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d.
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Abgereist: 8 der Unterstaatssekretär im Justizministerium Dr. Küntzel, mit Urlaub;
der Ministerialdirektor im Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten, Wirkliche Geheime Oberregierungsrat D. Schwartzkopff, in dienstlichen Ange⸗ legenheiten nach der Rheinprovinz.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 26. Juni.
Seine Majestät der Kaiser und König hörten am Sonnabendnachmittag in Kiel den Veneig des Vertreters des Auswärtigen Amts, Gesandten von Tschirschky und Boegendorff.
1“
Der Ausschuß des Bundesrats für Handel und Ver⸗ kehr und die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen hielten heute Sitzungen.
Das Königliche Staatsministerium trat unter dem Vorsitz seines Präsidenten Fürsten von Bülow heute zu einer Sitzung zusammen.
Am 22. dieses Monats trat die Eisenacher Kirchen⸗ konferenz zu einer außerordentlichen Tagung zusammen. Als Mitglieder waren erschienen: 1
für Preußen (alte Provinzen): der Präsident des Evangelischen Oberkirchenrats, Wirkliche Geheime Rat Voigts, der Vizepräsident, Wirkliche Oberkonsistorialrat D. Frechern von der Goltz, der Wirkliche Oberkonsistorialrat Möller und der Oberhofprediger D. Dryander, sämtlich in Berlin, erner für Preußen (neue Provinzen): der Präsident des Königlichen Landeskonsistoriums, Wirkliche Oberkonsistorialrat D. Dr. Chalybäus, der Oberkonsistorialrat, Abt D. Hart⸗ wig in Hannover, der Generalsuperintendent D. Kaftan in Kiel und der Generalsuperintendent D. Lohr in Cassel;
für Bayern (diesseits des Rheins): der Präsident des Königlich bayerischen protestantischen Oberkonsistoriums von Schneider und der Oberkonsistorialrat D. von Kelber, beide in München;
für Bayern (jenseits des Rheins): konsistorialrat D. Ney in Speyer; 8
für das Königreich Sachsen: der Präsident des evangelisch⸗lutherischen Landeskonsistoriums in Dresden D. von Zahn und der Vizepräsident, Oberhofprediger D. Ackermann, bendaselbst; “
für Württemberg: der Generalsuperintendent, Prälat D. von Sandberger in Stuttgart; 8
für Baden: der Präsident des Evangelischen Ober⸗ kirchenrats, Wirkliche Geheime Rat D. Helbing in Karlsruhe;
für Hessen: der Oberkonsistorialpräsident D. Buchner und der Oberkonsistorialrat D. Dr. Flöring, beide in Darmstadt; . 168
für Mecklenburg⸗Schwerin: der Präsident des Ober⸗ kirchenrats Giese und der Geheime Oberkirchenrat D. Bard, beide in Schwerin;
für Mecklenburg⸗Strelitz: Praefcke in Neustrelitz; “
für Sachsen⸗Weimar: der Großherzoglich sächsische Staatsminister, Wirkliche Geheime Rat Dr. Rothe in Weimar; 8 1
für Oldenburg: der Vorstand des Großherzoglichen Evangelisch⸗lutherischen Oberkirchenrats, Geheime Ministerialrat von Finckh und der Geheime Oberkirchenrat D. Hansen, beide in Oldenburg; “ 8
für Braunschweig: der Konsistorialpräsident Spies und der Konsistorialrat, Generalsuperintendent, Abt Molden⸗ hauer, beide in Wolfenbüttel;
für Sachsen⸗Altenburg: D. Lohoff in Altenburg;
für Sachsen⸗Coburg⸗Gotha: der Generalsuperinten⸗ dent D. Bahnsen in Coburg; für Anhalt: der Oberkonsistorialrat Werner in Dessau; für Schwarzburg⸗Sondershausen: der Ober⸗ konsistorialrat, Oberhofprediger Zahn in Sondershausen;
für Schwarzburg⸗Rudolstadt: der Generalsuper⸗ intendent und Hofprediger Dr. Braune in Rudolstadt; 1
für Waldeck: der Pfarrer und Konsistorialrat Weiß in Vasbeck; 1b
für Reuß j. L.: für Kirchen und Schulsachen, Geheime in Gera;
für Schaumburg⸗Lippe: der Landessuperintendent, Konsistorialrat Dr. Kuhlgatz in Bückeburg;
für Lippe: der Generalsuperintendent Detmold; 1
für Bremen: der Vorsitzende der Senatskommission für die kirchlichen Angelegenheiten Dr. Ehmck in Bremen;
für Lübeck: der Senior D. Ranke in Lübeck;
für Hamburg: der Senior Rev. Min. Hauptpastor D. Behrmann in Hamburg;
für Elsaß⸗Lothringen: der Präsident des Direktoriums der Kirche Augsburgscher Konfession Curtius in Straß⸗ burg i. E.; 1
für die reformierte Kirche dortselbst: der Pfarrer und Konsistorialpräsident Schwendener in Bischweiler.
Die Konferenz nahm zunächst den Geschäftsbericht des Deutsch⸗Evangelischen Kirchenausschusses entgegen. In den Verhandlungen wurde unter einmütigem Ausdruck des vollen Vertrauens zum Deutsch⸗Evangelischen Kirchen⸗ ausschuß zugleich die lebhafte Befriedigung und die dankbare Zustimmung in bezug auf die von ihm entfaltete Tätigkeit und namentlich auch gegenüber dem Toleranzantrag ausge⸗ sprochen. Bei der Darlégung der Verhältnisse der deutsch⸗ evangelischen Diaspora im Ausland fand insbesondere die Opferwilligkeit in allen evangelischen sowohl lutherischen, wie reformierten und unierten Kirchenkreisen volle Anerkennung.
Die weiter sich anschließende Besprechung über die aus⸗
der Ober⸗
der Oberkonsistorialrat
der Generalsuperintendent
der Vorstand der Ministerialabteilung Staatsrat Gräsel
Wessel in
Verhandlungen am 22. d. M. nicht zu Ende gebracht waren, bei Fortsetzung der Beratung am 23. d. M. auf Grund ein⸗
regierungen:
haft wahrt und zum Ausdruck bringt.
Dänemark ist gestern, wie „W. T. B.“ meldet, mit Seiner
Sonderburg⸗Gluͤcksburg von hier nach Gmunden abgereist.
gehender Diskussion zu den Beschlüssen: Die Kirchenkonferenz empfiehlt den Kirchen⸗ Die Gemeinsitte des Gesamtkelchs beim heiligen Abend⸗ mahl in ihrem Gebiete aufrechtzuerhalten und jeder willkür⸗ lichen Einführung des Einzelkelchs mit Entschiedenheit entgegen⸗ zutreten, falls aber das Verlangen nach Gestattung desselben auf kirchenordnungsmäßigem Wege bei ihm vorgebracht werde, etwaige Ausnahmen nur dann zuzulassen, wenn der gestellte
Antrag den Sinn und die Würde des Sakraments unzweifel⸗
Der Präsident des Bundesamts für das Heimatwesen, Wirkliche Geheime Oberregierungsrat Dr. Kelch hat Berlin
mit Urlaub verlassen. Der Präsident des Königlich preußischen Statistischen Landesamts, Wirkliche Geheime Oberregierungsrat Dr. Blenck
hat eine Dienstreise angetreten.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist der au isende Ablösungstransport für S. M. SS. „Bremen“ und „Panther“ mit dem Dampfer „Syria“ der Hamburg⸗ Amerika⸗Linie am 22. Juni in St. Thomas (Westindien) ein⸗ getroffen, wo der Besatzungswechsel stattfindet. Die abgelösten Besatzungen treten mit demselben Dampfer am 28. Juni die Heimreise von St. Thomas an. — S. M. S. „Falke“ ist am 23. Juni in San Francisco eingetroffen. h
S. M. S. „Bussard“ ist am 24. Juni in Daressalam eingetroffen.
11““
Wiesbaden, 25. Juni. Seine Majestät der König von
Hoheit dem Prinzen Hans zu Schleswig⸗Holstein⸗
Sachsen⸗Altenburg. Seine Hoheit der Herzog hat sich am 24. d. M. zum rraufenthalt nach Schloß Hummelshain begeben.
EFlsaß⸗Lothringen. Seine Majestät der König von Sachsen ist, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern morgen von Metz nach Münster
F. 8*
i Stein abgereist. 1 Deutsche Kolonien.
Ein Telegramm aus Windhuk meldet: Der Reiter Otto einrich, geboren am 12. 3. 1882 zu Trotha, früher im Infanterieregiment Nr. 18, ist am 22. Juni 1905 im Lazarett Keetmanshop an Typhus gestorben. Der Reiter August Powelskus, geboren am 16. 1. 1883 zu Gaillboden, früher im Infanterieregiment Nr. 162, ist am 21. Juni 1905 an Bauchfellentzündung gestorben — Ort noch nicht gemeldet. Der Gefreite Ludwig Roßplesch, geboren am 5. 5. 83 zu Niedergandern, früher im Infanterieregiment Nr. 82, ist am 23. Juni auf Krankensammelstelle Narudas an Typhus ge⸗ storben. Der Reiter Rudolf Dreher, geboren am 12. 9. 83. zu Rollnau, früher im Pionierbataillon Nr. 18, wurde am 22. Juni auf dem Marsche Kub⸗Sendlingsgrab durch Selbstentladung des Karabiners verwundet; Schuß im Ober⸗ schenkel.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Budgetausschuß des österreichischen Abgeord⸗ netenhauses verhandelte am Sonnabend, wie „W. T. B.“ erfährt, das Budgetprovisorium. Der Abg. Kramarce begrüßte die konkreten Zusagen der Regierung und erklärte, die Tschechen müßten auf deren baldiger Erfüllung bestehen; sie würfen die staatsrechtliche Frage nicht auf, um die, namentlich durch die ungarische Krisis, hervorgerufene Lage nicht noch mehr zu komplizieren. Von der Regie⸗ rung und dem guten Willen der Parteien werde es abhängen, die formell anerkannten Rechte der Jungtschechen in die Tat umzusetzen, und ob die notwendige Konsolidierung der inneren Verhältnisse der dietseitigen Reichshälfte möglich sei. Die Tschechen würden der Erledigung des Budgets keine Schwierigkeiten bereiten, aber dagegen stimmen. Der Abg. Delvert erkläaärte, die Deutschen erachteten es als ihre ernste Pflicht, nicht durch die Aufrollung der nationalen Frage die Arbeitsfähigkeit des Hauscs zu gefährden. Die Deutschen häͤtten die Erklärung der Regierung mit Befriedigung aufgenommen, daß die Sprachen⸗ und Universitätsfrage nur auf gesetzlichem Wege zu lösen sei. Sie beharrten darauf, daß dies nur im Einverständnisse mit den Deutschen geschehen dürfe. Der Redner sprach sich entschieden gegen die Wahl Bruͤnns als Ort für die neu zu gründende tschechische Uni⸗ versität aus. Der Ministerpräsident Freiberr von Gautsch erklärte, die Regierung übernehme selbstverständlich allein die volle Verant⸗ wortung für ihre jüngsten Erklärungen. Sie habe wiederholt die Parteien zur freundschaftlichen Aussprache über gewisse Angelegen⸗ heiten aufgefordert. Er glaube, daß dieses Soystem sich bisher nicht als vollkommen unwirksam erwiesen habe, und er hoffe, daß noch manche offene schwierige Frage gerade durch den Verkehr der Parteien untereinander und durch offere Aussprache werde beseitigt werden können. Der Unterrichtsminister von Hartel wies auf die in den letzten Jahrzehnten trotz der ungünstigen materiellen und finanziellen Verhältnisse erfolgte Ausgestaltung der Hochschulen hin und er⸗ klärte, die Regierung werde im Laufe des Sommers ein Programm für die rascheste Befriedigung der dringendsten Bedürfnisse aus⸗ arbeiten. Er erkenne an, daß die Forderung der Errichtung nationaler Hochschulen in den Verhältnissen begründet sei, und hoffe, speziell in betreff einer slovenischen Universität in absehbarer Zeit mit konkreten Vorschlägen hervortreten zu können. Im Laufe der weiteren Debatte stellte der Handeleminister die Vorlegung eines neuen Lloydvertrages, womöglich für den Herbst, in Aussicht. Das Budgetprovisorium wurde schließlich angenommen.
Der ungarische Ministerpräsident Freiherr von Féjér⸗ vary hat die Absicht, die Führer der koalierten Mehr⸗ heit demnächst aufzufordern, sie möchten ein Programm für die Kabinettsbildung unterbreiten, das für die Krone annehmbar sei.
Großbritannien und Irland.
Der König hat, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern fünf hervorragende Persönlichkeiten zu Mitgliedern der Kom⸗ mission für die Untersuchung der in Südafrika nach dem Kriege beim Verkauf militärischer Vor⸗ räte vorgekommenen Betrügereien ernannt. Vorsitzender
Frankreich.
Bei der gestern in Versailles veranstalteten Jahres⸗ feier der Geburt des Generals Hoche hielt der Kriegs⸗ minister Berteaux eine Rede, in der er, dem „W. T. B.“ zufolge, sagte:
Ich will nichts sagen, was eine Anspielung auf die gegenwärtige Stunde sein könnte; und doch, ist es nicht etwas Verbrecherisches, Furcht zu säen und Mißtrauen einzuflößen? Ich kann im Gegenteil sagen, dank der seit 35 Jahren gemachten Anstrengungen ist unser Kriegsmaterial ersten Ranges, unser Proviant ist voll zur Stelle, und unsere Offiziere können den Vergleich mit denen der ganzen Welt aus⸗ halten. Frankreich handelt zum Zweck des Fortschritts und läßt sich leiten von dem Gefühl der allgemeinen Freiheit und Brüderlichkeit.
Der Minister des Innern Etienne hielt gestern in Troyes eine Rede, in der er sagte:
Frankreich sei der Gegenstand der Begehrlichkeit und der Eifer⸗ sucht, weil es über seine Grenzen hinaus tätig sei und seine Ideen auch außerhalb seiner Grenzen verbreite. Es sei der Zielpunkt der⸗ jenigen, denen es in der Verfolgung ihrer Bestrebungen hinderlich zu sein vermöge. Bewahren wir unserem Vaterlande sein großes An⸗ sehen, indem wir manchen Beweis seiner Klugheit geben. Sichern wir seine Bestimmung, indem wir uns vereinigen zur Verwirklichung seines Ideals der Gerechtigkeit und zur Entwicklung seines materiellen Wohlstandes unter dem Schutze der Armee, die wir lieben und achten.
In Lyon besprach am Sonnabend in einer sozialistischen Versammlung der Deputierte Jaurès die marokkanische Frage und erklärte:
Die Frage sei ernst geworden, weil man sich auf ein Gebiet be⸗ geben habe, das mit Fallstricken besät sei. Die Sozialisten hätten niemals ein Mißverständnis zwischen Deutschland und Frankreich gewünscht. Das englisch⸗französische Abkommen sei keineswegs gegen Deutschland gerichtet; und wenn England dies glauben lasse, müss Frankreich darüber wachen, daß der Sinn des Abkommens nicht ent⸗ stellt werde. Er habe die Ueberzeugung, die gegenwärtigen Schwierig⸗ keiten würden gelöst werden, ohne daß der Stolz der Nation verletzt werde. 8
8 Rußland.
Die St. Petersburger „Telegraphen⸗Agentur“ meldet, daß am 21. Juni die Kaiserliche Bestätigung des von dem Ministerkomitee erstatteten Gutachtens, betreffend die Revision der Judengesetze, erfolgt sei. Das Minister⸗ komitee habe der Meinung Ausdruck gegeben, vom Stand⸗ punkte der Regierung aus bestehe die richtige Lösung der Juden⸗ frage in der rechtlichen Gleichstellung der Juden mit der übrigen Bevölkerung Rußlands, jedoch erforderten die sozialen und die Rasseneigentümlichkeiten der Juden eine andere Lösung, weil die rechtliche Gleichstellung der Juden die Interessen der übrigen Bevölkerung verletzen würde und unliebsame Ausbrüche des Volksunwillens hervorrufen könne. Das Komitee habe deshalb beschlossen, die Neu⸗ bearbeitung der Judengesetze der einzuberufenden Deputiertenversammlung zu überlassen, für die Vor⸗ arbeiten aber eine besondere außerbehördliche Konferenz einzusetzen, deren Mitglieder zum Teil vom Kaiser ernannt werden, zum anderen Teil aus Vertretern von Behörden be⸗ stehen sollten. .
Gegenüber der Annahme, daß das an die Zeitungen ergangene Verbot der Oberpreßbehörde, die Rede⸗ des Kaisers an die Semstwo⸗ und Städte⸗ vertreter zu interpretieren, ein Anzeichen von dem Ueberhandnehmen einer reaktionären Strömung in den leitenden Kreisen und die friedliche Lösung der inner⸗ politischen Schwierigkeiten somit erschwert sei, ist die St. Petersburger „Telegraphen⸗Agentur“ ermächtigt worden, mit⸗ üteilen, daß diese Auffassung ganz verfehlt sei Die Ver⸗ fügung der Oberpreßbehörde sei einzig und allein durch falsche Kommentare der Rede des Kaisers, besonders den der Zeitung „Ruß“, hervorgerufen worden, die die Rede nicht wörtlich, sondern in einem eigenen tendenziösen Auszug wieder⸗ gegeben und eine tendenziöse Beschreibung der Audienz gegeben habe. Der Kaiser halte an der Notwendigkeit der Einführung einer konsultativen Vertretung, die den von den Semstwovertretern ausgesprochenen Bedürfnissen des Landes entspreche, fest. Verschiedene Zeitungen hätten aber an die Rede weitgehende Schlußfolgerungen über eine völlige Umgestaltung der Staatsverfassung geknüpft. Deshalb sei die Oberpreßbehoͤrde beauftragt worden, um falschen Deutungen in der Presse vorzubeugen, 9s die wahre Sachlage aufmerksam zu machen und vor Uebertreibungen zu warnen. 1
In Warschau ist vorgestern, wie „W. T. B.“ berichtet, der allgemeine Ausstand eingetreten. Okrzeja, der am 26. März d. J. im Hofe der Pragaschen Polizeiverwaltung eine Bombe zur Explosion gebracht hatte, ist zum Tode ver⸗ urteilt worden. In der Grzybowskastraße wurde am Sonn⸗ abend einem Zuge von Ruhestörern, der eine rote Fahne mit sich führte, durch berittene Gendarmerie der Weg verlegt. Einer der Ruhestörer schleuderte eine Bombe gegen die Gendarmen. Drei Gendarmen sowie mehrere Pferde wurden verwundet.
In Lodz kamen während der ganzen Nacht zum Sonn⸗ abend blutige Aufruhrsszenen vor. Fast ununterbrochen hörte man Gewehrsalven, und es ereigneten sich schreckliche Vorgänge. Die Zahl der Opfer wird bis auf 2000 Tote und Verwundete angegeben; auch viele Militärpersonen sind ge⸗ fallen. 38 Bomben sind geworfen worden, aller Betrieb stockt. Während des Sonnabend hielt die Gärung in der Stadt an. Es kam an rerschiedenen Stellen zu blutigen Zusammenstößen. Durch eine gegen eine Truppenabteilung geschleuderte Bombe wurden vier Kosaken getötet und sechzehn verwundet. Von der Einwohnerschaft kamen acht Personen ums Leben, während zwölf verletzt wurden. — Wie dem „Kuryer Warschawski“ aus Lodz über die dortigen Straßenkämpfe ge⸗ meldet wird, begann der Kampf, nachdem in allen Fabriken der Ausstand ausgebrochen war, an zwanzig Stellen der Stadt, an denen Barrikaden errichtet waren, die eine Höhe von zweistöckigen Häusern erreichten. Es kämpften etwa 60 000 bewaffnete Arbeiter gegen vier Regimenter Infanterie, ein Kosaken⸗ und ein Dragonerregiment, die der General Exten befehligte. Die Barrikaden wurden von den Truppen mit Hilfe von Sappeuren gestürmt. Eine Infanterie⸗ und eine Kavalleriedivision sind zur Verstärkung der Garnison in Lodz eingerückt.
Heute setzte am Sonnabend, „W T. B.“ berichtet, die Beratung der Heeresausgaben für 1904/05 fort. Der Kriegsminister Pedottt führte aus, er habe schon im vorigen Jahre den Nachweis geführt, daß es unmöglich sei, nennenswerte Ersparnisse in der Kriegsverwaltung zu machen, und wies sodann auf die Notwendigkeit hin, neue Opfer zu bringen, um die Sicherheit der Landesverteidigung iu ge⸗
Die Depu tiertenkammer
nahmsweise Zulassung des Einzelkelchs führte, nachdem die
der Kommission ist der Richter Farwell.
8
währleisten. Diese Notwendigkeit folge ebensosehr aus den “
Montero Rios einen Besuch abgestattet.
Der Unterstaatssekretär des Auswärtigen Loomis ist am
ist in Lodz der Belagerungszustand proklamiert ¹ “ 5 g gszüt 3 kl1 etussischen Avantgarden die Ortschaft Menhuagri und den
wie
Pienen, zogen die Japaner eiligft Verstärkungen eck unseres Vormarsches vollkommen erreicht war, wurden unsere
Rüstungen der anderen Mächte wie aus der dlge nehes Lage in Eurspa und aus den Erfahrungen, die der Krieg im fernen Osten gezeitigt habe. Er erklärte sodann, indem er auf die von dem Deputierten Sonnino angeregte Einsetzung einer parlamentarischen Kommission zur Prüfung der Heeresorganisation hinwies, die Kriegs⸗ verwaltung habe eine derartige Prüfung nicht zu scheuen; die Regierung werde indessen nicht ihre Zustimmung dazu geben, weil dadurch zum schweren Schaden der öffentlichen Verwaltung eine Verwirrung hinsichtlich der Befugnisse und der Verantwortlichkeiten würde hervorgerufen werden. Der Minister schloß, indem er an die Kammer die Bitte richtete, den Gesetzentwurf, betreffend die Heeres⸗ ausgaben, anzunehmen, der dazu bestimmt sei, dem Heere die not⸗ wendige Schlagfertigkeit zu geben, damit es sei, was es sein müsse, Schuß und Schirm des Vaterlandes. Im weiteren Verlaufe der Debatte erklärte der Ministerpräsident Fortis, die Regierung könne dem Vorschlag auf Einsetzung einer parlamentarischen Kommission zur Prüfung der Frage der Rüstungen nicht zustimmen, da die zur Beratung stehende Vorlage dem Lande keine neuen Lasten auferlege. Es solle nur ein Teil der Ueberschüsse des gegen⸗ wärtigen Budgets für die Heeresausgaben verwendet werden. Die Regierung sei der Ueberzeugung, daß vor allem für die Landesverteidi⸗ ung gesorgt werden müsse. Sie könne auf Grund der in Italien be⸗ stehenden konstitutionellen Regierungsform der Einsetzung der Kom⸗ mission nicht zustimmen, die den Kriegsminister unter Vormundschaft stele und seine Zuständigkeit und Verantwortlichkeit beschränke. Von den im Laufe der Beratung eingebrachten Tages⸗ ordnungen lehne die Regierung daher die der Deputierten Sonnino und Sacchi ab, während sie die von Guarracino und Cottafavi eingebrachte Tagesordnung annehme, die der Regierung das Vertrauen des Hauses ausspreche. Das Haus nahm schließlich die Tagesordnung Guarracino⸗Cottafavi in namentlicher Abstimmung mit 196 gegen 68 Stimmen an, ge⸗ nehmigte durch Aufstehen und Sitzenbleiben die einzelnen Artikel der Vorlage, betreffend die Heeresausgaben, und danach in geheimer Ab⸗ stimmung mit 174 gegen 57 Stimmen die Vorlage im ganzen. Darauf wurde die Sitzung geschlossen.
Spanien.
Der deutsche Botschafter von „W. T. B.“ erfährt, gestern
Radowitz hat, wie dem Ministerpräsidenten
Türkei.
Namens der übrigen Botschaften hat der österreichisch⸗ ungarische “ am Sonnabend, wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, der Pforte eine Note überreicht, in der auf die Annahme der bezüglich der mazedonischen Finanzreform gemachten Vorschläge gedrängt wird. Griechenland. 8
Da die Mitglieder des bisherigen Kabinetts, ausgenommen Mavro⸗Michalos, ihre Portefeuilles unter Ralli nicht be⸗ halten wollten, hat, wie „W. T. B.“ mitteilt, dieser sein Kabinett, wie folgt, gebildet: Ralli Präsidium, Finanzen und interimistisch Auswärtiges, Mavro Michalos Krieg und interimistisch Inneres, Budoris Marine, Christopulos Justiz, Kalliphornos Unterricht und Kultus. Die neuen
Minister haben gestern den Eid geleistet. Die Kammer dürfte auf etwa 10 Tage vertagt werden.
Amerika.
Sonnabend, wie das „Reutersche Bureau“ meldet, an Bord der „Philadelphia“ nach Europa abgereist, um an den in Paris stattfindenden Feierlichkeiten für den Admiral Paul Jones teilzunehmen und um ferner, wie amtlich bekanntgegeben wird, die Geschäftsführung der amerikanischen diplomatischen Vertretungen in Europa auf ihre Zweckmäßig⸗ keit hin zu prüfen. Es verlaute indessen, der Präsident Roosevelt habe Loomis beauftragt, eine geheime Mission für das Staatsdepartement durchzuführen.
Die Chinesen haben sich, demselben Bureau zufolge, in Washington über die ihnen bei der Einwanderung zuteil werdende Behandlung beklagt und gedroht, die amerikanischen Waren zu boykottieren, wenn nicht Abhilfe geschffken werde. Der Präsident Roosevelt habe daher die Behörden unter Androhung sofortiger Entlassung angewiesen, hinesische Kaufleute und Reisende ebenso höflich zu behandeln, wie Angehörige anderer Nationen. Man sei der Ansicht, daß das Vorgehen der Regierung die Schwierigkeiten im Handels⸗ rerkehr zwischen Amerika und China beseitigen werde.
1.“ Asien. 1 Der General Linewitsch hat, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg erfährt, dem Kaiser unter dem 23. d. M.
gemeldet: b Bei den Armeen sind keine Veränderungen eingetreten. Nach dem Vormarsch der Japaner gegen unsere rechte Flanke, worüber bereits berichtet worden ist, rückte der Gegner auch gegen die Front östlich von der Eisenbahn vor. Seit dem Morgen des 19. Juni bemerkten die Kosaken, daß der Gegner mit überlegenen Streitkräften vorrücke; ie jogen sich daher langsam zurück. Als unsere Reiterei Verstärkung er⸗ kalten hatte, ging sie zum Vormarsch über. Die Japaner zogen sich schnell fmrück; sie gingen, von unserer Reiterei verfolgt, nach Süden, und am Morgen des 20. Juni besetzte unsere Reiterei einen Teil der früher von ihr gehaltenen Punkte. In der Richtung der Mandarinen⸗ straße erfolgte ein sehr energischer Vorstoß der Japaner mit einigen Vataillonen Infanterie. Am 19. Juni 9 Uhr Morgens rückten die Japaner nach Gujuischi vor und eröffneten ein Geschützfeuer gegen unsere Wachtposten, die, von mehreren feindlichen Bataillonen be⸗ sich am Mittag auf Stellungen nördlich von Gujuischi znrückzogen. Die Vortruppen einer Abteilung gingen noch weiter urück auf die Höhen nördlich von der Ortschaft Schichusa, und vor überlegenen feindlichen Streitkräften auf der Mandarinen⸗ kraße zurückweichende Vortruppen machten zuerst Halt nördlich von ljaoguschi; dann gingen sie zurück bis Ljaovemjao. Der Gegner lieb etwa fünf Kilometer südlich dieser Ortschaft. Am Abend er⸗ keiche der Kampf sein Ende. Spüäter stellte sich heraus, daß längs Mandarinenstraße zwei japanische Infanterie⸗ und zwei Kavallerie⸗ gimenter mit Maschinengewehren, Gebirgs⸗ und Feelldartillerie orrückten; westlich rückten drei Bataillone und eine Schwadron nit drei Geschützen vor. Es wurde beschlossen, daß russischerseits m 20. Juni zum Vormarsch übergegangen werden solle, um 1 Gegner zurückzudrängen und den russischen Vortruppen die Plöglichkeit zu geben, ihre frühere Stellung wieder einzu⸗ ehmen. Zu diesem Zwecke begannen die für den Vormarsch nten Truppen am 20. Juni nach Ljaoemjao zu mar⸗ n. Avantgarden wurden vorgeschoben. Die Japaner gingen bend des 20. Juni beseslen
or 7 Vortruppen zurück, und am ba Am Morgen des 21. Juni ging der russische zormarsch weiter. Die Japaner gingen, von den Russen verfolgt, mählich auf die Stellungen bei Tsaopingar zurück und kofneten ein lebhaftes Feuer. Nach und nach kamen vier japanische äterien in Tätigkeit; die Japaner zeigten sich bereit, den hart⸗ kigsten Widerstand zu leisten. Als nun dort russische Truppen er⸗ eran. Da der
Laß westlich davon.
ruppen bei anbrechender Dunkelheit zurückgeführt, wobei die von uns
Händen blieben. —
Kantschen her anrückende Reiter. Aus Tokio wird amtlich gemeldet:
vertrieben. Ein Teil des Feindes, der die Westen besetzt hielt, leistete aber hartnäckigen Die Stellung wurde schließlich durch einen genommen. Eine andere feindliche Abteilung, die die höhen im Norden besetzt hatte, wurde von der
gegriffen. Gleichzeitig machten die japanischen Truppen
in seiner Verwirrung die Flagge mit dem roten Kreuz, doch hörten die Japaner nicht auf zu feuern. Die Russen flohen in Verwirrung nach Norden. und Kapallerie mit mehreren Geschützen. Der Feind ließ 50 Leichen zurück, seine Gesamtverluste betrugen reichlich 200 Mann. Hasses seits waren die Verluste unbedeutend.
Agentur“ hat die russische Regierung auf die Nachricht hin, daß das russische Hospitalschiff„Orel“ von den genommen sei, unverzüglich durch Vermittelung des Vertreters Frankreichs in Tokio Einspruch dagegen erheben lassen. Der holländische Dampfer „Perlak“ brachte das „Reutersche Bureau“ berichtet, die Mannschaft lischen Dampfers „Ikhona“,
zum Sinken gebracht worden war, in Singapore an Land.
Afrika. Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Fez vom 20. d. M.
Sonnabendmorgen die Rückreise angetreten hätten.
in Djibuti eingetroffen.
ünd Auf dem koreanischen Kriegsschaupla erschienen am 20. Juni Abends gegenüber von den zusfialc vryppen nördlich von Schajuschen ein japanisches Bataillon und 200 von
Der Feind, der eine Anhöhe nordwestlich von Nanschanchentzu besetzt hatte, wurde am Nachmittag des 22. Juni 1 88 Anhöhen im
Widerstand. n⸗
Front an⸗ eine Umgehungsbewegung von Nordosten aus, schnitten den Russen den Rückzug ab und brachten ihnen große Verluste bei. Der Feind hißte
Ihre Stärke betrug etwa 3000 Mann an Infanterie
Nach einer Meldung der St. Petersburger „Telegraphen⸗
estern, wie 8 des eng⸗ h der am 5. Juni durch den russischen Kreuzer „Terek“ 150 Meilen nördlich von Hongkong
2
daß die Offiziere der deutschen Militärmission am
Die Mannschaft des von den Russen versenkten englischen Dampfers „St. Kilda“ ist an Bord eines russischen Hilfskreuzers
Kunst und Wissenschaft.
„Wegen Einrichtung einer neuen Ausstellung bleibt der Aus⸗ stellungssaal des Königlichen Kupferstichkabinetts vom 26. Juni ab auf kurze Zeit geschlossen.
v. A. Im Künstlerhause findet gegenwärtig die Ausstellung
Arbeiten im Austausch mit denen Berliner Künstler nach Berlin ge⸗ sandt haben. Die Bilder zeigen einen sehr guten und tüchtigen Durch⸗ schnitt, aber nur aus wenigen spricht eine tiefere Eigenart, ganz ver⸗ einzelt nur tritt uns eine schärfer umrissene, künstlerische Persönlichkeit gegenüber. Man gewinnt von der Sammlung in keiner Hinsicht den Eindruck, daß sie die holländische Kunst in charakteristischer Weise ver⸗ tritt, die ganze Zusammenstellung erscheint mehr als zufällig.
Von den einzelnen Künstlern sind in erster Linie H. M. Krabbé, Co Bremau und Therese Schwartz zu nennen. Krabbé malt eigentümlich weich und dichtig, seine Farben sind zart und reich, und besonders gelingt es ihm, Luft und Tiefe in seine Arbeiten zu bringen. Am feinsten ist sein kleines Oelgemälde „Spielerei“, aber auch die Aquarelle „Der Ziehhund“ und „Mutter und Kind“ zeigen die gleichen Vorzüge. Co Bremau neigt in seiner Technik etwas zum Neoimpressionismus. Was ihn auszeichnet, ist sein überaus starkes Empfinden für die wechselnde Stimmung einer Landschaft. Wie wundervoll weiß er den herbstlichen Nebel in Holland zu schildern, die bläulichen Schleier, die zwischen den Bäumen hängen, die alle Umrisse nur matt, schattenhaft durchblicken lassen! Die kleine Arbeit zeugt von einer wirklich meisterhaften Beobachtung. Ebenso ist in dem größeren Bilde „Bauernhof“ die Mittagsglut an einem wolkenlosen Sommertag mit ungewöhnlicher Kraft zum Aus⸗ druck gebracht. Das helle Flimmern der Häuserwände, der Straße, des Kirchturms, der herüberblickt, der kurze Schatten, das lichte, sonnendurchtränkte Himmelsblau sind vorzüglich. Neben diesen beiden Arbeiten hat Bremau noch ein Bild „Mutterglück“ ausgestellt, in dem besonders das durch das Fenster hereinströmende Licht mit großer Feinheit behandelt ist. Therese Sch v ist von den Künstlern, die hier ausstellen, am meisten bekannt in Deutschland. Sie ist mit drei Bildern vertreten, zwei Bildnissen und einem Blumenstück. Von den Bildnissen ist das Mädchenporträt trotz guter farbiger Behandlung in Anordnung und Stellung so steif, daß der Gesamteindruck doch etwas zwiespältig bleibt. Weitaus besser ist das Herrenbildnis, der lebendige, ausdrucks⸗ volle Kopf, die freie Haltung und die kraftvolle Malerei.
Von den anderen Künstlern ist noch Coba Rethema mit einem flott gemalten Interieur zu erwähnen, Ludolph Berkemeier mit der reinlich und treuherzig gegebenen Straße aus Nordwyk und Lizzy Ansengh mit dem individuellen und charakteristischen Bildnis dies . 8.
n diese Ausstellung von Oelgemälden schließt sich in dem Neben⸗ saal eine Ausstellung holländischer Aquarelle und Radie⸗ rungen an. Bemerkenswert ist der große Umfang der Aquarelle und das Bemühen, eine möglichst zlbildähnliche Wirkung zu erzielen. Willy Sluiter stellt Dünenbilder aus in einer trockenen kräftigen Technik, Heydenbrock schildert mit großer Farbentiefe und mit viel Farbenreichtum die Arbeiten auf einem Stahlwerk, die Beförderung der glühenden Metall⸗ blöcke, deren roter Widerschein die ganze Umgebung erhellt. Krabbé wurde bereits erwähnt. Dingemann und Graadt van Roggen sind mit Radierungen vertreten. Dingemann zeigt sich als einen kräftigen Schilderer der Arbeit, des Volkslebens, während Gragadt van Rg en mit feiner, subtilerer Technik alte Häuser⸗ winkel und maleri 22 Baumgruppen wiedergiebt und sich vor allem durch einen tiefen, weichen Strich auszeichnet.
Land⸗ und Forstwirtschaft. Saatenstand in Rumelien, Mazedonien und Anatolien.
Der Kaiserliche Generalkonsul in Konstantinopel berichtet unterm 13. d. M.: In Rumelien waren im Gebiete der Orientali⸗ schen Eisenbahnen die Witteruͤngsverhältnisse bis in die zweite Hälfte April der Entwicklung der Wintersaaten und der Be⸗ werkstelligung des Frühjahrsanbaues im v recht günstig, dann blieb aber in den meisten Gegenden bis Mitte Mai der not⸗ wendige Regen aus, was teilweise zu Befürchtungen Anlaß gab und den Sommeranbau, namentlich die Pflanzung von Mais und Melonen, verzögerte. In der letzten Dekade des Monats Mai trat jedoch ein anhaltender Umschwung der Witterung ein. Es fielen fast überall ausgiebige Regen, die für die Felder von der wohltätigsten Wirkung waren, sodaß Winter⸗ und Frühjahrsanbau eine reichliche Ernte, mindestens gleich jener des Vorjahres, versprechen, um so mehr, als sich die Anbaufläche gegen die letzte Kampagne um etwa 15 % vergrößert hat. Die in vielen Distrikten niedergegangenen Hagel⸗ schläge blieben glücklicherweise auf kleine Umkreise beschränkt und haben daher den guten Gesamtstand der Kulturen nur ganz un⸗ bedeutend beeinflußt.
Im Wilajet Adrianopel war der Regen nur in der Umgebung von Tscherkeßkeuy zu wenig ausgiebig, während er in den Rayons von Tschorlu und Muradli etwas zu spät eingetreten ist. Dagegen haben die Felder in den meisten übrigen Gegenden genügende, teilweise reich⸗
szum Vormarsch der Japaner eingenommenen Punkte in unseren
liche Niederschläge erhalten.
einer Vereinigung holländischer Künstler statt, die ihre
„Die Landwirte, die wegen der vorherrschenden Trocken⸗ heit den Sommeranbau, besonders die Pflanzung von Mais und Melonen, hinausschieben mußten, haben sich nach Eintritt des Regens mit doppeltem Eifer an die Arbeit gemacht. Da die günstigen Witterungsverhältnisse andauern, so wird der Sommer⸗ anbau eine größere Ausdehnung annehmen als im Vorjahre und infolgedessen, wenn keine störenden Zwischenfälle mehr eintreten, auch die Ernte in allen Fruchtgattungen, voraussichtlich auch in Mais und Melonen, sehr ergiebig ausfallen. Die Weingärten zeigen im all⸗ gemeinen einen guten Stand, nur hat der Hagel in der Umgegend von Kirkkilisse einen Teil der dortigen Kulturen zerstört.
Deer Umfang der im Wilajet Adrianopel vom September 1904 bis Ende April 1905 bebauten Bodenfläche wird auf 2 352 000 Dönüms geschätzt, die sich auf die einzelnen wichtigsten Fruchtgattungen, wie folgt, verteilen:
. . 953 000 Dönüms
Perste... I1“ Roggen 1“ *“ . 202 000 Lein⸗ und andere Oelsaaten .139 000 “”“] 11X1X1X“X*
Spelze. 61 000
2 352 000 Dönüms.
In Ostrumelien blieben die Wintersaaten von Spätfrösten fast ganz verschont und hatten unter solchen nur die Gersten⸗ und Weizenfelder in den Gebieten von Tschirpan, Kezanlik und Kawakli teilweise zu leiden. Der Regen war in den letzten Tagen des Mai im ganzen Lande allgemein und ausgiebig. Hagelschäden werden nur aus dem Royon von Radné⸗Mahallé und aus dem Sazli⸗Tal gemeldet, doch sind diese nicht bedeutend. Wenn das Wetter so günstig bleibt wie jetzt, so dürfte die diesjährige Ernte in Ostrumelien reich⸗ lich und auch gut ausfallen. Hartweizen steht etwas schütter, dagegen dürfte die Fechsung beim Weichweizen gegen das Vorjahr eine um 10 bis 15 % größere Menge liefern. Der Maisanbau konnte unter günstigen Witterungsverhältnissen beendigt werden. Die Pflanzungen entwickeln sich infolge des Regens recht gut. Wenn keine Zwischenfälle eintreten, so hofft man für die Ausfuhr eine Menge von etwa 30 000 t Mais zu erzielen. Bestimmte Angaben lassen sich jedoch bei dieser Frucht⸗ gattung augenblicklich noch nicht machen. Auch Bohnen und Anis entwickeln sich normalerweise und versprechen einen guten Ertrag. In den Bezirken von Tatar⸗Bazardschik, Karlowo, Sliven und Tschirpan haben die Weingärten durch die niedrige Temperatur anfangs April Schaden gelitten. Ungeachtet des seit einiger Zeit erfolgten Auftretens der Peronospora und Philloxera in den Distrikten von Stara Zagora und Sliven wird das Erträgnis der Weingärten hinter jenem des Vorjahres doch nicht zurückstehen. Die Obstbäume haben ungestört abgeblüht und lassen einen reichlichen Ertrag erwarten. Auch die Wiesen zeigen infolge des in der letzten Zeit häufigen Regens ein schönes Aussehen.
Im Gebiete des Saloniker Netzes bezw. in den Wilajets von Salonik und Kossowo, namentlich längs der oberen Linien Uesküb⸗Mitrowitza und Uesküb⸗Sibeftsche, war der Regen in der letzten Dekade des Monats Mai sehr ausgiebig und gleichmäßig und von warmer Temperatur begleitet, was der gesamten Landwirtschaft sehr zu statten kam. Schäden durch stärkeren Hagel sind nur an den Obst⸗ und Weinkulturen in der Umgegend von Köprülü zu be⸗ klagen, dagegen hat der Hagel in den Bezirken von Karasuli, Uesküb, Orhanié, Werisowitz, Tabanoftsche, Preschowa, Bukaroftsche und Prischtina, in denen unmittelbur warmer Regen folgte, keine nach⸗ teiligen Spuren hinterlassen.
Im Gebiete der unteren Linie Salonik⸗Uesküb ist der Regen Ende Mai allerdings für die Wintersaaten, die schon durch Frühjahrs⸗ fröste zu leiden hatten, zu spät gekommen, um noch eine kräftigere Wirkung auf die Felder ausüben zu können, sodaß bei Weizen, Gerste und Hafer gegen 1904 ein Ausfall von 20 %, bei Mohnsamen von etwa 60 % befürchtet wird. Die meisten Mohnfelder wurden jedoch umgeackert und mit Mais bepflanzt. In betreff dieser letzteren Frucht hegen die Land⸗ wirte die besten Hoffnungen, ebenso bezüglich Obst — Weintrauben — seit mehreren Jahren ein sehr wichtiger Ausfuhrartikel — besonders im Umkreise von Gumendsche, Strumnitza, Demirkapu, Kriwolak, Venitziani Gratsko und Köprülü. An Weintrauben wird in diesem Jahr ein viel größerer Ertrag erwartet als im Vorjahre, wo 4560 Tonnen über Sibeftsche nach Oesterreich⸗Ungarn, Deutschland und Serbien zur Ausfuhr gelangt sind.
„Viel günstiger für die Entwicklung der Feldfrüchte waren die Witterungsverhältnisse im Gebiete der oberen Linien Uesküb⸗ Mitrowitza und Uesküb⸗Zibeftsche, wo Weizen, Gerste, Hafer und auch Hanf sehr schön stehen und gegen die vorjährige, auch gute Ernte, einen um 30 % höheren Exctrag erhoffen lassen. Soweit über den Mais gegenwärtig schon eine Abschätzung angängig ist, sind die Landwirte ebenfalls im allgemeinen ganz zufrieden und nützen dieselben, ermutigt durch die im Vorjahre erzielten guten Preise, allen noch brauchbaren Boden für die Pflanzung dieser Frucht nach Möglichkeit aus. .
Alles in allem, darf hiernach auch für Mazedonien, wenn auf den schon länger anhaltenden Regen jetzt schönes und trockenes Wetter folgt, eine noch reichlichere Ernte und eine umfangreichere Getreide⸗ und Obstausfuhr als im Jahre 1904 erwartet werden.
Was Anatolien anlangt, so haben die Getreidewintersaaten im Wilajet Konia den Winter gut überstanden. Eine hin⸗ reichende Schneedecke schützte sie gegen Frostschäden. Die spätere Schneeschmelze durchfeuchtete den Boden und begünstigte so⸗ wohl die Entwicklung der Wintersaaten als auch die Frühjahraussaat. Letztere ist seit dem Monat März in der Ebene sehr gefördert worden, nur in den Bergen ist sie wegen des dort länger andauernden Winters im Rückstande geblieben. Nach Schätzungen der Landleute soll der im Herbst erlittene Zeitverlust fast ganz eingebracht worden sein und die gesäte Anbaufläche im ganzen Wilajet um höchstens 10 % hinter der vor⸗ jährigen zurückstehen. Infolge der verspäteten Bestellung der Felder ist mehr Gerste als früher angebaut worden. Die Frühjahrssaaten konnten sich wegen der bis in die letzte Zeit anhaltenden Kälte noch nicht recht entwickeln. Erst die seit Mitte Mai eingetretene Wärme und einige Regenfälle haben ihr Wachstum gefördert. Im allgemeinen ist der Saatenstand nicht ungünstig. Da aber 30 — 40 % der gesamten Aussaaten erst in den letzten Monaten vorgenommen werden konnten, besteht die Gefahr, daß die Entwickelung der später aufkeimenden Pflanzen durch die gewöhnlich im Juni sich einstellende Dürre beeinträchtigt wird. Wenn aber noch einige ausreichende Regen⸗ niederschläge fallen und häufige Nordwinde einsetzen, durch welche die Pflanzen gegen die Trockenheit des Sommers gekräftigt werden, kann noch auf eine gute und reiche Ernte gehofft werden.
Im Sandschak von Afiun⸗Karahissar liegen die Saaten⸗ verhältnisse ähnlich. Auch dort hatte sich die Winteraussaat infolge der großen vorjährigen Erntearbeiten und des frühen Wintereintritts verzögert. Die Saatarbeiten im Frühjahr sollen aber das Versäumte nachgeholt haben.
Im Kasa von Eski⸗Schehir, wo 60 % der Anbauflächen mit Gerste bestellt sind, soll der gegenwärtige Saatenstand schön und die Ernteaussichten gut sein.
Im Wilajet von Angora hatten die Wintersaatarbeiten haupt⸗
sächlich unter der damals dort herrschenden Rinderpest, infolge deren es an den erforderlichen Arbeitstieren fehlte, gelitten. Viele Regen⸗ niederschläge hinderten dann eine Zeit lang die Frühjahraussaat. Man nimmt immerhin an, daß die Anbaufläche nur um 15 % geringer ist als im Vorjahre. Die Nachrichten aus dem Wilajet Siwas über den Stand der Hauptgetreidearten Weizen und Gerste, die infolge Trockenheit anfänglich zu Befürchtungen Anlaß gaben, lauten heute umgekehrt sehr günstig. Ausgiebiger Regen in allen Getreideanbaugebieten haben den Stand der Saaten gehoben, sodaß eine gute Ernte in Aussicht steht, wenn die Witterungsverhältnisse günstig bleiben.