1905 / 207 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 02 Sep 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Geesetzgebung hat Erzellenz Lohmann von

Bekanntmachung.

Gemäß § 46 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (Gesetzsammlung Seite 152) wird zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß aus dem Betriebe der auf preußischem Gebiete gelegenen Strecke der Nordbrabant⸗Deutschen Eisenbahn im Jahre 1904 ein kommunalabgabepflichtiger Reinertrag nicht erzielt worden ist. ““ Miünster i. W., den 31. August 1905.

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Sekanniig

Gemäß § 46 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (Gesetzsammlung Seite 152) wird zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß aus dem Betriebe der auf preußischem Gebiete gelegenen Strecken der Großherzoglich olden⸗ burgischen Staatsbahnen

Quakenbrück Osnabrück, 8 8 Ihrhove Neuschanz und ““ Oldenburg Leer im Jahre 1904 ein kommunalabgabepflichtiger Reinertrag ni erzielt worden ist. 11X1“

Münster i. W., den 31. August 1905.

1— Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 2. September.

Seine Majestät der Kaiser und König empfingen ge nachmittag um 3 Uhr 57 Minuten auf der Station

ildpark Seine Königliche Hoheit den Herzog von Sachsen⸗ Coburg und Gotha, Höchstwelcher seinen offiziellen Besuch machte. Abends um 8 Uhr fand im Neuen Palais zu Ehren Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs eine Tafel statt.

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Das Ministerium für Handel und Gewerbe ist durch den Tod seines in Groß⸗Tabarz zur Erholung weilenden Unter⸗ staatssekretärs, Wirklichen Geheimen Rats D. Theodor Lohmann, Erzellenz, schwer betroffen worden.

Am 18. Oktober 1831 in Winsen a. d. Aller geboren, studierte Lohmann nach Absolvierung des Gymnasiums in Celle Rechts⸗ und Staatswissenschaften in Göttingen. Nach Ablegung der ersten juristischen Prüfung in Hannover wurde er am 21. Dezember 1854 zum Auditor ernannt. Nach weiterer Vorbereitung im hannoverschen Pustizdienst trat er zur allgemeinen Verwaltung über und bestand am 14. Dezember 1858 die Prüfung für den höheren Verwaltungsdienst. Er war dann als Amtsassessor bei den Aemtern Hameln, Bruchhausen und Lehe, vom April 1861 ab als Hilfsarbeiter bei der Landdrostei Osnabrück und seit 1. Januar 1862 im hannoverschen Kultusministerium, anfangs als Hilfsarbeiter und vom 14. Februar 1863 ab als Referent mit dem Titel eines Regierungsassessors tätig. Vom 1. Oktober 1866 ab war er Mitglied der Kultusabteilung der Ziviladministration in Hannover. Am 1. Juni 1870 wurde er der Regierung in 8 Minden überwiesen. Von hier erfolgte am 1. Oktober 1871

seine Berufung in das damalige Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, wo er hauptsächlich mit sozialpolitischen Angelegenheiten beschäftigt war. Hier wurde er am 27. Oktober 1871 zum Regierungsrat, am 15. Sep⸗ tember 1873 zum Geheimen Regierungsrat und vortragenden Rat und am 20. März 1877 zum Geheimen Ober⸗ regierungsrat befördert. In gleicher Eigenschaft wurde er am 27. April 1881 in das Reichsamt des Innern versetzt. Während dieser Zeit war er nebenamtlich auch im Handels⸗ ministerium als Referent, hauptsächlich für die Ausführung der Arbeiterschutzgesetze und das Fabrikaufsichtswesen, tätig. Am 24. Juni 1891 schied erendgültig aus dem Reichsamte des Innern aus, wurde zum Wirklichen Geheimen Oberregierungsrat und Ministerialdirektor ernannt und mit der Leitung der neu ge⸗ bildeten Gewerbeabteilung des Ministeriums für Handel und Gewerbe betraut. Im folgenden Jahre, am 4. Mai 1892, wurde er hier zum Unterstaatssekretär und am 24. Juni 1899 zum Wirklichen Geheimen Rat mit dem Prädikat Exzellenz ernannt. Seit Juli 1900 verwaltete er neben seinen Geschäften als Unterstaatssekretär die Handelsabteilung des Ministeriums. Seit Mai 1892 führte er auch den Vorsitz in der Königlichen Technischen Deputation für Gewerbe. Die theologische

Fakultät in Kiel verlieh ihm 1901 honoris causa die Doktor⸗

würde. Bei seinem fünfzigjährigen aktiven Dienstjubiläum am 21. Dezember v. J. wurde er durch Verleihung des Wilhelm⸗ Ordens ausgezeichnet.

Die Entwicklung und den Ausbau der sozialpolitischen jeher als seine Lebensaufgabe betrachtet, und kaum einer hat größeren Anteil daran gehabt, als er. Wohl sind nicht alle seine Pläne ver⸗

wirklicht worden, aber seine Arbeiten bildeten überall eine 1 1 und sichere Unterlage für den Bau der deutschen Sozialpolitik. Die Krankenversicherung ist vornehmlich sein Werk, die ersten Entwürfe zum Unfallversicherungsgesetze rühren von ihm her, an der Arbeiterschutzgesetzgebung war er maßgebend beteiligt, und er ist der Organisator des preußischen Gewerbeaufsichtsdienstes.

„Umfeassende wissenschaftliche Bildung, hervorragende ge⸗ schäftliche Befähigung und vielseitige Erfahrungen auf industriellem und wirtschaftlichem Gebiete befähigten ihn, diesen wichtigen und schwierigen Aufgaben gerecht zu werden. Aus einem arbeitsvollen, aber reich gesegneten Leben wurde er abberufen. Als Vorbild eines mit seltenen Gaben des Geistes und des Herzens ausgestatteten, hervorragend pflichttreuen Dieners seines Königs und Vaterlandes, als wohlwollender und gerechter Vorgesetzter wird er in der Erinnerung aller derer, die ihn gekannt haben, fortleben!

Nr. 86, an Herzschwäche nach Typhus und Bauchfellentzündung.

Beendigung der südtiroler Manöver an den kommandierenden

Bis zum 2. September Mittags sind in Preußen ins⸗ gesamt 43 Erkrankungen und 17 Todesfälle an Cholera gemeldet worden, zwei davon in Paaris und Warnikeim, Kreis Rastenburg in Ostpreußen. Zu den im Stromgebiet der Weichsel, Brahe, des Bromberger Kanals und der Netze errichteten 16 Ueberwachungsstellen sind hinzuge⸗ kommen je eine in Filehne und Zantoch a. Netze, in Lands⸗ berg a. Warthe, in Küstrin und Glietzen a. Oder, in Oder⸗ berg am Finowkanal sowie in Köpenick a. Spree. Bei den Ueberwachungsstellen sind bis jetzt 8 Sanitätsoffiziere, 2 Marine⸗ sanitätsoffiziere und 12 Kreisassistenzärzte, im übrigen praktische Aerzte tätiglg.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrat, Königlich württem⸗ bergischer Ministerialdirektor von Schneider und Groß⸗ herzoglich badischer Ministerialdirektor Freiherr von Bodman sind vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt.

Während der ferneren Abwesenheit des hiesigen Kaiserlich und Königlich österreichisch⸗ungarischen Botschafters werden die Geschäfte der Botschaft von dem Botschaftsrat Grafen Széchényi geführt.

„An Stelle des am 30. v. M. verstorbenen hiesigen chilenischen Gesandten Francisco Antonio Pinto fungiert der Legationssekretär bei der chilenischen Gesandtschaft Ricardo Sanchez bis auf weiteres als Geschäftsträger.

Der Regierungsrat Heising in Aachen ist der Königlichen Regierung in Muͤnster und der Regierungsassessor Stürcke in Linden der Königlichen Regierung in Düsseldorf zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Möwe“ am 31. August von Nap nach den Marianen in See ge⸗ gangen.

S. M. S. „Jaguar“ ist am 31. August in Schanghai eingetroffen.

S. M. eingetroffen.

S. M. S. „Iltis“ ist am 30. August in Canton ein⸗ getroffen.

S. M. S. „Luchs“ ist gestern von Schanghai nach Tsingtau gegangen.

S. M. S. „Falke“ geht am 4. September von Victoria

(Vancouver) nach Bremeston in See.

S. „Sperber“ ist am 25. August in Banana

1“ Neufahrwasser, 2. September. Nachdem die eng⸗ lische Flotte gestern vormittag auf der Reede zu Anker ge⸗ gangen war, entwickelte sich, wie „W. T. B.“ meldet, ein reger Verkehr zwischen den einzelnen Schiffen. Gegen 11 ¼ Uhr ging der Admiral Sir Arthur Wilson mit seinem Flaggleutnant an Land, und beide begaben sich zunächst zur Kaiserlichen Werft, wo sie dem Oberwerft⸗ direktor einen Besuch abstatteten; dann fuhren sie in dem Automobil des Obenyerftdirektors zu dem kommandierenden General, zu dem Oberpräsidenten, zu dem Ober⸗ bürgermeister He u dem Stadtkommandanten. Nach Abstattung der Befuche kehrten die Herren an Bord zurück. Gestern nachmittag fanden die Gegenbesuche bei dem Geschwaderchef der englischen Flotte statt. .

Deutsche Kolonien.

Nach einer amtlichen Meldung berichtet der Komman⸗ dant von S. M. S. „Bussard“ unter dem 30. August über Kilwa: b

Im Bezirk Lindi ist der Aufstand begrenzt durch den Mbeni⸗ Kuru, das Plateau Muera, die Lukuledie⸗Mündung und die Küst e. Die Aufrührer sind in größeren Trupps über das Gebiet zerstreut. Der Oberleutnant zur Ste Altvater, ein Deckoffizier und 12 Mann nebst drei schwarzen Soldaten machten einen Vorstoß von Mtschinga ab. Der Kapitänlentnant Nobis, zwei Deckoffiziere und 15 Mann nekbst zwei schwarzen Soldaten schützen Mroweka und Um⸗ gebung. Ein Marinestabsarzt, ein Deckoffizier und 12 Mann machten von hier ab einen Vorstoß. Polizeitruppen gehen die Telegraphen⸗ leitung entlang. Abteilungen der Schutztruppen gehen nörodlich des Lutamba vor. truppen. Die Abteilung von Kilwa⸗Kiwinje unterstützt das Vor⸗ gehen der Schutztruppe. Der Gesundheitszustand der Truppe ist vor⸗ züglich. Die Depesche ist am 29. August Abends von Lindi mit einem Segelboot abgegangen.

Wie „W. T. B.“ einer telegraphischen Mitteilung aus Deutsch⸗Südwestafrika entnimmt, hat am 25. August der erste Bauzug der Otawi⸗Bahn Omaruru erreicht.

Ein Telegramm aus Windhuk meldet:

„Gefreiter Fritz Conradi, geboren am 5. 2. 82 zu Großaulu⸗ wöhnen, früher im Pionierbataillon Nr. 18, ist am 28. August 1905 in der Krankensammelstelle Gaibes an Herzschwäche nach Herzkrampf gestorben. 1

Am 28. August 1905 im Gefecht nördlich von Ongnomorntjiwa sind verwundet: Reiter Karl Amendt, geboren am 5. 6. 81 zu Darmstadt, früher im Husarenregiment Nr. 15, leicht, Fleischschuß in die rechte Schulter; Reiter Heinrich Metz, geboren am 29. 10. 81 zu Frankfurt a. M., frühber im Dragonerregiment Nr. 14, leicht, Streifschuß in die rechte Seite.

Am 30. August 1905 sind im Feldlazarett 12 Lüderitzbucht gestorben: Depotvizefeldwebel Nikolaus Girten, geboren am 26. 2. 75 zu Mondorf, früher beim Artilleriedepot Metz, an Herz⸗ schwäche nach Bauchfellentzündung; Unteroffizier Karl Helbing, ge⸗ boren am 16. 5. 76 zu Barsbüttel, früher im Füsilierregiment

Oesterreich⸗Ungarn. Der Kaiser hat, wie „W. T. B.“

mitteilt, nach

General des XIV. Armeekorps, Erzherzog Eugen, ein Handschreiben gerichtet, in dem er hervorhebt, daß der frische Geist, die weitgehende Leistungsfähigkeit und das taktische Geschick der Truppen aller Waffen des Heeres und der Landwehr ihn mit wahrer Befriedigung erfuͤllt hätten. Der Kaiser spricht allen Generalen, Offizieren und Mann⸗ schaften seine vollste Anerkennung aus. Das Handschreiben schließt:

Mit alle« Beruhigung weiß ich, daß das XIV. Korps unter Ihrer hingebungsvollen vorzüglichen Leitung unermüdlich zur Kriegs⸗ tüchtigkeit fortschreitet.

em „Wiener Fremdenblatt“ zufolge hat der Freiherr von Malfatti, der bisherige Obmann der Italienischen Ver⸗ einigung in dem österreichischen Abgeordnetenhause, sein Ab⸗ geordnetenmandat niedergelgt.

Großbritannien und Irland.

Wie „W. T. B.“ erfährt, reist der Herzog Connaught heute nach Deutschland zur Teilnahme an Kaisermanövern ab.

Rußland.

Der Schah von Persien ist gestern nachmittag, „W. T. B.“ mitteilt, mit Gefolge an der russischen Gr angekommen und dort von dem ihm zugeteilten Ehrende empfangen worden.

Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegrap Agentur“ tagte gestern in St. Petersburg die besond Konferenz unter dem Vorsitz des Grafen Solsky, die Bestimmungen zur Ergänzung der Reichsdumages zu prüfen hat. Die Konferenz besprach gestern Bestimmun bezüglich des Inkrafttretens der Institution der Duma und von Bulygin vorgeschlagenen Wahlordnung. Bulygin 1 der Konferenz demnächst einen Entwurf zur Wahlordnung das ehemalige Königreich Polen vorlegen. Die gestrige sprechung der Konferenz betraf nur minder wichtige Fragen

Die Lage in Schuscha bleibt, dem „W. T. B.“ zufr bedrohlich. Die umliegende Niederung ist von bewaffn Tataren erfüllt, den dahin entsandten zwei Bataillonen Artillerie folgen. Die Bewohner der Umgegend flüchten die Berge. Im Dorfe Muchranj, Kreis Duschet, ist Teil der Mauer des Gutshofes des Fürsten Bagrati Muchranski mit Dynamit in die Luft gesprengt word In der Nähe von Gori ist der Fürst Erisow ermo

worden. Türkei.

Der Prinz und die Prinzessin Nikolaus von Grieche land sind, wie „W. T. B.“ berichtet, vorgestern in Ko stantinopel angekommen, um den Sultan persönlich ze Thronbesteigungsfeste zu beglückwünschen.

Der Aufstand im Yemen gilt nach zuverlässiger N richt aus Konstantinopel als erledigt. Die Pforte erwa stündlich die Meldung von der Einnahme Sanas du Ahmed Feisi Pascha. 8

Schweden und Norwegen.

Die Wahlen zur Zweiten Kammer des schn dischen Reichstags begannen, wie „W. T. B.“ meld gestern und dauern den ganzen Monat hindurch. Der Wal kampf dreht sich hauptsächlich um die Wahlrechtsfrage, un zwar handelt es sich um die Frage der Proportionalwa bezw. der Majoritätswahl.

Die in Karlstadt über die Auflösung der Union pd handelnden schwedischen und norwegischen Delegiert setzten gestern ihre Beratungen fort. ,

Amerika. ““

Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ aus Por mouth ist das Abkommen über den Waffenstillstanft gestern von den russischen und den japanischen Bevollmächtigts unterzeichnet worden; er tritt aber erst nach Unterzeichnung ein, da Japan, wie jetzt entgegen der früher⸗ Meldung bekannt wird, sich geweigert hat, einem sofort in Kro tretenden Waffenstillstand zuzustimmen. Die Aufstellun des Friedensvertrags geht rasch vonstatten. Der Profess von Martens und der japanische Rechtsbeirat Dennise hatten gestern zehn von den fünstehn Artikeln festgestellt, an denen, wie man annimmt, der Vertrag bestehen wird. De Minister Witte hofft, daß der Vertrag am Dienstag ode Mittwoch unterzeichnet werde.

Asien. Die „Times“ meldet aus Schanghai vom gestrige

Tage: Auf Vorstellung des Waiwupu wurde ein Kaisen liches Edikt erlassen, in dem es heißt, daß die Regierun

der Vereinigten Staaten von Amerika der chinesischen zu gesichert habe, daß chinesische Kaufleute, Studenten und ande Reisende, die Amerika besuchen, dort höflich aufgenomme werden sollten. Das Edikt wendet sich an das Volk mit der Ersuchen, ruhig und geduldig die Verhandlungen zur Revisic des chinesisch⸗amerikanischen Vertrags abzuwarten und vor

dem Boykott amerikanischer Waren abzulassen.

Afrika.

Araber unterstützen die Truppen und stellen Hilfs. Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ hat das

bei der Uebergabe des Algeriers Bu Mzian an die fran zösische Gesandtschaft überreichte Schreiben de Maghzen den Inhalt, daß Marokko den französischen An spruch auf die Gerichtsbarkeit über die in Marokko ar⸗ sässigen Algerier bestreite und erkläre, die Freilassung des Gefangenen sei nur als Akt der Halsichteit gegen eine be⸗ freundete Nation aufzufassen, angesichts der großen Wichtig⸗ keit, die diese der Freilassung beilege; dieses Prinzid solle schließlich auch der Konferenz zur Besprechung vorge legt werden. Die französische Regierung sandte dem Grafer Taillandier die Weisung, nach den bereits früher erteiltern Instruktionen zu handeln, wonach die Freilassung des Br Mzian als eine völlig ungenügende Genugtuung anzusehen sei und erteilte ihm den Auftrag, über die weiteren Vorgänge Bericht zu erstatten. Der Graf Taillandier stellte darauf der marokkanischen Regierung ein Ultimatum zu, in dem er völlige Genugtuung ecgalh der angegebenen Zeit

verlangte.

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Nr. 36 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“ herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 1. September, hat folgenden Inhalt: 1) Konsulatwesen: Ermächtigungen zur Vornahme von Zivilstandsakten; Entlassung; Todesfall; Exequatur⸗ erteilung. 2) Auswanderungswesen: Uebertragung einer Erlaubnis zut Beförderung von Auswanderern (XII. Nachtrag). 3) Polizeiwesen:

Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.

Kunst und Wissenschaft.

Die S“ museums in Berlin ist nach Fertigstellung des daneben belegenen Neubaus in voller Arbeit. Die Bibliothek und der größere Teil der Unterrichtsanstalt sind bereits in den Neubau übergesiedelt, sodaß die freigewordenen Säle zur Erweiterung der Sammlungsräume her⸗ gerichtet werden können. Umbau und Einrichtung der neuen Säle werden längere Zeit in Anspruch nehmen; es wird aber derart vor⸗ gegangen, daß stets ein wesentlicher Teil der Sammlung dem Besuch zugänglich bleibt und ein 8. Schließen des Museums vermieden wird. Nur die mit dem Abendbesuch verbundenen Sonderausstellungen im Lichthof werden in den nächsten Monaten nicht stattfinden können

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des Königlichen Kunstgewerbe⸗

Der Ursprung des christlichen Fischsymbols. In der noch in das zweite Jahrhundert n. Chr. fallenden Schrift Tertullians De baptismo (c. I) findet sich das älteste Zeugnis dafür, daß der Fisch als Symbol Christi gebraucht wurde. Die Versuche, das Symbol aus dem Neuen Testament zu erklären, sind gescheitert. Weder die Erzählung von dem Fisch mit dem Stater im Munde (Matthäus 17, 27), noch die wunderbaren Fischfänge (Lukas 5, 4 ff.; Johannes 21, 6 ff.), noch die Speisung der Massen mit zwei oder eben Fischen (Matthäus 14, 17 ff.; 15, 34 ff.; Markus 6, Lukas 9, 13 ff.; Johannes 6, 9 ff.) tragen etwas zur Aufhellung der Entstehungsgeschichte des i. Auch das Alte Testament bietet keinen Anknüpfungs⸗ . Die Behauptung von Winternitz („Die Flutsagen des Alter⸗ ums und der Naturvölker“), daß der Fisch in der Mythologie und der Semiten eine hervorragende Rolle spiele, was ei den Indogermanen gewiß nicht der Fall gewesen sei, ist nicht richtig. Der babylonische La wurde von alters her in halber Fisch⸗

gestalt dargestellt, und noch Sinacherib warf als Opfer für ihn einen

goldenen Fisch und ein goldenes Schiff in die See. Mit Ea hängt möglicherweise der ö der Philister Dagon zusammen, dessen Bild nach jüngerer Ueberlieferung den Körper eines Fisches mit Kopf und Händen, vielleicht auch Füßen eines Menschen zeigte. Atargatis, die Hauptgöttin der Syrer, stürzte sich, der Sage nach, mit ihrem Sohne ins Wasser, und beide wurden in Fische verwandelt. Daher waren in Syrien die Fische der Atargatis heilig. In der Nähe ihres Heiligtums in Bambyke (Hierapolis) war ein Teich, in dem sich zahlreiche heilige Fische befanden, darunter auch ein mit Gold verzierter. Noch heute werden heilige Fische in den Teichen bei den Moscheen von Tripolis und Edessa gehalten. Die Heiligkeit der ische scheint sich aber selbst in Syrien nur auf bestimmte Arten von Füischen erstreckt zu haben. Die Hebräer aßen Fische, opferten sie aber nicht. Es handelt sich also überall um Lokalmythen und Lokal⸗ sitten, die nichts eigentümlich Semitisches haben. Aehnliches findet sich auch bei den Indogermanen, speziell bei den Indern. Das Mahäbharata, das große Nationalepos der Inder, berichtet, daß in dem heiligen Badeplatz Vimala sich goldene und silberne Fische be⸗ fanden, und rechnet die Fische unter die verbotenen Speisen, womit die Gesetzbücher übereinstimmen, die aber einzelne Arten von Fischen ausnehmen. Noch heute gibt es an vielen Stellen in Indien heilige Fische, die von den Brahmanen gefüttert und ge⸗ schützt werden. Versagen aber alle semitischen Quellen, so entsteht die Frage, ob nicht das Symbol aus einer fremden Religion übernommen worden ist. Sein Sinn ist, daß unter dem Bilde des Fisches der Erlöser oder Retter bezeichnet werden soll. Gibt es also ein Volk, in dessen Sage und Kultus der Fisch die Rolle des Erretters gespielt hat, so wird es wahrscheinlich, daß das christliche Symbol von diesem Volke entlehnt ist, wenn sich auch sonst Beziehungen zwischen der Religion dieses Volks und dem Christentum nachweisen lassen. Beides ist nach einer in den Sitzungsberichten der Königlich preußischen Akademie der Wissen⸗ schaften (in Kommission bei Georg Reimer, Berlin) erschienenen Abhandlung über den Ursprung des christlichen Fischsymbols von dem Geheimen Regierungsrat, Professor Dr. Pischel⸗Berlin in Indien der Fall. Von ältester Zeit an sind uns Sagen über⸗ liefert, in denen ein Fisch als Retter erscheint, und zwar bei Brahmanen wie bei Buddhisten. 8 . Der Rigveda, welcher den Liederschatz enthält, den die Inder aus ihren Stammsitzen am Indus mitbrachten, das Mahäabhärata, das Bishnupuräna und andere Denkmäler der indischen Literatur berichten von einem König der Großfische, Sammada genannt, und von einem Fischkönig Matsya, der aus dem Leibe eines Fisches ge⸗ oren bald der Sohn des Sammada sein, bald Mitra und Varuna von dem Göttergeschlecht der Adityàës (Söhne der Aditi) zu Eltern haben soll. Im Vishnupuräna wird erzählt, daß der heilige Saubhari, ein Anhänger des Rigveda, zwölf Jahre lang im Wasser wohnte. An dieser Stelle hielt sich der König der Fische Sammada auf, der viele Nachkommenschaft hatte und von außerordentlicher Größe war. Als Saubhari sah, wie Sammada Tag und Nacht mit seinen Kindern und Enkeln in reizender Weise spielte, da überkam ihn das Verlangen, auch seinerseits mit eigenen Kindern zu spielen. Er stieg aus dem Wasser heraus, begab sich zum König Mändhatar und bat diesen, ihm eine seiner Töchter zur Frau zu geben. Mäadhätar hatte fünfzig Töchter, aber er trug doch Be⸗ denken, dem vom Alter mitgenommenen Heiligen eine Tochter zu geben. Da er aber die Bitte aus Furcht vor dem Fluche des Heiligen nicht abzuschlagen wagte, überließ er die Entscheidung seinen Töchtern. Während der Eunuch in das Frauengemach ging, um den Heiligen anzumelden, verwandelte sich dieser in einen überaus schönen Mann. Als er darauf in das Frauengemach trat, umringten ihn die fünfzig Töchter voll Verlangen und Liebe wie die Elefantenkühe das Haupt der Herde, und jede wünschte ihn zum Manne. Er heiratete sie alle fünfzig und hatte hundert Kinder mit ihnen. Schließlich sah er aber doch ein, daß auch Kinder nicht das Glück des Menschen ausmachen, sondern nur immer neue Wünsche erregen. Er zog sich daher mit allen seinen Frauen in den Wald zurück und wurde Einsiedler. Dem Matsya Sammada schreibt die Anukramanl ein im Rigveda (8, 67) sich findendes Lied zu, das ein an die Adityäs gerichtetes Gebet um Hilfe ist. Zu diesem Liede erzählt die Brhaddevatä als Er⸗ läuterung, Fischer hätten unerwartet Fische im Wasser der Sarasvatr gesehen, ein Netz ausgeworfen, die Fische gefangen und aufs Trockene geworfen. Die Fische, erschreckt durch das Aufschlagen ihrer Leiber, priesen die Söhne der Aditi, die sie befreiten und den Fischern gnädig versprachen, daß sie nie Hunger leiden und in den Himmel kommen würden. Die Sage von Matsya Sammada muß sehr bekannt gewesen sein. Heute läßt sie sich mit Sicherheit nicht rekonstruieren. Nur so viel scheint sicher zu sein, daß in der Sage ein Fischkönig auftrat, der durch Anrufung seiner Väter sich und seine Fische befreite, als sie von Fischern in einem Netze gefangen worden waren. Das gleiche Motiv zeigen buddhistische Erzählungen. Die Le endensammlungen Jätaka, Cariväpitaka und Jätakamälä berichten, daß der Bodhisattva einst als König der Fische wiedergeboren wurde. Da regnete es lange Zeit nicht. Die Wälder verdorrten, und die Gewässer ver⸗ trockneten. Die Fische blieben im Schlamme stecken und wurden von den Krähen und andern Vögeln aufgefressen. Da wurde der Fischkönig ihr Retter. Er ging aus dem Schlamme heraus, öffnete seine Augen, sah nach dem Himmel und zwang Parjanyva (= Indra) zu regnen mittels der Beteuerung, daß er nie nach Fisch⸗ art einen andern Fisch, auch nicht den kleinsten, verschlungen, über⸗ haupt nie ein Wesen ums Leben gebracht habe. Nach einer anderen Erzählung rettete der Bodhisattva als Fischkönig die Fische vor einem Reiher, der sich scheinheilig an das Ufer eines Teiches gesetzt hatte, und dem die Fische Vertrauen schenken wollten. Zu den Menschen hinüber führt uns das Avadäna vom König Padmaka. Als vor alten Zeiten in Benares der fromme und Frecht⸗ König Padmaka herrschte, befiel seine Untertanen die Gelbsucht. Nachdem die Aerzte alle Mittel vergeblichversucht hatten, erklärten sie schließlich, nur ein Rohitafisch könne Hilfe bringen. Trotz alles Suchens fand sich kein Rohita. Da beschloß der König, sich für 8 Volk zu opfern. Er übergab die Herrschaft seinem ältesten Sohne, stieg auf die Zinne seines Palastes, beteuerte, daß er sein Leben um seiner Untertanen willen aufgebe, und stürzte sich herab, mit dem Wunsche, in der nächsten Geburt als Rohitafisch wiedergeboren zu werden. Da die Beteuerung der Wahrheit entsprach, ging sein Wunsch in Erfüllung. Er wurde sofort auf dem Sande des Flusses als großer Rohitafisch wiedergeboren. Die Gottheiten verbreiteten die Kunde davon im ganzen Reiche. Das Volk strömte herbei und schnitt mit Messern das Fleisch des Fisches ab, was diesen nicht hinderte, trotz der Schmerzen sehr glücklich zu sein, da seine Untertanen geheilt wurden. Er gab sich ihnen zu erkennen und bekehrte sie zum Buddhismus. Diese Geschichten zeigen, daß ez in Indien mehr als eine Er⸗ zählung gab, in der ein Fisch als Retter auftrat. Aber sie genügen keineswegs, um zu erklären, daß gerade der lsch zum Symbol des Retters gewählt wurde. Auch in anderen Geburten als Tier tritt Buddha als Retter seiner Mitgeschöpfe auf. So rettet er z. B. als Gazellenkönig Nigrodha nicht bloß die Gazellen, sondern alle

Vierfüßler, Vögel und Fische im Reiche des Königs von Benares. Diese Sage war sehr bekannt und hat auch Parallelen im Abend⸗ land. Danach hätte ebensogut die Gazelle zum Symbol des Retters werden können wie der Fisch. Anspruch darauf, die Quelle zu sein, kann. nur eine Sage erheben, in der der Fisch als Retter nicht bloß einzelner Tiergattungen oder Menschen, sondern der ganzen Menschheit erscheint; und das ist in der Sage von Manu (dem Stammvater der Menschheit im Veda) und dem Fisch der Fall, deren älteste Fassung sich im Satapathabrähmana findet. Die Sage lautet dort: „Dem Manu brachten sie am Morgen Wasch⸗ wasser, so wie man es zum Waschen der Hände bringt. Als er sich wusch, geriet ihm ein Fisch in die Hände. Der sprach zu ihm: „Ziehe mich auf, ich werde dich retten.“ „Wovor wirst du mich retten?“ „Eine Flut wird alle Geschöpfe hier wegspülen; davor werde ich dich retten.“ „Wie soll ich dich aufziehen?“ Er sprach: „So⸗ lange wir klein sind, drohen uns viele Gefahren; ein Fisch verschlingt ja den andern. Zuerst ziehe mich in einem Kruge auf; wenn ich für ihn zu groß werde, grabe eine Grube und ziehe mich darin auf. Wenn ich dafür zu groß werde, so schaffe mich ins Meer. Dann werde ich über die Gefahren hinweg sein.“ Schnell wurde er zu einem Ihasa; denn dieser wird am größten. „In dem und dem Jahre wird die Flut kommen. Dann zimmere ein Schiff und wende dich an mich. Wenn die Flut sich erhebte so gehe in das Schiff; dann werde ich dich retten.“ Nachdem Manu den Fisch so aufgezogen hatte, schaffte er ihn ins Meer. In dem Jahre, das dieser ihm an⸗ gegeben hatte, zimmerte er ein Schiff und wandte sich an ihn. Er ging, als die Flut sich erhob, in das Schiff. Der Fisch schwamm zu ihm heran. An dessen Horn befestigte er das Tau des Schiffs. Da⸗ durch kam er (Manu) auf den nördlichen Berg. Er (der Fisch) sprach: „Ich habe dich gerettet. Binde das Schiff an einen Baum. Damit dich, wenn du auf dem Berge bist, das Wasser nicht abschneide, so steige immer so weit herab, als das Wasser fällt.“ Er stieg immer so weit herab. Diese Stelle nennt man noch heute am nördlichen Berge „das Herabsteigen des Manu“. Die Flut spülte alle Geschöpfe hier weg. Manu allein blieb übrig. Es wird dann weiter erzählt, daß Mann betend und fastend lebte, nach Nachkommenschaft begierig. Er verrichtete das Kochopfer, und aus den Opferspenden, die er in Gestalt von Schmelzbutter, saurer Milch, Molken und Quark ins Wasser opferte, entstand nach einem Jahre ein Weib, die Idä. Sie geht zu Manu, gibt sich ihm als seine Tochter zu erkennen, und Manu erzeugt mit ihr die Menschen. Die Sage von Manu als Vater der Menschen und erstem Opferer ist dem Rigveda wohlbekannt. Im Mahäbhärata wird erzählt, daß Manu, der Sohn des Vivasvant, sich während einer Myriade von Jahren harter Buße unterzog. Einst kam ein kleiner Fisch an das Ufer der Crrint und bat Manu um Schutz, wofür er ihm eine Gegenleistung versprach. Manu, von Mitleid bewegt, ergriff ihn mit der Hand, brachte ihn in einen Krug und pflegte ihn wie ein Kind. Nach langer Zeit wurde der Fisch sehr groß. Manu brachte ihn nun nach einem großen Teiche, wo der Fisch wieder viele Jahre wuchs, dann in den Ganges, wo er einige Zeit blieb, schließlich in das Meer. Der Fisch verkündet nun dem Manu, daß bald die Welt durch eine Ueberschwemmung vernichtet werden würde. Er solle ein Schiff bauen, daran ein Seil kbefestigen, das Schiff zusammen mit den sieben Rsis besteigen, allen Samen mit⸗ nehmen, den diese ihm angeben würden. und, wenn er im Schiffe sei, ihn (den Fisch) erwarten. Er (der Fisch) werde dann mit einem Horne versehen, woran er zu erkennen sei, herbeikommen. Es heißt dann wörtlich: „So mußt du dies machen. Lebe wohl! Ich gehe. Ohne mich kannst du nicht über die große Flut hinwegkommen. An diesem meinem Worte darfst du auch nicht zweifeln.“ Es geschah nun alles, wie vorher angegeben. Sobald Manu an den Fisch dachte, schwamm dieser herbei, und Manu befestigte das Seil an dem Horn auf dem Kopfe des Fisches, der viele Jahre lang das Schiff durch die Wasserflut zog und schließlich es auf dem höchsten Gipfel des Himälayag landen ließ, der danach bis heute den Namen Nau⸗ bandhana („Anbinden des Schiffes“) führt. Darauf sprach der Fisch zu den sieben Rsis: „Ich bin Brahman, der Schöpfer; etwas Größeres als mich gibt es nicht. Durch mich, in Gestalt eines Fisches, seid ihr von dieser Gefahr befreit worden. Durch Manu sollen alle Wesen samt Göttern, Dämonen und Menschen, alle Welten, was sich regt und nicht regt, geschaffen werden. Und infolge harter Buße wird ihm durch meine Gnade die Einsicht kommen, wie er die Geschöpfe schaffen soll, und er wird nicht irren.“ Nachdem der Fisch so gesprochen hatte, verschwand er im Nu; Manu aber erschuf die Welt neu. In der ausführlicheren Darstellung der Legende, die Ksemendra im 11. Jahrhundert in einem seiner Werke, im Dasäövatäracarita, gegeben hat, ist der Fisch selbst der Schöpfer des Schiffes. Als die Flut kommt, teilt Manu sie mit den Armen und schwimmt zu dem Fische, dessen Auge Sonne und Mond gleichen und der ein dem Meru ähnliches goldenes Horn auf dem Kopfe trägt. Als Manu ihn erblickt, erkennt er, daß es Vishnu ist, und verbeugt sich verehrungsvoll vor ihm. Auch hier ist das Schiff an das Horn des Fisches gebunden. Ksemendra, der ursprünglich Sivait war, wurde später Vishnuit. Für ihn war daher der Fisch nicht Brahman, sondern Vishnu. Mit Vishnu bringen auch alle anderen Werke, die die Geschichte von Manu erwähnen, den Fisch in Verbindung. Im Matsyapuräna wird Manu als ein König geschildert, der die Herrschaft seinem Sohne übergeben hat und in einer Gegend des Himalayagebirges harte Buße übt. Brahman gestattet ihm dafür einen Wunsch, und Manu wünscht sich, daß er bei der großen Flut am Weltuntergange alle Wesen retten möge. Die Bitte wird ihm gewährt. Als er einst in seiner Einsiedelei die Manenspende darbringt, geriet eine Sapharr, ein kleiner, sehr schneller Fisch, der in seichtem Wasser lebt, in seine Hände. Voll Mitleid legte Manu ihn in einen Wasserkrug. Innerhalb eines Tages und einer Nacht wuchs der Fisch 16 Daumenbreiten. Auf die Bitte um Schutz brachte Manu ihn in einen großen Wassertopf, wo der Fisch in einer Nacht um drei Händebreiten wuchs, dann der Reihe nach in einen Brunnen, einen Teich, wo er ein Bofjana lang wurde, den Ganges, das Meer, das der Fisch vollständig anfüllte. Da sprach Manu voll Furcht: „Du bist irgend ein Gott, oder vielmehr du bist Väsudeva. Wie könnte ein anderer derartig werden? Wessen Leib könnte wohl 20 Myriaden von Yojanas gleich werden? Du bist erkannt; unter der Gestalt des Fisches ängstigst du mich, o Kesava; Hrstkesa, Herr der Welt, Heimat der Welt, dir sei Verehrung!“ So angeredet, sprach der heilige Janär⸗ dana in Gestalt des Fisches: „Schön, schön! Du hast, o Schuldloser, es richtig erkannt.“ Vishnu verkündet dann die Wasserflut, die nach einer langen Dürre eintreten werde. Mann solle ein Schiff besteigen, das von allen Göttern erbaut sei, ferner den Samen von allem mit⸗ nehmen, das Schiff an das Horn des Fisches binden, außerdem Sonne und Mond, ihn, Vishnu, selbst, Brahman zusammen mit den vier Welten, den heiligen Fluß Narmada, den Rsi Märkandeya, Siva, die Veda, Puräna und Wissenschaften in das Schiff bringen. Er, Vishnu, werde dann bei der Neuschöpfung durch Manu die Veden verkündigen. Es wird dann nur noch gesagt, daß zu der angegebenen Zeit die Flut eintrat, Vishnu in Gestalt eines gehörnten Fisches er⸗ schien und die Schlange Ananta als Seil zu Manu kam. In Gestalt eines goldenen 8 wird Vishnu auch bei der sheer dargestellt, die ihm zu Ehren am 12. Tage des Monats ärgasiras oder Margasirsa, des ersten Monats des jindischen Jahres, stattfindet. Ferner ist er in Gestalt eines Fisches auf einer schwarzen Schieferplatte abgebildet, die aufrecht in den Erdboden in der Nähe des Tempels der Mummura oder Chinnamastikà Devr im Tavjhä Mahalla von Lalitapattana gesetzt ist. Lalitapattana oder Pätana, das heutige Pätan, liegt 1 ¼½ englische Meile östlich von Kätmändu, der Fn von Nepäl. Auf der Schieferplatte ist eine Inschrift des önigs Jisnugupta eingegraben, die aus dem Jahre 48 wahr⸗ scheinlich der Srrharsa⸗Samvat⸗Aera, also 654/55 n. Chr., stammt. Im siebenten Jahrhundert wurde also in Nepäl Vishnu als Fisch verehrt und als blaßer Fisch ohne alle menschlichen Abzeichen abgebildet. Das ist um so wichtiger, als in Nepäl Brahmanen und Buddhisten nebeneinander lebten. Es fand hier ein starker Austausch religiöser Anschauungen statt. Wie im äußersten Norden, gehes uns auch m Süden die

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Inschriften über das Fischsymbol Aufschluß. Noch im dreizehnten

Jahrhundert n. Chr. wurde Vishnu im Dekhan in Fischgestalt

verehrt. Damit fällt von selbst die Hypothese von Winternitz, daß der indische Gott in Fischgestalt nichts anderes sei als der babylonische Ea, der „Oannes“ des Berosus, ein Wesen halb Mensch, halb Fisch, das die Nächte im Wasser verbringt, am Tage aber herauskommt, um die Menschen zu unterweisen, und daß der gehörnte Fisch mög⸗ licherweise einer altsemitischen Vereinigung von Stierkult und Fisch⸗ kult seinen Ursprung verdanke. Der Golt, der die Welt vor der Vernichtung durch die Flut rettet, wird in Indien nicht als ein Wesen halb Mensch, halb Fisch gedacht, sondern von der Zeit des Sata⸗ pathabrähmana, also spätestens vom sechsten Jahrhundert vor Chr. an bis zum dreizehnten Jahrhundert nach Chr. nachweislich nur als Fisch. Das Horn hat keinen religionsgeschichtlichen Grund, sondern erklärt sich einfach daraus, daß das Schiff mit einem Seile an dem Fische, der es zieht, befestigt wurde. Das Ziehen des Schiffes durch einen Fisch ist ein Zug, der der semitischen Sintflutsage ganz fremd ist. Während bei den Semiten und andern Völkern die Flut etwas Außerordentliches, einmal Vorkommendes ist, trat sie in Indien in Zusammenhang mit der Lehre von der in langen Zwischenräumen regelmäßig vor sich gehenden Zerstörung und Wiedererneuerung der Welt. Erst wird die Welt durch Feuer, dann durch Wasser ver⸗ nichtet. In den Anschauungen über die Kosmologie und die Welt⸗ perioden stimmen Brahmanen, Buddhisten und Jainas ganz überein.

Mit dem Fische des Manu hat das christliche Symbol des Fisches bereits Angelo de Gubernatis 1874 in Verbindung gebracht. Seine Darlegungen mußten aber unbeachtet bleiben, da sie sich in den schwindelnden Höhen der vergleichenden Mythologie statt auf dem sicheren Boden der indischen Philologie bewegten. Gubernatis hat Legenden herbeigezogen, die mit der Frage des Fischsymbols nichts zu tun haben, und sie in der unwissenschaftlichen Weise gedeutet, die das Merkmal der vergleichenden Mythologie ist. Damals waren guch noch lange nicht alle Materialien bekannt, auf die sich Professor Pischel in seiner Abhandlung hat stützen können, und vor allem war es ganz unklar, wo ein Einfluß des Zoroastrismus und Buddhismus auf das Christentum hatte stattfinden können. Heute wissen wir, daß dies in Turkestan der Fall war. Schon 1893 hat Ervst Kuhn darauf hingewiesen, daß im östlichen Iran mit seiner nördlichen Nachbarschaft seit Jahrhunderten Zoroastrismus, baktrischer und chinesischer Buddhismus und später Christentum in innigste Be⸗ rührung kamen, daß wir dort also die Stätte zu suchen haben, wo fremde Elemente in das Christentum eindrangen, und daß unzweifel⸗ haft die Spuren zahlreicher sein würden, wenn die Literatur der gnostischen und manichäischen Kreise uns anders als in Trümmern er⸗ halten wäre. Die glänzenden Entdeckungen von F. W. K. Müller*) haben ihm recht gegeben, und wir dürfen hoffen, bald noch mehr und umfangreicheres Material zu erhalten.

Im nächsten Jahre feiert Bayern das hundertjährige Jubiläum seiner Erhebung zum Königreich. Aus diesem Anlaß soll in Ver⸗ bindung mit der Münchener Jahresausstellung 1906 im Königlichen Glaspalast eine retrospektive Ausstellung das Kunstschaffen in Bayern während der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts in ausgewählten Werken der Malerei, Bildhauerei und der zeichnenden Künste zur Anschauung bringen. Wenn irgend möglich, wird insbesondere das Lebenswerk derjenigen Künstler dieser Zeit, die vorwiegend Staffelei⸗ bilder malten, in geschlossenen Sammlungen vorgeführt werden, da

diese intime Kunst neben der damals vorherrschenden Monumental⸗

malerei nicht so zur Geltung kaͤm, wie sie es ihrem inneren Werte nach hätte beanspruchen dürfen. Diese Ausstellung, schon im Jahre 1904 auf Anregung der bayerischen Staatsregierung für die Inter⸗ nationale Kunstausstellung 1905 in Aussicht genommen, konnte nicht zur Ausführung gelangen, da infolge des inzwischen eingetretenen des unvergeßlichen Meisters Lenbach es von der Münchener Künstlerschaft als Ehrenpflicht erachtet wurde, ibm eine Gedächtnisausstellung zu widmen. Eine gleich⸗ zeitige retrospektive Ausstellung und eine Ausstellung Lenbach⸗ scher Werke war der räumlichen Verhältnisse halber aus⸗ eschlossen; auch erschien das Jahr 1906 als für die wirkliche Sechee allein in Betracht kommend. Ein für die retrospektipe Ausstellung gebildetes Komitee, bestehend aus Künstlern und Kunst⸗ gelehrten, ist seit längerer Zeit unter dem Vorsitze des Geheimrats Dr. von Reber in Tätigkeit. Die bayerische Staatsregierung sicherte, wie die Ausstellungsleitung der Jahresausstellung in München mit⸗ teilt, dem Unternehmen tatkräftigste Unterstützung zu; von Privaten, die im Besitze von für die Ausstellung geeigneten Werken sind, wird ihr ebenfalls reges Interesse entgegengebracht.

Theater und Musik.

Lessingtheater. ““ Das Lessingtheater huldigte gestern den Manen Otto Erich durch die Aufführung seiner Komödien „Die sittliche orderung“ und „Die Erziehung zur Ehe“, die sich auf dem von dem Dichter bevorzugten Gebiet der gesellschaft⸗ lichen Satire bewegen. „Die sittliche Forderung“ ist noch frisch in der Erinnerung; das Schillertheater führte sie erst im vergangenen Winter auf und erzielte damit einen vollen Erfolg. Die gestrige Darstellung dieses zwar stark tendenziösen, aber, rein literarisch betrachtet, sehr fein zugespitzten Einakters war natürlich glänzender als im Schillertheater und seine erheiternde Wirkung daher noch eindringlicher. Die den beschränkten, sie ein⸗ engenden Verhältnissen der Kleinstadt entronnene Sängerin Rita Revera zeichnete Fräulein Triesch mit scharfen, sicheren Umrissen und gewinnendem Wesen; es gelang ihr sogar, indem sie die Gemütssaite etwas stärker anklingen ließ, eine Art Ehrenrettung des Charakters glaubhaft machen. Man begriff es, daß Rita über den von Herrn Marr ebenfalls über⸗ zeugend dargestellten unerfahrenen und linkischen Provinzialen, der sie zur Rückkehr in das bürgerliche Leben der Kleinstadt bewegen möchte, einen leichten Sieg davonträgt und ihn schließlich den Grundsätzen untreu macht, die er zuerst mit Pathos vertreten hatte. Der Drei akter „Die Erziehung zur Ehe“ ist in der Form lange nicht so geschlossen wie das vorerwähnte Stück, der zweite Akt steht nur in lockerem Zusammenhang mit den übrigen, und die auf die Sittlichkeitsheuchelei mancher Gesellschaftskreise gemünzten Bos⸗ heiten klingen vielfach zu absichtlich. Diese Komödie ist daher auch seit etwa sechs Jahren vom Spielplan der Bühnen ver⸗ schwunden. Es wird darin an einem konkreten Fall darzu⸗ legen versucht, wie verworren die Begriffe von Pflicht und oral bei einem jungen Mann aus reichem Hause geworden sind, dessen verwerfliche Neigungen von denjenigen, die seine Erziehung zu überwachen berufen sind, bestärkt, während die Regungen seines Anstandsgefühls gewaltsam unterdrückt werden. schwächern Stücke verhalf eine bis in alle Einzelheiten vorzüglich aus. gearbeitete Aufführung zu einem lebhaften Erfolge. Um die Dar⸗ stellung machten sich die Damen Albrecht, Triesch und Schiff, die Herren Rickelt, Ziener, Grunwald besonders verdient. 1

Theater des Westens.

Auf der Charlottenburger Opernbühne wurde gestern die Winter⸗ spielzeit mit dem erfolgreichsten neuen Werk der verflossenen Saison, mit Wolf⸗Feraris anmutigem mnsikalischen Lustspiel „Die neu⸗ gierigen Frauen“ wieder eröffnet. Das Haus war gut besucht, und die Zuhörer bekundeten ihre Freude an den zierlichen Weisen, der belustigenden Handlung und der vortrefflichen Aufführung immer wieder durch lebhaften Beifall. Die einzelnen Rollen befanden sich in den bewährten Händen der Künstler, die sie bei der Erstaufführung schon innehatten, der Damen Doninger, Fischer, Gaston und Linda, der Herren Hansen, Stammer, Geißler, Pohl und Ziegler.

*) Handschriftenreste in Estrangeloschri Terkistas II. Teil (Berlin 1904).