schusses von 1905 der Finanzminister zu pessimistisch verfahren ist, insbesondere werden die Eisenbahnen doch vielleicht besser ab⸗ schließen, als er angenommen hat. Jedenfalls können wir sagen, daß die Gestaltung des Jahres 1905 finanziell nicht so ungünstig ist, als es der Finanzminister dargelegt hat. Im neuen Etat weist die Domänenverwaltung einen erfreulichen Ueberschuß auf, ein Beweis dafür, daß die Verbesserungen, die in diesem Ressort vorgenommen worden sind, jetzt ihre Früchte zu tragen beginnen. Der erfreuliche erstmalige kleine Ueberschuß bei der Neu⸗ verpachtung von Domänen wird auch von uns mit Genugtuung be⸗ grüßt. Bei der Forstverwaltung ist bei der Veranschlagung außer⸗ ordentlich vorsichtig verfahren. Die Vorsicht ist angebracht, immer⸗ hin aber glaube ich, daß wir auch hier einen höheren Ueberschuß erwarten können. Während wir die Vorschläge hinsichtlich der Oberförster im Etat nur billigen können, müssen wir anderseits unserer Enttäuschung Ausdruck geben, daß für die Förster so gut wie nichts geschehen ist. Auch für die Waldwärter, die in einer außer⸗ ordentlich mangelhaften Position sind, hätte endlich etwas getan werden sollen. Daß in der Landwirtschaft tatsächlich eine gewisse Besserung eingetreten ist, müssen auch wir konstatieren. Ich schließe dies weniger aus den Mehrerträgen der Domänenverpachtungen, als aus dem überall auf dem Lande eingetretenen Zuwachs der Spar⸗ einlagen. Dennoch wiederholen wir den dringenden Wunsch an die Staatsregierung, alles zu tun, was im Bereich der Möglichkeit liegt, die Lage der Landwirtschaft weiter zu verbessern. Namentlich in bezug auf die Arbeiterbeschaffung werden die Bemühungen der Regierung nicht nach⸗ zulassen haben. Es muß ein seßhafter kleiner Bauernstand, der die Arbeitskräfte für die Landwirtschaft liefert, da, wo er noch nicht vor⸗ handen ist, geschaffen werden. Die Position von 2 Millionen für Koloni⸗ sationszwecke in Ost⸗ und Westpreußen erscheint wiederum im Etat. Der Landwirtschaftsminister wird Auskunft geben müssen, in welcher Weise die Verausgabung der vorjährigen 2 Millionen erfolgt ist. Das Ansiedlungswesen hat bis jetzt in den Händen der General⸗ kommissionen gelegen, die mit ihren Aufstellungen eine sehr große Verantwortlichkeit zu tragen haben. Es müssen also Mittel und Wege gefunden werden, das Ansiedlungsgeschäft bei diesen Behörden lebhafter betreiben zu lassen. Die Ausführungen des Vorredners über die Fleischnot nötigen mich dazu, auch einige Bemerkungen über dieses Thema zu machen. Es ist anzuerkennen, daß auch der Vorredner die hohen Fleischpreise als eine Kalamität bezeichnet hat. In der öffentlichen Diskussion und Agitation sind gewiß viele Ueber⸗ treibungen mit untergelaufen. Immerhin war die Frage für die Ernährung der Bevölkerung überaus wichtig. Die dilatorische Art und Weise, wie die Regierung sie behandelt hat, hat naturgemäß die Gemüter erhitzen müssen. Darch die Oeffnung der Grenzen hätte der Fleischnot allerdings kaum abgeholfen werden können. Es hätten aber andere Maßregeln ergriffen werden können, wie die erweiterte Zulassung ausländischen Schlachtviehes zur sofortigen Schlachtung an der Grenze und die vorübergehende Wiederzulassung amerikanischer Konserven. Jedenfalls hat die Art und Weise, wie die Regierung jede Korrektur der bestehenden Unzuträglichkeiten ablebnte, verwirrend wirken müssen. In der Gestütverwaltung ist der Pferdeankaufsfonds erheblich verstärkt worden. Wir sind dem Auslande noch sahe tributär. Die Hebung der Pferdezucht ist also sehr erwünscht. Bei dem Ankauf des Gestüts Römerhof bei Cöln hätte der Weg der extraordinären Aufwendung beschritten werden müssen. Es ist ein Grundsatz der Oberrechnungskammer, daß die für bestimmte Zwecke bewilligten Summen nur für diese Zwecke verwendet werden dürfen; es ist hier also kein korrektes Verfahren gewesen, es hätte vielmehr unter voller Verantwortlichkeit des Finanzministers eine extra⸗ ordinäre Aufwendung gemacht werden müssen, denn die Ueberführung eines Fonds in einen anderen ist nicht richtig. Im Eisenbahnetat ist die Veranschlagung der Einnahme außerordentlich vorsichtig. Der Finanzminister hat allerdings gesagt, daß wir auf eine sprunghafte Erhöhung wie in den letzten beiden Jahren nicht wieder rechnen können. Die Erhöhung des Wohnungsgeldzuschusses und die Beschaffung von 8431 neuen etatsmäßigen Stellen sind er⸗ freulich. Das Extraordinarium ist mit 136 Millionen dotiert. Es ist durchaus richtig, unsere Eisenbahnen in dieser Weise leistungs⸗ fähiger zu machen; deshalb ist auch zu begrüßen, daß auf Anregung des Finanzministers 50 Millionen mehr zum Ausbau der eingleisigen Strecken in zweigleisige eingestellt werden, und 88 ferner in der Sekundärbahnvorlage 100 Millionen für Wagenbeschaffung aus⸗ geworfen werden sollen. Solche Aufwendungen können nicht aus laufenden Mitteln, sondern nur aus Anleihen gemacht werden. Wir wünschen aber noch eine weitere Aufschließung des Landes durch den Ausbau des Eisenbahnnetzes; denn sie ist das einzice Mittel, die Gestehungskosten der Produktion im Lande zu ermäßigen und uns auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu erhalten. Ich hoffe, daß nach dem von Herrn von Zedlitz und mir im vorigen Jahr gestellten Antrag auch eine Tarifermäßigung für den Güter⸗ verkehr eintritt. Eine Verbesserung wäre auch die organisatorische Maßregel der Betriebsmittelgemeinschaft, und es ist zu bedauern, daß die Beratung hierüber abgebrochen zu sein scheint; aber so wünschenswert diese Gemeinschaft ist, und so seht sie in Zukunft erstrebt werden muß, so haben wir es eigentlich nicht nötig, sie für die anderen Staaten zu machen. Wir können auch einige Zeit warten, bis in anderen Staaten die Meinungen sich dafür geklärt haben. Dasselbe gilt eigentlich von der Personentarifreform, deren Schwierigkeiten auch unüberbrückbar zu sein scheinen. Die Vereinheitlichung des Personen⸗ tarifs in ganz Deutschland wäre gewiß eine große Wohltat; aber wir dürfen die Reform nicht aus Rücksicht auf andere Staaten machen, sodaß nicht eine Verbilligung, sondern eine Verteuerung eintritt. Ueberrascht hat mich der Vorschlag der Fahrkartensteuer im Reichstag, der sich mit der „Reform nicht vereinbaren läßt. Es wäre interessant, die Stellung der Eisenbahnverwaltung dazu zu er⸗ fahren. Wir müssen den einheitlichen Gesichtspunkt festhalten, daß die Staatseisenbahnen geschaffen sind in der Absicht, daß sie in erster Linie nützliche Institute für die Volkswirtschaft sein müssen. Wenn sie nebenbei Emnahmen abwerfen, ist das erfreulich; aber sie sind nicht wegen dieses Effektes da. Deshalb müssen wir uns auch dagegen wehren, daß die Staatsbahnen der Einzelstaaten zum Steuerobjekt für das Reich gemacht werden sollen. Der Votteil der Bahn soll den Staaten zu⸗ gute kommen, die sie haben, aber nicht den anderen Staaten. Neben dem Ausbau des Eisenbah nnetzes ist eine andere Aufschließung des Landes ebenso wichtig, die wissenschaftliche Aufschließung, die Erforschung der Hilfsquellen unseres Landes. Dafür: müßte der Staat mehr Aufwendungen machen. Wir erkennen dankbar an, was der Staat dafür getan hat, z. B. durch die Biologische Landesanstalt, die wertvolle wissenschaftliche Aufschlüsse geliefert hat, wie durch andere wissenschaftliche Institute. Aber es ist noch viel mehr zu tun, um die Bodenschätze unseres Staates aufzuschließen. Die Hochofenindustrie hat sehr große Aufwendungen selbst dafür ge⸗ macht, aber der Staat sollte die Initiative ergreifen; denn was er tut, kommt der Volkswirtschaft und daher auch dem Steuer⸗ aufkommen zu gute. Die Bergverwaltung hat infolge der erheblichen besonderen Aufwendungen in Oberschlesien und Westfalen einen Minderertrag ergeben; aber wenn man solche Aufwendungen macht, darf man nicht über einen Minderertrag klagen. Ich betrachte den Stand unseres Bergetats als durchaus günstig, ich hätte nur noch gewünscht, daß in der Bergverwaltung eine bessere Stellung der Werksbeamten einträte. Die Bauverwaltung soll geteilt und außer dem Unterstaatssekretär zwei Ministerialdirektoren unterstellt werden, einem für die Wasserbauten und einem für die übrigen Arbeiten. Ich halte eine solche Zerreißung der Verwaltung für unzweckmäßig. Im Etat für Handel und Gewerbe ist erfceulich, daß das gewerbliche Unterrichtswesen wieder mit höheren Summen bedacht ist. Wir erkennen diese Fürsorge des Staates dankbar an; aber ich halte es für meine Pflicht, auszusprechen, daß gerade unter dem Handelsminister Möller dem gewerblichen Unterrichtswesen eine febr große Förderung zu teil geworden ist; ihm ist der Aufschwung des⸗ selben wesentlich zu danken. Dafür ist zu sorgen, daß nun auch in Zukunft ein guter Stamm von Gewerbeschullehrern herangebildet wird, und daß diese auch nach der pädagogischen Seite hin die nötige Ausbildung er⸗
langen. Ueberrascht hat mich, daß für die gewerblichen fiptt⸗ bildungsschulen kein — Betrag ausgeworfen ist; hoffent⸗ lich folgt daraus nicht, daß die Regierung den Fortbildungs⸗ schulen nicht mehr dieselbe Aufmerksamkeit schenkt wie früher. Gerade unter dem Ministerium Möller hat auch das Fortbildungsschulwesen fortwährend eine Steigerung erfahren. Leider ist unsere Anregung vom vorigen Jahre nicht berücksichtigt worden, die die Bereitstellung von Mitteln zur Förderung des klein⸗ gewerblichen Genossenschaftswesens verlangt; hoffentlich wird der nächste Etat diesem Wunsche Rechnung tragen. Ich möchte hier auch kurz auf die uns auch im Landtage wegen ihrer finanziellen Folgen lebhaft interessierende Frage der Regelung der Reichsfinanzen eingehen. Ich habe ja noch nicht nötig, mich gegen die von verschiedenen Seiten in Anregung gebrachte Reichseinkommensteuer zu wenden; so weit sind wir ja noch nicht. Die Entscheidung über die Reichsfinanz⸗ reform liegt ja bei den augenblicklichen Parteiverhältnissen im Reichs⸗ tage in den Händen des Zentrums. Nach den Ausführungen der Vertreter dieser Partei dürfen wir wohl annehmen, daß sie bereit sind, an dieser Finanzreform nach besten Kräften mitzuwirken. Bei der Verwaltung der indirekten Steuern ist durchaus erfreulich, daß eine Änzahl von neuen Stellen für Zollbeamte vorgesehen ist. Ich möchte dann noch auf die Etats⸗ überschreitung beim Ausbau des Schauspielhauses eingehen. Es handelte sich hierbei doch um den Ausbau eines fiskalischen Gebäudes. Und da sind ohne üunsere Genehmigung 2 Millionen verbaut worden. Pläne h (Ss nicht vorgelegen. Nach dem Urteile der Sachverständigen Steuerr Schauspielhaus durch diesen Umbau durchaus nicht zu einem darget Tempel der tragischen Muse geworden. Sollte das Operhnung drch einen Neubau ersetzt werden, so möchte ich schon jetzt bit die hö, uns dann wenigstens die Pläne vorgelegt werden. Sehr † vorgeschbern ist auch die Erhöhung der Eintritts⸗ preise. Wir piefstempele Mittel zu dem Bau doch bewilligt, weil es sichz daß diese sn gemeinnütziges Unternehmen handelte. Bei einer sorden sich xhöhung der Eintrittspreise kann doch von einem gemezustimmei. Unternehmen kaum noch die Rede sein. Beim Justizetaßden, dien wir die Gleichstellung der Richter und der Verwaltungsbeabbex, dahie eine Besserstellung der Gerichtssekretäre. Zu erwägen wäre auch eine Hebung der Stellen der älteren Amtsanwälte; 9 cht könnte überhaupt der ganze Amtsanwaltstand eine etwas gehon D⸗Stellung erhalten. Beim Ministerium des Innern möchte ichten urie wichtige gesetzgeberische Frage der Aenderung des preußischen Wahlrechtes eingehen. Es wird ein daraufbezüglicher Antrag von uns und den frreisinnigen Parteien eingebracht werden. Diese Frage wird imwer dringender, und ich hoffe, wenn der Entwurf zu einem neuen ¾ Plrechtsgesetze uns, wie zu erwarten steht, noch in dieser Session zugehen wird, er unsern Wünschen entsprechen wird. Im Kultusetat hat mich überrascht, wie man bei der Einstellung erößerer Zuwendungen an die Bistümer auf katholischer Seite, wo man sonst außerordentlich ängstlich dagegen besorgt ist, daß der Staat in die kirchlichen Verhältnisse eingreift, sogar Vereinbarungen zwischen dem Staat und den kirchlichen Organen bis ins einzelne getroffen hat, wie die Summen verteilt, wie die Gehälter der Geistlichen erhöht werden sollen usw. Kurz, es ist ein so weitgehender staatlicher Ein⸗ griff in die inneren kirchlichen Verhältnisse erfolgt, der mich wunder⸗ nimmt. Wir werden uns in der Kommission gern darüber aufklären lassen. Ich werde die Forderung bewilligen; aber die Freude des Finanzministers darüber kann ich nicht recht teilen. Mit großer Freude erfüllt mich, daß von den Mehrforderungen im Erxtra⸗ ordinarium des Kultusetats 70 % auf das Elementarschulwesen entfallen. Ich bin allerdings nicht der Ansicht, daß die Besoldungs⸗ frage damit schon erledigt sei, sondern dazu bedarf es noch größerer Aufwendungen; aber 88 will die jetzt dafür geforderten Summen mit Freude begrüßen. as mit den Mädchenschulen geschehen soll, darüber müssen wir das Ministerium befragen. Es soll eine Kon⸗ ferenz über das höhere Mädchenschulwesen stattfinden. In eine solche Konferenz muß man mit einem festen Programm hineingehen, und beim Kultusetat muß uns die Regierung das erläutern. Daß das Mädchenschulwesen reformbedürftig ist, kann nicht bezweifelt werden. In unserer Kunstverwaltung soll eine veränderte Organisation ein⸗ treten, wie wir gelesen haben. Im Etat habe ich darüber nichts ge⸗ funden. Die Regierung wird uns Auskunft geben müssen, welche Organisation eintreten soll. Ich weiß nicht, ob der Abgang des Generaldirektors Schöne im Zusammenhang damit steht oder nicht, ich will aber nicht verfehlen, hier meinen Dank für die außerordentlichen Leistungen dieses Mannes auszusprechen, bei dem wir stets ein liebenswürdiges Entgegen⸗ kommen bei allen Anregungen gefunden haben. Wir müssen unsere Aufmerksamkeit auf die Kunstverwaltung lenken und kontrollieren, ob wir nicht irgendwie in einseitiger Weise ver⸗ pflichtet werden. Der Kultusminister hat sich immer lebhaft dagegen verwahrt, daß er eine einseitige Kunstrichtung fördere. Aber es scheint doch an manchen Stellen eine gewisse Parteinahme vorhanden zu sein. Die Kunstmuseen sollen ein Bild der künstlerischen Tätigkeit geben. Wenn dieses Bild einseitig und verfälscht ist, so nutzen wir der Zukunft nicht, sondern schädigen sie, und sie kann sich keine klaren Anschauungen bilden. Die Menzel. Sammlung, deren Ankauf geplant ist, wird ein beachtens⸗ wertes Stück unserer Sammlungen sein. Die subversiven Bestrebungen, von denen der Vorredner sprach, werden zurückgehalten werden können, wenn der Staat sich bewußt ist, daß er nur im Interesse der Gesellschaft da ist und sie zu fördern hat, und wenn er sich klar ist, daß er Recht und Gerechtigkeit für alle Klassen aufrecht zu erhalten und voraus⸗ schauend den Bedürfnissen der Bevölkerung Rechnung zu tragen hat. Dann wird der Staat sich nicht überleben und nicht altern.
Abg. Herold (Zentr.), der zunächst das Wort erhält, verzichtet vorläufig darauf, im Interesse einer besseren Gestaltung der Redner⸗ liste, damit zunächst auch Gegner das Wort erhalten.
„Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (freikons.) ver⸗ zichtet aus demselben Grunde gleichfalls vorläufig auf das Wort. Abg. Dr. Wiemer (fr. Volksp.), der danach das Wort erhält, ist nicht anwesend.
Abg. Broemel (fr. Vag.): In dem gleichen freundlichen Sinne, in dem die Herren Herold und von Zedlitz auf das Wort verzichtet haben, danke ich ihnen, daß sie mir Gelegenheit gegeben haben, jetzt zum Worte zu kommen. Interessant ist das Bekenntnis des Finanz⸗ ministers, daß er wünsche, daß das Amt des Finanzministers reih⸗ um ginge, damit jeder seiner Kollegen die Schwere dieses Amtes aus eigener Erfahrung kennen lerne und erfahre, wie dem Drängen nach neuen Ausgaben von allen Seiten durch den Finanzminister Wider⸗ stand entgegengesetzt werden müsse. Ich kann diesen Wunsch verstehen, aber nicht recht begreifen. Wenn z. B. einmal der Kollege von der Landwirtschaft auf ein Jahr Finanzminister wäre, dann würde der Ressortpartikularismus, über den der Finanzminister klagt, groß⸗ gezogen werden. Gerade die Stellung unseres Finanzministers ist das Beste an unserer Organisation, da wir in ihm einen wirklich verantwortlichen Träger unserer Finanzen haben. Der Finanz⸗ minister darf auf Unterstützung auch aus anderen Kreisen rechnen. Ich halte die im Reiche gemachten Reformvorschläge auch nicht für glückliche. Es sollen neue aroße Steuern erhoben werden. Durchaus müssen wir den Finanzminister unterstützen, wenn er den Vor⸗ schlag entschieden zurückwiez, daß das Reich eine neue Einnahmequelle in den Eisenbahnen der Einzelstaaten finden solle. Das hieße nichts anderes, als mit brutalem Griff das Geld hernehmen, wo man es kriegen kann. Was ist es für eine Politik, wenn man im Reiche Steuern von den Steuern nimmt, die in Preußen gezahlt werden! Der Finanzminister sagte, Handel und Industrie müßten sich dem neuen Felesrff an⸗ passen. Das ist ein gefährliches Experiment, und die Gefährlichkeit des Experiments liegt gerade darin, ob nicht schon die Grenze der Anpassungsfähigkeit überschritten ist, und ob nicht aus dem Zolltarif eine schwere Schädigung von Handel und Industrie und damit unseres ganzen Wittschaftslebens erwachsen wird. Der P ennaüter sprach von der Möglichkeit einer Erhöhung der Ein⸗ ommensteuer. Es würde sich fragen, zu welchem Zwecke sie er⸗ folgen würde. Wenn sie z. B. erfolgte zu Gunsten einer Kultur⸗ aufgabe ersten Ranges, wie Erhöhung der Lehrergehälter, so würde von keiner Seite Widerspruch dagegen erhoben werden. Bei
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der Echöhung der Einkommensteuer dürften aber nicht einfach mechanisch die bestehenden Sätze erhöht, sondern die Erhöhung müßte auf die leistungsfähigen Schultera gelegt werden, also auf die höheren Klassen beschränkt bleiben. Ein solcher Schritt kann aber nur gemacht werden in Verbindung mit einer Quotisierung der Einkommensteuer; dann würde auch der Finanzminister hier im Hause kräftige Unterstützung gegen das Andrängen neuer Ausgaben haben. Der Etat enthält manche wertvolle Verbesserung. Die endliche Erhöhung des Wohnungsgeldzuschusses für die Unterbeamten ist lebhaft zu begrüßen, aber es wäre zu wünschen, daß auch hin⸗ sichtlich der mittleren Beamten, die in einer besonders schwierigen Lage sind, wenigstens im nächsten Etat eine Erhöhung des Wohnungs⸗ geldes vorgenommen wird. Die Fleischteuerung hat tatsächlich den breitesten Schichten des Volkes schwere Lasten und, wo diese nicht zu tragen waren, schwere Entbehrungen auferlegt. Es kam noch hinzu, daß man aus gewissen Aeußerungen, namentlich des Land⸗ wirtschaftsministers, glaubte schließen zu sollen, daß es an dem vollen Ernst bei der Prüfung der Frage gefehlt hat. Wenn mein Vorredner das Verhalten der Regierung dilatorisch genannt hat, so glaube ich, wird man mit vollem Recht ein noch viel schärferes Urteil fällen können, um so mehr, als die Regierung den Versuch gemacht hat, die Schuld an der Teuerung einzelnen Teilen der Bevölkerung, den Viehhändlern usw., in die Schuhe zu
schieben. Wenn man zu einer unparteilichen Beurteilung der Frage
gelangen wollte, so waren noch andere Stellen als der Landwirtschafts⸗ minister zu befragen. Die ganze Untersuchung der Regierung hat de Eindruck gemacht, daß sie nicht unparteiisch eingeleitet und durch⸗ geführt wurde. Eine Reform des Wahlrechts für den preußischen Landtag ist unabweisbar. Meine Partei hat stets den Standpunkt vertreten, daß auch in Preußen das Reichstagswahlrecht eingeführt werden sollte. Aber selbst die Einführung dieses Wahlrechts würde nur einen Teil der berechtigten Beschwerden abstellen, wenn nicht die bessernde Hand zugleich an die Wahlkreiseinteilung gelegt wird. Die Grundlage der letzteren ist noch diejenige von 1860. Die Er⸗ gebnisse der neuesten Volkszählungen haben gezeigt, wie wenig zutreffend die Einteilung schon gegenüber den Ergebnissen der Volkszählung von
1900 gewesen ist. Berlin, das um 1860 430 000 Einwohner hatte,
erhielt dementsprechend 9 Abgeordnete. Bedenken Sie, daß Berlin jetzt über 2 Millionen Einwohner und trotzdem nur noch ebensoviel Abgeordnete hat. Das sind so grelle Differenzen, daß sie unter keinen Umständen länger aufrecht erhalten bleiben dürfen. Wenn sich jetzt die deutschen Städte zusammentun, um ihre Stimme gemeinsam zu erheben, so werden sie durch die Not der Zeit dazu gezwungen, da ihnen die Vertretung versagt ist, die ihnen gebührt. Das Wahlverfahren in Preußen ist so ziemlich das komplizierteste und unzweckmäßigste, das je ersonnen ist. Gerade wieder die breiten, unbemittelten Klassen der Bevölkerung werden von der Wahrnehmung des Wahlrechtes im weitesten Maße ausgeschlossen. Sollte die in Aussicht gestellte Novelle
nur einige besonders schwerfällige Vorschriften ändern, so würde eine II
solche Reform als völlig unzulanglich zu betrachten sein. Wenn Bestimmungen des Strafrechts verletzt werden, so ist es selbstverständlich, daß dagegen eingeschritten wird, ob nun ein Abgeordneter den Justiz⸗ minister dazu aufruft oder nicht. Wir können deswegen das, was der Justizminister vorhin ausgeführt hat, eigentlich nicht weiter an⸗ erkennen, er hat nur gesagt, was wir von einem preußischen Justiz⸗ minister zu erwarten haben. ihrer ehrlichen Ueberzeugung leiten lassen werden. innerpolitische Erschütterung, welche über Rußland hereingebrochen ist, stellt gewissermaßen ein politisches Erdbeben dar, das seine Wellenbewegungen weit aussendet. Es konnte nicht ausbleiben, daß sie auch in der Stimmung der deutschen Sozialdemokraten einen starken Widerhall findet. Da ist es nach meiner “
7 1 8 Die gewaltige
Pflicht, soweit die Stimme reicht, zur Besonnenheit zu mahnen na
links und nach rechts. Es kann kein Zweifel bestehen, daß ein Versuch, durch Störung der öffentlichen Ordnung eine Reform des Wahlrechts zu erreichen, bei uns nur dazu führen würde, daß die Reform weiter hinausgeschoben oder nur in sehr kümmerlichem Maße vorgenommen werden würde. Die tatsächliche Berechtigung der Forderung eines neuen Wahlrechts leite ich auch aus der politischen Zweckmäßigkeit her. Ein Wahlrecht, welches eine Zusammensetzung dieses Hauses verhindert, welche die wirklichen Bedürfnisse und Interessen des Landes
Wir hoffen, daß die Richter sich von
zum Ausdruck bringt, verdient diesen Namen nicht, ein solches kann
auch nicht im Interesse der Regierung liegen. Wenn die Stadte hier die Vertretung hätten, die ihnen gebührt, so würde die Regierung es nicht gewagt haben, uns einen solchen Gesetz⸗ entwurf vorzulegen wie das Volksschulgesetz. Wenn die Dinge so weiter gehen wie jetzt, so steht schließlich das Volk einer Volks⸗ vertretung gegenüber, die keine Volksvertretung mehr ist. In einem Verfassungsstaat muß der Monarch sich als Hüter nicht nur der Rechte seiner Krone, sondern auch der Rechte des Volkes fühlen. Die Mehrheit des preußischen Abgeoronetenhauses darf sich der Mahnung nicht verschließen, daß es ihre Pflicht ist, diese unabweisbare Reform rechtzeitig vorzunehmen.
Abg. Herold (Zentr.): Was die formale Seite des Etats betrifft, so stellt die durchlaufende Numerierung der Elats eine Verbesserung dar. Ich danke auch dafür, daß der Minister nach meiner An⸗ regung vom vorigen Jahre wenigstens dem Kultusetat ein Inhalts⸗ verzeichnis beigegeben hat. Ich hätte nur gewünscht, daß auch bei den anderen umfangreichen Etats das geschehen wäre. Außerdem empfehle ich für die Zukunft, ein Gesamtinhaltsverzeichnis und ein alphabetisches Verzeichnis der Materien dem Etat beizufügen. Ferner ist der Ueberblick über das gesamte Beamtenpersonal in den einzelnen Etats erschwert. Der Etat bietet in seinem Abschluß ein E günstiges Bild, er balanciert mit annähernd 3 Mil⸗ iarden. einzelnen Etats enthalten sind, zum großen Teil in den Extra⸗ ordinarien, aber auch in den Ordinarien. Wir haben im Etat eine Kapitalsvermehrung von 308 Millionen, und da sagt der Finanz⸗
minister, wir ständen vor der Gefahr einer Erhöhung der Einkommensteuer!
Der Finanzminister hat gleichzeitig einen Appell an das Zentrum ge⸗ richtet bezüglich der Aienh 8 im Reiche. Wir erkennen voll kommen an, daß die Einnahmen des Reichs nicht zur Deckung seiner Ausgaben ausreichen, und wir wollen für größere Einnahmen sorgen, allerdings nicht in dem Umfange, wie es die Regierungen vorgeschlagen haben. Man hat gesagt, daß das Reich die indirekten, die Einzelstaaten die direkten Steuern erhalten sollten. Dieses Prinzip hält die Reform im allgemeinen auf⸗ recht, nur durch die Reichserbschaftssteuer wird es etwas verletzt. Was die Festlegung der Matrtkularbeiträge angeht, so halten wir die Aufrechtechaltung derselben als beweglichen Faktors für durchaus wünschenswert; sie wird zur Erhöhung des Reichs⸗ gedankens beitragen. Allerdings ist die der Kopfzahl der Bevölkerung für viele kleinere Staaten sehr drückend, und es e⸗ sich vielleicht erwägen, ob man nicht als Maßstab für die Verteilung das Einkommen der Bevölkerung — nicht die Erträge aus der Einkommensteuer! — zu Grunde legen könnte. teilungsmaßstab könnte alle 5 Jahre korrigiert werden. Preußen haben ja allerdings solche neuen Reichssteuern nicht nötig; wir können auch ohne sie wesentlich erhöhte Matrikularbeiträge auf⸗ bringen. Trotzdem aber haben wir uns im Interesse der andern Staaten bereit erklärt, an die Erschließung neuer Reichseinnahme⸗ quellen heranzutreten. Sollte es so gelingen, dem Reiche unmittelbar neue Mittel zuzuführen, so werden wir in Preußen in der Lage sein, den Kommunen größere Unterstützungen zu ge⸗ währen; die Kommunalsteuern wachsen von Jahr zu Jahr, sodaß hier dringend Abhilfe geschaffen werden muß. Es mu auch ein größerer Ausgleich zwischen den verschiedenen Kommunal⸗ verwaltungen geschaffen werden. Es liegt kein Grund dafür vor, daß die eine Gemeinde 300 % Kommunalsteuern trägt, während die andere sich mit 100 oder weniger begnügen kann. Wenn im Reich neue Steuern geschaffen werden, muß der Staat wieder mehr
für die Kommunen tun, sei es in Form der früheren lex Huene 8
Zuwendungen an die Kreise oder durch Zuwendungen an die Provinze wie es jetzt geschieht und was wohl das Richtigere ist im Interesse einer guten Verteilung. Daß die Verpachtungen der alten Domänen
1“ ö1ö4.
Er enthält bedeutende Ueberschüsse, die verdeckt in den
verbündeten
jetzige Verteilung nach
im
8*
Staat muß von vornherein Mgonopol
43 000 ℳ mehr erbracht haben, ist eine erfreuliche Erscheinung für den Stand der Landwirtschaft, aber es ist zu bemerken, daß die Pachtangebote der Pächter vielfach zu hoch gewesen sind, sodaß sie nachher nicht bestehen konnten. Ich fürchte, daß das wieder ein⸗ treten könnte. Erfreulich ist auch, daß 122 Försterstellen neu geschaffen werden sollen. Zum Forstetat möchte ich fragen, ob es nicht zweckmäßig ist, die Diensthäuser zu vermehren, um der Forstverwaltung einen dauernden Arbeiterstamm zu verschaffen. Es ist dies von hoher sozialer Bedeutung und liegt im Interesse der Verwaltung selbst. Die Steigerung der Einkommensteuer ist ein guter Beweis für die Lage unseres wirt⸗ schaftlichen Lebens, aber es ist immer fraglich, ob diese Mehrerträge eine Steigerung der Einkommen bedeuten. Der Vorredner empfahl die Quotisierung der Einkommensteuer. Das ist ein fragliches Experiment. Jetzt wird immer im Hause auf vermehrte Ausgaben gedrängt; hat der Finanzminister nun einen solchen beweglichen Faktor, so kann er es machen, wie die Kommunen, und die Ausgaben einfach auf die Einkommensteuer umlegen. Für das Volk wäre eine solche Einrichtung nicht vorteil⸗ haft. Was die hohen Eisenbahneinnahmen betrifft, so ist es an sich nicht wünschenswert, wenn der Staat zu viele wirtschaftliche Betriebe in seine Hand bekommt. Die staatliche Eisenbahnver⸗ waltung hat ihre Pflicht nach der Seite nicht erfüllt, daß sie nicht die Eisenbahnen genügend ausgebaut hat. Es wird jetzt See
Privatbahnen die Konzession nicht erteilt, aber der Staat baut au nicht. Wenn der Staat die Eisenbahnen in seinen Händen hat, hat er die Pflicht zum Ausbau des Eisenbahnnetzes. Es ist die generelle Herabsetzung der Tarife gefordert worden. Gewiß muß die Tendenz nach unten gehen, aber es muß auch mit Vorsicht darin vorgegangen werden, denn vor allem ist die Erschließung neuer Verkehrswege notwendig. Die Bildung von Syndikaten ist an sich prinzipiell nicht zu ver⸗ werfen, wenn sie in nützlicher Weise die Produktion regeln, wenn aber die Macht des Syndikats ausgedehnt wird namentlich auf drin⸗ gende wirtschaftliche Bedürfnisse, dann ist es gerechtfertigt, daß der Staat kontrolliert und eingreift, indem er selbst Betriebe übernimmt, um mitreden zu können. Deshalb haben wir auch der Erwerbung von Bergwerken durch den Staat zugestimmt. Neuerdings scheint sich im rheinisch⸗westfälischen Gebiet ein großes Monopol zu etablieren durch die Schaffung riesiger Elektrizitätskraftwerke. Der eingreifen, damit sich nicht ein herausbildet, das nicht mehr gecheseeneig wirkt. Wir müssen möglichst bald ein Syndikatsgesetz erhalten, welches dem Staat die Möglichkeit der Kontrolle gibt. Es ist das allerdings eine
Reichssache, aber die preußische Regierung muß ihre Stimme im
Bundesrat dafür geltend machen. Die Ansiedlungskommission erfordert einen Aufwand für personelle Ausgaben von 765 00 ℳ, die Gehälter in der Provinz Posen sind mit der Zulage ausgestattet. Die Provinz Posen erfreut sich also großer Wohltaten. In Westfalen gibt es auch Polen, und dieselben Wohltaten müssen also auch der Provinz Westfalen zu teil werden. Abgx Westfalen ist in der Lage, für das Deutschtum einzutreten, auch vhe Staatsunterstützung. Das Zentrum hat die Polenpolitik nicht mitgemacht. Wenn das Zentrum sich geschlossen einer Majorität gegenüber befand, so hat noch jedesmal die Zu⸗ kunft gezeigt, daß das Zentrum recht hatte. In Zukunft wird niemand mehr die Polenpolitik gemacht haben wollen; es wird mit der Polen⸗ politik schließlich gehen wie mit dem Kulturkampfe. — Es werden 30. neue Regierungsratsstellen gefordert; ob sie nötig sind, wird die Budgetkommission prüfen. Aber die allgemeine Bemerkung möchte ich machen: wenn die Gemeindevorsteher, die Amtsvorsteher u. s. w. selbständiger gemacht würden und nicht immer alles von oben her bis ins Kleinste kontrolliert würde, könnten wir an Regierungsräten sparen. Man spricht immer von Dezentralisation, aber den Beamten, die selbständig entscheiden könnten, geht die Berufsfreudigkeit verloren, wenn alles vom grünen Tisch, von oben angeordnet wird, anstatt
daß man es den Männern des praktischen Lebens überläßt. Daß die Erhöhung des Wohnungsgeldzuschusses für die Unterbeamten nach langen Kämpfen endlich erreicht ist, begrüßen auch wir mit Freuden. Die Kosten sollen uns nicht abhalten, Besserungen da, wo
sie notwendig sind, auch eintreten zu lassen. Hinsichtlich der Servis⸗ klassen für die Städte sind mit der Zeit so erbebliche Verschiebungen eingetreten, daß eine Revision dringend erforderlich ist. Der Finanz⸗ minister hat ausgeführt, daß eine unterschiedliche Behandlung der ver⸗ heirateten und unverheirateten Beamten bei der Bemessung des Zu⸗ schusses keinen Zweck habe, da nur 5 % der Beamten nicht verheiratet seien. Aber in unserer gesamten Staats⸗ verwaltung sollte man Rücksicht nehmen auf die Anzahl der Kinder. Unser Bevölkerungszuwachs beruht hauptsächlich auf der Zunahme des Alters, hinsichtlich deren doch eine Grenze gezogen ist. Der Geburtenüberschuß hat abgenommen. Geht er weiter zurück, so stehen wir allerdings vor der großen sozialen Gefahr, daß er überhaupt aufhört. Auf die Gründe dieser Er⸗ scheinung will ich bier nicht eingehen. Aber jedenfalls sollte man je nach der Anzahl der Kinder, die die Beamten haben, einen Unterschied auch in der Besoldung machen. Bei dem Suchen nach neuen Steuern, das jetzt Mode ist, ist man auch auf die Wehrsteuer gekommen. Auch diese wütde eine ungerechte Mehrbelastung der kinderreicheren Väter darstellen, gegenüber denen, die etwa nur einen Sohn haben. Und die Väter müssen doch schließlich die Wehrsteuer zahlen, da die Söhne zur Zeit ihrer Dienst⸗ pflicht vielfach selbst noch kein eigenes Einkommen haben. Die recht ansehnlichen Summen, die im Etat für Handel und Ge⸗ werbe für das gewerbliche Unterrichtswesen ausgegeben werden, begrüßen wir mit Freude. Aber es muß das Genossenschaftswesen beim Hand⸗ werk noch mehr gefördert werden. Es müssen Werkstattgenossenschaften gebildet werden, um dem Handwerk die Benutzung von Kraftmaschinen zu ermöglichen, wie sie der Großbetrieb benutzt. Die Prophezeiungen des Abg. Broemel über die Wirkung der Handelsverträge werden sich als Irctum erweisen, wir sind überzeugt, daß die neuen Handels⸗ verträge in der Landwirtschaft ebenso wie in der Industrie eine segens⸗ reiche Entwicklung herbeiführen werden. Es ist nicht richtig, daß eine Mißstimmung in der Bevölkerung besteht; auch die arbeitende Be⸗ ölkerung steht geschlossen, soweit sie nicht zur Sozialdemokratie gehört, auf dem Standpunkt, daß ein Schutz der heimischen Arbeit erforderlich ist. Wir haben in diesen Kreisen immer die ustimmung für die Wirtschaftspolitik des Reichstags gefunden. Diese, Arbeiter haben dafür mehr Verständnis als der Abg. Broemel. Während für das gewerbliche Unterrichtswesen 15,9 Millionen sind, erhält das landwirtschaftliche Unterrichtswesen nur 4,1 Millionen. Der Staat muß hierin noch ausgleichend wirken, um die landwirtschaftliche Bevölkerung in der Technik ihres Berufes zu heben. Wenn die Fleischeinfuhr beschränkt ist, so ist doch das Verbot gerade mit Rücksicht auf die Gesundheit des Volkes ergangen. Wenn nun eine Teuerung dadurch eintritt, so würde man doch die Gesundheit des Volkes schädigen, wenn man nun wieder eine Aenderung eintreten ließe. Eine einseitige Stellungnahme in der Fleischnotfrage kann man weder dem Reichskanzler und der Reichs⸗ der preußischen Regierung einschließlich des land⸗ Ministeriums vorwerfen. Was den Kultusetat „so erkennen wir mit Freude an, daß die Regierung nach längerem Drängen die Unterstützung der Bistümer verstärkt hat. Trotz der Bemerkungen des Abg. Friedberg werden wir dieser Forderung einmütig zustimmen. Es ist nicht richtig, daß diese Fragen als abgeschlossen anzusehen seien, im Gegenteil, bei einer Verständigung mit den Bischöfen können Aenderungen des bestehenden Zustandes eintreten, und in diesem Falle ist die Verständigung erfolgt. Auf dem Wege der Vereinbarung läßt sich alles machen. Das Anwachsen der Städte, wie es die neue Volks⸗ zählung wieder gezeigt hat, ist ein großer Uebelstand und eine soziale Gefahr. Die Volkskraft und Volksgesundheit können die Städte allein nicht aufrecht erhalten. Es muß mehr geschehen, um die gesamten Verhältnisse auf dem Lande zu bessern. Dahin gehört namentlich die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse: Nebenbahnen leinbahnen müssen in starkerem Maße ausgebaut werden. Auch der Postverkehr muß verbessert, das Telephon verbilligt werden. Das hat große soziale Bedeutung, denn durch das Telephon werden die Entfernungen vollkommen aufgehoben. Die Amtsgerichte auf dem Lande müssen vermehrt werden, der Amtsrichter muß in Fühlung mit
dem Volke auf dem Lande stehen. Die höheren Schulen müssen mehr auf das Land hinaus, damit der Landwirt die Auswahl der Schule für seine Söhne hat. Das sind alles Kulturaufgaben, für die der Staat seine Mittel aufwenden 55 denn das liegt im Interesse des Staates selbst. Wenn wir in dieser Weise den Mittelstand stärken, werden wir die Zufriedenheit im Lande vermehren und die Sozialdemokratie bekämpfen. Die Vorlage über das Wahlrecht werden wir prüfen, wenn sie kommt. Wenn Herr Broemel das Wahlrecht nur nach der Be⸗ völkerungszahl reformieren will, dann werden wir uns entschieden widersetzen. Es entspricht auch nicht der Verfassung und den praktischen Bedürfnissen. Die Bevölkerungszahl ist für die politische Bedeutun eines Landesteils nicht maßgebend. Hat Berlin mit 2 Millionen politis dieselbe Bedeutung wie ganze Provinzen, welche eine ähnliche Bevölkerungszahl haben? Die Provinzen sind doch entwicklungsfähig, es können in ihnen ja Städte entstehen, welche Berlin noch über⸗ flügeln. Die Städte können nicht ins Ungemessene zunehmen. Alte Kultur⸗ bezirke haben mehr politische Bedeutung als plötzlich aufsteigende Industrieorte. Die landwirtschaftliche Bevölkerung ist nach der Zahl und nach der wirtschaftlichen Bedeutung durch die Städte in den Hintergrund gedrängt worden; wenn man ihnen jetzt noch ihre polttische Vertretung nimmt, so bedeutet das ihren Ruin. Das ist nicht nur ein landwirtschaftliches Interesse, sondern ein hervorragendes staat⸗ liches Interesse. Aber das jetzige Dreiklassenwahlrecht ist unhaltbar, es bedarf der grundlegenden Aenderung. Wenn die Vorlage kommt, werden wir daran mitarbeiten, aber immer von dem Grundgedanken der alten Zentrumspolitik aus, das Erreichbare zu nehmen. Wir wollen nicht kleines Flickwerk, sondern eine grundlegende Aenderung des Wahlrechts, damit die Bevölkerung zu ihrem Rechte komme. Die Volks⸗ vertretung soll ein Spiegelbild aller im Volke vertretenen Richtungen sein. Eine politische Richtung vollkommen auszuschließen, ist un⸗ richtig. Aber in dem Bestreben, die Agitation für das Wahlrecht auf die Straße zu treiben, liegt für die Regierung ein großes Er⸗ schwernis, mit einer solchen Vorlage zu kommen. Ich möchte die Regierung ermahnen, sich nicht nach der Sozialdemokratie zu richten. Mag diese tun, was sie will, man soll dem Volke sein Recht geben. Damit erzielt man zuerst Zufriedenheit, nicht um der Sozialdemokratie willen, sondern um der Gerechtigkeit willen. Auf die russischen Wirren will ich nicht eingehen, aber wir haben ein Volksheer, und bei uns ist in absehbarer Zeit ein solcher Umschwung nicht denkbar. Die bedenkliche Zunahme der Sozialdemokratie und ihre zunehmende Neigung zu der Revolution hin ist wohl der ernsten Beachtung wert, und wir müssen prüfen, wie hier Ahhilfe geschaffen werden kann. Durch Sozialistenausnahmegesetze ist hier nichts zu machen. Die Gesetze müssen gegen alle Staatsbürger gleichmäßig angewandt werden, mögen sie Sozialdemokraten sein oder nicht. Man wird dadurch vielleicht die Ausschreitungen der Sozialdemokratie verhindern können, aber den sozialdemokratischen Geist wird man dadurch nicht unterdrücken. Der Staatssekretär Graf von Posadowsky hat im Reichstage schon auf die Gründe für das Anwachsen der Sozialdemokratie hin⸗ gewiesen, wozu man auch die Ueberreste des alten Polizeistaates rechnete. Hierhin gehört auch, daß die Organe der Polizei in alle Verhältnisse des Bürgerstandes sich hineinmischen. Aber nicht nur das, sondern in letzter Zeit sind auch Preßstimmen laut ge⸗ worden, die von einem Spionagesystem gegenüber der katholischen Geistlichkeit reden. Wahrlich, die besten und vornehmsten Hüter der Ordnung sollte man vor solchen Belästigungen bewahren! Auch über kleinliche polizeiliche Kontrollmaßregeln gegenüber den segen⸗ bringenden katholischen Orden hat man geklagt. Das sind Ueberreste des alten Polizeistaates, die in die heutige Zeit nicht mehr hineinpassen. Noch einen zweiten Grund führte der Graf von Posadowsky an, das ist die zunehmende Herrschaft des Materialismus. Der materialistische Unglauben hat sich von den gebildeten Kreisen aus auf die breiten Massen fortgepflanzt. Wenn wir hier eine Aenderung herbeiführen wollen, müssen wir das Gift, das von oben her eingedrungen ist, auch wieder von oben her zu entfernen suchen; wir müssen die gebildeten Kreise wieder zu dem wirklichen Christentum zurückführen. Der freien Religionsüäbung muß wieder freie Bahn geschaffen werden. Im Interesse der Bevölkerung und des Staatslebens bedauern wir, daß diese alten Ueberreste des Polizeistaates immer noch be⸗ stehen, und daß wir keinen so energischen Minister haben, der den Mut hat, nach dieser Richtung hin einzutreten. Das erhabenste Beispiel des wahren Christentums haben wir in der Spitze unseres Staates durch die Person unseres Kaisers.
Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ angelegenheiten Dr. Studt:
Meine Herren! Der Herr Abg. Herold hat im Verlauf seiner Ausführungen, allerdings nur kurz, das angebliche Spionagesystem gegenüber den katholischen Geistlichen in einer Weise gestreift, die mich doch nötigt, dagegen Verwahrung einzulegen. Es ist seitens des Herrn Abgeordneten eine Interpellation in Aussicht gestellt, es wird also der Königlichen Staatsregierung ausgiebig Gelegenheit geboten
und Medizinal⸗
sein, sich über diese Sache noch zu äußern. Ich kann aber heute schon
folgendes erklären. Auf Grund der in der Presse, namentlich in der Zentrumspresse, hervorgetretenen Beschwerden habe ich Veranlassung genommen, mich sofort mit den Provinzialbehörden der ganzen Monarchie in Verbindung zu setzen, und habe aus den mir bisher zugegangenen Berichten konstatieren können, daß nicht in einem einzigen Falle eine derartige schwarze Liste existiert oder auf Anordnung der Behörden angelegt worden ist, wie sie dem Ressort zum Vorwurf gemacht wird. (Zuruf bei den Polen.) Auf diese Ausführungen kann ich mich einstweilen beschränken.
Sodann hat der Herr Abgeordnete auch von den „kleinlichsten“ polizeilichen Kontrollmaßregeln gesprochen, denen angeblich die Ordens⸗ mitglieder unterliegen. Meine Herren, in dieser Allgemeinheit ist der Vorwurf zweifellos unbegründet. Ich habe schon in früheren Jahren mich dagegen zu wenden Veranlassung gehabt. Ich habe wiederholt die Behörden mit den striktesten Weisungen versehen, sich kleinlicher Maßregeln zu enthalten. Gewisse polizeiliche Kontrollmaßregeln sind ganz unerläßlich; in der Beziehung unterliegen die Ordensniederlassungen genau denselben Bestimmungen, die für andere Anstalten, Kranken⸗ anstalten usw. gegeben sind. Es würde meinen Intentionen wahrlich nicht entsprechen, wenn den Ordensmitgliedern gegenüber eine klein⸗ liche Praxis Platz greifen sollte.
Der Herr Abgeordnete hat ferner von den alten Kulturkampf⸗ resten geredet und die Hoffnung ausgesprochen, daß sich einmal ein Kultusminister finden werde, der den Mut haben würde, mit diesen Resten aufzuräumen. Meine Herren, demgegenüber habe ich zu erklären, daß der modus vivendi, welcher durch die kirchenpolitische Gesetz⸗ gebung der Jahre 1886 und 1887 herbeigeführt worden ist, eine geeignete Grundlage für ein friedliches Einvernehmen hinsichtlich der Abgrenzung der staatlichen und kirchlichen Rechte bietet, daß unter diesem modus vivendi, der seitens der Regierung stets durchaus loyal beobachtet worden ist, die Interessen der katholischen Kirche nicht gelitten haben, wohl aber der konfessionelle Friede gefördert ist⸗ und daß die Königliche Staatsregierung infolgedessen keine Ver⸗ anlassung hat, diese überaus schwierige und peinliche Materie von neuem durch den Versuch einer Aenderung der bestehenden Gesetz⸗ gebung in Angriff zu nehmen.
Meine Herren, ich habe mich nun noch gegen den Herrn Abg. Broemel zu wenden. Er hat den zur Zeit der Beratung einer Kom⸗ mission dieses hohen Hauses unterliegenden Gesetzentwurf über die
Schulunterhaltungspflicht einer Kritik unterzogen, die durchaus dem
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in einem großen Teile der Tagespresse angeschlagenen Tone entspricht. Da dieser Entwurf zur Zeit der Beratung der Kommission unterliegt, so kann ich es mir versagen, bei der heutigen Gelegenheit auf eine nähere Erörterung einzugehen. Was mich veranlaßt, dazu noch be⸗ sonders das Wort zu ergreifen, ist der Umstand, daß auch in diesem Falle der Herr Abgeordnete keinerlei Veranlassung genommen hat seinen schroffen Ton mit irgend einem Grunde zu belegen. Meine
Herren, ich werde in der bevorstehenden Kommissionsberatung noch Gelegenheit haben, festzustellen, daß die schweren Vorwürfe, die gegen diese Vorlage von verschiedenen Seiten erhoben worden sind, durchaus auf Irrtum beruhen.
Darauf wird gegen 4 Uhr die weitere Beratung auf Montag 11 Uhr vertagt (außerdem kleinere Vorlagen)
Dem Herrenhause sind Entwürfe von Gesetzen, betreffend die Errichtung von Landgerichten in Crefeld und München⸗Gladbach, nebst Begründungen zugegangen. Nach diesen sollen dem Bezirke des in der Stadt Crefeld zu errichtenden W“ unter Abtrennung von dem Land⸗ gericht zu Düsseldorf die Bezirke der Amtsgerichte zu Crefeld, Uerdingen und Viersen, dem Bezirke des in der Stadt München⸗Gladbach zu errichtenden Landgerichts unter Abtrennung von dem Landgericht zu Düsseldorf die Bezirke der Amtsgerichte in München⸗Gladbach, Grevenbroich, Rheydt und Odenkirchen und unter Abtrennung von dem Landgericht zu Aachen die Bezirke der Amtsgerichte in Erkelenz und Wegberg zugewiesen werden. Beide Gesetze sollen am 16. September d. J. in Kraft treten.
Nr. 2 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 10. Januar 1906 hat folgenden Inhalt: Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. — Sterbefälle im November 1905. — Zeitweilige Maßregeln gegen ansteckende Krank⸗
*heiten. — Desgl. gegen Pest. — Medizinalstatistisches aus Kopen⸗
hagen, 1904. — Mitteilungen aus Britisch⸗Ostindien, 1904. — Gesetz⸗ gebung usw. (Bayern.) Schweineseuchen. — (Großherzogtum Sachsen.) Schlachtvieh⸗ und Fleischbeschau. — (Hamburg.) Logisräume ꝛc. für die Schiffsmannschaft. — (Oesterreich. Kärnten.) Nahrungsmittel⸗ untersuchung — Tierseuchen im Deutschen Reiche, 31. Dezember 1905. — Desgl. in Bosnien und der Herzegowina, 3. Vierteljahr 1905.— Desgl. in Serbien. — Desgl. in Bulgarien. — Desgl. in der Präsidentschaft Madras, 1904/05. — Zeitweilige Maßregeln gegen Tierseuchen. (Preuß. Reg.⸗Bez. Allenstein.) — Verhandlungen vI Körperschaften, Vereinen, Kongressen usw. (Sachsen.) Beschlüsse des Landeskultur⸗ rats. — Vermischtes. (Frankreich.) Institut für Tropenkrankheiten. — (Schweden.) Geburks, und Sterblichkeitsverhältnisse in Stock⸗ holm, 1904. — Geschenkliste. — Monatstabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern, November 1905. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Witterung. — Beilage: Gerichtliche Ent⸗ scheidungen auf dem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege (Impf⸗ wesen, Leichenwesen, Tierseuchen).
Nr. 5 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, heraus⸗ gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 13. Januar 1906, hat folgenden Inhalt: Amtliches: Runderlaß vom 14. Dezember 1905, betr. Beachtung verkehrspolizeilicher Rücksichten bei der Erörte⸗ rung von Baugesuchen. — Runderlaß vom 20. Dezember 1905, betr. Benutzung der Kleinbahnen bei Dienstreisen der Beamten. — Rund⸗ erlaß vom 2. Januar 1906, betr. Verdingung bei Bauausführungen, deren Kosten im Staatshaushalt in Teilbeträgen gefordert werden. — Runderlaß vom 2. Januar 1906, betr. die Bestimmungen über die Nachweisung der Bedürfnisse zu Land⸗ und Wasserbauten. — Bekannt⸗ machung. — Dienstnachrichten. — Nichtamtliches: Der Neubau der Ernestinenschule in Lübeck. — Bauwissenschaftliche Versuche im Jahre 1904. (Fortsetzung.) — Staatsminister von Thielen †. — Ver⸗ mischtes: Auszeichnung. — Ergebnisse der vor dem Königlich sächsischen Technischen Oberprüfungsamt abgelegten Prüfungen. — Wettbewerb zur Umarbeitung des Bebauungsplanes der Stadt St. Johann a. d. Saar. — Wettbewerb um Entwurfskizzen für ein Realprogymnasium in Bünde i. Westf. — Wettbewerb um Entwürfe für einen Hohen⸗ zollernbrunnen in Kleve. — Wettbewerb um Entwürfe für die Neu⸗ bauten auf dem Frankfurter Friedhof. — Preisaufgaben Berliner Architektenvereins zum Schinkelfest 1907.
Statistik und Volkswirtschaft.
e Bewegung der Fleischpreise auf 23 preußischen Märkten im zweiten Halbjahre 1905.
Die vom Königlichen Statistischen Landesamt in der „Statistische Korrespondenz“ veröffentlichten Monatszusammenstellungen der Lebens⸗ und Futtermittelpreise haben bereits erkennen lassen, daß im Sommer und Herbst vorigen Jahres eine erhebliche Steigerung der Fleisch⸗ preise erfolgt ist, die erst im Dezember durch einen vorerst nur mäßigen Rückgang abgelöst wurde. Nachdem wohl jene Steigerung im allgemeinen ihren Höhrpunkt überschritten hat, gibt das Statistische Landesamt nunmehr in der „Stat. Korr.“ eine zusammenfassende Uebersicht der ganzen Preisbewegung für die 23 bedeutendsten preußischen Marktorte. Sie zeigt, wie schon frühere ähnliche Uebersichten, eine ziemlich große Uagkeichmäbigkeit des Preisstandes und der Preis⸗ bewegung. Alle Angaben, die von vornherein als zweifelhaft oder ungleichmäßig erscheinen, sind vom Statistischen Landesamt durch be⸗ sondere Rückfrage aufgeklärt worden. f8 ““
Beim Rindfleisch von der Keule, dessen Preis für das Kilo⸗ gramm im Durchschnitt von 150 ₰ im Juli auf 161 ₰ im Oktober und November gestiegen und im Dezember erst auf 158 ₰ zurück⸗ gegangen war, zeigte Breslau mit 180 ₰ die höchsten, während des ganzen Zeitraumes unveränderten Preise. 1 Besonders hoch war die Steigerung in Königsberg von 135 auf (seit Ok⸗ tober) 160 ₰ sowie in Köslin, Stralsund und Magdeb von 150 auf 170.„ —₰ und in Paderborn von 140 160 ₰. Auf vielen anderen Märkten ist die Steigerung nur gering; in Danzig hat sogar eine Abnahme von 160 auf 150 schon im August), in Gleiwitz von 143 auf 140 ₰ stattgefunden. Cchenlic ähnlicher Bewegungen bei den anderen Fleischsorten mag auf die Tabelle verwiesen werden; danach ist z. B. auch Hammel⸗ fleisch in Königsberg wesentlich teurer (von 135 bis 159), in Danzig, der anderen Provinzialhauptftadt des Nordostens, billiger (von 165 auf 150) geworden, sodaß jetzt Königsberg ebenso wie bei dem Rindfleisch merklich höhere Preise hat, während es im Juli gerade umgekehrt war. Die Preise des für die Ernährung der breiten zes besonders wichtigen Schweinefleisches haben sich im rgln⸗ t üe. 157 ₰ im Juli auf 167 im August, 172 im Septem † Oktober sowie 174 im November gehoben, um im eeeg. zurückzugehen; eine Abnahme gegenüber den Julipreisen ist nur in Gleiwitz zu verzeichnen, wo im Juli 153, im November noch 169, im Dezember nur noch 149 ₰ zu bezahlen waren. Innerhalb der einzelnen Marktorte sind dabei die Preise sehr verschieden. Am höchsten standen sie durchweg in Aachen, wo die Preise während des
ganzen Zeitraums noch von 200 auf 220 ₰ stiegen, dagegen fand in