1905 / 213 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 09 Sep 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Personalveränderungen. Königlich Preußische Armee.

ziere, Fähnriche usw. Neues Palais, 31. August.

Aus dem Heere scheiden am 31. Augus

Wunderlich, jetzt Komp. Chef im 3. Westpreuß. Inf. Regt. Nr. 129, v. Hirsch, jetzt Komp. Chef im Gren. Regt. Kronprinz 1. Ostpreuß.) Nr. 1; die Oberlts.: Frhr. v. Wangenheim im Leibgren. Regt. König Friedrich Wilhelm III. (1. Brandenburg.) Nr. 8, Wagner im 4. Lothring. Inf. Regt. Nr. 136, Pierer im Föf. Regt. Generalfeldmarschall Graf Blumenthal (Magdeburg.) Nr. 36, Kühl im Inf. Regt. von Wilttich (3. Kurhess.) Nr. 83, Hudemann im 5. Bad. Inf. Regt. Nr. 113; die Lts.: v. Deb⸗ chitz im Inf. Regt. Prinz Moritz von Anhalt⸗Dessau (5. Pomm.) Nr. 42, Tiller im Inf. Regt. Graf Werder (4. Rhein.) Nr. 30,

Wintgens im Inf. Regt. Graf Tauentzien von Wittenberg

(3. Brandenburg.) Nr. 20, von Dobbeler im 5. Großherzogl. Hess

Inf. Regt. Nr. 168, Schlüter im Lauenburg. Jägerbat. Nr. 9, Sibberus im Inf. Regt. von der Marwitz (8. Pomm.) Nr 61; die Oberärste: Fehland beim Inf. Regt. Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig (Ostfries.) Nr. 78, Dr. Schumacher beim 2. Bad.

Gren. Regt. Kaiser Wilhelm I. Nr. 110.

Ferner in der Schutztruppe für Deutsch⸗Ostafrika angestellt: nach erfolgtem Ausscheiden aus der Marine: Dr. Fabry, Marineassist. Arzt der Res. (Bonn), als Assist. Arzt mit Patent vom 10. Dezember 1904; nach erfolgtem Ausscheiden aus dem Königl. bayer. Heere:

Königl. bayer. Lt. im 18. Inf. Regt. Prinz Ludwig Ferdinand,

Patent vom 9. März 1902; nach erfolgtem Ausscheiden

önigl. sächs. Armee: v. Schönberg, Königl. sächs. Hauptm.,

Komp. Chef im 13. Inf. Regt. Nr. 178, als Hauptm. mit Patent

vom 22. September 1897, Ullrich, Königl. sächs. Lt. im 8. Inf.

Regt. Prinz Johann Georg Nr. 107, als Lt. mit Patent vom 24. August 1900. 1“ .“

MNr. 37 des „Zentralblatts für das Deu sche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 8. September, hat folgenden Inhalt: 1) Konsulatwesen: Ermächtigung zur Vornahme von Zivilstandsakten; Erequaturerteilung. : stizwesen: Er⸗ richtung einer neuen Strafregisterbehörde in München. 3) Zoll⸗ und Steuerwesen: Veränderung in dem Stande und den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. 4) Marine und Schiffahrt: Berichti⸗ gung zum Internationalen Signalbuch. 5) Polizeiweisen: Aus⸗ weisu Ausländern aus dem Reichsgebiet.

Statistik und Volkswirtschaft. Zur Arbeiterbewegung.

Gexgen 2500 Töpfer Berlins und der Umgegend, lokal⸗ und zentralorganisiert, beschlossen, der „Voss. Ztg.“ zufolge, in einer am Donnerstag abgehaltenen Versammlung, in eine 18 ebee ein⸗ zutreten. Sie beauftragten eine aus beiden Organisationen zu gleichen Teilen gewählte Kommission, den geltenden Tarif, der am 31. Dezember d. J. abläuft, zu kündigen und den Arbeitgebern in kürzester Frist neue Forderungen zur Annahme zu unterbreiten, deren hauptsächlichste sind: „Ein Lohn⸗ zuschlag von 25 v. H. auf vier⸗ und fünfeckige glatte sowie Ein⸗ fassungsöfen; ein solcher von 10 v. H. auf vier⸗ und fünfeckige Mittel⸗ simse; ein Zuschlog von 20 v. H. auf Kochherde und 40 v. H. auf Waschherde.“ Sie begründen ihre hohen Forderungen mit der herrschenden und weiter zunehmenden Teuerung.

Zur Lohnbewegung der Holzarbeiter in Cöln (vgl. Nr. 205 d. Bl.) wird der „Rh.⸗Westf. Zig.“ telegraphiert: Die vor⸗ gestrige Versammlung des Arbeitgeberschutzverbandes der deutschen Tischlermeister und Holzindustriellen beschloß, das Angebot des Cölner Gewerbegerichts, zur Beilegung des Streiks als Einigungs⸗ amt zu dienen, abzulehnen. Die Lage der vom Streik be⸗ troffenen Betriebe sei durchaus günstig. Es fänden sich ge⸗ nügend Arbeitswillige, um die dringendste Arbeit fertig zu stellen. Gleichzeitig faßte die Versammlung eine Reso⸗ lution, in der mit Entrüstung Kenntnis genommen wird von einem Beschlusse der städtischen Behörden, die Arbeiten an den zu er⸗ richtenden Hospitalbauten im Gesamtbetrage von 2 ¾1 Millionen Mark nur an einen oder zwei Großunternehmer zu vergeben. Die Ver⸗ sammlung erblickt in dem Vorgehen der städtischen Behörden eine roße Schädigung des gesamten Baugewerbes und beauftragt den Voeftand, gerignete Schritte zu unternehmen.

Eine von der Vereinigung der Silberfabrikanten den Silberarbeitern in Hanau auf deren Forderung hin bewilligte

Neuregelung der Lohn⸗ und Arbeitsbedingungen genügt, wie die u9

„Irkf. Ztg.“ berichtet, den Silberarbeitern nicht. In einer von einer Versammlung der Silberarbeiter neuerdings einstimmig gefaßten

Resolution wird erklärt, die Arbeiter könnten in den Beschlüssen

der Fabrikanten kein Zugeständnis auf ihre Forderungen er⸗ blicken, eher eine Verschlechterung der jetzigen Arbeitsverhältnisse, und müßten deshalb die Beschlüsse der Fabrikanten ganz entschieden zurück⸗ weisen. In der Resolution wird ferner erklärt, daß die Arbeiter ihre Forderungen voll und ganz aufrecht zu erhalten und auf alle Fälle zur Durchführung zu bringen gedächten. Es soll dem Vorstand des Fachvereins und der Agitationskommission überlassen bleiben, die ge⸗ eigneten weiteren Schritte in der Angelegenheit einzuleiten.

Die Korn⸗Akkordschauerleute in Hamburg baben, wie „W T. B.“ meldet, gestern wegen Lohnstreitigkeiten die Arbeit ein⸗ gestellt. Am Ausstand sind etwa 525 Mann beteiligt. Auf 15 mit Getreide im dortigen Hafen liegenden Dampfern ruhte infolge dieses Ausstandes die Arbeit.

Die kürzlich organisierten Handwerker und Arbeiter des

Baugewerbes in Bremerhaven und Geestemünde, etwa

2000 an der Zahl, wurden dem „W. T. B.“ zufolge gestern abend laut Beschluß des Arbeitgeberverbandes im Baugewerbe ausgesperrt, weil die im Streik befindlichen Tischler nicht, wie gefordert wurde, gestern morgen die Arbeit wieder aufgenommen haben.

In Worms beschlossen nach der „Frkf. Ztg.“ die Schreiner⸗

Stimmen, die sofortige Kündigung einzureichen, da ihr kürzlich aufgestellter Tarif bei den Arbeitgebern so wenig Entgegenkommen fand, daß sie nicht einmal in Verhandlungen darüber eintraten.

Unter den Schiffern in Aussig ist, wie dasselbe Blatt erfährt, eine Lohnbewegung entstanden. Sie verlangen für die Strecke Aussig Magdeburg eine Lohnerhöhung von 70 auf 90 monatlich. Die Elbschiffahrtsgesellschaften lehnten dies ab und vertrösteten die Schiffer auf den Oktober.

Der Ausstand der Gießereiarbeiter in Rorschach (vgl. Nr. 211 d. Bl.) hat, wie „W. T. B.“ berichtet, zu fortgesetzten Gewalttätigkeiten gegen zugereiste Arbeiter gefuüͤhrt. Infolge⸗ dessen ist über die Stadt der Belagerungszustand vervhängt worden; sie wurde heute früh 2 ½ Uhr durch Truppen besetzt. Die Zahl der Aufrührer beträgt über 1000. Die Fahrscheinabgabe der sämtlichen schweizerischen Stationen nach Rorschach an Arbeiter ohne Ausweis wird gänzlich verweigert.

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t d. J. aus und werden mit dem 1. September d. J. in der Schutztruppe für Deutsch⸗Ostafrika angestellt: die Hauptleute: v. Kleist, jetzt Komp. Chef im Füs. Regt. Prinz Heinrich von Preußen (Brandenburg.), Nr. 35,

Pfarren ihr G

Literatur. Der evangelische Geistliche. Kaum ein zweiter Stand hat so viel für die kulturelle Ent⸗

wicklung des deutschen Volks geleistet wie der evangelische Pfarrer⸗ stand. Hervorragende Vertreter aller Gebiete der Kunst und Wissen⸗ schaft sind aus den Pfarrhäusern hervorgegangen, aus denen sie eine ideale Lebensauffassung und sittliche Kraft als ihr Erbe mitbrachten. So ist, ganz abgesehen von dem schwer wägbaren Einfluß, den die seelsorgerische Tätigkeit an sich unzweifelhaft in kultureller Beziehung ausgeübt hat, die Kultur⸗ und Geistesgeschichte unseres Volks innig mit dem evangelischen Pfarrerstande verwachsen, in dessen Ent⸗ wicklung sich zugleich die Kulturentwicklung der Gesamt⸗ heit widerspiegelt, da er stets in enger Fühlung mit dem Volksleben blieb. Der Freund der deutschen Kulturgeschichte wird deshalb der Geschichte gerade dieses Standes ein lebhaftes Interesse entgegenbringen. In Eugen Diederichs Verlag in Jena ist soeben als 12. Band der Monographien zur deutschen Kulturgeschichte (4 ℳ, geb. 5,50, ℳ) unter dem Titel „Der evangelische Geist⸗ liche“ eine reichillustrierte Sonderdarstellung von Paul Drews erschienen, die sich durch eine streng sachliche, auf Quellstudien fußende Darstellung und durch ein verständnis⸗ und liebevolles Eingehen in den reichen Stoff auszeichnet. Drews verfolgt die Geschichte des evangelischen Geistlichen von der Reformationszeit an bis zum Schluß der Aufklärungs⸗ zeit. Seine Schilderungen sind durch 110 Abbildungen und Beilagen nach Originalen, größtenteils aus dem 15. bis 18. Jahrhundert, ge⸗ schmückt. Aus den derben, oftmals aber genialen Holzschnitten der Reformationszeit spricht der ungebändigte Kampfgeist jener bewegten Zeit, in der sich beide Lager in der Verunglimpfung und im Ver⸗ achtlichmachen des Gegners zu überbieten suchen; die späteren Bilder schildern mehr das kirchliche Leben, vornehmlich die Kultushandlungen. Mit der Entwickelung des Kunstlebens in Deutschland hängt es zu⸗ sammen, daß mit Ausnahme von Chodowiecki in den Bildern fast ausschließlich süddeutsche Meister vertreten sind. b

Die Reformotion zerstörte die Hierarchie, sie machte den einzelnen Pfarrer selbständig und gab ihm die Familie wieder. Die Glieder des neuen geistlichen Standes konnten sich auf kein ererbtes Privi⸗ legium, auf keine priesterliche Sonderstellung berufen. Der neue Stand konnte sich nur durch eigene Tüchtigkeit behaupten. Drei Faktoren haben im wesentlichen den neuen evangelischen Pfarrstand geschaffen: die theologischen Fakultäten, die evangelischen Obrigkeiten und die Besten im Pfarrstande selbst. Die Entwickelung war allmählich und oft gehemmt; aber schon im Dreißigjährigen Krieg ist der neue Stand sittlich so gefestigt, daß er die größte, ja die einzige sittliche Stütze der Nation werden kann und sich innerlich den breiten Volksschichten, namentlich auch den Bauern zu nähern vermag, die seit Jahrhunderten dem geistlichen Stand mit Verachturg und Argwohn ferngestanden hatten. Der evangelische Pfarrerstand hat sich zunächst aus dem katholischen Priesterstand entwickelt, so stark er sich in seinem innersten Wesen von diesem abhebt. Außer den zur neuen Lehre übergetretenen Geistlichen war er auf Zuzug aus dem Handwerk und dem kleinen Bürgerstand angewiesen; das brachte naturgemäß eine niedrige Kulturstufe in der ersten Zeit mit scch. Die vom Kurfürsten von Sachsen seit 1526 eingeführten Visitationen strebten vor allem eine Sichtung und Hebung des Pfarrerstandes an. Aber nur allmählich konnte vorgegangen werden, denn noch mangelte ein besser gebildeter Nachwuchs. Im Kurfürstentum Sachsen, das sich zuerst einer Regelung dieser Ver⸗ hältnisse erfreuen konnte, wurde bereits 1527 von jedem, der in ein geistliches Amt eintreten wollte, eine Prüfung verlangt; 1544 wurde

auf einer Konserenz in Leipzig sogar schon beschlossen, keinen als Geistlichen anzustellen, der nicht eine Zeitlang auf einer Universität;

war; wird ein Nichtstudierter vorgeschlagen, so soll er erst nach Leipzig zum Studium gehen; falls das nicht möglich ist, soll er wenigstens bei einem Superintendenten oder Pfarrer den Kirchendienst in praxi kennen lernen. Der kulturelle Fortschritt wurde wesentlich durch den Brauch gehemmt, daß die Berufung in das

Pfarramt nicht von einer vorhergegangenen Prüfung abhängig war, daß diese Prüfung vielmehr erst nachträglich abgelegt wurde. Wie in

der vorreformatorischen Zeit, gab es eigentlich zwei Klassen von Geist⸗ lichen: ähnlich den sacerdotes simplices und den sacerdotes

literati der römis

jene meist von sehr zweifelhafter Bildung, oft ohne jede Kenntn des Lateinischen, in gedrückter, untergeordneter sozialer Stellung.

In Weimar wurde 1550 ein zu einer Dorfpfarre Berufener ergänzende Darstellung zur Geschichte der Stände bringen soll. Im

leichter geprüft als ein zukünftiger Stadtgeistlicher, und der Dorf⸗

pfarrer, der auf eine Stadtpfarre wollte, mußte sich einer erneuten

Prüfung unterziehen. Mit Recht bemerkt Drews: „Erst wenn man von diesem Unterschied im geistlichen Stande vor der Reformation

und während ihres Beginnes weiß, kann man recht ermessen, was es bedeutete, daß man schon so früh vön allen evangelischen Geistlichen

Universitätsstudien, ja ein fortgesetztes häusliches Studium auch in ihrem Amte forderte.“ Unter diesen Umständen kann es aber nicht wunder nehmen, wenn die Leistungsfähigkeit der ersten, ja zum Teil

auch der zweiten Generation des neuen Pfarrstandes recht gering war. Daran, daß jeder eine Predigt hätte halten

können, war garnicht zu denken. „Entlehnungen“ waren nicht nur erlaubt sondern oft geradezu geboten. Der treffliche Wittenberger Archidtakonus Fröschel z. B. ließ sich von Melanchthon „im Bewußt⸗ sein seier Schwachheit und aus Scheu, eigene Gedanken vorzutragen“, seine Predigten über das Matthäus⸗Evangelium fast vollständig aus⸗ arbeiten; die gab er dann 1558 heraus und bemerkte ohne Scheu auf

dem Titel: „geschrieben von Philipp Melanchthon“. Es entstand eine

ganze Literatur, die bestimmt war, den Pfarrern bei der Predigt Hilfsdienste zu leisten Unablässig aber arbeiteten von An⸗ beginn die Superintendenten und die Gebildeten und Tüchtigen unter

den Pfarrern daran, das allgemeine geistige Niveau des Standes zu

heben. Im Herzogtum Sachsen wird schon 1545 jedem Pfarrer von

seinem Superintendenten aufgegeben, was er von einer Visitaͤtion bis

zur nächsten an biblischen Schriften durchzuarbeiten habe. Kirchen⸗ bibliotheken werden vielfach gestiftet, und gewisse Bücher muß ein Pfarrer unbedingt besitzen. In Württemberg wird bereits 1547 für

jede Svnode (regelmäßige Konferenz der Geistlichen) die Disputation

oder Kollation über einen geistlichen locus angeordnet. Sehr gehemmt wurde die Entwicklung durch die niedrige soziale Stellung des Gros des Pfarrstandes. Auf dem Lande hatten die

Ffarrer meist unter der Gleichgültigkeit, jz dem Haß der Bauern, die durch die zu entrichtenden Abgaben noch genährt wurden, sowie

unter der anmaßenden und nichtachtenden Behandlung der adligen Patrone zu leiden. Die Konsistorien konnten nicht immer den er⸗

esellen, etwa 200, in einer Versammlung mit allen gegen vier wünschten Schutz hiergegen gewähren. Die größte Schwierigkeit aber,

den Pfarrerstand zu heben und ihm einen tüchtigen Nachwuchs in ge⸗

nügender Zahl zuzuführen, lag in den erbärmlichen Einkommens⸗ verhältnissen, die schon in katholischer Zeit zum Teil überaus kläglich

gewesen waren, was die Vikare und Kapläne anlangt, von denen manche aus bitterster Not einfach auf und davon gingen. Pfründe⸗ und Klosterwesen hatten die kirchlichen Finanzen derart in Unordnung

gebracht, daß die Reformation einen „finanziellen Ruin“ auf kirch⸗ lichem Gebiet vorfand. Kein Wunder, daß viele Pfarrer neben ihrem geistlichen Beruf durch Handel, Bierschenken, Geldgeschäfte und allerlei e sich durchzubringen suchten. Zunächst wurde die materielle age der Geistlichen durch die Reformation noch verschlechtert. Die pomesanische Geistlichkeit erklärte 1535 ihrem Landesherrn, daß sie kaum über 50 Einkünfte verfügten, während sie vor Zeiten drei ja viermal soviel und mehr gehabt hätten. Ein gutes Teil der früheren Einnahmen Seelenmessen, Vigilien, Festtage fiel jetzt ja fort, und in der Unruhe der Zeit hatten Bauern, Adel, Fürsten und Stadtma istrate ein gutes Teil der frei⸗ ewordenen Kirchengüter an sich gerissen, von denen bisher haupt⸗ sächlich das Einkommen der Pfarren eflossen war; zudem sperrte viel⸗ fach der katholische Adel, kraft seines atronatsrechts, den evangelischen

1“ 1“ *

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chen Kirche waren die Dorfpfarrer streng getrennt von denen der Städte, namentlich der Residenzstädte, sowohl der Bildung nach wie nach dem Ansehen, in dem sie standen. Diese waren gebildet oder gar gelehrt, in hohen Würden und oft von erheblichem politischen

chalt oder kürzte es willkürlich; damm kam, daß jetzt

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viele Pfarren bald große Familien mitzuernähren hatten. Einige von Drews aufgeführte Zahlen mögen das finanzielle Elend beleuchten. In Thuͤringen waren Pfarreien mit einem jährlichen Bareinkommen von 15 Gulden (nach heutigem Gelde 270 300 ℳ) nicht selten. Besser stand es in Norddeutschland, am besten in Hamburg. Doch auch im Norden gab es wirtschaftliches Elend genug in den Pfarrhäusern. 1544 klagt z. B. ein Pfarrer, daß er jährlich nur 3 Gulden Ein⸗ nahmen habe, zu denen die Leute aus gutem Willen noch 2 Scheffel Korn gaben. Ein anderer mußte alle seine Bücher verkaufen, Wum nicht zu verhungern, „denn seine Parochiane bezahlen ihn übel, auch was sie ihm selbst zu seiner Erhaltung zugelegt.“ Der größte Teil der Geistlichen in Preußen hatte nicht 40, nicht 30, nicht 20 Einkommen. Knipstov erzählt, er sei als Diakonus an St. Marien in Stralsund nur durch den Nähverdienst seiner Frau vor dem Lose, betteln zu müssen, geschützt worden. Der Steuerfreiheit, deren sich die Geistlichen erfreuten, standen sehr erhebliche Lasten gegenüber, vor allem die Verpflichtung zum Deichbau und die andere, Kapläne und Lehrer frei zu beköstigen und zu besolden. Die Obrigkeit vor allem in Sachsen suchte der Not nach Möglichkeit zu steuern; doch dauerte es Jahrzehnte, ebe eine feste Grundlage durch die Visitatoren gelegt war. Vielen Pfarreien wurde, z. B. in der Eisenacher Diszese, eine feste Zulage gewährt, in anderen Fällen suchte man sich durch das Zusammenlegen mehrerer Pfarrstellen in eine zu helfen. Auch der Herzog Albrecht von Preußen griff helfend ein. Schon 1525 erging eine Landesordnung, deren zweiter

Artikel „von Unterhaltung der Pfarrer“ eine Neueinteilung der 8 G

Parochien anordnete und bestimmte, daß jdem Pfarrer auf dem Lande „von den vermögenden Orten“ 4 Hufen Landes und 50 jährlich „überreicht“ werden sollten; dagegen sollten Beichte, Läuten, Taufe usw. frei sein. In den Städten hatten in jedem Einzelfall die Magistrate sich mit dem Geistlichen zu ver⸗ ständigen. In Hessen setzte der Landgraf Philipp das Einkommen einer Landpfarre auf 50 60 Gulden, das einer städtischen auf 70 80 Gulden fest. Die Stadtpfarrer waren überhaupt viel besser gestellt. Der Stadtpfarrer in Wittenberg bezog 1529 jährlich 200, später sogar 300 Gulden, dazu 50 Scheffel

Korn und noch 40, später 50 Gulden als Professor. Me

Diakonen bezogen ein Gehalt von 70 Gulden und 25 Scheffel Korn. In Freiburg betrug nach einer Bestimmung von 1538 das Gehalt des Pfarrers und Superintendenten jährlich 200 Gulden, das des Hofpredigers 120, das der Prediger an St. Peter und St. Nicolai j⸗ 200 Gulden jährlich; die Kapläne mußten sich mit 60 Gulden be⸗ gnügen. Vortrefflich waren die Stellen in Leipzig dotiert, wo der Superintendent ein Jahreseinkommen von 300, der Prediger ein solches von 200 bezw. 150 und die Diakonen 100 Gulden bezogen. Die Stadt Augsburg erhöhte 1544 den beiden ältesten Geistlichen ihr Gehalt auf 250 Gulden; die übrigen Pfarrer hatten 200, die Helfer 150 Gulden Einkommen. Freilich stand das nur auf dem Papier, und die Pfarrer hatten oft Mühe genug, ihre Bezüge von den meist säumigen Gemeinden herauszubekommen.

Die einigermaßen konsolidierten Verhältnisse wurden dann durch den Dreißigjährigen Krieg wieder gestört. Es gehört aber zu den schönsten

Ruhmestiteln des evangelischen Pfarrerstandes, daß er unter den schweren Prüfungen jener schrecklichen Zeit, in der er und die Seinen von den

katholischen Söldnerhorden in erster Linie und am grausamsten zu leiden hatten, treu zu seinen Gemeinden hielt und ihnen in

dem hereinbrechenden Chaos sutlichen Halt bot, den einzigen,

ibnen werden konnte. Der junge Stand bestand damals seine Feuerprobe und gewann sich einen Platz im Herzen des Volkes, aus dem ihn spätere, ihm feindliche Strömungen und seine eigenen

Irrungen und Fehler nie mehr völlig zu verdrängen vermochten.

Nach der Schilderung der Lage des evangelischen Pfarrerstandes

zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges behandelt die Drewssche Schrif

eingehend und einsichtig die Zeit des Pietismus und die der Aufklärung. Jeder Freund der deutschen Kulturgeschichte wird das schöne Buch mit Nutzen und Vergnügen lesen und es bedauern, daß die wert⸗ volle Sammlung der im Diederichschen Verlage rhsaigeänch

Monegrapbien zur deutschen Kulturgeschichte mit ihm ihren Abschlu findet

Wie der Verlag mitteilt, soll innerhalb eines Jahres ein Generalregister für sämtliche 12 Bände folgen, das die Benutzung

der Sammlung nach wissenschaftlicher wie nach künstlerischer Seite

zu erleichtern bestimmt sein wird. Als Ergänzung zu den

Illustrationen der Monographien und im engsten Zusammenhang mit ihnen soll dann im nächsten Jahre auch noch ein Atlas „Deutsches Leben der Vergangenheit in Bildern⸗ herausgegeben werden, der in etwa 1500 Abbildungen nach alten Holzschnitten und Kupfern das gesellige Leben unserer Vorfahren schildern und manche

Verein mit den 1712 Abbildungen der 12 Monographienbände werden

dann über 3000 Nachbildungen der bildnerischen Kunstwerke unserer

alten Meister vereint sein.

1“

Land⸗ und Forstwirtschaft. Getreidehandel in Antwerpen.

Das Kaiserliche Generalkonsulat in Antwerpen berichtet unterm 2. d. M. Während des ganzen Monats August war auf dem Antwerpener Getreidemarkt die Lage des Weizenmarktes überaus ruhig, und es war nur sehr beschränkte Nachfrage vorhanden. Es war dies hauptsächlich die Folge des andauernd guten Wetters. Die Nachrichten

von einer gefährdeten Ernte in Rußland und ungünstige Berichte aus

Indien verursachten eine festere Tendenz, die jedoch durch die ungemein vorteilhaften Schätzungen des nordamerikanischen und des canadischen Ernteertrages wieder aufgehoben wurde, sodaß sich die Kauflust gegen Ende des Monats noch verringerte und die Preise am Schluß einen leichten Rückgang aufwiesen. Die Nachfrage nach Weizen und Weizen⸗ mehl war ebenfalls sehr ruhig mit niedergehender Tendenz. Der

Konsum beschränkte sich auf die absolut erforderlichen Bedürfnisse und

wartete niedrigere Preise ab. 8 Die Preise stellten sich Ende August, wie folgt: Weizen: noordamerikanischer. . . . californischer ... Walla Walla.. Kurrachee, weißer. roter. Kalkutta.. . . DOregon Plata.

r.

inländischer.. Gerste: für Fetterstoff für Brauzwecke .. Hafer: russischer . ais: aamertkanischer und La Plata Odessa und Donau Weizenmehl: inländisceheaha Die Vorräte wurden am Monatsschluß, wie folgt, 30 000 1 20 000 . 1 35 000 ais: 150 000

Welternte 1905.

Die in diesen Tagen veröffentlichte Welternteschätzung des ungarischen Ackerbauministeriums veranschlagt die Ernte in Ungarn einschließlich von Kroatien und Slavonien im Jahre 1905, wie folgt: Weizen 46,16, Roggen 14,27, Gerste 14,13, Hafer 12,63, Mais

27 Millionen Meterzentner, wovon der Exportü Weizen 14,5, Roggen 2,8, Gerste 3,5, Faser 28. Mais 2,5 Millionen t 58 Millionen 9 Mill. Meter⸗

Frankreich d: Weizen 21,5,

berfluß Ungarns an

Meterzentner beträgt. Die Schätzung führt unter tierenden Staaten an: 85 Meterzentner Weizen, 14,5 Mill. Meterzentner Gerste, zentner Hafer, 25,5 Mill. Meterzentner Weizen 11, Mais 3,5 Millionen; Deutschlan Roggen 10, Gerste 15,5, Hafer 5,5, Mais 9,5 Millionen;

Weizen 15,5, Roggen 3, Gerste 2,25, Millionen; Belgien:

Hafer 3,5, Mais 3,5 1,1, Gerste Weizen 5, Rogg

Millionen; Millionen; Niederlande: Gerste 2,1, Mais 3,25 Millionen Meterzentner. importierenden Staaten Schweiz, Dänemark, Portugal und Grie einen Gesamtimportbedarf an: Weizen 16, Hafer 2, Mais 3,5 Mill. Meterzentner. Der G importierenden Staaten Roggen 24, Gerste 42, Hafer 25, Mais 59,5 Mill. Meterzentner. Die exportierenden Staaten mit Ausschluß von einen Ueberschuß, Weizen 27,5, Roggen 7, Gerste 19, Hafer 6,5, ler; Rumänien und Bulgarien Ostindien: Weizen 11 Millionen; die von Amerika: Weizen 32,5, Gerste 2,25, Argentinien: Weizen 29, Mais 19 Mill. Meterzentner. Gesamtüberschuß der exportier S zen . Roggen 13,5, Mais 65,5 Mill. Meterzentner. ein Minus von 5,4, bei Gerste ein Minus von 11,3, bei Mais ein Plus von 7,59 Mill. Meterzentner. Daten ergeben, daß bei approximativer Schätzung Getreideertrag um 79,2 Mill. Meterzen ist als der des Jahres 1904, und zwar des vorigen Jahres 3017,6 jährigen Aussichten auf 2938,41

Schweden,

Roggen 6, Gerste 2,5, esamtbedarf der

Norwegen,

Rußland an Mais 3,5 Mill. Meter⸗ Weizen 14 Millionen; Vereinigten Staaten Mais 33,5 Millionen;

enden Staaten Gerste 31,5, zeigt sich bei Minus von 10,5, ein Minus von 8,35, Die angeführten der diesjährige tner geringer betrug das Ernteergebnis Mill. Meterzentner, wogegen die dies⸗ Mill. Meterzentner veranschlagt er Die einzelnen Getreidearten weisen auf: 868,38 Mill. Meterzentner gegen 866,10 des Vorjahrs, Rog 391,2 gegen 460,9, Gerste 286,33 gegen 300,7, Hafer 501,17 gegen 547,5, Mais 891,33 gegen 842,4 Mill. Meterzentner des Jahres Die in Europa sich zeigenden Minderergebnisse finden Deckung in vorjährigen Vorräten, die in der ganzen Welt folgendermaßen geschätzt werden: Weizen 31,45, Roggen 19,5, Gerste 6,65, Hafer 23,6, Mais 9,95 Millionen Meterzentner. Importbedürfnisse Europas werden durch die überseeischen Staaten, b reichen Erträgnisse in von Amerika Deckung finden, woher ein größerer Import (Wien. Ztg.)

Hafer 16,5,

insbesondere durch die den Vereinigten

zu gewärtigen ist.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und maßregeln. Niederländisch⸗Indien. Nach einer Verordnung des Generalgouverneurs von Nieder⸗ ländisch⸗Indien vom 2. August d. J ist wegen Ausbruchs der Pest uagrantäne gegen Mauritius verhängt worden.

Absperrungs⸗

Hamburg, 8. September. Die an Cholera Eppendorfer Krankenhause Behandlung neue Choleraerkrankungen

(W. T. B.)

(X ) Amtlich wird mit⸗ erkrankte Frau ist gestern nachmittag

befindlichen raer! G nicht zur Kenntnis der Bebörden gelangt. Die bisher auf dem Dampfer „Bulgaria“ isolierten russischen Auswanderer werden heute, da während der sechstägigen ärztlichen Beobachtung keinerlei verdächtige Erkrankungen vorgekommen sind, ab⸗

St. Petersburg, 8. September. burger Telegraphenagentur“.) Cholera bedroht erklärt worden. gs der Weichsel in Neschawa und

(Meldung der „St. Die Weichselprovinzen sind für von Beobachtungs⸗ 1 Nowyidwor er⸗ richtet worden. 1

Handel und Gewerbe.

Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel und Industrie“.)

Verwendung von Trommel⸗ oder Zylindermühlen im Minenbetrieb von Transbvaal.

Die im Goldminenbetrieb Transvaals angestellten Versuche mit der Verwendung von Trommel⸗ oder Zylindermüblen sind seither fortgesetzt worden und haben scheinbar günstige erst gehegten übertrieben at sich doch feststellen lassen, daß si etwas höhere

n sich auch die zu verwirklicht haben, so h Ermäßigung der

en Hoffnungen nicht

Betriebskosten trak⸗ durch Verwendung Die Vorteile burger Tageszeitung Das bekannte größte südafrikanische in Johannesburg hat beschlossen, auf Kontrolle (es sind dies etwa 30) Trommelmühlen Die Ingenieurabteilung des Hauses hat deshalb vor einiger an Agenten großer erden und

Veröffentlichung Leader“ eingehend besprochen. Minenhaus H. Eckstein u. Co. fast allen Minen unter seiner

ei Johannes⸗ „The Transvaal

einzuführen.

Spezifikationen Fabrikanten von Minenmaschinerie in Pretoria verteilt w Inforderungen die Ingenieure der Firma an ähr stellen.

und Pläne angefertigt, zeigen, welche und Konstruktion der zu bestellenden Mühlen ungef Ausschnitt aus der Johannesburger Tageszeitung sowie die vor⸗ erwähnten Spezifikationen und Pläne liegen im Reichsamt immer 174,

während der nächsten Berlin W., zur Ansicht aus und können ndelskammern und Vereinen auf Antrag (Nach einem Bericht n Peetoria.)

Wilhelmstraße 74, nach Ablauf dieser Frist für kurze Zeit zur Ansicht übersandt werden. andelssachverständigen bei dem Kaiserlichen Konsulat i

uren. Laut Verfügung ist die Konsularfaktura an auszustellen;

Ausstellung der Konsularfaktu

des Finanzministers vom 12. Juni d. J. dem Orte, von dem aus die Versendung Ort ist nicht immer der Verschiffungshafen. die von einem anderen Orte kommen, Bestimmung nach der Republik Panama verschifft werden sollen, so müffen die an dem Ursprungsorte der Wa sul der Republik Panama zwecks Aufnahme t werden: es ist nicht notwendig, Stellt es sich heraus, daß ktura angegebenen Preise der Waren hat der Konsignatar dies in seiner

widrigenfalls er die Geldstrafe ver⸗

Hafen mit der

i ren ausgestellten Kon⸗ sularfakturen dem Kon in das Ladungsverzeichnis vorgele eine neue Faktura ausstellen zu hinsichtlich der in der Konsularfa ein Irrtum untergelaufen ist, so Erklärung unter Eid anzuzeigen, wirkt, welche das Gesetz über die Personen verhängt, d Fakturen oder Zertifikate vorlegen, in denen der Wert der Waren ge⸗ (Journal officiel de la République Frangçaise.)

ie unter Eid

Konkurse im Auslande.

Rumänien. auer in Galatz. Anmeldung der Forde⸗

rungen bis 2./15. September 1905. Verifikation der Forderungen 25. September 1905. 8 8

Fallite Firma: H. Gr

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Kols an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind 8. d. M. gestellt 19 955, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine üe 8— 18 In E sind am 7. d. M. gestellt 6611, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine agen. v11“

üb sterr Nacchwei s u n.

er gestellte und nicht gestellte Wagen für die in den

Uifr, Habnbiterund nict. hef Magdeburg, Halle und Erfurt belegenen Kohlengruben.

sEs wurden Wagen, auf 10 t 1905 . echnet,

Monat Tag gestellt nicht gestellt

August 16 4427 238 8 17 4474 173

1 18 4537 139

19 4703 121 2 4940 23 4778 111 4745 120 4737 11I 4759 84 4915 103

5232²2 15 5110 13 3 5018 85 31 5078 12 zusammen.. 67453 1347 Durchschnittlich für 1188. 4814 96 den Arbeitstag [1904 4766 120

Sonntag

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Von dem Berliner Pfandbriefinstitut sind bis Ende August 1905: 19 182 000 3 ½ % ige, 21 975 900 4 % ige, 45 933 300 4 ½ % ige, 9 765 600 5 %oige alte Berliner Pfandbriefe und 17 320 700 3 % ige, 121 581 500 3 ½ % ige, 37 482 000 4 % ige neue Berliner Pfandbriefe, zusammen 273 241 000 Pfand⸗ briefe, ausgegeben worden, wovon noch 6 6060 00 3 ½ % ige, 5 880 600 4 % ige, 4 901 700 4 ½ %o ige, 1 092 300 5 % ige alte Berliner Pfandbriefe und 14 404 900 3 % ige, 115 515 300 3 ½ % ige, 31 697 800 4 % ige neue Berliner Pfandbriefe, zusammen 180 098 600 Pfandbriefe, von den Grundstückseigentümern zu ver⸗ zinsen sind. In der Zeit vom 1. September 1903 bis 31. August 1905 sind 421 Grundstücke mit einem Feuerkassenwerte von 80 527 675 zur Beleihung mit neuen Berliner Pfandbriefen ange⸗ meldet worden. Von den darauf erfolgten Zusicherungen sind 39 131 500 noch nicht abgehoben worden.

Der Gesamtausschuß der Zentrale für Spiritus⸗ verwertung, G. m. b. H., hat in seiner vorgestrigen Sitzung be⸗ schlossen, für das Geschäftsjahr 1905/06 1) die Produktions⸗ bindung auf der Grundlage zu erneuern, daß eine Erzeugung von 100 % des für das Jahr 1903/04 den Brennereien ur⸗ sprünglich freigegebenen Produktionsmaßes zuͤgelassen wird, 2) bei ausreichender Beteiligung den Abschlagspreis vom 1. Oktober 1905 an auf wenigstens 42 fefstzusetzen. Für das Inkrafttreten der Produktionsbindung wird wiederum eine Beteiligung von mindestens 92 % des landwirtschaft⸗ lichen Kartoffelkontingents gefordert. Eine über 92 % aus⸗ gledehnte Beteiligung soll unmittelbar zu einer Erhöhung des Abschlagspreises führen, und zwar auf 42 ½ ℳ. bei 93 % Beteiligungs⸗ ziffer, 43 bei 94 % Beteiligungsziffer, 43 ½ bei über 95 % Be⸗ teiligungsziffer.

Aus Jahresberichten von Handelskammern. Nach dem Jahresbericht der Handelskammer zu Solingen für das Jahr 1904 war die Beschäftigung in der Solinger Stahlwaren⸗ industrie im allgemeinen befriedigend, hier und da sogar etwas besser als im Vorjahre. In den Arbeitslöhnen traten keine wesentlichen Veränderungen ein. Indessen sind verschiedene Rohmaterialien im Preise gestiegen, so Perlmutter, das großen Schwankungen unter⸗ worfen war, geschlagene Scheren und Messer, Messing und Backen. Auch die Preise für Elfenbein und Hirschhorn hatten steigende Richtung. Diesen Erhöhungen gegenüber auch Aufbesserungen der Fabrikatpreise zu erzielen, war nicht möglich. Im Gegenteil, es wird von den verschiedensten Seiten berichtet, daß besonders diejenigen Fabrikanten, die die zwischen den Fachvereinen der Fabrikanten und Arbeiter vereinbarten Löhne zahlen, sich vielfach mit einem sehr bescheidenen Nutzen begnügen müssen oder überhaupt nicht mehr konkurrenzfähig sind. Die Schuld daran trägt der überaus scharfe Wettbewerb und die Preisunterbietungen, über die vielfach geklagt wird. Die Aufnahmefähigkeit des inländischen Marktes hat wieder zuge⸗ nommen. Doch war auch in diesem Jahre die Konkurrenz der Thü⸗ ringer Industrie, die von Solingen aus durch Lieferung geschlagener Klingen unterstützt wird, in billigen Tisch⸗, Brot⸗ und emüsemessern recht fühlbar. Der niedrige deutsche Zoll ermöglicht es auch der böhmischen Industrie, einige Spezialartikel wie Jagd⸗ messer und Scherenmesser nach Deutschland zu verkaufen. Die Blech⸗ preise lagen infolge der Regelung durch die Syndikate fest, die Preis⸗ reduktion erfolgte daher auf osten der Fabrikanten. Nach den Jahresberichten der Handelskammern zu Duisburg für 1904 und zu Ruhrort für 1904,5 zeigt die gesamte Verkehrs⸗ bewegung in den beiden Häfen in den Jahren 1900 1904 das folgende Bild: 1903: Duisburg 8 470 456 t, Ruhrort 8 337 188 t, 1904: Duisburg 8 239 979 t, Ruhrort 7 732 240 t. Der Bericht über den Gang des Handels, der Gewerbe und der Schiffahrt in Elbing im Jahre 1904 teilt über die Lage der Tabakindustrie mit, daß die kleine Aufbesserung der gesamten wirtschaftlichen Lage, die sich im Jahre 1903 bemerkbar machte, er⸗ freulicherweise auch im Jahre 1904 anhielt. Der Zigarrenverbrauch hat sich infolgedessen wenn auch nur in geringem Maße weiter gehoben; dieses zeigte sich hauptsächlich 9 Zigarren in mittleren und teuren Preislagen, während bei den billigen Sorten die Konkurrenz der Zigarette immer fühlbarer wird. Die Folge dieser sich tark bemerkbar machenden Konkurrenz ist ein Ueberangebot billiger Zigarren, das die Ansprüche an die Qualität, Fasson und Packung steigert und den Gewinn der Fabrikanten herabdrückt. Die Handelskammer für den Kreis Siegen teilt im Jahresbericht für 1904 u. a. mit: Die Erträge der Aktiengesellschaften des Bezirks in der Eisenindustrie sind gegen das Vorjahr weiter zurückgegangen. Von den 19 Aktiengesellschaften haben nur 9 eine Dividende verteilt. Unter diesen 19 Aktiengesellschaften befinden sich dem Betriebe nach 4 gemischte Werke, 7 Hochofenwerke, 2 Walzwerke, 2 Eisen⸗ bezw. Walzengießereien, 1 Fabrik für Eisenkonstruktionen, 2 Maschinenfabriken und 1 Verzinkerei. Eine Dividende zahlten: 1 gemischtes Werk (5 %), 5 Hochofenwerke (1, 3, 4, 5 und 7 %), 2 Maschinenfabriken (3 und 5 %) und die Verzinkerei (3 ½ %). Nach dem Jahresbericht der Großherzoglichen Handelskammer zu Bingen a. Rh. für das Jahr 1904 ist der Haupthandelszweig des Bezirks, der Weinhandel, schon seit fünf Jahren im Rückgang be⸗ süiften und auch das abgelaufene Jahr hat eher eine Ver⸗ chlechterung als Besserwerden gebracht. Die Hauptursache bierfür mag wohl, die fast überall eingetretene, den Weinkonsum beeinträchtigende Verminderung der Einkommen sein, der sich jedoch noch viele andere Faktoren anreihen. Zu diesen zählt in erster Linie die immer mehr umsichgreifende Anti⸗ alkoholbewegung. Ein weiterer Grund für die Abnahme des Wein⸗ konsums ist der stets wachsende Bierverbrauch; die mißliche Lage des Weinhandels noch verschärfend, wirken die Exportschwierigkeiten, die namentlich durch die Vereinigten Staaten von Amerika, die früheren

1902 1903 1904 1902 1903 1904

Hauptabnehmer, ins ungemessene gesteigert werden, sodaß der Massen⸗

versand von Weinen mittlerer Qualität bald kaum noch möglich sein wird.

Nach dem Jahresbericht der Handelskammer für den Kreis Mann heim für das Jahr 1904, zweiter Teil, ergibt der Gesamt⸗

verkehr Mannheims, wie er sich in den letzten 20 Jahren innerhalb

der durch die Eingemeindung von Käferthal, Waldhof und Neckarau

vergrößerten Gemarkung der Stadt einschließlich Rheinau entwickelt

hat, in Millionen Tonnen à 1000 kg folgendes Bild:

Badische Preuß. u. Hess. Hafen. Gesamt⸗ Bahn Eisenbahn verkehr

1885 Sv 1886 1887 1888 1889 1890 1891 1892 1893 1894 1895 1896 1897 1898 1899 1900

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1904 3,28 8 Erschienen sind ferne

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die Jahresberichte der Handelskammern für

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die Kreise Mühlhausen i. Thür., Worbis und Heiligenstadt,

Stolberg (Rheinland), Wesel, Straßburg i. E. und der Gewerbekammer zu Dresden.

Vom oberschlesischen Eisenmarkt berichtet die „Schlesische Ztg.“: In der verflossenen Woche war die Abschluß⸗ tätigkeit reger geworden, ohne daß der Oberschlesische Stahlwerks⸗ verband in den Preisen nachzugeben brauchte. Die kürzlich erfolgte Verlängerung des Stahlwerksverbandes sowie die erfolgreich vor sich gehenden Unterhandlungen mit dem Düsseldorfer Stahlverbande und dem Concern der westlichen Handelseisenwalzwerke haben insofern eine erfreuliche Wirkung ausgeübt, als die Lage des Walzeisenmarktes beruhigter geworden ist, und die seit einiger Zeit zurückgehaltenen Spezifikationen in den letzten Tagen wieder etwas flotter eingingen. Der Absatz ist namentlich in Eisenbahnmaterial, Schiffs⸗ hauprofilen und Konstruktionseisen gegen das Vorjahr stärker, und die in letzter Zeit hereingekommenen Schlüsse aus diesen Absatzquellen gewährleisten auch für die nächsten Monate regelmäßige Arbeit. Von den Kleineisenzeugfabrilen laufen ebenfalls nach wie vor umfangreiche Spezifikationen ein. Fabrikeisen in Mittelsorten geht übrigens auch nach dem Auslande besser ab. Die Verbandsnotierungen belaufen sich auf 125 bis 135 für die Tonne frachtfrei ankommenden Waggons des gemein⸗ samen und engeren Inlandsgebietes je nach Frachtlage, wobei nur die üblichen Händler⸗, Lager⸗ und Hafenbonifikationen eingeräumt werden; der Ueberpreisrabatt wird auf 33 ½ % gehalten. Aus dem Auslande hält die Nachfrage flott an, und die in Abschluß gebrachten Posten spezifiziert die Kundschaft verhältnismäßig prompt. Aus Rußland belebt sich die Nachfrage besonders auf Fabrikeisen, und die Verbandspreise finden Durchführung. Durch eine mit den öster reichisch⸗ungarischen Werken getroffene Vereinbarung gestaltet sich nunmehr auch der Absatz nach den Donauländern lohnender. Belgien hat durch billige Angebote keine Störung ausgeübt. Die für die Auslankslieferungen geltenden Grundpreise bewegen sich zwischen 95 und 110 für die Tonne ab Werk. Die Verbands⸗ organisation für Walzeisen diesseits ist fest, und die Verhandlungen mit dem Westen werden fortgesetzt. Aufträge auf Träger liegen in ausreichendem Umfange vor; man fordert noch durchschnittlich drei Wochen Lieferfrist. Einer guten Arbeitsbesetzung erfreuen sich fort⸗ gesetzt die Grobblechwerke, denn in Bau⸗, Konstruktions⸗ und Waggonblechen ist der Bedarf lebhaft geblieben. Schiffbaubleche werden von England nicht mehr so scharf umstritten wie im zweiten Quartal und Juli. Die Werke halten auf feste Preise. Der Markt in Feinblechen ist im Gegensatze hierzu noch träge, denn wenn auch der Bedarf in Stanz⸗, Emalllier⸗, Dynamo⸗ und Glanzblechen gut anhält, so macht sich doch bei der aus⸗ gedehnten Leistungsfähigkeit die Zurückhaltung betreffs der geschlossenen Spezifikationen auf Handelsfeinblechsorten fühlbar. Das Ausland ruft gut ab. In Draht und Drahtstiften haben die Werke flott zu arbeiten, ebenso sind die Rohrwalzwerke in voller Tätigkeit. Die Schienenwalzwerke haben auf Monate hinaus gute Besetzung. Der Alteisenmarkt ist noch flau, d. h. es sind genügende Mengen zu herab⸗ gesetzten Preisen zu haben. Ausländische Erze werden zu den bis⸗ herigen Preisen angeboten.

Nach einer gestern hier eingetroffenen Nachricht aus St. Petersburg wird, laut Meldung des „W. T. B.“ aus Berlin, der durch die Unruhen in Baku für die Naphthaproduktions⸗ gesellschaft Gebrüder Nobel entstandene Verlust auf etwa 600 000 Rubel geschätzt. Durch diesen Verlust werde der vorhandene Versicherungs⸗ fonds der Gesellschaft nur zu einem kleinen Teil in Anspruch ge⸗ nommen. Zur Beunruhigung der Obligationäre liege keine Ver⸗ anlassung vor. 8

Nach der Rheinisch⸗Westfälischen Zeitung“ betrug der Koks⸗ absatz des Kohlensyndikats im August rund 766 000 t gegen

rund 739 000 t im Juli d. J. und rund 636 000 t im August des

vorigen Jahres. 1

Die gestrige Garnbörse in Leipzig war, laut Meldung des „W. T.“, gut besucht, der Bedarf an Garnen für die nächste Zeit verspricht recht bedeutend zu werden, doch verhalten sich die Käufer vorläufig abwartend wegen der Unsicherheit über Preisbildung an den Baumwollmärkten. Auch Ausstandsnachrichten aus Schlesien ver⸗ stärkten die allgemeine Zurückhaltung. Kleinere Käufe für den nahe⸗ liegenden Bedarf wurden getätigt. b

In der am 8. September d. J. stattgehabten Aufsichtsrats⸗ sitzung der Chemnitzer Werkzeugmaschinen⸗Fabrik vorm. Foh. Zimmermann in Chemnitz gelangte der Abschluß für 1904/1905 zur Vorlage. Derselbe ergibt einen Gewinn vom 51 364 ℳ, der zu Abschreibungen verwendet werden soll. Die Reserven bleiben

dabei in bisheriger Höhe bestehen. 8

Die Preisnotierungen vom Berliner Produktenmarkt sowie die vom Königlichen Polizeipräsidium ermittelten Marktpreise in Berlin befinden sich in der Börsenbeilage.

Merhebe heest n easerprebbas. ochenberi vom eflügelma September 1905. dcpätts Frische Zufuhren: 8 8 Freitag Sonn⸗ Sonn⸗Mon⸗ Diens⸗Mitt⸗ Donners⸗ 8 abend tag 2* dag woch tag

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