jenigen Unterbeamten, die Kenntnisse genug haben, die die nötige geistige und körperliche Beweglichkeit besitzen, ist mit der Schaffung der gehobenen Stellen sehr gedient; die freuen sich darüber und verstehen es auch vollständig, daß solche Stellen ge⸗ schaffen worden sind.
8 Bezüglich der Beurteilung der Gehaltsverhältnisse seitens der Herren Abgeordneten kann ich nur anführen, daß der Chef einer so großen Verwaltung dringend wünscht, daß die Beamten so bezahlt werden, wie es die Lebensverhältnisse erfordern. Daß nach dieser Richtung hin nicht alle Wünsche gleich erfüllt werden können, ist den Herren ja ebenso bekannt, wie daß die Verwaltung sich den Rücksichten fügen muß, die die finanzielle Lage erfordert. Es ist aber besonders zum
Ausdruck gebracht worden, daß sowohl seitens der Reichspost⸗ und Telegraphenverwaltung wie seitens der Reichsschatzverwaltung an⸗ erkannt wird, daß für die Unterbeamten bald etwas geschehen muß. Lediglich bezüglich des Weges ist eine Differenz vorhanden. Wir haben an⸗ geführt, daß die Verwaltung der Meinung ist, es würde der geeignete Weg der sein, erst an eine Reform des Wohnungsgeldzuschusses heranzutreten. Nun weiß ich nicht, ob nicht diese Art doch etwas für sich hat gegen⸗ über der anderen insofern, als ja bei den Gehaltsskalen nach dem Dienstaltersstufensystem immer eine gewisse Zeit erforderlich ist, ehe der Beamte wieder einen kleinen Sprung macht. Wenn da⸗ gegen der Wohnungsgeldzuschuß und zwar erklecklich erhöht wird,
so würde den Wünschen Rechnung getragen werden, die der Herr
Abgeordnete ja gerade auch zum Autsdruck gebracht hat, daß
nämlich die Unterbeamten möglichst schnell ein ausreichendes Ein⸗
ommen erhalten. Durch eine Erhöhung des Wohnungsgeld⸗ zuschusses würde ja allen dieser Vorteil zu teil, während bei einer Erhöhung der Gehaltsstufen doch immer nur einige gleich den Vor⸗ teil haben. Daß das eine natürlich das andere nicht ausschließt, ist selbstverständlich: zweifellos wäre ja das noch ein besserer Weg. (Seiterkeit.) G Wenn der Herr Abg. Gröber dann weiter ausgeführt hat, daß ie Unterbeamten nach 10 Jahren erst in das Minimum einrücken, so gllaube ich, besteht da ein kleiner Irrtum insofern, als Unterbeamte von 10 Dienstjahren gewöhnlich ein längeres Diätariat gehabt haben und nun nicht mehr in die niedrigste Stufe einrücken, sondern gleich in eine höhere.
Dann ist in der Kommission der Wunsch ausgesprochen worden, daß seitens der Regierung hier im Plenum eine Erklärung abgegeben werde, daß durch die besondere Besoldungsklasse, die für die ge⸗ hobenen Unterbeamten etatisiert worden ist, eine Schädigung der Beteiligten nicht eintritt. Nun weiß ich nicht, ob ich den Herrn Vor⸗ redner richtig verstanden habe, ob er gesagt hat, daß die Zeit, in der die Unterbeamten das Maximum erreichen würden, sich auch, nachdem das Maximum auf 1800 ℳ erhöht ist, nicht ändern werde. Wenn das der Fall wäre, würde er sich im Irrtume be⸗ finden; denn die Frist von 21 Jahren wird sich mehr oder minder ändern. In der Kommission ist immer nur die Erklärung abgegeben worden, daß erstens von den vorhandenen gehobenen Unterbeamten keiner geschädigt werden soll. Sie würden immer in die entsprechende Stufe einrücken und wenn diese nicht so bemessen ist, wie ihr bisheriges Einkommen, so würde ihnen das Fehlende als Zulage weiter gezahlt werden. Was dann die später zur Befördernden betrifft, so würden sie nach Art des Vorrückens aus der nicht gehobenen Stelle in die ent⸗ sprechende Stelle als gehobene kommen, und es würde dann der Fall eintreten, wie er bei jedem Beamten und wie er jetzt schon bei den Unterbeamten eintritt, die z. B. in den Zentralbehörden beschäftigt sind, daß durch das Ueberführen in die höher dotierten Gehalts⸗ Kangklassen das Aufrücken bis zum Maximum 3 auch 6 J⸗ uch ausnahmsweise noch länger dauern könnte. Das ist eine d es Systems der Dienstaltersstufen⸗ zulagen. Wir haben z. B. im Etat auch für die Geheimen Kanzlei⸗ diener im Reichspostamt ala 1200 bis 1800 ℳ; die Post⸗ schaffner, die nun in diese Stellen einrücken, werden auch in ihrem Gehalt, das sie gegenwärtig beziehen, nicht geschädigt, sie erbalten meistenteils ein etwas höheres Gehalt. Um das höhere Maximum zu erreichen, müssen sie aber die einzelnen Gehaltsstufen der neuen Klasse durchlaufen, und das dauert dann nmeistenteils länger, als es so dauern würde, um das Maximum der früheren Klasse von 1500 ℳ zu erreichen.
Ich möchte also hier die Erklärung abgeben: Durch die Ein⸗ richtung einer besonderen Besoldungsklasse für die gehobenen Unter⸗ beamten werden diese bis zur Erreichung des Endgehalts zu keiner Zeit in ihren Einkommensverhältnissen eine Schädigung erfahren. Denjenigen gehobenen Unterbeamten, die sich beim Uebertritt in die neue Besoldungsklasse in ihrem Einkommen verschlechtern würden, weil nur der pensionsfähige Teil der Zulage bei der Gehaltsbemessung angerechnet wird, wird nach dem Etatsdispositiv die bisherige Zulage so lange und so weit, also nötigenfalls bis zur Erreichung des End⸗ gehalts, belassen, bis sie durch Einrücken in die nächsthöheren Gehalts⸗ stufe ausgeglichen ist.
Was die Unterbeamten betrifft, die künftig in gehobene Stellen aufrücken, so werden sie durch den Uebergang in die Besoldungsklasse 1200 bis 1800 ℳ an den erworbenen Gehaltsansprüchen bis zur Er⸗ reichung des Endgehalts ebenfalls zu keiner Zeit Einbuße erleiden.
Ich möchte dann noch zur Beseitigung von irrtümlichen Auf⸗ fassungen anführen, daß die gehobenen Unterbeamtenstellen nicht ledig⸗ lich bkei Postämtern erster Klasse sind, sondern daß auch gehobene Stellen bei Postämtern zweiter Klasse und auch sogar bei Post⸗ ämtern dritter Klasse sich befinden, besonders wo ein sehr lebhafter Umladeverkehr ist, und viele Unterbeamte vorhanden sein müssen.
8 8
Der Herr Abg. Eröber hat dann insbesondere auf die badischen⸗
Verhältnisse Bezug genommen und angeführt, wie es doch von den Postbeamten in Baden sehr unangenehm empfunden würde, daß badische Beamte am selben Ort seien, die mehr beziehen als sie. Ich akzeptiere das, werde mir aber nachher gestatten, Herrn Gröber zu bitten, bei Titel 38 auch daran zu denken, daß es für die Beamten im Osten sehr häßlich ist, wenn andere an demselben Ort befindliche mehr haben. Vielleicht bestimmt ihn das dazu, auch dort dafür zu stimmen. (Sehr gut!)
Dem Wunsch bezüglich der Wohlfahrtseinrichtungen bin ich gern bereit zu entsprechen.
ihm die Resolution der Kommission nur willkommen sein. Ich möchte dringend davor warnen, die Gehaltszulage den Unterbeamten in Form einer Erhöhung des Wohnungsgeidzuschusses zu gewähren. Das Gehalt muß für alle bestimmten Kategorien der Beamten dasselbe sein; der Wohnungsgeldzuschuß, dagegen kann je nach den lokalen Verhältnissen verschieden sein. Ueber die Länge der Arbeits⸗ zeit der Unterbeamten in Mecklenburg wird vielfach geklagt. Ich bitte den Staatssekretär, sich darüber berichten zu lassen und Remedur zu schaffen. In einer Petition der Postschaffner wird um Anrechnung ihrer vor Eintritt in den Reichspostdienst liegenden Militärdienstzeit auf ihr Besoldungsdienstalter gebeten. Die Petition kann ich nur befürworten, ebenso die Petition um Anrechnung der Militärdienstzeit auf das Besoldungsdienstalter auch für die nach dem Jahre 1895 etatsmäßig angestellten Postunterbeamten. 1 Abg. Kopsch (fr. Volksp.): Das Bestreben der Verwaltung auf Besserstellung der Unterbeamten ist in der Generaldebatte anerkannt worden. Das schließt aber nicht aus, daß immer noch Klagen vor⸗ gebracht werden. Zwischen den Verfügungen des Staatssekretärs und der Ausführung liegt ein weiter Weg, auf dem manches verloren geht. Ueber die lange Arbeitszeit der Unterbeamten ist im Anschluß an die amtliche Statistik schon gesprochen worden. Man hat nur dem Wortlaut der Verfügung Rechnung getragen; in Wirklichkeit sind die Leistungen der Unterbeamten nicht geringer geworden. Die Ersparnis an Dienststunden steht tatsächlich nur auf dem Plan. Die Oberpostdirektionen haben das Bestreben, die Ausgaben möglichst gering erscheinen zu lassen. Das darf aber doch nicht auf Kosten der Beamten erfolgen. In den großen Städten müssen die Beamten an der Peripherie der Stadt wohnen; sie versäumen viel Zeit durch den Weg. Bei der Aufstellung der Dienstpläne sollte doch Rücksicht genommen werden auf das Wohlbefinden der einzelnen Beamten und darauf, daß sie sich ihrer Familie widmen können. Ich stelle dem Staatssekretär einen Dienstplan aus Breslau zur Verfügung. Der Staatssekretär forderte guten Ton der Vorgesetzten gegenüber ihren Untergebenen. Es ist anzuerkennen, daß sich im allgemeinen die Vorgesetzten eines guten Tones befleißigen. Um so mehr ist es Pflicht, auf Uebelstände hinzuweisen. (Der Redner führt Fälle aus Karlsruhe und Hamburg an.) In der letzten Stadt sprach der Postdirektor von Beamten: „Da sind zwei Lümmels; nehmen Sie mit den Bengels, wenn sie kommen, gleich eine Verhandlung auf!“ Im Interesse der Post und der Allgemeinheit liegt es, daß solche Fälle sich nicht wieder⸗ holen. In einem dritten Falle sagte ein Vorgesetzter zu einem Unter⸗ gebenen, der sich verheiraten wollte: „Sie erbärmlicher Fabrikarbeiter, Sie verdienen mit der Knute geschlagen zu werden, daß Ihnen das Blut berausläuft!“ Die Bahnpostwagen sind durch die auf⸗ gestapelten Pakete oft so beengt, daß die Beamten in schlechter Luft zubringen müssen. Handelte es sich um einen Privatbetrieb, so hätte man schon längst Remedur geschafft. Auch die Kilometergelder sind zu gering bemessen. Besonders ungenügend sind die Verhältnisse in Frankfurt a. M. Die Unterbeamten sind dort auf die Volksküchen angewiesen. Passierte so etwas in Berlin, so würde der Staats⸗ sekretär ihnen sagen, daß sich das nicht mit ihrer Beamtenqualität vereinigen lasse. Unsere Bedenken gegen die gehobenen Stellen be⸗ stehen nach wie vor. Wir hätten gewünscht, daß die Erhöhung des Wohnungsgeldzuschusses schon in diesen Etat eingestellt worden wäre. Bedauerlich ist es, daß man sich nicht dazu entschließt, auch eine Er⸗ höhung des Wohnungsgeldzuschusses für die mittleren Beamten vor⸗ zunehmen. 98 Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke: Ich möchte nur kurz dem Herrn Vorredner erwidern, daß er meine Sorge zum Schutze der Beamten sehr erleichtern könnte, wenn er solche Einzelfälle, wie er sie hier vorgebracht hat, vorher zur Kenntnis der Behörde bringen möchte. Denn er wird doch vollständig verstehen, daß es für einen Beamten sehr unangenehm sein muß, hier im Plenum des Reichstags genannt zu werden als ein Beamter, der sein Unterpersonal schlecht behandelt, ohne daß der Chef der Verwaltung in der Lage ist zu sagen: das beruht auf Irrtum, as verhält sich nicht so. Nun sind es vielleicht Nachrichten, die dem Herrn Vorredner von Personen mitgeteilt worden sind, die er möglicherweise gar nicht so genau kennt, um daraufhin den Namen eines Beamten hier zu brandmarken. Ich glaube, mit dem hohen Herrn Vorredner richte, wenn ihm solche Einzelfälle bekannt werden, doch erst einmal ju fragen und die Sache auf amtlichem Wege zur Sprache zu bringen, ehe er Beamte in dieser Weise an den Pranger stellt. (Sehr richtig! rechts.)
Abg. von Staudp (d. kons.): Diesem Wunsche kann ich mich nur anschließen. Ich habe namens meiner pelitischen Freunde die Resolution der Kom empfehlen. Was die gehebenen Beamten betrifft, so können Ungerechtigkeiten und Bevorzugungen auch in anderen Fällen vorkommen. Das wird mir auch Herr Singer zugeken. Die Verwaltung braucht unbedingt vertrauenerweckende und zuverlässige Leute; es ist also be⸗ greiflich, daß diese auch materiell bevorzugt werden. berechtigtes Verlangen der Unterbeamten, vorwärts zu kommen. Diesem Verlangen entspricht die Möglichkeit, in gehobene Stellen zu gelangen. Meine politischen Freunde sind der Ansicht, daß die Verwaltung mit Recht diese gehobenen Stellen eingeführt hat. Für die Resolution Müller⸗Sagan ist der gegenwärtige Zeitpunkt eigentlich nicht glücklich gewählt, weil für die nächste Zeit obnehin eine Auf⸗ besserung in Aussicht genommen ist. Andererseits handelt es sich nur um eine geringe Summe, und wir haben keine Veranlassung, dem Antrage in dieser Richtang entgegenzutreten; wir werden ihm also zu⸗ stimmen. Dagegen können wir der Resolution Patzig nicht zustimmen. Hier bestehen solche verantwortungsvollen Stellen nicht.
Abg. Patzig: Den Resolutionen der Kommission und der Freisinnigen Partei werden wir zustimmen; sie ergänzen sich. Unsere Resolution, die gehobenen Stellen auch in den Oberpostdirektionen einzuführen, hat man bekämpft, weil diese gehobenen Stellen an einem inneren Krankheitszustande leiden. Das gebe ich zu. Die Institution besteht aber einmal. Hoffen daß in den nächsten Jahren aus diesen gehobenen Stellen sich etwas anderes machen läßt, eine Kategorie zwischen Unterbeamten und Beamten. Daß das noch nicht vorhanden ist, ist aber kein Grund, für 418 Stellen
eine Härte bestehen zu lassen. Eine größere Anzahl von Unter⸗ beamten ist üͤbergetreten
mifsion zur Annahme zu
in die Oberpoftdirektionen, ebe diese gehobenen Stellen geschaffen waren. Wären sie in ihren früheren Stellen geblieben, so stünden sie jetzt besser da. Diese Härten und Unstimmigkeiten müßten schon in diesem Jahre beseitigt werden. Ich bitte Sie also, unsere Resolution anzunchmen. Ueber die Summe läßt sich ja reden.
mmen 89 29 ““ Aeußerung nachgewiesen werden können, aus Hause vollständig einverstanden zu sein, wenn ich die Bitte an den
Es ist auch ein
rechtigkeit Hohn gesprochen. Alte und verdiente Beamte würden übergangen. Die gehobenen Stellen sollten im Etat gestrichen werden. Für die Aufbesserung der Unterbeamten werde das große Deutsche
Reich wohl die Mittel übrig haben.
Abg. Dr. Müller⸗Sagan: Würden die gehobenen Stellen im Etat gestrichen, so würde eine große Zahl von Postunterbeamten ein geringeres Gehalt bekommen. Daß diese gehobenen Stellen keine Zufriedenheit geschaffen haben, ist richtig. Aber wir wollen uns nicht verhehlen, daß es einen großen wirtschaftlichen Fortschritt be⸗ deutet, wenn die Unterbeamten in eine bessere Stelle aufrücken können. Ich bin fest überzeugt, daß, wenn das System weiter aus⸗ gebaut wird, man zu einer befriedigenden Lösung gelangen würde. Ein Uebelstand liegt darin, daß die Unterbeamten selbst Wider⸗ stand leisten, weil sie nicht gewöhnt sind, differenziert zu werden. Jetzt aber haben sich die Beamten schon daran gewöhnt. Der Antrag Patzig würde einen Rückschritt bedeuten gegenüber dem augenblicklichen Zustand, denn der Staatssekretär sagte, daß die gehobenen Stellen an destimmte Funktionen gebunden seien, und daß für solche Stellen in den Oberpostdirektionen kein Platz sei.
Abg. Gröͤber legt dem Staatssekretär nahe, im nächsten Jahre einen Modus zu akzeptieren, der es ermöglicht, daß die Unterbeamten nicht in so später Zeit das Maximalgehbalt erreichen.
Kommissar des Bundesrats, Wirklicher Geheimer Oberregierungs⸗ rat Neumann: Daß die Erhöhung des Wohnungsgeldzuschusses erst von 1906 in Aussicht genommen ist, liegt nicht an dem preußischen Einflusse, sondern an der Finanzlage des Reiches und der Rücksicht auf das Servisgesetz.
Der Titel 19 wird angenommen. Die Resolution Patzig wird mit sehr großer Mehrheit abgelehnt. Auch Titel 25 wird nicht angefochten und die Resolution der Kommission an⸗ genommen; ebenso Titel 26 und die Resolution Müller⸗Sagan.
Hierauf wird Vertagung heschlossen. 8
Schluß 6 ¾ Uhr. Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr. (Eisen bahnetat.)
Preußischer Landtag. 1 ͤa4X“ 146. Sitzung vom 23. Februar 1905, Vormittags 11 Uhr.
(Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Das Haus setzt die zweite Beratung des Staatshaus⸗ haltsetats für das Rechnungsjahr 1905 und zwar die allgemeine Besprechung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegen⸗ heiten bei dem Titel „Gehalt des Ministers“ im Kapitel „Ministerium“ fort.
Minister der geistlichen, angelegenheiten Dr. Studt:
Meine Herren! Die bevorstehende Debatte dieses hohen Hauses über die Bewegung der Studierenden auf einigen Universitäten und Technischen Hochschulen bietet mir willkommenen Anlaß, meinen Standpunkt zu der Sache und die Maßnahmen, die meinerseits er⸗ griffen worden sind, vor Ihnen darzulegen, und insbesondere den Standpunkt gegenüber der auf den Schutz der angeblich gefährdeten akademischen Freiheit gerichteten Bewegung.
Meine Herren, die an mich gerichtete Aufforderung, keinerlei Beschränkung der akademischen Freiheit anzuordnen oder zu dulden, stößt offene Türen ein. Seit 16 Jahren stehe ich in nahen amtlichen Beziehungen zu akademischen Lehrkörpern und zur akademischen Jugend und habe es stets als einen besonderen Vorzug und eine hohe Eenug⸗ tuung empfunden, für die Hochschulen, den berechtigten Stolz des deutschen Volkes, im harmonischen Einvernehmen mit den Professoren und Studierenden in Tätigkeit sein zu dürfen. In dieser langen Zeit der amtlichen Wirksamkeit wird mir keine einzige Handlung oder welcher die Absicht
zu be⸗
Unterrichts⸗ und Medizinal⸗
hervorginge, das Palladium der akademischen Freiheit einträchtigen.
Hierin ändern auch die Vorgänge der letzten Zeit und die von gewisser Seite tendenziös hervorgerufene Protestbewegung unter den Studierenden einiger Universitäten und Technischen Hochschulen absolut nichts. Ich glaube, die Bewegung für die Mehrzahl derjenigen Orte, welche über⸗ haupt in dieselbe hineingeraten waren, als erledigt ansehen zu können,
zu treten.
Was die Technischen Hochschulen anbetrifft, so kommen dabei nur in Frage Charlottenburg und Hannover. In Charlottenburg scheint sich eine Verständigung zwischen Rektor, Senat und dem Studentenausschuß gestern angebahnt ju haben. In Hannover ist durch die Disziplinierung von zwei Studenten neue Unruhe entstanden. Da es sich in einem der beiden Fälle um Relegation handelt und daher noch das Rechtsmittel der Berufung an die Zentralinstanz offen steht, der andere Fall aber auch nicht ganz außer Zusammenhang mit dem ersteren Falle betrachtet werden darf, so muß ich schon aus diesem Grunde es mir versagen, näher über diese beiden Disziplinar⸗ fälle mich zu äußern. Das ist die gegenwärtige Sachlage.
Korrelat der akademischen Freiheit seit zwei Menschenaltern von der
nunmehr eine
anbetrifft, so
Freihrit durch ein beeinträchtigen,
aufzutreten, bisher geübt worden war, brechung erfahren hat. Was mich ich der Zumutung, die akademische Verbot der konfessionellen Verbindungen zu schiedenen Widerstand und, wie ich glanbe, mit gegengesetzt. (Bravol im Zentrum.) An sich bleiben konfessionelle
Abg. Zubeil (Soz.) bemängelt die lange Dienstzeit der [ 4
Postunterbeamten. Die Fo in einer Erchöhung der Sterblichkeitsziffer bemerkhar. stürben die Unterbeamten durchschnittlich im 37. Jahre. Krankheitsziffer, namentlich die Erkrankungen an Schwindsucht sei be⸗ denkenerregend. entschieden zu lange. Namentlich um die Weibnachtszeit würden die Unterbeamten überanstrengt. Die Teuerungszulage und Wagengelder würden Abzügen unterworfen, die nicht zu rechtfertigen seien. Der Redner weist ferner darauf hin, daß auf die Unterbeamten ein Druck ausgeübt worden sei von den Vorgesetzten, dem „Töchterhort⸗ beizutreten. ½½ „. 8 2 P. 85 m Woangel daß die NBoaem
Institut der gehobenen Stellen leide an dem Mangel, daß die Beamten niemals wissen könnten, in welcher Zeit sie auf die Beförderung zu rechnen hätten. Die Beamten wünden auf alle Gratifikationen ver⸗
In Hamburg
— *
gen dieser langen Dienstzeit machten sich Auch die hohe
73 Stunden Dienstzeit die Woche in Berlin sei
Das
Verbindungen auf Hochschulen eine unerfreuliche Erscheinung (Bravo!
Sehr richtig! links und rechts), aus Gründen, die ich hier nicht näher erörtern will; aber sie bestehen, und zwar als evangelische, katholis
de Witt: Sehr richtig!)
Die zu letzterem Zwecke hervorgerufene Bewegung scheiterte im
übrigen an dem gesunden Sinne des weitaus überwiegenden Teils der Studentenschaft der preußischen Universitäten und findet mit einzelnen Ausnahmen
Unterstützung. (Oho! links.)
“
so namentlich für die beteiligt gewesenen Universitäten, nämlich in Marburg im Wege der Verständigung, in Münster durch befriedigende spontane Erklärungen und in Bonn und Göttingen dadurch, daß kein Anlaß vorlag, den dortigen Resolutionen von hier aus näher
Indem ich meinen Blick zurücklenke, babe ich nur zu bedauern, daß die besonnene Zurückhaltung, weiche als ein selbstverständliches deutschen Studentenschaft gegenüber der Versuchung, demonstrierend
habe
ent⸗ vollem Recht ent⸗
und jüdische, zum Teil schon seit längerer Zeit, und es feblen alle rechtlichen Voraussetzungen zu der geforderten Beseitigung. (Abg.
in den akademischen Lehrlörpern keinerlei Bisligung und
B eilage zeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger
Ich habe meine Entschließungen gegenüber den studentischen Kundgebungen unter Anwendung weitgehendster Nachsicht sowie fern von bureaukralischen engherzigen Erwägungen zu treffen versucht. (Oho! links.) Mich hat dabei der Gesichtspunkt ge⸗ leitet, daß es sich vielfach um Kundgebungen eines jugendlichen Uebereifers handelt, der eine milde Beurteilung erfordert. Durch diese Art der Behandlung der an sich bedauerlichen Vorgänge glaube ich, der Sache des Friedens und zugleich der akademischen Freiheit einen Dienst erwiesen zu haben. (Bewegung links.)
Abg. Dr. Friedberg (nl.); Auf die vorgestrige Ankündigun einer Anfrage an den Minister ist von dem vehrsgefe eeb Antwort erfolgt, allerdings unter den spontanen Beifalleäußerungen des Zentrums. War die Erregung, mit der der Herr Kommissar sprach, gerechtfertigt? Ich habe nach dem unkorrigierlen Stenogramm ge⸗ sagt: „Ich hätte dann noch eine zweite Frage an den Herrn Miniser zu richten, die sich auf die Bewegung für die akademische Freiheit be⸗ zieht; ich höre aber von den verschiedensten Seiten, daß es vorgezogen wird, diese Frage beim Kapitel 119 (Universitäten) zu erörtern. Ich will mich deshalb an dieser Stelle beschelden, damit die Diskussion nicht allzusehr auseinandergeht. Namentlich aus dem Gesichtspunkte heraus, daß uns in der Budgetkommission eine Auskunft dahin ge⸗ gegeben wurde, die ich als eine zutreffende wenigstens heute nicht mehr anerkennen kann, muß ich auf die Frage zurückkommen. Es ist uns dort gesagt worden, daß der Friede in Hannover vollständig hergestellt sei, während wir nach Zeitungsnachrichten heute erfahren mußten, daß der Unfriede größer ist als je. Doch will ich diese Frage vertagen, bis wir an das Kapitel 119 gekommen sind.“ In der Budgetkommission hatte uns die Regierung mitgeteilt, daß die Sache einen durchaus günstigen Ver⸗ lauf nehme und der Friede wiederhergestellt sei. Darauf verständigten wir uns darüber, daß wir auf unsere Fraktion nach der Richtung einwirken wollten, daß die Frage nicht mehr berührt würde, weil bei dem Pengc Verlauf wir kein Interesse daran hätten, das verglimmende euer wieder anzufachen. Die Erwartung der Regierung traf aber nicht ein, und deshalb kündigte ich meine Anfrage an. Warum nun die außerordentliche Erregung des Herrn Regierungskommissars? Ich habe ihm weder den Vorwurf gemacht, daß er uns einen unrichtigen Bericht in der Kommission erstattet habe, noch waren meine Worte dieser Deutung fähig. Wenn sie außerhalb des Hauses aus Un⸗ verstand oder Böswilligkeit vielleicht eine andere Auslegung fanden, so lehne ich selbstverständlich jede Verantwortlichkeit dafür ab. Ich erkläre mir daher die Erregung des Herrn Regierungskommissars nur aus dem Umstande, daß ihm schon vorher in der Presse der Vorwurf gemacht war, daß er in der Kommission etwas Unzutreffendes erklärt habe und daß er vielleicht bei der Unruhe des Hauses auch aus meinen Worten einen solchen Vorwurf zu hören glaubte. Ich ver⸗ wahre mich dagegen, daß ich diesen Vorwurf erhoben habe. In meinen Ausführungen war auch nicht der geringste Angriff gegen den Herrn Minister enthalten. Ich habe auch gar nicht davon gesprochen, daß die Regierung beabsichtige, der akademischen Freiheit zu nahe zu treten. Nun hat der Herr Regierungskommissar Angriffe gegen mich per⸗ sönlich in sehr erregtem Ton gerichtet, von dem, wenn die Verhand⸗ lungen mit den Studierenden etwa in diesem Ton geführt worden 82 wirklich nichts zu erwarten war. Aber der Herr Regierungs⸗ ommissar hat gegen mich auch einen schwer verletzenden Ausdruck ge⸗ braucht, nämlich: „In der Begeisterung für die akademische Freiheit stehen wir niemandem nach, am allerwenigsten dem Abg. Dr. Fried⸗ berg.“ Das war ein Ausdruck außerordentlicher Geringschätzung. Es wäre nicht schwer, mit einem solchen Ausdruck zu erwidern, aber Sie werden mir das nicht zutrauen, und wenn ich es täte, würde ich meiner eigenen Ueberzeugung zu nahe treten. Ich habe niemals ein Hehl daraus gemacht, wie sehr ich die Person des Herrn Regierungs⸗ kommissars schätze, wie große Anerkennung ich für den Eifer und die Hingebung für sein Ressort habe. Ich bedauere außerordentlich, aus seinen Aeußerungen zu entnehmen, daß diese Wertschätzung keine gegenseitige ist. Wenn seine Meinung über mich ungünstig ist, so ist das eine persönliche Sache; wenn er sie aber hier vor dem ganzen Lande ausdrückt, so wird sie eine schwere persönliche Ver⸗ letzung. Er überschreitet damit die Grenzen, die einem Regierungs⸗ kommissar überhaupt in diesem Hause gezogen sind. Ich glaubte immer, die Herren Regierungskommissare seien dazu da, hier sachliche Auskunft zu geben, aber nicht persönlich verletzende Angriffe gegen Mitglieder des Hauses zu richten. Die Stellung des Ministers ist wesentlich anders, er beteiligt sich an der ganzen Diskussion und trägt die Verantwortung für alles, was aus einem Ressort herausgesprochen wird. In dieselbe Kategorie der persönlichen Verletzung muß ich es rechnen, wenn der Herr Regie⸗ rungskommissar sagt, daß ich durch meine Anfrage nicht zur örderung, sondern zur Störung des Friedens beitrage. Eine olche Aeußerung gegen einen Abgeordneken muß ich mit aller Entschiedenbeit zurückweisen. Wir sehen hier sehr viele Regie⸗ rungskommissare und haben mit allen in freundlichem und sachlichem Verkehr gestanden. Eine derartige Form aber, wie sie der ge⸗ nannte err Regierungskommissar mir gegenüber anschlug, betrachte ich glücklicherweise als ein Unikum. Ich glaube, ich habe mich schon zu lange an den Herrn Regierungskommissar gehalten. Ich hätte mich an den Minister wenden sollen, er ist dafür ver⸗ antwortlich, was der Regierungskommissar sagt. Und wenn der Minister zu diesem unmotivierten Angriff des Herrn Regierungskom⸗ missars geschwiegen hat, so muß ich annehmen, daß er ihn billigt und die Verantwortung dafür übernimmt. Ich werde daraus in meinem Verhalten die persönlichen Konsequenzen ziehen. Ich habe in vielen geschäftlichen Beziehungen zu dem Herrn Minister gestanden, bin aber in den meisten Fällen wohl mehr der Gesuchte als der Suchende ge⸗ wesen. Nach der Wertschätzung, deren ich mich im Kultusministerium zu erfreuen habe, werde ich meine Beziehungen anders regeln müssen. (Zwischenrufe rechts.) Sie (zur Rechten) werden mir zugeben, daß, wenn vor dem ganzen Lande in dieser verletzenden Weise, ohne daß bisher auch nur ein Schatten einer Remedur eingetreten ist, gegen mich gesprochen wird, ich wohl berechtigt bin, derartiges auszusprechen. er auch für meine Partei habe ich zu erklären, daß wir es als eine chwere Verletzung der Rücksicht auf cine große Partei dieses Hauses Erpfiaden, wenn ein Abgeordneter, der sich immerhin in leitender Rtellung befindet, in dieser Weise von der Staatsregierung behandelt wird. un möchte ich die Sache selbst möglichst ruhig behandeln und zunächst vor allen Dingen der Ueberzeugung Ausdruck geben, daß die egierung und insbesondere der Herr Minister, wie er ja auch selbst ausgeführt hat, der akademischen Freiheit nicht im h hat nahe ven wollen. Daran habe ich auch keinen Zweifel gehabt. Die akademische Freiheit ist ein mehr historischer Begriff aus vergangener Feit und diese große Freiheit lebt traditionell noch vielfach fort. Ich hann mich nicht einverstanden erklären mit der Erklärung des ommissars in der Kommission, der die Kompetenzen einer
Berlin, Freitag, den 24. Februar
diese Verbindungen ein Unglück für unser Vaterland seien. Man kan nun zwar diesem Gedanken zustimmen, aber man 8,ℳ8 S müssen, daß das Verlangen nach Aufhebung dieser Verbindungen ein vollkommen ungerechtfertigtes ist, denn höher als die akademische Freiheit steht auch mir die persönliche Freiheit. bin der Meinung, daß eine außerordentlich falsch⸗ Methode in der Behandlung der ganzen Sache eeingeschla en ist, die erwachsen ist aus der Viel⸗ regiererei und Vielgeschäftigkeit der elaastanf.
eine solche Kundgebung wie die an die Inns billigen; es ziemt nicht deutschen Untertanen, anderer Länder einzugreifen. Aber bedenken Sie, was man in anderen Ländern sich darin leistet, speziell in Oesterreich, wo der Adelsmarschall von Galizien sich in die Wreschener Vorgänge eine
geradezu unerhörte Einmischung erlaubt hat, dann werden Sie zuge müssen, daß wir jetzt nicht gerade mit den Knieen zu jcbheben brauchen. Der Rektor in Hannover hat zunächst durch ein Rund⸗ schreiben bei anderen Universitäten sich über die Meinung bezüglich der konfessionellen Studentenverbindungen informiert; dann kamen mit einem Male die strengen Verbote, sich gegen diese Verbindungen zu wenden, und es wurde mit noch strengeren Maßregeln gedroht, falls diese Agitation gegen die konfessionellen Verbindungen weiter ginge. Darauf erschienen zwei Kommissare auz Berlin, die mit den Studenten gewissermaßen ein hochnotpeinliches Verfahren anstellten. Ihre Mission scheiterte vollkommen. tun ließ man die Studenten nach Berlin kommen und verhandelte hier. (uruf: Wo?) Das ist mir ganz gleich, ich glaube im „Rüdesheimer“, die Regierung hat doch das Recht, das Lolal zu wählen, das ihr paßt. Man sandte den Berliner Universitätsrichter nach Marburg, weil der dortige Rektor nicht allein mit den Studenten fertig wurde. Gerade diese Verhandlungen über die Köpfe der Studenten hinweg haben die Sache verwirrt und verfahren. Eigentlich haben die Studenten allein einen recht festen Standpunkt eingenommen; sie ver⸗ langen ganz bestimmt die Seescegaphn der Verfügungen. Sie verlangen einen studentischen Ausschuß, um ungestört und ohne Kompetenzbedenken über ihre Angelegenheiten verhandeln zu können, si⸗ verlangen ferner, mit den Ausschüssen anderer Universitäten in Ver⸗ bindung treten zu können, und zuletzt, ihre Angelegenheiten in der Presse wie jeder Staatsbürger erörtern zu können. Man behandelt aber die Studenten wie Beamte in Rang und Würden, die schon unter dem Disziplinargesetz stehen. Ich wiederhole nochmals, daß ich nicht an ein Attentat auf die akademische Freiheit glaube, sondern erkläre mir die Angelegenheit durch die falsche Behandlung der ganzen Sache. Man nehme die Verbote zurück. Das wird Aufgabe derer sein, die die Sache anfänglich so verfahren haben.
Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Studt:
1 Meine Herren! Ich übernehme jede Verantwortlichkeit für irgend eine Aeußerung, die in meinem Auftrage hier seitens meiner Herren Regierungskommissare erfolgt. Das ist ganz selbstverständlich. (Zuruf links: Auch von Althoff!) Ich trage die volle persönliche Ver⸗ antwortung für jeden einzelnen Fall; mir schweben dabei besonders die Erörterungen vor, die seinerzeit an Aeußerungen des Herrn Ministerialdirektors Dr. Kuegler sich knüpften. Auch hierfür habe ich die volle Verantwortlichkeit nicht abgelchnt, dieselbe vielmehr vor dem Hause unbedingt zugestanden. Diese selbe Erklärung gebe ich auch für den vorliegenden Fall ab.
Ich habe dem Herrn Abg. Dr. Friedberg ferner zu erwidern, daß, nachdem ich aus der Rednerliste, die mir vorgelegt war, entnommen hatte, daß er zuerst das Wort ergreifen würde, ich es mir versagt habe, auf die von ihm zu erwartenve Erklärung bezüglich des Zwischenfalls zwischen ihm und meinem Herrn Kommissar in meiner vorherigen Rede einzugehen. Wenn der Herr Abgeordnete jetzt den Schluß daraus zieht, daß er in dieser formellen Behandlung des Vor⸗ gangs eine Verletzung der Rücksichten gegen seine Person erblicken müsse, so kann ich dieser Schlußfolgerung nicht folgen. Meine Herren, es hat mir absolut ferngelegen, in irgend einer Weise den Vorgang zu ignorieren. Ich habe es nur meinerseits für richtig erachtet, das Wort erst dann zu ergreifen, wenn der Herr Abgeordnete seine Kritik an dem Vorgang geübt haben würde. Er hat sich das letztere aus⸗ drücklich bei der neulichen Verhandlung vorbehalten für die Erörterung der vorliegenden Angelegenheit. Ich hatte also zunächst keine Ver⸗ anlassung, darauf einzugehen (oho! links!), und ich hoffe, daß der Herr Abgeordnete sich auch damit einverstanden erklären wird. (Widerspruch links.)
Ich habe ferner das Bedauern hinzuzufügen, daß der Herr Abgeordnete sich bestimmt gefunden hat, nun die Angelegenheit auch allgemein auf den persönlichen Leisten zu schlagen und vor allen Dingen auch mich in die Sache hineinzubringen (Rufe links: ver⸗ antwortlich!); mit Bemg auf die allgemeine Stellung meiner Regierungskommissare nicht, sondern hinsichtlich privater Beziehungen, die er zu den Regierungskommissaren hat, die ich übrigens nicht kenne (Zuruf links), hat der Herr Abgeordnete mich sofort in Mitleidenschaft gezogen. Ich lehne ein derartiges Vorgehen gegen mich ab. (Zuruf des Dr. Friedberg: ich habe ausdrücklich amtliche Beziehungen gemeint!)
b Meine Herren, ich bemerke nun ferner, daß die Erklärung, welche mein Herr Kommissar vorgestern in der Sache selbst abgegeben hat, meiner Auffassung entspricht. Die persönliche Erregtheit bei seinen Ausführungen erklärt sich daraus, daß er aus den Worten des Herrn Abgeordneten den Vorwurf herausgehört hatte, er habe in der Sitzung der Budgetkommission vom 14. unrichtige Angaben über den damaligen Stand der Dinge in Hannover gemacht, einen Vorwurf, der ihm auch schon in einzelnen Preßorganen entgegengetreten ist. Nach Einsicht des Stenogramms der Rede des Herrn Abgeordneten nehme ich an, daß der Herr Abgeordnete dies nicht hat sagen wollen. (Zuruf: Gesagt hat!) — Ja, bitte, meine Herren, und ich erkläre auch jetzt, nachdem der Herr Abgeordnete nähere Erläuterungen hinzugefügt hat, daß ich vollständig überzeugt bin, daß ihm die Absicht eines derartigen Vorwurfs ferngelegen hat. (Unruhe links. Zuruf.) — Die Herren werden die Freundlichkeit haben, mich ausreden zu lassen. Auch bin ich davon überzeugt, daß meinem Herrn Kommissar bei der einzigen schroffen Aeußerung, die er mit der Wendung am
Niemand wird rucker Studentenschaft in die Verhältnisse
1905.
meinem Herrn Kommissar diese Absicht untergeschoben wird (Unruhe links), und daß er diese Worte nur in dem Sinne von „auch nicht“ gebraucht hat. (Oho! links.) — Ja, meine Herren, bitte, nehmen Sie doch diese entgegenkommende Erklärung mit Befriedigung ent⸗ gegen (Lachen links, Zuruf); sie bildet meiner Ansicht nach eine Brücke der im allseitigen Interesse durchaus erwünschten Verständigung.
Im übrizgen sehe ich hiermit die Augelegenheit als erledigt an. (Unruhe links.)
Abg. von Eynern (nl) zur Geschäftsordnung: Di
bg. von Eynern (nl) — g: Die Erkläru
des Ministers ist wohl nicht überall in ihrer ganzen Bedeutung 2
standen und gewürdigt worden. Ich bitte den P⸗äsidenten, diese Er⸗
kläenzg n be Lezeen nachher im Hause verteilen zu lassen.
sident von Kröcher: Ich fürchte, das wi icht so
möglechs.de 8n ch as wird nicht so schnell
Abg, von Eynern: Die Erklärung des Ministers war doch nicht
s 4 räsident von Kröcher: Ich bin eigentlich der Mein 1 es doch nicht nötig ist, die Erklärung vh 2 Ehrg, zaß 2 Ich n sie könnte ebenso behandelt anderen. as s uf D g ichenen Lcleg Haus scheint auf die Drucklegung ver⸗ „Abg. Dr. Irmer (kons.): Ich habe keinen Anlaß, auf di . sönlichen Auseinandersetzungen zwischen Herrn Friedberg 8* — Kommissar bezw dem Minister einzugehen. Wir legen auch auf die sofortige Drucklegung der Aeußerungen des Ministers keinen Wert nicht weil sie uns nicht bedeutsam genug erschienen, sondern veil die ganze Angelegenheit Friedberg⸗Althoff⸗Studt durch diese Er⸗ klärung für uns erledigt ist. Ob sie für Herrn Friedberg erledigt ist, hängt von seiner subjektiven Auffassung ab, die überhaupt bei ihm eine ziemlich starke Rolle spielt. Der Abg Friedberg hat an die Spitze seiner Ausführungen Sätz⸗ gestellt die man durchaus billigen muß. Ec sagte, man müsse sich vor Uebertreibungen hüten, die Freiheit dürfe keine unbegrenzte sein, und es sei nicht gut, wenn die Zentralstelle sich in solche Angelegenheiten ohne Not hineinmische. Nun liegt die Sache etwas eigenartiger schon bei der Haltung der Studierenden der Technischen Zochschule in Ree zu den Vorgängen in Oesterreich. Gewiß steht es edem eutschen zu, dazu Stellung zu nehmen. Aber man darf nicht vergessen daß die Verhältnisse in unserem Nachbarlande im höchsten Grade gespannt waren. Aus diesem Grunde konnten die staatlichen Behörden die Vor⸗ gänge an der Technischen Hochschule in Hannover doch nicht mit dem Still⸗ schweigen übergehen, das sie unter anderen Umständen beobachtet hätten Hätte es sich, um einen vereinzelten Vorgang gehandelt, so hätte man davwon kein Aufhebens zu machen brauchen, wie es mir berhaupt am liebsten gewesen wäre, wenn man über diese Dinge hier im Haufe nicht verhandelt hätte. Es wird ihnen dadurch eine Bedeutung ge⸗ gegeben, die sie nach meiner Meinung und der meiner volitischen Freunde nicht haben. Es handelte sich aber nicht um eine vereinzelte Kundgebung. Die Technische Hochschule in Hannover verfuchte, mit anderen Hochschulen in Verbindung zu treten, um ein gemeinsames Vorgehen fämtlicher Technischen Hochschulen und womöglich auch der Univerfitäten gegenüber den Innsbrucker Vorgängen herbeizuführen. Die Unterrichts⸗ verwaltung hat nun keineswegs mit rauher Hand eingegriffen, sie hat die Disziplin so grübt, wie sie gegenüber jungen, in der Entwickelung begriffenen Männern geübt werden muß. Hätte die Regierung die Studenten wirklich so behandelt, als wenn sie Beamte wären und unter dem Disziplinargefetz ständen, dann würde ich ihre Haltung auch mißbilligen. Das ist aber nicht der Fall gewesen. Sie hat dafür gesorgt, daß die akademischen Behörden als vaterliche Berater der Studenten sich erwiesen. Das Schlimme ist, daß die Studierenden sich K8 “ haben und für diesen wohl⸗ gemeinten väterlichen Rat nicht genügend empfänglt weser sind, daß sie sich Freiheiten erlaubt haben Degenüber den — behörden, auch bezüglich des Tons, der nicht zu billigen ist. Selbstverständlich wird ihnen niemand verwehren, in veem Streit in Innsbruck Partei zu ergreifen. Es ist selbstverstinalich. daß der Jüngling wie der greise Mann, der auf sein naticnale Bewußtsein etwas hält, in diesem Punkte prima facie auf bie Seige der Deutschen tritt. Etwas anderes ist es aber um die persönliche Stellung und etwas anderes um eine Kundgebung, die man m die Masse des Volkes und insbesondere ins Ausland hineinträgt, 112 da haben diese jungen Leute gezeigt, daß ihnen die dazu erfcrderliche Reife, die politische Reife gefehlt hat, und daß sie der üler⸗ — väterlichen Leitung noch bedürfen. Der Minister kann sich z Ungehörigkeiten hinwegsetzen. Viel schlimmer ist die Aaffasfung Studentenschaft, als ob ihnen die akademischen Behörden iberdaumgt nichts zu sagen hätten, als ob die akademische Diszeplen itersaug nicht existierte. Was die konfessionellen Verbindungen anbetrest. freut es mich, daß der Minister die akademische Frer 5 schätzt, als daß er sie konfessionellen Verbindung eben will. Ich meine aber, daß sich dies onfessionellen Verbindungen mit dem Freiheit nicht zieren läßt. Wenn Sie akade wollen, dann müssen Sie sie auch allen Verbindungen wenn Sie konfessionelle Verbindungen ausschliesßen müssen Sie diesen Ausschluß allen Konfessionen, zuteil lassen und dafür eintreten, daß die 1n bindungen in Berlin aufgelöst werden und daß die 3Z evangelischen Bundes, die an vielen Universitäten, bestehen, ebenfalls aufgelöst werden. Die Agi katholischen Studentenverbindungen wird gerade denj Kreisen gefördert, die zur Bildung akademischer Vereine des evangelischen Bundes am meisten beitragen. Das ist eine wider⸗ spruchsvolle Haltung. Der Minister ist ja nun in dem weitaus gkößten Teile der Presse in überaus scharfer Weise angegriffen worden. In vorderster Stelle steht die „Tägliche Rundschau“'. Für uns Konservative wäre es ja sehr populär, für die akademische Freiheit 8 im Sinne jener Presse einzutreten. Wir tun es nicht, weil wir glauben, höhere Interessen vertreten zu müssen. Nicht als ob das Staatsinteresse davon abhinge, daß derartige Agitationen nicht auf den Universitäten vorkommen, die Staatsmaschine wird ihren Gang gehen, selbst wenn die Agitationen sich noch verschärfen sollten; so e sind wir Deutsche doch noch, daß wir nicht zn russischen Zuständen kommen. Aber ich möchte doch dem Wunsche Ausdruck geben, daß unsere akademische Jugend sich nicht bloß ihrer Rechte, sondern auch ihrer Pflichten erinnerte, vor allen Dingen der-⸗ jenigen Pflichten, die sie künftig zu erfüllen berufen ist. Sie haben im Staate künftig eine führende Stellung einzunehmen, und sie müssen es sich auch zur Aufgabe machen, die Achtung vor der verordneten Obrigkeit zu fördern. Deshalb wäre erwünscht, wenn sie schon in der Vor⸗ bereitungszeit das Iörige täten, diese Achtung zu fördern. Das böte die Gewähr, daß sie imstande wären, die Wirksamkeit, zu der sie dereinst berufen sein werden, zum Wohle des Staates auszuuben. Abg. Dr. Porsch (Zentr.): Es wäre vielleicht zweckmä gewesen, diese Angelegenheit hier nicht zu erörtern, um nicht Oel ins
Akg. Singer (Soz): Ich freue mich, daß der Kollege Gröber
im großen und ganzen dieselbe Haltung in dieser Frage einnimmt wie ir, daß er anerkannt hot, daß bei dem System der gehobenen Stellen Willkür, Laune und Bevorzugung, wie ich es ausdrücken möchte, möglich ist. Wenn der Staatssekretär die wirklich verbessern will, so wird
euer zu gießen. Unsere Verhandlungen müssen bei den verkür eitungsberichten Mißverständnisse hervorrufen und können rieden stören. Die Sache hat nun einen anderen Verlauf nommen, weil meine Freunde hineingezogen worden sind. Es ist weit gekommen, wenn man von einer Liebedienerei gegen uns spricht, weil der Minister der katholischen Bevölkerung ihr unbestreithares
zichten, wenn die gehobenen Stellen abgeschafft würden, und alle Beamten nach einem bestimmten Sostem aufrückten. Bei der Ver- gebung der gedobenen Stellen herrsche kein begimmtes System, sondern Willkür und Bevorzugung, was bielfach böses Blut mache. Der Liehedienerei und Kriecherei sei Tür und Tor geöffnet und der G
niversität so ansehen will wie etwa die Kompetenzen einer Behörde. Das ist eine formalistische Auffassung; der Begriff der 8 ademischen Freiheit muß dem Geiste nach ausgelegt werden dahin, daß alles, was diese Freiheit betrifft, ohne Scheu behandelt werden kann. Fir⸗ Frage dieser Freiheit ist die derkonfessionellen Studentenverbindungen. es ist vielfach in studentischen Kreisen die ugung vorhanden, daß
allerwenigsten gemacht hat, jede verletzende Absicht fern lag. (Große Unruhe links. Zuruf.) Ja wohl, die Absicht lag fern, und Sie können in der Tat auch nicht konstatieren, daß er die Absicht gehabt hat. Ich würde es mit aller Bestimmtheit zurückweisen müssen, wenn jetzt nachdem ich diese Erklärung abgegeben habe, mit einem Male
bei der Entscheidung Verhältnisse der Unterbcamten