Tagesordnung für die am 29. November 1905, Vormittags 11 Uhr, in Danzig stattfindende 24. (ordentliche) Sitzung des Bezirkseisenbahnrats für die Direktionsbezirke Brom⸗ berg, Danzig und Königsberg.
Geschäftliche Mitteilungen.
Wahl eines WI“ für den Bezirkseiscnbahnrat. 8
Ermäßigung der Bahnfracht für Steinkohlen und Rohmaterialien Industrie nach Kolmar i. P. (eine Vorlage und ein
ntrag). 1
Abkürzung des Aufenthalts des Zuges 706 in Marienburg.
Einlegung eines neuen Zuges bezw. Zugpaares zwischen Königs⸗ berg und Insterburg.
Besprechung des bestehenden Fahrplans.
Durchführung eines Personenzuges der Strecke Berlin —Lands⸗ berg a. W. bis Kreuz (im Nachtrage iur Tagesordnung). 8
Bromberg, den 8. November 1905 .
3 Königliche Eisenbahndirektion.
Krueger. 8 “
Bekanntmachung.
Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetzsamml. S. 357) sind bekannt gemacht: 1) der Allerhöchste Erlaß vom 3. August 1905, betreffend die Verlelhung des Rechts zur Chausseegelderhebung zum anderthalbfachen
Betrage der tarifmäßigen Sätze an den Kreis Arnsberg für die zwischen der Hachen⸗Neuenrader Provinzialstraße und der Kreisstraße Allen⸗ dorf— Langenholthausen belegene Chaussee Amecke —Hachen, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Arnsberg Nr. 39 S. 631,
ausgegeben am 30. September 1905;
2) der Allerhöchste Erlaß vom 19. August 1905, betreffend die Genehmigung des VII. Nachtrags zu den statutarischen Bestimmungen bei dem Neuen Brandenburgischen Kreditinstitute, durch die Amtsblätter
der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin Nr. 39 S. 319, ausgegeben am 29. September 1905,
der Königlichen Regierung zu Frankfurt a. O. Nr. 39 S. 223, ausgegeben am 27. September 1905,
der Königlichen Regierung zu Marienwerder Nr. 40 S. 329, ausgegeben am 4. Oktober 1905, 8
der Königlichen Regierung zu Stettin Nr. 41 S. 229, gegeben am 13. Oktober 1905,
der Königlichen Regierung zu Köslin Nr. 39 S. 221, gegeben am 28. September 1905, 88
der Königlichen Regierung zu Magdeburg Nr. 39 S. ausgegeben am 30. September 1905,
der Königlichen Regierung zu Liegnitz Nr. 38 S. 239, gegeben am 23. September 1905;
3) der Allerhöchste Erlaß vom 9. September 1905, durch welchen genehmigt worden ist, daß bei dem von der Staatsbauverwaltung auszuführenden Emsdurchstiche zwischen Mark und Hilkenborg das
aus⸗ aus⸗ 343,
aus⸗
Enteignungsverfahren zur Entziehung und zur dauernden Beschränkung
des für dieses Unternehmen in Anspruch zu nehmenden Grundeigentums in Anwendung gebracht wird, durch das Amtsblatt der Königlichen Rezgierung zu Aurich Nr. 42 S. 267, ausgegeben am 20. Oktober 1905; 4) das am 9. September 1905 Allerhöchst vollzogene Statut für die Marzahner Fenn⸗Entwässerungsgenossenschaft zu Marzahne im Kreise Westhavelland durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin Nr. 41 S. 355, ausgegeben am 13. Oktober 1905; 5) das am 17. September 1905 Allerhöchst vollzogene Statut für die Wiesengenossenschaft zu Arnoldshain im Kreise Usingen durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Wiesbaden Nr. 41 S. 445, ausgegeben am 12. Oktober 1905; 8 6) das am 17. September 1905 Allerhöchst vollzogene Statut für die Be⸗ und Entwässerungsgenossenschaft zu Steinbach im Kreise St. Wendel durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung Nr. 42 S. 261, ausgegeben am 21. Oktober 1905. 1
Personalveränderungen.
Königlich Preußische Armee.
Offiziere, Fähnriche usw. Ernennungen, Beförde⸗ ruaggen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Neues Palais, 2. November. Zindel, Hauptm. a. D, zuletzt Mitglied
des Bekleidungsamts des X. Armeekorps, eine ectatsmäß. Hauptmanns⸗ stelle im Invalidenhause in Karlshafen verliehen.
Neues Palais, 9. November. Fürst zur Lippe Durchlaucht, Oberlt. à la suite der Armee, unter Belassung in diesem Verhältnis mit der Berechtigung, die Uniform des 1. Gardeulan. Regts. zu
tragen, aus Anlaß der Uebernahme der Regierung des Fürstentums zum Oberstlt. befördert. Frhr. v. Elverfeldt, Oberlt. im Kür. Regt. von Driesen (Westfäl.) Nr. 4, scheidet aus dem Heere am 12. November d. J. aus und wird mit dem 13. November d. J. in der 1r für Südwestafrika als Führer der Feldsignalabteil. angestellt. Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Neues Palais, 9. November. Voigt, Oberlt. im Fußart. Regt. Generalfeldzeugmeister (Brandenburg.) Nr. 3, der Abschied mit der gesetzlichen Pension bewilligt. “ Katholische Militärgeistliche. 6. November. Kachelleck, Div. Pfarrer in Brieg, von der 11. zur 3. Div. nach Stettin versetzt.
Beamte der Militärverwaltung.
1 Durch Allerhöchste Patente. 2. Novem ber. Lehmann, MWMirklicher Geheimer Kriegsrat und vortragender Rat im Kriegs⸗ ministerium, We idemann, Wirklicher Geheimer Kriegsrat und Abteil. Chef im Kriegsministerium, — der Rang der Räte erster Klasse verliehen. “
Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 190. Ok⸗ tober. Knauth, Milltärbauregistrator auf Probe beim Militär⸗ bauamt in Freiburg i. B., endgültig angestellt. 24. Oktober. S et ee rnegchss zuletzt beliehen mit der Proviantmeisterstelle beim Proviantamt der Ostasiat. Besatzungs⸗ brig, vom 1. November 1905 ab in eine Assistentenstelle beim Proviantamt in Königsberg i. Pr. eingereiht.
ARichtamtliches.
Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 11. November.
Ihre Majestäten der Kaiser und der König von Spanien sowie Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz kehrten, „W. T. B.“ zufolge, von Springe nach Potsdam zurück. Abends nahmen Seine Majestät der König von Spanien an einer
Tanzfestlichkeit bei Ihren Karferlichen und Königlichen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kronprinzessin teil. Heute besichtigten die beiden Monarchen das Lehr⸗ infanteriebataillon. Darauf begaben Sich Seine Majestät der S8; von Spanien in den Wildpark zu einer Pürsch
zu Trier
1“ - 8
Der Ausschuß des Bundesrats für Rechnungswesen sowie die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen und die vereinigten Ausschüsse für Rech⸗ nungswesen, für das Landheer und die Festungen und für das
Seewesen hielten heute Sitzungen.
In der Woche vom 5. bis 11. November Mittags sind im preußischen Staat keine choleraverdächtigen Erkrankungen oder Todesfälle an Cholera amtlich gemeldet worden. Die Ge⸗ samtzahl der Cholerafälle beträgt bis jetzt 280 Erkrankungen, von denen 89 tödlich verliefen.
Im Monat September d. J. sind auf deutschen Eisen⸗ bahnen — ausschließlich der bayerischen und der Bahnen mit weniger als 50 km Betriebslänge — 14 Entgleisungen auf freier Bahn (davon 7 bei Personenzügen), 23 Entgleisungen in Stationen (davon 10 bei Personenzügen), 27 Zusammen⸗ stöße in Stationen (davon 6 bei Personenzügen) vorgekommen. Dabei wurden 4 Bahnbedienstete getötet, 13 Reisende, 23 Bahnbedienstete, 1 Postbeamter und 1 fremde Person verletzt. 3 1
Der Kaiserliche Pückler hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub an⸗ getreten. Während dessen Dauer werden die Geschäfte der Gesandtschaft von dem als Geschäftsträger nach Luxemburg entsandten Legationssekretär von Teichman und Logischen
geführt.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Bremen“ vorgestern in Habana eingetroffen und geht am 20. November von dort nach Cap Haitien in See.
S. M. S. „Falke“ geht heute von San Francisco nach Santa Rosa (Californien) in See.
S. M. Flußkanonenboot „Vaterland“ ist gestern von
Tschinkiang nach Schanghai abgegangen. 8
Bayern.
In der gestrigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten vurde, wie „W. T. B.“ meldet, die erste Beratung der Wahl⸗ gesetzanträge beendet. Bei Artikel 8, betreffend Bildung der Ur⸗ wahlbezirke, zog der Abg. Gerstenberger (Zentr.) seinen vorgestern gestellten Abänderungsantrag zurück. Vor der Schlußabstimmung über den ganzen Zentrumsantrag erklärten die Vertreter der Liberalen und der Freien Vereinigung, daß sie diesem Antrage zustimmten, sich aber die endgültige Abstimmung für die zweite Lesung vorbehielten in der sicheren Erwartung, daß das Zentrum bis dahin ihren Wünschen in bezug auf Artikel 14, betreffend die absolute Mehrheit, Rechnung tragen werde. Hierauf wurde der Zentrumsantrag einstimmig ange⸗ nommen.
Zu der Petition um Einführung des Frauenstimmrechts bedauerte der Abg. von Vollmar (Soz.), daß das Frauenstimm⸗ recht zur Zeit noch aussichtslos sei, es sei aber schon ein Fortschritt, daß man wenigstens bei der Befürwortung des Frauenstimmrechts nicht mehr ausgelacht werde. Dr. Heim (Zentr.) erklärte im Namen eines kleinen Teils seiner Freunde, daß er für das Frauenstimmrecht sei. Der Antrag des Dr. Heim, die Petition der Regierung zur Würdigung zu überweisen, wurde gegen die Stimmen der Sozial⸗ demokraten, einiger Liberaler und einiger Zentrumsmitglieder abge⸗ lehnt. Hierauf wurde die Petition gemäß dem schusses für erledigt erklärt. 8
Waldeck und Pyrmont.
Dem am 29. v. M. eröffneten, am 8. d. M wieder geschlossenen Landtage der Fürstentümer Waldeck und Pyrmont waren von der Regierung unter anderen Vorlagen ein Gesetzentwurf, nach dem die Aufsuchung von Kali⸗ und ähnlichen Salzen im Fürstentum Waldeck ausschließlich dem Staate und den von diesem dazu ermächtigten Personen vorbehalten werden soll, und ein Gesetzentwurf, betreffend die Errichtung von Adjunkturpfarrkassen, zugegangen. Beide Gesetze wurden anstandslos angenommen. Ueber zwei Petitionen, welche einmal die Aufhebung der Bestimmung des Jagdpolizeigesetzes, nach der Grundstücke, die von einem 1000 Morgen und darüber im Zeenee haltenden Walde ganz oder größtenteils umschlossen,
nd, einem Gemeindejagdbezirke nicht zugeschlagen werden und die Besitzer solcher Grundstücke verpflichtet sind, die Jagd auf denselben dem Eigentümer des sie begrenzenden Waldes auf dessen Verlangen pachtweise zu überlassen, und ferner eine Erweiterung der Vorschriften der Forstordnung über die Streunutzung in den Domanial⸗ und Gemeindeforsten verlangen, wurde zur Tagesordnung übergegangen.
Deutsche Kolonien.
Der Kaiserliche Gouverneur von Deutsch⸗Ost⸗ afrika Graf Goetzen meldet, „W. T. B.“ zufolge, unter dem 10. November, daß am 8. November während einer Meldung der Station Kilossa über einen gegen die⸗ selbe gerichteten Angriff die telegraphische Verbindung unterbrochen worden sei. Eine Bestätigung liege bis jetzt nicht vor. In und bei Kilossa befinden sich heute Bezirksamtmann Lambrecht, w Colberg, Unter⸗ offizier Ernst und etwa 60 Askaris. Ein Teil der Marine⸗ infanterie ist gestern von Morogoro auf Kilossa abmarschiert. Von Langenburg meldet das dortige Bezirksamt über Kapstadt, daß die Aufständischen bei Songea in fünf Ge⸗ fechten geschlagen wurden und große Verluste er⸗ litten. Die vereiniaten Abteilungen des Bezirksamtmanns Richter, Hauptmanns Nigmann und Leutnants Kling⸗ hardt haben am 21. Oktober bei Nyamabengo⸗Songea ohne eigene Verluste 4000 Wangoni geschlagen. Der Feind hatte schwere Verluste.
Aus Windhuk in Deutsch⸗Südwestafrika werden, wie „W. T. B.“ berichtet, folgende Verluste gemeldet:
Am 2. November d. J. im Patrouillengefecht bei Ganius bei Kiriis⸗Ost gefallen: Gefreiter Heinrich Reineck, geboren am 1. 7. 82 zu Kirchditmold, früher im Jägerbataillon Nr. 11, Brust⸗ und Schulterschuß; Reiter Georg Schöller, geboren am 14. 1.83. 2 bteinach, früher im Königlich Bayerischen 2. Ulanenregiment, Unter⸗ eibsschuß.
Verwundet: Reiter Eduard Schulz, geboren am 27. 1. 82 zu Kubilehlen, früher im Infanterieregiment Nr. 135; leicht, Streif⸗ schuß rechte Hüfte.
Verunglückt: Reiter Hermann Müller, geboren am 7. 11. 77 zu Fürstenau, früher im Infanterieregiment Nr. 22, am 1. November d. J. in Windhuk durch Unvorsichtigkeit eines Kameraden mit einem Zielgewehr leicht verwundet; Schuß rechte Halsgegend
8
Gesandte in Luxemburg Graf von
Antrage des Aus⸗
. 116“ Oesterr
Zu der Ausstandsbewegung der Eisenbahn⸗ beamten melden die Wiener Blätter, daß sich der größte Teil der Bediensteten der Außig⸗Teplitzer Bahn gestern der passiven Resistenz angeschlossen habe, deren Folgen in Böhmen bereits überall fühlbar sind. In der Station Lissa können 2000 t nach Deutschland bestimmter Waren nicht abgehen, mehrere Fabriken und Brauhäuser haben wegen Mangels an Kohlen den Betrieb eingestellt.
Das „W. T. B.“ meldet, daß gestern die Universität
in Budapest infolge von Demonstrationen der Studenten⸗
schaft gegen den Rektor, Professor Lang geschlossen worden ist. Auch in Prag sind wegen Unruhen die Vorlesungen an dem tschechischen Technikum eingestellt worden.
Frankreich.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ minister Berteaux ein Schreiben an den Ministerpräsidenten Rouvier gerichtet, in dem er seine Demission gibt. Berteaux erinnert in seinem Abschiedsgesuch daran, daß er schon nach der Sitzung vom Donnerstag den Munsch aus⸗ gedrückt habe zurückzutreten, da es ihm unmöglich eine Abstimmung unbeachtet zu lassen, bei der 226 Republikaner der Linken sich von der Regierung trennten.
hat der Kriegs⸗
cheine,
Er habe sich bereit erklärt zu warten, weil er darauf ge⸗ rechnet habe, sich bei der demnächstigen Interpellation über die allgemeine Politik der Regierung zu erklären, nachdem der
Ministerrat entschieden hatte, die sofortige Beratung einer solchen
Interpellation zu verlangen, sobald ein darauf abzielender Antrag vorliege. Der Antrag habe vorgelegen, aber die sofortige Beratung
sei abgelehnt worden. Daher habe es ihm geschienen, daß die im Ministerrat getroffene Vereinbarung über die Notwendigkeit,
aus der zweideutigen Lage herauszukommen, zu bestehen auf⸗
gehört habe. Er sei infolgedessen zurückgetreten, weil er seinem politischen Programm treu bleiben wolle. 1 wußtsein, daß seine Hingebung für das Heer und die nationale
Verteidigung nicht nutzlos gewesen sei und sein Nachfolger
8
Er habe das Be⸗
eine weniger schwierige Aufgabe vorfinden werde, als er sie vor einem Jahre übernommen habe. 8
Der Ministerpräsident Rouvier ersuchte, der zitierten
Quelle zufolge, den Präsidenten Loubet, für heute einen
Ministerrat einzuberufen, in dem über die Neubesetzung des
Kriegsministerpostens und über die durch Berteaux Kücktritt, der als definitiv angesehen wird, für das Kabinett geschaffene Lage beraten werden soll.
Ueber den Verlauf der gestrigen Sitzung der Depu⸗ tiertenkammer liegt folgender Bericht des „W. T. B.“ vor:
Der Deputierte Dumont (Radikal) bat um das Wort zu einer Interpellation über die allgemeine Politik der Re⸗ gierung. Grosjean (Nationalist) schlug vor, die schon auf der Tagesordnung stehenden Interpellationen zu erörtern. Der Minister⸗ präsident Rouvpier wollte der Kammer in jeder Beziehung freie Hand lassen, erachtete es aber für wünschenswert in Anbetracht der bestebenden Erregung vorerst über die Interpellation Dumont zu verhandeln. Die Kammer beschloß, die Tages⸗ ordnung aufrechtzuerhalten. Darauf entspann sich ein erregter Wortwechsel zwischen Jsoard (Soz.) und dem Minister des Innern Etienne, der, gefolgt von dem Kriegsminister Berteaux, den Saal verließ. Die Rechte und das Zentrum applaudierten bei der Wahr⸗ nehmung, daß Berteaux aus dem Saal ging. Der Minister⸗ präsident Rouvier erklärte hierauf, daß die Regierung bereit sei, zu antworten. Jaurèds (Soz.) fragte an, ob die Regierung in ihrer Gesamtheit anwesend sei. widerte, daß die gesamte Regierung die ihr antwortlichkeit übernehme, und daß er auf der Tribüne die Erklärungen geben wolle, die das Land erwarte. Während dieser Erklärung nahm der Minister des Innern Etienne wieder auf der Ministerbank Platz. Unter heftigem Lärm erklärte Jaurès (Soz), da in der Zusammensetzung der Regierung eine Aenderung eingetreten sei, sei es unmöglich, die Beratung weiter zu führen, und beantragte die Vertagung der Debatte. Ribot (Republikaner) erwiderte, daß die Kammer nicht die Debatten einstellen dürfe, weil ein Minister den Saal verlassen habe. In diesem Augenblick betrat Berteaux wieder den Saal und nahm unter dem Beifallsklatschen der äußersten Linken seinen alten Deputiertenplatz auf dieser Seite ein. Im weiteren
Verlaufe der Sitzung erklärte der Ministerpräsident, das Schicksal
des Kabinetts Ministers abhängen. Aeußern beträchtliche
könne nicht von dem Schicksal eines einzelnen Das Kabinett habe im Innern wie im Verantwortlichkeiten übernommen. Man könne nicht verlangen, daß die Regierung verschwinde, ohne daß man sie gehört habe. Der Ministerpräsident erklärte weiter, er wolle die nötigen Aufklärungen geben und, wenn er am Abend aus dem Kabinett verschwinde, vorher darlegen, in welchem Zustande er die öffentlichen Angelegenheiten zurücklasse. Er lege keinen Wert darauf, ohne Autorität auf seinem Posten zu verbleiben. Rouvier erinnerte an das Programm der Regierung und an das von ihr schon Vollbrachte, besonders an die Trennung von Staat und Kirche, die durch den Sturz des Kabinetts scheitern würde. Die Regierung habe alle ihre Anstrengungen auf die Verbesserung des Systems der Verteidigung und auf die Lösung der Marokkofrage ge⸗ richtet, bei der sie gleiche Sorge für den 6 wie für die Würde Frankreichs an den Tag gelegt habe. Das Land habe die Ruhe wiedergefunden, was die Durchführung der Amnestie gestattet habe. Der Ministerpräsident drückte darauf den Wunsch nach der Mitwirkung und dem Zusammenhalten aller Republikaner aus und schloß mit den Worten: „Sie werden geschicktere Hände finden als die meinigen zur Verteidigung der Republik, Sie werden aber keine finden, welche Ihnen mehr Bürgschaften bieten.“ Frsesten shafsn versuchte, seine Interpellation über die Arbeiter⸗ örsen zu begründen, der Lärm hinderte ihn jedoch daran, sich ver⸗ ständlich zu machen. Der Präsident der Kammer Doumer schlug vor, die Sitzung zu vertagen. Der Antrag wurde abgelehnt. Der Minister⸗ präsident Rouvier erwiderte dem Interpellanten, habe wegen der antipatriotischen Kundgebungen Strafverfol⸗ gungen angeordnet, und verlangte sodann, daß sich die Kammer über seine Erklärungen ausspreche. Jaurès (Soz.) beantragte, die Debatten zu vertagen, bis man über die Stellung des Ministeriums im klaren sei, was jedes Mißverständnis verhindern werde. Man müsse die Gründe kennen, weshalb Berteaux die Ministerbank verlassen habe. diesen Antrag abzulehnen.
geees in der Frage des Rechts der Stcatsbeamten, sich zu organisieren, sich aus der Rechten und den Nationallisten zusammengesetzt habe. Er habe aber der Regierung keine Schwierigkeiten bereiten wollen. Wenn er sich unmittelbar vor der Abstimmung zu Beginn der Sitzung zurückgezogen habe, so sei dies deshalb göschehen, weil er sein Amt nicht in einer für ihn demütigenden Lage beibehalten wollte. Ribot kritisierte die politische Haltung Berteaux' und erklärte, daß die Progressisten aufhören würden, die Regierung zu unterstützen, wenn diese die Anarchie in ihrer eignen Mitte sich einnisten lasse. Gerault⸗ Richard (Sozialist) ersuchte Berteaux, seinen Posten unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht zu verlassen. Pelletan (Sozialist) der frühere Marineminister, bat die Kammer, jede Frrtrnen zu zerstreuen und zu erklären, ob sie den Befehlen Ribots gehorchen wolle. Dumont (rad.) wünschte zu wissen, ob die Trennungsvorlage
vor dem 1. Januar votiert werden würde. In diesem Falle könne er
die Verantwortung, sie zu gefährden, nicht übernehmen. Der Ministerpräsident wiederholte, daß er sich nur auf die “ 11“ “ 11“ 8
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Rouvier er⸗ zufallende Ver⸗
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Der Ministerpräsident beantragte, Der Kriegsminister Berteaux erklärte, er habe die Regierung verlassen, weil die Mehrheit für die Re⸗
8
1* Wiedereröffnung noch nicht festgesetzt werden könne. ie Mittelschulen werden für unbestimmte Zeit geschlossen werden.
8 ““ “ 8 8 ublikanische Majorität stützen, aber keinen Unterschi is 8. Republikanern machen 87 8 Wenn er 18 EE dächte, würde er nicht zögern, seine Stellung aufzugeben, aber er denke m morgen und wolle nicht desertieren. Der Kriegsminister pro⸗ festierte gegen die Beschuldigung Ribots, er habe sein Amt als Kriegs⸗ minister vernachlässigt, und erklärte, er habe seine ganze Zeit der nationalen Verteidigung gewidmet und es fertig gebracht, die Armee zu beruhigen. Nach Schluß der Debatte wurden mehrere Tages⸗ ordnungen eingebracht. Der Ministerpräsident erklärte sich für die von Dumont (radikal) eingebrachte Tagezordnung, die besagt, das Haus zähle auf die Regierung, daß sie die Trennung von Staat und Kirche durchführe, indem sie sich einzig auf die Mehrheit stütze, die diese Reform votiert habe. Rouanet (Sozialist) verlangte die Priorität für seine Tagesordnung, die die Politik der Regierung als ungewiß und zweideutig verurteilt. Diese Priorität wurde mit 372 gegen 126 Stimmen abgelehnt und die Tagesordnung Dumont mit 291 gegen 132 Stimmen angenommen. 143 Devputierte, darunter eine große Anzahl gemäßigter Republikaner, enthielten sich
der Abstimm ung.
Im Senat wurde gestern die Generaldebatte über die Vorlage, betreffend die Trennung von Kirche und Staat, fortgesetzt. Wie „W. T. B.“ meldet, betonte Gourju (Progressist) die Notwendigkeit, das Konkordat aufrecht zu erhalten, das man nur verbessern solle. Die zwischen Frankreich und dem Heiligen Stuhl schwebenden Angelegenheiten könnten auf diplomatischem Wege erledigt werden. Charles Dupuy erklärte, eine Konkordatspolitik sei das beste Unterpfand des öffentlichen und des konfessionellen Friedens. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
Rußland. .
Wie die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ meldet ist gestern ein Kaiserlicher Ukas veröffentlicht worden, der die Ernennungen folgender Minister enthält: Schipoff Finanzen, Timirjaseff Handel, Nemeschaef Verkehrswege, Filossofoff Reichskontrolleur, Kutler Ackerbau. Da der Minister des Aeußern Graf Lamsdorff und der ZJustiz⸗ minister Manuchin ihren Posten behalten, kann das Kabinett jetzt als konstituiert angesehen werden. Nur die Portefeuilles des Innern und des Unterrichts sind noch nicht vergeben.
Die Regierung ruft in einem gestern publizierten Com⸗ muniqué abermals den vernünftigen und besonnenen Teil des russischen Volkes auf, ihr bei ihrem Reformwerke zu Hilfe zu kommen. Die ernste Anwendung der Reformen sei, so wird in der Mitteilung ausgeführt, nur bei Beruhigung der Gemüter und dem Eintritt der Ruhe möglich. Die Re⸗ gierung erkläre nachdrücklich, daß ihre Maßnahmen lediglich zur Wiederherstellung der Ordnung und des Friedens ge⸗ troffen wurden; indessen sprächen zahlreiche Nachrichten von provokatorischem Vorgehen der Polizei. Die Regierung werde eine sorgfältige Untersuchung über alle angegebenen Fälle veranstalten und die Schuldigen bestrafen. Der Ministerrat, der gestern in Tätigkeit getreten sei, werde alle seine Bemühungen darauf richten, das Manifest des Kaisers zu verwirklichen, und fordere den ganzen besonnenen Teil der Bevölkerung auf, ihm bei der Durch⸗ führung dieser Aufgabe zu helfen. Auch der Synod erließ einen Aufruf an die Bevölkerung. Er mahnt darin die Rechtgläubigen, die gewährten Freiheiten nicht zur Herbei⸗ führung des Bürgerkriegs zu benutzen, sondern gegen anders⸗ gläubige Mitbürger friedliche Gesinnung und Liebe zu betätigen. x
Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗ agentur“ ist beschlossen worden, im ganzen Gebiete des Königreichs Polen den Kriegszustand zu erklären. Auch über Kronstadt, woselbst Bataillone von drei Garde⸗ und vier Linienregimentern, ferner Artillerietruppen und eine Maschinengewehrabteilung eingetroffen sind, ist der Kriegs⸗ zustand verhängt worden. Wie „W. T. B.“ meldet, wurde der Aufstand lediglich durch die schlechte Verpflegung der Mannschaften und die schlechte Behandlung dieser durch die Offiziere hervorgerufen. Die Revolte war auch ausschließlich gegen die Offiziere und Beamten gerichtet, sodaß diese in Zivilkleidung flüchteten. 20 Häuser wurden ein Raub der Nammen und ungefähr 200 Wohnungen wurden ausgeplündert. Die Zahl der bei diesem Aufstande Getöteten wird auf etwa 40, die der Verwundeten auf ungefähr 100 angegeben. Das auswärts verbreitete Gerücht von einer erneuten Meuterei in Kronstadt erklärt die oben genannte Telegraphenagentur für erfunden; die Lage sei unverändert ruhig.
In der allgemeinen Lage ist eine merkbare Be⸗ ruhigung eingetreten. In Moskau sind die Theater, Restaurants und die Kaufläden geöffnet; der Bahnverkehr nimmt seine normale Gestalt an, die meisten Aus⸗ ständigen haben die Arbeit wieder aufgenommen. Heute soll ein Kongreß von Semstwovertretern eröffnet werden, auf dem über die Unterstützung der an Nahrungs⸗ mitteln notleidenden Bevölkerung beraten werden soll. In Odessa hat der Unterricht an den städtischen Schulen wieder egonnen. Die behördliche Untersuchung über die Unruhen mmmt energischen Fortgang, doch ist noch wenig Beruhigung eingetreten, da neue, gegen die Juden gerichtete Ruhestörungen befürchtet werden. In Saratow ist heute der Güterzugs⸗ verkehr wieder aufgenommen worden; die Stadt ist ruhig. Der Polizeimeister von Kiew Tsikhotsky und der Gehilfe des Chefs der Sicherheitspolizei Bezsonow, gegen dessen Verhalten während der Unruhen zahlreiche Beschwerden ingegangen sind, sind abgesetzt worden.
. n sämtlichen russischen Städten sind die Uni⸗ wersitäten und alle Hochschulen geschlossen. Das nterrichtsministerium gibt dazu bekannt, daß der Zeitpunkt Auch
Niederlande.
g Die Staatskommission für die Revision der erfassung ist gestern, „W. T. B.“ zufolge, von dem 2 tnister des Innern eröffnet worden. Der Minister hob üener Rede hervor, daß sich die Aufgabe der Kommission 1 hi auf Abänderung des Wahlrechts erstrecke, sondern haupt⸗ pri ich darin bestehe, die Abänderungen der Verfassung zu büfen, die sich auf die Zusammensetzung der Ersten Kammer, düProportionalvertretung, die Legislaturperiode und die Ent⸗ adigung der Mitglieder der Generalstände beziehen. 8
Belgien.
ach einer Meldung des „W. T. B.“, über den von der Regierung Pemmpften Antrag auf Einsetzung eines Ausschusses zur düfftn ng der Antwerpener Kreditvorlage ab. Drei Aus⸗ tug 1 Ksprachen sich für, drei gegen den Antrag aus. Im Zentral⸗ estehng, der aus drei Anhängern und drei Gegnern des Antrages en An soll, wird der Kammerpräsident als Gegner des Antrages bt usschlag zu Gunsten der Regierung geben. Die Bedeutung der
Die ständigen Ausschüsse der Kammer stimmten gestern, FTvheater und Musik.
des Westens als Rosella in
Türkei.
Nach einer Meldung des „Wiener K. K. Telegraphen⸗ Korrespondenzbureaus“ wird der Prozeß wegen des Mord⸗ anschlags gegen den Sultan vor dem Bairamfest statt⸗ finden. Gegen 20 Angeklagte, unter ihnen die Belgierin Frau Joris und 17 Armenier, ist ein Vorführungsbefehl in contu- maciam erlassen worden. Joris selbst ist in das Zentral⸗ gefängnis übergeführt worden.
Bulgarien. der vorgestrigen Sitzung der Sobranje ergriff „W B.“ zufolge, 88 dem Ministerpräsidenten der Minister des Innern das Wort und erklärte, die mazedonische Politik des Kabinetts sei zielbewußt und geeignet, die Lösung der maze⸗ donischen Frage zu beeinflussen. Die Besuche des Fürsten an den europäischen Höfen hätten den Zweck verfolgt, durch den persönlichen Einfluß des Fürsten auf die europäischen Staatsmänner die Lage der Mazedonier zu verbessern. Die Beziehungen zu den Großmächten und Nachbarstaaten seien sehr gute, die mit Griechenland seien nicht schlecht, aber nur offtziellen Charakters. Eine Verständigung mit Griechenland könne niemals erzielt werden.
In der gestrigen Sitzung wurde die Thronadresse, die die Notwendigkeit hervorhebt, mit allen Opfern eine starke, wohlgerüstete Armee zur Festigung des Friedens und zur Erreichung der nationalen Ideale zu organisieren, angenommen.
In 89,4
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung. „Aus Greiz wird dem „W. T. B.“ berichtet, daß der Verband sächsisch⸗thüringischer Webereien und die Konvention der sächsisch⸗thüringischen Färbereien und Appretur⸗ anstalten in einer gestern abgehaltenen gemeinschaftlichen Sitzung mit Rücksicht darauf, daß in den Verbandswebereien nicht genügend Arbeitswillige sich eingefunden haben und auch in den Färberei⸗ betrieben die Arbeiter teilweise ausständig geworden sind, die er⸗ neute Schließung aller Webereien des Verhandes und aller Färbereien und Appreturanstalten der Konvention für den heutigen Sonnabend beschlossen haben (vgl. Nr. 264 d. Bl.). Im Anschluß an diesen Beschluß macht der Verband sächsisch⸗ thüringischer Webereien bekannt, daß er allen denjenigen Webern und Weberinnen, die bis zum 9. d. M. die Arbeit aufgenommen hatten, und die keine anderweite Streik⸗ oder Aus⸗ sperrungsunterstützung erhalten, vom 13. d. M. ab für die ganze Dauer der Schließung der Betriebe eine wöchentliche Ent⸗ schädigung gewährt, die für verheiratete Weber und Weberinnen
etwa je 12 ℳ, für unverheiratete etwa 9 ℳ betragen, jedenfalls aber höher sein wird, als die Entschädigungen, die die organisierten Arbeiter von ihren Gewerkschaften erhalten.
Eine gestern in Rotterdam in der Angelegenheit des Ausstandes der Getreidewäger und ⸗Messer abgehaltene Konferenz, bei der der Ausschuß der Getreidebörse, Kaufleute, die Ausständigen und die Direktion der Getreidelevatorengesellschaft vertreten waren, ist, wie „W. T. B.“ meldet, resultatlos verlaufen. (Vgl. Nr. 265 d. Bl.)
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Weizeneinfuhr Marseilles. „Nach den Wochenübersichten des in Marseille erscheinenden hat die Weizeneinfuhr Marseilles auf dem Seewege etragen: in der Zeit vom 1. bis zum 6. Oktober d. J. . 180 549 dz davon aus Rußland .. . 22 719 in der Zeit vom 8. bis zum 13. Oktober d. J.. . 264 240 davon ans Rußland. .181 558 in der Zeit vom 15. bis zum 20. Oktober d. J. . . 210 402 „davon aus Rußland . . . .. . .160 435 in der Zeit vom 22. bis zum 27. Oktober d. J. . 234 149 dabhohs aus Rußland 125 443 „ In den Marseiller Docks und Entrepots befanden am 25. Oktober d. J. 50 270 dz. sih
Washington, 10. November. (W. T. B.) Nach dem Bericht des Ackerbaubureaus beträgt das Durchschnittsergebnis für Mais per Acre 28,8 Bushels. In den Händen der Farmer befinden sich 3,3 % der alten Ernte von Mais. Die Durchschnittsqualität der neuen Ernte wird mit 90,6 % angegeben.
„Washington, 10. November. (W. T. B.) Laut dem Monats⸗ bericht der Abteilung für landwirtschaftliche Produkte beträgt der Durchschnittsstand der Baumwolle 68,8 %. 8
Verkehrsanstalten. 8
“ e
Laut Telegramm aus Cöln hat die dritte englis Post über Ostende vom 9. d. M. in Cöln den Anschluß an Zug 13 nach Berlin über Hannover nicht erreicht. Grund: Nebel auf See.
Briefsendungen nach Persien werden wieder auf dem Wege über Rußland befördert. Wie bekannt, sind die am 3. No⸗ vember und einige Tage vorher zur Post gelieferten Sendungen nach Persien über Brindisi — Bombay abgesandt worden. Diese werden vor⸗ aussichtlich später in Tauris und in Teheran eintreffen als die in den nächsten Tagen auf dem Wege über Rußland zur Absendung ge⸗ langenden Briefschaften. Die Absender werden deshalb gut tun, von den in der Zeit vom 28. Oktober bis 3. November aufgelieferten Sen⸗ dungen nach dem nördlichen Teile von Persien Doppelbriefe über Ruß⸗ land abzusenden. 8
Nach einer amtlichen Meldung aus Bromberg ist der Personenverkehr auf der Strecke Illowo —Mlawa — Warschau⸗Brester Bahnhof wieder aufgenommen. Es verkehren zunächst nur die russischen Züge 1 und 2 Mlawa — Warschau und die deutschen Grenzzüge 521/524, 523/526 Illowo — Mlawa. Der Güterverkehr wird v ssichtlich in 2 Tagen wieder aufgenommen. Eine Vereinigung von mehreren Bremer Banken und Handels⸗ firmen hat, wie „W. T. B.“ berichtet, in Verbindung mit der Reeder⸗ firma Horn in Schleswig und Lübeck eine neue Dampfergesell⸗ schaft unter dem Namen „Rolandlinie“ gebildet, die einen direkten Verkehr zwischen Bremen und der Westküste Südamerikas ausführen soll Die formelle Errichtung der neuen Gesellschaft wird, wie die „Weserzeitung“ meldet, noch im Laufe dieses Monats erfolgen.
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Theater des Westens.
Gemma Bellincioni setzte gestern ihr Gastspiel im Theater ierantonio Tascas Melodram in zwei Akten „A Santa Lucias fort, in dem sie sich vor mehreren Jahren, zur Zeit der Blüte der italienischen veristischen Opern, so vor⸗ teilhaft hier einführte. Die Bekanntschaft mit dem phrasen⸗ haft deklamatorischen Werke, das der „Cavalleria rusticana“
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stark nachempfunden ist, zu erneuern, bereitete weniger Ge uß,
als Frau Bellincioni wieder in einer Rolle bewundern zu
können, die durch ihre hervorragende Gestaltungskra ee
und Leben gewinnt. Hier vergißt man über ihrer ngerrafe Fichel schauspielerischen Leistung und dem Ausdruck, den sie ihrem Gesang zu geben weiß, ganz, daß ihre Stimme eigentlich unbedeutend, ihr Ton zuweilen unstet und flackernd ist; hier zeigt sich's, daß echtes Künstlertum sich auch unzulänglichen Mitteln zum Trotz durchsetzen kann. Wie rührend sich ihre Mutterliebe äußert, wie jäh ihre Eifersucht aufflammt, und dann der zärtliche Abschied von dem Geliebten, die Freude des Wiedersehens, der verzweiflungsvolle Schmerz ob des Verdachts der Untreue, in den sie unschuldig geraten ist, und zuletzt das erschütternde „Non 6 vero¹* der Sterbenden — wer könnte das je vergessen, der ihre Darstellun
sah! Die Aufführung, die der Kapellmeister Sänger temperamentvoll leitete, war im allgemeinen nicht übel. Herr Christian Hansen wa
ein sehr annehmbarer Ciccillo, und in Herrn von Hessert, der de
Totonno sang, lernte man einen Baritonisten von beachtenswerten Mitteln kennen. Sehr gut fand sich auch die junge, neu verpflichtete Altistin Fräulein Florence Wickham mit der Partie der Maria ab
Starker Beifall des vollbesetzten Hauses rief nach den Aktschlüsse
besonders den Gast immer wieder vor den Vorhang.
Im Königlichen Opernhause wird morgen, Sonntas Zauberflöte“ gegeben. Die Damen Destinn (Pamfna, Deerr ge,g.8. gena), Herzog (Königin der Nacht), die Herren Hoffmann (Papageno) Mödlinger (Sarastro), Philipp (Tamino) sind in den Hauptrolle beschäftigt. — Am Montag geht R. Wagners Oper „Die Meistersinge von Nürnberg“ in Szene. Herr Bachmann singt den Hans Sachs Herr Kraus den Walter Stolzing, Herr Krasa den Beckmesser, Herr Lieban den David, Herr Knüpfer den Pogner, Herr Berger de Kothner, Fräulein Ekeblad das Evchen und Frau von Scheele⸗Müller die Masdalena. (Anfang 7 Uhr.)
Im Königlichen Schauspielhause findet am Montag die hundertste von Kleists „Prinz Friedrich von Homburg“ statt. Zum ersten Male wurde dieses Drama daselbst am 26. Juli 1828 aufgeführt.
Im Neuen Königlichen Operntheater „Nathan der Weise“ aufgeführt.
Im Deutschen Theater wird am Montag und Donnerstag „Das Käthchen von Heilbronn gespielt. An allen übrigen Abenden nächster Woche finden Wiederholungen von Shakespeares Lustspiel „Der Kaufmann von Venedig“ statt. Agnes Sorma spielt darin die Porzia und Rudolf Schildkraut den Shylock. Am Montag, den 20. d. M. geht „Minna von Barnhelm“, neueinstudiert, in Szene.
Das Lessingtheater hat für nächste Woche folgenden Spiel⸗ plan aufgestellt: Morgen abend und Donnerstag „Die Wildente“ Montag, Mittwoch, Freitag, Sonnabend und nächsten Sonntagaben „Stein unter Steinen“; Dienstag „Benignens Erlebnis“ und „Hanneles Himmelfahrt“. Als Nachmittagsvorstellung ist für morgen Hauptmanns Schauspiel „Die Weber“, für nächstfolgenden Sonntag „Rosenmontag“ angesetzt. 1
„Im Schillertheater 0. (Wallnertheater) wird morgen un nächsten Sonntag Nachmittags „Der Traum ein Leben“, morgen abend und Donnerstag „Nora“ gegeben. Am Montag und Mittwoch geht „Hofgunst“, Dienstag „Flachsmann als Erzieher“, Freitag, Sonn abend und nächsten Sonntagabend „Der Veilchenfresser“ in Szene. — Das Schillertheater N. (Friedrich Wilhelmst. Theater) bringt morgen nachmittag „Fuhrmann Henschel“, Abends das Mosersche Lustspiel „Der Veilchenfresser“. Am Montag wird „Gvges und sei Ring“ gegeben. Am Dienstag findet die erste Aufführung von Beyerleins „Zapfenstreich“ statt, Mittwoch, Donnerstag, Sonnabend und kommenden Sonntagabend wird diese Vorstellung wiederholt Am Freitag geht „Der Traum ein Leben“ in Szene. Am nächste Sonntagnachmittag werden „Crainquebille“, „Die Bäuerin“ und „Abschied vom Regiment“ gespielt. — Im Bürgersaale des Rathauses zu Berlin wird morgen ein „Lortzing⸗Abend“, im Charlottenburge Rathause ein „Uhland⸗Abend“ veranstaltet.
Im Theater des Westens finden nur noch zwei Gastspiele von Gemma Bellincioni statt, und zwar singt sie am Montag in der Oper „La Traviata“ und am Mittwoch in „Fedora“ die Titelpartie. Morgen abend wird „Die Fledermaus“, Nachmittags „Der Troubadour⸗ gegeben. Am Dienstag geht im Abonnement „Undine“, am Donnerstag „Der Zigeunerbaron“, am Freitag Nicolais Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“, am Sonnaben „Der Opernball“ in Szene. Nächsten Sonntagabend wird, neu ein⸗ studiert, die Straußsche Operette „Wiener Blut“ aufgeführt. Am nächsten Sonntag findet Nachmittags eine Wiederholung von „Undine“ statt. Als 39. Klassikervorstellung zu ermäßigten Preisen wird am nächsten Sonnabendnachmittag „Siegfrieds Tod“ von Hebbel gegeben
Im Neuen Theater wird auch in der nächsten Woche an allen Abenden Shakespeares „Sommernachtstraum“ wiederholt.
„Im Lustspielbause finden morgen, sowie am Montag, Mittwoch, Donnerstag, Sonnabend und nächsten Sonntag Wieder⸗ holungen von Lothar Schmidts dreiaktigem Lustspiel „Die heilige Sache“, mit Maria Reisenhofer und Franz Schönfeld in den Haupt 1., statt. Am Dienstag und Freitag wird „Der Familientag“ gegeben.
Der Schwank „Bis früh um Fünfe“ wird im Thaliatheater in nächster Woche jeden Abend aufgeführt. Morgen nachmittag wird mit Guido Tielscher in der Hauptrolle, „Der Kilometerfresser“ ge⸗ gegeben; am Mittwochnachmittag findet die zweite Kindervorstellung statt; aufgeführt wird „Frau Holle!. 8
In dem Bußtagskonzert des Königlichen Opernchors unter der Leitung von Felix Weingartner im Königlichen Opernhause haben Frau Emilie Herzog, Königliche Kammer. sängerin, Herr Sommer, Herzoglicher Kammersänger, die Königlichen Sänger Baptist Hoffmann und Pudnam Griswold die Solopartien übernommen. Aufgeführt werden: „Des Heilands Kindheit“ von Berlioz und „Christus am Oelberg“ von L. van Beethoven. Eintritts⸗ karten sind bei Bote u. Bock (Leipziger Straße 37 hab
wird morgen
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“““ 1“ 8 Die Konzertdirektion Hermann Wolff kündigt für die nächste Woche folgende Konzerte an: Sonntag: Saal Bech⸗ stein: Konzert von Else Grau (Ges.), Margarete (Violine) und Karl Schaeffer (Klavier); Philharmonie: (Mittags 12 Uhr): Oeffent⸗ liche Hauptprobe zum III Philharmonischen Konzert, Dirigent: Arthur Nikisch, Solist: Friedrich Weidemann, K. u. K. österr. Hof⸗ opernsänger. — Montag: Saal Bechstein: Klavierabend von Marianne Heinemann; Philharmonie: III. Philharmonisches Konzert, Dirigent: Arthur Nikisch, Solist: Friedrich Weidemann, K. u. K. österr. Hof⸗ opernsänger. — Dienstag: Saal Bechstein: Liederabend, gegeben von Mimie Wittichen u. Prof. Dr. 6 Jenner aus Marburg; Beethovensaal: I. Konzert von Therese und Artur Schnabel; Oberlichtsaal der Philharmonie: Deutsche Volks⸗ lieder und Balladen, zur Laute gesungen von Robert Kothe. — Mitt woch: Saal Bechstein: Konzert von Fanni Merten (Klav.) und Alfhild Hamberg (Ges.); Beethovensaal: Brahms⸗Reger⸗Abend“ von Lula Mysz⸗Gmeiner; Singakademie: I. Abonnementskonzert von Florian Zajic und Heinrich Grünfeld, Mitw.: Klara Rahn (Ges.), Kammermusiker Diestel, Hasse und Könecke und 76 Espenhahn. — Donnerstag: Saal Bechstein: Konzert von Issay Banuas; Singakademie: Konzert des Gesangvereins „Harmonie“, Dirigent Richard Rößler, Mitw.: Betsy Schot, Hjalmar Arlberg und Karl Klingler. — Freitag: Saal Bechstein: Liederabend von Arthur van Eweyk; Becthoven⸗Saal: Einziger Klavierabend von Klolilde Kleeberg; Oberlichtsaal der Philharmonie: Konzert von Nagy Géza (Klav.). — Sonnabend: Saal Bechstein: „Max Reger⸗Abend“, Mitwirkende; Prof. Halir, Prof. Schubert, Ella Jonas, Klara Rahn und Max Reger; Beethoven⸗Saal: Liederabend von Antonia Dolores; Singakademie: Konzert von Jeanie 12u (Klav.) mit
dem Philharmonischen Orchester unt b V“ s chester unter Leitung von Herrn Prof. aver
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