Zu Beschwerde 4. Der Beschwerdeführer Eberhard Schneider war zum heutigen Termine nicht erschienen.
Die Belegschaftsvertreter erklärten über den Tatbestand der vorliegenden Beschwerde nicht derartig unterrichtet zu sein, daß sie den Beschwerdeführer bei Untersuchung der Be⸗ schwerde vertreten könnten.
Die Kommission konnte unter diesen Umständen in die Untersuchung der vorliegenden Beschwerde nicht eintreten.
1 Zu Beschwerde 5: Der Beschwerdeführer Julius Goronzy führt zu vorliegender Beschwerde nachstehendes aus:
Die Lehrhauer verdienten auf der Zeche Con⸗ solidation, Schacht II/VII, längere Zeit hindurch — ge⸗ nauere Angaben über die Zeitdauer vermag ich nicht zu machen — 50 ₰ bis 1 ℳ weniger als die Vollhauer. Die Lehrhauer sind mit dieser Mindereinnahme nicht zufrieden, leisten infolge dessen wegen des geringeren Interesses weniger als sie könnten und schäbigen hierdurch auch die Vollhauer.
v. g. u. Julius Goronzy.
8 Seitens des Direktors Oberschuir wird ausgeführt, wie folgt:
Die jungen Leute, welche nicht mehr als Schlepper ver⸗ wendet werden, erhalten während des ersten Jahres ihrer Be⸗ schäftigung bei der Kohlengewinnung einen nach Prozenten berechneten niedrigeren Lohn als die Vollhauer. Dieser Minderlohn kommt den Vollhauern wiederum zu gute. Während der ersten 6 Monate erhalten die Gedingeschlepper, als solche werden die jungen Leute während des ersten Jahres geführt, 20 Prozent und während der letzten 6 Monate 10 Prozent weniger als die Vollhauer. Nach Beendigaung des ersten Jahres werden die Gedingeschlepper bei guter Führung Lehrhauer und erhalten dann den vollen Lohn ihrer Kamerad⸗ schaft. Die Zeche hat durch diese Einrichtung selbst keinen Vorteil, ist aber der Ueberzeugung, daß bei der Schwierigkeit der Gebirgsverhältnisse, welche auf der Zeche Consolidation vorliegt, eine derartige Einrichtung im Interesse der Aus⸗ bildung der Bergleute und hierdurch im Interesse der letzteren selbst liegt. Besondere Beschwerden wegen der getroffenen “ sind von den Beteiligten bisher nicht erhoben worden. 8 1
Die Beschwerde zu 6 wurde von dem Beschwerdeführer Julius Goronzy zurückgenommen.
Neuer Termin wird angesetzt auf Dienstag, den 11. April 8“ 9 ½¼ Uhr, im Amtshause zu Gelsenkirchen⸗ Schalke.
Weiter verhandelt im Amtshause zu Gelsenkirchen⸗Schalke am 11. April 1905. Anwesend dieselben Personen wie im Termine am 7. April 1905.
Zu Beschwerde 7: Der Beschwerdeführer Wilhelm Kopatz, 32 Jahre alt, bis Ende Dezember v. J. auf der Zeche Con⸗ solidation 17 Monate lang als Bergmann beschäftigt — der Austritt aus der Arbeit erfolgte nach vorheriger 14 tägiger Kündigung — sagt aus:
Die vorliegende Beschwerde, welche mit Johann Kopatz unterschrieben ist, während ich den Vornamen Wilhelm führe, mache ich zu der meinigen. Wegen der in der Beschwerde an⸗ geführten und seitens des Steigers Möller gemachten Abzüge von 11½ Schichten habe ich die Spruchkammer des Berg⸗ gewerbegerichts Gelsenkirchen angerufen kostenpflichtig abgewiesen worden.
v. 11¹“ Wilhelm Kopatz.
Der Untersuchungskommission liegen auch drei Lohnbücher vor, deren Inhaber die Bergleute Lehrhauer Viktor Jatzkowsky, Gedingeschlepper Johann Wnendt und Hauer Joseph Dahm sind.
In dem Lohnbuche des Jatzkowsky steht folgender Ver⸗ merk: „Der Mann sitzt seit dem 31. Dezember 1904 im Gefängnis und ist mit 8,50 ℳ wegen Feierns bestraft“. Aus dem Lohnbuch geht hervor, daß Jatzkowsky im Dezember 1904 17 ½¼ Schichten an 17 Arbeitstagen verfahren hat und während vorgenannten Monats mit 8,50 ℳ bestraft worden ist.
Durch Einsichtnahme der Strafliste wurde festgestellt, daß der Lehrhauer Jatzkowsky bestraft worden ist:
1) am 14. Dezember 1904 wegen Lieferns sehr unreiner Kohle mit 1 ℳ,
2) am 28. Dezember 1904 wegen willkürlichen Feierns am 27. Dezember 1904 mit 2,50 ℳ,
3) am 29. Dezember 1904 wegen wiederholten willkürlichen Feierns am 28. Dezember 1904 mit 5 ℳ
Seitens der Vertreter der Zeche wurde zu vorgenannten Strafen folgendes ausgefuhrt:
Die Bestrafung des Jatzkowsky am 14. Dezember v. J. mit 1 ℳ außer der erfolgten Streichung des gelieferten Wagens ist erfolgt, weil Jatzkowsky wiederholt unreine Kohlen gefördert hat. Durch die vorliegende Liste der im Monat Dezember 1904 genullten Wagen wurde festgestellt, daß der Kameradschaft des Jatzkowsky auch am 5. Dezember ein Wagen Kohlen genullt worden ist.
Aus der von der Zeche für die einzelnen Arbeiterkategorien angefertigten Lohnstatistik geht hervor, daß die zu denen auch die Lehrhauer zu rechnen sind, während des Monats November v. J. einen durchschnittlichen Tagesverdienst von mehr als 5 ℳ verdient haben.
Die Bestrafung des Jatzkowsky erfolgte auf Grund der §S 22, 23 und 24 der für die Zeche Consolidation bestehenden Arbeisordnung vom 14. Dezember 1892.
Der Inhaber des 2. Lohnbuches Gedingeschlepper Joh. Wnendt, 20 Jahre alt, seit 11. Februar 1902 auf der Zeche Consolidation II/VII beschäftigt, sagt aus, wie folgt:
1. Mir sind, wie aus dem eingereichten Lohnbuch hervvr⸗ geht, für den Monat Dezember 1904 an Strafen 3 ℳ ab⸗ gehalten worden, meines Erachtens zu Unrecht. Ich habe während des Monats Dezember 1904 auf dem Orte Nr. 5 des Flözes 21 als Gedingeschlepper gearbeitet. Unsere Arbeits⸗ stelle war auf drei Drittel belegt. Ich habe an keinem einzigen Tage unreine Kohlen gefördert, habe auch vor De⸗ zember 1904 keine Ordnungsstrafen zu vezahlen gehabt. Trotz⸗ dem fand ich während des Monats Dezember v. J. eines Tages einen Anschlag im Portierhaus vor, aus dem hervor⸗ ging, daß ich wegen Förderns sehr unreiner Kohlen mit 1 ℳ
und bin von dieser
bestraft war. Ich erinnere mich des Tages, wann ich diesen Anschlag vorfand, nicht mehr, weiß aber bestimmt, daß ich am Tage vorher, nach Beendigung der Frühschicht, mir die Tafel, auf welcher die gestrichenen Wagen notiert werden, angesehen habe und auf derselben kein Vermerk stand, daß mir ein Wagen Kohlen wegen Unreinheit gestrichen war. Wegen der ungerechten Bestrafung habe ich keine Beschwerde beim Betriebsführer eingelegt, weil ich mir hiervon keinen Erfolg versprach.
II. Während der 1“ 1904 hatte ich meinen Schwager in Dortmund besucht. Von meiner Reise kehrte ich am Dienstag nach Weihnachten früh morgens zurück, um zur Frühschicht anzufahren. Bei meiner Ankunft auf der Zeche erhielt ich zwar noch die Schichtmarke, konnte aber nicht mehr anfahren, da die Seilfahrt unterdessen beendigt war.
Nach Beendigung der Frühschicht war ich wiederum auf der Zeche, um mich bei meinem Reviersteiger Rupieper und dem Nachmittagssteiger Schulte zu entschuldigen. Letzterer nahm diese Entschuldigung auch an. Trotzdem fand ich am anderen Tage auf der Zeche einen Anschlag vor, nach welchem ich wegen willkürlichen Feierns am 27. Dezember mit 2 ℳ be⸗ straft war. Ich bin der Ansicht, daß diese Bestrafung zu Unrecht erfolgt ist, da ich während der vorhergehenden fünf Monate keine einzige Schicht gefeiert habe und die Ver⸗ säumnis der vorliegenden Schicht nach Lage der Verhältnisse wohl entschulbbar gewesen wäre. Eine Beschwerde habe ich auch dieserhalb nicht eingelegt.
v. g. u. Johann Wnendt.
Seitens des Vertreters der Zeche, Direktors Oberschuir, wird zunächst die Strafliste für Monat Dezember 1904 vor⸗ gelegt, aus der hervorgeht, daß der Beschwerdeführer Wnendt am 14. Dezember 1904 wegen Lieferns sehr unreiner Kohlen mit 1 ℳ und am 28. Dezember wegen willkührlichen Feierns am 27. Dezember mit 2 ℳ bestraft worden ist.
Ferner wurde die Nachweisung der 5* Unreinheit ge⸗ strichenen Wagen Kohlen im Monat Dezember 1904 vorgelegt aus der hervorgeht, daß der Kameradschaft des Beschwerde⸗ führers am 12. und 13. Dezember je ein Wagen und am 14. Dezember zwei Wagen gestrichen worden sind.
Der Direktor Oberschuir erklärt zu vorliegender Beschwerde wie folgt:
Der Beschwerdeführer ist wegen Förderun sehr unreiner Kohle mit 1 ℳ bestraft worden; die für die Bestrafung maß⸗ gebenden näheren Umstäade lassen sich nicht mehr genau ermitteln. Die Bestrafung des Beschwerdeführers ist aber erfolgt auf Grund der Arbeitsordnung und zweifellos auch zu Recht, da andernfalls Wnendt meines Erachtens Beschwerde eingelegt haben würde und die Bestrafung zu 2 ℳ ist nach Vorschrift der Arbeitsordnung erfolgt und besteht deshalb zu Recht. Ob die Bestrafung des Wnendt bei Einlegung einer Beschwerde in Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers rückgängig gemacht worden wäre, lass ich dahingestellt.
Vv U
8 g. 1 J. Oberschuir. Der Inhaber des 3. Lohnbuches, der Hauer Joseph Dahm,
war nicht erschienen, es konnte deshalb auch nicht festgestellt werden, in bezug auf welche Beschwerdepunkte das vorliegende Lohnbuch als Beweismaterial dienen sollte.
Auch die Belegschaftsvertreter erklärten, nicht in der Lage zu sein, den Beschwerdeführer vertreten zu⸗ können.
v. g. u.
Johann Schwarz. E. Rüttermann. . w. 2 Althüser. Machens. Wilke. Oberbergrat. Oberbürgermeister. Bergmeister. Wiegand, Bergrevierbureauassistent, als Protokollführer.
Julius Goronzy.
Beschwerden der auf der Zeche Consolidation, arbeitenden
Schacht II/VII im Bergrevier Gelsenkirchen Bergleute.
——
Angegebene
Gegenstand Beweismittel
Zeche der Beschwerden
Beweiserhebung ist erfolgt durch
Ansicht der Untersuchungskommission über das Beweisergebnis
Consoli⸗ dation, Schacht IIVII.
Grubenbeamten über einen Grzesiek.
Königlichen Einfahrer.
Unberechtigter Abzug für ver⸗ Beschwerdeführer Joseph schwerde 2. loren gegangenes Gezähe. Plaschke. V Be⸗ I. Verhängung einer Geld⸗ Beschwerdeführer schwerde 3. strafe wegen Förderns un⸗ Bublitz unter Be⸗ reiner Kohlen. nennung von Zeugen. V
II. Unzulässige Verlegung Beschwerdeführer im Laufe eines Monats Bublitz unter Be⸗ mit der Folge einer Lohn⸗ nennung von Zeugen. schädigung. Unberechtigter Abzug für Sprengstoffe.
Be⸗ Unzulässige Schichtdauer und Beschwerdeführer Eber⸗ schwerde 4. ungerechte Bestrafung. hard Schneider.
V Be. Minderlohn der Lehrhauer schwerde 5. wäbrend der ersten Zeit ihrer Beschäftigung (Ge⸗ dingeschlepper). Be⸗ Unfreundliches Benehmen schwerde 6. eines Kassenbeamten den Arbeitern gegenüber Be⸗ Nichtanrechnung von schwerde 7. Schichten. Lohn⸗ Bestrafungen. bücher:
1 ½ Beschwerdeführer Johann Kopatz. Lohnbuch.
kowsky. 2) des Bestrafungen. Wnendt.
Gegenstand der Beschwerde Lohnbuch. läßt sich nicht angeben, weil Beschwerdeführer nicht .. vertreten war.
Mißachtende Aeußerung eines Beschwerdeführer Jakob Vernehmung des ffahrers und des Ab⸗ teilungssteigers.
Jul. Einsichtnah liste.
Einsichtnahme der Straf⸗
liste, der Liste der ge⸗
1) des Jatz⸗ 8 nullten Wagen und der 1 Lohnstatistik.
Einsichtnahme der Straf⸗ liste und der Liste der genullten Wagen.
V Ein⸗ Bei dem Widerspruche der Aussagen ist die Be⸗ schwerde nicht als aufgeklärt zu bezeichnen.
Die Beschwerde hat durch berggewerbegerichtliche Entscheidung ihre Erledigung gefunden.
f. Es ist festgestellt, daß der Beschwerdeführer wegen Förderns sehr unreiner Kohlen mit 1,50 ℳ be⸗ straft worden ist.
Eine Bestrafung ist beim Streichen von Förderwagen
nach § 24 der Arbeitsordnung zulässig, wenn im
Wiederholungsfalle oder unter erschwerenden Um⸗ ständen Förderwagen nicht vorschriftsmäßig voll oder unrein gefördert werden. Eine Aufklärung darüber, was im vorliegenden Falle föfr die Bestrafung des Beschwerdeführers maß⸗ gebend gewesen ist, war beim Fehlen der betreffenden “ aus dem Frühjahr 1902 nicht mehr zu er⸗ angen.
Pal Ginschtnehme der Scid. Die Beschwerde ist, wie die Prüfung der vorgelegten enzettel.
i tenzettel ergeben hat, durchaus unberechtigt.
“
Die Beschwerde konnte nicht untersucht werden, weil der Beschwerdeführer nicht erschienen war und die Belegschaftsvertreter erklärten, ihn nicht vertreten zu können.
Die Beschwerde ist nicht berechtigt, weil die Fest⸗ setzung des Arbeitsvertrages Sache der Parteien ist.
Die Beschwerde ist zurückgenommen.
Die Beschwerde hat durch berggewerbegerichtliche Entscheidung ihre Erledigung gefunden.
Ob die drei im Monat Dezember 1904 erfolgten, nach der Arbeitsordnung zulässigen Bestrafungen gerechtfertigt und angemessen sind, ließ sich, da der
Beschwerdeführer nicht vertreten war, nicht fest⸗ stellen.
Die Bestrafungen sind nach den vorgelegten Nach⸗ weisungen im Einklang mit der Arbeitsordnung erfolgt. Ob, ihre Aufhebung angemessen gewesen wäre, läßt sich heute nicht mehr, wie es bei so⸗ fortiger Einlegung einer Beschwerde möglich ge⸗ wesen, feststellen.
w
Gelsenkirchen, den 13. April 1905.
Die Untersuchungskommission. Machens, Oberbürgermeister.
Wiegand Bergrevierbureauassistent
Althüser, Oberbergrat.
Wilfke, Bergmeister.
n 3 als Protokollführer.
Verhandlung über die Untersuchung der Beschwerden der Bergarbeiter auf der Zeche Consolidation, Schacht III/IV. 8 Verhandelt den 18. April 1905 zu Gelsenkirchen⸗Schalke. Anwesend: Die Mitglieder der Untersuchungskommission: Oberbergrat Althüser als Vorsitzender, Bergmeister Wilke, Bürgermeister Klose. 1, Seitens der Zechenverwaltung: Direktor Oberschuir, 1 Betriebsführer Giese. Als Belegschaftsvertreter: 8 a. Bergmann Albert Koenen, b. Bergmann Peter Oswald, c. Bergmann Bernhard Klockenbusch. Als Protokollführer: 1g. Bergrevierbureauassistent Wiegand.
8* 1X““
Im Amtshause zu Gelsenkirchen⸗Schalke begann heute die obengenannte, von den Herren Ministern für Handel und Gewerbe und des Innern berufene Kommission die Unter⸗ suchung der auf der Zeche Consolidation, Schacht III/IV an⸗ geblich vorhandenen Mißstände. 8
Als Vertreter der Zechenverwaltung und der Belegschaft waren die obenbezeichneten Personen erschienen. Die Ver⸗ treter der Belegschaft gaben an, daß sie in der Belegschafts⸗ versammlung vom 7. Februar 1905 gewählt seien.
Sie seien, und zwar
da. 42 Jahre alt und seit 27 Jahren auf der Zeche beschäftigt,
b. 29 Jahre alt und seit 12 beschäftigt,
.42 Jahre beschäftigt. 8 Belegschaftsvertreter sind Reichsangehörige.
(Schluß
Jahren auf der Zeche
alt und seit 4 Jahren auf der Zeche
er Zweiten Beilage.)
Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiget.
(Schluß aus der Ersten Beilage.) Die Legitimation der Vertreter der Zeche ist amtlich
bekannt.
Der Vorsitzende der Kommission erläuterte zunächst die Rechte der Parteivertreter. Er wies darauf hin, daß es denselben zustehe, durch den Vorsitzenden an die Zeugen e stellen zu lassen. Ueber die Zulässigkeit der einzelnen Fragen entscheide die Kommission. Ferner wurde bekannt gegeben, daß auch der Antrag gestellt werden dürfe, einen Zeugen unter Ausschluß der Parteivertreter zu vernehmen, falls begründeter Weise angenommen werden müßte, daß der Zeuge in Gegen⸗ wart derselben mit der Wahrheit zurückhalten werde.
Nach Vernehmung eines jeden Zeugen würde sodann den Parteivertretern Gelegenheit gegeben werden, Fragen zur Ver⸗ nehmung zu stellen und sich uͤber die Aussage zu äußern.
Zur Untersuchung ständen jedoch nur Beschwerden, welche
für die Zeit nach dem 1. Januar 1901 erhoben werden könnten und zunächst nur die, welche von der Siebener Kommission bei dem Königlichen Oberbergamt Dortmund geltend gemacht eien. Sache der Kommission sei es, darüber zu entscheiden, ob etwa auch andere Anträge, die alsbaldige Erledigung im Ver⸗ fahren finden könnten, zugelassen werden sollten, und ob die Untersuchung auch auf andere Beschwerdepunkte ausgedehnt werden sollte. Ausgeschlossen von der Untersuchung seien solche Beschwerden, die gerichtlich bezw. strafrechtlich anhängig oder entschieden seien. Die Verhandlung trage polizeilichen Charakter und sei keine öffentliche.
Der Kommission stehe aber das Recht zu⸗ auch andere
Personen, welche nicht zu den Vertretern der 11 oder Beleg⸗ schaft gehörten, zuzulassen, wenn dieselben berechtigte Interessen hierfür nachweisen könnten. Der Vorsitzende machte sodann den Zechenvertretern die Beschwerdepunkte im einzelnen bekannt mit dem Bemerken, daß 8 der Verwaltung anheimgestellt werde, Gegenbeweise zu stellen.
Die Gesamtstärke der Belegschaft der Zeche Consolidation, Schacht III/IY, betrug am 1. Januar 1905 1770 Mann, davon 1442 Mann unter Tage.
Sodann wurde in die Untersuchung der Beschwerden ein⸗ getreten.
Zu Beschwerde 1: Der Beschwerdeführer Stanislaus Naskrent, 37 Jahre alt, seit dem 1. März 1897 bis 31. Juli 1904 auf Zeche Consolidation beschäftigt — der Austritt aus der Arbeit erfolgte nach vorheriger Kündigung —, sagt folgendes aus:
I. Am 22. Juni v. J. während der Nachmittagsschicht war ich in der Strebe 5 Osten des Flözes 15 ½, II. Abteilung der 5. Sohle mit einem Schlepper, dessen Namen ich nicht kenne, beschäftigt. Da es nötig war, auf der Bergetransport⸗ strecke meines Strebs — dem Orte 6 Osten — wegen des druckhaften Nebengesteins neu zu verbauen, da anderenfalls zu befürchten stand, daß die Strecke zu Bruch gehen und hier⸗ durch die Wetterführung gestört würde, so konnte 18 in vor⸗ genannter Schicht mich zunächst nicht mit Kohlenhauen be⸗ schäftigen, mußte vielmehr die auf Ort 6 Osten erforderlichen Ausbauarbeiten zunächst ausführen. Der mir zugewiesene Schlepper konnte während dieser Arbeit nicht beschäftigt werden. Vor meiner Arbeitsstelle war eine andere Kameradschaft nicht beschäftigt; meine Arbeitsstelle wurde während der Nach⸗ mittagsschicht regelmäßig von dem Fahrhauer Rethmeier be⸗ fahren. Während der Nachmittagsschicht des 22. Juni v. J ist der Fahrhauer Rethmeier bei mir selbst nicht gewesen; mein Schlepper rief mir aber gegen 5 Uhr Nachmittags von Ort 5 aus zu: „Rethmeier habe gesagt, ich solle Kohlen hauen!“ Hierauf gab ich dem Schlepper zur Antwort, er solle dem Fahrhauer Reth⸗ meier sagen, „ich könne keine Kohlen hauen, da ich zunächst auf Ort 6 verbauen müßte“. Zwanzig Minuten später rief mein Schlepper nach Ort 6 herauf, „ich solle ausfahren, wenn ich keine Kohlen machen wollte“. Mit den auf Ort 6 Osten er⸗ forderlichen Ausbauarbeiten wäre ich in der ganzen Schicht beschäftigt gewesen, ich konnte deshalb ans Kohlenhauen nicht mehr kommen. Der Aufforderung des Fahrhauers Rethmeier entsprechend, bin ich alsdann um 6 Uhr ausgefahren. Am 21. Juni v. J. fand ich bei der Anfahrt zur Fruͤhschicht einen Anschlag vor, welcher vom Obersteiger Kockel unterschrieben war und nach welchem ich wegen Nichtausführung eines ge⸗ gebenen Befehls mit 2 ℳ bestraft worden war. Ich halte diese Bestrafung als zu Unrecht erfolgt, weil ich im vor⸗ liegenden Falle nur der Aufforderung des Fahrhauers Reth⸗ meier entsprochen habe. Da der Betriebsführer Giese im Bade war und vom Obersteiger Kockel vertreten wurde, habe ich wegen der vorliegenden Bestrafung mich nicht beschwert, weil ich mir keinen Erfolg davon versprach. Eine Beschwerde beim Direktor habe ich nicht eingelegt, weil mir nicht bekaunt war, daß dieses nach der Arbeitsordnung zulässig war. Ich bin ausgefahren, weil ich der Ansicht war, daß ich bei weiterer Arbeit die Schicht nich bezahlt bekommen haben würde; für meine Leistung habe ich ½ Schicht bezahlt bekommen. Mir ist es sonst noch nicht passiert, daß ich aus ähnlicher Veran⸗ lassung eine Schicht nicht ausbezahlt bekommen hätte, auch vermag ich andere Fälle, wo eine derartige Praxis von der Zechenverwaltung geübt worden wäre, nicht anzufuͤhren.
II. Ich bin der Ueberzeugung, daß mir die Arbeit am 15. Juli v. J. wegen meiner im Juni erfolgten Bestrafung gekündigt worden wäre, wenn ich der Aufforderung, mich am 15. Juli Morgens vor der Anfahrt beim Obersteiger zu melden, nachgekommen wäre. Ich schließe dieses aus ver⸗ schiedenen Aeußerungen, welche der Obersteiger Kockel mir und auch anderen Bergleuten gegenüber nach dieser Richtung hin gemacht hat. Um nicht gekuͤndigt zu werden, habe ich alsdann meine Kündigung gegen 8 Uhr Morgens am 15. Juli v. J beim Betriebsführer Giese selbst eingelegt. 8
Ich berichtige meine vorstehende Aussage dahin, daß der
Schlepper nicht ständig bei mir beschäftigt war, sondern nur dann Kohlen oder Berge zu schleppen hatte, wenn dieses nach Lage der Verhältnisse erforderlich war. XX“X“ 1 v. g u
Stanislaus Naskrent.
Berlin, Freitag, den 26. Mai 1
—
Der Fahrhauer Wilhelm Rethmeier, 53 Jahre alt, seit 1877 auf der Zeche Consolidation beschäftigt, sagt folgendes aus:
Der Hauer Naskrent hatte während des Monats Juni v. J. für gewöhnlich Frühschicht zu verfahren. Auch am 22. Juni mußte er eigentlich zur Frühschicht anfahren, er kam aber des Nachmittags, weil er angeblich Vormittags an einer Beerdigung hatte teilnehmen müssen. Um zu verhindern, daß Naskrent allein an seinem Arbeitspunkte beschäftigt war, schickte ich auf Anordnung des Reviersteigers einen Schlepper, dessen Namen ich nicht mehr weiß, zu ihm, um die von Naskrent gehauenen Kohlen zu schleppen und Naskrent gleichzeitig den Auftrag zu übermitteln, in der fraglichen Schicht Kohlen zu hauen. Einige Zeit später traf ich denselben Schlepper nochmals am Stapel, und erzählte mir dieser alsdann, daß Naskrent gesagt hätte, er haute keine Kohlen, er führe heraus. Ich habe daraufhin den Schlepper nochmals zu Naskrent geschickt, um ihm zu sagen, daß er das zu tun hätte, was ihm befohlen wäre. Als ich zwischen 6 ½ bis 7 Uhr Abends die Arbeitsstelle des Nas⸗ krent befuhr, war letzterer nicht mehr anwesend, ich habe aber festgestellt, daß eine besondere Gefahr infolge druckhaften Neben⸗ gesteins auf dem Orte 6 nicht vorlag; es waren insbesondere keine Gesteinsschalen los, welche ein Zusammenbrechen der Strecke hätten befürchten lassen. Tatsächlich ist auch nach dem Verlassen der Arbeitsstelle von Naskrent nichts passiert. Ich habe am anderen Tage vor Beginn der Mittagsschicht meinem Reviersteiger den Vorfall gemeldet, und ist alsdann Naskrent bestraft worden.
v. un Wilhelm Rethmeier
Der Obersteiger Diedrich Kockel, 59 Jahre alt, 32 Jahre
Zeche Consolidation beschäftigt, sagt folgendes aus:
Ich gebe zu, daß dem Hauer Naskrent Mitte Juli v. J. die Arbeit gekündigt werden sollte, weil seine vorgesetzten Beamten vielfach mit ihm unzufrieden waren. Auch gebe ich zu, wohl zu Naskrent gesagt zu haben, daß es der Zeche angenehm wäre, wenn er kündigte, oder auch, daß ihm gekündigt werden würde, weil Naskrent fortgesetzt unzufrieden mit seiner Lage war. Ich bestreite aber, daß lediglich die Bestrafung des Naskrent im Monat Juni 1904 wegen Nichtbefolgung eines gegebenen Befehls die Veranlassung zu der Absicht, ihn zu kündigen, gewesen ist. Auch mir gegenüber hat sich der Beschwerdeführer vereinzelt Ausdruͤcke bedient, welche sich nicht gehören. 1
v. g. u. Died. Kockel.
Seitens der Vertreter der Zeche wurde die Bestrafung des Beschwerdeführers am 24. Juni 1904 mit 2 ℳ wegen Nicht⸗ befolgung eines gegebenen Befehls am 22. Juni 1904 zugegeben.
Neuer Termin wird anberaumt auf den 20. April 1905, Vormittags 9 ½¼ Uhr, im Amtshause zu Gelsenkirchen⸗Schalke.
Weiter verhandelt im Amtshause zu Gelsenkirchen⸗Schalke am 20. April 1905.
Anwesend: Dieselben 18. April 1905.
Der Schlepper Gottlieb Ernst, 19 Jahre alt und seit 18 Monaten auf der Zeche Consolidation, Schacht III/IV, beschäftigt, sagt folgendes aus:
Am 22., 23. und 24. Juni v. J. hatte ich Nachmittags⸗ schicht. Am 22. Juni, Nachmittags gegen 5 Uhr, kam der Fahrhauer Rethmeier zu mir, zum Stapel auf der 4. Sohle, wo ich mich vom Beginn der Nachmittagsschicht aufgehalten hatte, weil ich keine Beschäftigung hatte, und sagte, ich solle nach dem Orte 5 des Flözes 15 ½ gehen und von dort Kohlen schleppen und dem daselbst beschäftigten Hauer sagen, wenn er keine Kohlen hauen wolle, solle er nach Hause gehen. Nachdem ich meine Bestellung an den Hauer Naskrent überbracht hatte, zog dieser seine Jacke an und ging zum Schacht. Ich ging alsdann auf Ort 5 des Flözes 15 ½ zum Stapel und rief dem oben am Stapel be⸗ findlichen Fahrhauer zu, welche Arbeit ich ausführen solle, da Naskrent ausfahren wollte. Ich erhielt alsdann vom Fahr⸗ hauer Rethmeier den Auftrag, auf dem Ort 7 des Flözes Q Berge zu schleppen und in dem unterhalb Ort 7 befindlichen
Personen wie im Termin am
1905.
“
Zu
können. Die
Schalke.
Zu
Beschwerden der auf der Zeche Consolidation, arbeitenden Bergleute.
Streb zu stürzen. nicht verfahren. 22. Juni v. J. war als Bremser in der Abteilung, wo ich beschäftigt war, Peter Deserno tätig.
schienen und erklärten die Vertreter daß sie über den Sachverhalt der Beschwerde nicht genügend unterrichtet wären, um Grzegorczik bei der Untersuchung seiner Beschwerde zu vertreten. wurde nach dieser Erklärung nicht eingetreten.
ständen ebe Neuer
im Termine vom 20. d. M. behauptete,
Oberschuir. v. Giese. Peter Oswald.
Althüser, Oberbergrat. Wiegand, Bergrevierbureauassistent, als Protokollführer.
Eine Doppelschicht habe ich am 22. Juni Während der Nachmittagschicht des
v
1 g. u. Gottlieb Ernst.
Seitens der Vertreter der Zeche wurden das Marken⸗ kontrollbuch und der Schichtenzettel für den Monat Juni 1904 vorgelegt und aus beiden Büchern seitens der Untersuchungs kommission festgestellt, 22. Juni v. J. in der Nachmittagsschicht nicht beschäftigt ge⸗ wesen ist, er Schicht verfa
Zu Beschwerde 2: Der Tatbestand der Beschwerde bezieht sich auf das Jahr 1899, wie der Beschwerdeführer heute selbst zugegeben hat. Bej werde nicht untersucht werden könnte, stand der Untersuchung nur solche Beschwerden gemacht würden, die sich auf die Zeit vom 1. Januar 1901 an bezögen. Beschwerde 3: Die in der Nr. 9 der Bergarbeiter“ vom 2. Mai 1903 abgedruckte Beschwerde über schlechte Behandlung des Lehrhauers J. Grzegorczik seitens des Steigers Colsmann 18. d. M. zur Kenntnis gebracht. haben sie dem Angelegenheit Grzegorczik ist aber trotzdem zum heutigen Termine nicht er⸗
daß der Schlepper Gottlieb Ernst am hat an genanntem Tage vielmehr Morgens seine ren.
Letzterem wurde deshalb mitgeteilt, daß seine weil zum Gegen⸗
Zeitung „Der
ist den Vertretern der Belegschaft am Wie letztere heute aussagen, Lehrhauer J. Grzegorczik gesagt, daß seine am heutigen Tage untersucht werden sollte.
der Belegschaft alsdann,
In eine Untersuchung der Beschwerde
Der Untersuchungskommission liegen noch drei Lohnbücher vor, deren Inhaber die Bergleute Gustap Marquardt, Wilhelm Dudek und Friedrich Serafin sind. s den Belegschaftsvertretern ebenfalls durch Rücksprache mit vorgenannten Bergleuten festzustellen, fü welche Beschwerdepunkte die einzelnen Lohnbücher den Bewei erbringen sollten. if der Bergmann Marquardt nicht aufzufinden gewes den beiden anderen gesagt ist, daß ihre untersucht werden wuͤrde; dieselben sind Termine nicht erschienen, und schaftsvertreter, daß sie nicht genügend unterrichtet wären, um die Beschwerdeangelegenheit Dudek und Serafin vertreten z
Diese Lohnbücher sind übergeben gewesen, um
Wie die Belegschaftsvertreter aussagen, i
sen, währen Angelegenheit heut aber zum heutiger
erklärten alsdann die Beleg
Untersuchungskommission konnte unter diesen Um⸗ nfalls keine Untersuchung vornehmen.
Termin wird anberaumt auf Dienstag, den 25. April 1905, Vormittags 9 ¼ Uhr, im Amts
hause zu Gelsenkirchen⸗
Weiter verhandelt im Amtshause zu Gelsenkirchen⸗Schalke am 25. April 1905.
Anwesend: Dieselben Personen wie im 18. April 1905. Beschwerde 1: Dem Beschwerdeführer Naskrent, welcher
Termine am
einen Zeugen dafür
beibringen zu können, daß die Verhältnisse auf dem Orte 6 im Flöze 15 ½ am 22. Juni v. J. daß die hier erforderlichen Ausbauarbeiten zunächst hätten ausgeführt kommission aufgegeben Termine zu gestellen. heute erschienen.
Da weitere Beschwerden zur Untersuchung nicht vorlagen, wurde die Verhandlung hiermit geschlossen.
derartige gewesen wären, müssen, war von der Untersuchungs⸗ worden, diesen Zeugen zum heutigen Weder Naskrent noch sein Zeuge waren
werden
v. g u. Koenen B. Klockenbusch.
w. o.
1 Klose, Bürgermeister.
Wilke,
Bergmeister.
Schacht III/IV, im Bergrevier Gelsenkirchen
Beweiserhebung ist
Gegenstand der Beschwerden
Angegebene Beweismittel
erfolgt durch
Ansicht der Untersuchungskommission über das Beweisergebnis
Be⸗ I. Ungerechte Bestrafung. Beschwerdeführer: schwerde 1. Stanislaus Naskrent.
II. Beschwerde über die Auf⸗ lösung des Arbeits⸗ pertrages. “ 8 Be- Ungenügende Unterstützung Beschwerdeführer:
schwerde 2. eines Unfallverletzten bei Friedrich Kattaneck.
Wiederaufnahme der Arbeit. Be. Schlechte Behandlung eines Auszug aus Nummer 9
schwerde 3., Bergmanns durch einen „Der Bergarbeiter“
Steiger. vom 2. Mai 1903 —
Organ des Gewerk
vereins der Deutschen
Bergarbeiter. H.⸗D.
Gelsenkirchen, den 25. April 1905.
Oberbergrat.
Die Untersuchungskommission: Althüser, Klose, Bürgermeister.
ose,
Wiegand,
Bergrevierbureauassistent a
Nach der Verhandlung und auf Grund des Eindrucks, welchen der von dem Beschwerdeführer gestellte Zeuge machte, hat die Kommission die Ueber⸗ zeugung gewonnen, daß der Beschwerdeführer wegen Nichtbefolgung eines gegebenen Befehls nach der Arbeitsordnung zu Recht bestraft ist, gleichwohl muß die Beschwerde bei dem Widerspruch der Aus⸗ sagen als nicht genügend aufgeklärt bezeichnet werden. 8
Die Beschwerde ist nicht gerechtfertigt.
Der Tatbestand der Beschwerde fällt in das Jahr 1899; die Beschwerde scheidet deshalb für die Untersuchung aus.
Eine Untersuchung der Beschwerde konnte nicht erfolgen, weil der beteiligte Bergmann nicht er⸗
schienen war und die Belegschaftsvertreter erklärten, die Vertretung nicht übernehmen zu können
Wilke, Bergmeister.
ls Protokollführer.