wurden die Entwürfe
8
Amtsgericht in Dannenberg, Quincke aus Osnabrück bei dem Amtsgericht und der Kammer für Handelssachen in M.⸗Gladbach, der frühere Notar Schorn bei dem Amtsgericht in Goch, der frühere Rechtsanwalt Sternberg bei dem Am'sgericht II in Berlin mit dem Wohnsitz in Schöneberg, die Gerichtsassessoren Dr. Max Korn und Hülsen bei dem Kammergericht, Georg Lewy bei dem Landgericht I in Berlin, Dr. Arthur Oppenheimer bei dem Landgericht in Frankfurt a. M., Rabe und Stempel bei dem Landgericht in Wiesbaden, Tietz bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Breslau, Abraham bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Saarbrücken, Goldmann bei dem Amtsgericht in Militsch, Lüken bei dem Amtsgericht in Lehe, Dr. Sievert bei dem Amtsgericht in Bredüedt, Dr. von Swinarski bei dem Amtsgericht in Czarnikau und Goerlitz bei dem Amtsgericht in Körlin. “ “
Dem Staatsanwalt Dr. Russell in Hagen ist die infolge seiner Wahl zum Kreissyndikus des Landkreises Recklinghausen nachgesuchte Entlassung aus dem Justizdienst erteilt.
Der Landgerichtsrat Plagemann in Danzig, der Rechts⸗ anwalt und Notar, Justizrat Düesberg in Bochum und der Rechtsanwalt, Justizrat Dr. Heinrich Cohn in Berli gestorben. “
Nicchtamtliches.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 27. November.
8 1 *
Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute im Neuen Palais bei Potsdam die Vorträge des Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten von Podbielski und des Chefs des Zivilkabinetts, Wirklichen Ge⸗ heimen Rats von Lucanus.
In der vorgestern unter dem Vorsitz des Staatsministers, Staatssekretärs des Innern Dr. Grafen von Posadowsky⸗ Wehner abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesrats der Spezialetats für die Schutz⸗ gebiete, der Entwurf des Haushaltsetats für die Schutz⸗ gebiete, der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Haushaltsetats für die Schutzgebiete, der Entwurf des Etats der Reichsschuld und der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Reichs⸗ haushaltsetats für 1906, angenommen. Der Gesetzentwurf wegen Abänderung des Gesetzes, betreffend die Statistik des Warenverkehrs des deutschen Zollgebiets mit dem Auslande, fand Zustimmung. Der Gesetzentwurf, betreffend die Ordnung
des Reichshaushalts und die Tilgung der Reichsschuld, wurde in zweiter Lesung angenommen.
Der Bundesrat versammelte sich heute wieder zu einer
Plenarsitzung; vorher hielten der Ausschuß für Rechnungswesen
für das Landhee
8
sowie die vereinigten Ausschüsse für das Landheer und die estungen und für das Seewesen und die vereinigten Ausschüsse r und die Festungen “ Rechnungswesen
Gesandte Vicomte de
Königlich portugiesische
E Pindella ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte
der Gesandtschaft wieder übernommen.
Der Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika The Hon. Charlemagne Tower hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit führt der Erste Botschaftssekretär H. Percival Dodge die Geschäfte der Botschaft.
Der Regierungsrat Warmann in Cassel ist der König⸗
1 lichen Regierung in Oppeln und der Regierungsassessor Dr. Stein aus Cöln der Königlichen Regierung in Düsseldorf zur
weiteren dienstlichen
8 8
8
Verwendung, überwiesen worden.
4 1 “
8 ““ 8 1 .
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist die h kehrend Besatzung S. M. S. „Möwe“ mit dem Reichspostdampfer „Prinzeß Alice“ vorgestern in Aden eingetroffen und hat an emselben Tage die Reise nach Suez und Pori Said fortgesetzt.
S. M. S. „Hansa“ ist vorgestern in Woosung ein⸗ etroffen.
S. M. S. „Luchs“ ist vorgestern von Hongkong nach Pakhoi in See gegangen. 8
11““ “
5
Görlitz, 26. November. In der Sitzung des Kommunal⸗
landtags der Oberlausitz am Freitag wurden verschiedene An⸗
träge auf Gewährung von Beihilfen erledigt gestrigen Schülern,
In der vor⸗ letzten Plenarsitzung wurden zahlreiche Gesuche von Studierenden und anderen Personen, soweit die bestehenden Bestimmungen und die eingetretenen Erledigungen dies lassen, genehmigt. Sodann wurde zur Bewilligung von Bei⸗ ilfen aus dem Landtagsdispositionsfonds geschritten. Hierzu lagen eine große Anzahl von Gesuchen für Klein⸗ kinderschulen, Gemeindepflegen, Krankenhäuser und Vereine für ge⸗ meinnützige Zwecke mannigfaltiger Art vor. Nur mit wenigen Aus⸗ nahmen wurden den Antragstellern Beihilfen in derjenigen Höhe fort⸗ und neugewährt, die dem Zwecke der Anstalten angemessen erschienen sind. Damit waren die Geschäfte des diesjährigen Kom⸗ munallandtags beendet. Der Vorsitzende dankte den Mitgliedern des Landtags für ihre Tätigkeit und Unterstützung und schloß mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser den Kommunallandtag. Lübeck.
In de vorgestrigen Sitzung des Bürgerausschusses legte der Senat, wie „W. T. B.“ meldet, umfangreiche Pläne des Ober⸗ baudirektors Rehders über de bauliche und wirtschaftliche Ausgestaltung und Nutzbarmachung der lübetckischen Hauptschiffahrtsstraßen und die Schaffung umfangreicher Industriehäfen vor. Ein in Verbindung damit beantragter An⸗ kauf von Uferland für den Betrag von 1 ¼ Millionen Mark wurde vom Bürgerausschuß einstimmig befürwortet.
Deutsche Kolonien. Die Nachricht vom Tode Hendrik Witbois hat, nach einer Meldung des „W. T. B.“, erneute Bestätigung gefunden. Er ist bereits am 29. Oktober eine Stunde nach seiner Ver⸗ wundung gestorben. Der Anhang seines Nachfolgers Samuel Isaak sitzt am Fischfluß östlich von Berseba, weitere starke Banden der Witbois sind nach dem Hudup gezogen.
gegangenen Depesche des
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Südlich von Gibeon wurde, wie nachträglich berichtet wird, bei Deutsche Erde am Fischfluß am 13. November ein Proviantwagen überfallen, wobei 4 Reiter fielen und 4 Reiter verwundet wurden.
Dagegen gelang es am 18. November dem Leutnant Fischer, mit 25 Reitern und 2 Maschinengewehren östlich von Nauroroanis (20 km südlich von Gibeon) ein Hotten⸗ tottenlager — anzugreifen. Der Feind verlor 7 Mann, einige Gewehre wurden erbeutet. Auf deutscher Seite wurde ein Reiter schwer verwundet.
Der Generalleutnant von Trotha hat, wie beabsichtigt, am 19. November in der Lüderitzbucht mit dem Dampfer „Prinz⸗Regent“ die Heimreise angetreten. Seine Ankunft wird in Hamburg für den 12. Dezember erwartet.
Der Oberst Dame hat die Geschäfte des Kommandeurs der Schutztruppe übernommen. Er befindet sich seit dem 21. No⸗ vember auf dem Marsche von der Lüderitzbucht nach Keet⸗ ma . b 8
Ein weiteres Telegramm aus Windhuk in Deutsch⸗Süd⸗ westafrika berichtet:
Reiter Hieronymus Torzynski, geboren am 11. 2. 1882 zu Birnbaum, früher im Kürassierregiment Nr. 6, ist am 20 November auf Pferdewache bei Geitsabis leicht verwundet worden (Streifschuß an rechten Oberschenkel). Reiter Friedrich Peine⸗ mann, geboren am 2. 10. 1882 zu Linden, früher im Infanterie⸗ regiment Nr. 78, ist am 21. November im Feldlazarett 3 zu Kalk⸗ ontein⸗Süd und Reiter Gustav Nowak, geboren am 25. 8. 1883 zu
alga, früher im Infanterieregiment Nr. 137, am 23. November im Lazarett zu Keetmanshoop an Typhus, Reiter Hermann Fuhl⸗ brück, geboren am 22. 5. 1882 zu Ziethen, früher im Füsilier⸗ regiment Nr. 34, am 9. November beim Baden im Fischfluß bei Gausis an Herzschlag gestorben.
1bö1ö1öbue““ ““
Unter dem Vorsitz des Grafen Goluchowski hat, wie W. T. B.“ meldet, vorgestern eine fünfstündige Minister⸗ konferenz stattgefunden, deren Gegenstand die Feststellung des gemeinsamen Voranschlages für das Jahr 1906 und der Bau der näͤchsten Bahnverbindung Oesterreichs mit Dalmatien bildeten, die über Ogulin durch das Unatal in Bosnien nach Zara und Knin gehen soll.
Im Prozeß Zeysig wurden, wie dasselbe Bureau aus
Budapest meldet, alle Angeklagten freigesprochen.
Rußland.
Ein Kaiserlicher Ukas verfügt, der „St. Petersburger Telegraphenagentur“ zufolge, daß das Amt des General⸗ gouverneurs von St. Petersburg und des mit der Leitung der Polizei betrauten Gehilfen des Ministers des Innern zu⸗ künftig in Wegfall kommen soll. Der Staatsanwalt des Appellationsgerichtshefs in St. Petersburg Wuitsch ist zum Direktor des Polizeidepartements ernannt worden.
Laut Meldung der obigen Telegraphenagentur werden in den Staatshaushalt für 1906 15 Millionen Rubel zur Aufbesserung der Lage der Angestellten der Eisen⸗ bahnen eingestellt.
In der vorgeßeigen Sitzung des Kongresses der Semstwos und der Städte wurde die polnische Frage erörtert.
Der Redakteur der Zeitung „Oswoboshdenije“ Struve ver⸗ langte nach der genannten Quelle für Polen, wo wie jetzt im Reiche Anarchie herrsche, liberale Verwaltung und Autonomie. Eine fremde Einmischung sei dabei nicht zu fürchten. Alle Russen würden sie geeint zurückweisen. Fürst Dolgoruki erklärte, die Autonomie bedeute keine Lostrennung, selbst Katkow sei für sie eingetreten. Der Moskauer Kreml und Praga reichten sich die Hand, und in nicht ferner Zukunft sei eine Föderation der Slawen⸗ staaten möglich, in der Rußland und Polen in kultureller Hinsicht eine bedeutende Rolle spielen würden. Kraszowsky⸗St. Petersburg verlangte, daß die Entscheidung der Polenfrage der Reichsduma über⸗ lassen werde Viele angemeldeten Redner verzichteten auf das Wort mit der Begründung, die Autonomie verteidigen heiße, offene Türen einrennen. Bei der Abstimmung über die polnische Frage wurde angenommen: Die Aufnahme der Autonomieforderungindieallgemeine Kongreßresolution mit 167 gegen 12 Stimmen, die Forderung nach Aufhebung des Kriegszustanvpes mit 170 gegen 4 Stimmen, die Aufnahme des Verlangens nach Autonomie füuür Polen in das Programm der Reichsduma mit 176 gegen 2 Stimmen, endlich das Verlangen nach zeitweiligen Beruhigungsmaßregeln und nach Freiheit des Gebrauchs der polnischen Pptaze mit 174 gegen 3 Stimmen. Die Gesamtresolution wurde mit 168 gegen 10 Stimmen angenommen.
Der Semstwokongreß beschloß ferner mit 86 gegen 57 Stimmen, zu dem Grafen Witte eine Abordnung zu ent⸗ senden, die ihm die Resclution des Kongresses überreichen, nähere Aufklärungen dazu geben und die Regierung bitten soll, daß die in der Resolution enthalt nen Forderungen verwirklicht werden. Im Laufe der Verhandlung wurde noch beschlossen, Witte das Vertrauen, Durnowo aber, dr in der alten bureaukratischen Politik fortfahre, das volle Mißtrauen des Kongresses auszudrücken und die sofortige Abberufung Durnowos zu verlangen. Mehrere Mitglieder des Kongresses brachten einen Protest gegen die Resolution ein und beantragten, in Anbetracht der herrschenden Erregung von den der Regierung zu unterbreitenden Fo derungen abzustehen, Witte das Vertrauen des Kongresses auszudrücken und die Fragen der Wahlen 1s 8. Autonomie für Polen bis zur Einberufung der Duma zurück⸗ zustellen.
Von Altgläubigen ist an alle Glaubensgenossen ein Aufruf erlassen worden, in dem diese zur Einigkeit auf Grund der Kundgebung vom 30. Oktober aufgefordert werden, um die revolutionären Elemente zu bekämpfen. Bei den Altgläubigen Moskaus hat dieser Aufruf schon seine Wirkung getan, was für das Kabinett Witte eine wertvolle und kräftige Hilfe bedeutet. Der Ausstand in Moskau gewinnt fortgesetzt an Ausdehnung. Die Arbeiter verwüsten täglich Fabriken sowie Privathäuser. Die in den letzen Tagen durch die Streikunruhen oerursachten Verluste belaufen sich auf etwa eine Million Rubel. Die Kolomnasche Maschinenbauanstalt wird am 28. November geschlessen; die gegen 6000 Mann betragende Arbeiterschaft wird entlassen.
Aus St. Petersburg wird dagegen gemeldet, daß der Ausstand an Ausdehnung nicht zugenommen habe und die Zahl der Ausständigen nicht 24 000 übersteige. Die Agitation für den Achtstundentag ergabbisher folgende Ergebnisse: fünf Fabriken mit 1700 Arbeitern entließen diese, haben die Entlassung angekündigt. Die neue Admiralitäts⸗ und die Baltische Werft sowie noch einige andere arbeiten unter den bisherigen Be⸗ dingungen. In den Putilowwerken und den Fabriken fast des ganzen Narwaschen und Moskauer Stadtviertels haben die Arbester die Arbeit wieder aufgenommen, um ihre Organisation weiter zu entwickeln. Nach einer heate ein⸗ „W. T. B.“ hat der Rat der
“
von Mytilene wird entsprechende Müteilung gemacht.
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Arbeiterdeputierten beschlossen, davon abzustehen, daß der Achtstundentag in den St. Petersburger Fabriken auf reu lutionärem Wege herbeigeführt werde; ferner ist beschlossen worden, der Frage des Achtstundentages auf dem bengs sch Arbeiterkongreß in Moskau einen allrussischen Charake⸗ zu geben.
In Sebastopol ist vorgestern unter den Matrose und Soldaten eine Meuterei ausgebrochen, der sich auz die Hafenarbeiter angeschlossen haben. Dem „Reuterschen Bureau“ zufolge haben die Meuterer den Admiral Pisa⸗ rewsky verwundet, einen anderen Offizier getötet und dem Chefadmiral aufgegeben, die Stadt innerhalb dreier Taoe zu verlassen. Der Eisenbahnverkehr ist wieder unterbroche“ und die Einwohner flüchten aus der Stadt. Nach 88 dungen des „W. T. B.“ unterscheidet sich die Meuterei jg Sebastopol von der Kronstädter durch den Beschluß der mi den Arbeitern der Admiralität gemeinsam han delnden Matrofen nicht zu plündern und zu morden sowie für Aufrechterhaltung der Ordnung Sorge zu tragen. Das Regiment Brest girng zu den Meuterern über, nachdem diese den Festungskom mandanten, den Regimentskommandeur und fünf Otfizier verhaftet hatten. Die Bemühungen, auch das Regiment Bialystok zu gewinnen, blieben erfolglos. Der Admiralstah der Marin e teilt über die Vorgänge in Sebastopol folgendes mit
„Die Ereignisse in Kronstadt fanden ein Echo bei der Flotte des Schwarzen Mezres. Admiral Tschuknin berichtet, daß die Matrosa unter dem Einflusse der sozialistischen Propaganda in Sebastopol ein Reihe von Kundgebungen veranstalteten. Die Bewegung breitete sich auf verschiedene Teile des Heeres aus. Bei einer Versammlung wund der Admiral Pissarewsky schwer verwundet. Die Lage ist eint obgleich nach einem um 6 ½ Uhr Nachmittags eingegangenen Bericht keine Anzeichen dafür vorhanden sind, daß eine Plünderung der Stat zu erwarten ist.“
Die „Nowoje Wremja“ meldet aus Sebastopol: Auf einen Versammlung in den Marinekasernen waren Deputierte von Panzerschiff „Panteleimon“ (früher Potemkin) und von Kreuzer „Otschakow“ anwesend; andere auf der Reeie liegende Kriegsschiffe ließen die von den Meuteren signalisierte Aufforderung, sich anzuschließen, unbeantworte Das Regiment Brest sagte sich von den Meuterern los umz marschierte nach dem Lager, wo alle treuen Truppenteil⸗ zusammengezogen sind. Die militärische Obrigkeit verhiet sich abwartend. Die Wasserleitung wird militärisc bewacht; die jüdische Bevölkerung fluüchtet. Dem Blatt⸗ „Ruß“ wird ferner gemeldet, daß die Meutere den Festungskommandanten Neplujew und den Genera Siedelnikow verhafteten, beide aber wieder freileßen. Die Kommandanten und andere Offiziere der Kriegs⸗ schiffe wurden festgenommen. Die Artillerie schloß sich der revolutionären Bewegung an. Aus Simferopal traf ein litauisches Regiment in Odessa ein; auch aus Pawlogradh sind Truppen ausgerückt. Admiral Tschuknin übergat das Kommando an den Korpskommandeur, General Möller⸗ Sakomelski. Eine Sappeurkompagnie ist zu den Meuteren übergegangen; diese haben sich mit den Arbeiten solidarisch erklärt. Am Abend ließen alle Schiffe durqh Abordnungen den Meuterern ihre Sympathie er⸗ klären. Die Schienen sind bis Inkerman aufgerissen.
8 Spanien.
8 Nach einer Meldung des „W. T. B.“ haben die sepe⸗ ratistischen Bestrebungen in Katalonien schwere Aus⸗ schreitungen zur Folge gehabt. In Barcelona begaben sich eim Anzahl Offiziere in der Nacht zum Sonntag nach der Redaktion des katalanischen Blattes „Cucut“, das Karikaturen gebrach hatte, durch die sich die Offiziere verletzt fühlten, stürmm die Druckerei, warfen Möbel, Papiere und sonstige Gegenstände auf die Straße und verbrannten sie. Darauf zogen die Off⸗ ziere nach dem Hause des katalanischen Blattes „Veu de Cataluna“ und verbrannten auch dort die Möbel. Die Bo mühungen des Generalkapitäns, die Offiziere zu beruhigen, blieben zuerst erfolglos, doch gelang es später, Re Offiziere nach dem Palaste des Zivilgouverneurs u bringen. Als am folgenden Tage Truppen die Rambl⸗ entlang marschierten, kam es wieder zu einigen Zwischen fällen, Schmährufe gegen Spanien und Hochrufe auf Katalonien ertönten; mehrere Personen wurden verhaftet. Die Behörden haben Maßregeln zur Verhinderung von Ruhe⸗ störungen getroffen und die Truppen in den Kasernen jr⸗ sammengezogen. Wie ferner gemeldet wird, haben die daer katalanischen Partei angehörigen Deputierten und Senatore beschlossen, die Absetzung der Zivilbehörden von Barcelona umd die Ersetzung der Garnison durch andere Truppen zu ver langen. Der Bürgermeister hat seine Entlassung gegeben.
Der Ministerrat hielt gestern wegen der Vorkomn⸗ nisse in Barcelona eine Sitzung ab. Der Kriegsminifte Weyler wurde beauftragt, den Behörden in Barcelona dit entsprechenden Weisungen zuerteilen. Wie der „Imparcial“ meldet habe der Ministerrat die Norwendigkeit anerkannt, der separe⸗ tistischen Bewegung in Katalonien ein Ende zu machen und die Aus⸗ breitung vaterlandsfeindlicher Bestrebungen zu verhindern. 3 diesem Zwecke sollen die verfassungsmäßigen Buͤrg⸗ schaften aufgehoben und ein diese Aufhebung genehm⸗ gender Gesetzentwurf im Parlament eingebracht werden. Die verantwortlichen Behörden in Barcelona sollen entlassen werden.
8 Niederlande.
Nach einer amtlichen Mitteilung wurde in Pohon⸗vbatt auf der Insel Borneo ein Unterleutnant mit neun ein⸗ geborenen Soldaten von dem Häuptling da Demangdalem, der bisher als Freund der holländischer Regierung galt, überfallen und niedergemacht.
Türkei.
Nach einer Meldung des „Wiener K. K. Telegr⸗ Korrespondenzbureaus“ besuchte der Minister des Aeußern vorgestern den Doyen der Botschafter Freiherrn von Calice. Die Pforte scheint in allen Punkten nachzugeben, bis auf Einzelheiten, die noch zu crörtern sind. Da das formelt Nachgeben aber noch nicht erfolgt ist, konnte das Auslaufen da Demonstrationsflotte auch nicht aufgehalten werden. Das G⸗ schwader ist gestern vor Mytilene eingetraffen. Das Pre⸗ gramm der Flottenkundgebung ist nach obiger Huell folgendes: Uin 8 Uhr früh Uebergabe eines Briefes an den Gouverneur von Mytilene durch fun Offiziere der fünf Mächte und einen Botschaftsdragomar, in dem die Veranlassung und der Zweck der Kund gebung mitgeteilt und erksärt wird, daß Handel un
Verkehr u gestört bleiben. Dem Doyen des Konsularkope m
₰—
1 Uhr Landung der Truppen und Besetzung des Zoll⸗ amts und des Telegraphenamts, um die drei Zonen gezogen werden: die erste wird von internationalen Truppen besetzt, die zweite bleibt vollkommen neutral, die dritte wird den türkischen Truppen überlassen. Polizeibeamte dürfen in allen drei Zonen verkehren. Der Depeschenwechsel des Ge⸗ schwaders geht über Athen und auch direkt nach Konstantinopel: bleiben auf letzterem Wege Telegramme der Kommandanten unbeantwortet, werden sie also in Konstantinopel nicht über⸗ mittelt, wird das Kabel durchschnitten.
Nach obiger Quelle ist Schemsi Pascha nach der erfolg⸗ reich durchgeführten Strafexpedition in das albanesische Gebiet von Ljuma in Prizrend eingetroffen.
Wie die „Agenzia Stefani“ aus Kanea meldet, sind die Aufständischen in die Stadt zurückgekehrt. Der Prinz
ine Amnestie erlassen
Serbien.- —
Die Verhandlung des Anleihevertrages hat am Freitag im Ministerrat begonnen und ist, „W. T. B.“ zu⸗ folge, vorgestern fortgesetzt worden. Der Umstand, daß die An⸗ leihe entgegen den Wünschen der Regierungspartei teilweise in Option übernommen wurde, gab zu dem Gerücht Ver⸗ anlassung, daß der Ministerrat den Finanzminister aufgefordert habe, seine Entlassung zu nehmen. An maßgebender Stelle wird demgegenüber kategorisch erklärt, daß dieses Gerücht un⸗ begründet ist. Es besteht vielmehr die Aussicht, daß die Re⸗ gierung den Anleihevertrag vollständig annehmen werde.
Norwegen. Das norwegische Königspaar ist am Freitag in Christiania eingezogen. Nach dem Bericht des „W. T. B.“
trat die Königsjacht „Danneborg“, begleitetet von den dänischen
Kriegsschiffen, dem deutschen Linienschiff „Braunschweig“ und dem englischen „Caesar“, am Morgen von Horton aus, wo das Geschwader vor Anker gegangen war, die Fahrt nach Christiania an. Bei Dröbak begaben sich die Majestäten mit dem Kronprinzen und den norwegischen Regierungsmitgliedern an Bord des norwegischen Kriegsschiffes „Heimdal“. Der Staatsminister Michelsen richtete an das Königspaar eine Ansprache, in der er ausführte:
„Fast 600 Jahre lang hat das norwegische Volk keinen eigenen König gehabt. Niemals ist er ganz unser eig n gewesen, immer haben wir ihn mit anderen teilen müssen; niemals hat er sein Heim unter uns gehabt. Das Land aber, wo das Heim ist, das wird auch das Vaterland. Heute ist es anders, heute kommt Norwegens junger König, um sein zukünftiges Heim in Norwegens Hauptstadt zu bauen, gewählt von einem freien Volke, um zusammen mit freien Männern an die Spitze des Landes zu treten. Unser Vaterlands⸗
efühl wird auch das seine werden. infach und schlicht wie das
olk selbst wird er sein Königliches Wirken unter uns aus⸗ üben. Das norwegische Volk liebt seine Freiheit und Unabhängigkeit, seine selbstgewonnene Selbstverwaltung über alles. Es wird des Königs Ehre und höchste Freude sein, zusammen mit dem Volke selbst dies zu tragen und zu schützen. Daher wird heute das norwegische Volk mit jubelnder Freude Euch mit diesem herzlichen Wunsche begrüßen: „Es lebe Norwegens König und Königin!“
Die Anwesenden brachen hierauf in laute Hurrarufe aus.
Danach antwortete der König Haakon:
„In meinem und meiner Gemahlin Namen danke ich für den herzlichen Gruß Durch das Vertrauen dieses Volkes berufen, Nor⸗ wegens König zu sein, werde ich all' meinen Willen, alle meine Kräfte einsetzen, um Norwegens Wohlfahrt und Glück zu fördern. Aber Voraussetzung dafür, daß diese meine Arbeit glücken werde, ist, daß ich auf das Vertrauen und die Unterstützung des norwegischen Volkes rechnen darf. Ich bitte Sie, meine Herren, alle nach Kräften, jeder n seiner Stellung, mir diese zu gewähren, dann werde ich vertrauens⸗ voll der Zukunft entgegensehen. Wir wollen uns in dem Rufe ver⸗
einen: Es lebe Norwegen!“
Unter dem Salut der Geschütze und dem Jubel der Bevölkerung erfolate sodann um 1 ½ Uhr die Landung der Königsfamilie in Christiania. Zur Begrüßung hatte an der
Landungsbrücke eine Vertretung der Stadt Aufstellung ge⸗ nommen, deren P äsident die Majestäten im Namen der Stadt willkommen hieß. Der König Haakon dankte mit herz⸗ ichen Worten. Hierauf folgte unter lebhaften Kundgebungen er Bevölkerung der Einzug in die Stadt. Bei ihrer Ankunft m Schlosse, wo die Mitglieder des Storthings und des höchsten Gerichts versammelt waren, wurden die Majestäten vom Präsidenten des Storthings Berner im Namen des Storthings und des Volks auf norwegischem Boden begrüßt. Der König antwortete und sagte unter anderm:
„S indem wir Norwegens Boden betreten haben, sind wir mit größter Wärme empfangen worden, und wenn diese fortdauert, wird es uns leicht werden, die große Aufgabe, die uns erwartet, zu über⸗ nehmen. Ich nehme den warmen Empfang als Bücgschaft dafür, daß wir das Volk für uns haben, und ich spreche die Hoffnung aus, daß auch Gott mit uns sein wird.“
Der König schloß mit Dank für die herzlichen Worte des Präsidenten des Storthings. ierauf empfing der König das iplomatische Korps und die Admirale der fremden Schiffe. Abends unternahmen der König und die Königin eine Fahrt durch die illuminierte Stadt, wobei ihnen von der durch die
Straßen wogenden Menschenmenge Huldigungen dargebracht
Gestern fand zu Ehren des Königs und der Königin, die ihren G burtstag feierte, bei dem Staatsminister Michelsen und seiner Gemahlin ein Festmahl statt, bei dem zwischen dem Könige, dem Prinzen Heinrich von Preußen und dem Staatsminister Michelsen Trinksprüche gewechselt wurden.
Wie „W. T. B. meldet, teilte der Staatssekretär Root der japanischen Regierung mit, daß er künftig die Koreg be⸗ treffenden Angelegenheiten durch die japanische Gesandtschaft durchführen werde, Koreas Souveränität aber im Prinzip von den Vereinigten Staaten weiter anerkannt werde. ““
Asien.
Das japanische Armee⸗Medizinaldepartement teilt nach einer Meldung des „Daily Telegraph“ aus Tokio mit, daß die japanischen Verluste während des Krieges an Toten und Verwundeten 218429, an Kranken 221 136 Mann betragen. Derselben Quelle zufolge schaffen die Russen Dampfer an, um unverzüglich einen plan⸗ mäßigen Dienst nach dem fernen Osten einschließlich Koreas zu eröffnen.
Statistik und Volkswirtschaft.
Nach dem vom Kaiserlichen Statistischen Amt herausgegebenen Oktoberheft der „Monatlichen Nachweise des deutschen Zollgebiets’ betrug in den zehn Monaten
anuar bis Oktober 1905 nach Tonnen die Einfuhr 44 706 964 gegen 39 841 146 im gleichen Zeitraum des Jahres 38 852 859 in 1903, daher mehr 4 865 818 und 5 854 105; die Edelmetalleinfuhr 1143 gegen 1122 und 1041. Bei 32 von 43 Zolltartfnummern ist die Einfuhr größer als im Vorjahre, darunter besonders bei Kohlen (+ 2 496 484), Getreide und anderen Erzeugnissen des Landbaus (+ 1 005 637), Holz und anderen Schnitz⸗ stoffen sowie Waren daraus (+ 439 091), Steinen und Steinwaren (+ 263 961), Erden, Erzen, edlen Metallen, Asbest (+ 202 452), Abfällen (+ 188 408), Oelen und Fetten (+ 97 944), Drogerie⸗, Apotheker⸗ und Farbwaren (+ 57 617), Material⸗, Spezerei⸗ und Konditorwaren (+ 54 509), Tonwaren (+ 17 306), Vieh (+ 16 353); die Mindereinfuhr der 11 anderen Zolltarifnummern tritt besonders hervor bei Eisen und Eisenwaren (— 24 684), Teer, Pech, Harz, Asphalt (— 23 615) Papier und Pappwaren (— 8682).
„Ddie Ausfuhr betrug in Tonnen 33 193 359 gegen 31 803 989 in 1904 und 31 648 003 in 1903, daher mehr 1 389 370 und 1 545 356; die Edelmetallausfuhr 435 gegen 304 und 299. Me hrausfuhren gegenüber dem Vorjahr zeigen 31 Zolltarifnummern, besonders: Erden, Erze, edle Metalle, Asbest (+ 857 426), Eisen und Eisen⸗ waren (+ 355 261), Steine und Steinwaren (+ 139 061), Kohlen (+ 118 953), Drogerie⸗, Apotheker⸗ und Farbwaren (+ 98 624), Instrumente, Maschinen und Fahrzeuge (+ 25 675), Teer, Pech, Harz, Asphalt (+ 18 345), Minderausfuhren von den 12 anderen
ummern besonders: Getreide und andere Erzeugnisse des Landbaus (— 167 689), Material, Spezerei⸗ und Konditorwaren (— 42 158), Tonwaren (— 34 876), Holz und andere Schnitzstoffe sowie Waren daraus (— 32 253), Oele und Fette (— 18 954 Tonnen).
Zur Arbeiterbewegung.
Der Ausstand der Kupferschmiede in Berlin (vgl. Nr. 275 d. Bl.) ist zu Ende. Eine zahlreich besuchte Versammlung der Kupfer⸗ schmiedegesellen Berlins und der Umgegend beschloß, der „Voss Zeg.“ zufolge, am Freitagabend die von den Arbeitgebern gewährte Zulage von 5 ₰ für die Stunde vorläufig anzunehmen, dagegen auf etwas weiteres — um freie Hand zu behalten — sich nicht einzu⸗ lassen, insbesondere einen Tarifvertrag nicht abzuschließen, den Aus⸗ stand für aufgehoben zu erklären und am nächsten Montag (heute) die Arbeit wieder aufzunehmen. Der Mindeststundenlohn von 55 ₰ tritt sofort in Kraft.
Zur Bewegung der sächsisch⸗thüringischen Weber (vovgl. Nr. 274 d. Bl.) meldet „W. T. B.“ nach der „Glauchauer Zeitung“ aus Glauchau, daß dort in zwei heute vormittag abgehaltenen, sehr zahlreich besuchten Textilarbeiterversamm⸗ lungen beschlossen wurde, am Mittwoch, den 29. November, früh 8 Uhr, die Arbeit wieder aufzunehmen. Dieser Be⸗ schluß sei das Ergebnis einer am Sonnabend in Greiz stattgehabten Besprechung zwischen der dortigen Dreimännerkonferenz der Greizer Webereiarbeiter und dem Fabrikanten Nusche. Derselbe Be⸗ schluß, wie der in Glauchau angenommene, werde aach in den übrigen von der Aussperrung betroffenen Orten des sächsisch⸗thüringischen Webereiverbandes gefaßt werden. Aus Gera liegt auch bereits eine solche Nachricht vor. In zwei stark besuchten Versammlungen beschlossen heute früh auch dort die ausständigen Webereiarbeiter, die Arbeit am Mittwochvormittag bedingungslos wieder aufzunehmen. 111“ ““
Land⸗ und Forstwirtschaft. Für die 20. Wanderausstellung der Deutschen Land⸗
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wirtschafts⸗Gesellschaft, die in den Tag'n vom 21. bis 26. Juni
1906 auf einem in der Nähe des Wannserbahnhofes Friedenau ge⸗ legenen, von der Stadt Schöneberg zur Verfügung gestellten G lände stattfinden wird, ist die Schauordnung erschienen, auf Grund deren die Anmeldungen auszuführen sind und die alle für die Schau geltenden Bestimmungen enthält. Sie kann mit den Anmelde⸗ scheinen von der Hauptstelle der Deutschen Landwirtschafts⸗Gesellschaft, Berlin SW. 11, Dessauer Straße 14, bezogen werden. Zur Aus⸗ stellung kommen Pferde, Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Geflügel, Kaninchen, Fische, landwirtschaftliche Maschinen und Geräte aller Art und landwirtschaftliche Erzeugnisse, wie Sämereien, Gebrauchs⸗ getreide und Hackfrüchte, Handelsgewächse, Futtergewächse, Erzeug⸗ nisse der Moorkultur, Erzeugnisse des Obst⸗ und Weinbaus, Erzeug⸗ nisse der landwirtschaftlichen Nebengewerbe, Erzeugnisse der Bienenwirtschaft, Dauerwaren für In⸗ und Ausland und Gegen⸗ stände, die mit der Düngerwirtschaft in Verbindung stehen. Von diesen Erzeugnissen stehen unter Preisbewerb das Saatgut, Brau⸗ und Brenngerste, Brauweizen, Kartoffeln, Hopfen, Flachs, Hanf, Erzeug⸗ nisse der Weidenkultur, frisches Obst, Obstwein, frisches Gemüse, Butter und Käse, die Erzeugnisse der Bienenwirschaft und die Dauer⸗ waren. Außerdem sind besondere Gruppen für landwirtschaftliche Hir sftofe und Hilfsmittel und für wissenschaftliche Darstellungen gebilde
Aus dem Regierungsbezirk Koblenz wird geschrieben: Die zur Zeit der Traubenblüte gehegten Hoffnungen auf eine gute Wein⸗ ernte haben sich leider nicht erfüllt. Die Peronospera ist in diesem Jahr in einem solchen Umfang aufgetreten, wie dies selbst die ältesten Winzer bis jetzt nicht erlebt haben. Sie hat nicht nur wie gewöhn⸗ lich die Blätter, sondern auch die Beeren befallen. Durch die im Juli fast täglich niedergegangenen schweren Gewitter, die bei drückender Schwüle keine Abkühlung brachten, wurde die Krankheit sehr be⸗ günstigt. Das einzige wirksame Bekämpfungsmittel, das Spritzen mit Kaͤpferkalklösung, ist meist zu spät zur Anwendung gekommen, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, daß die Entwicklung des Weinstocks bei der ungewöhnlich starken Hitze zu rasch vor sich ging, sodaß die nötigen Arbeiten, wie Aufbrechen, Aufbinden, nicht recht⸗ zeitig fertiggestellt werden konnten, zumal es vielfach an geübten Arbeitern fehlte. In manchen Weinbergen, namentlich an der unteren Mosel, ist fast die ganze Ernte vernichtet, während in anderen, wo noch rechtzeitig und mehrmals gespritzt wurde, noch leid⸗ liche Erträge erzielt wurden. Stellenweise wird nur mit ½10— ½8 Herbst gerechnet, stellenweise dagegen bis ½. Die Folgen der Krank⸗ heit werden sich für die Winzer noch besonders dadurch fühlbar machen, daß das Rebenholz wegen Verlusts der Blätter nicht ausreift; es werden also auch im kommenden Jahre noch vielfach wenig ertrag⸗ fähige Reben vorhanden sein.
Von anderen Rebenschädlingen haben das Oidium und der Sauer⸗ und Heuwurm verhältnismäßig nur geringen Schaden angerichtet. Dagegen sind leider wieder mehrere n ue Reblausherde entdeckt worden, im Kreise Kreuznach 13, im Kreise St. Goar ebenfalls 13 und im Kreise Neuwied 1. Außer den Rebenschädlingen hat endlich auch die fortwährend nasse Witterung der letzten Zeit der Weinernte erheblichen Schaden zugefügt, weil zur Verhütung der Traubenfäulnis mit schneller Lese vorgegangen werden mußte. Infolge dieser schlechten Ernte sind die Weinpreise natürlich erheblich in die Höhe geschnellt, inebesondere an der Mosel und am Rhein. Namentlich findet der gute Jahrgang 1904 wachsende Beachtung. Ueber die Preise des „Neuen“ verlautet noch nichts Bestimmtes.
Verkehrsanstalten. 88*
Nach Mitteilung der Betriebsdirektion der Warschau⸗ Wiener Eisenbahn lehnen die Weichselbahnen die Uebern ihme von Gütern von der Warschau⸗Wiener Eisenbahn und das Umladen auf der Warschauer Ringbahn ab. Sendungen über Alexandrowo und Sosnovice über Warschau
über den auswärtigen . 8 — 28, Mlawa wegen Zusammenstoßes von Zügen und Anhäufung von
von Dietrich Eckart gegeben.
hinaus
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nach Stationen der Weichselbahnen und der hinter ihnen Sess M Babnen sind bis auf weiteres nicht anzunehmen.
Deutschlands Außenhandel von Januar bis Oktober 1905. Tieren, sind anzuhalten und den Versendern zur Verfügung zu stellen.
Rollende Güter, mit Ausnahme von leicht verderblichen Gütern, Eilgütern und lebenden
Infolge Unterbrechung des Güterverkehrs auf der Strecke Draga — Gütern in Mlawa, die auf Umladung warten, sind bis Mittwoch,
1904 und den 29. d. M., einschließlich Güter über Mlawa nicht anzunehmen,
rollende anzu alten und den Versendern zur Verfügung zu stellen.
Trheater und Musik.
Königliches Schauspielhaus. Am Sonnabend wurde zum ersten Male „Der Froschkönig“ Eine romantische Komödie nennt der Verfasser das Stück, wohl um eine Voraussetzung zu geben für die ganz unvermittelte Mystik des Charakters der Hauptfigur. an könnte meinen, es hätten ihm Schilderungen nach Art des grotesken Satirikers Shaw vorgeschwebt, wenn nicht doch die Gesamtheit der Vorgänge auf ganz realem Boden stände und diese andererseits sogar geradezu Schwankmotive aufwiesen. Umsomehr fällt freilich dadurch der Held, wenn man ihn so bezeichnen darf, aus dem Rahmen, ein Verbrecher mit weltschmerzlichen und künstlerischen, mit philosophischen und — feigen Anwandlungen. Das letzte Motiv ist dasjenige, was der Figur noch am meisten Lebensfähigkeit gibt, wenn es auch am schwächsten angedeutet ist. Ein angeblicher Graf, Dr. jur. et phil. usw. entpuppt sich als Hochstapler und Juwelendieb: er präsentiert einfach einem Kommerzienrat in dessen Wohnung einen Schmuck, den er ihm mit Hilfe seiner Komplicen bei einem geheimnisvollen Einbruch gestohlen hat. Der Schmuck, mit dem die Kommerzienrätin überall geprahlt hatte, ist aber unecht. Die Veröffentlichung dieses Umstandes würde den Kredit des Bestohlenen, der gerade auch in den Zusammen⸗ bruch eines Berliner Bankhauses verwickelt ist, erheblich schädigen. Daher ist der Dieb sicher vor Verfolgung. Er benutzt die Situation sogar, um 10 000 ℳ zu erpressen. Der Kaufmann fährt nach Berlin; der Pseudograf bleibt da. Dieser erste Akt unterhielt sehr; er ist witzig, dramatisch wirksam und wurde trefflich gespielt. Eine Fortsetzung in demselben Stil hätte dem Stück einen großen Erfolg gebracht. Aber der zweite Akt wird langatmig und phrasenhaft; die sattrische, bewegte Handlung verliert sich in eine breiige Sentimentalität. Der Verbrecher verbreitet sich über sein innerstes Wesen, wie er eigentlich ein tief erfahrener, feinsinniger Menschenverächter ist, wie er durch Verbrechen nur die Vorsehung herausfordert, daß sie ihn vernichte und erlöse — wovon, bleibt freilich unklar. Er vergleicht sich mit dem Froschkönig im Mäschen, der die Sehnsucht nach seiner verlorenen Herrlichkeit in sich nicht ertöten kann und der befreienden Prinzessin harrt. Er glaubt nämlich auch selne Prinzessin gefunden zu haben in der jungen Tochter des Kommerzienrats, die, herzkrank und nachtwandlerisch wie sie ist, darch die gruselige Erscheinung des mysteriösen Fremden ganz benommen, fast mit ihm zu enffliehen bereit ist. Ein alter Oakel tritt aber da⸗ zwischen, und der Einbrecher sieht sich genötigt, die Erlösung fahren zu lassen. Er geht aufs neue seinem Gewerbe nach und nimmt ein zweites Collier der Kommerzienrätin mit. Nebenher läuft eine kleine Satire auf die Findigkeit der Polizei, die darin gipfelt, daß ein Polizeirat, der, wie alle anderen düpiert, den Verbrecher, den er für einen Diplomaten in geheimer Mission hält, mit der größten Hochachtung behandelt. Das Stück enthält manche Talentprobe, auch manche dichterische Schönheiten, aber es ist als Bühnenwerk doch ganz verfehlt und unwahrscheinlich. Der Verfasser hätte schwerlich so oft für den Beifall danken können, wenn nicht so ausgezeichnet gespielt worden wäre. Herr Matkowsky verleugnete in der Rolle des Einbrechers auch bei den vielen Tiaden, die ihm in den Mund gelegt waren, nicht seine große Charakterisierungsgabe. Liebens⸗ würdig und humorvoll war Frau Butze als Kommerzienrätin. Sehr prägnant und belustigend gab auch Herr Grube den beschränkten Polizeirat, und von großer Natürlichkeit und sympathisch im Wesen war Fräulein Eschborn als Kommerzienratstochter, deren Vater Herr Keßler lebens⸗ voll verkörperte. Herr Krausneck fand für den alten Onkel herz⸗ ewinnende Töne. Kleinere Rollen waren durch die Herren Hertzer, rindt, Böttcher, Winter und Fräulein von Mayburg würdig vertreten.
Lessingtheater.
Im Lessingtheater fand Arthur Schnitzlers Komödie „Zwischenspiel“, die bei ihrer Erstaufführung am Sonnabend während zweier Akte lebhaft zu fesseln vermochte, zuletzt infolge der Spitzfindigkeiten des Schlusses nur bestrittenen Beifall. Der sich rein psychologisch ent wickelnde Vorgang des Stückes spielt sich innerhalb einer Känstlerehe im wesentlichen nur zwischen den beiden Gatten ab, deren Verhältnis zu einander sich im Verlaufe der Handlung in sonderbarer, am Ausgang nicht mehr überzeugend motivierter Weise verschiebt. Das Ganze kann nicht als eine dram tische Dichtung in höherem Sinne, für ein durch ein Temperament ge⸗ sehenes Stück Leben gelten, vielmehr ist es ein Bübnen⸗ rechenexempel, das nach dem alten einfachen Verfahren behandelt, ganz leicht aufgehen müßte, nach der heute beliebten komplizierten Differential⸗ rechenkunst aber, in die sich allzuleicht ein Fehler einschleicht, einen un⸗ löslichen Bruch ergibt. Fast scheint es — und schon der Titel läßt darauf schließen — als wäre es Schnitzler erst während der Arbeit eingefallen, den natuͤrlichen Schluß der Wiedervereinigung der beiden Eheleute nach einem Zwischenspiel zeitweiliger Entfremdung, während dessen sie wenigstens als Eltern ihres Kindes und als gleichstrebende Künstler freundschaftlich zusamme halten, zu verwerfen und sie schließlich just in dem Augenblick für immer auseinandergehen zu lassen, in dem sie sich eigentlich wiedergefunden haben. Von der unerbittlichen Logik, mit der das Noraproblem Ibsens durch⸗ geführt wird, ist hier nicht die Rede; hier hat man vielmehr die Empfindung, als hätten nur Laune und die Scheu, den als unmodern verschrienen versöhnlichen Schluß, nach dem alles hindrängt, eintreten zu lassen, dem Verfasser die Feder geführt. Von dieser durch die Anlage der Gesamtkomposition durchaus nicht bedingten Enddissonanz abgesehen, hat aber das Stück mit seinem gut geführten, geistvollen Dialog den großen Vorzug, auch ohne viel äußeres Geschehen nirgends langweilig zu sein. Der Kapellmeister Amadeus ist eine in vielen Zügen gut beobachtete, ohne verzerrende Linien gezeichnete moderne Musikerfigur, und seine Caecilie der fein individualisierte Typus der neuzeitlichen, gebildeten, vornehmen Bühnenkünstlerin, die Kunst und Leben gleich ernst nimmt. Die anderen Personen sind mehr skizzenhaft umrissene Episodengestalten, unter denen die eines dem Ehepaar befreundeten Schriftstellers, der den Konflikt in be⸗ lustigender Weise vom Standpunkt des Dramatikers, der ihn für die Bühne zu behandeln hätte, glossiert, recht glücklich erfunden und ge⸗ wissermaßen als ironisches Eigenbildnis des Verfassers zu betrachten ist. Der Wirkung der Komödie kam die vortreffliche Darstellung der beiden Hauptrollen durch Albert Bassermann und Jrene Triesch nicht unwesentlich zu statten. Sehr interessant charakterisierte Reicher den Schriftsteller. Frau Pauly und Herr Grunewald vervollständigten 8 “ Aufgaben unaufdringlich das feinabgestimmte Zusammen⸗
Theater des Westens.
Je weniger die Produktion neuer Opern von dauerndem Wert die Theater in die Lage versetzt, den besonderen Wünschen des Publikums nach etwas Neuem zu entsprechen, umsomehr müssen Bühnen, wie das Theater des Westens, darauf bedacht sein, diesem Bedürfnisse in anderer Ferm, vor allem also durch Heranziehun namhafter Künstler, Rechnung zu tragen. Eine Darbietung dieser Art war das vorgestrige Auftreten der Koloratursängerin von der Opéra comique in Paris YPvonne de Tréville in Rossinis „Barbier von Sevilla“. Der Ge⸗ samteindruck der Leistung des Gastes war recht günstig Sympathische Erscheinung, graziösez Spiel und reiche stimmliche Mittel, welche die Schwierigkeiten der Partie der Rosine spielend bewältigten, vereinigten sich bei ihr, um eine Charakte figur, wie sie dem Komponisten vorgeschwebt haben dürfte, zu schaffen. Eine be⸗ sondere Gelegenheit, speziell ihre gesanglichen Fähigkeiten zu entfalten,