1905 / 64 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Mar 1905 18:00:01 GMT) scan diff

2) der Allgemeinen Hastedter Arbeiter⸗Krankenkasse (E. H.) zu Hastedt von neuem die Bescheinigung erteilt worden, daß sie, vor⸗ behaltlich der Höhe des Krankengeldes, den Anforderungen es § 75 des Krankenversicherungsgesetzes genügen. Berlin, den 12. März 1905 Der Reichskanzler Im Auftrage: Caspar.

In Elsfleth wird am 22. d. M. mit einer schifferprüfung für große Fahrt begonnen werden.

8 as im Jahre 1883 in Glasgow aus Stahl erbaute, bisher unter britischer Flagge und unter dem Namen „Clan Matheson“ gefahrene Dampfschiff „Mariechen“ von 2521,41 Registertons Nettoraumgehalt hat durch den Ueber⸗ gang in das ausschließliche Eigentum des deutschen Reichs⸗ angehörigen M. Jebsen in Hamburg das Recht zur Führung der deutschen Flagge erlangt. Dem Schiffe, für welches der Eigentümer Hamburg als Heimatshafen angegeben hat, ist von dem Kaiserlichen Generalkonsulat in London unter dem 21. Februar d. J. ein Flaggenzeugnis erteilt worden.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: b der Wahl des Oberlehrers am Gymnasium in Schweidnitz, Professors Dr. Worthmann zum Direktor dieser Anstalt die Allerhöchste Bestätigung zu erteilen

Wir bestimmen hierdurch, daß fortan die für Domänen⸗ und forstfiskalische Grundstücke zu entrichtenden Kommunalabgaben, insoweit nicht herkömmlich deren Ab⸗ holung oder Abtragung erfolgt, den Gemeindekassen mit der Post unter dem Aversionierungsvermerk auf Kosten der Staats⸗ kasse zugesandt werden.

Berlin, den 25. Februar 1905

Der Minister für Landwirtschaft, Der 8 und Forsten. Finanzminister. C A . NM.. A.. J. B. Wesener. Dombois. An sämtliche Königlichen Regierungen.

Finanzministerium.

Das Katasteramt Friedeberg N.⸗M. im Regierungs⸗ bezirk Frankfurt a. O. ist zu besetzen.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 15. März.

Seine Majestät der Kaiser und König sprachen heute morgen bei dem Reichskanzler Dr. Grafen von Bülow vor und nahmen später im hiesigen Königlichen Schlosse die Vorträge des Ministers für Landwirtschaft ꝛc. von Podbielski, des Chefs des Zivilkabinetts, Wirklichen Geheimen Rats Dr. von Lucanus und des Ministers des Königlichen Hauses von Wedel entgegen.

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Ihre Majestät die Kaiserin und Königin haben den nachbenannten Damen das silberne Frauen⸗Verdienstkreuz am weißen Bande Alergnädigst zu verleihen geruht: der Vorsteherin der höheren Privatmädchenschule Fräulein Julie Bittorff in Schleswig, der Rentnerin Fräulein Anna von der Heydt in Elberfeld, der Rentnerin verwitweten Frau Ottilie

Hartmann, geb. Meisenburg, in Elberfeld und der Rentnerin Fräulein Anna Magdalena Clarenbach in Ronsdorf.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Rech⸗ nungswesen und für Zoll⸗ und Steuerwesen sowie die ver⸗ einigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Zoll⸗ und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.

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Zu den 5 Bänden der im Reichsamt des Inne arbeiteten „Systematischen Zusammenstellung der Zolltarife des In⸗ und Auslandes“ sind weitere Nach⸗ träge erschienen.

Die Nachträge, welche die seit Herausgabe der letzten Publikationen amtlich bekannt gewordenen Abänderungen und Ergänzungen der ausländischen Zolltarife in Form von Tekiuren bringen, sind für die Besitzer der Hauptbände bis auf weiteres kostenfrei durch die Königliche Hofbuchhandlung von E. S. Mittler u. Sohn, Berlin W., Kochstraße 68/71, zu beziehen.

Dem Regierungsassessor Grafen von Rödern aus Posen, bisher Hilfsarbeiter im Königlichen Finanzministerium, ist die kommissarische Ver valtung des Landratsamts im Kreise Nieder⸗Barnim, Regierungsbezirk Potsdam, und dem Re⸗ gierungsassessor Freiherrn von Schröder aus Posen die

ommissarische Verwaltung des Landratsamts im Kreise Neu⸗ aus a. d. Oste, Regierungsbezirk Stade, für die Zeit vom

April d. J. an übertragen worden.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Hansa“ mit dem Zweiten Admiral des Kreuzergeschwaders am 13. März in Tschemulpo eingetroffen und geht am 19. d. M. von dort

nach Tsingtau in See.

Bedingungen,

Oest eich⸗Ungarn.

Bei Beginn der gestrigen Sitzung des österreichischen Ab⸗ geordnetenhauses stellte, wie „W. T. B.“ berichtet, der Minister⸗ präsident Freiherr von Gautsch den neuernannten Landesverteidi⸗ Fäane Feldzeugmeister Schönaich vor. Das Haus begann odann die Beratung des Antrags des Abg. Derschatta (deutsche Volkspartei), betreffend die Einsetzung eines Aus⸗ schusses zur EFrörterung des Verhältnisses zu Ungarn. In der Begründung seines Antrags hob der Antragsteller hbervor, daß die 1867er Basis im Laufe der Jahre von Ungarn zu Ungunsten Oesterreichs verrückt worden sei; er saürt⸗ Tatsachen zum Beweise dafür an, daß die unsichtbare Zollinie bereits greifbar scheine. Die letzte Neujabrsrede des Grafen Tisza beweise, daß künftig nicht, wie es im Dualismus vorgesehen sei, ein Staat neben Oesterreich, sondern über ihm entstehen solle. Der Abg. Derschatta fuhr dann fort, es gehe nicht an, der Regierung allein die Verant⸗ wortung für die künftige Gestaltung der Dinge zu überlassen, das Haus müsse diese mit ihr übernehmen und tragen. In dem Ausschusse sollten die Voraussetzungen festgestellt werden, unter denen Oesterreich in ein neues staatsrechtliches Verhältnis zu Ungarn treten könne. Der Abg. Dr. Lecher (Deutsche Fort⸗ schrittspartei) bedauerte, daß das Haus von den Verhandlungen mit den ungarischen Volksvertretern ausgeschaltet sei, wiewohl Oesterreichs wichtigste Angelegenheiten auf dem Spiele ständen. Es sei die Pflicht der Regierung, die Führung des Reichsrats in dieser Frage zu über⸗ nehmen. Der Redner bemängelte, daß der deutsche Handelsvertrag aus Rücksicht für Ungarn 8 nicht vorgelegt worden sei, und zweifelte daran daß das ungarische Parlament ihn annehmen werde, weil er bis 1917 abgeschlossen sei, während er gemäßder Szellschen Formel nur bis 1907 hätte abgeschlossen werden dürfen. Der Redner erkärte: Ungarn denke vor⸗ läufig kaum an eine wirkliche Zolltrennung; es wolle nur die Zwischen⸗ zollinie Oesterreich sei finanziell und wirtschaftlich stärker als Ungarn und politisch mächtiger. Wenn seine leitenden Faktoren sich die Rechte dieser Reichsbälfte stückweise entreißen ließen, müsse die Volksver⸗ tretung selbst für sich sorgen, bereits im gegenwärtigen Stadium der Verhandlungen der Krone mit Ungarn auftreten und vollkommene formelle und materielle Parität fordern. Im weiteren Verlaufe der Debatte ertlärte der Abg. Bareuther, die Alldeutschen seien für die Personalunion unter vollständiger Selbst⸗ ständigkeit und Unabhängigkeit beider Staatsgebiete und Schaffung zweier selbständigen ere unter einem gemeinsamen Kriegsherrn sowie für die Beseitigung der Delegationen und gemeinsamen Ministerien. Die Nachteile der Zolltrennung von Ungarn würden reichlich wettgemacht werden, wenn die Voraussetzungen dafür geschaffen würden, daß Oesterreich und das Deutsche Reich zusammen ein Wirtschaftsganzes bildeten. Die Verhandlung wurde hierauf ertagt

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Großbritanuien und Irland.

Die Königin, der Prinz und die Prinzessin Karl von Dänemark sowie die Prinzessin Victoria sind gestern, wie „W. T. B.“ meldet, von ondon nach Lissabon abgereist.

Im Unterhause erklärte gestern der Premierminister Balfour in Beantwortung einer Anfrage, daß nach Ansicht des Reichsver⸗ teidigungsausschusses eine Invasion in England zum Zwecke der Er⸗ oberung eine Unmöglichkeit sei. Die Frage kleinerer Einfälle sei von geringer Bedeutung, aber verwickelt. Er glaube jedoch aussprechen zu dürfen, daß sie der Regierung keinen Anlaß zu ernstlicher Besorgnis geben könne. Der Premierminister kündigte sodann an, er werde beute den Antrag stellen, daß der Regierung erweiterte Vollmachten gegeben werden sollten, damit über die Budgets, für die dies notwendig sei, noch vor dem Ende des Finanzjahrs abge⸗ stimmt werden könne. Diese Ankündigung wurde mit Protestkund⸗ gebungen der Opposition aufgenommen. Der Unterstaatssekretär des Aeußern Earl Percy sagte in Beantwortung einer Anfrage, die Regierung habe zu der von der Pforte vorgeschlagenen Er⸗ höhung der Wertzölle ihre Einwilligung nicht gegeben. Die unter denen die Zustimmung erteilt werden könne, unterständen noch der Prüfung Englands und der anderen Mächte. Das Haus setzte sodann die Beratung des Marine⸗ etats, von dem vorgestern die Ziffern des Mannschaftsbestandes be⸗ willigt worden waren, fort. Im Laufe der Debatte führte Verburgh (konservativ) aus: der wirkliche Grund für die Aenderung in der Ver⸗ teilung der Flotte sei das Heranwachsen einer sehr großen Flotten⸗ macht in der Nordsee. Die deutsche Flotte werde im Jahre 1917 aus 38 Schlachtschiffen erster Klasse bestehen, ferner aus 14 großen und 38 kleinen Kreuzern. Dies sei eine große und mächtige Flotte. Man dürfe nicht vergessen, daß sie in der Nordsee konzentriert fei. Der Redner fuhr fort: „Man wird mir sagen, es sei nicht mit einem richtigen Einvernehmen zwischen uns und den andern Ländern im Einklang, andere Mächte hier im Parlamente im Zusammenhange mit der Vermehrung der britischen Flotte zu er⸗ wähnen. In ö8 handelt man indessen nicht nach dieser Empfindung. Wir sehen, daß im französischen und im deutschen Parlamente die Stellung anderer Länder offen erörtert wird. Der französische Marineminister hat kürzlich eine Rede gehalten, in der er die Stärke der französischen und der deutschen Flotte verglich, und im Deutschen Reichstag hat der Führer der sozialistischen Partei hervorgehoben, die gewünschte Vermehrung der deutschen Flotte könnte nur als Drohung gegen England gedacht werden. Ich bin also berechtigt, bei Beratung der Stärke der britischen Flotte die Lage der deutschen Flotte vor dem Hause zur Sprache zu bringen. Die Admiralität ist nicht gerechtfertigt, daß sie das dem Hause jetzt vorliegende kleine Schiffsbauprogramm aufgestellt hat.“ Im weiteren Laufe der Beratung erwiderte der Parlamentssekretär der Admiralität Pretyman auf verschiedene Anfragen: in Sachen der Verteilung der Flotte wie des Schiffsbaues gelte, daß jedes die Flotte betreffende Problem ein veränderliches Problem sei. Aus dem Umstande, daß die gegenwärtigen Bedürfnisse eine Ver⸗ teilung der Flotte erforderten, wie sie jetzt dem Hause vorgeschlagen fei, folge nicht, daß sich nicht etwa in zwei oder drei Jahren neue Erwägungen einstellien, die die Regierung hinderten, den gegenwärtigen Verteilungsplan aufrecht zu erhalten. er Voranschlag sei nach den Bedürfnissen des gegenwärtigen Budgetjahres aufgestellt, und wenn die Bedürfnisse des nächsten Jahres größere Anstrengungen erfordern follten, so werde das Land sicherlich die nötigen Geldmettel bereitstellen. Nach weiterer Beratung wurde mit 252 gegen 105 Stimmen der für die Besoldung des Marinepersonals geforderte Betrag von 6 800 000 Pfund Sterling bewilligt.

8 Frankreich.

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In dem gestern abgehaltenen Ministerrat teilte, dem „W. T. B.“ zufolge, der Minister des Auswärtigen Delcassé mit, daß der König von Spanien am 30. Mai in Paris eintreffen und dort bis zum 5. Juni verweilen werde.

Der Kolonialminister Clémentel, der eine Reise nach Französisch⸗Indochina antreten will, wird außer von dem General Voyron auch von dem früheren Kolonial⸗ minister Doumergue, dem jetzigen Berichterstatter in der Kammer für die Verteidigung Indochinas, und dem Depu⸗ tierten Deloncle, dem Berichterstatter über das Kolonialbudget in der Kammer, begleitet werden. Der Minister hat, dem „W. T. B.“ zufolge, erklärt, daß seine Reise eine feierliche Bekräftigung der friedfertigen Politik Frankreichs in Ostasien bilden werde. Die Tatsache, daß der General Voyron ihm als Begleiter beigegeben worden sei, beweise, daß seine Reise auch militärische Bedeutung habe. Die Er⸗ folge der Japaner hätten bisher unter den Annamiten und den übrigen indochinesischen Völkerschaften keine bemerkbare

Bewegung hervorgerufen. Frankreich habe einen Augenblick b v“ 8

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lang die Expansionsgelüste der Japaner befuͤrchten könne Diese Befürchtung sei gegenwärtig unbegründet. Die Frankreichs zu Japan seien gut. In dem Flotte tützpunkte St. Jacques besitze Frankreich für seine Fler für mehrere Monate eine sichere Zuflucht und da Mittelmeergeschwader werde es dadurch im gegebenen Fi ermöglicht werden, zur rechten Zeit in Ostasien einzutreffe Die Verteidigung der Camranbhbay an der Ostküste Ind⸗ chinas nördlich von St. Jaques und Saigon werde durt vier neue Batterien verstärkt und das Arsenal von Saign auch für die Ausbesserungen der großen Kriegsschiffe es gerichtet werden.

Rußland.

In der gestrigen Sitzung des Ministerkomitees wung, wie dem „W. T. B.“ gemeldet wird, die Beratung des Toleranz gegenüber den verschiedenen Religions bekenntnissen behandelnden Paragraphen 6 des Kaiserliche Erlasses vom 25. Dezember vorigen Jahres, betreffen die Vervollkommnung der Staatsordnung, b endet. Das Ministerkomitee beschloß, die Bestimmunge über die Erdauung von Kapellen für nichtchristl Dissidenten einer Durchsicht zu unterziehen, eb diejenigen, die sich mit der Stellung der nichtchristlichen Gem lichen, besonders der mohammedanischen, befassen. Des weitere beriet das Komitee über die Wahl der Mullahs, über die B. freiung vom Militärdienst und die Errichtung von mohamma danischen Schulen. Das Komitee sprach sich dahin aus, daß be zuͤglich der Keligionsangelegenheiten der Kirgisen un der mohammedanischen Gemeinden im nördlichen Kaukasus und in den Gouvernements Stawropol, Turkestarn und Transkaspien die Jurisdiktion der Gouverne⸗ mentsverwaltungen auszuschließen sei und daß diee Angelegenheiten besonderen geistlichen Abteilungen n unterstellen seien. Das Komitee beschloß endlich noch eine vol⸗ ständige Durchsicht der Gesetze, bekreffend den Lamaismus unter Heranziehung von Vertretern des lamaitischen Klerus und Kennern des Lamaismus.

In einer in St. Petersburg abgehaltenen allgemeinn Versammlung der Advokatengehilfen wurde ein⸗ Resolution gefaßt, in der es heißt:

Die Aufgabe der Spezialkonferenz unter dem Minister des Innern Bulygin müsse sich erstrecken auf die Ausarbeitung eins Gesetzes, betreffend die Einberufung einer konstituierenden Versammlung, an der Vertreter der gesamten Bevölkerung Ruf lands teilzunehmen hätten ohne Unterschied der Nationalität und de Religion, unter der Voraussetzung, daß vorher die Ausnahmegesetz über den verstärkten Schutz abgeschafft würden. Ferner müß⸗ die Aufgabe der genannten Kommission sich erstrecken auf Verkündur, der Preßfreibeit, der Redefreiheit, der Vereins⸗ und Ver⸗ sammlungsfreiheit, der Unverletzlichkeit der Person un des Domizils sowie die Befreiung der wegen politische Verbrechen verhafteten Personen.

Diese Resolution soll allen Gemeindeverwaltungen und Semstwos übersandt werden.

Eine bei Dmitrowsk im Gvuvernement Orel gelegen Besitzung des Großfürsten Sergius wurde, dem „W. T. B, zufolge, ausgeplündert und die dort befindlichen industrielle Anlagen wurden niedergebrannt.

Die Direktion des Schienenwalzwerks in Brianst weigert sich, den Forderungen der Arbeiter stattzugeben. Der Ausstand dauert deshalb an. Ferner feiern die Arbeiter der Lokomotivfabrik und der Malzomgesellschaft und drohen in der Stadt Ruhestörungen zu veranstalten. Infolgedessen werden das Renteigebäude, das Arsenal, die Branntweinniederlage die Bank und das Postamt militärisch bewacht. Auf einigm Gütern und Kronforsten haben Bauern eigenmächtig Holz g⸗ fällt und zu Spottpreisen verkauft. .“

Aus Tiflis meldet die „St. Petersburger Telegrapher⸗ Agentur“, es gehe aus den Erklärungen der gurischen Gemeinden hervor, daß die Agitation in Gurien nicht die Losreißung von Rußland zum Ziel habe; die Gurier erklärten sich im Gegenteil mit den Fortschrittsparteien in Rußland solidarisch. Die Gurier forderten die Er. laubnis, den Militärdienst in ihren Wohnorten leisten zn dürfen.

Türkei.

Das Wiener „Telegr⸗Korresp.⸗Bureau“ berichtet aus Konstantinopel, nach Mitteilungen der Pforte flöher mehrere bulgarische Banden, unter denen sich viele Flüchr linge befänden, gegen Küstendil. Es verlaute, daß sich die Aufrührer in Philippopel versammelten, um über einen Einfall in die Türkei für das Frühjahr zu beraten, ferner, daß die Befestigungen des Klosters Kotschoda bei ahiligpopel armiert und einige Bataillone nach Küstendil dirigiert worden seien. In einer bei einem Komitatschi kon⸗ fiszierten Broschüre heiße es, daß die Bulgaren ihre Un⸗ sturzumtriebe in Konstantinopel fortsetzen wollten, um eine Militärintervention der Großmächte zu veranlassen.

Dasselbe Bureau meldet ferner aus Konstantinope vom gestrigen Tage, einer Meldung aus Monastir zufolg habe am vergangenen Sonntag auf der Straße von Prilen nach Itzvor ein Kampf zwischen Truppen und eineg bulgarischen Bande stattgefunden. Sieben Komitatschis seien getötet, fünf gefangen genommen worden. Die Truppen hätten angeblich keine Verluste gehabt. Die Bande habe mehrert Bomben zurückgelassen. Am 12. d. M. seien in Monastik zwei Griechen erschossen worden. Es seien infolgedessen zahlreiche Verhaftungen vorgenommen worden. Die Pforte habe eine vertrauliche Mitteilung erhalten, daß im griechischen Generalkonsulat in Saloniki Waffen und Munition fuͤr griechische Banden veersteckt seien. Ernstliche Be⸗ schwerdeschritte in Athen seien zu erwarten.

Bulgarien.

Der Bandenführer der inneren Organisation Gruem⸗

der sich längere Zeit in Sofia aufhielt, ist, wie „W. T. B. erfaährt, nach Mazedonien zurückgekehrt.

8 Amerika. ö

Aus New York vom gestrigen Tage wird den „Reuterschen Bureau“ gemeldet, aus Caräcas werde übet Willemstad berichtet, daß die dortigen Europäer jetzt in Erregung seien über das Vorgehen der Behörden geger die französische Kabelgesellschaft, darch das jet die I der amerikanischen Asphaltgesellschaf⸗ abgelöst werde. Der Präsident Castro habe das Ge⸗ richt angewiesen, den Vertrag mit der Kabelgesellschaft für ungültig zu erklären und die Regierung zu er⸗ mächtigen, das Kabel zu beschlagnahmen und die Kusten⸗

kabel zu durchschneiden, um die Verbindung mit der

Truppen Fuschun,

folgung fortgesetzt. bei der russischen Armee,

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Revolutionspartei, verhindern.

sei, zu

Trinidad tätig

die angeblich in

In Rio de Janeiro ist laut Dekret vom heutigen Tage

der Zelagerungszustand aufgehoben worden.

Asien. 8

Der General Kuropatkin meldet unter dem 12. d. M.:

Der General Baron von Meyendorff stürzte am 10. d. M. vom Pferde und zog sich einen Bruch des Schlüsselbeins zu. Er zurde nach Charbin geschickt; die Aerzte glauben, daß er bald wieder bergestellt sein werde.

Eine weitere Depesche des Generals Kuropatkin vom 13. d. M. besagt:

Berichte über neue Kämpfe lietzen zur Zeit nicht vor. In den Bewegungen unserer Truppen herrscht Ordnung. nimmt Rekognoszierungen.

Das japanische Hauptquartier veröffentlicht, wie W. T. B.“ erfährt, einen ausführlichen Bericht über die Gperationen des rechten japanischen Flügels gegen Fuschun seit dem 19. Februar. Der Bericht, der bei der Schlacht von Lfin⸗Khetscheng beginnt, schließt, wie folgt:

Als die Japaner bei ihrem Vormarsch zum Angriff auf Fuschun am 10. März den Hunho erreichten, fanden sie das Eis in der Mitte des Flusses aufgetaut. Dieser Umstand störte und verzögerte den Angriff. Endlich wurde der Uebergang über den Fluß unter Urberwindung großer Schwierigkeiten und großer Gefahr bewerkstelligt, worauf die Japaner die Russen von den Befestigungen auf den nörd⸗ lichen Anhöhen verdrängten. Nach dem Verlust von Taling ver⸗ brannten die Russen auf ihrem Rückzuge alle Dörfer, um die Japaner Obdaches bei der bitteren Kälte zu berauben.

Ein Bericht des Marschalls Oyama, der gestern in Tokio eingegangen ist, enthält folgendes:

In der Richtung auf Hingking esetzte eine Abteilung unserer

am 11. d. M. YPingpan, achtzehn Meilen östlich von nachdem sie den Feind von dort pertrieben hatte. Am s auf verschiedenen Punkten die

4 —23 edes

Schaho fahren unsere Truppen fort,

Wberreste der feindlichen Streitkräfte zu vertreiben. In den gebirgigen

Gegenden östlich von Tieling hat sich eine beträchtliche Anzahl von russischen Offizieren und Soldaten ergeben.

Der „Daily Telegraph“ meldet aus Tokio vom 13. d. M.:

Unter den Russen, die sich westlich von Mukden ergeben haben, befinde sich auch das XVI. Armeekorps. Diejenigen, die aus der Nachbarschaft von Mukden entkommen sind, hätten eine große Kolonne cbildet, die aber, als sie bei Hoka angegriffen worden sei, die weiße Flagge gezeigt habe. Es hielten sich noch viele Russen in chinesischen Häusern verborgen.

Dem „Reuterschen Bureau“ wird von der Armee des Generals Kuroki gemeldet:

Das Land sei gedrängt voll von hungrigen, entmutigten Russen, die sich den Japanern in Trupps ergäben; inzwischen werde die Ver⸗ Die meisten der fremden Militärattachés einschließlich eines englischen und zweier amerikanischen Offiziere, seien bei Mukden den Japanern in die Hände gefallen. Die amerikanischen und die englischen Militärattachés seien über Liauvang nach Japan abgereist.

Die „Times“ meldet aus Tokio vom 13. d. M., daß in Söul eine Verschwörung entdeckt worden sei, die bezweckt habe, den Kaiser zu veranlassen, sich von der jap anischen Konvention freizumachen und in einer fremden Gesandt⸗ schaft Zuflucht zu suchen. Die Verschwörer seien verhaftet worden; zu ihrem Plane habe es auch gehört, den General Hasegawa zu ermorden. . .

In der gestern mitgeteilten amtlichen Erklärung über das Vorgehen der russischen Armee in der Mongolei ist, wie „W. T. B.“ berichtigend meldet, der letzte Satz der 2 dritter Stelle gemachten Ausführungen, wie folgt, zu esen:

Die Munition wurde von chinesischen Behörden des Chaoyang⸗ Distrikts beschlagnahmt.

Ferner müssen die an sechster Stelle gegebenen Aus⸗ führungen folgendermaßen lauten:

Der seinerzeit bekannt gewordene Fall, daß Rußland Gewehr. und Geschützmunition von der Mongolei über Changchiakuo nach Nordchina zu schicken versuchte, die von den chinesischen Be⸗ hörden beschlagnahmt wurde, dürfte noch in Erinnerung sein; es wird daher davon abgesehen, Einzelheiten desselben zu wiederholen.

Die „Morning Post“ meldet aus Schanghai vom gestrigen Tage, es bestehe die Absicht, diechinesische Marine zu ö und zu diesem Zwecke die unabhängigen Provinzialmarineverwalt miteinander zu ver⸗ schmelzen. b J1

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Zweiten und Dritten Beilage.

In der heutigen (164.) Sitzung des Reichstags, welcher der Reichskanzler Dr. Graf von Bülow, der Staats⸗ sekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posa⸗ dowsky⸗Wehner, der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staatsminister Dr. Freiherr von Richthofen und der Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding beiwohnten, wurde die zweite Lesung des Reichshaushalts⸗ etats für 1905 bei dem Etat für den Reichskanzler und die Reichskanzlei fortgesetzt. Dazu sind sieben Resolutionen eingebracht: 1

1) der Abgg. Dr. Spahn (Zentr). und Genossen: „Der Reichstag wolle beschließen, die verkündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstage den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, durch welches Elsaß⸗Lothringen als Mitglied des Reichs eine selbständige Ver⸗ tretung im Bundesrat erhült (Reichsverfassung Artikel 6).

2) der Abag. Groͤber, Dr. Schaedler (Zentr.) und Genossen: „den Herrn Reschskanzler zu ersuchen: 8

1) die tabelaarische Uebersicht der vom B undesrat auf Be⸗ schlüsse des Reichstages gefaßten Entschließungen dem Reichstag sährlich, spiͤtestens mit Vorlegurg des Entwurfs des Reichshaus⸗ haltsetats, zugehen zu lassen; 1

2) dieusben na1 der Bundeeratsentschließungen zu erstrecken

auf sämtliche Initiativanträge und Resolutionen des Reichstags, soweit solche nicht lediglich die Ueberweisung eines Gegenftandes zur Kenntnisnahme oder als Matterial betreffen, und bierbei auch über die Erledigung derjenigen älteren Beschlüsse des Reichstags Auskunft zu geben, über welche in früheren Uebersichten eine Ent⸗ schließung des Bundesrats noch nicht mitgeteilt worden ist.

3) Der Abgs. Auer (Soz.) und Genossene. -die verhündeten Kegierungen zu ersuchen, dem Reichstage in Bälde den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, durch welches eine wirksame politische und budgetrechtliche Verantwortung des Reichskanzlers festgelegt wird“; k88 3 8 4) der Abgg⸗Breiski (Pole) und Genossen: die verbündeten a. .,Süca. . e 0 1 veh hatag den Entwurf eines Gesetzes zwecs Regelung des Aufenthalts der Ausländer im Deutschen Reiche vorzulegeno“ 8 8

Der Feind unter⸗

5) der Abgg. Albrecht (Soz.) und Genosse

83 en Herrn

usländer im Deutschen

zur Sicherung der Aufenthaltsverhältnisse der

Reiche vorzulegen“; 3

6) der Abgg. Albrecht und Genossen: „den Herrn Reichs⸗ kanzler zu ersuchen, bei den Regierungen von Preußen und Bayern dahin zu wirken, daß die Auslieferungsverträge, welche die genannten Regierungen am 13.)71. Januar 1885 bezw. am 1. Ok⸗ tober/19. September 1885 mit der russischen Regierung ab⸗ geschlossen haben, sofort gekündigt werden“;

7) der Abgg Albrechtund Genossen: „⸗den Heren Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstage baldigst einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den die Landesgesetze aufgehoben werden, welche polizeiliche Auf⸗ enthaltsbeschränkungen zulassen, und durch welchen ferner reichsgesetz⸗ liche Erleichterungen für die Aufnahme von Angehörigen eines deutschen Bundesstaats in einen anderen Bundesstaat geschaffen werden“.

Abg. Dr. Spahn (Zontr.): Nach der Wichtigkeit der Gegenstände, die die Resolutionen behandeln, müßte vielleicht zunächst die Resolution verhandelt werden, die die Ministerverantwortlichkeit des Reichs⸗ kanzlers wünscht. Unsere Resolution betrifft die Vertretung von Elsaß⸗Lothringen im Bundesrat. Elsaß⸗Lothringen hat in seinen Beziebungen zum Deutschen Reiche manche Wandlung durchlaufen. Es bat schließlich eine größere Selbständigkeit als Staat erhalten. Diese Selbständigkeit entspricht aber nict der Stellung, die die anderen deutschen Staaten im Deutschen Reiche haben, es hat keine Vertretung im Bundesrat durch eigene Stimmen. Während man über elsaß lothringische Angelegenheiten im Bundesrat verhandelt, ist das Reichsland bei diesen Beratungen nicht beteiligt, und wenn sich das Reichsland über diesen Zwitterzustand beschwert, so tut es das unserer Meinung nach mit Recht. Unser Antrag soll Abbilfe schaffen; Elsaß⸗Lotbringen steht den anderen deutschen Staaten mit dem Wahlrecht für den Reichstag gleich, und so foll es auch gleich⸗ stehen den anderen hinsichtlich der Vertretung im Bundesrat. Die Instruktion seiner Vertretung im Bundesrat, so hat man eingewendet, könne das Elsaß nicht felbst erteilen; wir halten diesen Einwand für hinfällig. Der Landesausschuß ist allerdings aus indirektem Wahlrecht hervorgegangen; dieser Zustand kann aber jenen Einwand nicht stützen. Was wir beantragt haben, entspricht zweifellos so⸗ wohl der Reichsverfassung wie auch dem föderalistischen Stand⸗ punkt. Vor allem aber sprechen Billigkeitsgründe für unsern Antrag. Zu den Lasten des Deutschen Reichs wird das Reichsland voll beran⸗ gezogen, aber auf der anderen Seite entbehrt es bisher der vollen Rechte, welche diesen Lasten in den anderen Einzelstaäaten gegenüber⸗ stehen. Desbalb bitten wir den Kanzler, in Erwägung zu ziehen, ob es nicht möglich wäre, unserem Antrag entsprechend, die Vertretung im Bundesrat dem Elsaß zu gewähren.

Bei Schluß des Blattes nimmt der Reichskanzler Graf

von Bülow das Wort.

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (162.) Sitzung die zweite Beratung des Staatshaushalts⸗ etats fuür das Rechnungsjahr 1905 fort.

Im Etat für das Bureau des Staatsministeriums werden 98 000 zu nicht pensionsfähigen Stellenzulagen für Staatsminister, welche aus der preußischen Staats⸗ kasse ihre Besoldung erhalten, je 14 000 ℳD, gefordert. Es kommen dafür in Betracht der Finanzminister, der Justiz⸗ minister, der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten, der Minister des Innern, der Landwirtschaftsminister, der Minister für Handel und Gewerbe und der Minister der öffentlichen Arbeiten. Zur Begründung der Gewährung dieser Zulage wird auf die hohen Repräsentationskosten hin⸗ gewiesen.

Die Budgetkommission beantragt, die Forderung zu bewilligen, aber außerdem einen Gesetzentwurf anzunehmen, nach dem § 10, Ziffer 5 des Zivilpensionsgesetzes vom 27. März 1872 folgenden Zusatz erhalten soll: „Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf das pensionsfähige Dienst⸗ einkommen der Staatsminister, die ihre Besoldung aus der preußischen Staatskasse erhalten.“ (Die betreffende Bestimmung besagt, daß von dem 12 000 übersteigenden Betrage des Diensteinkommens nur die Hälfte bei der Pensionierung in Anrechnung zu bringen ist.)

Die Abgg. Dr. Friedberg (nl.), Winckler (kons.) und Dr. Porsch (Zentr.) beantragen, die Ziffer 5 im § 10 überhaupt aufzuheben.

Berichterstatter Abg. von Bockelberg referiert über die Kom⸗ missionsverbandlungen.

Abg. Winckler: Daß wir den im vorliegenden Etat geforderten Stellenzulagen für die Herren Minister grundsätzlich zu⸗ stimmen, hat im Auftrage meiner Frakrion Graf Limburg Stirum schon bei der ersten Lesung ausgesprochen. Wir sind der Ueberzeugung, daß tatsächlich die im Laufe der Zeit ein⸗ getretenen Teuerungsverhältnisse diese Zulagen rechtfertigen. Graf Limburg bemerkte damals auch, es sei notwendig, in der Budget⸗ kommission die Erörterung der Persionsverhältnisse damit zu verbinden. Daß ein innerer Zusammenhang zwischen beiden Materien vorhanden ist, haben die Verhandlungen der Kommission ergeben. Wir sind nun einverstanden mit der Aufhebung der Ausnahmebestimmung der Ziffer 5 im § 10 des Zivilpensionsgesetzes, aber nicht 2 für die Minister Wir halten es für einen Akt der Gerechtigkeit, dieses privilegium odiosum für alle Gehälter über 12 000 aufzuheben, deshalb werden meine politischen Freunde für den Abänderungsantrag stimmen, welcher in Gemeinschaft mit den Herren Friedberg und Porsch von mir eingebracht wurde In etatstechnischer Beziehung wünschen wir, daß diese Stellenzulagen für die Minister in den be⸗ treffenden Etats nach Analogie der Stellenzulagen für die Ober⸗ präsidenten und Regierungspräsidenten getrennt von den Gehältern zur Erscheinung kommen.

Abg. Freiberr von Zedlitz und Neukirch (freikons.): Namens meiner Freunde habe ich zu erklären, daß wir den Kommissions⸗ anträgen zustimmen. Ein Teil meiner Freunde würde auch für die Beseitigung der Ziffer 5 in § 10 sein, aber nach Lage der Dinge meinen wir, daß es nicht Aufgabe des Abgeordnetenhauses, sondern der Regierung ist, eine solche Aenderung vorzunehmen. Bei den Militärpensionen wird auch der Betrag des Dienst⸗ einkommens über 12 000 nur zur Hälfte angerechnet. Im übrigen meinen wir, daß die Stellung der Minister eine solche ist, daß sie einen Repräsentationsaufmwand erfordere. Ich kann aber diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, obne ein Wort der ernsten Mahnung gegen den Mißbrauch der Repräsentationspflichten an unsere gesamte Beamtenschaft zu richten. Es wird an vielen Stellenchiel zu großer Aufwand für Repräsentation getrieben. Gewiß sollen die Beamten mit ihren Familien mit den Kollegen verkehren, aber sie sollen keine kostspielige Repräsentation treiben. Ein Erlaß der Regierung in Oppeln hat mit Recht darin eine Aenderung ge⸗ troffen, er hat anerkannt, daß ein gemeinsamer gesellschaftlicher Ver⸗ kehr und eine soziale Berührung unter den Beamten angemessen sei. Aber er hat den Zwang zur Repräsentation abgeschafft, und das ge⸗ sellschaftliche Leben beschränkt sich dort infolgedessen auf den engen Kreis derjenigen Personen, mit denen man sich nahe verwandt fühlt. Ich will also eine ernste Mahnung an die gesamte Beamtenschaft richten, dem Mißbrauch einer falschen Anschauung von Repräsentation zu entsagen.

nbg Dr. Wiemer (fr. Volksp.): Eine Erhöhung der Dienst⸗ bezüge der Minister ist an sich angemessen. Ihr jetziges Gehalt von 36 000 ist bereits 1816 festgesetzt und, abgesehen von einer für kurze Zeit eingetretenen Ermäßigung, unverändert gebliehen, obwohl die Verhältnisse sich ae gervrberxah geändert haben. Dieses Ein

8 E 2 2 [kommen bedeutet beufe erheblich weniger als damals Wir würd

Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstag baldigst einen Gesetzentwurf uns desbalb entschließen können, eine Erhöhung der Ministergehälter

vorzunehmen. Als Oppositionkpartei haben wir keine Veranlassung, uns für die Aufbesserung des Ministereinkommens zu interessieren, aber nach sachlichen Erwägungen und nach objektiver Prüfung erscheint eine Erhöbung als gerechtfertigt. Gleichwohl können wir dieser Form der Aufbesserung nicht zustimmen. Wir sind überhaupt nicht Freunde der Stellenzulagen. Aber hier deckt sich die Be⸗ zeichnung Stellenzulage gar nicht mit dem üblichen Begriff solcher Dulagen, die sich sonst nur durch außergewöhnliche Verhältnisse, euerung und dergleichen rechtfertigen und ein Notbebelf sind. Maßgebend für unsere Ablehnung ist jedoch die Begründung der Forderung, nach der die Zulage für Repräsentatibnszweck⸗ gewährt werden soll. Wir wünschen keine Vermehrung der Repräsentation. In unseren Beamtenkreisen wird viel zu viel repräsentiert. Für richterliche Beamte, Militärpersonen und auch andere Kreise haben sich aus diesem System Unz;räglichkeiten ergeben. Die Repräsentation legt ihnen schwere Lasten auf, und das ist weder für denjenigen, der sie übt, eine Freude, noch für denjenigen, der die Gast⸗ lichkeit in Anspruch nimmt. Unsere Minister würden wohl erfreut sein, wenn sie von einem Teil ihrer Repräsentationspflichten befreit würden. Herr von Zedlitz hätte seine Ausführungen wirksamer gestaltet, wenn er daraus die Konsequenzen gezogen hätte wie wir. Wir lehnen die Erhöhung ab, weil sie mit dem Reyräsentations⸗ aufwand begründet wird; denn mit der Zustimmung wird die Erwartung ausgesprochen, daß das Geld für die Repräsentation verwendet wird. Dann würden etwa 40 % des bisherigen Diensteinkommens dafür verwendet werden. Wir halten an der Auffassung fest, daß Eiafachheit ein Ruhmestitel für die preußischen Beamten ist. Die Budgetkommission hat auch die Regelung der Pensionsverhältnisse der Minister in den Kreis ihrer Eröͤrterungen gezogen. Wir halten die heutige Pension von 18 000 für nicht unerheblich und sehen deshalb nicht ein, weshalb die Pension erhöht werden soll. Ueber allzu langlebige Ministerexistenzen können wir uns wahrlich nicht beklagen. Die Minister werden in der Hauptsache den konserpativen Rerhen ent⸗ nommen, und es ist sonderbar, daß gerade die Konservativen die Besorgnis haben, die Minister möchten zu lange im Amte ebleiben. Wenn übrigens Ziffer 5 des § 10 nur für die Minister a ifgehoben würde, so würde das eine Ungerechtigkeit sein. Der Antrag der Abgg. Winckler und Genossen will noch über den Beschluß der Kommission hinausgehen, er hat aber auch Bedenken gegen sich. Die finanziellen Konsequenzen würden ja bei dem Milliardenetat in Preußen nicht all⸗ zusehr ins Gewicht fallen. Entscheidend ist aber, daß durch dieses Vorgehen Ungleichheiten mit den Reichsbeamten geschaffen werden würden. Es ist nicht anzunehmen, daß der Schritt, der hier in Preußen getan werden soll, im Reiche Nachfolge finden würde. Wir halten es nicht für richtig, ein Gelegenheitsgesetz zu machen. So sehr wir anerkennen, daß eine Erhöhung der Minister⸗ gehälter wünschenswert ist, so wenig können wir der Form zustimmen, die dafür gewählt werden soll. Sollte die Stellenzulage bewilligt werden, so werden die Minister hoffentlich auch dazu übergehen, für die mittleren und unteren Beamten etwas zu tun; denn deren Forde⸗ rungen verdienen doch wahrlich noch mehr Berücksichtigung als die der Minister. (Schluß des Blattes.)

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Kunst und Wissenschaft.

Die Anmeldungen zu dem am 10. April beginnenden Sommerhalbjahr derUnterrichtsanstalt des Königlichen Kunstgewerbemuseums werden vom 20. bis 31. März ent⸗ gegengenommen. Die Aufnahmeprüfung, deren Ergebnis über die Vergebung der freiwerdenden Pläͤtze entscheidet, findet vom 3. bis 8. April statt. Die Bewerber um Zulassung zu den Fachklassen haben bei der Meldung Arbeiten vorzuleten, die ein Urteil über ihre Be⸗ fähigung und Vorbildung, namentlich auch über ihr biesheriges Studium im Ornament⸗ und Architekturzeichnen, gestatten.

Im Lichthofe des Kunstgewerbemuseums ist eine neue Ausstellung in Vorbereitung, in der japanische Farbendrucke aus dem Besitze des Museums und privater Sammler vorgeführt werden sollen. Die Ausstellung wird zu der Japansammlung des Herrn Gustav Jacoby, die sich im Schlüterzimmer im ersten Stock⸗ werk befindet, eine wichtige Ergänzung bilden. Die Ausstellung im Lichthofe wird vom 19. d. M. an zugänglich und auch am Abend geöfnet sein.

An der Königlichen Bergakademie zu Berlin ist der Chemiker in dem Chemischen Laboratorium daselbst, Dr. Hans Wölbling, als Privatdozent für Chemie zugelassen worden Wölbling ist am 22 März 1875 zu Berlin geboren, bestand Ostern 1894 das Abiturientenexamen an dem Lelbniz⸗Gymnasium zu Berlin, widmete sich zunächst in Tühingen theologischen und historischen Studien und wandte sich danach in München und Berlin dem Studium der Naturwissenschaften mit besonderer Berücksichtigung der Chemie zu. Anfang 1900 erlangte er an der Berliner Universität den philosophischen Doktorgrad. Der Titel seiner Habilitationtschrift lautet: „Beiträge zur Kenntnis des Schwefelstickstoffs“ und im Probevortrage sprach er über „Lösungen“.

Im Rathaus zu Ochsenfurt hat, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern der Kaplan Hefner drei Fragmente eines aus dem 13. Jahrhundert stammenden mittelhochdeutschen Helden⸗ gedichts, das voraussichtlich das Alexanderlied ist, gefunden.

In der Wiener Geographischen Gesellschaft hielt gestern, wie „W. T. B.“ meldet, der Professor Dr. von Drvygalski aus Berlin einen mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag über den Verlauf und die Ergebnisse der deutschen Südpolar⸗ expedition von 1901 bis 1903. Dem Vortrag wohnten unter anderen Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Erzherzog Leopold Salvator, der Botschafter Graf von Wedel und viele Generale bei. Dem Professor von Drygaltki wurde das Diplom eines Ehrenmitgliedes der genannten Eesellschaft überreicht.

Verkehrsanstalten.

Konkurse und Zwangsverkäufe amerikanischer Eisen⸗ bahnen.

Wie das „Archiv für Eisenbahnwesen“ im Anschluß an seine im Jahrgang 1904 S. 448 ff. enthaltenen ausführlichen Mitteilungen uͤber die Konkurseröffnungen und Zwangsverkäufe, die in den Jahren 1876 bis 1903 die amerikanischen Bahnen betroffen haben, nach

Railway Age“ Nr. 1 vom 6. Januar 1905 berichtet, sind im

ahre 1904 8 weitere Bahnen dem Konkurse verfallen, die eine Betriebslänge von 744 engl. Meilen und ein Aktien⸗ und Obligationen⸗ kapital von 36 069 000 Dollars umfassen. 8

Fügt man diese Zahlen der Liste der seit dem Jahre 1876 er⸗ öffneten Konkurse hinzu, so erhält man die gewaltige Zahl von 660 Bahnen mit 115 599 engl. Meilen (= 186 114 km) und 6 451 124 000 Dollars (27 094 720 800 ℳ) Aktien⸗ und Obligationenkapital.

Dem Zwangsverkaufe haben, wie im Vorjahre, 13 Bahnen unterlegen, die eine Betriebslänge von 524 Meilen und ein Aktien⸗ und Obligationenkapital von 28 266 000 Dollars umfassen.

Seit dem Jahre 1876 sind somit dem Zwangsverkaufe ver⸗ fallen 911 Bahnen mit 112 898 Meilen (= 181 766 km) und 6 849 438 000 Dollars (28 767 639 600 ℳ) Aktien⸗

„ʒObligationenkapital