1905 / 9 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 11 Jan 1905 18:00:01 GMT) scan diff

8

.““

war in dem Etat für 1904 ein erheblicher Betrag abgesetzt worden, und dieser Betrag muß jetzt 1905 wieder zugesetzt werden. Es handelt sich also wesentlich nur um eine Rechnungsoperation.

Im Extraordinarium haben wir den Forstbaufonds um 400 000 erhöht und dann, was die Herren interessieren wird, einen Betrag von 187 000 eingesetzt für drei Forstlehrlingsschulen, um den jungen Nachwuchs des Forstpersonals, die Forstlehrlinge, mit ausreichender, auch theoretischer Bildung für ihren künftigen Beruf zu versehen. (Sehr gut! rechts.)

Meine Herren, fraglich war mir, ob wir den Forstankaufs⸗ fonds, den wir im vorigen Jahre ausnahmsweise auf 4 Millionen im Extraordinarium erhöht haben, auf dieser Höhe lassen sollen. Wir hatten ihn im vorigen Jahre so hoch bemessen, weil die Forsten außerordentliche Einnahmen geliefert hatten und es richtig war, ihnen nun auch einen Teil dieser Mittel wieder zuzu⸗ führen. Ich habe mich aber entschlossen, da die Finanzlage es im letzten Ende gestattete, den Fonds auf der Höhe von 4 Millionen zu belassen, weil ich glaube, daß diese Vermehrung unseres stattlichen Fortbesitzes nicht nur den allgemeinen Interessen, sondern auch dem sinanziellen Interesse des Staates entspricht und eine gute Kapital⸗ anlage darstellt. (Sehr gut! rechts.) Bei den direkten Steuern ist im Etat eine Mehreinnahme eingestellt von 9,7 Millionen, die mit 8 Millionen aus der Einkommensteuer und mit 1 ½ Millionen aus der Ergänzugssteuer resultiert. Das wirkliche Einkommensteuer⸗ aufkommen hat in den drei Jahren von 1901 bis 1903 durchschnitt⸗ lich 184,3 Millionen betragen, und das Veranlagungssoll von 1904 beträgt 191 Millionen. Wir haben geglaubt, vorsichtig zu verfahren, wenn wir die Mitte zögen zwischen dem tatsächlichen Ergebnis der Jahre 1901 bis 1903 und dem Veranlagungssoll von 1904, wenn wir also zwischen 184 Millionen und 191 Millionen ungefähr die Mitte, nämlich 187 Millionen in den Etatsentwurf von 1905 einstellten. Es würde dann noch ein Abschlag von vier Millionen infolge Reklamationen gegen das Soll für 1904 möglich sein, ohne daß das Rechnungsergebnis hinter dem Betrag von 187 Millionen zurückbleibt. Und dabei haben wir noch gar nicht darauf Rücksicht genommen, daß doch voraussichtlich das Veranlagungssoll für 1905 gegen 1904 eine Erhöhung erfahren wird. Also, ich glaube, wir sind bei der Veranschlagung dessen, was uns voraussichtlich die direkten Steuern liefern werden, in den Grenzen einer vorsichtigen Ver⸗ anlagung geblieben.

Die indirekten Steuern weisen eine Mehreinnahme von circa zwei Millionen an Stempelsteuern nach, auch hier wiederum aus der Belebung des Grundstücksgeschäfts im wesentlichen resultierend. An Mehrausgaben sind 900 000 vorgesehen, hauptsächlich hervor⸗ gerufen durch die Aufgaben, die der neue Zolltarif den Beamten der Zollverwaltung stellen wird. Ich habe mich ja im vorigen Jahre darüber eingehend geäußert; es ist Ihnen auch eine Denk⸗ schrift darüber vorgelegt worden, in der schon die Notwendig⸗ keit nachzuweisen versucht wurde, das Abfertigungspersonal in erheblichem Maße zu vermehren. Sie finden dafür wieder neue Beträge im Etatsentwurf für 1905 und im Extra⸗ ordinarium einen Betrag von 439 000 ℳ, um auch die Abfertigungs⸗ räume, wie es der steigende Verkehr erfordern wird, angemessen zu vergrößern.

Bei der Bergwerksverwaltung ergibt sich im Ordinarium eine Mehreinnahme von 8,3 Millionen, der eine Mehrausgabe von neun Millionen gegenüͤbersteht, sodaß auch der Etatsentwurf von 1905 einen Minderüberschuß von 700 000 ergibt. Die Ursachen sind die, die ich mir anzuführen erlaubt habe, die großen Investitionen in Ober⸗ schlesien und Westfalen; allein die neuen in der Entwickelung be⸗ griffenen Werke Bielschowitz und Knurow in Oberschlesien und Berg⸗ mannsglück und Waltrop in Westfalen erfordern nicht weniger als 6 ½ Millionen Zuschuß. So schmerzlich es für den Augenblick für den Etat ist, daß die Bergverwaltung nicht nur keine Mehrüberschüsse bringt, sondern sogar Mehraufwendungen erfordert, so ist es eine sehr vorsichtige Finanzgebarung, daß wir diese kolossalen Investitionen immer aus laufenden Mitteln bewirken, statt auf eine Anleihe zurück⸗ zugreifen; das wird in späteren Jahren dem Etat wieder zu gute kommen, indem spätere Einnahmen in dem Etat in die Erscheinung treten werden.

Nun komme ich zum Löwen der Betriebsverwaltungen, zu der Eisenbahnverwaltung. Die Eisenbahnverwaltung hat im Ordinarium Mehreinnahmen von 97,2 Millionen vorgesehen, denen Mehrausgaben von 52,1 Millionen gegenüberstehen, sodaß auf einen Mehrüberschuß von 45,1 zu rechnen ist und zwar setzen sich die Mehreinnahmen von 97,2 Millionen zusammen mit 26,5 Millionen aus dem Personen⸗ verkehr und 70,9 Millionen aus dem Güterverkehr. In beiden Fällen sowohl beim Personen⸗ wie Güterverkehr ist eine Steigerung von 6 % gegen das Jahr 1903 vorgesehen, also gegen eine Periode, die zwei Jahre zurückliegt, sodaß wir für jedes einzelne Jahr nur eine Steigerung von 3 % vorgesehen haben. Wir glauben, daß auch diese Schätzung eine vorsichtige ist; denn in den ersten acht Monaten des Jahres 1904 gegen die gleiche Zeit des Jahres 1903 ist eine Mehr⸗ einnahme aus reiner Verkehrssteigerung von 5,05 % hervorgetreten, und wenn wir für zwei Jahre eine Steigerung von 6 % annehmen, o, glaube ich, ist das sehr vorsichtig verfahren.

Unter dem Kapitel Ausgaben finden Sie einen Mehrbetrag von 14 ½ Millionen Mark an Besoldungen, darunter sind die neuen Ge⸗

hälter für nicht weniger als 10 302 neue etatsmäßige Stellen vorge⸗

sehen. Die Eisenbahnverwaltung hat namentlich ein entscheidendes Gewicht darauf gelegt, in dem großen Korps der Streckenarbeiter und er Rangierarbeiter die Vorarbeiter in ein dauerndes etatsmäßiges Beamtenverhältnis zu bringen, dadurch auch den guten Einfluß der Eisenbahnverwaltung auf diese großen Korps gelernter Arbeiter u festigen und zu verstärken, und daher sind für diese sogenannten Rottenführer und Schirrmänner etatzmäßige Stellen vorgesehen, die ehr erhebliche Beträge erfordern. Für Hilfsarbeiter ist ein Mehr⸗ etrag von 5,7 Millionen eingestellt. Hier schien es dem Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten und ich habe mich dem ange⸗ schlossen Pflicht, die Stellenzulagen für die Beamten des Stations⸗ und Abfertigungstienstes in besonders schwierigen Stellen zu ver⸗ mehren. Die Beamten des Stations⸗ und Abfertigungsdienstes, namentlich die Stationsvorsteher haben unzweifelhaft in den letzten Jahren einen nicht nur steigenden, sondern in viel höherem Maße ver⸗ antwortlichen Dienst bekommen, und ich glaube, es war eine Forderung er Billigkeit, daß man die Stellenzulagen, die diese Beamten schon hatten, ausgestaltete, also einen größeren Kreis von Beamten mit Stellezulagen versah, als es bisher der Fall ist.

Für den schweren Oberbau sind im Ordinarium 10,5 Millionen und für Betriebsmittel 8,5 Millionen ausgeworfen. Das Ertra⸗ ordinarium der Eisenbahnverwaltung ist mit nicht weniger wie 115 Millionen dotiert, während der Etat 1904 101 Millionen vorsah, sodaß der Etatsentwurf von 1905 abermals eine Steigerung von 14 Millionen gegenüber dem Etat 1904 in Aussicht genommen hat. Ein solches Extraordinarium hat die Eisenbahnverwaltung noch nie⸗ mals besessen; selbst im Jahre 1901, als man scheinbar die Rech⸗ nung war bekanntlich anders nicht wußte, wo man mit dem Geld hinsollte, hat die Eisenbahnverwaltung ein so hohes Extraordinarium nicht gehabt. Damals belief es sich nur auf 100 Millionen. Ich glaube, daß diese Daten beweisen, daß wir uns bemüht haben, von den steigenden Ueberschüssen, die die Eisenbahnverwaltung liefert, ihr einen erklecklichen Teil wieder zu gute kommen zu lassen und sie dadurch in den Stand zu setzen, die immer steigenden Anforderungen des Verkehrs auch in richtigem Maße zu befriedigen.

Von Einzelheiten möchte ich erwähnen, daß der vielumstrittene und hier auch im Hause oft ventilierte Bahnhofsumban in Spandau endlich so weit ist, daß von dem Kostenbedarf in Höhe von 15,6 Millionen eine erste Rate in den Etatsentwurf eingestellt werden konnte. (Bravo!) Der Bahnhof in Hagen erfordert den enormen Betrag von 25,8 Millionen, und endlich ist es auch gelungen, eine Verständigung über die Cölner Eisenbahnanlage herbeizuführen. Diese Cölner Bahnanlagen werden nicht weniger als 33,5 Millionen Mark erfordern, indem es notwendig ist, zunächst neben die jetzige Brücke zwei neue Gleise zu legen, um den enorm gestiegenen Verkehr zu bewältigen. Dann wird die rechtsrheinische sogenannte Deutzer Strecke auf Wunsch der Stadt Cöln verlegt, um der Stadt Cöln zu ermöglichen, auf ihre Kosten an Stelle der Schiskrücke eine feste Brücke für den Landverkehr zu schaffen, und endlich wird noch weiter rheinaufwärts auf Kosten des Staats eine Brücke gebaut, um nicht den Lokalverkehr, sondern den Durchgangsverkehr von der einen Seite auf die andere Rheinseite überleiten zu können. Da es sich im letzteren Falle „um eine ganz neue Bahnanlage handelt, halten wir es für richtig, diese Kosten mit 16 Millionen auf Anleihe zu übernehmen und nur die 17 Millionen dem Extraordinarium zur Last zu legen. Davon sind bereits 2 Millionen für Grundstücke aus dem Dispositions⸗ fonds des Ministers für öffentliche Arbeiten entnommen, sodaß der Etat noch dauernd mit 15 Millionen belastet bleibt. Zu diesen Aufwendungen, gibt die Stadt Cöln den baren Betrag von 5,7 Millionen. Ich freue mich, daß diese langwierigen Verhandlungen endlich zum Abschluß gelangt sind und damit auch der Stadt Cöln wie dem ganzen rheinischen Verkehr eine wesentliche Erleichterung zu⸗ teil werden wird.

Meine Herren, die Fonds für Betriebsmittelbeschaffungen, die im vorigen Jahre auf 120 Millionen und damit schon hoch bemessen waren, haben in dem Entwurf, der Ihnen vorliegt, abermals erhöhte Mittel in Anspruch genommen, indem für Betriebsmittel 135 Millionen eingesetzt sind, und zwar sollen 70 Millionen aus dem Ordinarium entnommen werden, 30 Millionen aus dem Extraordinarium und 35 Millionen können aus verschiedenen anderen Fonds dem Minister der öffentlichen Arbeiten zur Verfügung gestellt werden. Also, meine Herren, der Verkehr ist in enormem Maße gestiegen; aber ich glaube, daß durch die von mir angeführten Zahlen bewiesen ist, daß wir uns bemüht haben, Mittel zur Ver⸗ fügung zu stellen, um die Anforderungen des Verkehrs auch befriedigen zu können.

Ich habe damit die Betriebsverwaltungen erledigt und darf in kurzem nur nochmals zusammenfassend darauf hinweisen, daß die Be⸗ triebsverwaltungen insgesamt eine Mehreinnahme von 118,5 Millionen aufweisen, eine Mehrausgabe von 64,2 Millionen erfordern und also insgesamt einen Mehrüberschuß von 54,3 Millionen liefern.

Bei der zweiten großen Kategorie der Staatsausgaben: Dotationen und allgemeine Finanzverwaltung, kann ich mich kurz fassen. Die zöffentliche Schuld erfordert zur Verzinsung und Tilgung 6,3 Millionen mehr, und bei der allgemeinen Finanzverwaltung treten die großen Ver⸗ schiebungen hervor, die die Folge der sogenannten lex Stengel sind und die ich vorher schon eingehend berührt habe, sodaß ich glaube, dessen überhoben zu sein, hier nochmals darauf zurückzukommen. Die Höhe der ungedeckten Matrikularbeiträge ist, wie im Jahre 1904, ab⸗ gesehen von den noch über uns schwebenden 10 Millionen aus dem Jahre 1904, auch im Etat für 1905 bemessen, nämlich auf 15,4 Millionen.

Meine Herren, nun komme ich zu dem dritten großen Kapitel, den Staatsverwaltungsausgaben.

Die Staatsverwaltungsausgaben weisen im Jahre 1905 eine sehr erhebliche Steigerung auf. Die Mehrausgaben belaufen sich nach dem Etatentwurf auf 34,8 Millionen, denen Mehreinnahmen von 11,1 Millionen gegenüberstehen, sodaß die Nettoausgabe um 23,7 Millionen gestiegen ist. Während wir 1904 nach Abzug der Einnahmen nur eine Nettomehrausgabe von 11,3 Millionen hatten, haben wir also im Etat für 1905 eine Mehrausgabe von 23,7 Millionen, mithin eine doppelt so hohe Steigerung der Aufwendungen für die allgemeinen Staatsverwaltungsausgaben. Meine Herren, eine so er⸗ hebliche Steigerung der Staatsverwaltungsausgaben müßte an sich große Bedenken erregen; aber sie erscheint minder bedenklich, wenn ich erwähnen darf, daß wir dazu übergegangen sind, die Fonds, die in den letzten Jahren fast regelmäßig überschritten worden sind, die Bureaubedürfnisfonds, die Reisekostenfonds, die Fonds für Pensionen und Witwen⸗ und Waisengelder, erheblich zu verstärken. Es ist ja in dem hohen Hause Klage darüber geführt worden, daß diese Ueber⸗ schreitung so oft eingetreten ist, und es ist der Wunsch aus⸗ gesprochen worden, die Fonds so zu bemessen, daß diese Ueber⸗ schreitungen ausgeschlossen sind. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.) Meine Herren, das hat sehr seine zwei Seiten. Wenn diese mehr oder minder diskretionären Fonds von vornherein sehr reichlich bemessen werden, sodaß keine Ueberschreitung eintritt, dann verlernen die Behörden, sich nach der Decke zu strecken (sehr richtig! rechts),

während, wenn die Fonds etwas eng bemessen sind und sie dann jedesmal berichten und Ueberschreitungen beantragen müssen, wenn sie sicher sind, daß die Notwendigkeit der Ueberschreitung in der Zentral⸗ instanz nochmals geprüft wird, sie viel sparsamer und vorsichtiger sind. (Sehr richtig! rechts.) Deswegen kann ich den Schluß⸗ folgerungen, die hier im hohen Hause gemacht worden sind, nicht folgen, daß eine solche Ueberschreitung unter allen Umständen aus⸗ geschlossen sein muß. Aber wenn solche Ueberschreitungen sich im allgemeinen als notwendig erwiesen haben, wenn sich also ergibt, daß

von den Ausgabefonds zu geben. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen Und da bei einer Anzahl solcher Fonds solche Ueberschreitungen regel mäßig eingetreten sind und hier in dem hohen Hause darüber Kla⸗ geführt ist, haben wir uns entschlossen, im Etat für 1905 eine weset liche Verstärkung dieser Fonds vorzunehmen.

Das gilt in ganz besonderem Maße, meine Herren, von d Fonds für die Pensionen und für die Witwen⸗ und Waisengelder, 8 in den letzten Jahren regelmäßig überschritten worden sind, und dabe treffen ja diese allgemeinen Bedenken, die ich beim Büreaubedürfnis fonds, Reisekostenfonds eben angeführt habe, garnicht mal zu, den hier ist das diskretionäre Belieben ausgeschlossen. Aber die enome Steigerung der Gehälter, die wir in den letzten Jahren bewirkt haben die steigende Vermehrung der etatsmäßigen Stellen, bewirkt auch n

und Waisengeldern, und da die Etats hierfür in den letzten Jahm regelmäßig sogar um erhebliche Beträge überschritten worden sud haben wir die Fonds entsprechend reguliert, sodaß wir hoffen, doß ausreichen werden. Wir haben für 1905 den Penstonsfonds 7 Millionen, den Fonds für Witwen und Waisen um 2,6 Milliona Mark erhöht, also, meine Herren, eine dauernde Steigerung um hboe, nahe 10 Millionen Mark! Ich würde wünschen, daß die verehrta Herren bei jeder Gelegenheit die Beamten darauf hinweisen, we enorme finanzielle Konsequenzen die Aufbesserung der Beamte⸗, gehälter fortdauernd für die Staatskasse hat.

Im Extraordinarium sind gegen 1904 9 Millionen Mark mehr vorgesehen, sodaß also für Staatsverwaltungszwecke in Extraordinaring und Ordinarium zusammen durch den Etatsentwurf für 1905 327 Millionen Mark mehr zur Verfügung gestellt werden.

Meine Herren, im einzelnen ist beim Finanzministerium ein Mehrausgabe von 12,4 Millionen vorgesehen, darunter für die Ohe⸗ präsidien und Regierungen mehr 1 800 000 Es sind wiederum das interessiert ja die Herren 30 neue Regierungsratsstellen, 139 neue Bureaubeamtenstellen für die Regierungen vorgesehen. Es ss dann dem hohen Hause der Vorschlag gemacht worden, die drei Kasfen⸗ inspektoren mit etatsmäßigen Stellen zu versehen. Meine Herken ich habe es mir angelegen sein lassen, das etwas zöpfische und va⸗ altete Kassenverfahren bei den Regierungen nach Möglichkeit da modernen Anforderungen anzupassen, namentlich den Giroverkehr in viel höherem Maße zu pflegen, als es bisher der Fall war. (Braro) Diesem Zweck sollen auch die Kasseninspektoren dienen, die wi versuchsweise bei 3 Regierungen, Breslau, Arnsberg und Cassel, a⸗ gestellt haben; sie sollen das Kassenwesen im ganzen überwachen dem Kassenrat der Regierung behilflich sein und zuglet den Regierungspräsidenten entlasten in der Ueberwachung m Kommunalkassen, eine Ueberwachung, die zum Teil eine sehr mangl⸗ hafte war. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.) Nach de Erfahrungen, die wir bisher gemacht haben, hat sich dieser Verfe bewährt, und wir schlagen Ihnen daher vor, für diese drei Kasse⸗ beamten etatsmäßige Stellen zu schaffen unter dem Vorbeheh allmählich nach eintretendem Bedürfnis noch weiter solche Stellen n schaffen.

Der Bureaukostenfonds bei den Regierungen und Oberpräsidien sal eine Erhöhung um 160 000 erfahren, der Reisekostenfonds um 6000004 Meine Herren, hier tritt wieder die Folge der Reisen der Tierärzte in die Erscheinung. Diese Reisen der Tierärzte absorbieren einen gam außerordentlich hohen Betrag, und ich bin in die Erwägung er⸗ getreten, ob es nicht möglich ist, diefe Beträge zu pauschallieren, m auf diese Weise diesen ganz enormen Anforderungen gewisse Schrarke zu setzen. (Sehr richtig! rechts.)

Der Dispositionsfonds der Oberpräsidenten zur Förderung de Deutschtums in den Ostmarken soll um 750 000 erhöht werd Ich will kein politisches Gespräch führen, wir haben uns über die Frage so oft unterhalten, und jeder, der die Verhältnisse kennt, wi wie sich die Verhältnisse im Osten zuspitzen, und wie in verschärfte Maße alle isolierten deutschen Elemente dem Angriff von polnisce Seite ausgesetzt sind. Wir müssen bei dieser Abwehr auf unse Deutschen hoffen, und in höherem Maße als bisher. Die Stacts regierung kann diese Abwehr nicht führen, die Staatsregierm kann nur helfend eintreten. Für dieses helfende Eintrer der Oberpräsidenten eröffnen sich immer neue Gebiete Anforderungen. Deshalb wollen wir Ihnen vorschlagen, den Fen um diese erhebliche Summe zu vermehren, weil wir hoffen, er alsdann ausreichen wird, und daß wir nicht alljährlich mit ner Forderungen an das Hohe Haus kommen.

Sie finden eingestellt für eine neue Regierung in Ostpreußen Allenstein eine Summe im Ordinarium von 52 000 ℳ, im Err ordinarium von 48 000 ℳ, und zwar besteht die Absicht, diese: Regierung am 1. Oktober 1905 ins Leben treten zu lassen. Es sols von Königsberg und Eumbinnen die südlichen Kreise abgetrennt à dieser neuen Regierung zugeteilt werden. Die Verhältnisse in L preußen, die ungünstige wirtschaftliche Lage, die weite Entfernung N. den großen Konsumtionsplätzen, die ungünstigen klimatischen * hältnisse, die die ganze Bestellungs⸗ und Wittschaftsperiode auf’ kurze Zeit zusammendrängen, machen in Ostpreußen eine sehr interfs Einwirkung und Fürsorge der Regiminalbehörden zur Pflicht. 8s intensive Fürsorge wird beeinträchtigt durch die außerorden großen Entfernungen, die in Ostpreußen zurückzulegen sind, daß der Regierungspräsident, wenn er in den südlichen Bezirk n beinahe Tagereisen zu machen hat. Um diese stärkere Betätigung!

einer besonderen Regierung in Allenstein zu vereinigen. . Zu bemerken ist noch, daß bei dem Finanzministerium das Postaversum ein Mehrbetrag von 823 000 eingestellt wen ist. Bekanntlich hat im vorigen Jahre eine Probeuntersuchung do Zählmarken stattgefunden, und die hat zur Folge gehabt, daß wir⸗ Aversum um 823 000 haben erhöhen müssen. Bei der Bauverwaltung ist bei den Verkehrsabgaben ein N von 400 000 vorgesehen; bei den Ausgaben tritt ein scheird Minderbetrag von 74 000 hervor, scheinbar, weil er dadurch ben gerufen ist, daß es für zweckmäßig erachtet wurde, die Bauleitu kosten nicht mehr in einem besonderen Etatstitel auszubti⸗ sondern bei den betreffenden Baufonds zu verrechnen, um die Ge heit der Ausgaben der betreffenden Baufonds übersehen zu bo Infolgedessen ist der Betrag von 1 350 000 hier abgesetzt ne⸗ Der Etat für Handel und Gewerbe sieht eine Mehrausgabe 788 000 vor, für das gewerbliche Unterrichtswesen 576

tatsäͤchlich auf die Dauer der Fonds als basbn 9

zur ichend anzusehen ist,

indem auf den verschiedensten Gebieten des gewerblichen Unten⸗

dann muß eine Verstärkung erfolgen, um kein falsches Bild im Et

immer höhere Anschwellung der Ausgaben an Pensions⸗ und Witwen⸗

sich ein Mehrbedarf von 1,3 Millionen für die Landwirtschaft ergibt.

Fürsorgepflicht zu ermöglichen, ist geplant, die füdlichen Betirte h

wesens die staatliche Hilfe vermehrt werden soll. (Bravo!) Dann ist eine neue Position für ein neu zu errichtendes Landes⸗ gewerbeamt im Betrage von 99 000 vorgesehen. Der gewerbliche Unterricht, die fachliche Ausbildung, die Förderung des Handwerks auf den verschiedensten Gebieten ist ja in den letzten Jahren ganz außerordentlich entwickelt worden, zu meiner vollen Freude, denn auf diese Förderung unserer gewerblichen Ausbildung führe ich wenigstens zum Teil die Präponderanz zurück, die wir auf weiten Gebieten des industriellen Lebens Gottlob den andern Staaten gegenüber haben. (Sehr richtig!) Aber diese Entwickelung hat eine gewisse Speziali⸗ sierung nach verschiedenen Richtungen zur Folge, und es ist die Gefahr vorhanden, daß lauter Spezialisten auf diesen Gebieten sich entwickeln und daß der große Ueberblick über das Ganze verloren geht⸗ Deshalb ist beabsichtigt, diese verschiedenen Gebiete der Tätig⸗ keit aus den Händen der Spezialisten gewissermaßen heraus⸗ zunehmen und einer einheitlichen, die ganzen Gebiete überschauenden Behörde, diesem Landesgewerbeamt zu übertragen, das unter dem Minister für Handel und Gewerbe errichtet werden soll. Es soll dem Landesgewerbeamt ein ständiger Beirat von Sachverständigen beigegeben werden, die in steter Fühlung mit dem praktischen Leben mit den Bedürfnissen von Handel und Gewerbe stehen und der Ver⸗ waltung die nötigen Ratschläge auf diesem Gebiete geben. Der Herr Handelsminister und ich hoffen, daß diese Maßregel dazu beitragen wird, diese Bestrebungen zu fördern, sie einheitlicher zu gestalten und damit unserem ganzen wirtschaftlichen und industriellen Leben wesent⸗ liche Dienste zu leisten. (Bravo!) Bei der Justizverwaltung ist eine Mehreinnahme von 3,3 und eine Mehrausgabe von 4,7 Millionen Mark vorgesehen, sodaß ein Mehrbedarf von 1,4 Millionen Mark hervortritt. Dieser erhebliche Mehrbedarf ist hervorgerufen durch überaus umfangreiche Stellenvermehrungen. Wir haben in den letzten Jahren schon immer in erheblichem Maße neue Stellen für Richter und Staatsanwälte und für Bureaubeamte ge⸗ schaffen: im Jahre 1902 100 Stellen für Richter und Staatsanwälte, im Jahre 1903 110 Stellen für Richter und Staatsanwälte und 100 Stellen für Bureaubeamte, im Etat für 1904 sogar 150 Stellen für Richter und Staatsanwälte und 200 Stellen für Bureaubeamte; trotzdem sind die Klagen im Lande nicht verstummt, daß in den an Bevölkerung stetig wachsenden Gebieten die Zahl der Richter immer noch eine ungenügende sei, und diese Klagen haben nach näherer Prü⸗ fung als zum großen Teile begründet anerkannt werden müssen. Wir haben ja infolge des bedauerlichen Wegdrängens der Bevölkerung aus den ländlichen Gebieten vielfach kleine Amtsgerichte, die sehr ungenügend beschäftigt sind (sehr richtig!); wir prüfen im Finanzministerium in jedem einzelnen Falle, ob sich nicht hier und dort eine Stelle einsparen läßt; das ist auch in einzelnen Fällen geschehen, aber es kann nur mit einer gewissen Einschränkung erfolgen. Denn wenn man da lediglich das Maß des Arbeitspenfums entscheiden lassen wollte, so würde man die ländliche Bevölkerung schwer schädigen (sehr richtig!), man würde sie zwingen, viel größere Reisen zu machen, viel weitere Entfernungen zurückzulegen. Es muß also auch in dieser Beziehung mit einem ge⸗ wissen Maß vorgegangen werden. Aber das Zusammendrängen der Bevölkerung in den großen Städten und Industriezentren hat ander⸗ seits die Geschäfte der Justiz in diesen Gebieten so außerordentlich vermehrt, daß es notwendig war, mit der Stellenvermehrung noch über das Maß hinauszugehen, das wir in den letzten Jahren bereits bestätigt haben: wir schlagen Ihnen in dem Etat für 1905 vor, 250 Stellen für Richter und Staatsanwälte, 314 Stellen für * Bureaubeamte und 92 Stellen für Kanzlisten zu schaffen. Ich meine Herren, das ist ein Beweis, daß wir nicht gekargt haben, der Irstiz das zur Verfügung zu stellen, was zur Er⸗ füllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Werden diese Stellen seitens des hohen Hauses bewilligt, so sind in den vier Jahren seit 1901 nicht weniger als 600 neue Stellen für Richter und Staats⸗ anwälte geschaffen. Außerdem soll der Fonds für Kanzleigehilfen um 644 000 und der Fonds für sonstige Hilfsarbeiter um 602 000 erhöht werden. (Bravo!) Meine Herren, das Ministerium des Innern erfordert einen Mehrbetrag von 2,2 Millionen, indem besonders die Polizeiver⸗ waltungen sowohl in Berlin wie in den Provinzen steigende Be⸗

9 dürfnisse aufweisen; auf jede dieser beiden großen Kategorien entfällt

1

ein Mehrbedarf von einer halben Million. Auch hier erfordert die Fürsorgeerziehung ein gewisses Plus, wenn auch lange nicht in dem Maße wie in den letzten Jahren; aber es ist immerhin ein Mehr⸗ bedarf von 170 000 für diesen Zweck eingestellt.

Meine Herren, ich komme zu dem wichtigen Etat für Land⸗ wirtschaft. Dieser Etat schließt auf der Einnahmeseite mit 235 000

mehr ab, weist dagegen Mehrausgaben von 1 535 000 auf, sodaß

Hierin sind enthalten die fast alljährlich wiederkehrenden Mehr⸗ ausgaben für die Generalkommissionen, die steigenden Aufwendungen für die landwirtschaftlichen Lehranstalten, vor allem aber wirkt mit die durch Gesetz erfolgte Gehaltsregulierung für die Tierärzte, für die ein Mehrbedarf von nicht weniger als 762 000 eingesetzt worden ist. Das Extraordinarium erfordert eine Summe von 8,5 Millionen,

während das Extraordinarium für 1904 mit 5,1 Millionen abschloß,

sodaß also das Extraordinarium des nächsten Jahres um den Betrag von 3,4 Millionen erhöht worden ist. Wir haben im Interesse der

kleinbäuerlichen Bevölkerung den Westfonds wiederum um 110 000 und den Ostfonds um 200 000 erhöht (bravo), und zwar soll

diese Erhöhung des Ostfonds der Melioration in der Provinz Ost⸗

preußen speziell zugute kommen. (Bravo!)

j Dann finden Sie, meine Herren, eine neue Position: für die

innere Kolonisation in Ostpreußen und Pommern 2 000 000 ℳ, (bravo!) eine Position von einer Wichtigkeit, daß ich doch mit einigen

Worten auch darauf eingehe. Meine Herren, diese Abwanderung in den

Provinzen Ostpreußen und Pommern, diese Blutleere, wenn ich so sagen darf, (sehr richtig!) in diesen beiden Provinzen muß in der Tat für jeden zu den allerernstesten Besorgnissen Anlaß geben. (Sehr richtig!)

Nimmt diese Abwanderung, diese zunehmende Verarmung an Menschen

in jenen Provinzen, die einst den Staat in der schwersten Stunde der Not wieder aus seiner Not befreit haben, (bravo!l) zu, so wird die wirtschaftliche und politische Leistungs⸗

fähigkeit dieser Provinzen allmählich erschüttert werden. (Sehr richtig!) Nach dem statistischen Jahrbuch für den preußischen

Staat, meine Herren, haben die Landgemeinden und Gutsbezirke

in Ostpreußen von 1885 bis 1900, also in 15 Jahren, eine absolute

Abnahme von 63 000 Menschen erfahren. (Hört, hört! rechts.) Nach

dem Bericht des Oberpräsidenten haben 28 Landkreise in der fünf⸗ jährigen Periode von 1895 bis 1900 eine Verminderung ihrer Ein⸗ wohnerzahl erfahren, und zwar um 42 000 Menschen. (Hört, hört! rechts.) Um die ganze Bedeutung dieser Zahlen zu würdigen, muß man den Urberschuß der Geburten über die Todesfälle in Rechnung stellen. Nach einem mir vorliegenden Berichte haben, wenn man diesen Geburtsüberschuß in Rechnung stellt, die Gutsbezirke und Land⸗ gemeinden Ostpreußens in 10 Jahren nicht weniger als ¼ Million Menschen verloren durch Ab⸗ und Auswanderung. Aehnlich liegen die Verhältnisse in Pommern. Die Landgemeinden und Gutsbezirke haben von 1895 bis 1900, also in 5 Jahren, eine absolute Einwohnerabnahme von 13 000 Seelen erfahren, und nach einer mir gemachten Be⸗ rechnung hat der Geburtenüberschuß im Jahre 1886 bis 1895 166 000 Seelen betragen, und dieser gesamte Geburten⸗ überschuß, der 14 % der Bevölkerung darstellt, ist vollkommen ver⸗ loren gegangen durch Aus⸗ und Abwanderungen aus Pommern. (Hört! hört! rechts.) Namentlich ist der Bezirk Köslin sehr stark durch die Auswanderungen betroffen worden, und es kommt in Betracht, daß auch von Westpreußen in immer stärkerem Maße ein Einbruch von polnischer Seite in die hinterpommerschen Gebiete erfolgt.

Meine Herren, diese Dinge sind doch so ernst, daß wir es für erforderlich erachtet haben, staatlicherseits die Hand zu bieten, um diese Blutleere wenigstens einigermaßen zu beseitigen. Ich habe schon im vorigen Jahre davor gewarnt, zu glauben, als ob der Staat irgend ein Allheilmittel in dieser Beziehung habe; das hat er nicht, wohl aber kann er dazu helfen, um diese Bevölkerung fester zu halten, um neue Elemente, kleinbäuerliche Besitzungen dort zu schaffen. Dieses Festhalten soll eben dadurch erfolgen, indem wir die Landesmeliorationen in Ostpreußen dadurch stützen, daß wir 2 000 000 zur Verfügung gestellt haben. Diese Vermehrung des kleinbäuerlichen Besitzes soll dadurch erstrebt werden, indem wir 2 Millionen in den Etat einstellen für die innere Kolonisation in Ostpreußen und Pommern. (Bravo! rechts.) Wir sind allerdings nicht in der Lage, Ihnen ganz detaillierte Pläne vorzulegen, wie sich diese Kolonisationen abspielen sollen; aber, meine Herren, das eine darf ich sagen, daß wir nicht die Absicht haben, den etwas schwerfälligen, komplizierten und auch kostspieligen Apparat einer staatlichen Kolonisation hier in Be⸗ wegung zu setzen, sondern daß wir uns, wenn möglich, stützen wollen auf private, gemeinnützige Zwecke verfolgende Kolonisationen, wie sie namentlich in der Provinz Pommern in der Ansiedelungsgesellschaft bereits vorhanden sind. Wir wollen die Einrichtungskosten für die betreffenden Ansiedler ermäßigen durch Beihilfen für die Schulen, Kirchen usw., um von vornherein die Ansiedler in eine Position zu bringen, daß sie sich darin wohl fühlen und wirtschaftlich prosperieren können. (Sehr richtig! rechts.)

Meine Herren, ohne daß wir in der Lage sind, Ihnenschon detaillierte Pläne zu geben, und in der Gewißheit, daß wir auf diesem Ge⸗ biete erst wieder Erfahrungen sammeln müsse, schlagen wir Ihnen vor, diese 2 Millionen zu bewilligen. Für Westpreußen und Posen geschieht auf Grund des Ansiedelungsgesetzes Außerordentliches auf dem Gebiete der inneren Kolonisation; wir wollen die beiden an⸗ grenzenden Landesteile Pommern und Ostpreußen auch in den Kreis unserer Fürsorge ziehen, wenn auch in langsamer Arbeit; denn kein Mensch kann hier den Erfolg von heute zu morgen erwarten. Wir hoffen aber nach unseren Kräften dazu beizutragen, daß durch die weiteren Maßnahmen die Abnahme der landwirtschaftlichen Be⸗ völkerung in Ostpreußen und Pommern wenigstens einigermaßen ge⸗ mildert wird. (Bravo! rechts.)

Für den Ausbau der hochwassergefährlichen Flüsse Schlesiens ist eine 5. Rate von 2 Millionen vorgesehen. Diese Rate übersteigt den Betrag des Jahres 1904 um 1 Million.

Meine Herren, ich werde Ihre Geduld nicht mehr lange in Anspruch nehmen, aber ich muß noch wenige Worte zum Kultusetat sagen, weil dieser es ist, der dem Finanzminister immer am tiefsten in den Beutel greift. Da ist eine Mehrausgabe von 5 Millionen Mark vor⸗ gesehen; davon entfällt der Löwenanteil wiederum auf das Elementar⸗ unterrichtswesen, das mit nicht weniger als 3,2 Millionen Mehr⸗ ausgaben im Ordinarium beteiligt ist. Es wird dem hohen Hause vorgeschlagen, trotz alle dem, was wir in den letzten Jahren schon auf diesem Gebiete getan haben, auch im Jahre 1905 noch wiederum vier neue Seminare und acht neue Präparandenanstalten zu bewilligen, um so allmählich des Lehrermangels Herr zu werden. Wir haben dann nicht pensionsfähige Zulagen vorgesehen für die dienstältere Hälfte der Direktoren und Lehrer an den Seminaren und den Präparandenanstalten im Betrage von 252 000 Die angemessene Rekrutierung dieser Lehrpersonen war dadurch gefährdet, daß die Städte so außerordentlich hohe Lehrergehälter bezahlen und infolge⸗ dessen die geeigneten Elemente lieber in die großen Städte gingen, als für den Seminardienst sich entschieden. Wir wollen einen ver⸗ stärkten Anreiz für den Eintritt in den Seminardienst gewähren, indem wir den Betreffenden solche Stellenzulagen zu teil werden lassen. (Bravo!)

Für die Ortsschulinspektoren ist ein Mehrbetrag von 45 000 vorgesehen. Dann kommt die sehr erhebliche Steigerung, die Sie fast in jedem Etat finden, auf dem Gebiete der Volksschule: zur Erleichterung der Volksschullasten mehr 400 000 ℳ, für die Alters⸗ zulagen 550 000 ℳ, für Errichtung neuer Schulstellen 300 000 Besonders erwähnen muß ich noch die Mehrbewilligung, die für die Volksschullehrer in den ehemals polnischen Landesteilen vorgesehen ist. Es ist zunächst für die festen ZUulagen an die Lehrer in West⸗ preußen und Posen ein Betrag von 120 000 dem nachgewiesenen Bedürfnis gemäß mehr eingestellt, und es ist der Renumerationsfonds für die Lehrer nach den hier im Hause gegebenen Anregungen um 300 000 erhöht worden, um namentlich auch in Oberschlesien die Lehrer, die sich besonders um die Pflege des Deutschtums verdient machen, dort durch eine angemessene Zulage in ihrem schweren und verantwortungsreichen Amte festzuhalten. (Bravo!)

Für die Witwen und Waäisen der Volksschullehrer ist ein Mehr betrag von 402 000 ausgebracht.

Die Kunst und Wissenschaft erfordert mehr 378 000 Der Dispositionsfonds des Ministers für geistliche Angelegenheiten für die Denkmalspflege ist um 123 000 erhöht worden, weil seine Mittel gegenüber den gestiegenen Anforderungen sich als unzulänglich erwiesen hatten. Das technische Unterrichtswesen ist mit 360 000 reichlicher dotiert und der Patronatsbaufonds, obwohl derselbe erst vor einigen Jahren eine Erhöhung erfahren hatte, wiederum mit 150 000 reich⸗ licher dotiert. Es kamen die Klagen aus dem Lande, daß der Staat

seinerseits die Pflichten nicht erfülle gegenüber der kirchlichen Unter⸗

haltungspflicht, deren Erfüllung er von allen übrigen fordere. Wir werden uns daher entschließen müssen, diesen Fonds abermals zu er⸗ höhen. Sie finden eine neue Position in dem Etat. Für die Hinter⸗ bliebenen der vor dem 1. April 1895 verstorbenen Geistlichen ist ein neuer Fonds von 50 000 eingesetzt. Wir haben naturgemäß den Kirchengesetzen, die eine erhöhte Fürsorge für die Relikten der Geist⸗ lichen vorsehen, eine Anwendung nur für die Zukunft, eine rückwirkende Kraft aber nicht geben können, und es haben infolgedessen an den Wohltaten dieser Gesetze nur die Relikten von Geistlichen, die nach dem 1. April 1895 verstorben sind, teilnehmen können. Es hat sich aber auch bei den Witwen und Waisen der früher verstorbenen Geistlichen ein solches Maß an Not zum Teil herausgestellt, daß es richtig erschien, dem Kultusminister hier einen gewissen Dispositions⸗ fonds zur Verfügung zu stellen. Dafür ist ein Betrag von 50 000 vorgesehen. (Bravo! rechts.)

8 Im Extraordinarium finden Sie einen Betrag von insgesamt 21 Millionen vorgesehen, darunter für die Universitäten 4 Millionen, für den Elementarunterricht 62 Millionen, für Kunst und Wissen⸗ schaft 5,1 Millionen und hierunter wiederum einen Betrag von 1 Million für Anschaffungen im Kaiser Friedrich⸗Museum. Bekanntlich waren dafür seiner Zeit von dem verstorbenen Finanz⸗ minister Dr. von Miquel 2 Millionen zur Verfügung gestellt; sie sind vollständig aufgebraucht. Ich glaube, jeder, der unsere Museen vor 20 Jahren gesehen und jetzt wieder gesehen hat, wird an⸗ erkennen, daß der Reichtum der Museen, der Lehrwert der Museen ganz außerordentlich zugenommen hat durch die Ankäufe, die gemacht worden sind. Aber wie gesagt, die Mittel waren am Ende, und ich habe mich entschlossen, nun einmalig 1 Million zur Verfügung zu stellen, weil der Moment, wo es überhaupt noch möglich sein wird, für die Museen zu erträglichen Preisen Bilder zu bekommen, in sehr kurzer Zeit für alle Zeiten vorüber sein wird. Bei den enormen Preisen, die namentlich die Amerikaner für alte gute Bilder bezahlen, ist in absehbarer Zeit gar nicht mehr darauf zu rechnen, daß eine Museumsverwaltung damit konkurrieren kann. Deshalb heißt es schnell zugreifen, wo noch etwas für das große Publikum Gutes gewonnen werden kann.

Dieser kurze Ueberblick, den ich mir erlaubt habe, Ihnen über die einzelnen Verwaltungen zu geben, zeigt, daß auch auf den ver⸗ schiedensten Gebieten unseres kulturellen und wirtschaftlichen Lebens erhebliche Mehrbeträge vorgesehen sind, und ich glaube, der Etat gibt dem Ausdruck, daß wir nicht gekargt haben, auch da die Mittel zur Verfügung zu stellen, wo die Entwickelung unserer sozialen Verhältnisse das erfordert. Aber, meine Herren, ich halte, wie ich schon einmal sagte, es für meine Pflicht, auch hier hinzu⸗ zufügen, in wie enormem Maße die Anforderungen aller staatlichen Verwaltungen steigen. Die Anforderungen der staatlichen Ver⸗ waltungen, die bis zum 1. September bekanntlich beim Finanzminister zusammenlaufen müssen, überstiegen um nicht weniger als 164 Millionen Mark die vorhandenen Deckungsmittel, und Sie können denken, daß es nicht leicht gewesen ist, diesen Anforderungen gegenüber eine Balanzierung des Etats herzustellen; das ist nur möglich gewesen, weil die günstige Entwickelung unserer wirtschaftlichen Verhältnisse eine höhere Bemessung der Einnahmen gestattete, und weil seitens der Finanzverwaltung eine sehr energische Einwirkung geübt worden ist auf die Beschränkung der Ausgaben. Sie wollen aber hieraus ersehen, in wie hohem Maße die entsprechenden Ausgaben wachsen und auch in Zukunft neue Anforderungen an uns herantreten werden. Deswegen kann ich nur mit der Bitte schließen, die ich vorhin schon ausgesprochen habe: Maß zu halten in den Ausgaben und Maß zu halten in den Anforderungen, die an uns gestellt werden, um auf diese Weise die preußischen Finanzen auf der alten sicheren und festen Grundlage zu erhalten.

Wenn ich noch eine Bitte hinzufügen darf es werden ja von den Herren mir gegenüber so viele Wünsche ausgesprochen, daß ich mir auch mal einen Wunsch erlauben darf —, so geht der Wunsch dahin: das hohe Haus möge die Güte haben, dafür zu sorgen, daß der Etat diesmal rechtzeitig zur Verabschiedung kommt. Ich meine, meine Herren, das ist nicht nur der Wunsch der Staatsregierung, sondern das ist geradezu die Pflicht des hohen Hauses, dafür zu sorgen, daß der verfassungsmäßigen Bestimmung gemäß der Etat rechtzeitig verabschiedet wird. Das ist doppelt notwendig bei einem Etat wie dem vorliegenden, der sehr erhebliche Mittel für extraordinäre Zwecke, namentlich für Bauten, vorsieht. Diese Bauten werden in der be⸗ denklichsten Weise hinausgeschoben, die Kosten in bedenklichster Weise gesteigert, wenn nicht rechtzeitig am 1. April mit diesen Bauten vor⸗ gegangen werden kann.

Mit diesen beiden Bitten darf ich meine Ausführungen schließen, indem ich mir erlaube, den Etat vertrauensvoll in Ihre Hände zu legen. (Lebhaftes Bravo! rechts.)

Auf der Tagesordnung stehen sodann 41 Kommissions⸗ 8 berichte über Petitionen, und zwar zunächst 13 Berichte der Budgetkommission über Petitionen von Eisenbahn⸗ beamten.

Die Petition der Eisenbahnwerkführer Schaake u. Gen. in Witten u. a. O. um Verbesserung der Verhältnisse der Eisenbahn-⸗ werkführer (Beförderung der Subalternbeamten, Berechnung des pensionsfähigen Dienstalters vom Tage der Ernennung zum Vor⸗ arbeiter an, Gehaltserhöhung) soll nach dem Antrage der Kommission, Referent Abg. Metger (nl.), durch Uebergang zur Tagesordnung er⸗ ledigt werden.

„Abg. Prietze (nl.) tritt dem gegenüber dafür ein, daß die Petition wenigstens der Regierung als Material überwiesen werde. Unter den Gründen, die für die Inbetrachtnahme der Petition sprechen, hebt er als beachtenswert insbesondere den Hinweis auf das unge⸗ nügende Anfangsgehalt und die mangelhafte Ordnung der Pensions⸗ verhältnisse hervor.

Abg. Marx (Zentr.) unterstützt den Antrag des Vorredners. Die Wünsche der Petenten seien durchaus berechtigt. Besonders die älteren Werkführer sollten größere Berücksichtigung erfahren. Die Werkführer wünschten, den Lokomotivführern gleichgestellt zu werden. Auch im Interesse der Disziplin sei es ein unerwünschter Zustand, daß die den Werkführern unterstellten Arbeiter, wie es häufig vorkomme, bei der Lohnzahlung höhere Beträge erhielten als ihre Vorgesetzten, sobald diese aus dem Kreise der Vorarbeiter entnommen seien.

Abg Jacobskötter (kons.) kann gleichfalls dem Wunsche des

Finanzministers, den Forderungen der Beamten nicht zu weit entgegen⸗ zukommen, bei dieser Gelegenheit nicht entsprechen, verwendet si vielmehr auch seinerseits für die Petenten, die sich mit Recht au über den gar zu geringen Wohnungsgeldzuschuß beschwert fühlten.

Auch Abg. Dr. Berndt (nl.) spricht sich für die Ueberweisung der Petition als Material aus.

Abg. Goldschmidt (fr. Volksp.) beantragt Ueberweisung zur Erwägung. Es sei doch gewiß wünschenswert, daß mit dem Uebertritt des Vorarbeiters in eine Werkführerstelle eine Gehaltsverminderung

v“ e eh;ahr n 111“