inter sich haben. Insofern bin ich den Einbringern der Interpellation außerordentlich dankbar. Ich vertraue, daß diese Feststellung die ver⸗ bündeten Regierungen veranlassen wird, auch bei künftigen Anläufen gegen ihre jetzige Wirtschaftspolitik, wenn es sich um die Durchführung des neuen Zolltarifes handeln wird, dieselbe Festigkeit zu bewahren, die sie jetzt betätigt haben. 1 8 Abg. Gothein (fr. Vgg.): Der Landwirtschaftsminister hat estern bedauert, daß gegen ihn in dieser Frage so viele persönliche Angriffe gerichtet worden seien. Ich bin kein Freund davon, einem Gegner unlautere Motive unterzuschieben. Aber das kann man von einem Staatsminister, von einem Mitglied des Bundesrats verlangen, daß er nicht bloß sich als ein Minister für eine bestimmte politische Richtung in der Landwirtschaft erweist, nicht als Agent der Agrarier, sondern als Staatsminister und Mitglied des Bundes⸗ rats, der die allgemeinen Interessen des Volkes vertritt. Dies haben wir aus seinen wiederholten Aeußerungen, aus seinen Tischreden nie gehört. Er hat sich etwas nichtachtend über die öffentliche Meinung geäußert und über sein Verhältnis zur Presse. Gewiß kann er nicht auf jeden Angriff der Presse ant⸗ worten; er scheint aber nicht zu wissen, was eine Revolver⸗ presse ist. Es ist eine Presse, die mit Androhungen etwas er⸗ pressen will, und diese Revolverpresse haben wir in sehr starkem Maße in unserer konservativen und Kreisblattpresse, worin es hieß: wenn ihr euch weiter erlaubt, über diese Fleischteuerung so zu sprechen, so werden wir dafür sorgen, daß der Viehhandel aus⸗ geschaltet wird. Das ist ein Druck auf die bessere Ueberzeugung der Leute, ausgeübt mit unmoralischen Mitteln. Der Minister kann auch nicht alles totschweigen, was in der Presse über ihn gesagt wird, wenigstens nicht das, was die befreundete Presse über ihn sagt. Wenn die konservative und bündlerische Presse eine Mitteilung bringt und es als erfreulich hinstellt, daß der Landwirtschaftsminister einer hohen Stelle Vortrag gehalten hat und diese vollständig mit seiner Politik einverstanden ist, und wenn das nachher als ein Kuckucksei bezeichnet wird, so hatte der Minister ein dringendes Interesse daran, diejenigen von sich abzuschütteln, die sich an seine Rockschöße gehängt hatten und behaupteten, daß er sich hinter der Krone verstecke. Die Denkschrift ist so abgefaßt, als wenn der Minister sich als Agent der agrarischen Interessen fühlt. Sch habe die Empfindung, daß der Minister seinem Dezernenten auf⸗ getragen hat, die Denkschrift in dem Sinne zu bearbeiten: Fleischnot ibt's nicht, Grenzen öffnen ist nicht, die ganze Schuld trägt der gwiscendenger Die Städte sollen schuld sein, und man hat meine Vaterstadt Breslau angeführt. Allerdings hat sie leider eine hohe Schlachtsteuer, aber wer tritt. dort dafür ein? Die Konservativen, die Antisemiten und die Zentrumspartei. Wenn nur ein halbes Dutzend von diesen Kartellparteien für die Aufhebung der Schlacht⸗ steuer gestimmt hätte, so wäre sie gefallen. Auch Herr Porsch hat dort nie für die Aufhebung gestimmt, ebensowenig wie Herr Pauly in Potsdam, wie mir wenigstens von zuverlässiger Seite erzählt worden ist. Als in der Zolltarifkommission ein entsprechender Antrag von uns eingebracht wurde, sprach sich der Staats⸗ sekretär des Innern mit aller Entschiedenheit dagegen aus, so etwas in das Gesetz aufzunehmen. Auch der preußische Finanzminister sprach dagegen, und jetzt desavouiert der Landwirtschaftsminister den Staats⸗ sekretär und seinen Kollegen vom preußischen Ministerium auf das gröblichste. In Breslau fand sich 1902 cine Mehrheit der Stadt⸗ verordneten, die Schlachtsteuer für einige Nahrungemittel, z. B. für Schmalz, aufzuheben. Dieser Beschluß fand aber nicht die Ge⸗ nehmigung der zuständigen preußischen Minister. Was soll man nun zu den heutigen Ausführungen des Landwirtschaftsministers sagen? Er spricht über solche Dinge ohne die geringste Kenntnis und gibt den städtischen Körperschaften Ratschläge, die, wenn sie ausgeführt werden, von den Ministern ad acta gelegt werden. Von den Schlachthofgebühren ist ja auch viel geredet worden. will nur bemerken, daß in dem neuen Berliner Etat die Einnahmen um über 400 000 ℳ niedriger eingesetzt sind, als das Gesetz erlaubt. Dann brachte man die Viehmarktbanken vor. In Breslau gehören alle Fleischer ihnen an, es ist eigentlich eine Vereinigung der Fleischer, und der eventuelle Gewinn würde unter den Fleischern selbst bleiben, trotzdem sind sie nicht reich dabei geworden. Was den Zwischenhandel betrifft, so hat in der Breslauer Stadtvertretung ein konservativer Mann, ein zur Ruhe gesetzter Fleischermeister, erklärt, daß, soweit er sich erinnere, ein einziger Händler ein reicher Mann ge⸗ worden sei. Auf dem Städtetag hat der Oberbürgermeister Körte⸗ Königsberg mitgeteilt, daß sämtliche Landstädte über den Viehmarkt klagen. Aus Primkenau und Tribsees, kleinen Landstädtchen, wird das⸗ selbe gemeldet; die gegenteilige Behauptung, daß eine Fleischnot sich in den Landstädten nicht konstatieren lasse, steht also auf sehr schwachem Boden. Die „Avpotheker“⸗Rechnung des Herrn von Podbielski geht nicht den Minister, sondern den Schweinezüchter an. Jeder Züchter hat sein Schwein lieb; er hat seine Schweine als erstklassig angesehen und wundert sich nun, daß bloß 56 ℳ gezahlt worden sind. Den Beweis für die Existenz von Händlerringen hat sich Graf Reventlow denn doch zu leicht gemacht. Die Denkschrift bringt für ihre Beweis⸗ führung auch nur Gründe vor, die ebenso gut in einem Damen⸗ Kaffee vorgebracht werden könnten. Was sollte ein Fleischer, der nicht Viehhändler ist, mit den 300 Hammeln des Herrn von Oldenburg machen? Das aber soll uns hier beweisen, daß die Händlerringe existieren, und daß sie an allem schuld sind. Nun sollen die Städte die Fleisch⸗ versorgung übernehmen. Diese Arbeit geht aber doch nicht bloß die Städte an. Die preußischen Städte verfügen doch nicht über so viele Güter wie der Domänenfiskus, an dessen Spitze der preußische Land⸗ wirtschaftsminister steht; sie sind ja verpachtet, aber gegen gutes Ab⸗ standsgeld sind sie zu haben, und der preußische Landwirtschafts⸗ minister, der ja die Vorbildung hat, könnte dann die Schweinezucht im großen von Staats wegen übernehmen. Aber er wird sich schwer hüten; er weiß, daß bei der Viehzucht durch die Bureaukratte nichts herauskommt. Wenn er es aber selbst nicht machen will, soll er mit solchen Ratschlägen die Städte verschonen. Dann sollen die Städte den Fleischhandel und die Fleischereien ausschalten. Die Oberbürger⸗ meister müßten ja die größten Ochsen sein, wenn sie diesem Vor⸗ scchlage des Herrn Ring Folge gäben. Sie sollen sich der Vieh⸗ zentrale des Herin Ring ausliefern? Mögen die Produzenten Fleischversorgungsgenossenschaften gründen; aber sie sollen das aus eigenen Mitteln machen, nicht Staatshüͤlfe in Anspruch nehmen. Die Gewichtsabnahme der Schweine ist eine Tatsache; die Abnahme der Schweineschlachtungen im dritten Vierteljahr 1905 gegen das dritte Vierteljahr 1904 beträgt nicht weniger als 400 000. Schon bei 5 % oder 6 % Mindergewicht ergibt sich eine Abnahme von 150 000 Schweinen, und das alles gegenüber der Bevölkerungszunahme! Solche Erscheinungen können nicht lokal beschränkt sein, sondern müssen durch ganz Deutschland sich zeigen. Im Elsaß hat ja bereits ein landwirtschaftlicher Verein die Oeffnung der Grenzen wegen des Mangels an Schweinen verlangt! Herr von Podbielski hätte doch, wenn nicht als Landwirtschafts⸗ minister, so doch als Züchter eine bessere Beurteilung des Schweine⸗ marktes haben müssen. Warum hat er nur; drei Schweine verkauft? Entweder hat er sich als guter Geschäftsmann gesagt, die Preise steigen noch weiter oder, was mit den Mitteilungen seiner Gutsverwaltung im Einklange stehen würde, ich habe nichts zu verkaufen. Das ist der beste Beweis für die Schweinenot. Graf Posadowsky hat vor gar nicht langer Zeit erklärt und zahlenmäßig nachgewiesen, das Inland könne nach seiner Ueberzeugung den in⸗ ländischen Fleischbedarf nicht decken. Dies hat sich, wenn ich auch zugeben will, daß die Einfuhr erschwert ist, als richtig er⸗ wiesen. Der ganze Begriff der Produktionskosten ist ein unsagbar schwankender und unsicherer. Wenn Sie mit der Behauptung kommen, man kann vom deutschen Landwirt nicht verlangen, daß er zu reisen liefert, die niedriger sind als seine Produktionskosten, o ist das einer der ärgsten Trugschlüsse. Machen Sie doch die roduktionskosten durch zollfreie Einfuhr von Futtermitteln illiger! In der Denkschrift steht nichts als allgemeine Redensarten, die nur den Zweck haben, die Tatsachen zu verschleiern. Wenn Herr von Podbielsti das russische Kontingent erhöhen will, sobald es in Ruß⸗ land ruhig geworden ist, warum hat er es denn nicht erhöht, dort
noch ruhig war und die Not bei uns schon bestand? Die angrenzenden Gebiete sollen durch Schafpocken verseucht sein. In dem Abkommen mit Oesterreich heißt es aber: Handelt es sich um Schafpocken, so kann die Einfuhr nur für Schafe versagt werden. Aus Rußland aber werden bei Schafpocken auch gleich die Schweine nicht mehr hereingelassen. Dann sollen wir gegen Rußland die Tore nicht öffnen können, weil Milzbrand herrscht. In dem Abkommen mit Oesterreich heißt es merkwürdigerweise, daß das vereinzelte Auftreten von Milzbhrand der Ausstellung eines Einfuhr⸗ sceines nicht entgegensteht. Bei Rußland aber ist es ge⸗ ährlich. Ueberall sieht man die Inkonsequenz des Ministers. Und merkwürdig, die beiden Länder, die eine Verseuchung am ersten be⸗ fürchten lassen, wo die Handhabung der Veterinärpolizei viel zu wünschen übrig läßt, Rußland und Oesterreich, sind gerade diejenigen, aus denen wir die Einfuhr am leichtesten gestatten. Gegen die⸗ jenigen Länder dagegen, die seuchenfrei sind oder wo die Seuche in verschwindendem Maße auftritt, wo auch die veterinärpolizeilichen Vorschriften zum Teil noch besser gehandbabt werden wie bei uns, z. B. Dänemark, sperren wir uns ab. Wer will uns da einreden, daß dies wegen der befürchteten Verseuchung geschieht? England, auf das man sich immer als das Musterland der Absperrung berufen hat, bezieht aus den Vereinigten Staaten jährlich eine halbe Million Rinder. Bei uns aber dürfen diese nicht S werden. Wenn auf die Tuberkuloseimpfung nur 0,7 % von dem Vieh reagieren, und sich nachher 23 % als tuberkulös erweisen, so hätte doch der Land⸗ wirtschaftsminister, wenn er nicht mit der Logik auf P.Nexncten Fuße stände, zu dem Schluß kommen müssen, daß die Tuberkulin⸗ probe nichts taugt. Und haben wir denn im Inland keine Tuberku⸗ lose? Bei den Rindern bewegt sie sich in Deutschland noch zwischen 2 und 4 %. Warum unterwirft man die Tiere also noch einer Pro⸗ zedur, die das Fleisch nur unappetitlich macht. Aber auch hier sehen wir wieder die Inkonsequenz der Regierung: wenn die Tuberkulose von österreichischen Rindern eingeschleppt wird, so schadet sie nichts. Anders aber ist es bei dänischen Rindern. Wenn die ver⸗ bündeten Regterungen anerkannt haben, daß bei den jetzigen Kon⸗ tingenten nicht die geringste Gefahr vorliegt, warum läßt man die Einfuhr nicht zu aus den Ländern, aus denen eine Seuchen⸗ einschleppung so gut wie ausgeschlossen ist? Auch die Pro⸗ duzenten beschweren sich über die Fleischteuerung. Hören Sie nur die Produzenten Oberschlesiens. Worin besteht die amerikanische Ge⸗ fahr? Daß die dortigen Arbeiter so gut mit Fleisch ernährt werden. Ohne die Caprivische Handelspolitik wäre die Fleischnot früher noch größer gewesen, denn die Zölle wären höher gewesen. Die Fleischnot muß immer wiederkehren, wenn die Zölle erhöht werden. Die jetzige Wirtschaftspolitik ist keine volksfreundliche, sondern eine stetige Gefahr für die Volksernährung.
Hierauf wird die Vertagung beschlossen.
Es folgen persönliche Bemerkungen der Abgg. Scheide⸗ mann, Dove, Kreth (kons.), Graf Reventlow und Molkenbuhr.
Abg. Scheidemann (Soz.): Der Abg. Graf Reventlow hat eine objektive Unwahrheit ausgesprochen, wenn er eine tadelnde Bemerkung des „Vorwärts“ gegen einen Casseler Parteiredakteur auf mich bezog. Ent⸗ weder hat er die betreffende, höchst geschmacklose Bemerkung des „Vor⸗ wärts“ nicht gelesen, oder aber er hat sie gelesen und dann war, da darin ausdrücklich gesagt ist, daß sie sich auf mich nicht bezieht, seine Bemerkung nicht nur eine objektive Unwahrheit, sondern etwas weit Schlimmeres. .
Abg. Graf Reventlow (Wirtsch. Vgg.): Ich muß hiernach meinen Irrtum eingestehen; aber dieser Irrtum gab dem Abg. Scheide⸗ mann nicht das Recht, mir gegenüber die Grenzen auch des aller⸗ gewöhnlichsten Anstandes zu verletzen.
Schluß nach ¼ 7 Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend 1 Uhr. (Rechnungsvorlagen; zweiter Nachtrag zum Etat für 1905 [SHüdenesa ega h⸗ Bahn]; Fortsetzung der Besprechung der Fleischnottettt kintzon). —
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11“”
Parlamentarische Nachrichten.
Dem deutschen Reichstage ist heute eine im Reichs⸗ marineamt bearbeitete Sammlung statistischen Materials, betitelt:
Die Entwicklung der deutschen Seeinteressen
im letzten Jahrzehnt, zugegangen, dessen einleitende Uebersicht nachstehend wiedergegeben wird.
Gelegentlich der Einbringung des Gesetzentwurfs, betreffend die deutsche Flotte, vom 30. November 1897 wurde durch eine Zusammen⸗ stellung über „Die Seeinteressen des Deutschen Reichs“ sowie eine Zu⸗ sammenstellung über die Ausgaben für Flotte und Landheer und ihre Stellung im Haushalt der wichtigsten Großstaaten die Grundlage für eine zahlenmäßige Würdigung der in Frage kommenden Probleme geschaffen. Der Entwurf einer Novelle zum Geseße betreffend die deutsche Flotte, vom 10. April 1898 brachte im Jahre 1900 als Bei⸗ lage eine Uebersicht über „Die Steigerung der deutschen Seeinteressen von 1896/98“ und wurde ergänzt durch eine der Budgetkommission überreichte Zusammenstellung über „Die deutschen Kapitalanlagen in überseeischen Ländern“. .
Die Zusammenstellungen suchten die deutschen Seeinteressen im Rahmen der gesamten deutschen Volkswirtschaft und ihre Bedeutung für deren Entwicklung darzustellen. Sie gaben Vergleiche mit der Entwicklung in anderen Ländern und zeigten die Aufwendungen, die international für den Schutz dieses wichtigen Zweiges gemacht sind, sowie die Stellung, die diese Risikoprämie im Rahmen des Ge⸗ samthaushalts der Hauptstaaten einnahm. . stel Die deutschen Seeinteressen wurden beleuchtet durch eine Dar⸗
ellung 1) der Bedeutung der überseeischen Auswanderung für die deutschen Wirtschaftsinteressen,
2) des Anteils des deutschen Seehandels am Gesamtaußenhandel Einflusses auf die Hebung von Volkseinkommen und
onsum, 3) des Seeschiffahrtsverkehrs in deutschen Häfen und des Verkehrs deutscher Schiffe in fremden Häfen, v“
4) der Reederei, 8
5) des Schiffbaus, v16“
6) der Verkehrseinrichtungen in den deutschen Häfen,
7) der Seefischerei,
8) des Kabelnetzes, 8
9) der deutschen ete shn in fremden Ländern,
10) der deutschen Kolonien, der deutschen Wirtschaftsinteressen
11) der amtlichen Vertretung im Auslande,
12) der Aufwendungen zum Schutz der deutschen Seeinteressen.
Durch internationale Vergleiche wurde ein Maßstab für die Be⸗ urteilung und Würdigung einzelner dieser Gebiete gewährt.
Die Gesamtheit der in den älteren Drucksachen beigebrachten Zahlen und Angaben ist von der Entwicklung wiederum überholt, und dadurch eine Ergänzung und Neugruppierung des Materials für die Gegenwart notwendig geworden. Die Tendenzen sind allerdings die gleichen geblieben; und wie die deutschen Seeinteressen innen und außen in der kurzen Spanne Zeit von nicht mehr als 2 Jahren zwischen 1896 und 1899 eine noch niemals dagewesene Steigerung er⸗ fahren hatten, so ist diese trotz der Wirtschaftskrisis 1900/01 fast un⸗ unterbrochen und auf manchen Gebieten in gesteigerter Geschwindigkeit fortgeschritten. *
Die erweiterte Erörterung der einschlägigen Probleme und er⸗
18
gleiche im einzelnen wesentlich auszugestalten und dadurch den Gesamt⸗ überblick erheblich zu erleichtern. ““
Ist die Entfaltung der deutschen Seeinteressen nach langer Ver⸗ nachlässigung in sich gesund, so liefert der Vergleich mit dem Auslande doch den Nachweis, daß dies auf weiten Gebieten noch immer einen erheblichen Vorsprung hat und in mancher Richtung auch auf lange oder dauernd behalten wird; es zeigt sich ferner die gesteigerte Kon⸗ kurrenz in dritten Ländern und auf dritten Märkten, die ständig an die deutsche Volkswirtschaft die Anforderung stärkster Anspannung stellt, da jedes Nachlassen die Gefahr absoluten und relativen Rück⸗ gehc 8g einer Verdrängung aus mühsam errungenen Stellungen in i ießt.
Die Nachweise in den amtlichen Materialien über den Stand der deutschen Volkswirtschaft und ihrer Bedürfnisse betreffs des Außen⸗ verkehrs sowie die ständig steigende Bevölkerun sdichtigkeit lassen aber keinen Zweifel zu, daß für das Gedeihen des eichs eine Erhaltung und dauernde Steigerung der deutschen wirtschaftlichen Beziehungen zu fremden, speziell überseeischen Ländern sowie eine Betätigung deutscher Arbeit und deutschen Kapitals über die Meere hin — eine Pflege der Seeinteressen im weitesten Sinne des Wortes — unumgänglich ist und für ihren Schutz und ihre Unterstützung der Staat dauernd Sorge zu tragen hat.
Die auf dem Boden des heutigen Deutschen Reichs lebende Bevölkerung hat sich seit der Begründung des deutschen Zoll⸗ vereins verdoppelt; seit der Begründung des Reichs hat sie sich um die Hälfte (fast 20 Millionen) vermehrt — d. h. um fast ebensoviele Menschen, als Anfang des 19. Jahrhunderts auf demselben Boden überhaupt lebten.
Unier den europäischen Großstaaten hat Deutschland die relativ stärkste Bevölkerungszunahme. Nur die Vereinigten Staaten von Amerika sind darin infolge der gewaltigen Einwanderung überlegen.
Die natürliche Bevölkerungsvermehrung zeigt Abnahme der Geburtenziffern infolge der durch die Verbesserung der Lebensweise verminderten Sterbeziffern einen ziemlich stetigen, hohen Geburten⸗ überschuß, seit 1896 ständig mehr als 800 000 im Jahr.
Zum ersten Male hat ferner seit Gründung des Reiches die Be⸗ völkerung in dem Jahrfünft 1895/1900 einen Zuwachs durch Wanderun erfahren. Von 1871 bis 1895 betrug der Auswanderungsüberschu 2 ½ Millionen, 1895/1900 betrug der Einwanderungsüberschuß 94 000. der überseeischen Auswanderung sind auch seit 1900 nur minimal.
Im Auslande befinden sich 3 Millionen geborene Deutsche und 750 000 Reichsangehörige. 8
Der deutsche Außenhandel ist in dem Jahrzehnt von 1894 bis 1904 von 7,3 Milliarden Mark auf 12,2 Milliarden Mark ge⸗ stiegen, dem Gewicht nach um 60 %, dem Wert nach um 66 %. In diesem Zeitraum hat der Spezialhandel Englands um 38 %, der der Vereinigten Staaten um 59 % der Frankreichs um 28 % und der Rußlands um 23 % zugenommen. In den letzten 25 Jahren hat der deutsche Spezialhandel sich genau verdoppelt. Seine Hauptaufgaben sind die Einfuhr von Rohstoffen für industrielle Zwecke und den direkten Konsum sowie die Ausfuhr von Fa⸗ brikaten. In zweiter Linie steht die Ausfuhr von Rohstoffen und die Einfuhr von Fabrikaten. Im letzten Jahrzehnt hat sich die Einfuhr von industriellen Rohstoffen um mehr als 1,5 Milliarden Mark, die Ausfuhr von Fabrikaten fast um 1,6 Milltarden Mark gehoben, während die Einfuhr von Fabrikaten nur um etwa 400 Millionen Mark, die Ausfuhr von industriellen Rohstoffen um 600 Millionen Mark stieg, die Nahrungs⸗ und Genußmitteleinfuhr aber sich nur um 500 Millionen Mark, ihre Ausfuhr um 100 Millionen Mark steigerte. Während die Einfuhr von Nahrungs⸗ und Genußmitteln im Jahre 1894 36,5 % der Gesamteinfuhr ausmachte, machte sie 1904 nur noch 30,7 % aus. Dagegen hob sich die Einfuhr von industriellen Roh⸗ stoffen von 42,3 auf 50,1 % der Einfuhr, die Fabrikatausfuhr von 63,4 auf 65,8 % und die Ausfuhr von Rohstoffen von 22,6 % auf 24,1 % der Ausfuhr.
Der Anteil des Seehandels am Spezialhandel betrug 1894 66 %, 1904 70 %. Die Einfuhr zur See stellte sich 1894 auf 69,6 %, 1904 auf 73,9 % der Gesamteinfuhr, die Ausfuhr zur See 1894 auf 61,6 %, 1904 auf 64,6 % der Gesamtausfuhr. Der Seehandel ist von 1894 bis 1904 von 4,9 Milliarden Mark auf 8,5 Milliarden Mark, d. h. um 75 %, der Landhandel von 2,5 Milliarden Mark auf 3,7 Milliarden Mark, d. h. um 48 %, gestiegen. An dem Wachsen des Seehandels ist am stärksten der Handel mit den außereuropäischen Ländern beteiligt, der um 1,9 Milliarden Mark, d. h. um 93 %, gestiegen ist, während der Handel mit den europäischen Ländern ausschließlichen oder fast ausschließlichen Seehandels um 1,2 Milliarden Mark, d. Wum 16 %, zugenommen hat. Und zwar ist die Einfuhr aus den außereuropäischen Ländern um 1,2 Milliarden Mark, d. h. um 87 %, die Ausfuhr nach ihnen um 659 Millionen Mark, d. h. um 108 %, gewachsen. Im Verkehr Deutschlands mit den außereuropäischen Ländern betrug
1891 1898 1904 der Handel 27,1 28,2 31,5 % des Gesamthandels, die Einfuhr 32,1 34,3 37,4 % der Gesamteinfuhr, die Ausfuhr 20,0 20,5 23,9 % der Gesamtausfuhr.
An der fortschreitenden Entwicklung des Seehandels sind alle Zweige der nationalen Produktion interessiert. Die Landwirtschaft mit ihren Nebengewerben ist an der Ausfuhr zur See mit einer An⸗ zahl ihrer Produkte, namentlich Zucker, in hohem Grade unmittelbar beteiligt. Bei der Einfuhr ist sie vor allem an der Aufrecht⸗ erhaltung der Zufuhr von Düngemitteln und Abfällen sowie unter Umständen auch von Mais interessiert. Noch größer ist das direkte Interesse der Industrie am Seehandel und am Seeverkehr. Es gibt keine große deutsche Industrie, die nicht für die Eimfuhr von Rohstoffen oder die Ausfuhr von Fabrikaten in mehr oder minder roßem Maße auf die See angewiesen wäre. Die meisten Industrien sind sogar nach beiden Richtungen hin interessiert. Besonders be⸗ achtenswert ist es in diesem Zusammenhange, daß die große absolute Steigerung des Seehandels auf seiten der Einfuhren liegt. Eine Störung oder Gefährdung des deutschen Seehandels würde also hin⸗ sichtlich der Zufuhren sowohl für den unmittelbaren Konsum als auch für die dauernde Erhaltung der Arbeitsgelegenheit iu den einzelnen e ständig empfindlicher werden, die Arbeiterschaft doypelt reffen. Der deutsche Seehandel vollzieht sich teils auf direktem Wege, d. h. über deutsche Häfen, teils auf indirektem Weg⸗, d. h. über fremde Häfen. Für letztere Form sind die wichtigsten Durchgangs⸗ länder die Niederlande und Belgien. Durch sie hindurch bewegten sich im Jahre 1903 nach Deutschland Seecinfuhren im Werte von mehr als 1,5 Milliarden Mark und aus Deutschland Seeausfuhren im Werte von mehr als 700 Millionen Mark. Nicht viel weniger als ein Drittel des gesamten Seehandels wählte den indirekten Weg, vor allem die Rheinstraße. .
Der Schiffahrtsverkehr der deutschen Häfen hat sich in dem Jahrzehnt 1893/1903 von 27 ½ auf fast 42 Millionen Nettoregister⸗ tonnen, d. i. um über 52 % gehoben. 6 ½ Millionen des Zuwachses entfielen auf das Jahrfünft 1898/1903. Der Aufschwung betrug im deutschen Küstenverkehr während des Jahrzehnts 3,6 Millionen (63 %), im Verkehr mit den außerdeutschen europäischen Häfen 6,4 Millionen (41 %) und im überseeischen Verkehr 4.4 Millionen Tonnen (74 %); auf das Jahrfünft 1898/1903 allein kamen davon 1 Millionen (17 %) im Küstenverkehr, 3 Millionen 8. %) im europäischen und 2 Millionen (24 %) im überseeischen Verkehr.
Der Aufschwung Deutschlands im Weltseeverkehr schreitet beinahe viermal so schnell wie seine Bevölkerungszunahme fort; die Vermehrung des überseeischen Verkehrs der deutschen Häfen aber sogar
beinahe sechsmal so schnen.
weiterte Materialsammlungen nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern liefern die Möglichkeit, das Bild und die Ver⸗
2 1 . 8 I11““ “
“ 8 (Schluß in der Zweiten Beilage.) Sr II “ “
zum Deutschen Neichsan
No. 284.
Berlin, Sonnabend, den 2. Dezembe
88897
zeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
1905.
KAÜünmeen vee
1““ (Schluß aus der Ersten Beilage.) Sre 8 verkehrs der übrigen seefahrend Nat
derjenige Deutschlands mit den n Matto 9n
Rußland) nur 30 bis 46 %. fünffachung des Verkehrs alle übrigen Seemächte.
ESEntwicklung relativ, Japan ausgenommen, die bei weitem lebhafteste.
Dem Gesamtumfang des auswärtigen Seeverkehrs nach stand
Deulschland 1903 anschein De end erst an vierter Stelle, d Zahlen nicht das richtige Bild, weil fast ein Frdas een.
deutschen Seehandels sich über belgische und holländische Häfen voll⸗
zieht, dementsprechend die durch den deutschen S nd schäfti Schiffstonnage um rund die Hälfte größer ist een 6
Zahlen, und ferner die französische Statistik aach solche S ihrem Verkehr zuzählt, welche französische Harch lagers eh 28 des für einige Verladungen oder Passagieraufnahme angelaufen
Was die Nationalität der Schiffe angeht, so hat die
deutsche Flagge ihre Stellung im Seeverkehr der deutschen Hä wie in dem der Hauptseefahrtsstaaten erweitert. Im tiscsn. HLhen, kebhr hob sich ihre Beteiligungsziffer zwischen 1893 und 1903 von 52 uf rund 59 %; im überseeischen Verkehr allein aber von 69 auf 79 7% während sie im europäischen Verkehr allerdings auch 1903 erst 36 % der ein⸗ und auslaufenden Schiffe deckte, immerhin 5 % mehr ls 1893. Im Verkehr der wichtigsten fremden Schifffahrtstaaten stieg der Anteil der deutschen Flagge besonders im letzten Jahrfünft überall, mit alleiniger Ausnahme Norwegens, beträchtlich und machte 903 in vier der oben genannten Länder 10 bis 17 %, im groß⸗ britannischen Verkehr freilich nur 6 % und im auswärtigen Verkehr I ““ 84⁄ % b8, tere beide Staaten haben eit größeren Anteil i Feen Sebench RebrFehten eil ihrer nationalen Flagge an G ie Seeverkehrsleistungen der beladenen deutschen i im Verkehr der deutschen Häfen mit den aen Fätsch n steigerten sich von 1893 bis 1898 und 1903 von 4 auf 4 ½ und 5½ Milliarden Seemeilentonnen, im überseeischen Verkehr aber von 24 auf 30 und 45 ½ Milliarden Seemeilentonnen. — Das Ueber⸗ gewicht der Steigerung liegt weitaus im überseeischen Verkehr. — Die Vermehrung der von der deutschen Flagge geleisteten effektiven war im letzten Jahrfünft doppelt beziehungsweise Le sügir⸗ wie im Jahrfünft 1893/98. „Neben diesem von den deutschen Häfen ausstrahlende betätigten sich deutsche Schiffe in wachsendem helen und Zwischenreisenverkehr fremder Länder. Die See⸗ eisen deutscher Schiffe zwischen außerdeutschen Häfen nahmen, dem Raumgehalt der Schiffe nach, von 19 ¼ Millionen Registertonnen (1893) bis 28 ½ Millionen (1898) und 55 ¼ Millionen (1903) zu, eine J b v der deutschen Schiffe in 8 1— den ausgehenden, euro ußer⸗ europäischen Fahrt noch übertrifft 1“ 1
V. Die Reederei hat seit 1899 — im Vergleich sowohl Ul früheren Perioden als auch zum Ausland — — I. vnb Absokat säche⸗ Eüscraung keearn den relativ und absolut er Bestand der deutschen Kauffahrteiflotte hat sich in de Jahren von 1898 bis 1905 um die Hälfte 8 1,55 Millionen auf 2,35 Millionen Nettotonnen. Die hieraus sich ergebende Zunahme von 800 000 t übersteigt die Zunahme des vier⸗ al längeren Zeitraums von 1871 bis 1898 um 170 000 t. Zieht an den gleich großen unmittelbar vorangegangenen Zeitraum von 891 bis 1898 heran, so ergibt sich, daß sich die Flotte in dieser Zeit *8 276 000 t vermehrte, die Zunahme der letzten 7 Jahre somit G 88. das Dreifache der vorhergegangenen Periode bekrägt. Sie ällt ausschließlich auf Rechnung der Dampfschiffe, speziell der großen. Die Dampfertonnage hat sich in dieser Zeit verdoppelt. 8 EEET 95 'rseg⸗ hat sich in 5 von lli illi
ettotonnen, d. i. auf 234 % onbet “ 8 Fleichzeitig hat sich die Transportleistungsfähigkeit der Welt⸗ handelsflotte um 70 %, diejenige Englands um 47 % vermehrt. 8 Der Anteil Deutschlands an der Welthandelsflotte stieg von G 2 % 1874/75 auf 6,5 % 1894/95, 7,8 % 1898/99 und 9,9 % eISe Den Bestand von 1894/95 gleich 100 gesetzt, vermehrte sich is 1905/706 die Dampferflotte Großbritanniens auf 159, diejenige rankreichs auf 145, der Vereinigten Staaten auf 203, die Welt⸗ Beee auf 191, diejenige Deutschlands aber auf 292. 88 Das Kapital der Aktiengesellschaften (Aktien und Prioritäten) beträgt heute für Hamburg und Bremen zusammen 443 Millionen gegen 273 Millionen Ende 1899. Ende 1899 notierten “ “ Millionen Kurswert, Mitte
5 notierten: illion t ark be⸗ 88 ööö onen Nominalkapital einen Kurs⸗ Der Wert der Handelsflotte hat sich seit 18 . 811“ stieg von 327 Hülee itg 2 seh, Iheaicver 1899 und 810 Millionen 1905. Während endlich der Neubeschaffungs⸗ ert für 1899 auf ¾ Milliarden beziffert wurde, dürfte er heute auf
sehr viel mehr als 1 Milltarde zu veranschlagen sein.
Die Entwicklung ist nicht das Produkt einer staatli ventionspolitik, sondern freier Tätigkeit der Fne en Snh⸗
84 8 . . viel weniger Subvention erhalten haben als die Reeder
den letzten sechs Jahren außerordentlich gesteigert worden. Di bönen gleichreftig im Bau befindlichen Schiffe haben sich in diedie gan vem aumgehalt nach um 50 % (von 250 000 auf 375 000 t), der 55 . 88 um 90 % (von 80 auf 149) und der Transportleistungs⸗ Phbic 1 spon “ auf 1 107 000 t) vermehrt. ukrion hob sich von 130 000 t im 8“ t 1899/1904. 11“ erbei kommt die Zunahme des Leistungsvermögens noch nicht 253 zum Ausdruck, wird sich vielmehr erst nach Velengeung vc nich 118. Veaahllagen in din nächsten Jahren äußern.. erftareal ha verdoppelt. Di “ 15 s 18 entsprechend F “ e zur Aufnahme der größten Schiffe fähigen Hellinge hab 1 auf den Privatwerften 1899/1905 von 3 25 2. Heinr. be die ent prechenden Docks von 0 auf 6. Die Arbeiterzahl nahm um . Personen zu, davon entfallen 6100 auf die großen Privatwerften. K8. 890 hat sich die Zahl der Arbeiter auf den für den Bau von Taren Seeschiffen bestimmten Privatwerften ungefähr verdoppelt. “ Len ganzen vin 12 Werften 57 500 Mann, davon 0 3 Kaiserlichen Werften. Seeschiffb ; 8en Marn beschäftigt. vI11“ e deutsche Schiffbauindustrie hat sich bereits 1903 vom Aus⸗ so weit un abhängig gemacht, daß sie ihren Bedarf an Schifs⸗ echen und Profilstahl einschließlich Stabeisen nur noch mit 1,7 be⸗
V. Die Leistungsfähigkeit der deutschen Werften ist in
mit dem Aufschwung des auswärtigen See⸗ 1 fütelte r. günstig. Während er in den deutschen Häfen im Jahr 4 S 16 t rund 50 % ausmacht, betrug er bei den anderen — 11nn89190s Großbritannien, Frankreich, Vereinigte Staaten von Amerika und Japan allein übertraf mit einer Ver⸗
1898/1903 war unter den großen seefahrenden Sch, es 6 3 abrfünft
““ Werften verwandeln sich mehr und mehr i ien⸗ die Zahl stieg 1900/1905 von he. in A rrt ien⸗
apital von 57 auf 85 Millionen Mark oder 48 %, der Marktwert der Peene von 50 auf de Deiqhonen.
er Wert des in den deutschen Werften arbeitenden Kapitals stieg zwischen 1899 und 1905 von 110 8 f 180 Ee 15 d. i. etwa 60 %. “
„Der Anteil am Weltschiffbau sank 1894/1904 bei Groß⸗ von 79 auf 61 % und stieg bei dreh
VI. Fast alle deutschen Seehäfen sind seit 1899 erweitert So hat Hamburg sein Leistungsvermögen um 75 %, Bremen ehe um 50 % erhöht, während es sich bei dem neuen Emder Seehafen vervierfacht hat. Lübeck hat durch großartige Erneuerungen die Tiefe des modernen Seehafens erhalten, in Harburg und Stettin werden neue große Häfen geschaffen, Danzig hat den Kaiserhafen mit fast 200 000 qm Fläche eröffnet, Königsberz ist durch Fahrwasservertiefungen erst wieder zum Seehafen geworden, Kiel baute seinen Hafen wesentlich aus daneben haben fast alle kleineren Häfen ihr Leistungsvermögen durch Neuanlagen und Vertiefungen beträchtlich vergrößert Die Erschließung des Hinterlandes und die verc der Wasserstraßen hat weitere Fortschritte gemacht; dahin gehört die Weiterführung der Weser⸗ Veikonse e, 6 8 beee Fanals die zwung des Elb⸗Trave⸗Kanals 1900 u Köni 8 “ 1901. 1u“ on 1900 bis 1905 wurden 186 Millionen Mark in Hafen⸗ anlogen neu investiert, weitere 86 Millionen Zwecke in bestimmte Aussicht genommen. u.*.“ Der geschätzte Wert der gesamten Hafenanlagen der wichtigen vJ 1e d ro . 1897 auf über 5 nen und wir a 1 119en- enn. 1 sich in nächster Zeit weiterhin VII a
Die Hochseefischerei hat im letzten Jahrzehnt ei starken Aufschwung genommen, und Gehnt einen sehr bgeee. Füsfieeeh Lrf die fh seit 1899.
„Der Durchschnittsfang der Ostseehochseefischerei stieg von jährli 2 ½ Millionen Mark 1894/98 auf 3 ¼0 lthenei stifg von Jährich 1904, der Schwerpunkt der Entwicklung liegt jedoch weitaus im Gebiet der Nordsee. Hier wurden seit 1894 92, seit 1898 39 neue Dampfer eingestellt. Der Gesautraumgehalt der Nordsee⸗ fischereiflotte stieg von 57 000 beztehungsweise 97 000 auf 128 000 chm.
Der Uebergang zur wirtschaftlich rentableren Betriebs⸗ weise erhellt sowohl aus der auch hier zu beobachtenden Verdrängung der Secelfchüff 88 de Hanpsscfe Uund der Zunahme des Raum⸗
der einzelnen Schiffe, als auch aus der T Kosze Bicernehsges ch er Vermehrung der
Es gat 91 12 ampfer mit 52 000 chm, 1905 dage 156 Dampfer mit 74 000 cbm. Der Raumgehalt der vee eeten (von über 50 cbm) vermehrte sich von 1895 bis 1904
0 Das volkswirtschaftlich bedeutsamste Ergebnis ist das blü 22 Her i 8 29g 9 eihe eeen üsa. und Mengen sich in I.blüse aß (à 12 1 2 beseeae — g) beziehungsweise 5 Millionen Mark mmerhin beträgt der Anteil der deutschen Hochsee der Versorgung des heimischen heü derd deuntschen. Hochs Fscere üe Seenseee mit 6 %. er jährliche Ertrag der deutschen Seefischerei sti von 20 auf 26 bis 30 Mlionen Mark. 11“
VIII.
See kabel. Der deutsche Besitz an Seekabeln hat sich seit 1899 von 6000 auf 30 000 km verfünffacht. Die ersten 8e Kabel und Teilstrecken sind erfolgreich in Betrieb genommen.
Deutschland besitzt ferner seit 1899 ein eigenes Seekabelwerk sowie 2 dr. en ee erst SSohs nn Deutschlands am Weltkabelnetz beträgt allerdings
as Koͤpital der Kabelgesellschaften beträgt heute 70 Millio
Mark, der investierte Wert dürfte sich auf 80 illi de laufen gegen 35 Millionen 1899.
IX.
Kapitalanlagen im Auslande, speziell Uebe Die Bezahlung des steigenden Ueberschusses der bersae über die Ausfuhr, der jetzt schon über 1 ½ Milliarden beträgt, geschieht außer durch die Gewinne aus dem Außenhandel und der Reederei in immer wachsendem Maße durch die Erträge der deutschen aus⸗ ländischen Kapitalanlagen in ihren verschiedenen Formen, als da sind: einmal auswärtige, Deutschen gehörige und von diesen selbst oder durch Vertreter betriebene landwirtschaftliche und gewerbliche CI161“ verschiedener Art, zweitens Besitz auswärtiger Effekten Papiere von fremden Staaten und anderen öffentlichen Körperschaften 5 85 Sen xve und Delübeae. landwirtschaftlicher und
r r Unternehmungen, deren Leitung, sw. ni
in deuscen Hinden legt. 1n¹“
„Die ersteren Unternehmungen haben sich seit 1898 in den Minimalschätzungen von 7 auf 8 Milliarden “ 8 den Maximal⸗ schätzungen — die auch ihrerseits vielfach bei der Schwierigkeit statistischer Erfassung der fraglichen Objekte nur ein annäherndes und hinter der Wirklichkeit zurückoleibendes Biid des Vorhandenen geben — von 7,7 auf 9,2 Milliarden. In diese Summen sind die ständigen deutschen Warenkredite, die sich sicher auf nicht weniger als ein Viertel bis ein Drittel, vielleicht auf die Hälfte des Betrages der jährlichen deuts en Ausfuhr im Gesamteigenhandel belaufen, d. h. auf 1 ¼ bis 2 ¾ Milliarden, nur sehr unvollständig einbezogen und ebenso die vielfach für die Einfuhr vorschußweise gewährten Kredite. Eine besondere Rolle spielen die auswärtigen Unternehmungen des deutschen Versicherungsgeschäfts, indem sie diesem gestatten, seine Risiken räumlich weiter zu verteilen. Von seinen hieraus fließenden Erträgen bezieht sich ein Teil auf Transportversicherung des deutschen Außenhandels. Sie sind üblicherweise unter die Erträge aus diesem zu rechnen. Ein anderer aber fließt aus einem selbständigen deutschen Versicherungsgeschäft in fremden Ländern und gehört zu den I“ im Ausland. Für seinen Umfang bietet die Tatsache einen Anhaltspunkt, daß allein bei den von der Reichsstatistik erfaßten Zweigen des Versicherungsgeschäfts — also ausschlirßlich des ganzen Gebiets der Transportversicherung, Rückversicherung und zahlreicher Risikoversicherungen — aus einer gesamten Prämieneinnahme von 680 Millionen rund 90 Millionen oder 13 % aus dem Auslande stammen; und dabei sind es zum Teil gerade von der Statistik nicht erfaßte Zweige, die die Stärke des deutschen Auslandsgeschäfts aus⸗ machen. — Immerhin ist auch auf diesem Gebiet der Umfang des englischen Auslandsgeschäfts außerordentlich viel größer und andere Länder gleichfalls rege tätig; in einzelnen Zweigen ist die deutsche Bersccheruggebeng nsch vösckit berachtet „Von Bedeutung ist, absolut betrachtet, auch das jüngste Jahrfünft für die Entfaltung des deutschen bbessgesfchen Ve geworden. Auslands., Uebersee⸗ und Kolontalbanken, welchen die Auf⸗ gabe zufällt, dem Beschäftigung und Anlage suchenden heimischen Kapital neue Arbeitsmöglichkeiten zu erschließen, die Uebersee arbeitenden
iehungsweise 2,5 % im Auslande deck 8 CCCq
umsätze vor allem in Wechseln zu bewältigen und damit der nation öö die entsprechenden Spesen an Provisionen, “
tempelgebühren zu erhalten, die Negozierung von Finanzgeschäften an⸗ zubahnen, sind seit langem die Stärke anderer Länder, insbesondere Englands, der Niederlande und Frankreichs gewesen, während Deutschland bis an die Schwelle der jüngsten Vergangenheit hierbei zurückstand. Ist dieser Zustand auch noch keineswegs überwunden und die Ueberlegenheit Englands nächst dem Kabelwesen, der Seefischerei und der Versorgung des Auslandes mit Handelsschiffen auf diesem Gebiete noch weitaus am größten, so ist doch Deutschlands überseeisches Bankwesen, das seit den achtziger Jahren Ansätze eines Aufschwungs zu den modernen Formen der Arbeitsteilung im Handels⸗ und Kreditverkehr zeigte gerade im letzten Jahrfünft in eine Epoche systematischer Ausdehnung eingetreten. Das gilt heute sowohl bezüglich der Prosperität als der wachsenden Zahl solcher Institute und der Ausdehnung ihres Filial⸗ netzes. Ende der neunziger Jahre bestanden erst 4 solcher Banken 1n “ ““ 85 E1“ und Anfang 1906 werden nken einem Kapital von reichli Milli über et 5 “ e. eagt ichlich 100 Millionen über etwa
Lom wachsenden Umfange ihres Geschäfts legt die Ta
Zeugnis ab, daß die 4 ältesten deutschen v mütsase sammen 387 542 ℳ Dividende ausschütteten, dieselben aber 1904 infolge des erhöhten Kapitals 2 566 500 ℳ verteilen konnten.
Der deutsche Besitz an auswärtigen Effekten wurde bereits 1892 von Schmoller auf 10 Milliarden und bald darauf vom Reichsbankpräsidenten Dr. Koch auf 12 Milliarden geschätzt. Er läßt sich auch heute noch exakt nicht erfassen, dürfte aber nach einer Kombination der zuverlässigsten Schätzungen aus verschiedenen Quellen, e“ nahe identisch sind, allermindestens 16 Milliarden
Bei dem Besitz an ausländischen Effekten sind die ü und orientalischen Länder mit mindestens 3 ½ bis fe nüe berjerischen
X Von den deutschen Schutzgebieten befinden sich ge .
2 2 „ „ 22g „ en zwei in einer jener Krisen, wie sie keiner deen,sic 82 märtig kolonisierenden Macht in ihren Anfängen und auch noch später erspart geblieben sind. Demgegenüber zeigen die beiden übrigen Kolonien der afrikanischen Westküste eine ruhige Aufwärtsentwicklung, die in gesteigerten Ernten und Erträgen der jungen Pflanzungen zutage tritt.
Das ostastatische Pachtgebiet zeigt im besonderen nach Fertig⸗ stellung und Inbetriebnahme der Bahn in das Hinterland sowie eines Teiles der Hafenanlagen ein angemessenes Gedeihen, vor allem in Gestalt des rasch wachsenden Schiffahrtsverkehrs.
Die Besitzungen in der Südsee blicken auf eine ruhige Ent⸗ wicklung mit angemessenen Erträgen für die Interessenten zurück.
. . nesgg,e eine fortgesetzte Hebung des Volkswohlstandes fest⸗ Die Konsumstatistik zeigt in allen Artikeln einen fast ständi Aufschwung, so stieg 3. B. der Zuckerkonsum von 8,4 k b. deen der Bevölkerung 1886/91 auf 12,4 kg im Jahre 1898/99 und ging 1903⁄4 um nahezu 40 % auf 17,2 kg per Kopf in die Höhe.
Der Roggenkonsum steht seit 1893/95 etwa auf gleicher Höhe 150 kg per Kopf. Der Weizenkonsum aber, der 1879/84 40 kg. 1889,/94 etwa 70 kg, 1894,98 87 kg per Kopf ausmachte, betrug 1898/1904 92,2 kg per Korf der Bevölkerung. Der Gerstenkonsum stie in den letzten 2 Jahrtehnten um fast ein Drittel. Der Fleisch⸗ konsum hat sich in den letzten Jahren wesentlich gehoben, und ver⸗ Lh eeeen een ser —— daß er mit 45 bis 54 kg per
b en englischen Durchschnitt errei s sorr eiis Ktaccsst chsch reicht, den französischen
e Wolleinfuhr hat sich im letzten Menschenalter fast ver⸗ vierfacht; gerade die Zunahme des Wollkonsums sschens gehr sthver. Zeichen für den gestiegenen Volkswohlstand.
Die Einkommen, auch der mittleren und unteren Volks⸗ schichten, zeigen eine bedeutende und nachhaltige Aufwärtsbewegung. In Preußen stieg von 1892 bis 1904 das veranlagte Einkommen von 5,70 auf 9,12 Milliarden, in Sachsen das Gesamteinkommen von von 1,71 cnf2 Milljarden, in Hamburg das ver⸗
Finkommen der schen Personen 2 15 89 Nee ate 2 ysij P von 1894 bis 1902 von
Die Beträge der Sparkasseneinlagen im Deutschen Rei 2
5 imn Vergleic 8 “ bedeutend Henfsch Für 88 8s. eutsche Reich dürften sich heute die Sparkasseneinlag f mindes⸗ 11 bis 12 Milliarden Mark belaufen. S X“ ½II „Einen Maßstab für die gesteigerten Anforderungen des Ver bildet die bedeutende Steigerung der Zahl der Eö Rertrfter,nttachs0,, Dracemene ꝛc. sowohl in Europa wie in
rseeischen Lêändern. Namentlich sind außer den B s
auch 1* Erestalsaseedändt er 6 v“ n Europa einschlie siatisch⸗Rußland, aber ausschlie der Balkanstaaten, vermehrten sich die Konsulate nees,nsschlielic darunter die Berufskonsulate um 27, die konsularischen Vertreter um 8 er 99 1.⸗ die Konsulate um 13, die
rufskonsulate um 5, die konsularischen Ve 22, ües. um 19. sch 1““
n den außereuropäischen Staaten einschließlich der Balkan⸗ staaten ist eine Vermehrung der Konsulate scehlig. um Helren Berufskonsulate um 35, der konsularischen Vertreter um 107, der F ee eingetreter 1897 9 * eine solche der Konsulate
„.der Berufskonsulate um 40, der konsulari 51 61, der Berufsvertreter um 71. 11“ XIII. Doch nicht nur um der Verfolgung wirtschaftlicher Ziele willen weilen Deutsche vorübergehend oder dauernd in lc 2. und fremden Ländern. Die Pflege der deutschen Bildung und Wissenschaft, geistlicher und charitativer Aufgaben findet sich über die ganze Welt verbreitet, in 4285 (nachweisbaren und zahlreichen weiteren nicht nach⸗ gewiesenen) organisierten Schulen, von denen ein erheblicher Teil mit der alten Heimat in Fühlung bleibt, wird in aller Herren Ländern die deutsche Erziehungsmethode gepflegt. Akademische Lehrer wirken in zahlreichen Städten in Amerika sowohl wie im fernen Osten, und von berufenster Seite ist diesen und der deutschen Wissenschaft in dem größten Staate des ersteren Erdteils das Zeugnis ausgestellt worden, daß deutsche akademische Wissenschaft zur Hebung des Bildungs⸗ niveaus einer ganzen Nation bat beitragen dürfen. In aufopferungsvoller Tätigkeit finden sich deutsche Geistliche und Missionare beider Konfessionen weithin verbreitet, und deutsche Diakonissen und barmherzige Schwestern sind draußen keineswegs nur für die Landsleute in Krieg und Frieden tätig. XIV und XV. Machte schon die Betrachtung der 1897 vorhandenen Seeinteressen des Reichs die Ueberzeugung allgemein, daß die Schaffung einer starken Flotte unumgänglich, der Aufwand hierfür in volkswirt⸗ schafte e⸗ Beziehung nichts anderes als eine angemessene Risikoprämie ei, die das deutsche Volk aufbringen müsse und könne, s hat die Steigerung der verflossenen 8 Jahre auf allen Gebieten die Ueber⸗ zeugung in dieser Richtung lediglich verstärken können.
Die Aufcabe eine ständig zunehmende Bevölkerung innerhalb der
Grenzen des Reichs so zu ernähren und zu beschäftigen, daß sich die
Händler und Gewerbetreibenden von fremder Kreditgewährung möglichst unnabhängig zu stellen, sowie die Finanzierung der üͤberseeischen Handelg⸗
n 8 “ “ 1“ 1““ “
Lebenshaltung der breiten Schichten nach Möglichkeit erhöht, ei gesunde soziale Entwicklung stattfindet und desc gefördert beee