1906 / 16 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 Jan 1906 18:00:01 GMT) scan diff

bei der Togobahn von Lome nach Palime. Das größte Bedenken hätten wir dagegen, daß das Reich die Bahn selbst baut, namentlich nach den praktischen Erfahrungen bei der Usambarabahn, wo der Reichs⸗ betrieb jahrelang Zuschüsse zu den Betriebskosten allein erforderte, während dann die pachtende Firma ohne jeden Zuschuß zu den Betriebskosten noch einen Gewinn von 300 000 erzielte. Genehmigen wir hier der Kamerun⸗Eisenbahngesell⸗ schaft den Vertrag, so müßten wir doch nicht erst nach 30 Jahren, sondern vielleicht schon nach 15 oder 20 Jahren dem Reich das Recht zum Rückkauf der Bahn vorbehalten. Schon im Jahre 1902 war einem Kamerunfyndikat eine Vorkonzession zum Bau der Linie erteilt worden. Inzwischen hat sich die neue Kamerun⸗ Eisenbahngesellschaft gebildet; wir haben aber im vorigen Jahre keine genügende Kenntnis über die Verhältnisse der neuen Gesellschaft zu dem Kamerun⸗Eisenbahnsyndikat erhalten. Die Konzession des Syndikats ist vielmehr im Laufe des Jahres 1905 zwanglos ab⸗ elaufen. Schon am 17. Februar 1905 verzichtete das Syndikat zu Funflen der Kamerun⸗Eisenbahngesellschaft unter fünf Bedingungen: 1) Das Syvndikat erhält als Ersatz für seine Auslagen 120 000 bar. 2) Es erhält 360 000 Vorzugsaktien franko Valuta von dem nicht garantierten Kapital. 3) Das Syndikat erhält in der neuen Gesellschaft drei Aufsichtsratsstellen. 4) Der Direktor des Syndikats erhält 50 000 5) Der Erbauer der Bahn zahlt für das bekannte Buch über die Tschadseebahn die bekannten 5000 In der vorjährigen Kommission ist mir nun auf meine Anfrage nur mitgeteilt worden, daß sich das Verhältnis zwischen beiden Gesell⸗ schaften darauf beschränkt, daß das Syndikat in der neuen Gesellschaft drei Aufsichtsratsstellen erhält. Von den 120 000 bar und den 360 000 Aktien ist uns nichts mitgeteilt worden. Der Ver⸗ treter der Kolonialverwaltung hat jetzt gesagt, von den 360 000 Aktien habe er damals nichts gewußt. Ich zweifle nicht daran, aber bereits im Mai hatte die Kolonialverwaltung einen spezialisierten Kostenvoranschlag des Bahnbaues, und darin ist die Summe von 120 000 als eine besondere Summe des Anschlages ausgesetzt. Im Dezember vorigen Jahres sagte der Vertreter der Kolonial⸗ verwaltung hier, wenn wir damals in der Kommission da⸗ nach gefragt hätten, hätte er den Voranschlag mitgeteilt. Ich muß mich wundern, daß ein Vertreter der Verwaltung mit dieser Ausrede vor das Haus tritt. Aber noch schlimmer: es ist damals in der Kommission danach gefragt worden, und zwar von dem Abg. Lattmann, der wegen der verschieden mitgeteilten Höhe der Kosten pro Kilometer danach fragte, aber die Vorlegung des An⸗ schlages wurde schlankweg abgelehnt. Ich bitte den Kolonialdirektor im Interesse der schleunigen Verabschiedung der Vorlage, der Kom⸗ mission alsbald den spezialisierten Kostenanschlag zugehen zu lassen. Noch lieber wäre es mir gewesen, wenn er der Begründung der Vorlage beigegeben worden wäre, wie es bisher bei allen Kolonial⸗ bahnen der Fall gewesen ist. Ich habe kein Bedenken, daß man dem Kamerun⸗Eisenbahnsyndikat sein Manko ersetzt, aber man hätte das dem Hause mitteilen müssen. Im Dezember habe ich schon gefragt, woher das Geld für die 360000 Aktien käme, die dem Syndikat gratis gegeben sind. Der Kommissar wußte es nicht, ob es von einem Bankenkonsortium oder von dem Erbauer der Bahn aus seinem Gewinn käme, er sagte nur, die 360 000 seien die Provision an das Syndikat. Nachher sagte ein Mitglied des Syndikats, das sei die Anteilnahme, der ganz legitime Gewinn des Unternehmers, des Geheimen Kommerzien⸗ rats Lenz. Das ist mir gleichgültig, aber die Vertreter des deutschen Volkes können dafür nicht einen Pfennig hewilligen. Ich nehme es Fürsten und Adligen nicht übel, wenn sie Gelder in den Kolonien verdienen wollen, im Gegenteil, das beweist nur, daß die Kolonien sich rasch und gut entwickeln, wenn sie dort verdienen, aber solche Verdienste dürfen nicht auf Kosten des Reichs gegeben werden. Das trifft hier aber zu, denn diese 360 000 können den ersten Gewinn der Bahn absorbieren. Auch der geringste Anschein ist zu vermeiden, als ob für solche Manipulationen Gelder des Reichs in Anspruch enommen würden. Die Herren haben zwar zwei Exvpeditionen inausgeschickt, aber ihre baren Auslagen sind auf Heller und Pfennig ersetzt worden, die Provision von 360 000 ist jedoch nicht durch Expeditionen, sondern durch einige Konferenzen hier in Berlin verdient worden. Wir müssen es daher als conditio sine qua non der Genehmigung dieser Bahn ansehen, daß das Aktien⸗ kapital von 17 Millionen um diese 360 000 ermäßigt wird. Die Herren, die aus patriotischem Interesse die Unternehmung ins Leben ge⸗ rufen haben, müssen, nachdem es nicht gelungen ist, sie zu finanzieren, zufrieden sein, wenn sie ihre baren Auslagen wiedererhalten. Meine politischen Freunde können sich nie und nimmermehr dazu entschließen, daß sie auf Kosten des Reiches entschädigt werden. Alle meine Aus⸗ stellungen, die ich im Dezember in bezug auf diese Abfindung gemacht habe, haben sich als vollkommen zutreffend erwiesen, das ist mir auch von einer größeren Anzahl von Kollegen bestätigt worden. Was die Mitteilungen des Kolonialdirektors über den Aufstand in Kamerun betrifft, die eine lebhafte Erregung im deutschen Vater⸗ lande hervorrufen müssen, so wäre es erwünscht, wenn er uns sagte, auf welche Gebiete sich seine Befürchtungen erstrecken. Sollten sie sich auf den Südwesten beziehen, wo es zahlreiche waffenfähige Männer gibt, so müßten sich unsere Bedenken noch erheblich steigern. Es erfordert die denkvar größte Sorgfalt in der Auswahl der Beamten, damit nicht durch deren Benehmen ein Aufstand hervor⸗ gerufen wird. Es besteht ein Streit zwischen der Südkamerun⸗Gesell⸗ schaft und den sogenannten Batanga⸗Firmen, beide haben die Kolonial⸗ abteilung angerufen, und ich möchte wissen, welches das Resultat der von dieser angeordneten Untersuchung gewesen ist, und welche Maß⸗ nahmen die Regierung auf Grund dieser Untersuchungen angeordnet hat, um dem Raubbau auf Gummi ein Ende zu machen. Nach der Mitteilung der „Deutschen Reichspost“ sollen auf Anordnung eines Beamten Eingeborene ihr Land haben verlassen müssen, bloß weil ein Kaufmann sich darauf niederlassen wollte. Wäre das richtig, so müßte es böses Blut machen. Außerdem würde es mit der Kaiserlichen Ver⸗ ordnung über die Beschaffung von Kronländern in direktem Wider⸗ spruch stehen. Wenn der Kolonialdirektor von dem drohenden Aus⸗ bruch eines Aufstandes spricht, so muß man doch fragen, ob alles getan ist, um nicht unnötigen Zündstoff unter die Eingeborenen zu werfen. Ueber die Kamerunbahn selbst denke ich so, wie Kollege Schwartz und ich es im vorigen Jahre dargelegt haben. Wir stehen ihr sympathisch gegenüber und hoffen, in der Kommission einen Weg zu finden, um einzelne Mängel zu beseitigen und die —— zum Grundstein einer reichen Entwicklung der Kolonie zu machen.

Stellvertretender Direktor des Kolonialamts Erbprinz zu 5 ohen⸗ lohe⸗Langenburg: Meine Herren! Es sind soeben einige Anfragen all⸗ gemeiner Natur gestellt worden, auf die ich sofort eingehen möchte. Es handelt sich zunächst darum, daß der Herr Vorredner gesagt hat, ich hätte von einem drohenden Aufstande gesprochen. Ich weiß nicht, ob ich mich in derart starker Weise ausgedrückt habe; jedenfalls liegt da insofern ein Mißverständnis vor, als ich nicht von einem in einem be⸗ ftimmten Teile des Kameruner Schutzgebiets drohenden Auf⸗ stande sprechen, sondern im allgemeinen die Tatsachen kon⸗ statieren wollte, auf die ein Bericht aufmerksam macht, daß nämlich die Aufstände in Deutsch⸗Ostafrika und ⸗Südwestafrika auch, wie zu bemerken ist, unter den Eingeborenen anderer Schutz⸗ gebiete, so auch Kameruns, eine gewisse Erregung hervorgerufen haben, die nicht ganz unbeachtet bleiben darf. Ich möchte dem entgegen⸗ treten, als bandle sichs nun um den unmittelbar bevorstehenden Aus⸗ bruch eines Aufstandes. Es würde nicht richtig sein, das anzunehmen. Es handelt sich vielmehr um allgemeine Wahrnehmungen eines ge⸗ wissen Erregungszustandes, die abter gewiß von der Verwaltung nicht gänzlich unbeachtet bleiben dürfen. Insofern glaube ich Sie beruhigen zu können, daß wir nicht wie in Südwestafrika nun plötzlich vor ernsten Ereignissen stehen würden. Aber Wachsamkeit ist, wie Sie mir alle zugeben werden, am Platze, und Syvmptome dürfen nicht unbeachtet bleiben. Was den Kostenvoranschlag betrifft, so sind bereits die Vor⸗ bereitungen dazu getroffen, ihn rechtzeitig der Kommission vorlegen zu können. Es ist ferner gefragt worden, wie ich mich zu dem Peojekt der Fortführung der jezt beabsichtigten Bahn weiter in das nere bis nach dem Tschadsee stelle. Meine Herren,

ich stehe auf dem Standpunkt, daß zunächst einmal abgewartet werden muß, wie die gegenwärtige Bahn sich entwickelt. Ein sofortiges Weiterführen der Bahn ins b ohne Er⸗ fahrungen auf diesem Gebiete möchte ich wenigstens bis jetzt noch nicht befürworten. Ich möchte Sie bitten, meine Aeußerung über die Aus⸗ dehnung der kolonialen Eisenbahnen dahin aufzufassen, daß es sich nicht um ein planloses und uferloses einfaches Weiterbauen handelt, sondern daß die Erfahrungen, die mit den bestehenden Bahnen gemacht werden, und die Erkundung der wirtschaftlichen Ver⸗ hältnifse der beiressenden Gebiete selbstverständlich die Basts für ein Weiterbauen der Bahnen ergeben müssen. Was den Streit der Südfirmen mit der Gesellschaft Südkamerun anlangt, so ist eine Untersuchung erfolgt. Der betreffende Kommissar, der die Untersuchung über den Aufstand, der mit dem Streit zusammenhängt, zu führen hatte, ist gegenwärtig unterwegs, und ich hoffe, daß sein mündlicher Bericht uns demnächst vorliegen wird. Ueber die finanzielle Frage wird Herr Geheimer Rat Helfferich dem hohen Hause Aufklärung geben. 3 1“

Geheimer Legationsrat, Professor Helfferich: Wenn wir mit dem Beginn der Arbeit für den Bahnbau nicht warteten, bis die alte Konzession ablief, so hatte das seine guten Gründe. Einmal war die Frage nach der Rückkehr der zweiten Expedition in wirtschaftlicher und technischer Beziehung im letzten Quartal des Jahres 1904 voll⸗ kommen spruchreif. Dies galt auch in finanzieller Beziehung. Die Verhandlungen wegen einer Finanzierung des Unternehmens ohne Reichs⸗ garantie hatten sich als resultatlos erwiesen; ganz abgesehen davon, war die Erbauung dieser Bahn außerordentlich dringlich. Von einem wie großen Nutzen die Bahn in wirtschaftlicher Beziehung für das Schutz⸗ gebiet voraussichtlich sein wird, davon will ich nicht sprechen; so viel steht fest, daß sie aus politischen und militärischen Gründen notwendig war, Ich möchte Sie nur hinweisen auf die Erfahrungen, die wir mit dem Aufstande in Südwestafrika gemacht haben, und Sie vor die Frage stellen, was aus unserem Schutzgebiet Kamerun werden soll, wenn heute oder morgen ein Aufstand ausbricht. Unsere Truppen würden tagelange Märsche zu machen haben, bevor sie in das Operationsgebiet gelangen. Diese Strecke könnte durch die Bahn in ganz wenigen Stunden durcheilt werden. Wir glaubten, so rasch wie möglich für die nötige Sicherung des Schutzgebiets Kamerun sorgen zu müssen. Ich weiß nicht, ob man es für ein loyales Verfahren gehalten hätte, wenn wir die Frist hätten ablaufen lassen und uns an ein anderes Bankkonsortium gewendet hätten, um ihm die Konzession zu geben. Einen Vorgeschmack dafür hat uns ja der Abg. Erzberger in der „Köln. Volkszeitung“ gegeben. Was nun die 120 000 Entschädigung und die 360 000 Abfindung betrifft, so ist in den Verhandlungen mit der Berliner Handelsgesellschaft als conditio sine qua non hin⸗ gestellt worden, daß ein Zuschlag zu den Mehrkosten, der über die eigenen Kosten des Syndikats hinausgehe, unter allen Umständen unter⸗ bleiben solle. Wir haben die Kostenanschläge genau prüfen lassen, und diese sind als durchaus sachgemäß befunden worden. Daß das Inter⸗ esse des Reichs gegenüber dem Syadikat und dem Bankkonsortium energisch vertreten worden ist, kann niemand bestreiten. Wir haben die Bedingungen für das Reich so günstig wie möglich gestaltet, wir haben 110 000 abgehandelt, und wenn die 360 000 nach dem Wunsche des Abg. Erzberger abgestrichen werden sollten, so würde nur ein geringer Teil von dem erspart werden, was wir tat⸗ sächlich erreicht haben. Ich muß dabei bleiben, daß in der vor⸗ jährigen Budgetkommission die Vorlegung dieser Kostenanschläge nicht verlangt worden ist. Wenn ein einziges Mitglied der Kommission die Bitte ausgesprochen hätte, diese Kostenanschläge vorzulegen, so wäre dem entsprochen worden. Ein genauer Kostenvoranschlag oder eine genaue Spezifizierung des Kapitals nach den verschiedenen Baukosten ist auch bei der Mrogorobahn nicht gegeben worden. Was die 360 000 betrifft, so habe ich bereits früher hervorgehoben, daß das Protokoll, das über die Verhandlungen mit der Kolonialverwaltung geführt worden ist, von nie⸗ mandem unterschrieben, keinem Mitgliede des Syndikats zur Kenntnis gebracht ist, es handelt sich also bei dem Protokoll um ein apokryphes Schriftstück, das nicht bei den Alten ist. Es handelt sich hier um Abfindungen, die nur aus dem Gewinn heraus bezahlt werden. Was das Bankkonsortium mit seinem legitimen Gewinn anfängt, ist seine Sache, wenn es sich innerhalb des Rahmens bewegt, der im kaufmännischen Leben üblich ist. Der Erwerber der Konzession gibt einen Teil des legilimen Gewians den Vor⸗ inhabern der Konzession ab; daran würde aach nichts geändert, wenn von dem Hause die Abstreichung der 360 000 beschlossen würde. Die Firma Lenz würde trotzdem genötigt sein, sie zu zahlen. Ich möchte Sie wirklich bitten, die Dinge so zu betrachten, wie sie liegen. Bei solchen kolonialen Unternehmungen sind wir auf die Opferwillig⸗ keit und den Patriotismus des Großkapitals angewiesen, und wenn wir an die Kapitalisten die Anforderung stellen, sich mit ihrem Kapital in den Kolonien zu betätigen und ein Risiko zu übernehmen, so können wir ihnen nicht vorwerfen, daß sie sich auch für berechtigt halten, einen Gewinn daraus zu ziehen.

Abg. Dr. Semler (nl.): Wir stimmen für diesen Bahnbau und sind auch bereit, die Reichsgarantie in Anspruch zu nehmen. Was der Vertreter der Regierung uns heute darüber sagte, damit können wir zufrieden sein. Ich freue mich, daß der Kolonialdirektor das hat, daß nichts vertuscht werden und nichts ins Uferlose

inein gemacht werden soll. Die hohen Strafen gegen die Duala⸗ Häuptlinge sind in hohem Maße aufgefallen, und sie wären wohl gar nicht denkbar, wenn sich das Erkenntnis nicht auf eine ganze Reihe von Straftaten stützte. Ich will es dahingestellt sein lassen, ob man den Häuptlingen gegenüber überhaupt einfach unser Strafgesetzbuch in Anwendung bringen kann. Ich wünsche aber dringend, daß auch der Richter vernommen wird, der sich zu diesem Urteil herbeigelassen hat. Es muß nicht nur klar gestellt werden, was da geschehen ist, sondern auch wer der Richter gewesen ist, der das Urteil gefällt hat. Die Mitteilung, daß noch nicht unbedingt ruhige Ver⸗ hältnisse in Kamerun herrschen, erweckt doch mit Rücksicht auf die Erfahrungen in anderen Kolonien recht ernste Ge⸗ danken. In Kamerun ist die Persönlichkeit des Hauptmanns Dominik unter den Eingeborenen geliebt und gefürchtet. Die Verwaltung beab⸗ sichtigt, ihn mit seiner Kompagnie nach Ostafrika zu entsenden; ich bitte aber zu erwägen, ob es nicht unter diesen Umständen richtiger wäre, diesen Offizier, der großen Einfluß in Kamerun zu haben scheint, dort zu belassen. Der Kolonialdirektor sagte, daß die Weiter⸗ führung der Kamerunbahn ins Uferlose nicht beabsichtigt sei. Nach der persönlichen Kenntnis, die ich im Sommer an Ort und Stelle ge⸗ wonnen habe, und nach der ich manche meiner Anschauungen korrigieren konnte, bin ich so durchdrungen davon, daß die Bahn ge⸗ baut werden muß, daß ich selbst kleine Wünsche, die ich erst an Ort und Stelle gefaßt habe, zurückstellen würde, wenn die Kommission die Bahn bewilligt. Aber es genügt gar nicht, daß sie nur nach den Manenguba⸗Bergen gebaut wird, da diese Strecke niemals die Produkte des Landes im großen erschließen würde, sondern sie muß unbedingt weiter geführt werden, wenn ich auch nicht weiß, wie weit. Sie muß bis dorthin geführt werden, wo Gummi und Oel wachsen. Eine Firma hat in ihrer Faktorei im Hinterlande Gummi liegen, den sie gegen importierte deutsche Waren eingetauscht hat, der aber nicht transportiert werden kann. Die Firma hat sich nun entschlossen, eine Dampfschiffahrt auf dem Benue einzurichten, um Anschluß an die große englische Nigerschiffahrt zu gewinnen. Das ist möglich dank dem außerordentlichen Entgegenkommen der englischen Kolonial⸗ verwaltung. Den englischen Kolonialbeamten sind die kaufmännischen Kreise zu außerordentlich vielem Dank verpflichtet. Die englische Kolonialverwaltung hat energische, tüchtige Männer zu ihren Beamten. Unser Handel in den deutschen Kolonien ist nur ein bescheidener Bruchteil des deutschen Handels, der sich in den englischen Kolonten vollzieht, wir haben daher mit Dank anzuerkennen, was die englischen Funktionäre leisten können. Ich freue mich zu beobachten, doß auch in Kamerun das Prinzip der offenen Tür gewahrt wird. Wir haben im Norden und Süden friedlich nebeneinander deutsche und englische Niederlassungen. Mit Genugtuung und Freude habe ich es auch begrüßt, daß der Gouverneur von Kamerun es verstanden hat, sich mit den englischen Funktionären in freundliches Ein⸗ 1 1““ .

vernehmen zu setzen, weil wir im deutschen Hinterlande di 8 bindungen mit den englischen Kolonien angewiesen Rareef Se ve⸗. dieser Bahnbau hier einen Zweck haben, so muß er bis in jenes Hinter⸗ land fortgeführt werden, wo die natürlichen Produkte des Landes sind. Unser Konsum an Palmkernen in Deutschland wird bisher nur zu einem geringen Teile aus der deutschen Kolonie gedeckt. Wir sind erade zufrieden damit, daß diese Bahn nicht durch das Reich, ondern nur mit Reichsgarantie durch Privatapital gebaut wird; denn das Privatkapital ist selbst darauf angewiesen, die Bahn bis in das Hinterland zu verlängern. Ich hoffe, daß dies dann auch ohne Inanspruchnahme von Reichsgarantie möglich sein wird. Aber nur keinen Hemmschuh den Unternehmern beim Bahnbau an⸗ legen! Der ganze Bau hat nur Zweck, wenn wir von vornherein klar sind, daß weitergebaut werden muß. Dann wird auch der Hafen von Duala große Bedeutung bekommen. Ich habe mich gefreut sehen zu können, wie wir in Duagla einen Hafen haben, der sich zu einem allerersten an der Westküste gestaltet. Der Hafen und die große Bahn gehören beide zusammen. Die ganze prinzipielle Stellungnahme zu den Erörterungen des Abg. Erzberger wird besser in der Kommission zu nehmen sein. Wenn wir deutsche Kolonien entwickeln wollen, wollen wir zuerst deutsches Kapital dafür auf⸗ wenden, nicht fremdes. Sie werden wohl mit mir einverstanden sein, wenn ich sage, daß die Spargroschen des kleinen Mannes hier nicht Anwendung finden können. Man könnte dann an das Kapital der großen Kaufleute oder der großen Industriellen denken; aber die Industriellen brauchen ihr Kapital in ihrer eigenen Industrie, und was die großen Kaufleute betrifft, so sind selbst große Handels⸗ plätze wie Bremen und Hamburg zu arm, um solche Finanzierungen vornehmen zu können. Es bleiben also nur die großen Kapitalisten in Deutschland, die solche Geschäfte nicht haben. Wenn wir aber im Reichstage irgend etwas tun, um diese Kapitalisten zurückzuschrecken, so werden wir ihnen die Freude und das Vergnügen daran versauern. Ich sehe nichts darin, daß man einen Gewinn von 2 pCt. des Kapitals sich gefallen läßt, wenn man 120 000 für zwei Ex⸗ peditionen auf sein Risiko genommen hat. Die Herren sollen gar nicht anders behandelt werden als andere; wir laufen sonst Gefahr, daß wir das Kapital nicht mehr finden. Aus Patriotismus riskiert man wohl mal 20 000 ℳ, aber nicht solche große Summen. Nicht folgen kann ich dem Abg. Erzberger in seiner Beschwerde über eine Maßnahme des Bezirksamts von Egea. Empfiehlt es sich nicht für uns, in diesen Fragen zunächst den ver⸗ fassungsmäßigen Weg an das Kolonialamt zu gehen? Wenn wir solche Zuschriften hier sofort aufnehmen, so ist das für die Sache selbst überaus unzweckmäßig, denn dadurch öffnen wir dem Denunziantentum in den Kolonien Tür und Tor. Wir müssen die Dinge zuerst im Kolonialamt prüfen lassen. Ein dort sehr erfahrener Sanitätsoffizier hat mir gesagt, daß es, wenn die Europäer ohne Ge⸗ fahr dort hausen sollen, unbedingt notwendig sei, daß das nächste Negerdorf 1 km, und zwar im sanitären Interesse, entfernt sei. Die Maßnahme des Hauptmanns Schmidt war also im sanitären Interesse notwendig. Wenn wir alle Klagen vor den Reichstag ziehen, so zieht das das Denunziantentum groß und macht unseren Beamten dort das Leben zur Hölle. Ich kann nur wäünschen, daß alle diese Dinge vom praktischen Gesichtspunkt behandelt werden.

Geheimer Legationsrat Helfferich ergänzt seine vorherige Aeuße⸗ rung, daß auch für die Mrogoro⸗Bahn seinerzeit ein Kostenanschlag nicht vorgelegt sei, noch dahin, daß im Jahre 1900, als man diese Bahn aus Reichsmitteln zu bauen beabsichtigte, im Etat zwar ein Teil des Kostenanschlages vorgelegt sei, aber nicht ein genauer spezia⸗ lisierter Kostenanschlag, und ebensowenig später 1901, als sich der Gesamtkostenanschlag auf über 1 ½ Millionen Mark höher stellte als vorher. 1

Abg. Ledebour (Soz.): Ich muß meiner großen Verwunderung Ausdruck geben über das Verlangen des Abg. Semler, Beschwerden über die Vorgänge in den Kolonien nicht sofort der Oeffentlichkeit zu übergeben, sondern im Instanzenzuge zu verfolgen. Gerade die unglaublichen Vorgänge in Puttkamerun haben jꝛ dazu geführt, daß man überall in der Oeffentlichkeit und auch im Reichstage das Verlangen nach Remedur mit Nachdruck geltend macht und der Vertuschungspolitik eine Absage erteilt. Was hat der frühere Kolonialdirektor auf die erste Besprechung der Beschwerde der Häuptlinge gegen den Gouverneur von Puttkamer getan? Er hat ihm die Beschwerde mitgeteilt, und dieser, der darin offenbar einen Wink von oben gesehen hat, ist dann zu einem Rachefeldzug gegen die unglücklichen Häuptlinge ausgerückt und hat sie zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilen lassen. Dahin kommt man, wenn alles im geheimen und ungeniert um die Oeffentlichkeit betrieben werden kann. Auch das jetzt von dem Kolonialdirektor eingeschlagene Verfahren halte ich nicht für einwands⸗ frei; auch dieses Verfahren ist von dem bisherigen kolonial⸗ bureaukratischen Geist beseelt; daß man die Häuptlinge im Gefängnis läßt, trotzdem ein schwerer Mißbrauch der Amtsgewalt gegen sie vorliegt und ein widerrechtliches Urteil, zeugt dafür, daß man sich zu einem Bruch mit der bisherigen Praxis nicht entschließen kann. Die Bezugnahme auf „unruhige Verhältnisse“ in Kamerun kann nichts verschlagen, denn solche „unruhigen Ver⸗ hältnisse“ werden jederzeit in jeder unserer Kolonien vorhanden sein, dafür soegen schon die Mißgriffe der Verwaltung. Es handelt sich um nichts weiter als um Beleidigung, vielleicht auch um ver⸗ leumderische Beleidigung; selbst gegen einen Landesfürsten wird solche mit höchstens 5, sonst mit höchstens 2 Jahren geahndet. Wenn also 9 Jahre Gefängnis erkannt worden sind, so liegt unter allen Umständen ein Mißbrauch der Amtsgewalt vor, und wenn man da noch einen Augenblick zögern kann, die Häuptlinge in Freiheit zu setzen, so muß man gänzlich in bureaukratischen Vorurteilen befangen sein. Die Kamerunbahn gab schon im vorigen Jahre Anlaß zu ähn⸗ licher Kritik; der Eindruck, daß unsere Verwaltungsbeamten gegen die Eingeborenen nicht die nötige Räcksicht üben, ist heute durch den Abg. Erzberger nur noch gestärkt worden. Unsere vorjährigen Bedenken gegen die Vorlage haben keine Abschwächung erfahren. Es besteht der Plan des Ausbaues nach dem Tschadsee. Der Abg. Semler stellte das mit großer Lebhaftigkeit als selbstverständlich hin, während der Kolonialdirektor vorsichtig meinte, vorläufig bestehe diese Absicht nicht. So redet ja die Verwaltung immer; aber aus den Aeußerungen der Interessenten, zu denen der Abg. Semler als Helfer gehört, geht durchaus hervor, daß ohne diese Fortsetzung die Babnlinie überhaupt kein Leben hat. Der Abg. Semler schwärmt für den wunadervollen Hafen von Duala, den er dem Lissaboner an die Seite stellt, obwohl er vielleicht 8 Tage an Ort und Stelle gewesen ist. (Zurufe des Abg. Storz.) Abg. Storz, Sie sind ja nur ein Africanus minor gegenüber dem Africanus major Semler; aber Ihrer beider Autorität genügt mir nicht. Von sachverständiger ortskundiger Seite wird vor der Ueber⸗ schätzung des Hafens gewarnt. Der Abg. Semler sagte ja, mit der Bahn, wie sie jetzt geplant ist, können wir nichts kriegen, sie muß weiter gebaut werden, damit wir die Oelpalmen anzapfen können. Das natürliche Handelsgebiet für die Produkte des Benuegebiets ist aber das Nigergebiet, die englische Kolonie. Der Abg. Semler hat das ja selbst anerkannt und sich gefreut, daß England das Prinzip der offenen Tür dort aufrecht erhält. Das müssen auch wir; es würde die größte Torheit sein, durch Extrazölle und dergleichen unsere Kolonien abschließen zu wollen. Wahren wir aber dieses Prinzip, so können wir gar nicht verhindern, daß die viel günstigeren Beziehungen nach Laacs und dem Nigergebiet den größten Teil des Handels und Verkehrs aus dem Hinterlande von Kamerun an sich ziehen, auch wenn dort eine Bahn gebaut wird. Wir sind dem Projekt selbst gegenüber nach wie vor der Auffassung, daß, wenn die Interessenten dort eine Bahn haben wollen. sie diese selbst bauen sollen. Die dunkle Provisionsfrage ist in dankenswerter Weise von dem Abg. Erzberger aufgerollt worden; der Geheimrat Helfferich hat eine Verteidigung versucht. Das Kamerun⸗Eisenbahnsyndikat soll von dem Konsortium abgefunden werden; unter den Bedingungen befindet sich auch die Zahlung eines Betrages von mindestens 50 000 an den Vorsitzenden des Syndikats. Wie steht es damit? Auch hierüber müssen wir Auskunft verlangen.

Ob sich die Erstattung der 120 000 8

igen läßt, ist mindestens eine strittige Frage; der Geheimrat ver chtfernan L. ich ihn verstanden habe, einen moralischen Anspruch gatuiert. b es „nobel“ ist, daß dieses Geld an den Herzog Ernst Gäntber zu Schleswig⸗Holstein, an den Herzog von Ujest und eine Anzahl großer Kapitalisten gegeben wird, ist doch nicht ohne eiteres selbstverständlich; die Herren haben eventuell eine mißlungene Spekulation gemacht und haben dafür doch wie jeder andere die Folgen zu tragen. Der Geheimrat Helfferich sprach 2 davon, daß das neue Eu““ alten e sen

il an dem zu erwartenden Gewinn zugestanden habe. Antelt, recht, wenn es sich lediglich um ein Privatgeschäft handelte, dann handelte es sich um einen Anteil an einem Spekulationsgewinn. Die 360 000 sind aber gegeben worden aus dem Aktienkapital. e S5] eee 8 leraler

f gutheißen. ie sollen auf Kosten des Reichs, Kangieuerzahler auf deren Schultern die Zinsgarantie ab⸗ gewälzt werden soll. Die lahmen Entschuldigungsversuche der Re⸗ gierung verfangen nicht; wir lehnen die Vorlage rundweg ab. Die Spekulanten 8 ef eeg⸗ ,5 Perulieren. Sacht ber ich

Abg. von Richthofen (d. kons.): in kein Sachkenner, aber i muß 2 daß ich eine ganze Reihe von Fragen nicht gestellt hätte, die der Vorredner gestellt hat. Das Beschwerderecht des Publikums zu schmälern, liegt nicht in unserer Absicht. Aber die Beschwerde⸗ führenden sollten erst den Instanzenweg betreten. Wir können uns nicht früher damit beschäftigen, als bis dieser Weg beschritten ist. Der Abg. Semler verlangte, daß auch der Richter über das Urteil vernommen werden soll. Dieser kann doch nicht auf dem Ver⸗ waltungswege aufgefordert werden, sich zu rechtfertigen. Es ist schwer, zu beurteilen, ob die Häuptlinge aus der Haft ent⸗ lassen werden können. Jedenfalls kann die Haftentlassung, möge sie notwendig sein oder nicht, verschoben werden, bis der Gouverneur hier in Berlin sich verantworten kann. Ich freue mich, daß der Abg. Erzberger sich von sachlichen Motiven hat leiten lassen, aber der Hinweis des Abg. Semler verdient auch Beachtung, daß man über gewisse Einzelheiten in der Kommission sprechen sollte. Die 120 000 sind bare Auslagen für die beiden Expeditionen, also für Vorarbeiten für die Bahn. Was die 360 000 betrifft, so kann man es den Leuten nicht verdenken, daß sie die Dinge kauf⸗ männisch betrachten und eine Provision beanspruchen, aber hier liegt die Sache doch anders. Lange bevor der Artikel der „Kölnischen Volkszeitung“ erschien, hat ein großer Teil der Bezugsberechtigten erklärt, daß sie persönlich auf die betreffende Beteiligung ver⸗ zichten. Die Sache ist nicht in die Oeffentlichkeit gekommen; vielleicht verzichtet noch ein weiterer Teil darauf. Jedenfalls ist die Angelegenheit sehr aufgebauscht worden, und man muß alles ver⸗ meiden, das Publikum mit Mißtrauen zu erfüllen. Die Vorlage beruht beinahe ganz auf den Beschlüssen der vorjährigen Kommission. Alles, was die Majorität gewollt hat, ist dieser Vorlage zu Grunde ge⸗ legt; es ist also gewissermaßen eine Vorlage der damaligen Majorität. Ich beziehe mich deshalb auf die damaligen Kommissionsbeschlüsse. Aber gleichwohl ist eine nochmalige Kommissionsberatung notweadig, weil die Absetzung der 680 9909 beentregt s nn Kosten⸗ anschläge vorgelegt werden sollen. Wir hoffen, daß die Kommission schnell arbeitet und die Bahn bald zustande kommt.

Abg. Lenzman 9 (frs. wetrep)⸗ 17 wir beus⸗ über den neur von Kamerun gehört haben, genügt uns nicht; wir haben nur den Tenor des Urteils, nicht seine Begründung, deren Vorlegung im Druck wir verlangen, und zwar im Plenum selbst. Eine eigentliche Rechtspflege in Fülonies üe 82 die nicht gegen die Eingeborenen. Der Assessor Semmermann ist eigentlich nichts weiter als Verwaltungsbeamter, es liegt also kein Grund vor, ihn nicht zu vernehmen. Gilt gegen die Eingeborenen, die doch auch Menschen sind, der § 193 hinsichtlich der Wahrnehmung be⸗ rechtigter Interessen? Das natürliche Recht würde gebieten, ihn auch auf sie anzuwenden, wenn sie nicht voellständig rechtlos sein sollen. Tatsächlich sind sie es. Sie bekommen keine Ant⸗ wort auf ihre Beschwerden, sondern werden angeklagt wegen Beleidiaung. Der Gouverneur hat sie verklagen lassen, weil sie sich über ihn beschwert hatten, derselbe Gouverneur be⸗ stätigt aber auch das Urteil. Das ist ein circulus vitio- sus. 1“ H ;; —. Unparbeilchen, bin, um 8 Sache zu untersuchen, oder läßt die Häuptlinge herkommen un hier oI net paar v ünd für⸗ 85 Leute ein schweres Unrecht, der Abg. von Richthofen sollte sich ni⸗ so leicht darüber hinwegsetzen. Dadurch, daß man das Recht gegen⸗ über den Eingeborenen mit Füßen tritt, gewinnt man sie für uns nicht. Die Vorlage selbst wird ja glatt durchgehen. Ein Teil meiner politischen Freunde ist aber nicht gewillt, so ohne weiteres diese Kolonialpolitik mitzumachen und mit Schuh und Strümpfen in den Himmel zu springen. Wie sehr wir mit unserer früheren Opposition gegen die Kolonialpolitik recht hatten, hat die Erfahrung gezeigt, be⸗ weist die Gegenwart und das schöne Steuerprojekt, das uns vor⸗ gelegt worden ist. Von einem Wechsel auf die Zukunft, von dem ich nicht weiß, ob er bezahlt werden wird, halte ich nicht viel. Unsere Kolonien werden uns noch viel größere Opfer auf⸗ erlegen. Was kosten schon die ständigen Schutztruppen in Ostafrika! Die Aufstände fargen an, chronisch zu werden. Aber wir rechnen mit den gegebenen Tatsachen, wir haben nun mal die Kolonien. Ich möchte am liebsten unsere Kolonien zum größten

eil, wenigstens die afrikanischen, an den Mindestfordernden ver⸗ kaufen. Die Reichsgarantie bei dieser Bahn klingt harmlos, aber das dicke Ende wird nachkommen. Redet doch schon der Abg. Semler der Verlängerung der Bahn nach dem Tschadsee das Wort. Werden sich die Bahnen rentieren? Aus Palmkernen und Kautschuk btd 8 nicht herausgeholt 85 .gr. Ausfuhr vnd Ftr⸗ uhr sind dort in den letzten Jahren zurückgegangen. ir sollten so kolonisieren wie die Felannder und Holländer, nicht mit den Soldaten und dem Assessor, sondern mit dem verständigen Wir haben noch b zist Flest n Pe 8 em Militarismus und Assessorismus loszumachen. Der Fürst Bismar sagte mir einmal, als ich von ihm eines Gespräches gewürdigt wurde, er begriffe nicht, wie die Engländer von den Wilden überall aufgenommen und die Deutschen überall hinausgeworfen würden. Der Engländer sieht eben in jedem Wilden cinen Menschen, wir dagegen einen Mann mit den breiten Schultern, den wir zu hauen berechtigt sind. Da ist die Zuneigung der Neger zu ihrem Wohltäter auf der einen und die Abneigung gegen ihre Unterdrücker auf der anderen Seite nicht verwunderlich. Die Banken könnten ja das Bahn⸗ veee machen, 125 natürlich . eW

Reichsgarantie ihnen zur Seite steht. Daß man mi en Beschwerden vor dem Reichstag das Denunziantentum in den Kolonten großziehe, kann ich nicht anerkennen, man muß sich nur 2. richtigen Informationen -egeste und nicht Heaw. 28. ringen, was einem von einer alten Frau zugetragen ist. enn aber die bei den Kolonialbeamten kein Gehör finden, so ist es ihr gutes Recht, sich an den „Herrn Reichstag“ zu wenden.

ch glaube nicht, daß meine Partei einstimmig für die Vorlage ein⸗ tritt, aber auch nicht einstimmig dagegen. Das ist für uns keine Fraktionssache. Wir werden das Für und Wider ernsthaft prüfen und danach stimmen. 1

5 nbg. Dr. Arendt (Rp.): Diese Selanc.dne eheth als ortschritt. Im vorigen Jahre hat noch der Abg. Kopf ür seine Freunde die Vorlage 1rn,sn— nachher allerdings gefehlt, und nur ein einziger aus seiner Partei stimmte dagegen, einer oder zwei dafür, ie üͤbrigen enthielten sich. Das berühmte Urteil aus Kamerun o ten wir erst mit seiner Begründung kennen lernen, vielleicht hätte dann auch der Abg. Lenzmann sich andeis geäußert, wenn er sich nicht nur auf die Zeitungsnachrichten verlassen haͤtte. Das Urteil ist noch nicht einmal rechtsgültig, sondern erst noch dem Ober⸗ richter der Kolonie Kamerun vorzulegen. Es kommt also erst noch in die Hände des wirklichen Richters, und wir müssen abwarten, was er eeschließt. Die ausgesprochenen Strafen sind allerdings ganz erstaun⸗ lich. Die Beschwerden der Leute sind ganz konfuses Zeug, es wäre festzustellen, von wem die Eingabe eigentlich ausgeht, sie ist offenbar von einem Deutschen geschrieben, war in der Sprache und

Denkweise der Schwarzen abgefaßt, aber korrekt deuisch niedergeschrieben. Darunter sind viele Handzeichen als die Namen der Häiuptlinge, es fehlt aber jede Angabe, wer diese Leute wirklich sind. Auch der Ort, wo die Eingabe her ist, ist nicht festzustellen. Man sollte überhaupt nicht von einer Eingabe der Kameruner Häuptlinge reden. Ich habe schon in Duala davon gehört, und zwar nicht von Beamten, sondern von deutschen Kaufleuten, die sich über die Eingabe lustig machten und sagten, das ist eine ganz verkommene Gesellschaft, die sich bei uns herumtreibt und Schnaps bettelt. Die Leute wollten die Eingabe den deutschen Abgeordneten, von deren Kommen sie ge⸗ hört hatten, vorlegen, die Kaufleute schenkten ihnen dann abe 20 Pfennig, damit sie sie nach Deutschland schicken konnten. Die allgemeine kolonialpolitische Erörterung des Abg. Lenzmann gipfelt darin, daß uns jetzt der koloniale Wechsel auf die Zukunft ausge⸗ stellt würde, einlösbar nach hundert oder tausend Jahren. 1t muß meinerseits, nachdem ich an Ort und Stelle gewesen bin, meiner Hoffnungsfreudigkeit bezüglich der Kolonien ganz besonderen Ausdruck geben. Wir, die wir von links und rechts, von Nord und Süd die Informationsreise machten, sind mit dem gleichen ein⸗ stimmigen Urteil zurückgekehrt. Für den Abg. Ledebour kommen wir ja nicht in Betracht. Ich habe an Ort und Stelle in Duala (Lachen bei den Sozialdemokraten) ja, Sie kennen die Verhältnisse dort noch gar nicht, etwas besser als Sie kenne ich sie also jeden⸗ falls ich habe eine Reihe Ausflüge unter Führung des sehr tüchtigen Hafenmeisters von Kamerun gemacht und kann nur sagen, der Hafen von Duala ist einer der großartigsten der Welt. Von Tanga bis Kapstadt ist kein Hafen, der sich nur annähernd mit Duala vergleichen läßt. Das englische Kriegsschiff, das die Flaggenbissung für England vornehmen sollte, kam ja nur wenige Stunden zu spät. Wir müssen mit modernen Verkehrsmitteln in die Kolonien eingreifen, sonst wird der Verkehr nicht erschlossen. Gegen die Vorlage habe ich nur einzuwenden, daß sie erst jetzt kommt, sie 10 Jahre zu spät kommt. Im Vorderland von Kamerun haben wir die Oelpalme, den Gummibaum und deren kostbare Produkte. Die Frage des Abzugs der 360 000 hätte besser erst in der Kommission angeregt werden sollen; den Standpunkt des Abg. Semler aber kann ich in dieser Frage nicht teilen. Hier handelt es sich nicht, darin muß ich dem Abg. Ledebour zustimmen, um ein privates Geschäft, sondern die Herren sind an ein großes koloniales Unternehmen herangetreten. Ich kann auch nicht die Auf⸗ fassung des Geheimen Legationsrats Helfferich teilen, wonach es sich hier um eine kaufmännische Provision handelt. Ich stehe grundsätzlich auf dem Standpunkte, daß solche Konzessionsgewinne unstatthaft sind. Wäre ein Teil der betreffenden Herren nicht unzufrieden gewesen mit dem, was sie bekommen sollten, so wären sie nicht zu dem Abg. Erzberger ge⸗ gangen und hätten ihm nicht ihr Material mitgeteilt; wir hätten niemals etwas davon erfahren, und die Sache wäre in der Kommission begraben worden. An Beschwerden darf man hier im Plenum nur vorbringen, was man auch sachlich erhärten kann, in allem übrigen haben wir erst an die zuständige behördliche Stelle zu gehen und sie um Auskunft zu bitten; sonst machen wir uns zu Verbreitern von Ver⸗ leumdungen gegen Personen, die sich nicht verteidigen können. An eine Gefahr in Kamerun glaube ich nicht. Der bedeutendste Häuptling in Duala, King Bell, ist reich, hat sich ein großes Haus gebaut und ist von zuverlässiger deutschfreundlicher Gesinnung. m King Akwa ist das Jagdrecht entzogen worden, weil er Mißbrauch damit getrieben hat; seitdem beginnen diese Klagen, die uns jetzt beschäftigen. Auf die Fort⸗ führung der Bahn hoffe ich, und an sie glaube ich; aber für die praktische Entscheidung der Vorlage scheidet diese Fortführung gänzlich aus. Heute kann niemand sagen, ob die Fortführung eintreten soll oder nicht; das hängt vom Erfolge ab. Rentiert sie sich gut, so wird die Fortführung als unbedingt sicher erscheinen und von keiner Seite be⸗ kämpft werden. Nachdem ich an Ort und Stelle gewesen bin, ist mein Glaube an die Zukunft unserer Kolonien so gestärkt, daß ich glaube, wir könnten die Garantie übernehmen, auch wenn sie gar nicht den Kolonien zugute käme. Man wird schließlich viele Tausende von Kilometern in den Kolonien bauen, und das wird für unsere nationale Arbeit ein außerordentlich wichtiges Feld des Exports und der Betätigung werden. Schon gestalten sich mit dem Beginn des Bahnbaues die Verhältnisse in Togo voll⸗ ständig um, ebenso in Ostafrika. Wir haben uns in der englischen Kolonie Lagos überzeugen können von der Bedeutung der Bahnbauten für die Entwicklung. Dazu kommt, daß die Küstenbevölkerung in Kamerun nicht so gut ist, wie die in Togo. Wir müssen Kru⸗Neger aus Liberia beschaffen. Der Bahnbau wird in dieser Beziehung gründliche Aenderung bewirken. Es wird unsere Aufgabe sein, die schwarze Bevölkerung nicht als Sklaven zu behandeln, sondern sie der Kultur zugänglich zu machen. Jedenfalls sind die Verhältnisse der Neger im freien Negerstaat Liberia viel schlechter als bei uns. Die Kolonie Kamerun ist so wunderbar schön und fruchtbar, daß, wenn aus ihr nichts wird, es nicht an der Kolonie, sondern an uns liegt. Aber die traurigen Verkehrsverhältnisse dort müssen endlich aufhören. Das jetzt vorgeschlagene System des Baues durch Privatkapital mit Reichsgarantie empfiehlt sich sehr. Mit dem Bau aus Reichsmitteln haben wir schlechte Erfahrungen gemacht; wir haben schlecht und teuer gebaut und teuer verwaltet. Ich hoffe, die Reichsgarantie wird vielleicht 2 bis 3 Jahre in Anspruch genommen, kann werden die eigenen Einnahmen ausreichen; wir beschleunigen nur die Möglichkeit des Baues mit dieser Garantie. Das Gespenst einer revolutionären Bewegung hat uns der stellvertretende Kolonialdirektor nicht an die Wand malen wollen, sondern nur ausgeführt, daß auch die Bahn die Unterdrückung von kleinen Revolten erleichtern wird. Besser, wir geben unser Geld für Eisenbahnen als für Schutztruppen aus. Wollen wir lernen aus den Verhältnissen in Südwestafrika, so ist die erste Lehre die, daß wir von der falschen Sparsamkeit abgehen müssen, die bisher dort getrieben worden ist. Abg. Lattmann (wirtsch. Vgg.): Als Richter bin ich aufs höchste erschüttert über die Höhe der verhängten Strafen in Kamerun. Ob man die Häuptlinge so lange aus der Haft entlassen kann, ist von hier nicht zu beurteilen; vielleicht könnte eine Erleichterung eintreten. Die Erschließung von Kamerun ist notwendig, das sieht auch das Volk im allgemeinen ein. Der Abg. Ledebour mit seinen Freunden will eben nicht überzeugt werden. Der Abg. Storz hat im Schwäbischen Merkur einen Bericht ge⸗ schrieben, über den ich meine helle Freude habe. Er spricht mit Begeisterung über die paradiesischen Fluren von Kamerun, und er empfindet eine Sehnsucht nach diesem Paradies. Hoffentlich färbt diese Schwärmdrei etwas ab auf die Herren, die links n⸗ben ihm sitzen. Erfreulicherweise hat sich die Kolonialstimmung auch des Zentrums etwas gehoben. Ich bedauere, daß ich nicht persönlich nach Kamerun gegangen bin, um persönlich Material zu sammeln. Ich möchte bei dieser Gelegenheit der Erinnerung gegen den leider in Kamerun ver⸗ storbenen Abg. Fries Ausdruck geben, den ich als einen treuen Mann schäzen geleint habe. Das Organ des Abg. Patzig hat mich angegriffen, weil ich einen Arrikel geschrieben hatte, daß ich gewisse Gegenden in Kamerun und Togo mit meinem Rade durchfahren könnte; dieselbe Auffassung wird aber von einer ganzen Anzahl von Missionaren und Kaufleuken geteilt. Ich verlange ja nicht, daß die Nationalliberalen vor mir einen Kotau machen, wie sie es vor dem Abg. Erzberger gemacht haben. (Präsident: Die Beziehungen von Abgeordneten untereinander in dieser Weise zu kennzeichnen, ist nicht parlamentarisch!) Ich sehe nicht ein, warum wir gerade in Kamerun von einer Kolonialbahn absehen sollten, die in Südwestafrika möglich sein soll. Auf die Provisionsfrage will ich nicht näher eingehen. Ich sehe nicht ein, warum eine Provision gezahlt werden soll für etwas, was gar nicht geleistet worden ist. Darin, daß die Eisenbahngesellschaft in den Verhandlungen mit der Kolonialverwaltung die Sache verschwiegen hat, sebe ich etwas Unmoralisches, und daß sie es selbst so empfunden hat, geht aus dem Verzicht hervor. Daß die Frage 1904 spruchreif war, muß ich bestreiten. Das Kartenmaterial der Regierung ist durchaus mangelhaft. Mir steht viel besseres zu Gehote. Nach Mitteilungen des Kolonialwirtschaftlichen Komitees hat über diese Trace eine wirtschaftliche Erkundung gar nicht stattgefunden. Der Ingenieur Neumann hat sich gegen diese Traceführung erklärt, doch wurde er von einflußr chen Leuten aus der Nordkamerun⸗

Gesellschaft überstimmt. Es gibt doch eiae andere viel billigere Trace, die zu prüfen Sache der Kommission sein wird. Die beiden uns vor⸗ gelegten Karten weichen darin von einander ab, daß die erste auf eine bestimmte Entfernung hin sehr wasserarmes Terrain aufweist, während die zweite von Flüschen geradezu wimmelt. Ein Ingenieur mir mitgeteilt, daß das Kilomeier für höchstens 60⸗ bis 80 000 gebaut werden kann. Es wundert mich daß der Kommissar erinnert, daß ich in der Kommission nach den Kostenanschläg

habe. Nicht ein⸗, sondern mindestens ein halbes Dutzen

namentlich nach dem Kartenmaterial gefragt. Wahrscheinlich ha

Frage überhört. Notwendig ist eine Aenderung des § 4. Festsetzung der Personen⸗ und Gütertarife enthält. Die Festlegung auf 10 Jahre ist viel zu lang. Ferner wünsche ich in dem im Namen der Missionare und Kaufleute eine Bestimmung, we 8 die Einführung des Branntweins in den von der Bahn berührten Gegenden regelt und möglichst eindämmt. Bisber ist Kamerun eine Zuschußkolonie gewesen. Es wird daraus nur etwas Gutes, finanziell Starkes werden, wenn die Regierung die Konzessionspolitik verlãßt.

Geheimer Legationsrat Dr. Seitz verteidigt die Tracenführung. Die Durchführung der anderen Führung, 8 die Rede war, ist viel schwieriger. Der Jagenieur Neumann ist derselben Meinung gewesen. Den Unterschied zwischen keiden Karten habe er schon im vorigen Jahre aufgeklärt. Ein spezistzierter erster Kostenanschlag habe überhaupt nicht existiert. Auch bei der Mrogon bahn ist ein solcher Kostenanschlag nicht verlangt worden. Wenn der Abg. Lattmann glaubt, daß die Bahn billiger gebaut werden könnte, so würde die Verwaltung dem Abgeordneten dankbar sein, wenn er in der Kommission das Material vorlegen würde.

Abg. Dove (frs. Vgg.): Namens meiner politischen Freunde erkläre ich, vorbehaltlich der Prüfung im einzelnen, unsere Z zstimmung zu der Vorlage. Wir sind keine Kolonialschwärmer. Die H in Kamerun waren, scheinen ja als Kolonialschwärmer gekommen zu sein. Jedenfalls legt uns der Besitz der Kolonien

die Pflicht auf, sie zu erschließen und aus ihnen zu machen, was aus

der Kolonien an

verkaufen, würde hier keine Mehrheit finden. 9

. ¹

ihnen zu machen ist. Die Forderung, einen Teil den Mindestfordernden zu f e Die Opfer, die hier gebracht werden, siad eine gut italanlage. Was wir hier sparen, würden wir für die Schutztruppen mehr auf⸗ wenden müssen. Die Verurteilung der Afrikaner bis zu 9 Jahren Gefängnis wegen bloßer Beleidigung ist doch exorbitant. Wenn jugend⸗ liche Personen wegen mangelnder Z nechnungsfähigkeit wegen solcher Beleidigung nicht bestraft werden, so können jene Eingeborenen doch erst recht nicht so hoch bestraft werden. Allerdings f man auch Gouverneure nicht ungehört verurteilen. sen alles um unerfreuliche Zustände in den Kolonien

Abg. Dr. Goller (Hospitant derzfr. V 8— angebracht, daß auch eine Anschauung zum 2 u m e es mit dem entschiedenen Liberalismus nial⸗ politik gegenüber eine etwas wärmere Haltung einzunehmen. Ich tue dies auch deshalb, weil ich einen Wahlkreis vertrete, der an der Baumwoll⸗ kultur ein Interesse hat. Die Ereignisse scheinen denen recht zu geben, die zur Kolonialpolitik eine feindliche Haltung einnahmen. Aber es scheint nur so. Ich stelle mich auf den Standpunkt vollzogener Tatsachen. Die Kolonien sind einmal und ich bedanere, daß ich meinem Fraktionsgenossen Lenzmann darin nicht beitreten kann, die Kolonien an den Meistbietenden zu verkaufen. Er wird darin auch die große Mehrheit des Volkes nicht hinter sich haben. Die Missionen sollen gewiß gefördert werden. Wenn wir aber gegen den Assessorismus und Militarismus ankämpfen, dann muß ich sagen, eine Pfaffenwirtschaft 8-

——=A’nne.

ollen wir auch nicht. In dem Bezuge der Rohprodukte müssen wir uns so unabhängig wie möglich machen. Dies gilt namentlich für den Bezug der Baumwolle. Deshalb unterstütze ich die Kolonialpolitik. Das liegt auch im Interesse unserer heimischen Textilarbeiter. Da die Bahn in ein Gebiet führen soll, das heute bereits Baumwolle produziert, so halte ich sie für durchaus notwendig. Der englische Kolonial⸗ besitz ist doch auch nicht durchweg alten Datums. Lagos z. B. ist erst 1861 von England erworben worden. Die Vorlage hat den durchaus richtigen Weg beschritten, sie enthält ein gesundes Bahn⸗ system. Unser Hauptziel muß in den Kolonien sein, die Warenausfuhr möglichst auf einen Hafen zu konzentrieren. Die Lohn⸗ verhältnisse sind dort keineswegs ungünstige. Es werden 2 den Trägern pro Tag bezabhlt, ein Lohn, den viele deutsche Arbeiter nicht haben. Sie können sich denken, wie sehr durch den Bahnbau an diesen Ausgaben gespart werden kann. Wir müssen in unseren Kolonien etappenweise vorgehen und den Hafen Duala möglichst fruktifizieren. 4 88—

Präsident Graf von Ballestrem teilt mit, daß ein Vertagungs⸗ antrag eingegangen ist, stellt aber dem Hause anheim, noch den Abg. Storz zu hören, weil dieser eine wichtige Reise vorhabe. Damit ist das Haus einverstanden. 4 1

Abg. Storz (d. Volksp.): Kolonialschwärmer bin ich nicht, sondern ein Politiker, der von nüchternen Erwägungen aus die Kolonial⸗ politik unterstützt. Ob die Häuptlinge aus der Haft entlassen werden sollen, das zu entscheiden, ist sehr schwierig, jeden⸗ falls sollte man sie freundlich behandeln. Stellt sich dann heraus, daß sie sich schwerer verfehlt haben, kann man immer noch schärfer gegen sie vorgehen. Es würde mit Genugtunng aufgenommen werden, wenn die Herren, von denen heute so viel die Rede gewesen ist, auf die Entschädigung verzichten würden. Die Klimaverhältnisse in dem von der Eisenbahn berührten Gebiet sind nach dem Urteil der Sachverständigen sehr günstig. Die Kolonie wird sich am besten entwickeln, wenn die wirtschastlichen Inter⸗ essen der Weißen und der Eingeborenen Hand in Hand gehen. Was der Abg. Bebel in seinem bekannten Buche über die Massen⸗ kolonisation geschrieben hat, päßt ganz genau auf Kamerun. Wenn der Abg. Bebel glaubt, daß Kamerun ein fruchtbares Land ist, so kann er ganz gut auch für diese Eisenbahn stimmen. Es handelt sich hier nicht um eine politische, sondern um eine volkswirtschaftliche Frage. Bei richtiger Verwaltung kann die Kolonie sich sehr fruchtbringend gestalten. Ich werde für die Bahn stimmen.

Nach persönlichen Bemerkungen der Abgg. Liebermann von Sonnenberg und Ledebour wird die Weiterberatung auf Freitag, 1 Uhr, vertagt. Außerdem Militärpensionsgesetze: erste Beratung des Gesetzentwurfs, betreffend die Wertbestim⸗ mung der Einfuhrscheine im Zollverkehr, und kleinere Vorlagen.

Schluß 6 ½ Uhr.

1 1

Statistik und Volkswirtschaft.

Neuere Strömungen im Armenwesen.

Der dem Reichstag vorgelegte Entwurf einer Novelle zum Unter⸗ stützungswohnsitzgesetz lenkt wieder die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Fragen des Armenwesens. Die wichtigsten Probleme, die in dieser Beziehung in Betracht kommen, mit denen sich auch der deutsche Verein für Armenpflege und Wohltätigkeit bei seiner letzten (25.) Versamm⸗ lung befaßt hat, sind in mehreren von Mitgliedern dieses Vereins dabei erstatteten, seit kurzem im Druck vorliegenden Berichten“) und

im Anschluß an letztere von dem Direktor der Zentrale für private

Fürsorge in Frankfurt a. M. Dr. Chr. J Klumker in einem b beachtenswerten Aufsatz über „neuere Strömungen im Armenwesen“, der im Januarheft der „Kritischen Blätter für die gesamten Sozialwissenschaften’ enthalten ist, eingebend behandelt. deutsche Verein für Armenpflege und Wohltätigkeit setzt sich wesentlich aus Vertretern der öffentlichen Armenpflege zusammen, zue denen eine Minderheit aus der privaten Fürsorge (Vereine un Anstalten) hinzukommt. Dem entspricht es, daß er seine Aufgabe nicht so sehr in der Anbahnung neuer Reformen, als in der Dar⸗ stellung, Prüfung und Zusammenfassung der heutigen Fürsorge erblickt Was sich Treffliches in diesem Rahmen leisten ließ, hat Stadtrat