1905 / 252 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 25 Oct 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten.

Bei der Kommission für die Vorprüfung von Nahrungs⸗ mittelchemikern an der Königlichen Universität zu Greifswald ist an Stelle des ordentlichen Professors der Physik Dr. König der ordentliche Professor der Physik Dr. Mie zum Mitgliede ernannt worden. Am Lehrerinnenseminar in Saarburg, Regierungsbezirk Trier, ist die bisherige kommissarische Lehrerin Gertrude Bußmann als ordentliche Seminarlehrerin endgültig angestellt

Ministerium für Handel und Gewerbe. Der Regierungsrat Zoberbier in Hildesheim ist zum stellvertretenden Vorsitzenden des Schiedsgerichts für Arbeiter⸗

Bekanntmachung.

8 Gemäß § 46 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (Gesetzsammlung S. 152) wird hierdurch zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß das im Steuerjahr 1905 kommunal⸗ abgabepflichtige Reineinkommen der Reinickendorf—-Lieben⸗ walde —Groß⸗Schönebecker Eisenbahn aus dem Be⸗ triebsjahr 1904 auf 113 200 festgesetzt worden ist.

8 Berlin, den 23. Oktober 1905. 8 Derr Königliche Eisenbahnkommissar. Behrendt.

Bekanntmachung.

1 Gemãß 8 46 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (G.⸗S. S. 153) wird zur öffentlichen Kenntnis ebracht, daß das im Jahre 1905 kommunalabgabepflichtige Fmneheans en aus dem Betriebe der Brohlthaleisenbahn

im Jahre 1904 auf 49 333 33 festgestellt worden ist. Cöln, den 21. Oktober 1905. 8 Der Königliche ar.

Altmann.

Pekanmntmachun9.

Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (G

S. 357) sind bekannt gemacht: .

1) der Allerhöchste Erlaß vom 15. Juni 1905, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Stadtgemeinde Dortmund zur Entziehung und zur dauernden Beschränkung des zum Bau und Betrieb einer Kleinbahn vom Dortmunder Hafen nach Schüren bei

Förde in Anspruch zu nehmenden E“ durch das Amts⸗ bhlatt der Königlichen Regierung zu Arnsberg Nr. 27 S. 463, aus⸗

gegeben am 8. Juli 1905; 8

2) der Allerhöchste Erlaß vom 4. Juli 1905, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Stadtgemeinde Osnabrück zum Erwerbe des zu notwendigen Erweiterungsbauten des öffentlichen

städtischen Krankenhauses erforderlichen Grundeigentums, durch das

Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Osnabrück Nr. 37 S. 183, ausgegeben am 15. September 1905;

3) der Allerhöchste Erlaß vom 18. Juli 1905, betreffend die Ver⸗ leihung deß Enteignungsrechts usw. an den Landkreis Schweidnitz für 8 ihm zu bauende Chaussee von Groß⸗Merzdorf nach Zobten a. B., durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Breslau

Nr. 38 S. 287, ausgegeben am 23. September 1905;

. 4) das am 22. Juli 1905 Allerhöchst vollzogene Statut für die Genossenschaft zur Regulierung des Lindenauer Fließes in den Kreisen Osterode und Neidenburg durch das Amtsblatt der Königlichen Regie⸗ rung zu Königsberg Nr. 34 S. 521, ausgegeben am 24. August 1905; 5) der Allerhöchste Erlaß vom 22. Juli 1905, betreffend die Verleihung des Rechts zur Chausseegelderhebung usw. an den Kreis Oels für die von ihm hergestellte Chaussee von der Provinzialchaussee Breslau Groß⸗Wartenberg bei Alt⸗Ellguth bis zur Groß⸗Warten⸗ berger Kreisgrenze in der Richtung auf Schollendorf, durch das Amts⸗ blatt der Königlichen Regierung zu Breslau Nr. 38 S. 287, ausgegeben am 23. September 1905; 1

6) das am 4. September 1905 Allerhöchst vollzogene Statut für die ohnebostel⸗Langlinger Wassergenossenschaft zu Hohnebostel im Landkreise Celle durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Lüneburg Nr. 39 S. 187, ausgegeben am 29. September 1905;

8 7) das am 4. September 1905 Allerhöchst vollzogene Statut für

die Mennewitz⸗Michelner Regulierungsgenossenschaft zu Mennewitz im

Kreise Kalbe durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu

Magdeburg Nr. 39 S. 344, ausgegeben am 30. September 1905.

11““

Preußen. Berlin, 25. Oktober. Seine Majestät der Kaiser und König sind heute morgen von der Wildparkstation nach Dresden abgereist. 8 8 hr

.

Der Ausschuß des Bundesrats für Handel und Verke

hielt heute eine Sitzung. 9

5 8 8

Die Nr. 10 der „Amtlichen Nachrichten des Reichs⸗ versicherungsamts“ vom 15. Oktober 1905 enthält im amtlichen Teil unter Abschnitt A (Allgemeines) ein Rundschreiben des Reichsversicherungsamts an die Vor⸗ stände der Berufsgenossenschaften und Invalidenversiche⸗ rungsanstalten, betreffend die Auszahlungen durch die Post, vom 30. September 1905, und unter Ab⸗ schnitt B (Unfallversicherung) das Abkommen zwischen dem Deutschen Reiche und Luxemburg über Unfallversicherung vom 2. September 1905 nebst der Bekanntmachung des Reichskanzlers über die Genehmigung dieses Abkommens, vom 23. September 1905, sowie ein Rundschreiben des Reichsversicherungsamts an die Vorstände der über preußisches Gebiet sich erstreckenden NEe Berufsgenossenschaften, betreffend die eberlassung der Urschriften der Unfallunter⸗

bandl

suchungs

ossenschaften

vom 12. September 1905 nebst einem dieselbe Angelegenheit betreffkenden Erlaß der preußischen Ressortminister vom 6. Juli 1905.

Die Abteilung C (Invalidenversicherung) enthält ein Rundschreiben des Reichsversicherungsamts an die Vor⸗ stände der dem Reichsversicherungsamt unmittelbar unter⸗ stellten Landesversicherungganstalten, betreff nd die Stoff⸗ zusammensetzung, die Färbung, den Aschengehalt und das Gewicht der Quittungskarten vom 25. September 1905, ein Rundschreiben des Reichsversicherungsamts an die Vor⸗ stände sämtlicher Versicherungsanstalten und der zugelassenen Kasseneinrichtungen, betreffend die Ergebnisse der von der Rechnungsstelle des Reichsversicherungsamts bewirkten Ab⸗ rechnung für das Jahr 1904, vom 10. Juni 1905, und eine Uebersicht über den Erlös aus Beitragsmarken im September 1905, sowie über Rentenzahlungen und Beitragserstattungen im August 1905.

In dem nichtamtlichen Teil der Nummer sind zwei Obergutachten abgedruckt, von denen das eine einen Fall von Darmverschluß oder allgemeiner Bauchfellentzuͤn⸗ dung als Folge einer Bauchverletzung durch einen um⸗ fallenden Baumstamm und das andere die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer Quetschung der rechten Körperseite und dem neun Tage später an akuter, aufsteigender, neuritischer „Landryscher Paralyse“

erfolgten Tode behandelt.

3 I1“

Der Kaiserliche Gesandte in Athen Prinz von Ra ibor und Corvey ist vom Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Königlich württembergische Gesandte Freiherr von Varnbüler ist nach Berlin zuruͤckgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Königlich italienische Botschafter Graf Lanza ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrat, Königlich bayerischer Staatsminister der Finanzen Ritter von Pfaff, Königlich sächsischer Staats⸗ und Finanzminister Dr. Rüger, Herzoglich sachsen⸗altenburgischer Staatsminister von Borries, Fürstlich reußischer Staatsminister von Hinüber, Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg Dr. Burchard, Königlich sächsischer Ministerialdirektor Dr. Schroeder, Königlich sächsischer Geheimer See von Sichart und Unter⸗ staatssekretär im Ministerium für Elsaß⸗Lothringen, Wirklicher Geheimer Rat Dr. von Schraut sind von Berlin abgereist. üh ““

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist nde Fähnrichstransport für die Schiffe des Kreuzer⸗ geschwaders mit dem Reichspostdampfer „Prinz Heinrich“ am 23. Oktober in Genua eingetroffen und setzt heute die Reise nach Neapel fort. 1

S. M. S. 6 ist gestern in Kobe (Japan) ein⸗

getroffen. 0

8 In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ werden im Kaiserlichen Statistischen Amt zusammengestellte Nachrichten über den Stand der Herbstsaaten im Deutschen Reiche um die Mitte des Monats Oktober 1905 veröffentlicht. 1.“

Bayern.

In der Kammer der er führte der liberale Abg. Hammerschmidt, „W. T. B.“ zufolge, im Laufe der gestrigen Budgetberatung aus, in der deutschen auswärtigen Politik hätte sich eine gewisse Unsicherheit gezeigt, aber in der Marokkoangelegenheit hätte sich der Flügelschlag des deutschen Aars wieder besser bemerkbar gemacht, und richtete dann an den Ministerpräsidenten Freiherrn von Podewils die Frage, ob das Gesamtministerium über den Parteien stehen oder lediglich der Vollstrecker des Willens der Zentrumsmehr⸗ heit sein mwollte. Der Ministerpräsident Freiherr von Podewils er⸗ widerte, das Thema der auswärtigen Politik des Reichs sei für die Einzellandtage nicht geeignet. Nach der Reichsverfassung hätte der Kaiser das Reich völkerrechtlich zu vertreten. Das deutsche Volk sollte nur dankbar sein, daß das erlauchte Oberhaupt des Reichs keine Anstrengung und keine Mühe scheute, um seinem hohen Beruf in Beziehung gerecht zu werden. Die Frage, ob die Regierung nach wie vor über den Parteien zu stehen gesonnen wäre, könnte er in unbedingtester Weise bejahen. Dem sozial⸗ demokratischen Abgeordneten Segitz, der dem Landtage das Recht, auch die Reichspolitik zu besprechen, wahrte, erwiderte der Minister⸗ präsident: Reichsangelegenheiten könnten im Landtag nach Belieben besprochen werden, aber nur insoweit, als den Einzelregierungen durch die Reichsverfassung ein Einfluß zuerkannt wäre. Das träfe zu, so⸗ weit die Zuständigkeit des Bundesrats ginge. So wäre auch die darauf bezügliche Aeußerung des Fürsten Bismarck gemeint. Die auswärtige Politik des Reichs würde trotz des Bundesratsausschusses für auswärtige Angelegenheiten nicht vom Bundesrat, sondern von dem Kaiser und dem verantwortlichen Reichskanzler gemacht. Hier im bayerischen Landtage wäre kein ver⸗ antwortlicher Minister für Reichspolitik, also wäre auch vom prak⸗ tischen Gesichtspunkt diese Sache im Reichstag zu behandeln. Der Präsident Dr. von Orterer erklärte, er werde diese Angelegenheit prüfen und dafür sorgen, daß dem Landtag in keiner Weise verkürzt werde, was er bisher ex lege et usu in Anspruch genommen hätte. Er würde gegebenenfalls eine Beschlußfassung des Hauses hierüber berbeiführen. Schließlich wurde das Budget zum größten Teile dem Finanzausschuß überwiesen.

. Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Gestern abend traf Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich der Niederlande zum Besuch Seiner Königlichen Hehött des Großherzogs von Sachsen⸗ Weimar auf Schloß Wilhelmsthal ein. 16“ Sachsen⸗Altenburg.

Seine Hoheit der Herzog Ernst von Sachsen⸗ Altenburg ist vom Sommeraufenthalt in Hummelshain wieder in die Residenz Altenburg zurückgekehrt.

Oesterreich⸗Ungarn. 18

Im mährischen Landtage begründete, „W. T. B.“ zufolge, in der gestrigen Sitzung der Abg. Fux im Namen des deutschen b ichkeitsantrag, baneftns die At⸗

Wahl⸗ und der Landesordnung, und erklärte, die Deutschen wären nicht gegen die Erweiterung und die Verallgemeinerung des Wahlrechts, sie müßten aber ihre nationale Zukunft und Existenz sichern. Der Abgeordnete Stransky erklärte, nur auf Grund des allg meinen gleichen Wahlrechts wäre der Friede erzielbar, und dies wäre nur möglich wenn die Deutschen Mährens ihre nationalen Vorrechte verzichteten. Der Abgeordnete kene trat für die Schaffung einer vdierten Kurie ein und sprach sich gegen die Ein⸗ führung des allgemeinen gleichen Wahlrechts für den Landtag aus.

.“ Rußland.

Der Ausstand der Baäahnarbeiter greift, nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗Agentur“, immer mehr nach allen Seiten um sich. Von ihm sind bis jetzt folgende Städte betroffen worden: Simbirsk, Jekaterinos⸗ law, Kiew, Smolensk, Woronesch, Saratow, Char⸗ kow, Simferopol, Jaroslaw, Nischni⸗Nowgorod. Auf der Linie Moskau —Windau —Rybinsk gelangte gestern der Abendschnellzug nur bis zu der Station Podmoskovnaia, von wo die Reisenden zu Fuß nach Moskau gehen mußten. Auf der Bahnlinie Moskau —Kasan warten 2000 Personen auf die Abfahrt der Züge, zum größten Teil arme Leute. Von der Verwaltung der Linie erhalten sie eine tägliche Entschädigung zum Lebensunterhalt. Die Reisenden 2. Klasse erhalten ein tägliches Wartegeld von 1 Rubel. Auf der Linie Moskau— St. Petersburg traf gestern nacht nur ein Sonderzug mit dem Minister der öffentlichen Arbeiten ein, sonst verkehren keine Züge. Gestern versuchte eine Anzahl Ausständiger den Betrieb des Hauptpostamts einzustellen, wurde aber durch die Truppen auseinandergetrieben. In Kursk ist beschlossen worden, den Post⸗ und Telegraphenverkehr einzu⸗ stellen. Eine Menge Ausständiger hält die Post⸗ und Tele⸗ graphenämter besetzt. Ueber das Gouvernement Petrikau, in dem ein Streik der Eisenbahnarbeiter auszubrechen droht, soll der Belagerungszustand verhängt werden. Auf den Eisenbahnlinien Warschau —- Mlawa, Warschau Kowel und Warschau —Brest— Litowsk ist der Betrieb eingestellt. In Lodz und Pabjanice sind die Arbeiter einer Anzahl großer Fabriken in den Ausstand getreten; bisher feiern etwa 40 000 Ar⸗ beiter, weitere Arveitseinstellungen werden erwartet. In Moskau hielten die Apothekenbesitzer gestern eine Versammlung ab und beschlossen, alle Apotheken zu schließen, die von Medikamenten zu verweigern und sich den Angestellten der Apotheken anzuschließen, um politische Reformen und Freiheiten zu verlangen. Gestern beschloß ein venge von Vertretern der sozialdemokratischen Partei, in ganz Rußland zum Zwecke eines gleichmäßigen Vorgehens zu errichten.

Wie „W. T. B.“ ferner meldet, schlossen sich in Bala⸗ schow sämtliche Mühlenarbeiter und die Beamten des Semstwos, der Stadtverwaltung und des Branntweinmonopols dem Ausstande der Eisenbahnangestellten an. Viele Hand⸗ werker und Bauern erklärten durch Abgesandte ihren Anschluß. In Jekaterinoslaw werden die Post⸗ und Telegraphen⸗ bureaus militärisch bewacht; die Truppen mußten feuern.

Ein gestern in St. Petersburg abgehaltener Kongreß von Delegierten der Eisenbahnangestellten beschloß, unverzüglich an den Verkehrsminister und an den Präsidenten des Ministerkomitees zwei Deputationen zu entsenden, die ihnen folgende Vorstellung unterbreiten sollen: Die Delegierten sind die wahren Vertreter der Forderungen der Eisenbahn⸗ angestellten und ⸗Arbeiter und vertreten das gesamte Eisen⸗ bahnpersonal. Die Zeiten sind vorüber, wo Entscheidungen über Fragen von vitaler Bedeutung auf dem Verwaltungs⸗ wege entschieden werden konnten, alle Forderungen der arbeitenden Klassen müssen durch Gesetze geregelt werden, die mit dem Willen des Volkes gegeben und von ganz Rußland genehmigt sind. Es gibt nur eine einzige Lösung: So⸗ fortige Erklärung der politischen Garantien und Freiheiten und Einberufung einer auf dem Wege des allgemeinen und direkten Wahlrechts gewählten konstituierenden Versammlung. Das Land darf nicht zur bewaffneten Revolution getrieben und es darf kein neues Blutvergießen gestattet werden. Das Volk hat genug Blut in der Mandschurei und jetzt in allen Städten, Dörfern und Ortschaften Rußlands geopfert. Wenn an dem Rechte der Delegation, sich Vertreterin des gesamten Eisenbahnpersonals zu nennen, gezweifelt wird, so behält die Delegation sich das Recht vor, ihre Auftraggeber über die Mittel zur Erkämpfung einer besseren Zukunft zu belehren. Eine Versammlung von Eisenbahnangestellten, die in der Universität abgehalten wurde, war von 15 000 Personen, darunter auch Arbeiter, Studenten und viele Frauen, besucht.

Die Frage des Ausstands der Eisenbahn⸗ beamten in St. Petersburg ist noch nicht ent⸗ schieden. Die Agitatoren halten den allgemeinen Ausstand für nötig, besonders den der Telegraphenbeamten, weil es dann möglich sein würde, den zu unterbrechen. Die endgültige Entscheidung wird bis spätestens Sonn⸗ abend erwartet.

8

1 Spanien.

Zu Ehren des Präsidenten Loubet fand gestern, „W. T. B.“ zufolge, im Lager von Carabanchel eine Truppenschau statt, der auch die Königin⸗Mutter und die Infantinnen beiwohnten. Nach der Parade wurde dem Präsi⸗ denten Loubet im Stadthause ein Frühstück gegeben, bei dem der Alcalde und Loubet Trinksprüche ausbrachten. Abends fand eine Festvorstellung im Teatro espasol statt.

Niederlande.

Nach einer amtlich bestätigten Meldung der „Nieuwe Rotter⸗ damsche Courant“aus Batavia ist es bei Pakatto (Landsdraft Gowa) auf der Insel Celebes zwischen den Regierungstruppen und den Eingeborenen zu einem Kampfe gekommen, in dem 23 Eingeborene fielen. Auf Seite der Regierungs⸗ truppen wurden 2 Offiziere und 3 Mann verwundet. Ferner wird gemeldet, daß der Stamm der Honitetos auf der Insel Ceram sich infolge des Vorgehens der Regierungs⸗ truppen er geben hat. 6

2

Serbien. 1

Der serbische Archimandrit Vikenli ist, einer M dung des K. K. Telegr.⸗Korresp.⸗Bureaus zufolge, zum Metropoliten von Uesküb gewählt worden.

Der gestern der Skupschtina unterbreitete Staatsvoran⸗ schlag für 1906 sieht, „W. T. B.“ zufolge, an Einnahmen 91 025 000 Dinare und an Ausgaben 90 875 000 Dinare vor. „In der gestrigen Sitzung der Skupschtina erwiderte, nach einer Meldung des „W. T. B.“, der Minister des Aeußern Zujo⸗ witsch auf die Ausführungen des Nationalisten Ribarac, der im Verlaufe der Adreßdebatte gegen die Behauptung der Regierung, daß die Beziehungen Serbiens zu den fremden Staaten

korrekt wären, protestiert hatte, die Regierung sähe keine Veranlassung,

die bisherige Richtung der äußeren Politik zu ändern. Während der darauf folgenden Rede des Fortschrittlers Nikolajewitsch kam es zu großen Lärmszenen, als der Redner von der winzigen Gruppe der mit dem

Blute des Herrschers befleckten Offiziere sprach. Der Lärm erneuerte

sich, als Nikolajewitsch erklärte, Serbien hätte sich durch das Ereignis vom 11. Juni 1903 in der Auffassung der Be⸗ riffe über Moral von ganz Europa losgetrennt. Eine äußere Politik existierte seit dem genannten Tage überhaupt nicht, ebenso trostlos wäre seitdem die innere Lage; von Verfassungsmäßigkeit könnte keine Rede sein.

Amerika.

Der Präsident Roosevelt hielt gestern in Mobile (Alabama) eine Rede, in der er, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet, ausfüͤhrte, daß Jahrzehnte lang große Handels⸗ interessenten mit Erfolg gegen den Bau des Panama⸗ kanals agitiert hätten, und noch jetzt suche gemacht, 1 . n zuschieben, aber sie würden fehlschlagen, denn der Kanal werde gebaut werden und zwar bald. Was den Schutz des Kanals betreffe, so sei dazu keineswegs eine sehr große Flotte nötig, aber jedes einzelne Schiff müsse in seiner Art das beste in der Welt sein. Man müsse erkennen, daß sich Amerika mit der Stellung, die es auf der westlichen Halb⸗ kugel und in den Meeren des Ostens eingenommen habe, ver⸗ pflichte, seine Flotte aktionskräftig zu erhalten, daß für einen Feind keine Chance bestehe, sie zu demütigen.

Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, ist die Ruhe in Santiago de Chile wiederhergestellt; die Truppen, die in Stärke von 3000 Mann Nachts in der Stadt eintrafen, bewachen aber noch immer die Straßen. Die Zahl der Toten und Verwundeten läßt sich schwer feststellen; es dürften etwa 60 Personen getötet und etwa 200 verwundet worden sein.

Nr. 49 des „Eisenbahn⸗Verordnungsblatts“, heraus⸗

egeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 23. Oktober

t folgenden Inhalt: Allerhöchste Verordnung vom 21. Juni 1905, betr. die Vergütung der Baukassenrendanten bei den Bauten der Zivilverwaltung. Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 9. Ok⸗ iober 1905, betr. die dem Internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. Erlasse des Ministers der iffentlichen Arbeiten: vom 3 Baukassenrendanten; vom 18. Oktober 1905, betr. Reiseentschädigung der Rottenführer; vom 21. Oktober 1905, betr. Ergänzung der Unfall⸗ verhütungsvorschriften. Nachrichten. ö“X“

Statistik und Volkswirtschaft.

Die in den Direktivbezirken des Königreichs Preußen in den Rechnungsjahren 1900 bis 1904 sowie die im anzen Staatsgebiet in den Rechnungsjahren 1896 bis 1904 aufgekommenen Beträge der Erbschaftssteuer.

Das Aufkommen der gemäß den Gesetzen von 19. Mai 1891 bezw. 31. Juli 1895 in Preußen zur Hebung gelangenden Erbschaftssteuer

zeigt erst seit den letzten drei Jahren eine andauernde Steigerung.

Nach der „Stat. Korr.“ war der Ertrag des Rechnungsjahres 1904 in

Höhe von rund 12 115 000 um 11,46 Hundertteile höher

als im Vorjahre d. h. in demjenigen Jahre 8 ste Steueraufkommen aufwies.

unserer Berichtszeit, Die im Jahre 1900 aus der

rbschaftssteuer erzielte Einnahme im Betrage von rund 10 602 000 wurde erst 1902 wieder erreicht bezw. um 118 000 oder 1,11 v. H.

überholt, und diesen Betrag überstieg die Einnahme im folgenden

. 9 tteile, 8 dli 904, wie x ¹ 3 Jahre auch nur um 1,39 Hundertteile, bis dann endlich 1904, wie ver Ittai, daß man mit der Ermarina Re.

bereits angegeben, eine erhebliche Steigerung zu verzeichnen war.

In den einzelnen Direktipbezirken zeigte das Aufkommen an Erbschaftssteuer 1904 gegenüber dem Vorjahre ganz erhebliche Verschiedenheiten. s Sachsen, Schleswig⸗Holstein und Hohenzollern eine Vermiaderung des Ertrages zu verzeichnen, nelche bei Hohenzollern und Posen eine öhe von 58,33 bezw. 60,36 Hundertteilen erreichte.

während die Steigerung in den übrigen 8 Bezirken zwischen 25,32 v. H. (Stadt Berlin) und 2,34 v. H. (Westfalen) schwankte.

scheiung. Hohenzollern wies hier mit 28,57 Hundertteilen den stärksten Rückgang, Hessen⸗Nassau mit 37,07 v. H. die größte Zunahme auf. Geringer als 1900 war das Erträgnis im letzten Jabre noch in Ost⸗ preußen (25,18 v. H.), Westpreußen (3,42 v. H), Schlesien (8,81 v. H) und Westfalen (13,44 v. H.), während, abgesehen von Rheinland, in

den übrigen Direktivbezirken zwischen 6,49 v. H. (Brandenburg ohne Berlin) und 18,79 v. H. (Schleswig⸗Holstein) schwankte.

Die Anteile an dem Gesamtaufkommen der Erbschaftssteuer sind

während der 5 Berichtsjahre bei den einzelnen Direktivbezirken ziemlich V nbif E Pulte im JFofe verschmatkkt germ, iit ir

gleichartige gewesen. Die im Jahre 1904 durch hohe Anteile aus⸗

gezeichneten Bezirke, wie Rheinland (24,86 v. H.), Stadt Berlin

(18,88 v. H.) und Hessen⸗Nassau (11,90 v. H) waren mit entsprechend hohen Hundertsätzen an dem Gesamtaufkommen der Erbschaftssteuer während der ganzen Berich’ szeit beteiligt, nämlich mit 22,98 v. H., bezw. 18,22 v. H. und 9,19 v. H. Ebenso hatten umgekehrt die Direktiv⸗ bezirke, welche 1904 das geringste Erträgnis aufwiesen, wie Hohen⸗

ollern 899 v. H.), Posen (1,26 v. H.), Ostpreußen (1,69 v. H.)

ipreußen (2,33 v. H.) auch an dem Gesamtsteueraufkommen während der Berichtszeit 1900/1904 die kleinsten Anteile, nämlich nur 0,14 v H, bezw. 2,01 v. H, 2,38 v. H. und 2,05 v. H. Die⸗

und We

selbe Uebereinstimmung tritt auch bei den übrigen Direktipbezirken in

die Erscheinung.

““ Die Isteinnahme an Erbschaftssteuer betrug

Direktivbezirke. in den Jahren 1.“ 1900 1901 1902 1903 1904

1 Tausend Mark Ostpreußen 274 303 252 261 205 .Westpreußen 292 159 154 230 282 Stadt Berlin*) 1 985 1 944 1 887 1 825 2 287 Brandenburg 416 484 481 354 443 Pommern... 279 459 361 321 324 W11 134 211 209 386 153 .Schlesien . . . 1 (44 790 1 031 927 952 Sachsen . . . 912 861 1 024 994 986 Schleswig⸗Holstein 511 542 496 736 607 Hannover 741 1 009 873 742 80⁰0 Westfalen . 707 531 491 598 612 XII. Hessen⸗Nassau 1 052 836 837 842 1 442 XIII. Rheinland. . . 2 241 2028 2 607 2 629 3 012 XIV. Hobenzollern . . 14 15 15 24 10 Staat . 10 602 10 172 10 720 10 869 12 115 1896 1897 1898 1899 ““ Staat 9 046 8 997 10 258 9 530.

——Z1““ 8

8 *) Die Stadt Berlin bildet einen Teil des Direktivbezirks randenburg. 8 8

flungen mit den Parteien keine Einigung erzielt sei.

würden Ver⸗ den Bau um 10 oder 15 Jahre hinaus⸗

18. Oktober 1905, betr. Vergütung der 1 7 tische ob sie diesen Spruch annehmen oder nicht, und erklärte dang die

und um 34,66 Hundertteile höher als 1897, welches das

So war in den Bezirken von Ostpreußen, Posen, ee

22 8 Anderseits wies int ssen⸗Nassau eine Zunahme um nicht weniger als 71,26 v. H. auf, hätte ; v5 2 b Bei einer Vergleichung des Steueraufkommens in den Direktivbezirken für die

it v 4 ie Ge ö FEr. Zeit von 1900/1904 treten die Gegensätze weniger stark in die Er⸗- Z“*“

die Leichtigkeit, lungene Arbeiten in dieser Art.

welchem die Steigerung 34,40 Hundertteile betrug, die Zunahme in Anmut, Leichtigkeit und Sicherheit gezogen sind und die sparsam, a

Die Verhandlungen vor dem Einigungsamt wegen des Lohnkampfs in der Berliner Wäscheindustrie gestern nachmittag um 5 Uhr ihr Ende erreicht, jedoch noch nicht zu einem Friedeneschluß geführt. Der Magistratsrat von Schulz mußte, wie die „Voss. Ztg.“ mitteilt, verkünden, daß trotz der langen Verhand⸗ Das Einigungsamt habe daher folgenden Schiedsspruch gefällt: „1) In allen Fabriken

LEEA1131““

sind die bestehenden Löhne der Arbeiter und Arbeiterinnen, sowohl der

Fabrik wie der Heimindustrie, um 6 v. H. zu erhöben. Die Lohn⸗ erhöhung tritt sofort mit der Wiederaufnahme der Arbeit in Kraft. 2) Es ist sofort eine paritätische Schlichtungskommission von den Parteien zu bilden, und zwar bestehend aus sieben Arbeit⸗ gebern und sieben Arbeitnehmern unter dem Vorsitz eines Un⸗ parteiischen. Zu den sieben Arbeitnehmermitgliedern der Kommission können Mitalierer der Arbeitnehmerorganisation gewählt werden. Die Schlichtungskommission hat die Aufgabe, sämtliche Differenzen, die zu Ausständen und Aussperrungen führen könnten, zu begleichen. Ferner soll diese Kommission gehalten sein, sofort die Ausarbeitung von Tarifen für die Wäschebranche in Angriff zu nehmen, und zwar derart, daß die Tarife bis spätestens zum 1. März 1906 von den Organisationen der Parteien anerkannt werden können. Für den Fall, daß die Schlichtungs⸗ kommission die Differenzpunkte nicht beilegt, sind die Parteien verpflichtet, das Einigungsamt in acht Tagen anzurufen. Ebenso ist das Einigungs⸗ amt anzurufen, falls die Schlichtungskommission nicht in der Lage ist, die Tarife rechtzeitig festzustellen bezw. nee Parteien die Tarife nicht bis zum 1. März 1906 angenommen haben. Das Einigungsamt soll über die Festsetzung der Tarife endgültig entscheiden. 3) Die Schlichtungskom⸗ mission hat bei der Feststellung der Tarife den Wert des zu verbrauchenden Garns und der Nadeln für jede einzelne Position zu ermitteln. Dieser Wert ist zu den wirklich zu verdienenden Lohnsätzen hinzuzurechnen. Die Garne und Nadeln sind den Arbeiterinnen zum Selbstkostenpreise zu liefern. Die jeweiligen Akkordsätze, die Tarife sowie die oben⸗ genannten Selbstkostenpreise si d in den Fabrik⸗ und Ablieferungs⸗ räumen der Heimarbeiterinnen sichtbar an geeigneter, für alle zugäng⸗ licher Stelle zum Aushang zu bringen. 4) Die Arbeitszeit beträgt für die Zuschneider 8 Stunden, für die übrigen Arbeiter 9 ½ Stunden. 5) Die Wiereraufnahme der Arbeit soll spätestens am Mon⸗ tag, 30. Oktober, erfolgen. 6) Maßregelungen der ausständigen Arbeiter und Arbeiterinnen dürfen nicht stattfinden. Dagegen dürfen auch die Arbeitswilligen von den Wiedereintretenden nicht belästigt werden. Die wiedereintretenden Arbeiter und Arbeiterinnen sollen möglichst an ihren alten Plätzen wieder eingestellt werden und es dürfen in den einzelnen Fabriken neue Kräfte nicht wieder eingestellt werden, bevor die alten bischäftigt sind. Der Vorsitzende ersuchte nach Verlesung dieses chiedsspruchs die Parteien, innerhalb dreier Tage eine Erklärung darüber abzugeben,

Verhandlungen des Einigungsamts für beendet. Der Verkündigung des Schiedsspruchs gingen mehrstündige getrennte geheime Ver⸗ handlungen voran, die das Einigungsamt teils mit den Arbeitnehmern, teils mit den Arbeitgebern führte.

In Neumünster bei Kiel ist, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, der Ausstand der Maurer, der schon fast vier Monate dauerte, nunmehr beendet. Die Arbeitnebmer, die am 1. Juli 8. Streitigkeiten mit der Innung „Baubütte“ ausgesperrt wurden, haben sich bereit erklärt, gemeinsam mit den nichtorganisierten Maurern, die während der Aus⸗ sperrung gearbeitet haben, auf den Bauten tätig zu sein.

Der Ausstand der Lichtdrucker, Retoucheure und Photo⸗ graphen in Leipzig ist, nach demselben Blatte, ebenfalls beendet. Ein Teil ihrer Forderungen ist bewilligt worden. (Vgl. Nr. 240 d. Bl.)

In Toulon sind, wie „W. T. B.“ meldet, die Gasarbeiter in den Ausstand getreten. Die Gasfabrik ist militärisch besetzt. Der Seepräfekt beorderte 90 Heizer und Maschinisten nach der Gas⸗ fabrik, um wenigstens den Betrieb der elektrischen Maschinen zu er⸗ möglichen. Die Stadt war in der vergangenen Nacht größtenteils in Dunkel gehüäl t.

Kunst und Wissenscht.

Das Künstlerhaus in der Bellevuestraße hat eine Es ist gewiß nicht un⸗ ammlung von Arbeiten zu finden, in denen der besondere Charakter der Pastell⸗

v. A. 1 Ausstellung von Pastellen veranstaltet.

technik zum Ausdruck kommt, und daß man hofft, Künstler kennen

zu lernen, die gerade in dieser Technik ihr Eigenstes und Bestes Beide Erwartungen werden getäuscht. Die ganze Zusammenstellung der Arbeiten trägt einen mehr oder minder zufälligen Charakter, und die Mehrzahl dieser Bilder in jedem anderen Material ebenso gut, oft sogar bisser ausgedrückt werden können. Unter den Pastellbildern kann es solche geben, in denen das Zeichnerische, und andere, in denen das Malerische überwiegt. Studien⸗ und Porträtköpfe, in denen der Hauptwert auf die Umrißlinie gelegt ist und die nur leicht getönt sind, werden auch in ihnen kann der Zauber, der weiche Ton des Materials zur Geltung ie Ausstellung im Künstlerhause zeigt einige recht ge⸗ Betty Wolff hat zwei sehr lebendige Porträtköpfe ausgestellt, in denen die Linien mit großer

er Benne⸗

kommen.

trefflich verwandte Farbe das Lebendige des Ganzen erhöht.

witz von Loefen hat einen Studienkopf nach Ivette Guilbert gesandt,

dessen pikanten Reiz er dadurch steigert, daß er nur sehr wenige, aber ganz starke Farben aufsetzt, wie im Rot der Lippen und der Haare.

der Hauptsache durchaus Zeichner. Was die Arbeiten dieses Künstlers immer wohltuend macht, ist die Sicherheit, mit der er einen Charakter kraftvoll aufzufassen und wiederzugeben vermag. Besonders liebenswürdig ist er in seinen Kinderbildern, aus denen immer der ungebrochene Zauber der Unschuld blickt. Arbeiten, in denen das Malerische überwiegt und die zugleich dem ganzen Reiz der Pastell⸗ technik gerecht werden, sind weniger vorhanden. Ihr einziger Vertreter ist eigentlich Alfred Mohrbutter. Nur in seinen Bildern empfindet man es, daß der Künstler mit innerer Notwendig⸗ keit zu diesem Material griff, daß er damit etwas auszudrücken hatte, was er so auf keine andere Weise zu geben vermochte. Man sehe etwa sein Bild „Sonate“, den Reichtum dieser zarten Töne, die Weichheit dieser Uebergänge, das Verschwimmen jedes harten Um⸗ risses, die Zartheit der einzelnen Farben wie fügt sich das alles in⸗ einander und wirkt zusammen, um die zauberische Stimmung, die der Künstler schildern will, darzustellen! Neben Alfred Mohrbutter ist etwa noch Racka mit seinem einen Herrenbildnis zu nennen; auch hier dies unnachahmlich Weiche und Duftige in allen Farbenübergängen.

Was die anderen Künstler anbetrifft, so interessiert es, wie ihre Sonderart sich mit vollster Entschiedenheit auch in dieser Technik aus⸗ spricht. Dettmann, O. H. Engel, Hamacher, sie alle sind unverkennbar in ihren Arbeiten, und ihr Hauptbestreben scheint dahin zu gehen, zu zeigen, wieweit es möglich ist, mit Pastell den Eindruck von Oelmalerei hervorzurufen. Dobei hat jeder von ihnen eine Anzahl wirklich hübscher Arbeiten ausgestellt, denen man nur den Vorwurf machen möchte, daß sie zu sehr Selbstwiederholungen sind. Von Dettmann ist ein „Pflüger im Herbst“ ausgestellt mit sturmbewegten Bäumen, deren welke Blätter wie Flammen den Weg heruntergetrieben werden, ferner ein in Stimmung und Beobachtung vorzügliches Bild „Wirts⸗ haus im Regen“ und ein Stück Lüneburger Heide mit aufgehender Sonne und einem Hirten, der seine Schafherde vor sich hintreibt. Dies alles sind schon ältere Motive Dettmanns, in alter Art gegeben. Freilich hat er ja in seinen letzten Bildern auf der großen Kunstausstellung bewiesen, daß er auch mit Erfolg auf neuen Wegen geht. O. H. Engel liebt die Schilderung des kräftigen, Behagen ausströmenden Sommers, ob er nun Erntebilder gibt oder stille, rosenumsponnene Häuserwinkel schildert. Willy Hamacher stellt eine Reihe seiner bekannten Hafenbilder aus. gb vor all diesen Bildern f

pgl. Nr. 251 d. Bl.) haben

warum in

aller Welt die Maler diesmal ihrem eigentlichen Gebiet, der Oel⸗ malerei, untreu geworden sind. Von den übrigen Ausstellern sind noch Langhammer und Schmidt⸗Michelsen zu erwähnen.

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ETSTechnik.

In der Physikalisch⸗technischen Reichsanstalt zu Berlin fand seit dem 23. d. M. eine internationale Konferenz zur Be⸗ ratung über elektrische Maßeinheiten statt, für die drei Tage in Aussicht genommen waren. An ihr nahmen teil: aus Deutschland der Präsident der Reichsanstalt Dr. Warburg, der Direktor Dr. Hagen und die Mitglieder Professoren Dr. Jaeger und Dr. Lindeck sowie der frühere Präsident der Reicksanstalt, Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat Dr. Kohlrausch; aus Oester⸗ reich der Direktor der Normaleichungskommission von Lang und deren Mitglied Dr. Kusminsky; aus den Vereinigten Staaten von Amerika Professor Carchart; aus England der Direktor des National Phy- sical Laboratory Glazebrook; aus Frankreich Professor Mascart; aus Belgien der Vorsitzende der Commission des unités électriques Gérard und der Sekretär Clement. Die Er⸗ schienenen wurden von dem Präsidenten des Kuratoriums der Reichsanstalt, Geheimem Oberregierungsrat Dr. Lewald, begrüßt, auf dessen Vorschlag Professor Mascart, der seit dem Jahre 1881 an allen internalionalen Kongressen, die sich mit Fragen der elektrischen Wissenschaft und Technik beschäftigten, maßgebenden Anteil genommen, zum Vorsitzenden der Konferenz gewählt wurde.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregelnl. 1.“

Türkei. Deer internationale Gesundheitsrat in Konstantinopel hat die für Reisende aus der Provinz Posen angeordnete fünf⸗ tägige Ueberwachung und Desinfektion ihrer Effekten wieder aufgehoben. (Vergl. „R.⸗Anz.“ vom 16. v. M, Nr. 219.)

Verkehrsanstalten.

Laut Telegramm aus Cöln hat die dritte englische Post über Ostende vom 23. d. M. in Cöln den Anschluß an Zug 13 nach Berlin über Hannover nicht erreicht. Grund: Nebel auf See.

Laut Telegramm aus Oberhausen (Rheinland) ist auch die erste englische Post über Vlissingen vom 24. Oktober ausgeblieben. Grund: Nebel.

MNlächste Postverbindungen nach Swakopmund und Lüderitzbucht: 1) für Briefsendungen mit dem englischen Dampfer über Kapstadt, ab Southampton am 28. Oktober, in Kapstadt am 14. November, von da weiter am 17. November mit Reichspostdampfer, in Swakopmund etwa am 19. November. Letzte Beförderungen am 27. Oktober ab Cöln 6.1 Nachmittags, ab Ober⸗ hausen 7,24 Rachmittags, ab Berlin Schlesischer Bahnhof 11,24 6e 2) für Pakete mit Reichspostdampfer „Feldmarschall“ ab Hamburg am 28. Oktober früh, in Swakopmund etwa am 21. November. Schluß in Hamburg am 27. Oktober, 10,2 Abends; letzte Beförderung ab Berlin Lehrter Bahnhof am 27. Oktober 1,27 Nachmittags; 3) für Briefsendungen mit besonderem Leitvermerk und für Pakete mit Woermann⸗Dampfer „Hans Woermann“ ab Hamburg am 30. Oktober Nachmittags, in Swakop⸗ mund etwa am 26. November. Schluß in Hamburg am 30. Ok⸗ tober für Briefe 12,0 Mittags, für Pakete 10,00 Vormittags; letzte Beförderung ab Berlin Lehrter Bahnhof für Briefe am 30. Oktober 6,34 Vormittags, für Pakete am 29. Oktober 11 Abends; 4) für Briefsendungen mit Nachversand für Reichspost⸗ dampfer „Feldmarschall“ (vgl. Nr. 2) über Antwerpen. Letzte Be⸗ förderung am 31. Oktober ab Cöln 10,42 Abends, ab Berlin Pots⸗ damer Babhnhof 12,55 Mittags; 5) für Briefsendungen mit englischem Dampfer über Kapstadt, ab Southampton am 4. No⸗ vember, in Kapstadt am 21. November, von da weiter mit nächster Gelegenbeit. Letzte Beförd rungen am 3. November ab Cöln 6,4 Nach⸗ mittags, ab Oberhausen 7,24 Nachmittags, ab Berlin Schlesischer Bahnhof 11,24 Vormittags.

Die nächste Post aus Swakopmund, Abgang am tober, ist zu erwarten am 28. Oktober. Tagesverbrauch der Hamburg⸗Amerika⸗Linie an Proviant.

Unsere Zeit lehrt uns mit großstelligen Zahlen rechnen. Blick in die Bilanzen unserer Großunternehmungen zeigt, welche Rolle heute diese Zahlen in geschäftlichen Kalkulationen spielen. Oft sind schon Teilbetriebe solcher Unternehmungen wahre Riesen ihrer Art. Interessante Beispiele ließen sich zahlreich er⸗ bringen. Wir verweisen auf eines der interessantesten und zugleich kompliziertesten Gebiete im Betriebe einer Großreederei, auf das Ausrüstungswesen, die Proviantversorgung, um an der Hand einiger Zahlen ein Bild von dem Verbrauch an Nahrungsmitteln in einem Haushalt wie dem der Hamburg⸗Amerika ⸗Linie zu entrollen, ein Bild, das zugleich die volkswirtschaftliche Bedeutung dieses Unter⸗ nehmens selbst in diesem einzelnen Teile seines umfassenden Betriebes erkennen läßt.

Auf Grund von Verträgen wird der Proviantbedarf für jedes Schiff und jede Fahrt bei verschiedenen Lieferanten für bestimmte Lieferungstermine bestellt und in der Proviantkontrolle der Amerika⸗Linie auf Kuhwärder auf seine tadellose Beschaffenheit sorg⸗ fältig geprüft. Nur beste Ware gelangt zur Verwendung. Ihre Zumessung ist ebenso gut und reichlich für die Kazüts⸗ wie für die Zwischendeckspassagiere und für die Schiffs⸗ besatzung. Die Rationen der letzteren betragen, da jeder große Passagierdampfer ein nach Hunderten zählendes Mann⸗ schaftspersonal an Bord hat, an Zahl ungefähr dasselbe wie die der Passagiere. So wurden im Jahre 1904 im Durchschnitt täglich 17 017. Vollrationen verbraucht, und davon entfielen auf Kajüts⸗ passagiere 2658, auf Zwischendeckspassagiere 6290 und auf Säuglinge 181 Gesamtrationen, denen also ein nur unerheblich geringerer Verbrauch von Rationen seitens der Schiffsbesatzung gegenuͤber⸗ steht. An frischem Fleisch, das bei den vortrefflichen Kühl⸗ und Gefriereinrichtungen an Bord das konservierte oder ge⸗ salzene Fleisch auf ein Minimum des Verbrauchs reduziert, kamen im Durchschnitt täglich 12 956 Pfd. zur Verwendung. Hierzu waren täglich 16 Stück Ochsen zu 600 Pfd., 8 Kälber zu 150 Pfd., 30 Hammel zu 45 Pfd. und 5 Schweine zu 200 Pfd. nötig. Der Küchenbedarf an frischen Fischen, ganz abgesehen von Räucherware, betrug täglich 1306 Pfd., der an Geflügel 1277 Pfd. und der an Käse 822 Pfd. Der tägliche Verbrauch von Eiern weist die stattliche Zahl von 7941 Stück auf, der von Weizenmehl 9150 Pfd., dazu an Brot noch 6212 Pfd Der Konsum von Kartoffeln belief sich im Jahre 1904 täglich auf 22 497 Pfd.; an Hülsenfrüchten wurden 1793 Pfd., an Reis, Graupen, Grütze ꝛc. 1680 Pfd, an Salz 1113 Pfd., an ge⸗ trockneten Früchten 1037 Pfd., an Butter und Schmalz 1978 Pfd., an Milch und Rahm 1584 Liter und an Kaffee 926 Pfd. als täglich verbraucht verbucht. In diese wenigen, hier herausgegriffenen Ver⸗ brauchszahlen ist weder der Konsum der unter besonderer Verwaltung stehenden großen Auswandererhallen noch der Proviantbedarf einiger Hamburg nicht anlaufenden Linien der Gesellschaft im Ausland e gerechnet. (Hamburger Beiträge.)