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ARichtamtliches 1 Deutsches Reich. b Prenußen. Berlin, 22. Mii. Im Monat April d. J. haben 2736 Schiffe (gegen 2706 Schiffe im April 1904) mit einem Nettoraumgehalt von 408 827 Registertons (1904: 384 364 Registertons) den Kaiser Wilhelm⸗Kanal benutzt und, nach Abzug des auf
die Kanalabgabe in Anrechnung zu bringenden — an Gebühren 195 853 ℳ (1904: 178 965 ℳ) entrichtet.
Der Präsident des Reichsversicherungsamts, Wirkliche Geheime Oberregierungsrat Gaebel ist aus Wiesbaden zurück⸗ gekehrt.
Der Oberregierungsrat Julius Meyer aus Oppeln in Angelegenheiten der egierung
ist als Dirigent der Finanzabteilung in Angeles Verwaltung der direkten Steuern an die Königliche in Magdeburg, der Landrat bezirk Marienwerder, in eft Kreis Danziger Höhe, Regierungsbezürk Danzig, versetzt worden. ist für die Zeit vom 1. Juli d. 6
Venske aus dem Kreise Tuchel, Regierungs⸗
die kommissarische Ver⸗
Elblotsgeldes,
in gleicher Amtseigenschaft in den
egierungsassessor Dr. Schwendy in Königsberg
waltung des Landratsamts im Kreise Osterode, Regierungs⸗
bezirk Hildesheim, übertragen worden.
Der Regierungsassessor Dr. Lorenz der Königlichen Regierun lichen Verwendung überwiesen worden
in Dortmund ist
*
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist der ausreisende Ablösungstransport für die Schiffe des Kreuzer⸗ geschwaders mit dem Truppentransportdampfer „Rhein“ am 19. Mai in Port Said eingetroffen und hat am 20. Mai die Reise über Suez nach Colombo (Ceylon) fortgesetzt. Transportführer ist der Korvettenkapitän Herrmann.
S S. „Iltis“ ist am 19. Mai in Tsingtau ein⸗
SMW —. .
getroffen.
S. M. Flußkanonenboot „Vaterland“ ist am 19. Mai V
*
in Tschinkiang (Jangtse) eingetroffen.
In der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ wird die vom Reichs⸗ eisenbahnamt aufgestellte tabellarische Uebersicht der Be⸗ triebsergebnisse deutscher Eisenbahnen für den
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Monat April 1905 veröffentlicht, auf die am Freitag v. W.
an dieser Stelle auszüglich hingewiesen worden ist.
Wiesbaden, 22. Mai. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Hessen haben am Sonnabend den Kaiserlichen Majestäten einen Besuch abgestattet. Ihre Majestät die Königin⸗Mutter Margherita von Italien hat am Sonntagvormittag Wiesbaden ver⸗ lassen und Sich zunächst nach Frankfurt a. M. begeben.
Ihre Majestät die Kaiserin hat Sich, wie „W. T. B.* meldet, durch einen Fall auf der Treppe eine leichte Verletzung an der Stirn zugezogen, die zwar ganz unbedenklich ist, aber Anlaß zu einem Aufschub der Abreise Ihrer Kaiserlichen Majestäten von Wiesbaden gegeben hat, die auf Sonntagabend festgesetzt war. Ueber das Befinden Ihrer Majestät der Kaiserin wird folgendes Bulletin veröffentlicht:
Schloß Wiesbaden, 22. Mai.
Ihre Majestät die Kaiserin und Königin haben Sich gestern nach⸗ mittag durch Fall auf der Treppe eine Quetschwunde auf der linken Stirnseite zugezogen. Allerhöchstdieselben haben eine gute Nacht ge⸗ habt. Schlaf und Allgemeinbefinden ist befriedigend gewesen. Tem⸗ peratur 36,9, Puls 86. Niedner.
Württemberg.
Die Kammer der Abgeordneten begann am Sonnabend die Beratung des Eisenbahnetats. Im Laufe der Debatte gab der Minister des Auswärtigen Freiherr von Soden bezüglich der Personentarifreform „W. T. B.“ zufolge die Erklärung ab, daß sich eine kürzlich abgebaltene von allen Eisenbahnverwaltungen be⸗ schickte Delegiertenversammlung auf folgende Kilometersätze geeinigt habe: I. Klasse 7 ₰, II. Klasse 45 ₰, III. Klasse 3 ₰, IV. Klasse 2 ₰. Heeen sei erreicht worden eine Einigung ü die Abschaffung der
ückfahrkarten, über die Einführung eines nach Zonen zu be⸗ messenden Schnellzugzuschlags, über einen bemessenden Gepäcktarif und über die Beibehaltung bezw. Be⸗ seitigung gewisser Vergünstigungen. Bayern hate eine Aus⸗ nahmestellung eingenommen, insofern als es verschiedene Tarif⸗ sätze bei sich einführen, in den einzelnen Zügen stets nur höchstens 3 Wagenklassen führen und damit die IV. Wagenklasse vermeiden wolle, sodaß es also zwei Arten III. Klasse, die eine zum 3 Pfennig⸗ satze, die andere zum 2 Pfennigsatze in Aussicht nehme. Wie sich die Durchführung dieses baverischen Untersystems beim Grenz⸗ verkehr ohne Schwierigkeiten und ohne wesentliche Belästigung so⸗ wohl der Verwaltung als des Publikums machen lassen werde, darüber möchte er sich nicht aussprechen. Zunächst aber habe er seine Be⸗ denken. Jedenfalls habe er sich diesem bayerischen Standpunkte aus folgenden Gründen nicht anschießen können, 1) weil eine Einigung sämtlicher Verwaltungen über den bayerischen Vorschlag ausgeschlossen war, 2) weil er auch gewisse prinzipielle Bedenken gegen die Durch⸗ führung dieses Systems habe, 3) weil Baden von Anfang an sich gegen den baverischen Vorschlag ausgesprochen habe und nach Lage der Sache sich aussprechen mußte. Der Minister fuhr dann fort, er habe keinen Zweifel gelassen, daß Württemberg durch die Annahme der 1IV. Wagenklasse ein Opfer bringe, daß es aber zu diesem Opfer bereit sei, falls dadurch die Einheit der Tarife bei den deutschen Ver⸗ waltungen und gleichzeitig auch das Zustandekommen der 2 etriebs⸗ mittelgemeinschaft gesichert werde. Der Minister schloß, durch die Aenderung werde ein Zustand beseitigt, der nur allzusehr an die alte deutsche Zerfplitterung und Zerfahrenheit erinnere. Mecklenburg⸗Schwerin. 8 1“
Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz traf, wie „W. T. B.“ meldet, gestern um 7 ½ Uhr Abends in Ludwigslust ein und wurde am Bahnhof von Ihren Königlichen Hoheiten dem Großherzog, der Groß⸗
erzogin⸗Mutter, der Herzogin Cecilie und dem Herzog orwin empfangen.
Gestern vormittag französische Botschafter
trafen, von Berlin kommend, der Bihourd und der mecklenburgische Gesundte von Oertzen in Ludwigslust ein und wurden am Bahnhof von dem Kammerherrn von Köckeritz empfangen. Die Herren begaben sich mittels Galawagen nach dem
in Gumbinnen zur weiteren dienst⸗ lich 1 2 38 8 — in G “ st⸗ Reiter Emil Thölen, geboren am 25. 10. 1882 zu Langwardermeide,
V schalk, geboren
leichfalls nach Zonen zu
hecsene Reiter Wilhelm Herrmann, geboren am 6. 5. 1883 zu
im Dragonerregiment wurden:
im Infanterieregiment Nr. 155 (Schuß in rechten Unterarm);
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Schlosse. Der französische Botschafter überreichte dem Groß⸗ herzog und der agafishe glcher ein Schreiben und der Herzogin Cecilie ein Geschenk des Präsidenten Loubet, bestehend in zwei Sévresvasen und einem Wandteppich aus der Fabrik von Beauvais, und sprach im Namen des Präsidenten dem mecklenburgischen Fürstenhofe seine Glückwünsche zur bevorstehenden Vermählung aus. Nach dem Empfang fand ein Galafrühstück statt, an dem außer den Fürstlichkeiten
die beiden Gesandten, sämtliche Staatsminister, die Staatsräte sowie das S teilnahmen. Um 6 ½¼ Uhr Abends begaben sich beide Gesa
ten nach Berlin zurück.
Deutsche Kolonien. ’
Ein Telegramm aus Windhuk in Deutsch⸗Südwest⸗ afrika meldet, wie „W. T. B.“ berichtet, folgende Verluste:
Im Gefecht bei Ganams am 26. und 27. April sind gefallen: Sergeant Paul Groth, geboren am 20. 3. 1881 zu Neu⸗Pottlitz, früher im Infanterieregiment Nr. 98 (Kopfschuß); Unteroffizier Otto Bolduan, geboren am 3. 9. 1880 zu Lossin, frühber im Infanterieregiment Nr. 14 (Kopf⸗ und Schulterschuß); Ge⸗ freiter Heinrich Damering, geboren am 24. 1. 1881 zu Darfeld, früher 1. Gardeulanenregiment (Kovpfschuß); Gefreiter Paul Kalus, geboren am 14. 4. 1880 zu Rosenberg (Oberschlesien), früher im Infanterieregiment Nr. 156 pburg, früher im Pionierbataillen Nr. 9 (Kopfschuß); Reiter eorg Hopf, am 12. 2. 1882 zu Großhenbach, früher Nr. 14 (Kcpfschuß) Verwundet Etzel, geboren am 21. 5. 1875 zu Mühlhausen i Thür., früͤher im Dragonerregiment Nr. 7 (Prellschuß, linke Achillessehne); Oberpeterinär Arthur Gott⸗ am 5. 3. 1880 zu Großenhain, früher im König⸗ lich sächsischen 5. Feldartillerieregiment Nr. 64 (Schuß in linke Wade);
geboren
Leutnant Georg
früher im Infanterieregiment Nr. 91 (Schuß ins Gesäß); Gefreiter Wilhelm Hain, geboren am 16. 9. 1878 zu Groß⸗Beckern, früher beim Bezirkskommando in Liegnitz (Schuß in rechten Unterschenkel); Reiter Lukas Bader, geboren am 12. 8.1880 zu Durmersheim, früher im Dragonerregiment Nr. 20 (Schuß in beide Hacken); Reiter Robert Kubis, geboren am 4. 10. 1882 zu Königsdorf, früber im Pionier⸗ hataillon Nr. 7 (Schuß in rechte Schulter); Reiter Valentin Msyk, geboren am 11. 2. 1880 zu Chozow, früher im Füsilierregiment Nr. 38 (Streifschuß, rechter Fuß); Reiter Georg Heising, geboren am 21. 2. 1882 zu Lirnen, früber im Infanterieregiment Nr. 16 (Streifschuß, Kopf); Reiter Richard Imm, geboren am 11. 5. 1882 zu Simonsdorf, S Reiter Wilbelm Mayer, geboren am 17. 5. 1881 zu Ladenburg, früher im Infanterieregiment Nr. 111 (Schuß in rechten Oberschenkel); Reiter Wilhelm Gerstetter, geboren amn 5. 6. 1882 zu Zuffenhausen, früber im 9. württembergischen Infantetieregiment Nr. 127 (Streif⸗ schuß, Kopf und rechter Unterschenkel); Reiter Johann Rückert, ge⸗ geboren am 12. 3. 1883 zu Obermüble, früher im 4. württem⸗ bergischen Infanterieregiment Nr. 122 (Streifschuß, rechter Oberarm).
Im Gefecht am oberen Ganachab, das am 8. Mai statt⸗ gefunden hat, sind gefallen: Reiter Ernst Dobers, geboren am 2. 8. 1884 zu Schmilau, früher im Husarenregiment Nr. 2; Reiter Friedrich Kaulbars, geboren am 22. 2. 1878 zu Wieplack, früher im Jafanterieregiment Nr. 152; Reiter Gustav Nowraty, ge⸗ boren am 3. 9. 1879 zu Brandenburg a. H, früher im In⸗ fanterieregiment Nr. 20; geboren am
Nr. 20; Reiter Oskar Sajadatz, 26. 7. 1881 zu Bitterfeld,
früher beim Bezirkskommando in Bitter⸗ feld; Reiter Friedrich Hahn, geboren am 16. 2. 1877 zu Buddern, früͤher im Pionierbataillon Nr. 1; Reiter Julian Luzynski, geboren am 16. 2. 1882 zu Usch, früher im Pionierbataillon Nr. 3. Ver⸗ wundet wurden: Hauptmann Emil pon Rappard, geboren am 26. 11. 1863 zu Aplerbeck, früher im Grenadierregiment Nr. 1 (leicht); Unteroffizier Karl Gutsche, geboren am 12. 6 1883 zu Carolath, früher im Ulanenregiment Nr. 10 (leicht); Reiter Willy Dreier, geboren am 27. 10. 1883 zu Neu⸗Schotiland, früher im Pionierbataillon Nr. 3 (schwer); Reiter Paul Fitzner, geboren am 4. 11. 1881 zu Birkholz, früher im Feldartillerieregiment Nr. 7 (leicht;; Reiter Heinrich Schöning, geboren am 5. 8. 1877 zu Schermen, früher beim Bezirkskommando in Burg (leicht).
An Typbus ist meiter der Reiter Heinrich Grimm, geboren am 23 3. 1880 zu Weinsberg, fräher im 4. württembergischen In⸗ fanterieregiment Nr. 122, am 15. Mai im Lazarett zu Keetmans⸗ hoop gestorben.
Das Exekutivkomitee der koalierten Opposition des ungari⸗ chen Abgeordnetenhauses beschloß, den Grafen Andrassy als Vertrauensmann zu designieren, der dem Monarchen das
die Kabinettsbildung ubernehmen wolle.
Frankreich.
Nach einer Meldung der „Agence Havas“ wird die Mission, die beauftragt ist, die französische Regierung bei der Hochzeit des Deutschen Kronprinzen zu vertreten, voraussichtlich am 2. Juni in Berlin eintreffen. Sie besteht, wie jetzt endgültig bestimmt ist, aus dem Gouverneur von Lyon, General de Lacroix, dem Kontreadmiral de Marolles, dem Obersten Chabaud vom Militärstaat des Präsidenten Loubet, dem Gesandten und Deputierten Arago und dem Botschafts⸗ sekretär Guillemin, Chefadjoint des Kabinetts des Ministers er auswärtigen Angelegenheiten.
Der Ministerpräsident Rouvier, der gestern in einer Versammlung des Landesverbandes zur Vorbereitung für den Militärdienst den Vorsitz führte, erklärte dabei, wie „W. T. B.“ meldet, in einer Ansprache: Das Werk, dem der Verband dient, muß die vornehmste Sorge eines Volkes sein, das unabhängig bleiben will. Es erscheint besonders angebracht, wenn man daran denkt, wie augenblicklich einige überspannte Menschen, getragen von irgend einer Chimäre mit todbringendem Hauch, unsere Pflichten gegen das Vaterland zu bestreiten wagen. Ein großes Volk kann nur bestehen, wenn es die militärischen Tugenden bewahrt, die ebenso notwendig sind, um die Un⸗ verletzlichkeit des heimatlichen Bodens zu sichern, wie die Gedankenfreiheit Frankreichs.
Rußland.
Der Kaiser hat, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, folgendes Reskript an den Großfürsten Nikolaus Nikolajewitsch gesandt: „Zur Sicherung einer den Staats⸗ bedürfnissen und Staatsmütteln entsprechenden Entwicklung der Streitkräfte des Reiches und zur Verein⸗ heitlichung der Tätigkeit der obersten Militär⸗ und Marine⸗ verwaltung, sowie um diese mit der Tätigkeit anderer Regierungseinrichtungen in den die Sicherheit des Staates betreffenden Fragen in Uebereinstimmung zu setzen, habe ich es für nötig befunden, einen ständigen Staats⸗ verteidigungsrat zu errichten, und übertrage die Aus⸗
arbeitung des Gesetzes über diese Institution nach meinen un⸗ mittelbaren Fingerzeigen einer aus von mir ernannten Per⸗ sonen bestehenden besonderen Konferenz unter dem Vorsitz
Programm unterbreitet, auf dessen Grundlage die Koalition
Eurer Kaiserlichen Hoheit.“ Das Restript schließt mit dem Ausdruck der Ueberzeugung, die Konferenz werde die ihr über⸗ tragene Arbeit unter Leitung des Großfürsten ohne Verzöge⸗ rung mit der Sorgfalt und allseitigen Aufmerksamkeit aus⸗ führen, welche die hohe Bedeutung der neuen Institution für den Staat erfordere.
Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗ Agentur“ beschloß das oberste Prisengericht in der Angelegen⸗ heit der Wegnahme des englischen Dampfers „Calchas“ im Stillen Ozean durch den Kreuzer „Gromoboi“, die Schießbaumwolle zu beschlagnahmen und den Bestimmungs⸗ ort der Maschinenteile dur agung der Eigentümer klar⸗ zustellen, den Dampfer und den Rest der Ladung freizugeben und die Wegnahme als gerechtfertigt anzusehen.
Niederlande.
Die Erste Kammer nahm den neuen Entwurf eines Gesetzes, betreffend den höbheren Unterricht, an, nachdem, wie bekannt, der erste Entwurf von der Ersten Kammer abgelehnt worden war und deren Auflösung zur Folge gehabt hat. Der neue Entwurf be⸗ stimmt, daß die konfessionellen Universttäten bezüglich der Diplom⸗ erteilung den öffentlichen Universitäten gleichberechtigt sein sollen.
Türkei.
Das „Wiener K. K. Telegr.⸗Korresp⸗Bureau“ meldet unterm 20. d. M. aus Konstantinopel: Gestern wurde der belgische Legationsrat Graf van den Steen auf einem Ritt außerhalb der Stadt von fünf türkischen Soldaten mit Steinen beworfen und leicht verletzt. Die Täter wurden verhaftet. Der belgische Gesandte hat die Bestrafung der Schuldigen verlangt.
Nach dem Selamlik am Freitag wurde der deutsche Bot⸗ schafter Freiherr Marschall von Bieberstein vom Sultan in Audienz empfangen.
Der türkisch⸗rumänische Zwischenfall nimmt „W. T. B.“ zufolge bei der Geneigtheit der Pforte, den rumänischen Ansprüͤchen Rechnung zu tragen, einen ruhigen Verlauf.
Griechenland.
Auf eine Anfrage, die von der Opposition unter Bezug⸗ nahme auf die in der italienischen Kammer über die Kreta⸗ Angelegenheit von dem Minister Tittoni gemachten Aeußerungen gestellt wurde, erklärte der Minister des Aeußern Skouzes „W. T. B.“ zufolge am Sonnabend in der Kammer, die einzige logische und praktische Lösung der Frage sei eine V ö Kretas mit Griechenland. Die Befürch⸗ tungen, daß diese Verbindung auf die Verhältnisse auf dem Balkan zurückwirken könnte, seien unbegründet.
In Beantwortung einer weiteren Anfrage über die Kreta⸗ Angelegenheit erklärte der Ministerpräsident Dely annis, die Regierung wünsche, daß die verläufige Regierungsform auf Kreta beendigt werde; dies hänge aber vom Willen der Mächte ab. Griechenland müsse Geduld haben und Vertrauen zu seiner Re⸗ gierung bei der Behandlung dieser Frage. Der Prinz Georg stelle das Versprechen und eine Sicherheit dafür dar, daß die Vereinigung erfolgen werde. Wenn ein Wechsel eintreten würde, würde die Lage auf Kreta sich verschlimmern und die Wahrscheinlichkeit des Eintretens einer Union sich verringern. Delyannis sprach ferner die Ansicht aus, daß eine Besserung in Kreta eingetreten sein würde, wenn die Bewegung in Therissow, die er mißbillige, nicht zum Ausbruch gekommen wäre. Er hoffe, daß die außerordentlichen Maßnahmen aufgegeben werden und daß Europa die Frage in günstiger Weise lösen werde, sobald die Umstände es gestatten.
Die Skupschtina trat gestern zu einer außerordentlichen Tagung zusammen. Da das Haus nicht beschlußfähig war, erfolgt die Kon⸗ ftituierung in der heutigen Sitzung. Das Arbeitsprogramm der Skupschtina umfaßt die Anleihe, die Handelsverträge mit Deutschland und Montenegro, Verlängerung des Handelsvertrags mit Bulgarien, sowie einen Gesetzentwurf, betreffend die Herabsetzung des gesezli⸗h zulässigen Zinsfußes von 12 auf 8 oder 9 %.
Montenegro. Wie das‚Wiener K K. Telegr.⸗Korresp.⸗Bureau“ aus Cetinje meldet, ist der Fürst Nikolaus zum Besuche des Kaisers Wilhelm nach Berlin abgereist. e1““ 1
Amerika.
Bei einem Festmahl der Handelskammer in Cleveland (Ohio)
hielt der Schatzsekretär Shaw eine Rede über die Zolltarif⸗ frage und erklärte: wie er höre, sei beabsichtigt, in der nächsten Tagung des Kongresses einen Abänderungsentwurf zum Zoll⸗ tarifgesetze einzubringen; mit welcher Aussicht auf Annahme durch den Kongreß, wisse er nicht. Der Entwurf enthalte im wesentlichen die Bestimmung, daß, wenn jemals ein Land anderen Ländern Handelsprivilegien zubillige, die es Amerika vorenthalte, die Zoͤlle auf Waren solcher Länder, die Vorzugs⸗ zölle gewähren, gegenüber den geltenden Zollsätzen erhöht werden sollen. Asien.
Eine amtliche Mitteilung aus Tokio besagt: Die aus
russischer Quelle stammende, in Europa verbreitete Nachricht, apan habe die Absicht, den Kaiser von Korea nach apan zu bringen, wird amtlich als gänzlich un⸗
begründet bezeichnet, da keine derartige Absicht bestehe.
Das „Reutersche Bureau“ meldet aus dem japanischen Feldhauptquartier: Drei aus gemischten Streitkräften bestehende russische Kolonnen sind in der Nähe der Eisenbahn in südlicher Richtung vorgerückt. Am 18. Mai wurden sie von den Japanern angegriffen und nach Norden zurück⸗ gedrängt. Gleichzeitig machten fünfhundert russische Reiter einen Angriff auf das Feldspital in Kangpin auf dem rechten Ufer des Liauho. Die japanische Artillerie und Infanterie sprengten die Angreifer unter Zufuͤgung schwerer Verluste aus⸗ einander.
Ein weiterer amtlicher Bericht aus Tokio, den eben⸗ falls das „Reutersche Bureau“ übermittelt, lautet: Am Morgen des 19. d. M. griffen die Russen in Stärke von zwei Kompagnien und zwei Eskadrons aus der Richtung von Weiyuanpaomen her wiederum Chiengtzu an, wurden aber um 1 Uhr Nachmittags zurückgeschlagen. Gleichzeitig griffen ein russisches Regiment und fünf Eskadrons Chingyangpao äußerst heftig an, waren aber um 6 Uhr Abends vollständig geschlagen. — Die Lage bei Tschangtu hat sich seit dem 18. d. M., wo die Russen auf dem rechten Ufer des Liauho zurückgedrängt waren, mit Ausnahme von einigen Patrouillen⸗ zusammenstößen nicht wesentlich geändert. Die feindliche Ka⸗ vallerie, die ihre Hauptkräfte bei Kingchuliang, acht Meilen westlich von Fakumen, zusammengezogen hatte, versuchte am
Mittag des 19., unsere Lager von hinten zu bedrohen, indem ie eine Umgehung in südwestlicher Richtung machte; aber die arken Wachtkommandos der Japaner entmutigten sie, und sie zog sich auf bedeutende Entfernung in nordwestlicher Richtung zurück, ohne ihren Zweck erreicht zu haben. 1 Nach einer Meldung der „Agence Havas“ aus Saigon e der Admiral Jonquières den Auftrag, die ganze üste von Annam zu besuchen und festzustellen, ob seit dem 14. d. M. irgend ein kriegführendes Schiff zurückgekehrt sei. Der Admiral führte den Auftrag aus und gab Nach⸗ richt, daß seit dem angeführten Datum sich nichts derartiges zugetragen habe. Afrika. Wie die „Agence Havas“ aus Tanger meldet, ist die englische Gesandtschaft am Sonnabendnachmittag 2 Uhr mit einer zahlreichen Eskorte nach Fez abgereist.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die vorgestrigen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (189.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieber⸗ ding beiwohnte, stand zunächst die erste Lesung des von dem Abg. Blell (fr. Volksp.) eingebrachten Gesetzentwurfs, be⸗ treffend Aenderung des § 44 der Gewerbeordnung,
auf der Tagesordnung.
Durch den Entwurf sollen die Bestimmungen für Handlungsreisende auch auf die Handelsagenten, die ein stehendes Gewerbe betreiben, erstreckt werden, d. h. sie sollen in Ansehung der Befugnis, als Vermittler oder Vertreter des Geschäftsherrn, den Ankauf von Waren vor⸗ zunehmen oder Bestellungen auf Waren zu suchen, nur einer Legitimationskarte bedürfen, während sie bisher genötigt waren, einen Wandergewerbeschein zu lösen, und insofern als Hausierer behandelt wurden.
Abg. Blell (fr. Volksp.): Schon bei der Etatsberatung ist der Gegenstand auf Grund einer von mir eingebrachten Resolution zur Sprache gebracht und damals meine Resolution vom Hause einstimmig angenommen worden. Mein jetziger Antrag will die Gewerbeordnung und die unklare Fassung des § 44 ändern und damit diese Unstimmig⸗ keit aus ihr beseitigen. Ich bitte Sie, auch meinen Gesetzentwurf einstimmig anzunehmen. .
In zweiter Lesung wird darauf der Gesetzentwurf ohne weitere Debatte angenommen.
Es folgt die dritte Beratung der Uebersichten Einnahmen und Ausgaben der Schutzgebiete 1902 und für Kiautschou für 1903.
Abg. Storz (d. Volksp.): In jüngster Zeit sind in der Oeffent⸗ lichkeit schwere Klagen über den Gouverneur von Neu⸗Guinea und seine Verwaltung erhoben worden; ebenso sind Beschwerden über die Verwaltung von Togo laut geworden. In Togo wird das nach dem Bahnbau vielleicht besser werden; in Neu⸗Guinea geschieht aber nichts, um durch Heranziehung geeigneter Kolonisten die höher gelegenen Land⸗ strecken im Innern zu besiedeln und urbar zu machen; man beschränkt sich immer noch auf die Hafenplätze. Im australischen Parlamente sind übrigens wenig freundliche Aeußerungen über die Art und Weise, wie die Handelsfreiheit auf Neu⸗Guinea für die fremden Nationen he⸗ schränkt wird, gefallen. Es fehlt noch überall in unseren Kolonien sehr an einer rationellen Bewirtschaftung; wir stehben in dieser Be⸗ ziebung noch lange nicht auf dem Standpunkte der Engländer und Holländer.
Abg. Erzberger (Zentr.): Ich kann diesen Ausführungen zustimmen und wünsche nur, daß die Fraktion des Vorredners auf seinem Standpunkt steht. Bisber hat diese Fraktion gerade gegen die kolonialfreundlichen Parteien und speziell gegen uns schwere Vorwürfe wegen unserer Haltung erhoben. Wenn Herr Storz über die Togoeisenbahn günstig urteilt, so follte er doch auch für die Kameruneisenbahn mit uns eintreten. Im übrigen kann ich nur wünschen, daß seine gesunde kolonialvolitische Anschauung in den Kreisen der beiden Volksparteien immer weiter Boden gewinnen möchte.
Abg. Storz: Ich habe gar keine kolonialpolitischen An⸗ schauungen entwickelt, sondern eine Reihe von Beschwerdepunkten vor⸗ getragen; einen Anlaß auf das Thema der Kamerunbahn einzugehen, habe ich nicht.
Abg. Erzberger: Herr Storz hat ausdrücklich gemeint, es werde in Togo hoffentlich mit dem bewilligten Bahnbau besser werden; das hat mir Anlaß zu den weiteren Ausführungen gegeben, die ich machen zu müssen glaubte.
Die vorgekommenen Etatsüberschreitungen und etatsmäßigen Ausgaben werden nachträglich genehmigt.
Die Vorlage wegen Bildung deutscher Kommunal⸗ verbände in den Konsulargerichtsbezirken, zunächst in Tientsin und Hankau, wird in dritter Lesung ohne Diskussion endgültig angenommen. 1
Darauf setzt das Haus die zweite Lesung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend Aenderungen der Zivilprozeß⸗ ordnung, fort. Zunächst ist die namentliche Abstim⸗ mung über die Erhöhung der Revisionssumme zu wiederholen.
Es werden 148 Stimmzettel abgegeben, davon 95 für die Erhöhung der Revisionssumme von 1500 auf 2500 ℳ, 48 dagegen; 5 Mitglieder enthalten sich der Abstimmung. Da an der beschlußfähigen Mindestzahl 51 Mitglieder fehlen, ist der Reichstag nicht beschlußfähig und muß seine Ver⸗ handlungen abbrechen. 2 —Der Präsident Graf von Ballestrem setzt die nächste Sitzung auf Dienstag 1 Uhr fest mit der Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten Lesung der Novelle zur Zivilprozeß⸗ ordnung; dritte Lesung des Gesetzentwurfs Hagemann wegen Aenderung des Gerichtsverfassungsgesetzes und zweite Lesung der Vorlage, betreffend die Ausgabe von Reichsbanknoten zu 50 und 20 ℳ Schluß 2 Uhr.
— Das Haus der Abgeordneten nahm in der heutigen (186.) Sitzung, welcher der Finanzminister von Rheinbaben, der Minister für Handel und Gewerbe Möller und der Minister des Innern Dr. von Bethmann⸗ Seeeg beiwohnten, zunächst in dritter Beratung den
esetzentwurf, betreffend die Bewilligung weiterer Staatsmittel (15 Millionen Mark) zur Verbesserung der Wohnungsverhältnisse von Arbeitern, die in staatlichen Betrieben beschäftigt sind, und von gering besoldeten Staatsbeamten, ohne Debatte an und setzte dann die zweite Beratung der Novelle zum Allge⸗ meinen Berggesetz tente sn. der Bestimmungen üͤber die Arbeiterverhältnisse) bei Artikel II, § 93a—i, der die Bestimmungen über die ez. enthält, fort.
Nach Geschäftsordnungsdebatte, in der Abg. Fisch⸗ beck (frs. Volksp.) beantragt, die Bestimmungen des ganzen
der für
außer⸗
Artikels II gemeinsam zu erörtern, und die Abgg. Brust Dentr), Hilbck (nl.) 8. Dr. von Heydebrand und der asa (kons.) sich damit einverstanden erklären, beschließt das Haus demgemäß. 93 à bestimmt einleitend, daß für unterirdisch be⸗ schäftigte Arbeiter in Steinkohlenbergwerken die Bestimmungen der folgenden Paragraphen gelten sollen.
„Die Abgg. Brust (Zentr.) und Genossen beantragen, diese Bestimmung allgemein für Bergwerke gelten zu lassen.
„8 93b der Regierungsvorlage setzte den sog. sani⸗ tären Arbeitstag fest; er bestimmte:
Absatz 1. In Gruben oder Grubenabteilungen, in denen mehr als die Hälfte der belegten Betriebepunkte eine gewöhnliche Tempe⸗ ratur von mehr als + 220 C. hat, darf die regelmäßige tägliche Arbeitszeit vom 1. Oktober 1905 ab 8 ½ Stunden, vom 1. Oktober 1908 ab 8 Stunden nicht überfteigen.
Absatz 2. Die Oberbergämter sind ermächtigt, für einzelne Gruben oder Grubenabteilungen diese Anfangstermine um höchstens zwei Jahre hinauszuschieben, wenn dies zur Verhütung eines un⸗ verhältnismäßigen Schadens erforderlich erscheint.
Absatz 3. Als Arbeitszeit gilt die Zeit von Beginn der
Seilfahrt bis zu ihrem Wiederbeginn.
Absatz 4. Die Bergbehörde hat durch schriftliche Verfügung zu bestimmen, ob für eine Grube oder Grubenabteilung die in Abs. 1 beieichnete Voraussetzung vorliegt.
Die Kommission hat den sanitären Arbeitstag gestrichen und folgende Fassung beschlossen:
Die regelmäßige Arbeitszeit darf für den einzelnen Arbeiter durch die Ein⸗ und Ausfahrt nicht um mehr als ½ Stunde ver⸗ längert werden. Ein etwaiges Mehr der Ein⸗ und Ausfahrt ist auf die Arbeitszeit anzurechnen.
Als Arbeitszeit gilt die Zeit von der Beendiguns der Seil⸗ fahrt bis zu ihrem Wiederbeginn.
Die Abg. Brust und Genossen (Zentr.) stellen den Haupt⸗ antrag, § 93b folgendermaßen zu fassen:
Absatz 1 „Die regelmäßige kägliche Arbeitszeit darf vom 1. Oktober 1905 ab 8½ Stunden, vom I. Oktober 1908 ab 8 Stunden nicht übersteigen.“
Absatz 2 und 3 gleichlautend mit der Regierungsvorlage. Für den Fall der Ablehnung dieses Antrags beantragen
dieselben Abgeordneten, die Fassung der Regierungsvorlage wiederherzustellen, und für den Fall der Ablehnung auch dieses Antrags beantragen sie, in die Kommissionsfassung folgenden Satz einzufügen:
„Eine Verlängerung der in den am 1. Januar 1905 bestehenden Arbeitsordnungen festgesetzten Arbeitszeit ist unzulässig.“
Die Abgg. Fischbeck (fr. Volksp.) und Genossen bean⸗ tragen die Wiederherstellung der Regierungsvorlage in § 93 b.
§ 93c lautet in der Kommissionsfassung:
„Für Arbeiter, welche an Betriebspunkten, an denen die ge⸗ wöhnliche Temperatur mehr als 28° C. beträgt, nicht bloß vor⸗ übergehend beschäftigt werden, darf die Arbeitszeit 6 Stunden täglich nicht übersteigen. Als gewöhnliche Temperatur gilt diejenige Temveratur, welche der Betriebspunkt bei regelmäßiger Belegung und Bewetterung hat.“
Die Bestimmungen in den §§ 93e bis h über die Zu⸗ lassung von Ueber⸗ und Nebenschichten und die Befugnis der Oberbergämter zur Zulassung von Ausnahmen von den Be⸗ stimmungen des § 93 b sind von der Kommission in Konsequenz der Abänderungen des § 93b gestrichen worden. Bestehen geblieben sind nur die Bestimmung in § 93f:
„Vor dem Beginn sowohl einer regelmäßigen Schicht als einer Nebenschicht muß für den einzelnen Arbeiter eine mindestens acht⸗ stündige Ruhezeit liegen.“
und § 931:
„Auf jedem Bergwerke müssen Einrichtungen vorhanden sein, welche die Feststellung der Zabl und Dauer der von den einzelnen Arbeitern in den letzten zwölf Monaten verfahrenen Ueber⸗ und Nebenschichten ermöglichen.“
Zu § 93ec der Kommissionsbeschlüsse beantragen die Abgg. Brust und Genossen, die Beschränkung der Arbeitszeit auf sechs Stunden auch für „nasse Arbeiten“ vorzuschreiben und eine weitere Bestimmung hinzuzufügen, nach der an Be⸗ triebspunkten mit einer gewöhnlichen Temperatur von mehr als 260° C. die Arbeitszeit sieben Stunden nicht über⸗ teigen darf.
Zu § 93 f beantragen dieselben Abgeordneten das Verbot a. des Verfahrens von Ueber⸗ oder Nebenschichten an Betriebs⸗ punkten mit mehr als + 280 C. gewöhnlicher Temperatur, b. ganz allgemein des Verfahrens von mehr als einer acht⸗ stündigen Nebenschicht oder von mehr als zwei Ueberschichten bis zur Gesamtdauer von vier Stunden innerhalb einer Woche.
Zu § 93)h beantragen dieselben Abgeordneten die Wieder⸗ herstellung der Regierungsvorlage bezüglich der Befugnis der Oberbergämter zur Gestattung von Ausnahmen. DOberberghauptmann von Velsen (auf der Tribüne schwer ver⸗ ständlich) tritt für die Regierungsvorlage ein. Die Verhältnisse im Steinkohlenbergbau seien besonders ungünstig, was sich auch aus der Statistik über das Lebensalter der Bergleute im Vergleich mit dem der Arbeiter anderer Betriebe ergebe. Die Temperatur habe darauf den größten bestimmenden Einfluß, und zwar nicht nur Temperaturen von 28° C., sondern auch solche darunter. Wenn man sage, daß die Temperatur an und für sich keine richtige Grenze bilde, weil der Feuchtigkeitsgrad nicht berücksichtigt werde, so sei dies richtig; der Unterschied sei nur der, daß die Feuchtigkeit in den Stein⸗ kohlenbergwerken vorhansen sei, bei den anderen Werken meist nicht. Deshalb habe die Temperatur bei dem Steinkohlenbergbau eine so große Bedeutung und bei den anderen Werken meist nicht. Wegen der Kohlenstaubgefahr würden die Gruben, soweit sie trocken sind, berieselt; infolgedessen berrsche in einem warmen Steinkohlen⸗ bergwerke die sogenannte Treibhaustemperatur; das sei aber z. B. beim Salzbergbau gar nicht der Fall. Wenn der Entwurf 22 ° äals Grenze vorgeschlagen habe, so sei er davon ausgegangen, daß die Temperaturgrenze, bei der es anfange, ungemütlich zu werden, etwa 240 sei. Wenn man nun die sanitäre Grenze nähme für diejenigen Gruben, welche 220 auf der Mehrzahl der Betriebspunkte hätten, dann schließe er, daß doch 20 — 24 % der Arbeitspunkte 240 und darüber hätten. Nun sei es aber ganz unmöglich zu sagen, man wolle in einer Grube so und so viel Prozent Arbeitspunkte mit achtstündiger Arbeitszeit haben und so und so viel Prozent mit längerer Arbeitszeit. Gerade weil die Sache so liege, daß bei der Ueberschreitung einer ewissen Temperaturgrenze die Einwirkung zweifellos schädlich sei, abe man sich gesagt: man gehe ertwas tiefer und nehme allerdings dann die Gruben, wo mehr als die Hälfte der Betriebspunkte in Betracht kämen. Die vpegeschlagen⸗ sogenannte sanitäre Maximalarbeitszeit würde zweifellos auch erziehlich wirken. Der Behauptung, daß durch diese Bestimmung die Produktion ver⸗ teuert werden würde, müsse er entgegentreten. Es werde kaum eine erhebliche, wenn überhaupt eine Verteuerung der Produktion erfolgen Die Dauer der Schicht wirke an und für sich inner⸗ halb gewisser Grenzen auf die Produktionskosten wenig ein. Wenn der Gesetzentwurf bestimme, daß vom 1. Oktober d. J. an die Schicht achteinhalbstündig sein solle, so entspreche dies dem, was in Saarbrücken allgemein und in Westfalen auch in der Mehr⸗ zahl der Gruben schon der Fall sei. Es sei deshalb nicht zu ver⸗ steben, weshalb die een in Westfalen sagen, daß sie im Fall der Annahme der R ngsvorlage vom 1. Oktober ab die Kohlen⸗
1 Auch bei einer Verkürzung der Schicht auf 8 Stunden sei eine erhebliche Verteuerung der Produktion nicht notwendig. Die dreijährige Frist sei vorgesehen, damit der Bergbau Zeit habe, die notwendigen technischen Einrichtungen zu treffen. Der Redner bespricht dann noch die von der Kommission vorgeschlagenen Aenderungen, seine Ausführungen sind aber im FeSeesv-1ene. auf der Berichterstattertribüne nicht zu verstehen.
(Schluß des Blattes.)
preise erhöhen müßten.
Statistik und Volkswirtschaft.
Deutscher Außenhandel in den vier Monaten Januar bis April 1905.
Nach dem soeben vom Kaiserlichen Statistischen Amt beraus⸗ gegebenen Aprilhefte der „Monatlichen Nachweise über den auswär⸗ tigen Handel des deutschen Zollgebiets“ betrug in den vier Monaten Januar bis April 1905 die Einfuhr in Tonnen: 16 071 582 gegen 14 198 176 und 13 441 186 im gleichen Zeitraum der eiden Vorjahre, daher mehr 1 873 406 und 2 630 396; die Edel⸗ metalleinfuhr: 446 gegen 373 und 398. 21 von den 43 Zolltarif⸗ nummern ergeben eine Zunahme der Einfuhr. Namentlich sind es folgende: Koblen (+ 1 596 900), Getreide und andere Landbau⸗ erzeugnisse (+ 316 246), Steine und Steinwaren (+ 61 929), Oel und Fette (+ 52 458), Abfälle (+ 45 460), Drogerie., Apotheker⸗ und Farbewaren (+ 32 526). Erhebliche Ausfälle zeigen: Erden, Erze usw. (— 149 762), Holz (— 34 315), Baumwolle und Baum⸗ wollenwaren (— 23 148). An der’ starken Zunahme von Getreide und anderen Landbauerzeugnissen sind infolge der geringen letztjährigen Ernte Hafer, Kartoffeln, ferner Gerste. Mais, Gemüse, “ ber⸗ vorragend beteiligt, während die Weizen⸗ und Roggeneinfuhr, be⸗ sonders die letztere, infolge der letzten ausgezeichneten Roggenernte ab⸗ genommen bat. 8
Die Ausfuhr betrug in Tonnen: 11 919 750 gegen 12 478 164 und 12 058 974 im gleichen Abschnitte der beiden Vorjahre, daher weniger 558 414 und 139 224; die Edelmetallausfuhr: 201 gegen 137 und 140. 13 von 43 Zolltarifnummern zeigen eine Zunahme der Ausfuhr, namentlich Erden, Erze (+ 218 833), Drogerie⸗, Apotheker⸗ und Farbe⸗ waren (+ 20 450), Eisen (— 16 786). Große Ausfälle zeigen: Kohlen (s— 702 639), Getreide und andere Landbauerzeugnisse (— 58 247 wegen des Ausfalls bei Kartoffeln trotz Zunahme der Roggen⸗ und Weizen⸗ ausfuhr), Material⸗ usw. Waren (— 33 174), Tonwaren (— 23 354). Die Zuckerausfuhr hat gegen die Vorjahre stark nachgelassen; nur die Kristallzuckerausfuhr zeigt eine erheblichere Zunahme.
Mit Einfuhrscheinen wurden rund 14,5 Millionen Mark Zölle beglichen gegen 9 und 65 Millionen Mark in den beiden Vorjahren.
Zur Arbeiterbewegung.
Halle a. S. wurde am Sonnabend, wi wird, durch das Gewerbegericht der Ausstand der M Wege des Vergleichs beendet (vgl. Nr. 106 d. Bl.). u8 Nürnherg wird der „Frkf. Ztg.“ telegraphiert, daß in den Werken der Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg
Maschinenbaugesellschaft Nürnberg etwa ein Drittel der Arbeiterschaft in den Ausstand getreten ist, weil die Zugeständnisse der Direktion in bezug auf Lohnerhöhung und Verkürzung der Arbeits. zeit die Arbeiter nicht befriedigt haben. Der Ausstand umfaßt etwa tausend Mann in 14 Werkstätten und erstreckt sich auf Schmiede, Schreiner, Schlosser, Dreher und Maschinenarbeiter.
In einer gestern abgehaltenen Versammlung der Eisen⸗ und Metallarbeiter in Budapest wurde, wie „W. T. B.“ meldet, einstimmig ein Beschlußantrag angenommen, den Ausstand der Eisen⸗
ießer moralisch und materiell zu unterstützen, indem jeder
Ketall, und Eisenarbeiter 3 % seines Verdienstes ab⸗ gibt. Wenn der Verband der ungarischen Fabrikindustrien die Forderungen der Eisengießer nicht bewilligen würde, wurde weiter beschlossen, so würden die Metall⸗ und Eisenarbeiter Ende dieser Woche mit folgenden Forderungen an ihre Arbeitgeber herantreten Neunstündige Arbeitszeit, allgemeiner Lohntarif, Anerkennung der Organisation der Arbeiter.
In St. Petersburg ist, dem „W. T. B.“ zufolge, der Aus⸗ stand der Mannschaften der den Lokalverkehr vermittelnden Newa⸗ dampfer beendet (vgl. Nr. 18 d. Bl.).
Ein viele Wochen dauernder Ausstand der Arbeiter in der Aktiengesellschaft der Baumwollmanufaktur von Heinzel u. Kunitzer in Lodz ist, wie der „Köln. Ztg“ gemeldet wird, durch das Entgegenkommen der Verwaltung beendet. 4000 Arbeiter haben die Arbeit wieder aufgenommen. Ebenso traten die Weber der Aktiengesellschaft Marcus Kohn wieder in Arbeit. In den Tuchfabriken von Nippe, Ranke und Woidislawki legten insgesamt 1200 Weber die Arbeit nieder.
Aus St. Gallen wird der „Frkf. Ztg.“ berichtet, daß wegen Verschärfung der polizeilichen Maßnahmen anläßlich einiger jetzt dort herrschenden kleineren Streiks die Arbeiterunion Versammlungen zur Beschlußfassung über den allgemeinen Ausstand einberuft.
In Stockholm haben, „W. T. B.“ zufolge, ungefähr 700 Arbeiter der Straßenreinigung die Arbeit niedergelegt man befürchtet, daß auch die Arbeiter der Beleuchtungswerke sich dem Ausstand anschließen werden.
Die Verhandlungen zur Beilegung des Kutscherausstandes in Chicago vgr. Nr. 119 d. Bl.) sind, wie „W. T. B.“ meldet, im letzten Augenblick abgebrochen worden. In einer allgemeinen Ver⸗ sammlung der Kutscher ist beschlossen worden, den Ausstand am heutigen Montag in größerem Umfang fortzusetzen.
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Kunst und Wissenschaft.
Der Haupteingang zum Alten Museum bleibt baulicher Arbeiten halber vom Dienstag, dem 23. d. M. ab auf etwa 14 Tage geschlossen. Die Besucher der Sammlung antiker Skulpturen werden gebeten, den Zugang zu dieser Sammlung vom Neuen Museum aus zu nehmen.
Die an kostbaren Arbeiten besonders reiche Ausstellung der Neu⸗ erwerbungen im Königlichen Kunstgewerbemuseum ist um zwei wertvolle Stücke vermehrt worden. Es sind zwei Trinkhörner, Geschenke der Frau Präsidentin Becher, Berlin. Die lebendig be⸗ wegten Figuren, die die Büffelhörner tragen, und die reiche Fassung wurden im Jahre 1880 im Auftrage der Geschenkgeberin von Pro⸗ fessor Janensch modelliert und von Hugo Schaper in Silber gegossen. Eine kostbare Goldschmiedearbeit vom Ende des 15. Jahrbunderts ist für einige Zeit vor dem Eingang zum Schlüterzimmer ausgestellt. Es ist eine Schützenkette aus dem Besitz der Schützengilde zu Stol⸗ berg am Harz. Die Kette ist in einer Stolberger Chronik im Zu⸗ sammenhang mit der Schilderung eines großen, im Jahre 1487 ge⸗ feierten Schützenfestes erwähnt und vermutlich zu diesem -
Berkehrsanstalten.
Laut Telegramm aus Dortmund ist die erste ens lische Post über Vlissingen vom 20. d. M. ausgeblieben. Grund: Sturm auf See. 8
Theater und Musfik.
KFKhnhigliches Opernhaus. Im Köaiglichen Opernhause setzte am Sonnabend Frau Alno Akts von der Großen Oper in Paris ihr Gastspiel fort, und zwar in der Titelrolle von Gounods Oper „Margarete“. Auch hier