Der Bevollmächtigte zum Bundesrat, Senator der Freien und Hansestadt Lübeck, Senator Dr. Fehling ist von Berlin abgereist. 8
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist die heimkehrende Besatzung S. M. S. „Möwe“ mit dem Reichspostdampfer „Prinzeß Alice“ vorgestern in Port Said eingetroffen und hat gestern die Reise nach Neapel fortgesetzt.
S. M. S. „Stein“ ist vorgestern in eingetroffen. 6
S. M. Flußkanonenboot „Tsingtau“ Hongkong nach Canton in See gegangen. * S. M. S. „Iltis“ geht heute von Schanghai nach Tschingkiang in See.
Volo (Thessalien)
ist gestern von
Bayern.
Die Kammer der Abgeordneten nahm gestern, „W. T. B.
zufolge, die dritte Lesung der Wahlgesetzanträge vor. Die Liberalen brachten wieder einen Antrag auf Einführung der absoluten Mehrheit ein. Der Antrag wurde jedoch vom Zentrum gegen die Stimmen der übrigen Parteien abgelehnt. Schließlich wurde das ganze Gesetz einstimmig angenommen. 2 19. 8 Nachmittagssitzung beriet das Haus die Novelle zum Hundesteuergesetz, durch die eine Erhöhung der bestehenden Hunde⸗ 9 vorgesehen ist, und die teilweise den Gemeinden zugute kommen soll. Nachdem Redner aller Parteien außer den Liberalen Bedenken egen die Vorlage geäußert hatten, wurde der Artikel 1 mit großer Mehrheit abgelehnt. Der Finanzminister von Pfaff zog darauf die ganze Novelle zurück.
Deutsche Kolonien.
Eine Depesche des „W. T. B.“ aus Windhuk in Deutsch⸗ Südwestafrika vom gestrigen Tage meldet: 8 b
Der Sergeant Hermann Behn, geboren am 17. 1. 82 zu Dabel, frühber im Infanterieregiment Nr 75, ist am 23. November im Patrouillengefecht füdlich Otuani gefallen und der Reiter Georg Beckmann, geboren am 15. 8. 83 zu Hannover, früher im In⸗ fanterieregiment Nr. 74, am 25. November durch Unvorsichtigkeit in Ramanezdrift schwer verwundet (Brustschuß rechts).
8 SDesterreich⸗Ungarn. 8
Der rumänische Thronfolger stattete gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, in Wien dem Minister des Aeußern Grafen Goluchowski einen Besuch ab. Am Abend fand beim Kaiser Tafel statt, an welcher der Thronfolger mit Ge⸗ folge, der in Wien anwesende persische Prinz Schoa⸗es⸗ Saltaneh, das Personal der rumänischen und persischen Gesandtschaften sowie der Graf von Goluchowski teilnahmen.
Im Abgeordnetenhause wurde vorgestern die Debatte über die Regierungserklärung fortgesetzt. 8 8
Nach dem Bericht des „W. T. B.“ sprach der Abg. Sylvester Deutsche Volkspartei) die größten Bedenken gegen den auf Ungarn LSfase. Teil der Erklärungen des Ministerpräsidenten aus, hoffte aber, daß das Haus dem unerträglichen Zustande des Verhältnisses zwischen beiden Reichshälften ein Ende setzen werde. Der Redner vermißte die Aufklärungen über die Flottendemonstration. Der Abg. Skedl trat dann im Namen der deutschen Fortschrittspartei für das allgemeine gleiche Wahlrecht unter den in der Rede des Minister⸗ prasidenten vorgesehenen Maßnahmen zur Wahruag der nationalen und kulturellen Interessen ein. Der Abg. Adler (Sozialdemokrat) be⸗ zeichnete die Auführungen des Ministerpräsidenten als energisch und vernünftig und appellierte an das Haus, daß 3 dieses der Wahlreform kein Hindernis bereiten möge. Adler bestritt, daß das allgemeine Wahlrecht eine Gefahr für die Nationen, namentlich die Deutschen sei, und erklärte, die Deutschen fürchteten nicht so sehr für ihre Nationalität als dafür, daß die gegenwärtige Vertretung des deutschen Bürgertums durch dessen wahre Vertretung ersetzt werden solle. eigensten Interesse sollten die Deutschen nicht versuchen, diese wegung zu hemmen, weil diese sonst über sie hinweggehen würde. den Zeitpunkt über die Einbringung der Wahlreformvorlage anla so sei eine jede Verzögerung nicht nur eine Gefahr für die Wahlreform selbst, sondern auch für den öffentlichen Frieden in Oesterreich Der Abg. Glöckner(b. k. F) trat für das allgemeine und gleiche Wahlrecht ein, jedoch verbunden mit Wahlzwang. Der Abg Kramarcz (Tscheche) be⸗ tonte die Aufteilung der Mandate nach der neuen Wahlreform auf König⸗ reiche oder Länder könne nur auf Grund eines billigen Kompromisses der Länder geschehen, damit das bisherige Unrecht nicht verewigt werde. Eine Reform des Herrenhauses durch Vermehrung der aus Wahlen hervorgegangenen Mitgulieder sei unerläßlich, und die Rückwirkung der Reform des Reichsratswahlrechts auf die Landtage sei unbedingt not⸗ wendig. Es sei leider nicht darauf zu rechnen, daß das neue Haus unbedingt eine slavische Mehrheit aufweisen werde, aber die Wahlresorm werde zum mindesten zur Folge haben, daß ein Kulturberürfnis der Slaven nicht durch eine künstliche Mehrheit werde unterdrückt werden, was auch im Interesse der kulturellen und wirt⸗ schaftlichen Entwicklung des Staats liege. Der Redner warnte gewisse Parteien, der Wahlreform Hindernisse in den Weg zu legen, die nicht nur von den arbeitenden Klassen, sondern von allen freibeitlichen und fortschrittlichen Elementen gefordert werde. Der Redner wies schließlich auf die unabsehbare Gefahr hin, die entstände, wenn der Kampf um die Wahlreform auf den Weg der Gewalt gedrängt würde.
8 Frankreich.
In dem Prozeß gegen Malato und Genossen wegen des in der Rue Rohan gegen den König von Spanien und den Präsidenten Loubet verübten Anschlags wurden, „W. T. B.“ zufolge, alle Angeklagten freigesprochen und sofort in Freiheit gesetzt.
Rußland.
Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗ agentur“ hat der Marinestab heute eine Depesche über die Lage in Sewastopol veröffentlicht, die der Kriegsminister
estern von dem Kommandanten des Militärbezirks Odessa, em Vizeadmiral Tschuknin erhalten hatte. Danach stand am 28. November eine kampflose Erledigung der Meuterei in Aussicht. „Wir umstellten“, heißt es in dem Telegramm, „die meuternde Abteilung mit Truppen und stellten ihnen eine letzte Frist, sich auf Gnade und Ungnade
zu ergeben. Die Meuterer eröffneten jedoch den Angriff, in⸗ dem sie sich des Torpedobootsz rstörers „Swirepiy“ und drei anderer Torpedoboote bemächtigten, die sich dem „Otschakow“ näherten. Alle diese Schiffe und der „Oischakow“ hißten die rote Flagge. Darauf hißte der „Otschakow“ das Signal: „Schmidt befehligt die Flotte“. Hierauf ging der Leutnant Schmidt an Bord des Torpedobootszerstörers „Swirepiy und fuhr unter Hurrarufen vor der Front des Ge⸗ schwaders entlang, ohne jedoch von dem Geschwader eine Antwort zu erhalten. Dann nahm Schmidt Fahrtrichtung nach dem Hafen und ließ die durch ihn verhafteten Personen wieder frei. Vormittags bemächtigten sich be⸗
7
waffnete Abteilungen der Meuterer der kleinen Fahrzeuge im Hafen. Später wurde der Panzer „Panteleimon“ (der fruüͤhere „Potemkin“), der abgerüstet war, von bewaffneten Ab⸗ teilungen in Booten des Kreuzers „Otschakow“ in Besitz genommen. Die Offiziere wurden gefangen genommen und an Bord des „Otschakow“ gebracht. Man konnte gegen dieses Vorgehen der Meuterer nichts machen, da die Flotte auf Befehl des Kommandierenden des 7. Korps abgerüstet war. Nachmittags fanden weitere Vorstöße der Meuterer statt, und die Lage wurde noch ernster. Die Schiffe, die in der Südbucht vertäut lagen, wurden ge⸗ nommen und auf ihnen die rote Flagge gehißt. Man mußte nun den ersten Aktionsplan fallen lassen und entscheidende Maßregeln ergreifen. Von den Meuterern waren die gefangenen Offiziere an Bord des „Otschakow“ gebracht, in der Hoffnung, daß man gegen so viele Offiziere nicht feuern würde. Der Leutnant Schmidt erklärte den gefangenen Offizieren, daß, sobald von den Truppen Feindseligkeiten unternommen werden würden, er sie hängen lassen würde. Um 3 ⁄½ Uhr wurde aus Feld⸗ geschützen gegen die Schiffe, die sich in der Südbucht be⸗ fanden und rote Flaggen gehißt hatten, und gegen die übrigen Fahrzeuge der Meuterer das Feuer eröffnet; die roten Flaggen wurden alsbald niedergeholt. Schmidt signalisierte: „Ich habe zahlreiche gefangene Offiziere.“ Nachdem ein Fahrzeug von den Meuterern zum Sinken gebracht worden war, fing der „Otschakow“ an, zu feuern. Das Feuer wurde von den Batterien der Nordseite und von den Schiffen des Geschwaders sofort erwidert. er Torpedobootszerstörer „Swirepiy“ wurde von dem Ker „Pamjat⸗Merkuria“, dem Panzerschiff „Rostisslaw“ und dem Torpedobootszerstörer „Kapitan Sacken“ lebhaft unter Feuer genommen und alsbald kampfunfähig gemacht; auch zwei Torpedoboote wurden außer Gefecht gesetzt. Der „Otschakow“ hatte kaum sechs Schuß abgegeben, als er die weiße Flagge hißte, worauf das Geschwader das Feuer gegen ihn einstellte. An Bord des „Otschakow“ war Feuer ausgebrochen, und es wurden deshalb Boote ausgesandt, um die Mannschaften zu retten. Schmidt, als Matrose verkleidet, suchte zu entkommen, wurde aber festgenommen. Ein Minenschiff mit 300 Sperrminen an Bord, das in der Südbucht lag, wurde von der eigenen Be⸗ satzung gleich hei Beginn des Feuers zum Sinken gebracht, weil man eine Explosion der Minen befürchtete.“
Nach einem Telegramm der genannten Agentur vom gestrigen Tage sind die Kasernen, wo sich die Meuterer ver⸗ barrikadiert hatten, von treu gebliebenen Truppen besetzt worden. 2000 Meuterer mit Mitrailleusen sind in das Landes⸗ innere gezogen Der Kreuzer „Otschakaw“ ist ausgebrannt, aber noch flott Entgegen den gestern in St. Petersburg ver⸗ breiteten Gerüchten ist festzustellen, daß die Stadt Sewastopol keinen Schaden gelitten hat. Einer heute eingelaufenen Depesche des Gefs des Admiralstabes, Admirals Tschuknin zurolge haben ssich wälrend der gestrigen Nacht ungefähr 1500 Mann hit Masch ewohren dem Regiment Breht ergeben farner marben die Kafernen in henen sich die Mieuterer befanden, von den Trvppen heieht C mevterjshathe ümaschatern,1,,, g' er i schecbct*“— nü 1 eeemeiten devon waren in de zu ircseoezsgen meit sie errve entlassen we
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1 ien.
Nach Meldung des „W. T. B.“ stellte der Minister⸗ präsident Montero Rios in einem gestern unter dem Vorsitz des Königs abgehaltenen Ministerrate diesem die Vertrauensfrage. Der König erklärte, daß er dem Ministerium in allen Punkten zustimme.
312 — ₰
Afrika. Laut Meldung des „W. T. B.“ ist durch die aus Kap⸗ stadt eingeführten Ochsen auf dem Baiweg Lüderitzbucht — Kubub — Keetmanshoop die Rinderpest eingeschleppt worden. Es ist daher die Tötung sämtlichen im Seuchen⸗ gebiet befindlichen Großviehs, etwa 700 Stück, angeordnet. Bezüglich des in Privatbesitz befindlichen Viehs sind gleiche Maßnahmen eingeleitet. Eine mehrwöchige Quarantäne ist erforderlic. Es muß nunmehr auf der Strecke Lüderitzbucht -Kuibis der Betrieb mit Maultieren durchgeführt werden. Von Kuibis aus landeinwärts wird der Ochsenbetrieb vorläufig noch aufrecht erhalten. Trotz aller aufgewandten Mittel ist der Verkekr auf dem Baiweg auf etwa 1¼ der Leistungen des Monats Oktober zurückgegangen. Dadurch wird die Verpflegung der Truppen ernst lich efährdet und der Gang der Operationen wesentlich Feeintrachtigt
Parlamentarische Nachrichten.
Fortsetzung des Berichts über die gestrige Sitzung ichstags befindet sich in der Ersten und Zweiten
Die Beilage.
— Der heutigen (4.) Sitzung des Reichstags, die vom Präsidenten Grafen von Ballestrem 1,20 Uhr eröffnet wurde, wohnten der Staatsminister, Staatssekretär des Innern Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner und der Staats⸗ minister, Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Podbielski bei.
Nachdem ein schleuniger Antrag Albrecht u. Gen. wegen Einstellung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Schmidt⸗Frankfurt a. M. (Soz.) für die Dauer der Session ohne Debatte einstimmig angenommen worden war, setzte das Haus die Besprechung der Interpellation der Sozialdemokraten, betreffend Maßregeln gegen die Fleisch- not, fort. 8 18“
Abg. Dove (fr. Vgg.): Der Landwirtschaftsminister zog den Ausführungen des Herrn Scheidemann den Schluß, daß es schwer sein müsse, agrarische Dinge zu verstehen. Ich habe das beste Zutrauen zu dem agrarischen Verständnis des Landwirtschaftsministers, worin ich keinen Vorwurf erblicke. Wenn er aber trotzdem zu Fehlschlüssen gekommen ist, so müssen hier wohl auch andere als agrarische Gesichtxpunkte geltend sein. Die Frage ist als reine Ressort⸗ angelegenheit des Landwirtschaftsministeriums behandelt worden, und die Denkschrift trägt deutlich die Spuren ihres Ursprungs, sie ist gearbeitet nach dem Rezept: quod erat demonstrandum; denn sie bestätigt unsere Behauptungen, operiert aber, um doch
7 2 AƷ91 AᷣuS
— 528*
wenn das Fleisch teurer wird, ma auch der Schnaps teurer werden, denn dann könnt Ihr d welchen trinken. Das ist dech kein Kulturideal für unsere Wähler. Der deutsche Städtetag hatte keineswegs die Absicht, einen Gegensatz von Stadt und Land hervorzukehren, und wenn Herr von Oldenburg meinte, daß dort nach Staatshilfe geschrien worden sei, so ist er schlecht berichtet. Aber ein Staat, in dem der Prozeß der Industrialisierung unaufhaltsam ist und sein muß, wenn er die sich vermehrende Bevölkerung ernähren will, muß diese Frage nicht als reine Pro⸗ duktions⸗, sondern auch als Konsumtionsfrage auffassen. Die Frage ist ferner aber auch eine staatsrechtliche und politische. Der Reichskanzler hat nach dem Reichsseuchengesetz die Befugnis und die Verpflichtung, die im Interesse der Reinhaltung unseres Vieh⸗ standes von neuen Gefahren erlassenen Bestimmungen zu überwachen, und er hat auch das Recht, zu prüfen, ob solche Maßregeln, die bei ihrer Einführung begründet waren, jetzt noch notwendig sind. Seuchengesetz sieht als Voraussetzung für Grenzsperren an, daß der Viehstand durch Seuchen wirklich bedroht sei. Die Sperren sind also nicht aufrecht zu erhalten, wenn andere Verhältnisse eingetreten sind. Und was das Verhältnis der Reichsgewalt zu den Einzelstaaten in dieser Frage betrifft, so sieht hier der Bundes⸗ rat dem früheren Bundestag außerordentlich ähnlich. Eine Seuchen⸗ gefahr besteht eigentlich jetzt nur von Rußland her bezüglich der Schweine, aber gerade von Rußland haben wir eine, wenn auch kontingentierte Einfuhr, und da ist bewiesen, daß die getroffenen Maßregeln ausreichen, um die Eid Ran Seuchen zu per⸗ hindern. Diese Maßregeln würden al 2. jenüber den nicht⸗ verseuchten anderen Ländern vollkon . 95 3. Alllerdings ist der veterinäre Gesichtspunkt längst vder Alich aus der Rede des Herrn von Oldenburg hervorgel lediglich als Auf⸗ gabe unseres Volkes an, die loresgrt Bese. che Produktion zu fördern. Wenn die Denkschrift aus .. , it die mangelhafte Viehproduktion die Schuld trage, s .. diesem Gebiete von dem Minister etwas korrektere Ansi erearee
Bei Schluß d s Blattes fähr her 80
unseren Wählern sagen:
fort zu sprechen
Das Mitglied des Herrenhauses, Lanoschaftsrat C von Borcke in Grabow ist am 28. v. M. verstorben.
8 urt
Nr. 49 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 25. November, hat folgenden Inhalt: Zoll⸗ und Steuerwesen: Einzahlung der für Ge⸗ treide, Hülsenfrüchte ufw. gestundeten Zölle sowie Einzahlung der Zollgefälle für ausländische Waren.
Statistik und Volkswirtschaft.
Die Verbreitung der Sparkassenbücher in Preußen 1903. Im neuesten Heft der „Zeitschrift des Königlich preußischen Statistischen Landesamts“ (Jahrgang 1905, II. Abteilung) veröffent⸗ licht der Oberregierungsrat Evert die Statistik der preußischen Spar⸗ kassen für das Jahr 1903. Danach waren am Schlusse des Berichts⸗ jahres (das bei den meisten Sparkassen das Kalenderjahr 1903, bei den übrigen das Rechnungsjahr vom 1. April 1903 bis zum 31. März 1904 oder noch andere Zeiträume umfaßt) 1549 Sparkassen, 42 mehr als am Schlusse des Vorjahres, vorhanden, und zwar 703 (+ 14) städtische, 229 (+ 2) Landgemeinde⸗ und dergl. Sparkassen, 416 (+ 4) Kreis⸗ und Amtssparkassen, 6 Provinzial⸗ und ständische Sparkassen, 195 (+ 22) Verein- und Privatspar⸗ kassen. Zu den Sparkassen gehörten noch 650 Filial⸗ oder Nebenkassen und 2468 Sammel⸗ oder Annahmestellen, 45 bezw. 90 mehr als im Vorjahre. Sparstellen überhaupt waren somit 4667 gegen 4490 im Vorjahre vorhanden. Es kam je eine Sparstelle auf 74,71 qkm und 7768 Einwohner (nach der für den 1. Januar 1904 geschätzten am günstigsten war die räumliche Spar⸗ gelegenheit in einigen Bezirken des Westens und der mittleren Landes⸗ jeile entwickelt. Berücksichtigt sind hierbei nur die eigentlichen Spar⸗ kassen, nicht auch die „Sparkassen zweiter Linie“, die ebenfalls Spareinlagen annehmen, wie . B. die Kreditvereine, von Unter⸗ nehmern für ihre Arbeiter unterhaltene Sparkassen. Nicht besonders als Sparstellen gezählt sind die Verkaufsstellen von Sparmarken, deren es am Ende des Berichtsjahres 2021 (gegen 2125 im Vorjahre) gab. So verbreitet das Sparkassenbuch bereits in Preußen ist, so bringt trotzdem jedes weitere Jahr einen ansehnlichen Zuwachs. Nicht weniger als 1 341 373 Bücher wurden im Berichtsjahre neu aus⸗ betrug mithin
393 141 gegen 351 512 im Jahre 1902,
v“ 366 362 1901,
314 009 1900,
403 226 1899,
405 231 1898,
383 406 1897,
392 364 1896,
366 120 1895,
261 205 1894.
Jahrzehnts an dritter Stelle und wird nur durch die Jahre 1898 und 1899 übertroffen. Im ganzen Staate waren auf 100 Ein⸗ wohner bereits 26,96 Bücher, also auf je vier Einwohner schon mehr als ein Buch vorhanden. Die Verbreitung der Bücher schwankt aber nach Provinzen und Bezirken noch sehr bedeutend. Zwar ent⸗ fallen in jeder Provinz mehr als 10 Bücher auf 100 Einwohner, die wenigsten in Posen mit 11,45 Büchern; von den Re⸗ gierungsbezirken aber hat Gumbinnen nur 8,38 Bücher auf 100 Einwohner aufzuweisen; auch Bromberg und Oppeln mit je 11,10, Trier mit 11,12, Posen mit 11,65 und Marienwerder mit 12,40 stehen weit zurück. Im allgemeinen ist der Osten ärmer an Sparkassenbüchern als der Westen; doch überschreiten Berlin mit 38,09, die brandenburgischen Bezirke Frankfurt mit 42,02 und Potsdam mit 29,63, die drei pommerschen mit 27,02 bis 28,96, desgleichen Breslau mit 30,05 den Staatsdurchschnitt, und der Bezirk Liegnitz
erreicht mit 46,53 Büchern auf je 100 Einwohner sogar den höchsten
Satz, während im Westen außer dem bereits genannten Bezirke Trier auch Aurich, die drei westfälischen Bezirke sowie Cassel und außer Aachen auch alle rheinischen Bezirke den Staatsdurchschnitt nicht er⸗ reichen. Nach Provinzen betrachtet, weisen nach:
Posen.. 11,45] Hessen⸗Nassau 28,23 Ostpreußen 12,38 Brandenburg . . 34,07 Westpreußen. 14,78 Schleswig⸗Holstein 35,42 Rbeinland 21,65 Hannover 36 00 Westfalen . 22,49 Hohenzollern 37,66 Schlesien. .726,15 Berlin 38,09 Pommern 27,57 Sachsen . 42,04 Bücher auf je 100 Einwohner. In solchen Unterschieden kommt nicht bloß die größere oder geringere Sparsamkeit, Sparfähigkeit und wirt⸗ schaftliche Entwicklung der Bevölkerung, sondern namentlich auch ihr sozialer Aufbau zur Geltung, der unter sonst gleichen Umständen bei einer zahlreichen abhängigen Bevölkerung dem Sparkassen⸗ buche einen weiteren Spielraum bieten wird als bei einer zahl⸗ reichen mit eigenem, wenn auch kleinem Besitze versehenen, der eine bessere Gelegenheit zur Verwendung der Ueberschüsse bietet als die Sparkasse. Auch die Entwicklung sparkassenähnlicher Anstalten, besonders der Erwerbs⸗ und Wirtschaftsgenossenschaften,
zu dem gewünschten Ergebnis zu kommen, mit Vermutungen, Gerüchten und Berichten, die sich auf haltlose Beobachtungen stützen. Ich verkenne die Bedeutung der landwirtschaftlichen Seite der Frage wegs, meine Freunde sind zum großen Teil in landwirtschaft⸗ Bezirken gewählt, aber wir können allerdings nicht 11““ 8 .“
fpielt dabei eine gewisse Rolle und hilft namentlich das verhältnis⸗ mäßige Zurückbleiben einiger westlichen Landesteile in der Verbreitung des Sparkassenbuches erklären. Im übrigen ist der Zuwachs auch in den Gebieten, die bisher schon stark mit Sparkassenbüchern gesättigt waren, recht ansehnlich. Es wurden nämlich im Jahre 1903
“
gegeden und nur 948 232 ganz zurückgenommen. Der Ueberschuß
Das Berichtsjahr steht also mit seinem Ueberschuß während des letzten
Der Ueberschuß der neu ausgegebenen über die ausgegeben genommen zurückgen ommenen
Bücher Bäücher stellte sich daher auf 1I1n
zurück⸗
32 272 39 142 88 970 79 068 47 770 28 575 108 144 93 404 51 668 87 831 79 103
Ostpreußen.
Westpreußen. Stadtkreise Berlin. Brandenburg. 1
.
g. 2
114 427 139 173 63 865 36 774 153 403 130 157 66 567 121 634 110 276 72 244 46 787 im Rheinlande 237 834 165 352 in Hohenzollern . 2808 b Vielfach tritt bei Besprechungen der Sparkassenstatistik die An⸗ nahme hervor, die Zunahme an Sparkassenbüchern betreffe lediglich die größeren Konten, während die kleineren sich nur wenig vermehrten oder sogar in der Abnahme begriffen seien. Nun kamen allerdings
.
„ „ „ „ „ „ . . .
Schleswig⸗Holstein Hannover Westfalen.. Hessen⸗Nassau.
von den im Umlaufe begriffenen Büchern — 9 773 103 i. J. 1903 bezw. 9 372 930 i. J. 1902 — 1 auf die Bücher 1903 4 902 60, ℳ Einl. 2727580 = 27,91 v. H. 2624046 =28,00 v. 150, „ 1426354 - 14,59 „ 1377146=14,69 300 S * 1274412 - 13,04 „ 1239027 =13,22 300 — 600 „ „ 1464482 = 14,98 „ 1417438=15,12 „ 600 — 3000 „ „ 2421977 =24,78 „ 2299931 =224,54 3000 — 10000 „ „ 9ä, 369948= 3,95 . „ 10000 böö 50475⸗= 0,52 „ 45394 = 0,48 „ Der Anteil der größeren Konten an der Gesamtzahl der Bücher wurde also auch im Berichtsjahre wieder größer. Dies bedeutet aber, wie schon die obigen absoluten Ziffern ergeben, nicht eine Abnahme, sondern nur eine verhältnismäßig geringere Zunahme der kleineren Konten, und zwar betrug diese Zunahme bei den Büchern ““ . Km 8. 5,31 v. H. 3,57 „ „ 82 ““ 10,24 „ . 111 8“ 1“
Auch bei den kleinsten Konten war also die Zunahme um ein Mehr⸗ faches größer als die Zunahme der Bevyölkerung. Daß die Anzahl der oßen Einlagekonten schneller wächst, ist auch ganz natütlich weil bei ortschreitender Spartätigkeit immer weniger neue kleine Sparer zu ewinnen übrig bleiben, wohl aber die vorhandenen allmählich in höhere assen aufsteigen. Im allgemeinen wird man sagen dürfen, daß Bücher bis zu 3000 ℳ und darüber sich recht wohl noch in den Händen einfacher Leute aus dem Handarbeiterstande finden werden, während solche mit mehr als 10 000 ℳ mit verschwindenden Aus⸗ nahmen juristischen Personen oder Mitgliedern der höheren und Mittelklassen angehören werden. Alles in allem sind nun die Bücher mit mehr als 10 000 ℳ Einlage zwar noch nicht besonders häufig, doch finden sie sich bereits bei der großen Mehrzahl aller Kassen sowie fast in allen Landesteilen. Nur die Vereins⸗ und Privatsparkassen beschränken sich in ihrer Mehrheit noch auf kleinere Anlagen. Die Einrichtung der gesperrten Sparkassenbücher, d. h. solcher, deren Auszahlung satzungsgemäß an bestimmte Voraussetzungen gebunden ist, hat sich nur langsam, aber immerhin in den letzten Jahren etwas schneller als früher ausgebreitet. Während im Jahre 1894 28 573 solche Bücher gezählt worden waren und in den nächsten Jahren auch nur eine Anzahl von 30 530 bezw. 33 748, 39 887 und 44 005 erreicht wurde, lauten die Ziffern seit 1899: 51 385, 65 116, 82 741, 99 152 und 114 452. Am meisten verbreitet ist diese Form der Einlage in den Regierungsbezirken Schleswig mit 14 094 und Düsseldorf mit 11 174 Büchern. In der preußischen Sparkassenstatistik ist vielfach eine Nach⸗ weisung darüber vermißt worden, wie oft im Laufe eines Jahres auf ein Konto Ein⸗ und Rückzahlungen zu erfolgen pflegen. Durch eine besondere Umfrage sind bei 845 Sparkassen mit 7 091 950 Büchern. also dem weitaus größten Teile des Bücherbestandes, Nachrichten auch hierüber ermittelt worden. Danach kamen im ganzen auf je 100 Bücher 112,87 Ein⸗ und 62,73 Rückzahlungen; bei denjenigen Kassen, die durch Errichtung von Filialen oder Annahmestellen die Einzahlung erleichtern, lauteten die Ziffern: 121,34 und 68,33 bei den übrigen 99,68 und 54,01; die ersteren hatten also eine größere Häufigkeit der Ein⸗ wie der Rückzablungen auf⸗ uweisen. Im allgemeinen kam danach auf jedes Sparkassenbuch all⸗ Häbrlic nur etwas mehr als eine Einzahlung; in manchen Bezirken, wie Stade, Köslin, Stralsund u. a. m., waren die Einzahlungen noch erbeblich seltener. Das ist ein wenig erfreuliches Ergebnis, das sich übrigens noch ungünstiger gestalten würde, wenn man eine Anzahl Sparkassen ausschiede, bei denen die Einzahlungen im Wege des Lohn⸗ abzugs u. dergl. wöchentlich zu erfolgen pflegen, sodaß sich hier bei regelmäßiger Tätigkeit 52 Einzahlungen auf jedes Konto ergeben müßten. Allein die Frankfurter Sparkasse mit der dazu gehörigen Ersparungsanstalt (Wochenkasse mit Abholungssystem) weist 922 983 Ein⸗ zahlungen, d. s. mehr als ein Hebnee der gesamten Einzahlungsfälle und 8,08 auf jedes Konto, nach. Hierdurch schnellt auch der Durch⸗
schnitt bei den Vereins⸗ und Privatsparkassen auf 2,67 Einzahlungen
für das Konto empor, während die städtischen, noch mehr aber die
übrigen öffentlichen Sparkassen unter dem allgemeinen Durchschnitt
bleiben.
Eine der Tabellen der Sparkassenstatistik für das Jahr 1903 ver⸗
anschaulicht für 151 Kassen, bei denen dies möglich war, noch die
Häufigkeit der Einzahlungen nach Kontenklassen und zugleich nach
Arten der Sparkassen. Danach sind überall die kleinsten Sparer die
eifrigsten Einzahler, und nimmt die Häufigkeit der Einzahlungen im
allgemeinen mit der Höhe des Kontos ab. Allerdings sind auch die
Rückzahlungen bei den kleingeren Konten häufiger als bei den größeren.
Bei allen 151 Kassen zusammen kamen auf je 100 Bücher Einzahlungen Rückzahlungen
60 ℳ 134,35 58,83
EEEEEEeb1I.“ 96,36
8 150 — 300 „ 93,35 71,99
. 300 — 97,25. 82,74
F 60 32,32 22,97
bei den Konten bis zu
von über 60—-
26,02 34,83
Zur Arbeiterbewegung.
Eine Versammlung der Hofvertrauensmänner der Droschken⸗ führer Berlins (vgl. Nr. 270 d. Bl.), nahm in der Nacht um Donnerstag zu der Antwort der Droschkenfuhrberren auf die Vorschläge der Droschkenführer zum neuen Tarif⸗ vertrage Stellung. Anwesend waren Vertrauensleute von mehr als 200 Fuhrhöfen. Die Fuhrherren haben die Forderungen 8 Kutscher abgelehnt und erklärt, sie würden einen neuen Vertrag nur auf Grundlage des bestehenden und auf die Zeit⸗ dauer von 2 ½ Jahren abschlißen. Im Fall kein Vertrag zustande omme, werde 40 v. H. der Einnahme ohne Grundlohn gezahlt werden. Demgegenüber erklärte der Hauptredner, daß der Vorstand festgestellt habe, die geforderte Lohnerhöhung betrage im Durch⸗ schnitt nicht mehr als 10 ₰ den Tag für den Kutscher, und daß die Fuhrherren wohl in der Lage seien, diese unbedeutende Erhöhung u bewilligen. Der Redner empfahl die Annahme einer Erklärung, mn der die Versammelten sich verpflichten, nur bei Bewilligung olgender Bedingungen dem Abschluß eines neuen Tarifvertrags zuzu⸗ stimmen: Von 10 ℳ Einnahme 2 ℳ Grundlohn und 25 v. H. r Waschen der Wagen, und bei einer Einnahme von 12 ℳ
V
ℳ Grundlohn zu zahlen; ferner Räume zur Unterbringung der Sachen und Versicherung der Livree gegen Brandschaden sowie Anerkennung des Vertrauens⸗ manns. Lehnen die Fuhrherren diese Bedingungen ab, so werden die Kutscher eine abwartende Stellung einnehmen und einen Tarif⸗ vertrag nicht abschließen. Die Erklärung wurde angenommen.
Die Direktion der Straßenbahn in Kiel (vgl. Nr. 282 d. Bl) hat, wie „W T. B.“ meldet, gestern an die Angestellten der Gesellschaft ein Schreiben gerichtet, in dem erklärt wird, daß sämtliche Angestellten, die bis Abends 6 Uhr die Arbeit nicht wieder aufgenommen haben würden, sich als entlassen zu betrachten hätten. Die Kommission der Angestellten hat, wie die „Nord⸗Ostsee⸗Zeitung“ meldet, beschlossen, im Ausstand zu verharren, bis die Direktion sämt⸗ liche Forderungen erfüllt habe.
„In Leipzig sind, nach der „Köln. Ztg.“, die Barbiere und Friseure in eine Lohnbewegung eingetreten; sie fordern die Be⸗ seitigung des Kost⸗ und Logiszwangs, Zahlung eines Mindestlohnes und Verkürzung der Arbeitszeit. Es kommen 1000 Gehilfen in Betracht.
Wie die „Frkf. Ztg.“ erfährt, sind die Buchbinder und R1.821eg arbeiter in Chemnitz in eine Lohnbewegung ein⸗ getreten.
Die Grubenbesitzer des Zwickauer, Lugauer und Oelsnitzer Reviers lehnten die Lohnforderungen der Bergleute (övgl. Nr. 269 d. Bl.) ab, gestanden, nach dem „Zwickauer Tageblatt“, aber eine Teuerungszulage von 48 bis 80 ℳ im Jahre bis auf weiteres zu. Dies bedeutet für die Bergwerksbesitzer eine jährliche Mehrausgabe von 700 000 ℳ Die Antwort der Bergarbeiter steht noch aus.
In Paris hatten, dem „W. T. B.“ zufolge, ausständige Erd⸗ arbeiter der Untergrundbahn (vgl. Nr. 281 d. Bl.) nach Schluß einer gestern abgehaltenen Versammlung einen Zusammen⸗ stoß mit Arbeitswilligen, in den die Polizei eingriff. Zwölf Polizeibeamte wurden dabei verwundet. Es wurden etwa 20 Per⸗ sonen verhaftet.
Aus Verviers wird der „Köln. Ztg.“ gemeldet, daß die ver⸗ einigten Fabrikanten am Mittwoch durch Maueranschlag über sämt⸗ liche bei ihnen beschäftigten Mitglieder des Allgemeinen Weber⸗ verbandes die Sperre verhängt haben, weil die ausständigen Weber der Firma Jean Heuskin der wiederholten Aufforderung, vor der Ent⸗ scheidung über einen neuen Lohntarif die Arbeit erst wieder aufzu⸗ nehmen, nicht nachgekommen sind. Der von den 14 bedeutendsten dortigen Firmen unterzeichnete Anschlag erklärt, daß die gesperrten Weber nicht eher wieder zugelassen würden, bis der Heuskinsche Aus⸗ stand beendet sei.
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Kunst und Wissenschaft. “
Die Königliche Akademie der Wissenschaften hielt am 16. November unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Vahlen eine Gesamtsitzung, in der zunächst Herr Hirschfeld über die Römische Staatszeitung und die Akklamationen im Senat las. Er suchte den durchaus offiziellen Charakter dieser von Caesar ins Leben gerufenen Publikation zur Zeit der Republik zu erweisen und knüpfte daran Bemerkungen über ihre Redaktion in der Kaiserzeit und über die in ihr verzeichneten Akklamationen im Senat. — Herr Warburg überreichte eine Mit⸗ teilung von dem Professor Dr. W. Kaufmann in Bonn über die Konstitution des Elektrons. Der Verfasser hat seine Versuche an 5.Strahlen des Radiums über die Beziehung zwischen der Masse und der Geschwindigkeit der Elektronen mit verfeinerten Hilfsmitteln wiederholt. Die Abweichungen zwischen Theorie und Beobachtung ergaben sich etwa dreimal so groß für die Lorentzsche Annahme des bei der Bewegung sich deformierenden Elektrons als für die Abrahamsche Annahme des starren kugelförmigen Elektrons. Die Versuche sprechen für die Abrahamsche und gegen die Lorentzsche Grundannahme und deren Konsequenzen. — Herr Helmert besprach die Potsdamer Aufzeichnungen der Wellen des Erdbebens auf der Balkanhalbinsel vom 8. zum 9. November d. J. Diese Aufzeichnungen sind dadurch interessant, daß man danach einen vollständigen Umlauf der Wellen um den Erdkörper herum annehmen möchte. — Herr Diels überreichte Commentaria in Aristotelem Graeca. Vol. XIII. Pars II. Ioannis Philoponi in Aristotelis Analytica priora commentaria ed. Maximilianus Wallies. Berolini 1905.
Die Akademie hat das auswärtige Mitglied Herrn Albert von Koelliker am 2. November durch den Tod verloren.
In der am 23. November unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Waldeyer abgehaltenen Sitzung der physikalisch⸗mathe⸗ matischen Klasse las Herr Koch über die Unterscheidung der Trypanosomenarten. Die Unterscheidung der als Krankheits⸗ erreger bekannten Trypanosomen stößt oft auf unüberwindliche Schwierigkeiten, wenn sich die Untersuchung auf diejenigen Formen beschränken muß, welche im Blute des Wirts vorkommen. Erst bei der weiteren Entwicklung der Trypanosomen im Zwischenwirt (Glossina) treten Formen auf, welche konstante und zur Unterscheidung der Arten ausreichende Kennzeichen aufweisen, wie an den männlichen und weiblichen Typen von Tr. Brucei und Tr. gambiense gezeigt wird. — Herr Hertwig legt eine Mitteilung des Professors Dr. Rudolf Krause, Berlin, über die Endigung des Nervus aousticus im Gehörorgan des Flußneunauges vor. Die marklosen Nervenfasern treten in das Epithel der Maculae und Cristae acusticae ein, wobei sie kolbenartige Anschwellungen zeigen und die fibrilläre Struktur verlieren; an den Haarzellen enden sie, indem sie deren Basis becherförmig umfassen. Ferner gehen von der Basis der Hörhaare sehr feine Fäden aus, die als Wurzelfasern bezeichnet werden, am Kern zum Teil dicht vorbeiziehen und an der Oberfläche der Zelle mit außerordentlich feinen Enden aufhören. Ein unmittel⸗ barer Uebergang zwischen den Wurzelfasern und den Endausbreitungen der Nervenfasern konnte nicht nachgewiesen werden.
In der an demselben Tage unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Vahlen abgehaltenen Sitzung der philosophisch⸗histori⸗ schen Klasse hielt Herr Sachau einen Vortrag über Literatur⸗ bruchstücke aus Chinesisch⸗Turkestan. Er legte drei Syrische Texte vor, die der liturgischen und hymnologischen Literatur der Nestorianer angehören. Außerdem besprach er ein in syrischer Schrift, aber in fremder Sprache verfaßtes Schriftstück und untersuchte seinen Sprachcharakter. Der Dialekt, in dem das Blatt geschrieben ist, gibt sich als ein mitteleranischer zu erkennen.
Im Anschluß an diesen Vortrag erstattete Herr Pischel Bericht über die Ergebnisse der Expedition, die die Königlich preußische Regierung unter Leitung des Herrn von Lecog nach Chinesisch Turkestän entsendet hat. Die Expedition hat reiche Funde an Brähmf⸗, uigurischen, köktürkischen, manichäischen, chinesischen, tibetischen, syrischen u. a. Manuskripten und Blockdrucken gemacht. Sehr reich sind auch die archäologischen Funde. Unter ihnen ragt besonders hervor eine ganze Serie höchst interessanter und mit wenigen Ausnahmen völlig unbeschädigter Bilder aus den Gängen des
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Tem pels 2 in Dakianus. Bilder sowie von Manufkriptblättern vorgelegt.
Es wurden Photographien eines Teils dieser sf uff ätte Die neue Expedition unter Leitung des Professors Grünwedel war am 19. Oktober in
Andidschan angekommen, wird sich also jetzt mit der des Herrn von Lecog in Kaschgar vereinigt haben.
erste Abhandlung über Hegels Jugendjahre vor. Sie beschäftigt sich mit den theologischen Arbeiten Hegels, die in der Zeit seiner Hauslehrerstellungen in Bern und Frankfurt entstanden sind. Sie erörtert den systematischen Zu⸗
Herr Dilthey legte eine
sammenhang der Bruchstücke, die auf der Königlichen Bibliothek zu Berlin liegen.
Im Verein für deutsches Kunstgewerbe sprach am
Mittweoch der Hilfsarbeiter im preußischen Kultusministerium, Professor
Dr. Ludwig Pallat über Kunst und Schule in. Amerika. Der Redner zeigte auf Grund seiner reichen, in Amerika selbst ge⸗ wonnenen Erfahrungen, daß in der amerikanischen Schule die Kunst in größerem Umfange und intensiver gepflegt wird als bei uns, daß
Anschaffung verschließbarer
aber die angewandten Mittel im Interesse einer übertrieben raschen und vielseitigen Entwicklung des Kindes viel Schema und Konvention in den Unterricht hineintragen, anstatt die Beobachtungsgabe und den zeichnerischen Ausdruck der Schüler auf natürlichem Wege ruhig zu entwickeln. Anzuerkennen ist der gute Geschmack, der sich in der Ausstattung der Schulen und sonstigen öffentlichen Gebäude, ins⸗ besondere der neuen Volksbibliotheken zeigt, und der sich auch im Zeichenunterricht äußert. Dabei muß auf den auffallenden Umstand hingewiesen werden, daß in dem „praktischen“ Amerika der moderne Geschmack nicht durch die Industrie, sondern durch die Schule ins Volk getragen wird. Alle von den Schulen der kulturell vorge⸗ schritteneren Staaten in St. Louis ausgestellten Schülerarbeiten trugen, soweit sie dekorativer oder ornamentaler Natur waren, aus⸗ gesprochen modernen Charakter. Die Führer dieser Bewegung sind Danmann Roß, Arthur Dow und Henry Turner Bailey, deren Theorien und Wirken der Redner näher besprach. Der auf Grund dieser Theorien getriebene Kompositions⸗ und Ornamentunterricht erscheint, weil er in der Hand der Durchschnittslehrer zu unfruchtbarer Konvention führt, für die Schule weniger nachahmenswert als die Verbindung des Entwerfens mit dem Handfertigkeitsunterricht, der in Amerika in viel ausgedehnterem Maße gepflegt wird, als bei uns. — Vom ernsten Naturstudium sollen wir uns durch die Amerikaner nicht ab⸗ bringen lassen, dabei aber auf die geschmackbildenden Momente mehr Gewicht legen und namentlich die Knabenhandarbeit weiter entwickeln. Bei der Besprechung der Ursachen des verhältnismäßig geringen Ergebnisses, das in der amerikanischen Schule bei dem unbe⸗ befangenen, d. h. nicht komponierenden Naturstudium erzielt wird, wies der Redner auf das kürzlich erschienene Buch von Kerschensteiner „Die Entwicklung der zeichnerischen Begabung“ hin. Die Ergebnisse dieses Buches, die sich auf mehrjährige umfassende Versuche in den Volks⸗ schulen von München gründen, zeigen, daß der neue preußische Lehr⸗ plan für den Zeichenunterricht sich mehr der natürlichen Entwicklung des Kindes anpaßt als die übertrieben vielseitige und hastende Unterrichtsweise der amerikanischen Schule. Endlich kam bei Schilderung des Wandschmucks noch zur Sprache, daß bisher neben Reproduktionen klassischer Meister fast nur solche von Bildern neuerer französischer Maler, insbesondere von Millet, beliebt waren, daß aber bereits hier und da die neuen deutschen Künstler⸗ zeichnungen auftauchen, die möglicherweise in Verbindung mit dem durch St. Louis zu Ansehen gekommenen modernen deutschen Kunst⸗ gewerbe der deutschen Kunst wieder in Amerika einen Weg bahnen werden. — Eine überaus reichhaltige Sammlung von amerikanischen Schülerarbeiten, denen zahlreiche deutsche gegenübergestellt waren, sowie eine sehr bemerkenswerte Ausstellung deutscher Lehrmittel für den Zeichenunterricht, die das Albrecht⸗Dürer⸗Haus veranstaltet hatte, begleiteten die fesselnden Darlegungen des Redners.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Ausfuhr von Getreide aus Argentinien und die Preise desselben für den Monat August 1 905.
Menge
Getreideart n Tonnen
Verschiffungsziel
30 306 3 248
Großbritannien Frankreich Belgien Deutschland Spanien Niederlande Afrika Brasilien Chile Paraguay Uruguay “ Verschiedene Länder Order
222 839
12 562 2 000 3 151
zusammen
Leinsaat Großbritannien Frankreich Belgien Deutschland Niederlande Portugal Afrika Brasilien Order
zusammen
Großbritannien Frankreich Belgien Deutschland Italien Spanien Niederlande frika Cuba Brasilien Chile Paraguay
Großbritannien Belgien Deutschland 11AXAX“X“ Chile
Uruguay
zusammen
Gegenwert der höchsten und niedrigsten Preise in Mark nach dem
Durchschnittskurse von
Preise im Großhandel für 1 d
Weizen: & mn bis &m’n Barletta
gnlena,: 3
französif 8
Tusella..
Leinsaat..
Mais, gelber.
Hafer.
12,24
11,52 16,92 8,37 7,65
17,64 9,73 7,92.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
China.
Der Kaiserliche Generalkonsul in Schanghai hat die gesund⸗ heitspolizeiliche Kontrolle der aus Hongkong und Amoy kommenden und die Häfen von Woosung und Schanghai anlaufenden deutschen Seeschiffe wieder auf⸗ gehoben. Die Einfuhr von Lumpen, altem Papier, Särgen mit Leichen sowie von trockener und feuchter Erde aus Hongkong und