Karthaus und Brilon sowie der Katasterlandmesser Albath in Gumbinnen zum Katastersekretär daselbst.
Dem Katasterkontrolleur Klamka in Breslau ist die Verwaltung des Katasteramts in Hoya übertragen worden.
Miinisterium für Handel und Gewerbde.
Bei der Geologischen Landesanstalt zu Berlin ist der
außeretatsmäßige Geologe Dr. phil. Wilhelm Wunstorf zum Bezirksgeologen ernannt worden.
Ministerium des Innern. “
Dem Landrat Grafen von Roedern ist das Land⸗ ratsamt im Kreise Nieder⸗Barnim,
dem Landrat Parthey das Landratsamt Schwerin a. W. übertragen worden.
Erfurt ist zum Geheimen Rechnungsreviso 5
bberrechnungskammer ernannt worden. “
vC1A““
In Gemäßheit des §46 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (G.⸗S. S. 152) wird zur öffentlichen Kenntnis
ebracht, daß auf das Aktienkapital der Cöln⸗Bonner kreisbahnen aus dem Betriebe derselben im Rechnungs⸗ jahre 1904 ein Reinertrag nicht zur Verteilun gelangt ist, und sich daher ein kommunalabgabepflichtiges
für das Jahr 1905 nicht ergeben hat.
1X“ Meldung des „W. T.
. —
Cöln, den 30. September 1905. 1 Der HKönigliche Eisenbahnkommissar. . V . 1
Lagune. Die Ein n bewohner beim Fällen der Sagopalmen.
Richtamtliches Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 5. Oktober. Der Bundesrat versammelte sich heute u einer P
I1“
lenar⸗
Justizwesen Sitzungen.
11“
1ꝝIn
Vom 4. bis 5. Oktober Mittags sind keine verdächtigen Erkrankungen oder Todesfälle an Cholera im preußischen Staat neu gemeldet worden. Cholerafälle beträgt bis jetzt, wie am 3. Oktober, 261, denen 89 tödlich verliefen. 8 J11“ “
Die Bevollmächtigten zum Bundesrat, “ sächsischer
Staats⸗ und Finanzminister Dr. Rüger, Großherzoglich badischer Präsident des Finanzministeriums Becker, Groß⸗ herzoglich mecklenburgischer Oberzolldirektor Lorentz, Herzoglich
gekommen.
B.“ ist S. M. S. „Tiger“
gestern von Tschenglin nach Hankau abgegangen. I“ 8 1“”
Hamburg. “
chaft hat gestern den Senatsantrag, be⸗ die
treffend Herstellung eines Werftplatzes für Stettiner Maschinenbau⸗Aktiengesellschaft Vulkan,
Deutsche Kolonien.
Aus Windhuk in Deutsch⸗Südwestafrika wird dem Karl
„W. T. B.“ zufolge gemeldet, daß der Sergeant Rothaug, geboren 16. Dezember 1878 zu Neu⸗Ulm, fruͤher
in der Königlich bayerischen Telegraphenkompagnie, am 1. Ok⸗
tober im Lazarett zu Keetmanshoop an Typhus ge⸗
storben ist.
Der Kaiserliche Bezirksamtmann in Friedrich⸗Wil⸗ helmshafen (Seutsch - Neuguinea), Regierungsrat Stuckardt berichtet über eine im Juni d. J. von ihm unter⸗
Kolonialblatt“ mitteilt, folgendes:
Am 11. Juni 1905, Morgens 6 Uhr, ging ich mit dem „See⸗ stern“ nach der Insel Karkar in See, um Polizeisoldaten und Arbeiter nach Ablauf ihrer Dienstzeit in die Heimat zurückzubringen. Die Absetzung der Leute nahm etwa eine Stunde in Anspruch. Das Fehlen eines geeigneten Ankergrundes verhinderte eine Erfüllung der Wünsche der Eingeborenen, sich den zum ersten Male vor Karkar liegenden Gouvernementsdampfer ansehen zu können. Gegen 4 ühr Nachmittags ging der „Seestern“ in Potsdamhafen (Mumbuan) vor Anker. Der nächste Vormittag wurde durch dienst⸗ liche Besprechungen mit dem Pater Vormann und den dort anwesenden Stationsvorstehern der Neu⸗Guinea⸗Kompagnie von Potsdamhafen, Nubia, Seleo und Walis ausgefüllt. Nach⸗ mittags wurde mit den früheren Polizeisoldaten deren Dörfern ein Besuch abgestattet. Die deutschsprechende Schuljugend be⸗ sichtigte mit größtem Interesse den Gouvernementsdampfer. Um 10 Uhr Abends wurde die Fahrt fortgesetzt. Am 13. Juni 1905 egen 9 Uhr Vormittags erreichten wir Walis. Es er⸗ olgte hier die Absetzung zweier Polizeisoldaten, die mangels eines Fahrzeuges und geeigneter Verbindung mehrere Monate über ihre Dienstzeit hinaus zurückbehalten werden mußten. Nach 1 ¼ stündigem Aufenthalte wurde die Fahrt nach Tamara fort⸗ esetzt und dort gegen 4 ½ Uhr Nachmittags vor Anker gegangen. Es solgte ein kurzer Besuch der Missionsstation.
Am 14. Juni, Morgens 4 Uhr, lichtete der „Seestern“ die Anker, um nach Waropu zu gehen. Hier war der Kompagnie⸗ dampfer „Siar“ bei seiner letzten Anwesenheit angeblich auf Schwierigkeiten gestoßen, die Bewohner sollen eine drohende Haltung angenommen und die Boote der
[die Insel schnell zu verlassen.
im Kreise den Malayen bewohnt, die in einem Boot wie die Weißen kämen;
Mlalaypen
mit
eineinkommen
Rolle
sitzung; vorher hielten der Ausschuß für 3 sowie die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verke or und für schlechte Ersahrungen Bemacht sein. Ja 1 “ . stattlicher junger Mann, der von seinen Angehörigen gewaltsam am
cholera-
Die Gesamtzahl der V von
Aus diesem Grunde wurde der Platz aufgesucht, um Näheres in Erfahrung zu bringen. Nach Passieren der Barre und der sehr seichten Lagune bis zum Dorfe eilten die Eingeborenen in großer Zahl herbei. Alle Fragen nach dem Vorfall der „Stiar“ und einem kürzli stattgehabten Kampf mit den Aropleuten, bei dem einige änner getötet sein sollen, hatten keinen Erfolg. Um 8 ½ Uhr ging der „Seestern“ nach Leitere (Mussuli, Massilia) in See, wo die Ankunft 12 Uhr Mittags erfolgte. Die Lagune, in der sich die Pfahlbauten der Bewohner befinden, wird nur durch einen schmalen Sand⸗ strand von der See getrennt. Anlaß jum Aufsuchen des latzes bot die Erzählung des Stationsvorstehers Steffens, daß ch dort drei Malayen zur Ausübung der Jagd auf Paradies⸗ vögel befänden; die Aropleute hätten erzählt, wenn sie wieder mit einem anderen Dorfe Streit bekämen, gingen sie nach Leitere zu den Malayen, ließen sich Gewehre geben und würden dann schon ihre Gegner niederwerfen. Bei dem Besuch des Dorfes fiel sogleich ein nach malayischer Art mit niedrigem Dach gebautes Haus Die Eingeborenen erklärten auch, dieses Haus würde von
seien weggefahren, als die
sie nicht da, sie sesr als sehr viele Paradiesvögel
augenblicklich seien sie wäre. Es gebe
„Siar“ gekommen
Der bisherige Eisenbahnrechnungsrevisor Stamm aus und Krontauben im Busch, und die Malaven hätten einem Einge⸗
r bei der Königlichen
bonenen namens Marek ein Gewehr zurückgelassen, um für sie zu schießen; Marek sei beim Näherkommen des Schiffes in den Busch geflohen. Nach den Beschreibungen der Eingeborenen führen die Vorderlader. Eine Durchsuchung des Hauses führte zu keinem Ergebnis. Die Eingeborenen erzählten noch, die Lagune diene vielen Krokodilen zum Aufenthalt, die Nachts auf den Gerüsten der eingefallenen Häuser schliefen, von ihnen mit Speeren erlegt würden und ein leckeres Essen abgäben. Saksak war im Dorfe in großen Mengen vorhanden. Am Ufer waren mehrere Leute damit beschäftigt, Saksak zu bereiten. Aus einem Stück einer geschlagenen Sagopalme wurde das Mark einem Steinbeil herausgehauen und sodann in einem Trog ausgewaschen, der aus dem unteren breiten Teil eines Palmenblattes bestand. Als Sieb war der Bast der Kokosnußpalme vorgebunden. Aus dem Trog lief das Wasser mit dem aus⸗ gewaschenen Sago in ein darunter gestelltes, wannenartiges Gefäß aus den Blättern des Pandanus, während die groben Rückstände im Trog zurückblieben. In der Wanne setzte sich der Sago an dem Boden nieder. Das Wasser floß in eine zweite Wanne und von da in die Die Eingeborenen klagten über Belästigung durch die Berg⸗ Da ihnen das Vorhandensein eines Gouverneurs und eines Bezirksamts völlig unbekannt war, trat ich mit ihnen wegen Abgabe einiger Leute in Unterhandlung, um sie mit den genannten Einrichtungen bekannt zu machen. Es erklärten sich auch
4 Leute bereit, mitzukommen, als sie die im Verhältnis zu den
Administration vorzüglichen Aevxte, esser usw. an Bord des „Seestern⸗ sahen. Eine große spielte außerdem die von dem Kapitän gespendete rote Farbe (Mennig). Wie an den anderen Plätzen, machte sich auch hier anfangs eine große Furcht bemerkbar, das Schiff zu betreten. Sie fürchteten offenbar, ohne ihr Einverständnis einfach mitgenommen zu werden. Es müssen wohl in diesem Punkt Den Gegensatz dazu bildete ein
5 waren der hiesigen
Mitgehen gehindert wurde und desbalb in bittere Tränen ausbrach. egen 3 Uhr verließ der Seestern“ Leitere und ging um 5 ½ Uhr vor dem Dorfe Wanimo im Angriffshafen vor Anker. Die Eingeborenen kamen alsbald in vielen Kanus, noch ge⸗ schmückt vom Siag⸗Sing tags vorher, an den „Seestern“ heran und boten allerlei Waffen zum Tausche an. Am 15. Juni d. J. waͤrde das sehr stark bevölkerte Dorf besucht. Nach einem längeren Aufenthalt unter dem Tabaranhause wurde der Rückweg zum Strande angetreten. Die Häuser erreichen eine beträchtliche Höhe und sind in Kegelform gebaut. Die Spitze ziert bei den meisten eine Orchidee, von denen mehrere in voller Blüte standen. Auch Ringe von gekeimten Kokosnüssen finden sich um manche Dächer.
Zum Schutze gegen die reichlich vorhandenen Schweine sind die Häuser
Die große Anzahl der Weiber und
der Schildkrötenschalen, sachsen⸗altenburgischer Staatsminister von Borries, Fürstlich mit reußischer Staatsminister von Hinüber, Fürstlich lippischer Staatsminister Gevekot und Bürgermeister der Freien und 1v2eends Hansestadt Hamburg Dr. Burchard sind in Berlin an⸗ 1g 5 gen.
EE1““ — — 1 umgebenden nommene Rundreise in seinem Bezirk, wie das „Deutsche
kannten geringen Wahrheitsliebe der Eingeborenen und
mit Bretterzäunen umgeben. Kinder fiel allgemein auf. Ebenso die Größe und Menge unter denen sich jedoch fast keine echtem Schildpatt befand. Es waren fast nur soge⸗
nannte grüne Schalen. Den begehrtesten Handeleartikel bildeten
Angelhaken. Von der Anwesenheit von Malayen war nichts in Er⸗ 8 ☛2 2 Eine Abgabe von Leuten wurde mit der Be.
gründung abgelehnt, zunächst müßten die bereits angeworbenen erst zurück sein. Nachdem sie noch an Bord die großen Spiegel, das Grammophon des Kapitäns und vor allem einige ihnen gezeigte Stücke Eis gebührend bewundert, letztere auch des ganzen Körpers benutzt hatten, verließ der „Seestern“ gegen 11 Uhr den Angriffshafen und ankerte Nachmittags um 7 Uhr wieder vor Damara. Unterwegs, kurz nach dem Verlassen des Hafens, wurde noch auf zwei weit außen auf See befindliche Kanus zugehalten, um nachzusehen, ob sich etwa Malayen darin be⸗ fänden. In jedem saß jedoch nur ein Wanimomann in seiner so überaus einfachen Kleidung. Sie tragen bekanntlich nur eine gelbe ausgehöhlte Frucht über dem Penis. In großer Angst nahmen sie das Segel herunter und suchten dem vorbeifahrenden „Seestern“ durch krampfhaftes Rudern zu entkommen. Erwähnenswert ist noch, daß 88* ganz außerordentlich große Herde von Delphinen am Schiffe vorbeizog.
Am 16. Juni 1905, Morgens um 6 Uhr, wurde zunächst das Damara gegenüberliegende Festland aufgesucht und zu diesem Zwecke vor der Mündung des Raju Anker geworfen. Die Einfahrt in den Fluß erfolgte mit Kanus. Nach Besichtigung der von der katholischen Mission über den Fluß angelegten Brücke fand eine Vorstellung der auf der Station Tadji seitens der Neu⸗Guinea⸗Kompagnie be⸗ schäftigten Arbeiter statt. Nach Damara zurückgekehrt, fand sich Pater Erdweg an Bord zu einer Besprechung ein. Sodann wurde noch ein zwischen den Bewohnern der Inseln Ali und Seleo über Fischerei⸗ gerechtigkeiten ausgebrochener Streit entschieden. Die Leute von Seleo beklagten sich darüber, daß die Ali Leute auf den Seleo Riffen Steine aufgerichtet und erklärt hätten, ihr Fischgebiet reiche bis zu diesen Grenzmarken und di⸗ Seleo⸗Leute hätten keine Berechtigung, dort zu fischen. Bei der be⸗ ihrer außer⸗ ordentlichen Geschicklichkeit, ihnen günstige Momente auszunutzen, hätte sich auch bei langwierigen Verhandlungen der eigentliche Rechts⸗ zustand nicht feststellen lassen. Ich habe deshalb angeordnet, daß die Ali⸗Leute auf den ihre Insel umgebenden, die Seleo⸗Leute auf den Seleo umschließenden Riffen sischen sollten. Mission, Stations⸗ vorsteher und Eingeborene sind hiervon verständigt. Nach einer Re⸗ vision des Dynamitlagerbuchs der Station Seleo wurde die Rück⸗ fahrt nach Walis angetreten. ie Ankunft dort erfolgte gegen 3 ½ Uhr. Hier wurden 2 beurlaubte Polizeisoldaten wieder an Bord genommen, denen 2 andere neu angeworbene folgten.
Abends 6 Uhr wurde die Fahrt nach Potsdamhafen an⸗ getreten. Die Ankunft erfolgte am 17. Juni 1905, Vor⸗ mittags 9 Uhr. Nach zweistündigem Aufenthalt ging der „Seestern“ wieder in See und traf Abends 7 Uhr in Friedrich⸗Wilhelms⸗ hafen ein. Am 19. Juni 1905, Vormittags 6 Uhr, wurde die Reise nach dem östlichen Teile des Bezirks angetreten. Bisher war es noch nicht möglich, die Bili⸗Bili Leute für ihre Teilnahme an der Erhebung im Juli 1904 gebührend zu bestrafen. Es wurde zunächst Constantinhafen angelaufen. Während der „Seestern“ dort vor Anker lag, suchte ich die Missionsstation Bongu auf und besprach die Bili⸗ Bili⸗Sache mit dem Missionar Hanke. Er erklärte, es sei unbedingt wünschenswert, daß den Bili⸗Bili⸗Leuten ein gehöriger Denkzettel er⸗ teilt werde. Ihr Angebot der Stellung von sechs Leuten sei, wie er sich nunmehr auf Grund der Mitteilungen anderer Eingeborener über⸗ zeugt habe, völlig unzureichend, die Bili⸗Bili⸗Leute hätten mit ihrem Angebot nur bezwecken wollen, die Stimmung des Bezirksamtmanns
„Siar“ dadurch veranlaßt haben,
zu erfahren. Ich ging deshalb westlich der Kepplerspitze mit zwei
zum Einreiben
Land, an einer Stelle, wo acht Kanus auf dem Strande lagen, um von deren Insassen Näheres über den Aufenthaltsork der Bili⸗Bili⸗Leute zu erfahren. Als die Boote an den Strand aufliefen, waren alle Eingeborene bis auf einen verschwunden. Ich erkannte in ihm einen Tamol von Regatta und beauftragte ihn, seine Landsleute herbeizurufen. Da sich deren Ankunft verzögerte, gingen wir zunächst den Strand entlang durch den Fluß Sarekak nach dem Dorf Singor, welches verlassen war, und weiter bis zu einer Stelle, wo etwa zehn halbfertige neue Hauser standen, die als jetzige Niederlassungen der Bili⸗Bili⸗Leute bezeichnet wurden. Weit und breit war niemand zu sehen. Ein Habhaftwerden der Leute war ausgeschlossen, das Niederbrennen der Häuser zwecklos. Es wurde deshalb der Rückmarsch zu den Kanus angetreten. Deren Eigentümer hatten sich trotz meiner Anordnung immer noch nicht eingefunden, sodaß von ihnen weitere Auskunft ebenfalls nicht zu erhalten war. Ich ließ daher alle Segel und Ruder von den Kanus wegnehmen und nach dem „See⸗ stern“ verbringen, um den Leuten für ihren Ungehorsam eine Strafe zuteil werden zu lassen. Segel und Ruder befinden sich hier und werden von den inzwischen wieder eingetroffenen Eingeborenen gegen Früchte wieder eingelöst. Es wurden dann noch vier Angeworbene in der Nähe der Irisspitze in ihrem Heimatsdorf abgesetzt und die Weiterfahrt angetreten.
Am 20. Juni 1905, Morgens gegen 10 Uhr, wurde Kesseloa an⸗ gelaufen. Dessen Bewohner hatten dem Bezirksamt mitteilen lassen, sie würden von den Bergleuten in letzter Zeit sehr hart bedrängt. Sie zeigten mir als ihre Gegner die Bergdörfer Chirokat und Meinau, wo gerade Rauch aufstieg. Da zum Aufsuchen dieser Dörfer mehrere Tage erforderlich gewesen wären, mußte ich die Leute auf später ver⸗ trösten. Fünf von ihnen ließen sich für das Bezirksamt anwerben. Um 5 ½ Uhr traf der „Seestern“ in Finschhafen ein und verließ dieses am 21. Juni 1905, Morgens 4 Uhr. Da sich infolge der Brandung das Landen im Huongolf zu dieser Jahreszeit sehr schwer bewerk⸗ stelligen läßt, wurde bis zur Mündung des Markham durchgefahren, wo der „Seestern“ um 12 Uhr Mittags vor Anker ging.
Booten an
Oesterreich⸗Ungarn.
Der ungarische Ministerpräsident Baron Féjérvarn wurde gestern vom Kaiser in Audienz empfangen, an der auch der Minister des Aeußern Graf von Goluchowski teilnahm. Der ungarische Minister des Innern Kristoff und der ungarische Justizminister Lanyi sind gestern früß von Wien nach Budapest zurückgekehrt.
In der gestrigen Sitzung des österreichischen Abgeordneten⸗ hauses führte bei der fortgesetzten Debatte über die Regierungs⸗ erklärungen der Ministerpräsident Freiherr von Gautsch aus: er wolle die Ausschreitungen in Brünn durchaus nicht auf Rech⸗ nung der Parteien stellen, müsse jedoch feststellen, daß ein Teil der Bruͤnner Bevölkerung sich durch gewissenlose Agitatoren, die sich im entscheidenden Moment der Verantwortung zu entziehen wußten, fortgesetzt zu Ruhestörungen und Angriffen auf fremdes Eigentum hinreißen ließ, die selbstverständlich unter allen Umständen auf das schärfste verurteilt werden müßten. Die eingeleitete Unter⸗ suchung werde völlig unparteiisch die Wahrbeit feststellen und die Schuldigen der verdienten Strafe zuführen. Die umfassendsten Maß⸗
nahmen zur Verhinderung weiterer Ausschreitungen seien getroffen,
bürgerlichen Freiheiten nicht ein⸗ werde die Regierung jedoch Der Minister⸗
doch sollten zunächst die geschränkt werden; nötigenfalls auch zu außerordentlichen Maßnahmen schreiten. präsident verwahrte Regi Voraussicht, appellierte an die moralische Macht der Parteien, die allein die nationalen Leidenschaften einzudämmen vermöge, un
erklärte, die Regierung begegne dem ihr in der Nationalitätenfrage
bei derartigen Gelegenheiten gemachten Vorwurf, die Schuld an dem
Ereignisse zu tragen, mit um so Ruhe, als sie sich bewußt sei, allen
Parteien gegenüber gleiches Recht walten zu lassen. Auf die fest⸗ egründete sachliche Auffassung der Regierung aber würden die
gumente der Straße in keiner Richtung und in keiner Weise Ein⸗ fluß üben. Während der Rede des Ministerpräsidenten entstand ein heftiger Wortwechsel zwischen Tschechisch⸗Radikalen und Deutsch⸗
Radikalen. In der fortgesetzten Verhandlung über die Regierungserklärung 8 8 8 9
sprachen dann die Abgg. Schraffl (Christl.⸗soziale Vergg.) und Bartoli (Italien. Vergg.), worauf die Debatte geschlossen wurde. Der Abg. Graf Sternberg wurde zum Generalredner gewählt. Er begann seine Rede mit einer Polemik gegen den Ministerpräsidenten und den Abg. Lecher und wurde dabei wiederholt von dem Abgeordneten Wolf durch Zwischenrufe unterbrochen. Er forderte diesen darauf mit drastischen
Ausdrücken auf, ihn nicht länger zu unterbrechen, worauf er vom
Präsidenten einen Ordnungsruf erhielt. Einen Augenblick später schleuderte Graf Sternberg gegen Wolf, der ihn neuerlich unterbrach, das neben ihm stehende Wasserglas, worauf ein unbeschreib⸗ licher Tumult entstand. Der Präsident mußte die Sitzung auf eine Stunde schließen. Nach Wiedereröffnung der Sitzung sprach der Abg. Graf Sternberg dem Hause sein Bedauern darüber aus, daß er in der Notwehr sich zu einer unparlamentarischen Handlungsweise habe hinreißen lassen. Seine Handlungsweise sei nur Notwehr gegen den Terroristen des Parlaments gewesen. Der Präsident entzog den
Abg. Grafen Sternberg hierauf das Wort und schloß unter anhaltendem
Lärm die Sitzung.
In Brünn fand gestern nachmittag das Seichenssin nis des bei den Ruhestörungen schwer verletzten und bald darauf verstorbenen Tischlergesellen Pawlik statt, an dem 15 000 bis 20 000 Personen sich beteiligten. Nachdem die Teilnehmer vom Friedhofe nach der Stadt zurückgekehrt waren, hielten, wie „W. T. B.“ meldet, die Abgeordneten Sehnal und Reichstädter Ansprachen an die Menge, in der sie diese aufforderten, im Kampfe auszuharren, jetzt aber ruhig aus⸗ einander zu gehen. Der Aufforderung wurde Folge geleistet. Der gestrige Abend verlief ruhig. Schon am Nachmittag war
das auf mehreren Straßen aufgestellte Militär bis auf eine
Kompagnie wieder in die Kasernen eingerückt.
Frankreich. .— Der Ministerpräsident Rouvier gab gestern, wie W. T. B.“ meldet, zu Ehren des außerordentlichen
„ꝗyN
deutschen Gesandten Dr. Rosen ein Frühstück, an dem
außer dem deutschen Botschafter Fürsten Radolin sämtliche Minister, der Botschaftsrat von Flotow, der Gouverneur von Algerien Jonnart Revoil sowie der Botschafter in Madrid Jules Cambon und verschiedene Beamte des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten und des Finanzministeriums teilnahmen. Der Gesandte Dr. Rosen reiste Abends nach Berlin ab. . 1
Der Kaiser hat, Agentur“ meldet, an den Marineminister einen Erlaß ge⸗ richtet, in dem es heißt: Marineoffiziere, die durch die bevor⸗ stehenden Reformen den von der Marine gestellten höheren Dienstanforderungen nicht genügen, können noch vor Erreichung der festgesetzten Altersgrenze verabschiedet werden. Falls das im Laufe der nächsten fünf Jahre eintritt, sind die Offiziere unter festzustellenden günstigen Bedingungen zu pensionieren.
In Helsingfors und in anderen Städten Finnlands finden, wie dieselbe Agentur meldet, private Versammlungen
das
Peftern, wie „W. T. B.“
wegung gegen den die Regierung gegen den Vorwurf mangelnder gZemißhandelt wurde.
wie die „St. Petersburger Telegr-.
gemünztem Gold,
über neue Petitionen zu beraten. zo ern ur Fürst Obolenski hat sich kategorisch geweigert, Petitionen anzunehmen, die dem Kaiser unterbreitet werden sollten. Gleichzeitig machte die Verwaltung den Finnländern bekannt, daß keine ihrer Petitionen in St. Petersburg angenommen werden und daß die Einberufung der Volks⸗ vertretung in diesem Jahre nicht autorisiert werden würde.
In Woronesch veranstalteten 300 Seminaristen einen Aufzug. Eine Menge von Schülern anderer Lehranstalten schlossen sich ihnen an, sodaß die Menge auf etwa 1000 Per⸗ sonen anschwoll. Sie hielten den Verkehr mit Straßenbahnen und Wagen auf; Polizei und Kosaken trieben schließlich die Menge auseinander.
Fn Baku ist die Lage noch immer nicht normal. Die Einwohner fahren fort, sich von Patrouillen begleiten zu lassen. Viele Läden sind geschlossen, Plünderung und Morde kommen täglich vor. Die Tataren weigern sich, die Verant⸗ wortung für die Ruhe im Bohrgebiet zu übernehmen und die Opfer zu entschädigen, wenn ein Schuldiger festgenommen worden ist.
Schweden und Norwegen.
Das norwegische Storthing wird am Sonnabend Karlstader Abkommen beraten. Wie das Blatt Aftenposten“ aus Christiania meldet, geht der Antrag der Minderheit des Spezialkomitees dahin, die Annahme des Karl⸗ stader Abkommens so lange auszusetzen, bis das Volk sich in einer Volksabstimmung darüber ausgesprochen habe. Im Falle einer Ablehnung dieses Antrags stellt die Minderheit den weiteren Antrag, das Karlstader Abkommen ab⸗ zulehnen und die Regierung zu ermächtigen, Schritte vorzuschlagen, auf Grund deren zwischen Norwegen und Schweden ein Abkommen getroffen werden könne, nach dem alle zwischen beiden Reichen entstehenden wistigkeiten, die nicht auf andere Weise beigelegt werden önnen, an das Haager Schiedsgericht verwiesen werden. Vier Mitglieder der Minderheit des Spezialkomitees stellen ferner den Antrag, daß die Regierung die Ueberweisung der Bedingungen für die Unionsauflösung an ein unparteiisches Schiedsgericht in Vorschlag bringen solle. 1
g. Amerika. 1“
In einer Kabinettssitzung zu Washington wurde meldet, über den chinesischen
oykott amerikanischer Waren und über die chinesischen Klagen wegen Anwendung des Chineseneinwanderungs⸗ gesetzes beraten. Es wurde beschlossen, daß einige Aende⸗ rugen in den bestehenden Bestimmungen eingeführt werden müßten.
Asien. 8 Wie das „Reutersche Bureau“ aus Tokio meldet,
gestimmt.
Der „Standard“ meldet aus Kalkutta, daß die Be⸗ Erlaß der Teilung der Provinz Bengalen wächst. In Kalkutta habe ein Auflauf statt⸗ gefunden, bei dem ein europäischer Inspektor von dem Pöbel Siebzehn Personen seien verhaftet.
Afrika.
Ben Jusef, der Anstifter der Ermordung des öster⸗ reichisch - ungarischen Vizekonsuls Madden in Mazagan, stellte sich, wie „Reuters Bureau“ aus Tanger meldet, den Behörden in Mazagan. Fünf Mitschuldige Ben Jusefs sind bereits gefangen gesetzt. 1“ 8
Statistik und Volkswirtschaft.
Außen handel des deutschen Zollgebiets mit Afrika im Jahre 1904.
In Heft XIV vom 165. Bande der „Statistik des Deutschen Reichs“ hat das Kaiserliche Statistische Amt den Warenverkehr mit den ein⸗ zelnen Ländergebieten von Afrika dargestellt.
Der Handel mit Abessinien (Einfuhr 288 000 ℳ, Ausfuhr 127 000 ℳ) ist in der Einfuhr etwas gestiegen, während die Ausfuhr abgenommen hat.
Die Einfuhr von und die Ausfuhr nach Aegypten haben in den letzten zehn Jahren beständig zugenommen. ie Einfuhr ist von 17,6 Millionen Mark im Jahre 1895 auf 63,3 Millionen Mark im Jahre 1904, die Ausfuhr von 5,8 Millionen Mark im Jahre 1895 auf 32,7 Millionen Mark im Jahre 1904 gestiegen. Gegenüber dem Vorjahre betrug die Steigerung der Einfuhr 10,9 v. H. und die der Ausfuhr 44,1 v. H. Haupteinfuhrwaren sind rohe Baumwolle (51,1 Millionen Mark) und Zigaretten (6,3 Millionen Mark). Unter den zahlrelchen Ausfuhrwaren stehen obenan: wollene, unbedruckte Tuchwaren (3,2 Millionen Mark), baumwollene, dichte Gewebe (2,9 Millionen Mark), Eisenwaren, Waren aus edlen Metallen und bdelbs.e Zfche
Die Ein uhr aus Algerien, die hauptsächlich in natürlichem phosphorsauren Kalk (Phosphat), rohem Korkhol; und besteht. ist von 9,093 Millionen Mark im Jahre 1903 auf 12,355 Millionen Mark im Jahre 1904 gestiegen. Die Ausfuhr (0,3 Million Mark) hat nur wenig zugenommen.
Die Einfuhr aus Britisch⸗Ostafrika ist von 2,167 Millionen Mark auf 2,454 Millionen Mark gestiegen, die Ausfuhr dahin aber gegenüber dem Vorjahre von 3,146 auf 1,782 Million Mark zurückgegangen. Zum ersten Male erscheinen in der Ausfuhr dahin Steinkohlen im Werte von 247 000 ℳ
Der Spezialhandel mit Britisch⸗Südafrika ist gegen das Vorjahr in der Ein⸗ und Ausfuhr erheblich gefallen. Die Einfuhr betrug 27,8 Millionen Mark und die Ausfuhr 26,5 Millionen Mark gegenüber 29,2 bzw. 41,7 Millionen Mark im Jahre 1903. Die Haupteinfuhrwaren sind: rohe Schafwolle (24 Millionen Mark), Straußfedern (1,8 Million Mark), die Hauptausfuhrwaren: Eisen⸗ waren, Maschinen, Cyankalium, Glyzerin, Klaviere, Textilwaren.
Der Spezialhandel mit Britisch⸗Westafrika ist in der Ein⸗ und Ausfuhr gestiegen. Die Einfuhr (50,3 Millionen Mark) besteht hauptsächlich in Palmenkernen (40,1 Millionen Mark). Die Ausfuhr (6,7 Millionen Mark) setzt sich aus sehr verschiedenen Waren zu⸗ sammen, deren größter Posten Branntwein (I1,5 Million Mark) ist. 8 Gehenüber dem Vorjahre stieg die Einfuhr von Deutsch⸗ — stafrika (6,410 Millionen Mark) um 61,3 v. H. und die Ausfuhr herthits (4,983 Millionen Mark) um 94,3 v. H. Die Einfuhr besteht auptsächlich in Kautschuk (1,5 Million Mark), rohem Kaffee, rohem Zienenwachs, Sisalhanf, die Ausfuhr dorthin in gemünztem Silber 1,9 Million Mark), Eisenwaren, Eisenbahnschienen, Maschinen, Kleidern, tS b Flaschen.
9 DTie Einfuhr aus Deutsch⸗Südwestafrika ist nur gerin 0,288 Million Mark). Die Ausfuhr hingegen ist infolge des Auf⸗ ands von 4,2 Millionen Mark auf 13,5 Mällionen Mark gestiegen. iese Zunahme ist namentlich durch die erhöhte Ausfuhr von Hafer, Lokomotiven und Lokomobilen hervorgerufen. In
Der General⸗
der Geheime Rat gestern dem Friedensvertrag zu⸗
3 9 111““ 1“
der Ausfuhr sind von dem eigentlichen Bedarf des Heeres nicht ent⸗ halten Pferde, Kanonen, Gewehre, Patronen, Uniformen usw. Die Einfuhr aus Deutsch⸗ Westafrika (6,5 Millionen Mark), die gegenüber dem Vorjahre um 49,8 v. H gestiegen ist, besteht hauptsächlich aus Kautschu⸗ (41 Millionen Mark), Palmenkernen (938 000 ℳ), rohen Kakaobohnen. Die Ausfuhr dorthin (6,1 Millionen Mark) ist um 17,5 v. H. gestiegen.
Französisch⸗Westafrika — Gesamteinfuhr: 6,2 Millionen Mark, Ausfuhr dorthin: 2,3 Millionen Mark — liefert Erdnüsse, Kautschuk und empfängt Baumwollwaren, Schießpulver, gemünztes Silber. Branntwein.
Die Einfuhr aus dem Congostaat (11,8 Millioaen Mark), die um 31,8 v. H. gegenüber dem Vorjahre gestiegen ist, besteht zu 95 v. H. aus Kautschuk. Die Ausfuhr (0,8 Million Mark) hat sich um 72,2 v. H. gegenüber dem Vorjahre gehoben.
Der Handel mit Liberia ist nur gering. Die Einfuhr beträgt 1,5, die Ausfuhr 0,6 Million Mark. 8
Die Einfuhr aus Madagaskar (3,8 Millionen Mack) ist
egen das Vorjahr (2,2 Millionen Mark) erheblich gestiegen; die fuhr. (178 000 ℳ) übersteigt die des Vorjahrs (171 000 ℳ) nur wenig.
Der Handel mit Marokko hat in der Einfuhr (5,5 Millionen
Mark gegen 4,6 Millionen Mark im Vorjahre) zu⸗, in der Ausfuhr (2,5 Millionen Mark gegen 4,0 Millionen Mark im Vorjahre) wesentlich abgenommen. Die Einfuhr besteht hauptsächlich in ge⸗ trockneten Mandeln (1,8 Million Mark), roher Schafwolle, Schaf⸗ fellen, Ziegenfellen, Bienenwachs, die Ausfuhr in emünztem Silber (1,4 Million Mark), ferner in unbedruckten wollenen Tuch⸗ und Zeugwaren sowie Zucker. Ddie Einfuhr aus Portugiesisch⸗Ostafrika beträgt 3,8 Mil⸗ lionen Mark gegen 2,3 Millionen Mark im Vorjahre, die Ausfuhr dahin 3,6 Millionen Mark gegen 4,5 Millionen Mark im Vorjahre. Hauptwaren der Einfuhr sind Kautschuk und Gattapercha (2,4 Mil⸗ lionen Mark), ferner roher Kaffee, Erdnüsse, Hauptwaren der Ausfuhr grobe Eisenwaren, Romanzement, Baumwollwaren.
Aus Portugiesisch⸗Westafrika wurden Waren im Werte von 9,1 Millionen Mark gegenüber 6,5 Millionen Mark im Vorjahre eingeführt. Die Ausfuhr dahin ist mit 1,9 Millionen Mark bewertet. Die wichtigsten Einfuhrwaren sind rohe Kakaobohnen (4,9 Millionen Mark), Kautschuk und Guttaperch: (2,3 Millionen Mark), ferner roher Kaffee, rohes Bienenwachs und Erdnüsse, die hauptsächlichsten Ausfuhrwaren grobe Eisenwaren, Schießvulver, Messerwaren.
Der Handel mit Tunis ist im Steigen begriffen und in der Einfuhr mit 1,2 Million Mark gegen 0,7 Million Mark im
orjahre, in der Ausfuhr mit 0,8 Million Mark gegen 0,6 Million im Vorjahre bewertet. Von den Einfuhrwaren sind hervor⸗ zuheben natürlicher phosphorsaurer Kalk, rohe behaarte Schaffelle und Zinkerze, von den Ausfuhrwaren Leder, unbedruckte wollene Strumpf⸗ waren, grobe Eisenwaren. 1
Der Handelsverkehr mit dem übrigen Afrika ist nur gering;
er beträgt in der Einfuhr 128 000 ℳ, in der Ausfuhr 179 000 ℳ
8 Zur Arbeiterbewegung.
Zum Kampf in der Berliner Elektrizitätsindustrie (vgl. Nr. 234 d. Bl.) meldet „W. T. B.“, daß in den dem Verbande Berliner Metallindustrieller angehörenden Betrieben heute folgende Bekanntmachung angeschlagen werden sollte:
„Fine Anzahl von Arbeitern der unserem Verbande angehörigen Firmen Siemens u. Halske, Akttengesellschat, und der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft haben die Arbeit niedergelegt, weil von ihnen gestellte Forderungen nicht in vollem Umfange bewilligt werden konnten; sie haben dadurch den Weiterbetrieb großer Werke un⸗ möglich gemacht Der Vorstand der Berliner Metallindustriellen hat nunmehr beschlossen, sich mit den betroffenen Firmen soli⸗ darisch zu erklären, und die S ließung der Betriebe der übrigen Ver⸗ bandsmitglieder zum 14. angeordnet.
Verband Berliner Metallindastrieller.
Auf Grund obigen Verbandsbeschlusses bringen wir zur Kenntnis unserer Arbeiter, daß unsere Fabrik am 14. Oktober, Nachmittags, geschlossen wird.
Berlin, den 5. Oktober 1905.“
Zur Arbeit in den Berliner Elektrizitäts werken haben sich in den letzten Tagen Arbeitswillige in großer Zahl gemeldet, sodaß auf allen Kraftstationen der Berliner Elektrizitätswerke der Botrieb in vollem Umfange wieder aufgenommen worden ist, und schon erwogen wird, die Feuerwehrmänner und andere zur Aushilfe herangezogene Personen wieder zu entlassen. Die Straßenbahnen verkehren wieder fahrplan⸗ mäßig. Die Auszahlung der rückständigen Löhne an die ausständigen Arbester der Elektrizitätsgesellschaften erfolgte gestern vormittag ohn⸗ Zwischenfall.
Aus Hannover wird dem „W. T. B“ telegraphiert: In der Egestorfer Maschinenfabrik ist es vor einigen Tagen zwischen den Fräsern und der Verwaltung z Lohnstreitigkeiten gekommen, in⸗ folge deren der größte Teil der Fräser die Arbeit einstellte. Gestern wurden Entlassungen in großem Maße vorgenommen. Die Zahl der Streikenden und Entlassenen beträgt etwa tausend.
Der Ausstand der Schreiner in Düsseldorf ist, wie die „Frkf. Ztg.“ erfährt, gestern nach einer Dauer von drei Monaten be⸗ endet worden. Die Arbeiter nahmen bedingunzsloz die Arbeit 92* 1
„Die Markthelfer der Leipziger Buchhandlungen sind, wie die „Rh.⸗Westf. Ztg.“ erfährt, in eine ael. 1. und haben sämtlichen Geschäften einen Lohntarif vorgelegt. Für den Fall, daß dieser abgelehnt wird, haben sie mit dem Ausstand gedroht. “ Verband de Sächsisch⸗Thüringischen Webereien in Greiz hat, wie „W. T. B.“ meldet, von der Ablehnung des neuen Lohntarifes durch die Arbeiterschaft jetzt offiziell Kenatnis erhalten und seinerseits weitere Verhandlungen als zwecklos zurückgewiesen, weil die in den einzelnen Ortsgrupyven ge⸗ machten Zugeständnisse das Ultimatum bildeten. Der Arbeiter⸗ schaft wurde zugleich eröffnet, daß alle Zugeständnisse als zurückgezogen zu gelten haben, die der neue Tarif enthielt, daß aber dieser Tarif nebst den allgemeinen Arbeitsbedingungen sofort in Kraft treten soll, sobald sich die Arbeiterschaft noch zur Annahme des Tarifes in der endgültig festgesetzten Form bereit erklärt (vgl. Nr. 232 d. Bl.).
In Kronstadt sind, dem „W. T. B.“ zufolge, die Hafen⸗ arbeiter von neuem in den Ausstand getreten. Auf den Auslands⸗ dampfern ist die Arbeit eingestellt worden.
Kunst und Wissenschaft.
Die Sammlungen des Antiquariums im Neuen Museum sind wegen Ueberführung in die dafür neu eingerichteten Räume vom 5. d. M. ab bis auf weiteres für das Pablikum geschlossen. .
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Um die archäologischen Studien zu beleben und die anschauliche Kenntnis des klassischen Altertums möglichst zu verbreiten. insbesondere um für das Archäologische Institut leitende Kräfte und für die vater⸗ ländischen Universitäten und Museen Vertreter der Archäologie heran⸗ zubilden, sind mit dem Kaiserlichen Archäologischen Institut fünf jährliche Reisestipendien, ein jedes im Betrage von dreitausend Mark, verbunden, die den nachstehenden Bestimmungen gemäß vergeben werden sollen:
Zur Bewerbung um vier der gedachten Stipendien wird der Nachweis erfordert, daß der Bewerber an einer Universität des Deutschen Reichs die philosophische Doktorwürde erlangt oder das Examen pro facultate docendi bestanden und in diesem für den Unterricht in den alten Sprachen in der obersten Gymnasialklasse die Befähigung nachgewiesen hat. Der Bewerber hat ferner nachzu weisen daß zwischen dem Tage, an dem er promoviert worden oder das Ober⸗ lehrerexamen alsolviert hat, eventuell, wo beides stattgefunden hat, dem späteren von beiden, und dem Tage, an dem das nachgesuchte Stipendium für
ihn fällig werden würde, höchstens ein dreijähriger Zwischenraum liegt.
Für das fünfte der jährlich zu vergebenden Stipendien, das in erster
Reihe bestimmt ist, die Erforschung der christlichen Altertümer der römischen Kaiserzeit zu fördern, wird erfordert, daß der Bewerber an der theologischen Fakultät einer Universität des Deutschen Reichs den Kursus der protestantischen oder der katholischen Theologie absolviert, das heißt nach Ablauf mindestens des akademischen Trienniumz in omnungsmäßiger Weise die Ermatrikulation be⸗ wirkt hat, und daß er an dem Tage, wo das Stipen⸗ dium fällig wird, das dreißigste Lebensjahr noch nicht über⸗ schritten hat. Der Bewerber hat ferner die gutachtliche Aeußerung der philosophischen, bezw. thecogischen Fakultät einer Universität des Deutschen Reichs oder auch einzelner bei einer solchen Fakultät an⸗ gestellter Professoren der einschlagenden wissenschaftlichen Fächer über seine bisherigen Leistungen und seine Befähigung zu erwirken und seinem Gesuch beizufügen, auch, falls er schon literarische Leistungen aufzuweisen hat, womöglich diese mit einzusenden. Ferner sind in dem Gesuche die besonderen Reisezwecke kurz zu bezeichnen. Daß unter den Reisezielen in der Regel Rom mit einbegriffen sei, liegt im Geiste der Stiftung. Bei Gesuchen um Verlängerung des Stipendiums finden diese Be⸗ stimmungen keine Anwendung. Dagegen ist hier eine übersichtliche Darstellung der bisherigen Reiseergebnisse in das Gesuch aufzunehmen und es wird, falls der Stipendiat bereits in Rom oder Athen sich aufgehalten hat oder noch aufhält, über seine Leistungen und seine Befähigung das Gutachten des Sekretariats des Instituts erfordert.
Die Gesuche um Erteilung des Stipendiums sind in jedem Jahre vor dem 1. Februar an die Zentraldirektion des archäologischen Instituts nach Berlin einzusenden, die die Wahl nach vorgenommener Preüfung der Qualifikation des Bewerbers in der Gesamtsizung vornimmt. Bei gleicher wissenschaftlicher Tüchtigkeit wird die Zentraldirektion denjenigen Bewerbern den Vorzu
geben, die neben der unerläßlichen philologischen Bildung si
bereits einen gewissen Grad kunstgeschichtlicher Kenntnisse und monumentaler Anschauungen zu eigen gemacht haben und die dem archäologischen Institute oder den deutschen Lehranstalten oder Museen dereinst nützlich zu werden versprechen. Die Stipendien können nicht angesammelt, noch für einen längeren Zeitraum als ein Jahr vergeben werden; zulässig ist jedoch die Wiederge währung eines Stipendiums fär ein zweites Jahr Die Wiedergewährung des fünften Stipendiums auf ein zweites Jahr kann auch erfolgen, wenn der Stipendiat bei eintretender Fälligkeit des zweiten Stipendiums das 30. Lebensjahr bereits überschritten haben sollte.
„Bis auf weiteres kaan fähelich eines der vier Reisestipendien fůr klassische Archäologie mit Wegfall der Peiklusiofeist an Gomnasial⸗ lehrer vergeben werden, die ai einem öffeatlichen Gomaastum inner⸗
eichs fest angestell: und in Lehre und Wissen⸗ hrt Das Stipendium kaan zu diesen 3 vecke ² — jedes zu 1500 ℳ% — zerlegt werden behufs einer im Winterse er, spütestens am 1. Dezember aunzutretenden halbjährigen Studienreise. Anstatt der geforderten Zeugnisse von Universitäten oder Professoren hat der Bewerber ein Zeuznis seiner vorgesetzten Behörde, sowohl über seine bisherige Ankzwirksamkeit, als auch zuhringen, daß im Falle der Stipendienverleihung auf die Erteilung des erforderlichen Urlaubz gerechnet werden könne. Ein derartiges Stipendium kann an ein und dieselbe Person nur einmal verliehen werden.
Die schließliche Entscheidung wird in der Regel vor Ablauf des Jualimonats den Enpfängeen mitgeteilt, deren Numen in dem Reichzanzeiger veröffentlicht werden.
Daz Seipendium wird jährlich an 1. Okto ber fällig, und der ganze Beteag auf einmal dem Bewerber odec seinem gehörig legitimierten Bevolmähtigten durch die Legationskasse gegen Quittung ausgezahlt.
Der Stipendiat ist veepflichtet, solaage er in Rom oder Athen verweilt, an dea Sitzangen des Irtit utz⸗ regelmizigen Anteil zu nehmen. Ec hat überdies wihren) seiner Reise die Zvecke des Instituts nah Möglichkeit zu förhera 115 nah ihrer Beendigung über deren Ecgebnis einen funmarischen Becicht aan die Zenkral⸗ direktion einzusenden 3 “ v1“
Dem höheren Tochnischen Cöthen i. Anh ist von Seiner Hoheit dem Heciog gestattet worden, künftig die Bezeichnung „Städtisches Friedrichs⸗Polytechniku führen. 1
städtischen Institut in
Land⸗ und Forstwirtschaft.
5 Ernteergebnisse Frankreichs.
—2, Nach der im „Jousrgal Officiel“ vom 26. v. M.
Schätzung des landwirtschaftlichen Ministeriums stellt sich das Er⸗
ebnis der diesjährigen Ernte an Weizen, Mengekoren (Weizen un
oggen gemischt) und Rogzen in Frankreih, wie folgt: 1 9 Aabaufläach: Ecrgebnis 8
ha hl dz
. 6 468 116 119 387 159 92 078 847 Mengekorn. 1¹7 329 2 551 032 1 897 163 Roggen. 1 267 194 21 237 913 15 447 181.
Der Kaiserliche Genecalkonsul in Habre berichtet hierzu unterm 23. v. M.: Nah der Shitzung hat der Roggen mit einem Er⸗ trage von 15 ½ Millionen
Weizen mit 92 Milliongen Mittel hinausgehende Ernte geliefert.
EI“
Doppelzintaer eine etwas über dasz Der Darchschuitt der lezten
veröffentlichten
Doppelzentner eine voll: Mittelernte, der
10 Jnhre belief sih ninlich beim Weizen auf ungefähr 8) Millionen
Doppelzentner. Die Be dessen in diesem Jahre infolge des regnerischen Wetters in der Erate⸗ zeit teilweise mangelhaft sein. Die Weizenvorräte waren am Ende des Sommerz voll⸗ ständig aufgebrauht, sodaß bei dem Ertrag von 92 Millionen Doppelzentner und dem ungefähren Jahresverbrauch von 95 Millionen Doppelzentner ein Zuschuß von 3 Millionen Doppelzentner fremden Weizens erforderlich sein werde.
Die Weizenpreise, die im Sommers
Luufe des gefallen
haffenheit von Rozgen und Waizen soll in⸗ 9
8
waren, stehen in Paris mit 23 bis 23,50 Fr. notiert, ungefähr auf
dem Standpunkt des Frühjahrs. Man glaubt, daß die Preise im Laufe des Winters auf 24 bis 25 Fr. steigen werden. Weizenmehl wurde im April d. J. in Paris mit 30,25 Fr. bezahlt, in den letzten Tagen war es mit 30,45 und 390,75 Fr. für 100 kg notiert.
k. 6 8 Verkehrsanstalten.
Hamburgs Seeschiffahrtindenersten neun Monaten 1905.
Bis Ende September sind im laufenden Jahre in Hamburg nach Mitteilung des Handelsstatistischen Bareaus 23 006 See⸗ schiffe mit insgesamt 15 583 387 Nettoregistertons Rauminhalt angekommen und abgegangen. Das ist ein Ueberschaz gegen die gleiche Zeit des Vorjahres von 320 Seeschiffen und nicht weniger als 1 021 175 Registertons Dieses gewaltige Verkehrs⸗ plus fällt ausschliezlich der Dampfschiffahrt zu, die Segelschiffahrt ist sogar um ein Geringes schwächer gewesen. Die Zahl der ange⸗ kommenen Kohlenschiffe it von 1231 auf 1329 gewachsen. Alles in allem ein Resultat, das eine glänzende Perspektive auf den Umfang und das unablässige Wachstum des Hamburger Seschiffverkehrs er⸗ öffnet, den das Fegenwärtige Jahr bei seinem Abschluß voraussichtlich wird aufweisen können. 1“
Das „Journal of Commerce“ meldet, der New Yorker Vertreter der Hamburg⸗Amerikz⸗Linie Boas erklärte, die Hamburg⸗Amerika⸗ Linie betrachte die der Royal Mail Linie zwischen New Pork und West⸗Indien als Beeinträchtigung ihres Geschäftsbereichs und habe daher ihren Rücktritt von der Westindischen Schiff⸗ fahrtskonferenz angezeigt. 8
nach
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