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Doppelzentner
Durchschnitts⸗ In vorigen e, wurden
Durch⸗ nach ü er
1 Vorpe- Dua. vem Sbuätzun vereat zentner preis V em Doppelzentner be (Preis undekannt)
16,00 16 70 15,50 15 50 14,80 16,10
Ostrowo i. P.. . Trebnitz i. Schl.. b 1ö1“ Strehlen i. Schl. Striegau . . Löwenberg i. Schl. 17,30 Oppell... 16,40 111“ — Aalen i. Wrttbg.. “ — 6166“ 1 —
Babenhausen . Reeeee“” Aalen i. Wrttbg. Giengen a. Brenz Geislingen
18,20
18,00 17,60
Posen. 8 Ostrowo i. P... Trebnitz i. Schl.. FZ“ Strehlen i. Schl. Striegau . . Grünberg i. Schl. — Löwenberg i Schl. 13,30 Oppeln 8 13,00 E11“ 1“ — Aalen i. Wrttgg. .. 5 . —
12,50 12,20 12,40 12 80 12,80
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Löwenberg i. Schl. Aalen i. Wrttbg.. Giengen a. Brenz
14,00 12,90 12,00 12,80 13,50 13,80 14,70
Ostrowo i. P.. . Trebnitz i. Schl.. Ae“; Strehlen i. Schl.. Sieiegan.. Gründerg i. Schl. Löwenberg i. Schl. 2“ Aalen i. Wrttgg... 8 8 8 Gtengeii a. hhh “
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Bemerkungen. Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswert auf vollr Mark abgerundet mitgeteilt. Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten
Ein liegender Strich (—) in den S
Weizen.
1600 uM— 16,80 16,90 16,30 16,30 16,40 16,50 14 80 16,00 16,30 16,70 17.30 17,50 16,40 16,60 — 17,30 18,80
17,00 17,10 16,80 186,90 16 90 17,00 16,00 17.20 17,10 17,50 17,50 17,70 16,60 16,90 17,30 17,80
18,80 Sher — — 18,80 18,80
Kernen (enthülster Spelz, Dinkel, Fesen). 18,20 18,20 18,40 18,40 19,34 19,60 19,60
— 18,80 19,00 18,00 18,20 18,80
Roggen. 12,60 12,80 12,80 12,90 13,00 13,20 13,40 13,50 13,25 13,70 13,40 13,60
— 13,00 13,50
13,60 13 20 13,40 14,10 14,60 14,36 14,70
Gerste. 14 80 13,80 14,90 14 80 15,50 15,40
oœ amtocrende 883835885
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18,30 18,30
18,80 18,00
12,80 12,70 12,90 13,00 1325 13,20
13,50 13,20 14,10 14,20
13,00 13,00 13,50 13,70 13,70 13,80 13,00 13,60 13,40 14,60 14 70
14 50 13,30 12 80 13,80 14,50 14 60 15,50 18,00
14,50 13,70 14,50 14,30 14,50
15,00 15,50 18,20
14,80 14,20 16,00 15,50 15 50 15,80
13,70 13 80 13,70 13,75 14,40
13,40 13,70
14,00
13,80 14,20 14.10
13,75
14,60
13,40 13,70
14 40
16,65
Zahlen
n für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fe 18.
Personalveränderungen.
.“ Königlich Preußische Armee.
Nachweisung der beim Sanitätskorps im Monat Dezember 1904 eingetretenen Veränderungen. Durch Verfügung des Generalstabsarztes der Armee. Mit Wahrnehmung offener Assistenzarztstellen sind beauftragt worden:
9. Dezember: Bebert, Unterarzt bei der Unteroff. Schule in Biebrich,
30. Dezember: Dr. Schellhorn, Unterarzt beim 1. Ober⸗ rhein. Inf. Regt. Nr. 97, Dr. Rohkohl, Unterarzt beim 2. Erm⸗ länd. Inf. Regt. Nr. 151. 8 8
Beamte der Militärverwaltung. Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 11. nuar. Havenstein, Kreutzinger, Hilfstopographen, zu etatmäß. Topographen. Müller, Hilfstrigonometer, zum etatmäß. Trigono⸗ meler, — bei der Landesaufnahme ernannt.
XIII. (Königlich Württembergisches) Armeekorps.
Offiziere, Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. 9. Januar. Mels⸗ heimer, Oberlt. im 8. Inf. Regt. Nr. 126 Großherzog Friedrich von Baden, Majer, Lt. im 9. Inf. Regt. Nr. 127, Goez, Lt. im Inf. Regt. Kaiser Friedrich, König von Preußen Nr. 125, — vom 15. Januar ab zur Dienstleistung beim Kriegsministerium kom⸗ mandiert.
17. Januar. Rohde, Königl. preuß. Gen. Major und Kom⸗ mandeur der 53. Inf. Brig. (3. K. W.) von dieser Stellung enthoben. Auwärter, Major, bisher Bats. Kommandeur im 1. Ostasiat. Inf. Regt., im Armeekorps, und zwar als aggregiert beim Inf. Regt. Alt⸗ Württemberg Nr. 121 wiederangestellt.
Im Sanitätskorps. 15. Januar. Dr. Bofi arzt vom Inf. Regt. Alt⸗Württemberg Nr. 121, Dr. Na arzt vom Pion. Bat. Nr. 13, — scheiden mit dem 27. J Uebertritts zur Schutztruppe für Südwestafrika aus.
Beamte der Militärverwaltung.
12. Januar. Dr. Schlayer, Kriegsgerichtsrat bei dem Generalkommando, behufs Uebertritis zum Reichsmilitärgericht als Reichsmilitärgerichtsrat die Entlassung aus dem württembergischen Militärjustizdienst zum 1. Februar d. J. bewilligt.
15. Januar. Wunderlich, Militärintend. des XIII. (K. W.) Armeekorps, zum Wirklichen Geheimen Kriegsrat ernannt.
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v. Deutscher Reichstag. 1 m 23. Januar 1905, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.) Auf der 1“ steht die Fortsetzung der Be⸗ sprechung der Interpellation Auer, betreffend den Bergarbeiterausstand im Ruhrrevier.
Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet. Abg. Brejski (Pole) fortfahrend: Der normale Schichtohn ist so gering, daß er nicht hinreicht, um eine kinderreiche Familie zu
ernähern. Herr Schmieding hat es für unglaublich erklärt, daß Arbeiter die ländlichen Verhältnisse verließen, wenn sie nicht im Bergbau bessere Verhältnisse fänden. Niemand hat behauptet, daß die Landarbeiter im Fett schwimmen; das ist aber keine Rechtfertigung für die Gruben⸗ harone. Wenn die kinderreiche Familie auskommen will, muß die Frau mitverdienen, sie muß junge Leute als Kostgänger nehmen, was aus vielen Gründen unerwünscht ist. Auf Zeche Neumühl soll nach Herrn Beumer kein Arbeiter unter 4 ℳ verdienen; ich kann dagegen anführen, daß im Oktober noch für 25 Schichten 88,50 ℳ, für 21 Schichten 76 ℳ Lohn verdient wurde, also weniger als 4 ℳ Auch über das Krankenkassenwesen haben die Bergarbeiter zahlreiche Klagen zu führen, zumal über das lieblose und wenig sorgfältige Ver⸗ halten der Kassenärzte. Ein Dr. Meyer in Herne machte einem armen Krüppel klar, er sei doch neoch nicht völlig erwerbsunfähig, weil er doch Musiker werden könnte. Ein Wunder, daß man den Krüppel nicht aufs Konservatorium geschickt hat. Solche Kleinlichkeiten sind cs, die erbittern. Kleinlichkeiten haben Revolutionen peranlaßt, sie haben auch den Ruhrausstand verursacht. Aber auch die großen Uebel dürfen nicht übersehen werden; dazu gehört neben der Lohn frage und der Willkür im Strafsystem das Bestreben, eine Hörigkeit der Bergarbeiter zu schaffen. Der Ausschluß der Arbeiter von der Ver⸗ waltung der Unterstützungskassen ist hier schen gerügt worden. Es ibt Zechenverwaltungen, die mit dem Groschen der Arbeiter aus en Unterstützungskassen die Arbeiter politisch korrumpieren. Die Grubenbarone können hinsichtlich der politischen Rechte der Regierun sagen: Kehrt vor cuerer Tür. Versammlungen werden widerrechtli aufgehoben oder aufgelöst. Graf von Bülow trat für die individuelle Freiheit der Arbeiter ein. In den staatlichen Betrieben ist davon nichts zu merken. Ein Arbeiter wurde entlassen, weil er bei der agswahl nicht so gestimmt hatte, wie es die Regierung wollte. as wurde ihm in einem Zeugnis noch besonders attestiert. Im Ruhrgebiet herrscht in Syndikatskreisen eine wahre Wut, daß die polnischen Arbeiter nicht streikbrüchig werden wollen. Zuerst ver⸗ dr die Arbeiter von der beimatlichen Scholle, lockt sie durch Versprechungen nach dem Ruhrgebiet, tut alles, sie zu germani⸗ sieren, und dann wirft man ihnen vor, sie bätten die Heimat längst vergessen und wäten ein zeug der Sozialdemokratie. Aber nur ein Teil der Polen verleugnet seine Nationalität. Sie setzen ihre Ehre darein, zu beweisen, daß der Pole ebensogut sür die Rechte der Arbeiter cintreten kann wie der Scialdemokrat. Solange die olnischen Arteiter ihre Nationalität bewahren, wird sie das Rote Meer nicht verschlingen. Die polnische Fraktion fühlt sich solidarisch mit den Bergarbeitern, soweit sie mit gesetzlichen Mitteln vorgehen, und ich habe den Auftrag, energisch für ihre Rechte einzutreten. Auch wir wünschen ein einheitliches Berggesetz auf solider Grundlage. Wenn die Arbeiter energisch vorgehen, wird das Syndikat nach⸗ geben, und es kann es, ohne Schaden ju leiden. Es ist mir mit⸗ geteilt worden, daß gestern die Zeche Freie Vogel und Urverhofft . verhandelt und ihnen u. a. auch Arbeiterausschüsse zu⸗ g⸗ . „ Abg. Freiherr Heyl zu Herrnsheim (nl.): Meine politischen Freunde unterscheiden sehr streng zwischen den lokalen Verhältnissen vor Ausbruch des Streiks und den nach dem Streik erhobenen For⸗ derungen der Arbeiter. Ein großer Teil meiner Freunde ist geneigt, diese nachträglichen Forderungen nach ihrem berechtigten Kern zu prüfen, und daß wir nicht anstehen werden, wenn diese Forderungen ndet sind, nötigenfalls an eine 5zeliche Regelung dieser Ver⸗ hältnisse heranzutreten. Die Arbeiter sollten doch bei einem Kontrakt⸗ bruche sehr vorsichtig sein. Deshalb bin ich der Meinung, daß sie von der Tragweite dieses Streils voltständig durchdrungen
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sind. Herr Hue hat in seiner maßvollen Rede nicht den Beweis führen können, daß der Kontraktbruch der Arbeiter durch einen Kontraktbruch der Arbeitgeber veranlaßt war. Das Vorgehen der Zeche Bruchstraße mißbilligen auch wir auf das schärfste. die Verhältnisse dort wirklich so lagen, wie behauptet wurde, so hätten sich die Bergbehörden einer schweren Verschuldung schuldi gemacht. Das preußische Berggesetz enthält so viel Mängel, eine Klarstellung dieses Gesetzes durchaus notwendig ist. gesetz sieht eine 14 tägige Kündigung vor, es läßt aber auch eine andere Form der Kündigung zu. Die Bestimmungen über die Gedinge⸗ arbeit sind nicht klar genug gefaßt. Das ganze Risiko der Gedinge⸗ arbeit wird durch das Gesetz dem Arbeiter auferlegt. Ein gerecht denkender Arbeitgeber kann diese Verhältnisse nicht billigen, und es ist eine gesetzliche Aenderung notwendig. Kollege Beumer hat sich von seinem Standpunkt über das Nullen ausgesprochen. Ich habe namens der großen Mehrheit meiner politischen Freunde zu erklären, daß wir dringend wünschen, daß das Wagennullen tunlichst hald vollständig abgeschafft wird. Wir werden mit diesem Nullen seit Jahren in der unangenehmsten Weise behelligt, und es kommt gar nicht darauf an, ob 1, 3 oder 5 % genullt werden, sendern darauf, daß die Arbeiter dadurch belästigt und geschädigt werden. Sie können den Anspruch erheben, daß as Nullen endlich einmal aus der Welt geschafft wird. Ebenso verhält es sich mit der Seilfahrt; wir können eine dem⸗ nächstige Ausdehnung nicht für eine gerechte Mafregel ansehen. Be⸗ sonders nach Stillegung der Zechen hat man die Seilfahrt in Ver⸗ bindung mit der Schichtdauer ausgedehnt in einer Weise, wie es ebilligt werden kann. Die österreichische Gesetzgebung hat dafür ge⸗ sorgt, daß eine Audehnung von Schichttauer und Seilfahrt über inegesomt 9 Stunden hinaus nicht möglich ist. Es fragt sich eben, wer die Verlängerung auf sich nehmen will, der Arbeiter oder der Arbeitgeber. Die Bergarbeiter finden die gesamte Sympathie des ganzen deutschen Volkes, okgleich sie ihre Forderungen mit einen Kontraktbrrch eingeleitet haben. Die Bergarbeiter sind eine Arbeiter⸗ kategorie ganz für sich; sie entbehren bei ihrer Arbeit des Tageslichts, und von ihrer Produktion sind alle Betriebe, alle Haushaltungen in Deutschland abhängig; denn ohne Kohlen kann keire Wirtschaft beirieben werden. Der Reichskanzler hat auf die politischen Ursprünge der deutschen Arbeiterorganisationen hingewiesen. Die Hirsch⸗Dun ckerschen Gewerl⸗ vereine schrieben früber ausdrücklich vor, daß Sozialdemokraten nicht aufgenommen werden dürfen; diese Bestimmung ist inpwischen allen. Wenn man das Zentralblatt der sozialdemokratischen arkschaften liest, so findet man darin eine solche Herabsetzung der Autorität der Arbeitgeber, Fgx sich nicht wundern kann, wenn die Arbeiterführer nun den Arbeitern keine Autorität mehr haben. In England und Amerika ist die Entwickelung eine ganz andere gewesen. Die englischen und amerikanischen Gewerkvereine ver⸗ folgen den des Lieblingsdichters des Herrn Hue: „Ans Vater⸗ land, ans teure, schließ Dich an; hier sind die starken Wurzeln Deiner Kraft.“ Die deutschen Gewerkvereine sind auch Kartelle und Synd ilate, die wir ebenso 22 ünstig beurteilen können wie die geschäftlichen Syndikate monopolistischer Tendenz; ihr letztes Ziel ist, die bürgerliche Eesellschaft aufzusaugen. Der sozialdemokratische Minister Millerand bö gegen den Terrorismus der französiscken Gewerkvereine durch ein Eesetz iu wehren versucken müssen; dieses Gesetz hat zur aussetzung, daß ein Streik in einer Fabrik nur zuläs „wenn die Mehrbeit der Arbeiter der Fabrik selrst den Streik wünscht. Er hält diese Maßrahme nicht nur im Interesse der Arbejter, sondern auch der nationalen Produktion für notwendig. Die Gewerkvereine sezialistischen eille haben es ja fertig bekommen, durch ihmen Terroriemus den ganzen Seeverkehr der Stadt lahm zu legen. Der
dortige Gewerkverein der Dockarbeiter hat die bösen Konsequenzen dieser einseitigen Politik gründlich zu kosten bekommen. Härten wir schon obligatorische Arbeitskammern, so würden die Mißstände, die zum Streik führten, frühzeitiger besprochen worden sein, und das Schlimmste wäre vielleicht verhütet worden. Wir freuen uns, daß jetzt angekündigt wird, es solle diese Maßregel endlich durch⸗ geführt werden. Wir müssen die Arbeitskammern haben, ehe die deutschen Arbeiter vollständig sozialdemokratisch verhetzt sind. Die Regierung hätte ja heute schon ein Mittel in der Hand, die Zechenbesitzer zur Raison zu bringen, indem sie den sanitären Maximalarbeitstag einführt. Es wäre auch, wie ich persönlich und auch mein Freund Bassermann meinen, sehr zu erwägen, ob nicht für die Bergarbeiter der Achtstundentag überhaupt gesetzlich einzuführen ist. Die Bergarbeiter verlangen nun auch den Minimallohn; auf diese Forderung können wir nicht eingehen, aber die Verhältnisse, die dieser Forderung zu Grunde liegen, zu klären, ist Aufgabe der Gesetz⸗ ebung. Die schweizerischen Fabrikinspektoren sprechen sich gegen den Minimallohn aus, weil damit auch die Forderung einer Minimal⸗ jeistung gegeben ist und die Fabriken aus den Entlassungen von Arbeitern wegen unzulänglicher Leistung gar nicht herauskommen würden. Herr Stoecker meinte vorgestern, auch Könige hätten ihre Souveränität aufgeben müssen, also könnten es Industrielle auch. Ich kann diese Meinung nicht gelten lassen. Die Frage wäre richtiger gestellt, ob es sich darum handelt, die Souveränität der Gewerkvereine neu einzuführen, und das wollen wir nicht, wir wollen die Souveränität der Gesetzgebung. Die praktischen Engländer sind mit dem Nullen der Wagen längst fertig. Schon 1872 ist es durch Gesetz dort auf⸗ gehoben worden, bezahlt wird die Kohle nach Gewicht, und der Wagen wird möglichst nahe der Stätte gewogen, wo die Kohle ge⸗ fördert ist, der zweite Wieger verwiegt die Kohlen nach Steinen; der Arbeiter bekommt immer mindestens den Lohn für die tatsächlich ge⸗ förderten Kohlen. Bei uns verliert der Arbeiter nicht allein den Lohn seiner Arbeit, sondern erhält noch eine Strafe dazu. Das ist eine schreiende Ungerechtigkeit, die beseitigt werden muß. In der Grubenaufsicht haben die praltischen Engländer eine Behörde vorgesehen, welche die Aufsicht führt, und der Bergwerksbesitzer, Bergarbeiter und Ingenieure an⸗ gehören. Alle diese Dinge haben in Bergarbeiterkreisen große Unzu⸗ friedenheit erregt. Es wäre aber notwendig gewesen, daß die Arbeiter sich an das Berggewerbegericht gewendet hätten; ich möchte daher Herrn Hue bemerken, daß dies Gericht den Erscheinungszwang hat. Die Unternehmer hätten also auch erscheinen müssen. Es handelt sich hier um eine nationale Angelegenheit, wie es in der Hibernia⸗ angelegenheit der Fall ist. Die Regierung ist in dieser Frage mit zu großem Optimismus verfahren. Eine Auffassung ist allerdings richtig, daß sie das Vertrauen zu den Bergarbeitern nicht verloren hat, daß ein Aufgebot militärischer Kraft nicht eingetreten ist. Die Sozialdemokraten sind, wo sie die Macht haben, stets mit militärischer Macht hervorgetreten. Nicht nur hat dies Millerand getan, sondern es ist auch in der Schweiz geschehen, und Wollschläger in Basel hat eine Rechtfertigungsschrift herausgegeben über sein Vorgehen gegen die Maurer. Da lobe ich aber das Verhalten unserer Regierung und das Vertrauen, das sie der Arbeiterschaft entgegenbringt. Das Ver⸗ halten unserer Arbeiter im Ruhrgebiet rechtfertigt auch dies Ver⸗ trauen. Daß die Regierung zu optimistisch ist, hat sie aus Anlaß der Interpellation Stötzel im vorigen Jahre gezeigt. Bei der im vorigen Jahre angestellten Enquete wurde nicht ein einziger Arbeiter gehört. Die Regierung hat eine Denkschrift veröffentlicht, aus der hervorgeht, daß das Kohlensyndikat zu viel gefordert hatte, was eine Reduklion zur Folge hatte. Es wurden Zechen stillgelegt, und die Arbeiter hatten größere Entfernungen zurückzulegen, was Mißstimmung hervor⸗ rief. Seit 1904 ist in dem Svndikat das Bestreben hervorgetreten, den Kohlenbau immer mehr in seine Hand zu bekommen. Wir hoffen, daß die Verstaatlichung der Hibernia der erste Schritt zur Verstaat⸗ lichung der Kohlenbergwerke ist. Das Syndikat hat ein Kontor gebildet, das zu großen Beschwerden geführt hat. Es hat den freien Markt vollständig aufgehoben. Die Preise sind zum Schaden der Konsumenten erhöht worden. Das Kontor übt überhaupt auf die wirtschaftlichen Verhältnisse einen sehr starken Einfluß aus. Ich habe 1900 mit dem Grafen von Oriola beantragt, daß die Reichsregierung ersucht würde, die Kartelle oder Syndikate, die einen monopolistischen Charakter angenommen baben, unter Staatsaufsicht zu stellen. Hoffentlich wird dieser Gedanke wieder aufgenommen werden. Das würde auch im Sinne des deutschen Juristentages sein. Vielleicht denkt die. Regierung auch an die Einlösung ihres Versprechens bezüglich einer anderen Regelung der Krankenkassenfürsorge und der Regelung der Heimarbeiterverhältnisse. Wir beabsichtigen ferner, beim Reichsamt des Innern eine Resolution einzubringen, daß tunlichst bald die Bergarbeiter und die Bergwerkbesitzer vor die arbeitöstatistische Kommission geladen werden, nicht etwa, um den Streik beizulegen, das würde in ihren Rahmen nicht hineinpassen, sondern damit nicht nur der preußische Handelsminister oder Herr von Velsen, sondern auch wir als Gesetzgeber über die Verhältnisse im Ruhrgebiet orientiert werden. In England hätte man schon längst eine parlamentarische Kommission über diese Verhältnisse zusammen⸗ gesetzt. Resolutionen haben ja keinen großen Erfolg. Wir wollen damit aber den Reichskanzler und die verbündeten Regierungen daran erinnern, daß sie die Pflicht haben, in diesem ernsten Augenblicke, da es sich um ein nationales Unglück handelt, nichts zu verabsäumen, was geeignet ist, durch eine Verbesserung der Gesetzgebung bessere Zustände herbeizuführen.
Preußischer Minister für Handel und Gewerbe Möller:
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Mieine Herren! Der Herr Vorredner hat eine große Anzahl
von Vorschlägen gemacht, wie nach seiner Meinung die Streitigkeiten im Ruhrgebiet beigelegt werden könnten. Der Herr Vorredner möge mir verzeihen, wenn ich auf diese Vorschläge nicht eingehe. Es würde das nicht der Stellung entsprechen, die ich mir von Anfang an vorgezeichnet habe. Jede Aeußerung über die Zulässigkeit von Vorschlägen, wie sie eben gemacht sind, würde eine Stellungnahme bedeuten, von der ich gegenwärtig absehen muß. Ich würde aber, wie ich am Sonn⸗ abend ausgeführt habe, jetzt noch der Meinung sein, Gesetze soll man nicht ab irato machen. Aber wenn die Ruhe, wie ich hoffe, in nicht zu ferner Zeit zurückgekehrt sein wird, wird man ganz zweifellos die Lehren aus dem jetzigen Streik ziehen, und dann wird die Zeit ge⸗ kommen sein, zu erwägen, wo man auch gesetzliche Abhilfe schaffen muß. Der Erlaß der Novelle zum Berggesetz wird uns ja die ernste Pflicht auferlegen, dabei diese Prüfung eintreten zu lassen.
Der Herr Vorredner hat dann insbesondere beanstandet, daß ich bei der Enquete, die ich in Gemeinschaft mit dem Herrn Minister des Innern im vorigen Jahre bei Gelegenheit der Zechenstillegungs⸗ debatte im Abgeordnetenhause veranstaltet habe, keine Arbeitervertreter zugezogen hätte. Ich habe keinerlei prinzipielle Abneigung dagegen, Arbeiter bei derartigen Gelegenheiten zuzuziehen; in diesem Falle habe ich aber nicht einsehen können, was Arbeiter nützen könnten. Es handelte sich hier darum, zu untersuchen: wie sind die Kommunen, in denen die stillgelegten Bergwerke lagen, geschädigt, und wie ist den Kommunen, den Grundbesitzern und Arbeitern zu helfen? Wir haben die Verhandlungen im wesentlichen unter der Verwaltung stattfinden lassen und die Zechenbesitzer zugezogen, inwieweit sie bereit sein würden, bei der Abhilfe mitzuwirken, und in einer ganzen Reihe von Fällen haben die Bergwerkseigentümer Zusagen gemacht, die für die Gemeinden von äußerster Wichtigkeit waren. In einem anderen Falle, in dem ich auch eine Enquete veranstaltet habe auf dem Gebiete des Bergbaues, der Wurmkrankheit, habe ich nicht unterlassen, die Arbeitervertreter mitzuzuziehen, weil sie da aller⸗ dings als Auskunftspersonen von hohem Werte waren Bei der
Zechenstillegungsfrage, den Fragen, die dort in Betracht kamen, hätten mir die Arbeiter doch Wesentliches nicht mitteilen können.
Dann noch ein kurzes Wort gegen den Herrn Abg. Brejski. Er hat gesagt, ich hätte am Sonnabend anerkannt, daß die Eigentümer der Zeche „Bruchstraße“ Kontraktbruch geübt hätten. Das ist mir gar nicht eingefallen. Ich habe lediglich klargestellt, wie die Verhält⸗ nisse liegen, hier und im Abgeordnetenhause. Ich enthalte mich, die⸗ selbe Frage zum dritten Male zu wiederholen. Ich bitte diejenigen Herren, und vor allen Dingen Herrn Breiski, der sich dafür interessiert, im Stevogramm des Reichstags und des Abgeordnetenhauses nach⸗ zulesen, was ich dort gesagt habe. Es entspricht nicht dem, was er hier dargelegt hat. 8
Abg. Dr. Spahn (Zentr.): Nach dem Gang der Debatte kann kein Zweifel darüber sein, daß sich die übergroße Mehrheit des deutschen Volkes mit ihren Sympathien auf der Seite der Streikenden, nicht auf der Seite der Zechen befindet. Dadurch, daß der Bergbauliche Verein die Teilnahme an der Verhandlung abgelehnt hat, hat er sich ins Unrecht gesetzt. Es handelt sich jetzt darum, wie wir aus dem Kriegszustande heraus⸗ und zum Frieden kommen, nicht darum, wie es mit der Frage des Kontraktbruchs steht. Was die Haltung der Regierung betrifft, so muß ich nur sagen, daß nach dem Verhalten der Vertreter des Bergbaulichen Vereins auch ihrem obersten Vertreter, dem Oberberghauptmann von Velsen gegen⸗ über, doch verhältnis mäßig wenig von der gebotenen Entschiedenheit zu bemerken gewesen ist. Es handelt sich hier nicht um einen gewöhnlichen Streik, sondern um wirtschaftliche deutsche Interessen, die weit ver⸗ zweigt sind, die den Weltmarkt berühren; und wenn man da sagt, man wolle die Stellung innehalten, die man sich einmal vorgezeichnet habe, so ist gar nichts damit gesagt. Die Stellung eines preußischen Ministers muß die sein, daß er mit ganzem Nachdruck die preußischen Gesetze anwendet, um diesen Krieg zu Ende zu führen. Die Forde⸗ rungen, die dem Bergbaulichen Verein unterbreitet worden sind, sind schon seit 1889 in den parlamentarischen Körperschaften Jahr für Jahr vertreten worden. Die Arbeiter fanden einen berechtigten Grund, besorgt zu sein, da das Kohlensyndikat seit seiner Neubegründung sich in einer viel günstigeren und geschlosseneren Position den Arbeitern gegen⸗ über befand als früher. Die Hiberniavorlage war ja mit eine Folge des Zusammenschlusses der Zechen. Es ist nicht nur die Produktion gesteigert worden, auch die Preise sind in die Höhe gegangen. Dann kam der Trotztrust. Es ist ganz falsch, wenn die Bergleute sich auf den Standpunkt stellen, daß die Zechenverwaltungen es jetzt nur mit einzelnen Arbeitern zu tun haben. Es gibt überhaupt keinen Arbeits⸗ vertrag mehr, der mit dem Bergmann als solchem abgeschlossen wird. Man sollte doch den Arbeitern vom menschlichen Gesichtspunkte näher treten. Durch die Stillegung der Zechen sind Tausende von Arbeitern in Not geraten. Die Verlängerung der Seilfahrt erfolgt auf einer Zeche, dessen Besitzer ein Multimillionär ist, und dessen Einkommen sich zugleich mit dieser Maßregel gesteigert hat. Es muß daran erinnert werden, daß 1889 der jetzige Kaiser der damaligen Deputation ge⸗ sagt hat, er wünsche, daß den Arbeitern Gelegenheit gegeben werde, ihre Forderungen vorzubringen. Ebenso hätte man auch dies⸗ mal die Arbeiterdeputation einladen und mit ihr sprechen sollen. Ein Teil der Wünsche der Bergarbeiter ist in anderen Staaten schon erfüllt worden. Der Kaiser hat seinerzeit auch gesagt, wenn die Arbeiter auch nur einen kleinen Teil der gesamten Belegschaft ver⸗ treten, so mache das nichts aus. Er empfahl, für das Wohl der Arbeiter zu sorgen. Dieser Mahnung wollen auch wir entsprechen, denn es handelt sich nicht nur um die Bergarbeiter, sondern um Tausende von andern Arbeitern, die von dem Streik in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Arbeitgeber sind beim Arbeitsvertrage in einer viel günstigeren Lage als die Arbeiter, deshalb müssen Arbeiter⸗ organisationen geschaffen werden. Bedauerlich ist es, daß die Vorlage wegen der Berufsvereine immer noch nicht gekommen ist. Es ist ja richtig, daß durch das Syndikat eine Stetigkeit der Kohlenpreise ein⸗ getreten ist, aber es muß geprüft werden, ob die Löhne auch ent⸗ sprechend der Steigerung der Kohlenpreise sich erhöht haben. Die Statistik beweist das Gegenteil. Die Durchschnittslöhne betrugen im Oberbergamtsbezirk Dortmund im Jahre 1903 1205 ℳ gegen 1332 ℳ im Jahre 1900. Der Schichtlohn betrug 1903 3,80 gegen 4,18 ℳ im Jahre 1900. Es ist kein Wunder, daß nur ein verhältnismäßig geringer Teil der Bergarbeiter organisiert ist, wenn man bedenkt, daß 33,18 % aus den östlichen Provinzen stammen. Die reichsgesetzliche Regelung der Bergarbeiterfrage ist nun schon seit 1892 in Fluß. Das Ansehen des Staates erfordert es, daß der Minister mit dem ganzen Schwergewicht der Gesetzgebung den Fechen entgegentritt. Herr Stinnes hat das Wort gesprochen; „Ich kann mit meinem Kapital machen, was ich will!“ Dieser Ausspruch beweist, daß in den Zechenverwaltungen der Geist des Christentums verloren gegangen ist, jener Geist, der für die Interessen der gesamten Menschheit eintritt. Es ist einmal das Wort gefallen: „Königliche Hoheit! Geben Sie uns Kapuziner!“ Ich möchte das Wort nicht wörtlich nehmen, aber ich meine, der Staat hat alle Veranlassung, alles zu unterstützen, was das Christentum im Volke zu heben geeignet ist. Es muß eine parla⸗ mentarische Untersuchungskommission in Verbindung mit dem Bundes⸗ jat hier im Reichstage zusammengesetzt werden, und wir müssen auf unsere früheren gesetzgeberischen Vorschläge zurückkommen. Ich be⸗ dauere oCö daß der Reichskanzler neulich behauptet hat, daß die Bergarbeiterorganisationen mit politischen Parteien in Ver⸗ bindung stehen. Ich muß das für die christlichen Gewerlschaften strikt zurückweisen. Sie sind entstanden 1890 auf Grund des damaligen Streiks und der Worte, die damals der Kaiser an die Grubenorgani⸗ sation gerichtet hat. Ohne Rücksicht auf die Kirche, der sie angehörten, sind die christlichen Arbeiter damals zusammengetreten. Es ist auch falsch, wenn der Reichskanzler meinte, daß diese Organisationen den Streik begünstigt hätten. Auch die Sozialdemokraten haben das nicht getan, die Arbeiter sind über ihre Führer hinweggegangen. Bei der Presse allerdings ist es etwas anderes. Es wäre vie richtiger gewesen, wenn der Reichskanzler gesagt hätte, die Gewerkschaften, die sich frei⸗ halten von einer politischen Partei, die will ich möglichst unterstützen und kräftigen. Das Bergwerkseigentum beruht auf Mutung. Wenn der Eigentümer die Rechte, die daraus entspringen, mißbraucht, so hat der Staat das Recht und die Pflicht, ihn daran zu erinnern, daß er ihm zuerst das Recht dazu gegeben hat.
Abg. Zimmermann (Reformp.): Es ist wenige Wochen her, seit uns Graf von Posadowsky ein Loblied hier im Reichstage sang von der W des Kapitals“, worauf unser gesamter Kultur⸗ fortschritt beruhe. Vor einem solchen Zeichen dieses Kulturfort⸗ schrittes stehen wir hier; dieser unglückselige Ausstand ist die Folge jener Assoziation; da haben wir den Salat. Es handelt sich nicht allein um das Wohl von Hunderttausenden von Arbeitern, sondern unser ganzer Handel und Verkehr, ja schließlich jeder einzelne kann mitbetroffen werden. Formell sind die Arbeitgeber im Recht; aber auf solche formal⸗juristischen Fragen kommt es hier gar nicht mehr an. Vor dem höheren Richterstuhl der Moral scheinen mir allerdings in Uebereinstimmung mit der öffentlichen Meinung die Arbeiter glänzend bestehen zu können. Die Arbeitgeber haben, wie es scheint, mit aller Absicht den Streik herbeigeführt und suchen jetzt die Schuld auf die andere Seite abzuwälzen. Gegenüber den Ver⸗ gewaltigungen können die Arbeiter nur in der Gesetzgebung einen Schutz finden. Wir hören auch sebr viel Schönes von Berufs⸗ vereinen usw.; aber das alles ist ja Zukunftsmusik; tatsächlich hat sich die Regierung dem nuftre es des Montankapitals gegenüber als völlig machtlos erwiesen. Anfänglich schien es, als ob zwischen dem Reichskanzler und Herrn Möller ein Ünterschied der Auffassung bestände; hier im Reichstag wenigstens hütete sich der Kanzler, irgend etwas gegen die Zechenverwaltung zu sagen bis auf einige wohlgemeinte Ermahnungen, die auf die Herzen Stinnes und Genossen keinen Eindruck machen werden. Diese Herren sind aus härterem Holze geschnitzt. Da machte der Minister Möller eine Schwenkung am Sonnabend; er kündigte ein Gesetz wegen der Rechtsfähigkeit der Berufsvereine an und spra⸗ auch von gesetzlichen Vorkehrungen gegen die Folgen der Stillegung. Es könnte ja nun Freude sein über den einen Bekehrten, mehr als über
100 Gerechte; aber wir sind nicht im Himmel, sondern auf Erden, und vorläufig ist das Mißtrauen gegen diese schönen Versprechungen geboten, gegen den Minister, der uns als die Verkörperung des Manchestertums im preußischen Ministerium erscheint. Er will jetzt den Brunnen zudecken, nachdem das Kind hineingefallen ist. Schon die Stillegung der Zechen war ein drohendes Menetekel; schon hätten Arbeiter bei der Erhebung hinzugezogen werden müssen. Das Verhalten der Zechenbesitzer nach dem ausgebrochenen Riesen⸗ streik war der reine Hohn auf die allgemeinen Interessen. Nun hat sich das Augenmerk auf die höchste Stelle gelenkt; man meinte, der Kaiser sei die Instanz, die durch ein einziges Wort die Sache bei⸗ legen könnte. Wenn Zeitungsnachrichten richtig sind, hat sich der Kaiser aber mit Herrn Lueg über drahtlose Telegraphie, nicht über den Streik unterhalten. (Vizepräsident Dr. Graf zu Stolberg⸗Wernige⸗ rode: Ich bitte, die Frage, mit wem sich Seine Majestät unterhalten, hier nicht in die Debatte zu ziehen.) Der Kanzler hat scharfe Worte betreffs der Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung gebraucht; es ist auch bereits Berliner Polizei in das Streikrevier entsandt worden. Das richtet sich gegen die Koalitionsfreiheit der Arbeiter. Gegen das Kohlensyndikat hört man von keinen solchen Maßnahmen; die Gruben⸗ besitzer erwarten vielmehr, daß ihnen die Polizei die nötigen Büttel⸗ dienste leistet. Gegen eine solche Ausschreitung, wie sie hier vorliegt, muß aber die öffentliche Autorität einschreiten, gleichviel, ob sie von Arbeitern oder Millionären vorgenommen wurde. Mit dem Crim⸗ mitschauer Streik läßt sich der Bergarbeiterstreik nicht vergleichen Bei letzterem hat die Sozialdemokratie ihren politischen Standpunkt zurücktreten lassen müssen. Der gesamte Ausstand ist nach jahrelanger Erbitterung geradezu spontan aus dem Volkswillen hervorgebrochen Gewisse Interessentenkreise müssen sich dem gegenüber an die Be hauptung klammern, daß es sich um planmäßige Verhetzung handle, s Herr Kirdorf in Gelsenkirchen. Auch ihm konnte bekannt sein, daß die dortigen Grubenarbeiter Männer sind, die an ihrer heimischen Scholle hängen; die hatten auch das große Interesse bei der Stillegung der Zechen. Die Leute kamen ja nicht allein um ihre Arbeit, sondern auch um ihren ererbten oder durch Sparsamkeit erworbenen Grundbesitz; für ihren Fleiß und ihre Sparsamkeit mußten diese Arbeiter noch be⸗ sonders büßen. Wer hat hier das Eigentum zerstört? Wenn jetzt die Leidenschaft dort siegt, dann wird dabei gerade das fremde, das ausländische Element der Polen, Oesterreicher und Italiener eine Rolle spielen, welche die Grubenbesitzer ja selbst herangezogen haben, um das einheimische Element in Schach zu halten. Wir hören hier immerfort von wohlwollender Neutralität; aus dieser muß man 12 endlich heraustreten, wenn man sich nicht den Nasen⸗ stübern seitens der Zechenbesitzer ruhig weiter aussetzen will. Der Staat muß, nachdem die letzteren keine Geneigtheit gezeigt haben, die Schlafmütze der Neutralität von den Locken lüften; er muß den Herren, auch wenn sie über amerikanischen Reichtum ver⸗ fügen, die Züähne zeigen. Den Herren mag ja der Streik wirklich willkommen sein, denn sie sparen Arbeitslöhne und können die kleineren Zechen noch weiter drücken. Interessant ist, daß in diesem . die Selbsthilfe der Arbeiter versagt. Wiederholt haben die ozialdemokraten gesagt: wir pfeifen auf die Staatshilfe und Sozial⸗ reform, gebt uns nur das volle Koalitionsrecht! Hier findet man, daß es damit auch nicht gegangen ist. Die Kommissare sind un⸗ verrichteter Sache zurückgekehrt. Jetzt muß die Klinke der Gesetz⸗ gebung ergriffen werden, um eine wirksame Staatsaufsicht zu schaffen. Da handelt es sich nicht um eine Gesetzgebung ab irato; die
Forderungen sind jahrzehntelang erörtert und besprochen. Mit
vollem Rechte betonte der Interpellant, daß es sich um internationales
Die Gefahr, daß unsere Kohlenschätze in aus⸗ ländische Hände hinübergleiten, besteht. Auch hat er wohl mit Recht das preußische Handelsministerium für den Stand der Dinge mit verantwortlich gemacht. Aber er müßte auch die Konsequenzen ziehen. Ueber die Vernichtung kleiner Existenzen durch das Groß⸗ kapital in den Warenhäusern klagen die Sozialdemokraten nicht. Da sind wir denn doch wohl die konsequenteren. Wohin kommen wir, wenn die Minister aus den Kreisen der Interessenten des Groß⸗ kapitals genommen werden? Die Dinge gehen immer weiter; die großen Banken produzieren und konsumieren Minister und nutzen deren Beziehungen zu ihrem Vorteil aus; ganz nach amerikanischem Muster. Seinerzeit hat der Rechtsanwalt Eschenbach die latente Diktatur des Großkapitals als schon vorhanden bezeichnet, neben der die Monarchie nur noch als Schattenmonarchie fortbestehen werde. Tat⸗ sächlich liegen die Dinge auch so. Keine Herrschaft kann so verderbt sein, so korrumpierend und demoralisierend wirken als die Herrschaft des Großkapitals, deren brutale Aeußerung wir jetzt im Ruhrrevier sehen. In einer Berliner Zeitung erschien im Dezember ein Inserat: „Höheren Staatsbeamten in Berlin mit guten Beziehungen in den Ministerien bietet sich Gelegenheit zu lukrativer Tätigkeit als Re⸗ präsentant einer ersten Eisenbahnbedarfsfabrik.“ Das ist allerdings ein Anzeichen dieser korrumpierenden Kapitalsmacht, das ist der Kultur⸗ fortschritt, mit dem wir beglückt werden sollen. Mögen unsere Staatsmänner endlich die Augen aufmachen; die Plutokratie ist der schlimmste Feind des monarchischen Staatssystems. Werden der goldenen Internationale nicht Dämme gezogen, dann wird die andere, die rote Internationale, triumphieren.
Abg. Bömelburg (Soz.): Bei diesem Streik handelt es sich um eine Volksbewegung, nicht um eine solche, die von einzelnen Per⸗ sonen entfacht ist. Einen Stein, der im Rollen ist, kann man nicht aufhalten. Deshalb war auch der Angriff des Handelsministers gegen die Arbeiterführer, daß sie den Streik nicht aufhalten konnten, unberechtigt. Das Verdienst der Führer aber ist es, daß im Streikgebiet die Ruhe und Ordnung nicht gestört worden ist. Auf die Aeußerungen des Abg. Beumer ist nicht viel Gewicht zu legen, weil er aus einer trüben Quelle geschöpft hat, zwar nicht aus der „Rhein.⸗Westf. Ztg.“, aber aus einer Quelle, die diesem Blatt sehr nahe steht. Herr Beumer sagte, wir möchten vor unserer eigenen Tür kehren, und wies auf die Brotpreise einer sozialdemokratischen Volksbäckerei in Rüttenscheidt hin. Sozialdemokratische Volksbäckereien gibt es überhaupt nicht. Außerdem kostete das Kilo Schwarzbrot in dieser Volksbäckerei nicht 19,3 sondern 16 ₰l. In der Kruppschen Bäckerei ist der Preis aller⸗ dings niedriger, dafür wird aber auch nur ein Wochenlohn von 18 ℳ gezahlt, in der Rüttenscheidtschen Bäckerei dagegen 25 ℳ Dazu kommt, daß schließlich der Gewinn aus höheren Preisen jedem Teilnehmer zufließen muß. Im übrigen hat ja Herr Beumer sehr gemäßigt gesprochen, er hat wohl, daran gedacht, daß seine Wähler, d. h. die Arbeiter es sind, die in der Hauptsach⸗ hier beteiligt sind. Die Unternehmer haben auch jetzt wieder den Grundsatz ver⸗ treten, daß sie Herren im eigenen S sein wollen. Das ist nichts Neues. So war es 1896 beim großen Hafenarbeiterstreik. Der Senat wollte vermitteln, aber die Reeder lehnten es ab. Die Unternehmer haben in ihrem Zentralverein ausgesprochen, daß sie die Gewerbegerichte als Einigungsamt überhaupt nicht anerkennen. Jetzt haben die Unter⸗ nehmer der Regierung, d. h. ihren Vertretern, nicht nur einen Korb gegeben, sondern sie verlangen sogar von der Regierung, daß sie den ablehnenden Standpunkt der Unternehmer rechtfertigt in einer Denk⸗ schrift. Die Unternehmer im Ruhrrevier kennen ihre Leute ganz genau. Der preußische Handfährn hister und die Kohlenbarone und die rheinisch⸗westfälische Industrie kennen sich nicht erst seit heute, sondern seit vielen Jahren. Die Hintertreppenpolitik ist ja eine alte Geschichte. Die Unternehmer wissen, daß in den staatlichen Betrieben dieselben Mißstände herrschen, wie in den Privatbetrieben; sie wissen, daß die Minister die Interessen der herrschenden Klasse vertreten. War die Position der Regierung schon hierdurch sehr schwierig, so wurde sie noch schwieriger durch die Reden des Handelsministers und des Reichs⸗ kanzlers. Danach glaubt man überhaupt nicht mehr an Unterhand⸗ lungen. Die Rede des Handelsministers war kleinlaut. Der Reichs⸗ kanzler bedauerte zwar zunaͤchst die Haltung der Unternehmer, aber dann rasselte er mit dem Saͤbel für die Unternehmer. Dies Säbel⸗ 5 b und die Warifff gegen uns waren deplaciert. Notwendig wäre es gewesen, den Unternehmern in anderer Weise den Stand⸗ punkt klarzumachen. Es muß aller Respekt vor einer Regierung im Lande schwinden, die sich derartiges gefallen läßt. Erst am Sonn. abend kam der Handelsminister mit Versprechungen, die uns nichts Neues waren. Er hat aber nicht gesagt: wir haben
Großkapital handelt.