zwecke bereits als Vertreter Spaniens in Marokko einen Diplomaten der gleichen Kategorie wie jener Frank⸗ reichs bestellt, denn er sei überzeugt, daß durch Diplomaten doch größere Vorteile als durch Soldaten würden erzielt werden.

Schweiz.

Der Ständerat hat, wie „W. T. B.“ erfährt, einstimmig

beschlossen, in die Beratung des neuen (dritten) Gesetzentwurfs, be⸗

treffend die Gründung einer mit dem Notenmonopol aus⸗ zustattenden Nationalbank, einzutreten.

Niederlande.

Die diplomatische Konferenz zur Beratung der Frage über die Stellung der Hospitalschiffe im Kriege ist, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern im Haag von dem Minister des Auswärtigen von Lynden, der zum Ehrenpräsidenten ernannt wurde, eröffnet worden. Zu Präsidenten wurde der französische Gesandte im Haag Baylin de Monbel und der niederländische Staatsrat Asser ernannt. Die Konferenz sandte an die Königin ein Huldigungstelegra

Türkei.

Die Botschafter der Ententemächte haben, nach einer Meldung des Wiener „Telegr.⸗Korresp.⸗Bureaus“, in einer der Pforte am 12. d. M. überreichten Note die Not⸗ wendigkeit der Vermehrung der fremden Offiziere in Mazedonien noch einmal betont und auf die Unfähig⸗ keit der Pforte, daselbst Ordnung zu schaffen, sowie auf die schweren Folgen ihres Widerstandes für die Türkei hinge⸗ wiesen. Alle übrigen Botschafter haben sich den Vor⸗ stellungen der Botschafter der Ententemächte bezüglich des Bandenunwesens und der gegenseitigen Bekämpfung der christlichen Nationalitäten in Mazedonien ange⸗ schlossen. 8 8

Amerika. 8

Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Washington von habe beschlossen, den Richter Swayne vom Bundesgericht wegen grober Vergehen unter Anklage zu stellen. Er sei 212 Tage von seinem Bezirke entfernt gewesen, außerdem habe er unter Eid Ausgaben zurückverlangt, die in Wirklichkeit niedriger gewesen seien. Seit 74 Jahren sei dies die erste Ver⸗ folgung eines Bundesrichters.

Der Friedensvertrag zwischen Argentinien und Paraguay ist, wie die „Agence Havas“ meldet, an Bord eines argentinischen Kriegsschiffes in Gegenwart des diplo⸗ matischen Korps unterzeichnet worden. Gaoma werde Präsident von Paraguay werden.

Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, sind gestern ein⸗ undzwanzig zum russischen baltischen Geschwader gehöre Kriegsschiffe in Mossamedes eingetroffen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ tags befindet sich in der Ersten und Zweit Beilage

Dem Reichstage ist die Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben der Schutzgebiete Kamerun und Togo, des Suͤüdwestafrikanischen Schutzgebiets, des Schutzgebiets Neu⸗ Guinea, der Verwaltung der Karolinen, Palau und Marianen sowie des Schutzgebiets Samoa für das Rechnungsjahr 1902, owie die Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben des Schutzgebiets Kiautschou für das Rechnungsjahr

2

1903 zugegangen.

Statistik und Volkswirtschaft.

8 Salzstatistik. 8 1 Die im IV. Vierteljahrsheft zur Statistik des Deutschen Reichs, Jahrgang 1904, veröffentlichte Statistik der Salzgewianung und „Be⸗ steuerung ergibt, daß im deutschen Zollgebiete während des Rechnungs⸗ jahres 1903: 281 357 t Steinsalz (1902: 817 428 t), an Siedesalz: 613 713 t (1902: 578 761 t) gewonnen wurden.. 8 Die Einfuhr ausländischen Salzes betrug 19737 t (1902: 25 312 98 Die Einfuhr besteht wie früher meist in englischem Siedesalz 15 258 t doch kamen größere Meagen auch aus den Niederlanden 1660 t und aus des 2127 t. Das ausgeführte Salz ist zum größten Teile Stein⸗ alz 316 493 t, wovon nach Belgien 48 655 t, nach den Niederlanden 40 123 t. Oesterreich⸗Ungarn 44 260 t, Britisch⸗Indien 92 495 t, den Ver⸗ einigten Staaten von Amerika 47 178 t abgesetzt worden sind. Von dem ausgeführten Siedesalz 83 082 t sind 10 960 t nach Dänemark, 18 395 t nach Schweden, 12 050 t nach den Vereinigten Staaten von Amerika ausgeführt. An Speisesalz gelangten 466 296 t oder 7,9 kg auf den Kopf der Bevölkerung zum Verbrauch, wogegen der Verbrauch an un⸗

86 8 Hiervon wurden an Soda, und Glaubersalzfabriken 279 630 t deae haben chemische und Farbenfabriken 141 400 t, Häutebändler 34 966 t, Metallwarenfabriken und Hütten 35 158 t

steuerfreies Salz bezogen. 7. Heft der Vierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen 1““ 1904, enthält u. a. eine Statistik der Ta bakernte und⸗besteuerung im deutschen Zollgebiet für das Erntejahr 1903 (1. Juli 1903 bis 30. Juni 190 4) und im Anschluß daran einen vor⸗ läufigen Nachweis über den Tabakanbau im Jahre 1904. . Mit Tabak bebaut und abgeerntet wurden im Jahr 1903: 16 552 ha gegen 1902: 17 325 ha, 1901: 16 963 ha, 1900:14 75 ha. Die Ernte an trockenen, dachreifen Blättern betrug 33 072 t (1902: 37 698 t, 1901: 40 013 t, 1900: 34 790 t). Die angebaute Fläche war also 773 ha, die geerntete Tabakmenge 4626 t geringer als im

Vorjahr. Der Durchschnittsertrag von 1 ha belief sich, füͤr das ganze Zollgebiet berechnet,

auf 20 dz gegen 21,8 dz im Vorjahr und 23,6 dz in den Jahren 1901 und 1900. In den einzelnen Bezirken waren diese Erträge wie gewöhnlich sehr verschieden, sie schwanken zwischen 11,7 dz in Schlesien und 26 5 dz in Hessen⸗Nassau. Der mittlere Preis für 1 dz dachreifen Tabak berechnet sich, einschließlich der Steuer, für das Zollgebiet auf 82,6 wie im Vorjahr.

Nach den Berichlen der Direktivbehörden war die Tabakernte ver⸗ hältnismäßig gut bis befriedigend in Ostoreußen, omme Branden⸗ burg, Posen, Hessen, Mecklenburg, Anhalt, Elsaß⸗Lothringen und Baden, im übrigen mittelmäßig und noch geringer. Nicht selten schädigte kalte Witterung im Frübjahr, stellenweise auch Ungeziefer, die jungen Pflanzen; ebenso behinderten ungünstige Witterungs⸗ verbältnisse im Sommer mitunter die Entwickelung. In einzel, en Fällen minderten Hagelschlag und Krankheiten der Pflanzen den Er⸗

trag. Die Erntezeit war meist günstig, auch die Fermentation verlief im allgemeinen gut.

Pommern Pommeen,

V V

Allerdings sollen sich viel Abfall und starker Gewichtsverlust ergeben haben.

G Die Tabaksteuer ergab für das Erntejahr 1903 einen Ertrag von 11,7 Millionen Mark, der Zoll vom Tabak 58,3 Millionen Mark. Rach Abzug der gezahlten Ausfuhrvergütungen (Zollvergütung: 241 182 ℳ, Steuervergütung: 101 614 ℳ) verblieben als Reinertrag

der Tabakabgaben 69,6 Millionen Mark, d. i. 1,17 auf den Kopf der

mittleren Bevölkerungg. . 88 Der Verbrauch an fabrikationsreifem Rohtabak berechnet sich unter

Renaissance Bibliothek. Max Osborn, Albrecht Dürers schriftliches Vermächtnis. Verlag von Leonhard Simion Nf. Berlin. Nachdem Lange und Fuhse den schriftlichen Nachlaß Dürers mit großer Sorgfalt zusammengestellt und heraus gegeben hatten, war für die Kunstgeschichte eigentlich das Bedürfnis nach ähnlichen Publikationen gedeckt. Der Herausgeber dieses neuen kleinen Bändchens hat es nun unternommen, das, was auch für ein größeres Publikum von Interesse ist, auszuwählen und zu veröffent⸗ lichen. Wir finden hier die Familienchronit wieder, dann einzelne der interessantesten Briefe, die kulturgeschichtlich wohl immerhin wert⸗ vollen Reime, das Tagebuch der Reise in die Niederlande und schließlich verschiedenes aus den theoretischen Schriften. Die Anordnung ist ge⸗ schmackvoll getroffen, sodaß der Herausgeber wohl mit Recht die Worte Goethes aus dem Briefe an H. Meyer voransetzen konnte: „In dem Stücke von Albrecht Dürers Werken, das Sie mir anzeigen, stehen wahrhaft goldene Spruche, es ware schön, wenn man sie ein⸗ mal zusammenrückte und in neuere Sprache übersetzte.“ S.-M.

Werden und Vergehen. Eine Entwickelungsgeschichte des Naturganzen in gemeinverständlicher Fassung von Carus Sterne. Sechste neubearbeitete Auflage, herausgegeben von Wilhelm Bölsche. Mit zablreichen Abbildungen im Tert, vielen Tafeln usw. Voll⸗ ständig in 40 Lieferungen à 50. oder in zuei eleganten Leinen⸗ bänden à 12 50 ₰. Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin SW. 11, Dessauer Skraße 29. Carus Sterne ist unstreitig der volkstümlichste und vielleicht auch sympathischste Popularisator des Darwinismus in Deutschland. Aus dem bescheidenen Bändchen, das sein „Werden und Vergehen“ in erster Auflage enthielt, waren im Laufe der Zeit zwei starke Bände geworden. Sterne hatte in den späteren Auflagen den gewaltig anwachsenden Stoff nicht mehr zu verarbeiten vermocht und das Neue mitunter recht gewalttätig in die alte Form zu pressen versucht; zudem war die Durcharbeitung nach Inhalt und Form unausgeglichen. Widersprüche und Unklarheiten fehlten nicht, die Komposition war vielfach durchbrochen, und die neuen Teile hoben sich von dem ursprünglichen Kern des Buchs auch sprachlich unvorteilhaft ab. Alle diese Mängel hat Wilhelm Bölsche nachdrücklich aber zugleich mit pietätvoller Rücksicht auf die An⸗ schauungen, Sternes zu beheben versucht. Er hat sich seiner Aufgabe mit Takt und Verständnis zu erledigen gewußt.

Im Verlage von Herm. J. Meidinger in Berlin SW. sind zwei Jugen bücher berausgekommen, die sich zwar nicht wesentlich

Berücksichtigung der Ein⸗ und Ausfuhr auf 1,54 kg für den Kopf.

9 8* vorkäufige Nachweis über den Tabakanbau im Jahre 1904 ergibt als Gesamtflächeninhalt der im deutschen Zollgebiet mit Tabak bepflanzten Grundstücke 15 906 ha gegen 16 552 ha im

Zur Arbeiterbewegung.

Eine Vertrauensmännerversammlung der Berliner Bäcker⸗ gesellen tagte am Dienstag, um, der „Voss. Ztg.“ zufolge, u. 8. zur Gründung eines Fonds, der bei der nächsten Lohnbewegung dazu dienen soll, in einzelnen Straßen, wo keine Bäckerei ist, die die Forderungen der Gesellen bewilligt, für Errichtung eigener Bäckereien zu sorgen. Eine neungliederige Hande Fecräblt. 8 das weitere Vorgehen in dies orläufig überlassen werden soll. 8 SDee Fenaen ee in Frankfurt a. M. beabsichtigen, wie die „Frkf. Ztg.“ mitteilt, in eine Lohnbewegung einzutreten Die Hilfsarbeiter hielten am Sonntag eine Versammlung ab, in der Beschwerden vorgebracht und die neuen Forderungen im allgemeinen ufgestellt wurden. 1 8 . dg Gotha wird der „Frkf. Ztg.“ telegraphiert, d vier Wochen dauernde Ausstand in der dortigen Wag durch gütliche Einwirkung des Regenten beendet worden. die Arbeit wieder aufgenommen werden.

der über gonfabrik Heute sollte

KRuunst und Wissenschaft. 8 ““

In Paris ist gestern, dem „W. T. B.“ zufolge“, der aus Metz gebürtige Professor der Geschichte an der Sorbonne und Mitarbeiter des „Temps“ Henri Michel gestorben.

In der Akademie der Wissenschaften zu Stockholm hielt gestern, wie „W. T. B.“ meldet, Lord Rayleigh, dem der Nobel⸗ Preis für Pbysik zuerkannt ist, Nachmittags einen Vortrag, in welchem er seine Untersuchungen über die Dichtheit der Gase be⸗ handelte (vgl. N. 3 d. Bl.).

Literatur.

Die Meisterwerke der Königlichen Gemäldegalerie zu Cassel. 209 Kunstdrucke nach den Originalgemälden. Mit einleitendem Tert von Dr Karl Voll. (Franz Hanfstaengl, München) Die Casseler Galerie verdankt den größten Teil ihres wertvollen Bestandes der Tätigkeit des Landgrafen Wilhelm VII. Als Gouverneur von Maastricht und Breda hatte er die holländischen Kunstschätze kennen gelernt und durch reiche Ankäufe sein Interesse für sie bewiesen. Freilich hat die Galerie später, namentlich zur Franzosenzeit, große Einbuße erlitten, und wertvelle Stücke wurden ihr entfremdet; einen Teil der kostkaren Sammlung von Werken Rembrandts besitzt jetzt die Eremitage in St. Petersburg. Unter den altdeutschen Gemälden ist der frühe Dürer zu erwähnen, das Bildnis eines Mitgliedes der Familie Tucher; aus der Frühzeit der miederländischen Malerei stammt jene interessante Kopie eines un⸗ bekannten Werkes des Meisters von Flémalle. Die Kunst des Cornelisz van Oostsanen gehört bereits dem 16. Jahrhundert an, und nun beginnt die niederländische Kunstübung sich in einem breiten Strom zu entfalten; nur die Hauptnamen seien genannt. Da ist Jordaers mit prachtvollen Stücken, darunter das sogenannte Familienbild, ver⸗ treten; ihm folgt Rubens mit glänzenden Allegorien und dem einzig dastehenden Porträt des N olas de Respaigne. Die Cleganz des großen Schuͤlers des Rubens ist in den vornehmen Poriräts van Dycks erkennbar, und der Meister von Haarlem Frans Hals zeigte seine lebensfrohe Art in kraftspendenden Bildmassen. Aus Werken aller seiner Perioden können wir Rembrandt kennen lernen; von der Jugendzeit bis zum Alterstil läßt sich seine Entwickelung ver⸗ folgen. Die Holzhackerfamilie, Jakobs Segen und das Porträt Bruyninghs sind wohl die Höhepunkte dieser ruhmvollen Stetigkeit, und in diesen Worken besitzt die Casseler Galerie wohl mit das Höchste, was überhaupt je in der Malerei geleistet ist. In langer Reihe schließen sich die Gene⸗, Sitten⸗ und Stillebenmaler mit aus⸗ erlesenen Stücken an. Die Abbildungen sind vortrefflich, jedoch ist die Anordnung, bei der keine Rücksicht auf historische Folge genommen ist, etwas befremdend. I S.-M.

Franz von Lenbach. Schönheitsideale mit Linleitendem Text von Fritz von Ostini. (Franz Hanfstaongl, München.) Unter dem vorstehenden Titel sind eine Anzahl Porträts schöner

Frauen in musterhaften Gravüren von der bekannten Firma Huf⸗ staengl reproduziert worden, denen Fritz von Ostini einen kurzen Text beigegeben hat. Er weist mit Recht darauf hin, wie für Lenbach die Frau die schönste war, die in ihrer Erscheinung die fesselndste persön⸗ lichste Eigenart, den malerischsten Ausdruck ihrer Rasse zeigte. Aller⸗ liebst, glatt und regelmäßig, klassisch im herkömmlichen Sinn brauchte thre Schönheit nicht zu sein, ja, sie mochte der Menge nahezu häßlich gelten. Lenbach hatte einen staunenswert scharfen Blick für das wahrhaft Wesentliche in einem Menschengesicht und wußte dies namentlich in seiner besten Zeit meisterhaft hervorzuheben. In der kleinen Samm⸗ lung stammen die frühesten Porträts aus den siebziger Jahren, eine ganze Anzahl aus der Zeit seines Wiener Aufenthalts, als er der ge⸗ feierte Frauendarsteller der vornehmen Welt war, und schließlich finden wir einige interessante Charakterköpfe berühmter Münchener Modelle wieder. Die Zusammenstellung ist äußerst geschickt gemacht

versteuertem Salz zu landwirtschaftlichen und gewerblichen Zwecken 649 968 t betragen hat. u.“ 1b

und jede Eintönigkeit, die bei einem derartigen Werk so leicht eintreten kann, vermieden. I1I111“

über den besseren Durchschnitt der jährlich auf dem Büchermarkt zu Weihnachten erscheinenden Jugendliteratur erheben, dennoch aber als anregende und gesunde Lektuͤre empfohlen werden können und sicher auch dankbare Leser finden werden. In dem einen Buche erzählt Dr. H. Pröhle Rheinlands schönste Sagen und Geschichten (4 ℳ), während in dem andern M. von Witzleben die Geschichte des letzten Hohenstaufen Konradin in Form einer bistorischen Erzählung (4 ℳ) den jugendlichen Lesern nahezubringen versucht. 8

Alvpine Majestäten und ihr Gefolge. Die Gehirgs⸗ welt der Erde in Bildern. IV. Jahrgang 1904. Monatlich ein Heft im Format von 45:30 c«m mit mindestens 20 feinsten Ansichten aus der Gebirgswelt auf Kunstdruckpapier. Text im letzten Monats⸗ hefte. Preis des Hefts 1 Heft XIXII. Verlag der Vereinigten Kunstanstalten A.⸗G., München, Kaulbachstraße 51 a. Soeben sind die beiden letzten Hefte vom IV. Jahrgang dieses prächtigen Alpen⸗ bilderwerks erschienen, und damit hat, wie wir von der Verlagsanstalt hören, dieses Unternehmen nunmehr leider seinen endgültigen Abschluß erreicht. Welch ein Schatz liegt in der reichen Bildersamm⸗ lung, die in dem prächtigen Werk im Laufe der Zeit in vier stattlichen Bänden veröffentlicht sind! Die anziehendsten und packendsten Ansichten aus der Gebirgswelt der Erde sind in geradezu meisterhafter Wiedergabe auf das Papier gezaubert worden, und es ist ein Genuß, die Bilder an den Augen vorüber⸗ ziehen zu lassen. Elegant in Prachtleinen gebunden, gereichen die 4 stattlichen Bände zur Zierde einer jeden Bücherei und eignen sich ganz besonders zu Geschenkzwecken. Die Bände können aber auch einzeln zum Preise von à 18,— bezogen werden; jeder Band ist vollständig für sich abgeschlessen. Für Natur⸗ und namentlich Alpen⸗ g

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freunde bat die Publikation einen unverkennbaren und bleibenden Wert. Illustrierte Prospekte werden von der oben bezeichneten Verlags⸗ handlung kostenlos abgegeben. 1 b Seydlitz. Den deutschen Reitern zugeeignet von Emil Burbaum, Oberst und Kommandeur des Königlich bayerischen Cyevauxlegersregiments Erzherzog Albrecht von Oesterreich. Verlag von Mar Babenzien, Rathenow. (Preis 4 ℳ) Der Verfasser hat in dem vorliegenden Werke die Schilderung des Lebensganges eines Mannes erstehen lassen, von dem sein großer König sagte: „Er lebte wübernoffen, er stirbt, ohne ersetzt werden zu können!“ Er hilft dadurch eine Ehrenschuld mit abtragen, welche die Armee ihrem Reiterheros gegenüber, dem „Orkan zu Roß“, zu begleichen hat. Persänliche Beziehungen zu Männern, die in der Militärliteratur an hervorragender Stelle stehen: Graf zur Lippe und Kähler sowie mit Hermann von Servdlitz, einem entfernten Verwandten des be⸗ rühmten Reitergenerals, haben ihn, dem Vorwort zufolge, bei dieser Arbeit wesentlich unterstützt. Ebenso ist ihm das Aktenmaterial aus verschiedenen Archiven und Bibliotheken zur Hand gewesen. So ist ein Buch entstanden, das einerseits von der Begeisterung für den großen Reiterführer diktiert wurde, andererseits sich aber auch auf Quellen stuͤtzt, die seine historische Treue gewährleisten. Dementsprechend wird Sepdlitz, Bilbdnis, als allen deutschen Landen angehörig, lebensfrisch vor Augen geführt und der Fridericianische Held als der ernste, pflichttreue Mann geschildert, der, rastlos tätig, ein ganzer Soldat vom Scheitel bis zur Zehe, als Hauptlebensaufgabe nur die Erfüllung des Dienstes seines Königs kannte. Die in dritter Auflase soeben erschienene Schrift ist nunmehr in sich abgeschlossen und den deutschen Reitern zugeeignet, als ein dankenswerter Beitrag zur Serdlitzkurnde“, der wohl geeignet ist, seinen doppelten Zweck zu er⸗ füllen: der Heldenart des Gefeierten ein Denkstem zu sein und einen Ansporn zu bieten, seinem großen Beispiele nachzueifern, ihm, dem 1 V

der Verfasser begeistert nachruft: „Kein Reiter sich beim Reiten je höheren Preis gewann!“ Im neuen Gewande ist der 9. Jahrgang der von Heinrich Sohnrey herausgegebenen „Landjugend“ erschienen, der sich wieder durch wertvolle Beiträge bekannter Mitarbeiter auszeichnet. Die Bestrebungen des Deutschen Vereins für ländliche Wobl'ahrts⸗ und Heimatpflege, in der Landjugend Liebe und Anhänglichkeit an die ländliche Heimat und das Verständnis für die Schönheiten der Heimat und Natur in Menschen⸗, Tier⸗ und Pflanzenleben zu fördern, sie mit allem bekannt und rertraut zu machen, was der Heimatpflege und liebe dient, treten in dem 8 wieder deutlich

neuen Jahrgange u V in den Vordergrund. An Erzählungen aus dem Land⸗ und Wald⸗ leben schließen sich humorvolle

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Tiererzählungen, patriotische Er⸗ zählungen aus der Geschichte, belehrende Auszüge in leichtfaßlicher Form, Sprüche und Verse mit interessanten Mitteilungen aus Menschen⸗ und Tierleben belehben mit Rätseln, Spielen und Aehnlichem den Inbalt. Auch der Bildschmuck verdient Anerkennung. Der Verlag Deutsche Landbuchhandlung Berlin SW. 11) räumt bei Partie⸗ Füthaheen gern Vorzugspreise ein. Im Verlage von Alexius Kießling in Berlin SW., Klein⸗ beerenstraße 26, erschien soeben der neunundzwanzigste Jahrgang von Kießlings Berliner Baedeker, praktischer Führer durch Berlin und Umgebung, in einer illustrierten Ausgabe mit 48 Ansichten der hervorragendsten Bauwerke und Denkmäler zum Preise von 1.50 für das broschierte, 2 für das gebundene Exemplar. Wie sich der textliche Inhalt des alljährlich in neuer Bearbeitung erscheinenden Buches durch zuverlässige Mitteilungen, übersichtliche Anordnung des Stoffes und prägnante Darstellung auszeichnet, gewähren auch die sorgfältig gewählten und sauber ausgeführten Abbildungen einen guten Ueberblick über die Sehenswürdigkeiten der Kaiserstadt. Bei der Beurteilung der im Deutschen Druck⸗ und Verlags⸗ hause erschienenen „Etiketteplaudereien“ von „Eust achius Grafen von Pilati in Nr. 288 d. Bl. ist der Preis des Buches irrtümlich zu hoch angegeben worden. Es kostet 3