bürgerlichen Freiheit, d Rechts der In⸗ immer und immer wieder hingewiesen. Selbst⸗ glaube ich hiermit meine Pflicht zum Schutze geistigen und materiellen Güter noch nicht er⸗ füllt zu haben. Ich erkenne es als unbestreitbare Pflicht jeder Re⸗ gierung an, den von dem Herrn Grafen zu Eulenburg⸗Prassen ge⸗ schilderten Gefahren entgegenzutreten, sie im Rahmen der Gesetze mit Energie zu bekämpfen, Agitationen, welche die staatliche Ordnung ge⸗ fährden, soweit die Gesetze dies irgend zulassen, zu unterdrücken. Diese unsere Pflicht werden wir nicht versäumen, das haben wir noch in diesen Tagen gezeigt. Vor der Tyrannei der Straße beugen wir uns nicht, durch Demonstrationen und Drohungen lassen wir uns nichts abtrotzen. Pöbelexzesse und Revolution werden wir in Preußen, in Deutschland nicht dulden. Die Regierung hält — und damit beantworte ich die in der Interpellation gestellte Anfrage — eine Vermehrung ihrer Befugnisse bis jetzt nicht für nötig; von ihren gesetzlichen Befugnissen aber wird sie entschlossen Gebrarch machen. (Bravo!) Meine Herren, staatsfeindlichen Be⸗ strebungen gegenüber hat aber nicht nur die Regierung Pflichten. Der Herr Vorredner hat an das Wort erinnert: caveant consules! Auch in den Zeitungen ertönt der Ruf: Reichskanzler, Regierung, ergreift die Offensive, ergreift außerordentliche Maßregeln, zeigt der Revolution den starken Arm des Staats.
Meine Herren, die Entscheidung darüber, wann der Augenblick gekommen ist, an die gesetzgebenden Körperschaften zu appellieren, um verstärkte Machtmittel gegenüber revolutionären Umtrieben zu fordern, muß der verantwortlichen Regierung über⸗ lassen bleiben. (Sehr richtig! und Bravo!) Anzeichen, Aeußerungen von Nervosität, wie sie in der Presse hier und da hervortreten, schaden der guten Sache, nützen dem Gegner, in dem der Glaube erweckt werden könnte, als wenn es ihm ein Leichtes wäre, unter dem gegenwärtigen Rechtszustand seine Ziele zu erreichen. Mehr, viel mehr nützen Presse und Parteien der gemeinsamen Sache, wenn sie angesichts des gemeinsamen Gegners den inneren Streit untereinander zum Schweigen bringen und den Zusammen⸗ schluß aller bürgerlichen Elemente zum Kampf gegen die revolutionäre Sozialdemokratie anbahnen. (Sehr richtig!) Die Zeit ist zu ernst, als daß wir uns den Luxus gestatten könnten, uns untereinander zu bekriegen. Dem Ausdruck dieser Ueberzeugung bin ich aber bisher leider noch viel zu selten begegnet. (Sehr wahr!) Im Gegenteil, während und nach den letzten Reichstags⸗ wahlen haben die bürgerlichen Parteien nur zu oft sich in den Haaren gelegen, sie haben sogar Wahlbündnisse abgeschlossen mit der Sozialdemokratie — (lebhafte Zustimmung) zu meinem tiefen Bedauern Bündnisse abgeschlossen mit der Sozial⸗ demokratie, die ihrerseits alle bürgerlichen Elemente als eine einzige feindliche Masse betrachtet und behandelt. (Sehr wahr!) Für die Königliche Staatsregierung wie für die bürgerlichen Parteien muß die Parole lauten: Gegen die revolutionäre Sozialdemokratie! Der Uebermut dieser Partei wäre nicht so hoch gestiegen, wenn man es von unserer Seite in Unterschätzung der unserer äußeren Machtstellung und unserer inneren Wohlfahrt, unserer Freiheit und Kultur drohenden Gefahr nicht immer und immer wieder an der notwendigen Kohäsion häite fehlen lassen. Die Königliche Staatsregierung wird gegenüber der Sozialdemokratie auf dem Posten sein. Sie wird ihre Schuldigkeit tun nicht nur durch entschlossene Anwendung der Gesetze, sondern auch, indem sie tut, was sie kann, um unter den bürgerlichen Parteien und zwischen den bürgerlichen Parteien und der Staatsregierung Uneinigkeit und Zwiespalt und Mißverständnisse zu verhindern oder zu beseitigen, um ein Zusammengehen der bürgerlichen Parteien unter einander sowie der bürgerlichen Parteien mit der Staatsregierung zu exmöglichen. An die bürgerlichen Parteien aber richte ich auch von dieser Stelle die Mahnung: Seien wir einig gegenüber dem gemeinsamen Feinde! (Lebhaftes Bravo von allen Seiten.)
räsident Fürst zu Inn⸗ und Kn usen: ir Antrah auf Sn 2 v Sne nian aenhcuf kann Zedfefin Gegenstand verlassen.
Darauf werden noch der Nachweis über die Aus⸗ und Einrangierung in den Landgestüten für 1905 und die Betriebs⸗ resultate der Staatsgestüte von 1901/02 bis 1903/04 sowie die Nachrichten von dem Betriebe der unter der preußischen Berg⸗, Hütten⸗ und Salinenverwaltung stehenden Staatswerke für 1904 ohne Debhatte nach den Anträgen der Kommissions⸗ berichterstatter durch Kenntnisnahme für erledigt erklärt.
Schluß nach 2 Uhr. Nächste Sitzung unbestimmt, voraus⸗ sichtlich erst im Laufe des März.
lage jeder dividualität
„
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
Französische Besitzungen.
Durch eine im Amtsblatt für Kochinchina vom 21. Dezember 1905 veröffentlichte Verordnung des Generalgouverneurs von Indo⸗ china vom 16. desselben Monats ist der Hafen von Kobe für pestverseucht erklärt worden. Die von dort in Indochina ein⸗ treffenden Schiffe werden als peftverdächtig angesehen. Auf die Passa⸗ giere finden die Vorschriften über die Erteilung eines Gesundheits⸗ passes Anwendung. Sind sie diese Vorschriften zu erfüllen nicht ge⸗ willt oder in der Lage, so unterliegen sie einer Quarantäne von 12 Tagen vom Datum der Abfahrt des Schiffes von Kobe ab.
„Die Einfuhr von Papierabfällen, Lumpen, Bettzeug, alten Kleidern, Gebrauchseffekten, grünen Häuten, Fellen, frischen tierischen Abfällen und ähnlichen Gegenständen ist verboten. Die Desinfektion anderer Gegenstände kann von der Sanitätsbehörde den bestehenden Vorschriften gemäß angeordnet werden. Die Postdampfer werden zum freien Verkehr zugelassen, sofern sie in Kobe nur europäische oder diesen gleichgestellte, mit Gesundheitspässen versehene Passagiere, Lebensmittel, Kohlen und die Post an Bord gerommen haben.
Verdingungen im Auslande.
1 Rumänien.
Generaldirektion der Staatsmonopole (Directia Generalã a Regier Monopolurilor Statulur, Serviciul exploatärel), Bukarest, Calea Victorier 127:
16. Februar 1906, 11 Uhr: Lieferung von 530 000 Stück Täschchen 2 Verpacken von Zigaretten (Marke „Reporter⸗), 50 000 Stück
schchen zum Verpacken von Zigaretten (Marke „Miristru*). Nähere Bedingungen erliegen beim „Reichsanzeiger“.
19. März 1906, 10 Uhr. Lieferung von folgenden Tabaksorten und Mengen: 1) Havanna 4000 kg, 2) Havanna, extra superior 500 kg, 3) Cuba Java 3700 . 4) Brasilis 2500 kg, 5) Java oder Eemeralda 2000 kg, 6) Soed⸗Leaf 1400 kg, 7) Sumatra 6400 kg, 8) Birginia oder Kentukyv 3500 22 9) Holländer 20 000 kg, 10) Unga⸗ rischer 25 000 kg. Nähere Einzelheiten sind bei der genannten Generaldirektion iu erfrogen, “ 8* ““
Theater und Musik.
Das am Sonntag im Saale der Singakademie von Frau Grumbacher⸗de Jong, Frau Saenger⸗Sethe und Herrn Mayer⸗Mahr veranstaltete Konzert nahm einen glänzenden Verlauf. Alle drei Künstler sind nach Wert und Eigenart hinreichend bekannt, und so wußten sie dem zahlreich erschienenen Hörerkreise durch ihre geistvoll und künstlerisch abgerundeten Vorträge einige sehr angenehme Stunden zu bereiten. Der erste Teil des geschmackvoll zusammen⸗ gestellten Programms galt der Erinnerung an Mozart, an die 150. Wieder⸗ kehr seines Geburtttags. Frau Saenger⸗Sethes Spiel war im besten Sinne abgeklärt, und man konnte sich, ohne auf die technische Seite zu achten, ganz dem Genusse ihrer Kunst hingeben. Frau Grumbacher⸗de Jong erfreute darn die Hörer durch den Vortrag von Liedern von Beethoven (Adelaide), Brahms und vier prächtigen Volks⸗ liedern, die sie, von Herrn Bake in altbekannt feinfühliger Weise begleitet, entzückend sang. Herr Mavyer⸗Mahr spielte die von ihm für Klavier recht geschickt übertragene Romanze aus dem D⸗Moll⸗ Konzert von Mozart mit vielem Geschmack, während er seine volle technische Bewandtheit besonders in der Cis⸗Moll⸗Polonaise von Chopin zu entfalten Gelegenheit fand.
Herr Charles Williams gab am Montag im großen Saale der Philharmonie mit dem Philharmonischen Orchester ein Konzert, in dem er sich als Dirigent vorstellte. Er führte den Takt⸗ stock mit Ruhe und Sicherheit, was einen entschieden günstigen Ein⸗ druck machte, und er beherrschte die Partituren. Das Konzert, das mit Mozarts Ouvertüre zum „Schauspieldirektor“ eröffnet wurde, brachte eine neue Komposition von Edw. Elgar: Introduktion und Allegro in G⸗Moll für Streichorchester mit Soloquartett, — ein Werk, das Beachtung verdient, und dem man gern einmal wieder be⸗ gegnen wird Danach spielte Herr Arthur Williams das inter⸗ essante Cellokonzert (H⸗Moll) von Dvorak; er spielte es mit schönem Ton und sicherer Technik, ohne etwas Ungewöhnliches oder Hervorragendes damit zu bieten. Der zweite Teil des Konzerts enthielt die E⸗Moll⸗Symphonie von Brahms. — Grete Steffens, eine junge Sängerin mit einem wohllautenden, aber nicht gerade kräftigen Mezzosopran, zeigte an demselben Abend in der Singakademie, daß sie mit Geschmack vorzutragen weiß. Das Meiste war gut empfunden und äußerte sich auch in dankbarer Form. Temperament entfaltete sie nur in dem mittleren der drei Duette, der Ballade „Edward“ von Brahms, die sie mit Ludwig Wüllner sang; hier wurde sie durch den leidenschaftlichen Vortrag ihres Partners mit fortgerissen. In den vier ernsten Gesängen von Brahms trat eine schöne ernste Empfindung zutage, der sich die Stimme besonders weich anschmiegte. Der stärksie Beisall trat natürlich nach den Duetten ein und galt in erster Linie dem mitwirkenden Gesangsmeister. Das Konzert gab auch einem jugendlichen Pianisten, Edwin Fischer, Gelegenheit, seine außer⸗ gewöhnliche Begabung ins Treffen zu führen. Außer einer Sonate von Felix Dräseke, die aus Anlaß des 70. Geburtstags des allseitig bochgeschätzten Tondichters gespielt wurde, stand E. d'Alberts Suite in fünf Sätzen auf dem Programm. Eine außergewöhnliche Leichtig⸗ keit der Technik ging zusammen mit echtem, edel gebildeten Gefühl. Der musikalische Gedanke trat überall so klar umrissen, leicht und eindrucks⸗ voll hervor, daß die Klaviervorträge eine uneingeschränkte Freude bereiteten.
11“ —
— Der gleichzeitig im Beethoven⸗Saal veranstaltete Duett⸗ und
Liederabend von Aaltie Burg und Hendrik Kubbenga nahm einen freundlichen Verlauf. Die Sopranistin sang mit beller frisch⸗ klingender Stimme, die zwar nicht gerade auffallend schön ist, aber immer angenehm berührt. Da mit diesem Vorzug eine gute Schulung und ein freundlich belebter Vortrag verbunden war, gefiel die Künstlerin recht gut. In den Duetten klangen die Stimmen gut zusammen, wenn auch der Sopran sich vorteilhafter bemerkbar machte als der Baß des Herrn Kubbenga, der sich noch etwas trocken und spröde gab.
Ein Klavierabend von Klara Kuske fand am Dienstag im Saal Bechstein statt. Die Dame spielte recht gewandt und ließ auch eine verständige Auffassung durchklingen. Ueber das gebräuchliche Durchschnittsmaß gingen aber die etwas nüchternen Leistungen nicht hinaus. — Um dieselbe Zeit stellte sichl im Saal des „Römischen Hofes“ Fräulein Elisabeth Halter einem recht zahlreichen Auditorium vor. Ihre, namentlich in der Höhe gut ausgeglichene, wohllautende Altstimme erwies sich als gut geschult; der Vortrag zeigte musikalisches Verständnis und entsprach meist der Eigenart der von ihr wiedergegebenen Kompositionen, nur hätte er bisweilen etwas mehr Empfindung aufweisen können. Einigermaßen störend wirkte nur das unruhige Mienenspiel der Sängerin. Im allgemeinen war der Gesamteindruck jedoch günstig, und die Konzertgeberin konnte für den ihr gespendeten Beifall durch mehrere Zugaben danken. Die mit⸗ wirkende Violinistin Fräulein Gertrud Steiner trug gleichfalls das Ihrige zum Gelingen des Abends bei. — Ein gleiches Interesse boten der zweite und dritte Klavierabend von Edouard Risler, die am Sonnabend und Dienstag im Beethoven⸗Saal stattfanden, und in denen der Künstler seine Aufgabe, Beethovens Entwicklung auf dem Gebiete der Klaviersonate vorzuführen, fortsetzte und beschloß. Wenn der zweite Abend in der geistig und technisch eich bedeutenden Wiedergabe der „Appassionata“ seinen Höhepunkt erreichte, bei deren Ausführung nur die allzu herbe Auffassung des weihevoll⸗ innigen Andante befremdete, vermittelte am Dienstag der Vortrag der beiden letzten Sonaten Op. 110 und 111 den künstlerisch größten Ein⸗ druck. Herr Risler verstand es, dieser Musik, deren rein geistiges Gepräge sich nur durch die Vermittelung eines echten Künstlers offenbart, der sein virtuoses Können für den Augenblick selbst ganz vergessen kann, zu tiefgehender Wirkung zu verhelfen.
Der zweite Kammermusikabend der Herren Professoren Georg Schumann, Karl Halir und des Königlichen Kammervirtuosen Hugo Dechert in der Singakademie brachte am Mittwoch an erster Stelle ein Trio für Klavier, Violine und Violoncell von Heinrich XXIV., Fürsten Reuß. Die neue Tondichtung erzielte durch Form und Inhalt eine starke Wirkung. Die Themen zeichneten sich durch schöne melodische Entwicklung und warme Innerlichkeit des Gefühls aus. Im zweiten und letzten Satz trat die lebhafte Erfindungsgabe und die Feinheit des musikalischen Gedankens stärker hervor als in den beiden anderen, die jedoch auch durch temperamentvolle Einfälle Wert erhielten. Ueberall fielen aber der vornehme musikalische Geschmack und die gewandte technische Verwertung des Stoffes vorteilhaft auf. Die Hörer konnten deshalb an dem Werk eine ebenso große Freude haben, wie an seiner tadellosen Wiedergabe. Die drei vortragenden Künstler ließen der neuen Komposition noch zwei Werke von Beethoven und Schubert folgen, deren Ausführung die uneingeschränkte, lebhafte Anerkennung der Anwesenden fand. — Gleichzeitig fand im Beethoven⸗Saal vor ausverkauftem Ferf. der erste der drei angekündigten Klavierabende Ferruccio Busonis statt, der sich zu einem Triumph für den Künstler, der zu den bedeutendsten seines Faches zählt, gestaltete. Das Programm ent⸗ hielt nur Werke von Chopin und Liszt, und zwar zumeist seltener gespielte Stücke, die in der meisterlichen Art, in der sie vorgetragen wurden, das Publikum zu begeistertem Beifall veranlaßten. Von den nächsten Abenden darf man sich daher bei ebenso guter Dis position des Konzertgebers großen Genuß versprechen. — Im Oberlichtsaal der Philharmonie traten, gleichfalls am Mittwoch, zwei Künstler auf. „Minnie Kühne⸗Hellmessen pielte zwar geläufig und mit kräftigem Anschlag Klavier; aber die Sauberkeit der Technik ließ zu wünschen übrig, und um das liebevolle Eingehen auf den musikalischen Gedankengang war es schwach bestellt. Auch der sonst vorteilhaft bekannte Geiger Gregor von Akim off brachte es diesmal über eine oberflächliche Empfindung nicht hinaus. — Die bekannte Sängerin Elisabeth Ohlhoff gab um dieselbe Zeit einen Liederabend im Saal Bechstein. Die Künfilerin trug, wie immer, mit gutem Geschmack und warmem Gefühl vor. Auch stimmlich war sie gut disponiert; nur zuweilen zeigte das kräftige Organ einige Schärfe.
Name der Beobachtungs⸗ station
— auf
0° Meeresniveau und Schwere in 45 Breite
24 Stunden
Niederschlag in
5 8
Borkum
755,9 bedeckt anhalt. Niederschl.
Keitum
753,8 wolkenl vorwiegend heiter
Hamburg..
756,4 Nebel Kemlich heiter
Swinemünde
ese]
754,6 Nebel Nachts Niederschl.
Rügenwalder⸗ münde
754,8 3 Schnee vorwiegend heiter
Neufahrwasser
755,6 wolkig ziemlich heiter
Memel
756,6 bedeckt meist bewölkt
Aachen
760,2 bedeckt Nachm.Niederschl.
Hannover
758,1 bedeckt Nachm.Niederschl.
Berlin...
756,6 bedeckt Nachts Niederschl.
Dresden
758,6 Schnee Nachts Niederschl.
Breslau
758,5 wolkig vorwiegend heiter
Bromberg
757,1 bedeckt iemlich heiter
Metz
762,4 3 bedeckt Nachm. Niederschl.
Frankfurk. M.
761,5 2 bedeckt Nachm. Niederschl.
Karlsruhe, B.
782,8 Ibedeckt Nachm. Niederschl.
München
114“X“
762,7 Schnee Nachts Niederschl.
Stornoway
(Wihelmshav.) anhalt. Niederschl.
bedeckt
Malin Head
749,9 8 (Kiel) 757,6 Regen anhalt. Niederschl.
Valentia
(Wustrow i. M.)
765,0 bedeckt meist bewölkt
Scilly.
(Königsbg., Pr.)
763,6 Regen
Aberdeen
(Cassel)
751,1 halb bed. Nachts Niederschl.
Shields
(Magdeburg)
753,8 balb bed Nachts Niederschl.
Holyhead.
(Grünbergschl.)
760,0 bedeckt ziemlich heiter
Isle d-Aix 8
(Mülhaus., Els.)
763,2 SSO 2 bedeckt Nachts Niederschl.
St. Mathieu
(Friedrichshaf.)
764,6 NW Z bbedeckt Nachts Niederschl.
Grisnez
(Bamberg)
760,7 W 3 wolkig Nachts Niederschl.
Paris
762,9 SW 2 bedeckt
Wllffingen
759,9 SW 2 Nebel
Helder.
756,9 WSW 2 bedeckt
Bodoe .
735,6 SW 4 wolkig
Christiansund
737,0 SW ö bedeckt
Skudesnes
744,6 S 6 Regen
Skagen
Bestervig —
748,3 W Zwolkig
Kopenhagen
751,0 SSW 4 wolkig 752,1 WSW?2 Nebel
Karlstad
745,8 SSW 2 halb bed
Stockholm
748,6 SSW 4 bedeckt
Wisbv.
751,7 SW .1 Schnee
Hernösand
7431 SW 2bedeckt — 1,9
Haparanda
743,1 SSW 4 Schnee — 2,3
Riga
758,8 SSW 4 wolkenl. — 11,0
Wilna
761,7 S 4bedeckt — 13,4
Pinsk
764,0 SO Zsbedeckt — 10,7
Petersburg.
760,9 S 1 wolkenl. — 11,3
Wien
762,8
Windst. Schnee — 8,2
Prag Rom
760,5 S 1 Nebel —765,1 N — 2 bedeckt — 1,
— 4,4
Florenz
764,4 SW l1 bedeckt
— 0,2
Cagliari
765,5 NNW 4 wolkig 5,8
Cherbourg
763,0 W . bedeckt 94
Clermont
764,7 O 3 bedeckt 1,9
Biarritz
767,6 WSW4 Regen
8,9
Nizza
760,3 Windst.
bedeckt 2,2
Krakau.
760,3 O
heiter — 4,9
Lemberg
763,2 S
wolkig — 6,6
Hermanstadt
766,4 O
bedeckt — 4,7
Triest
765,1 Windst.
bedeckt — 1,4
Brindisi
764,3 W
3wolkenl. 5,3
Livorno
763,0 NO
Regen 1,2
Belgrad
Helsingfors.
754,8 SSW 7 bedeckt
— 4,7
Kuopio...
Zürich
785,3 SW bedeckt
— 2,0
Genf
763,8 NNO 2 Schnee
— 3,0
Lugano
764,8 N 1 wolkenl.
— 6,0
Säntis
555,7 WSWSSchnee
— 12,4
v
747,1 WNW 6 halb bed
7,2
Warschau
759,2 S
2bedeckt — 5,7
Portland Bill
ein Minimum u
Winden,
Obser
Seehöhe
761,4 W Ein Maximum über 775 mm befindet sich über Südrußland,
5 wolkig 8,3
nter 736 mm nordwestlich der Lofoten. In Deutsch⸗
land ist das Wetter, bei meist schwachen südwestlichen und westlichen t trübe und wärmer; fast allenthalben ist Schnee gefallen. — Trübes Tauwetter mit Niederschlägen ist wahrscheinlich.
2 Deutsche Seewarte.
Mitteilungen des Köͤniglichen Asronautischen
vatoriums Lindenberg bei Beeskow,
veröffentlicht vom Berliner Wetterbureau. 8 Drachenaufstieg vom 25. Januar 1906, 8 ½ bis 11 ¾ Uhr Vor 1.“
Station 122 m] 500 m 1000 m 2000 m 3000 m] 3770 m
Temperatur (C °) Rel. Fchtgk. %) Wind⸗Richtung. „ Geschw. mps
F“
— 10,2 — 9,1 ⁰ — 12,3 — 7,6 — 9,9 — 14,8 88 77 80 37 2 2 880 8 8 8 8S 8 4 8. 7 13 15 15
„Himmel fast wolkenlos, dunstig. — Zwischen Erde und 220 8 Teriperasoe naame — 8,3, zwischen 1260 und 1480 m pon
zwischen 1520 und 2260 m von — 10,3
verschiedenen Ländern
bis
No. 23.
Statistik und Volkswirtschaft.
Der Verbrauch von Wein, Bier und Branntwein in Deutschland und anderen Kulturländern und der Aufwand für alkoholische Getränke, insbesondere in den arbeitenden Klassen.
In der als zweites Beiheft zum Jahrgang 1904 der „Amtlichen Nachrichten des Reichsversicherungsamts“ erschienenen Unfallstatistik für Land⸗ und Forstwirtschaft und in einem im Dezemberheft des „Reichsarbeitsblatts“ veröffentlichten Beitrag des Reichs⸗ versicherungsamts über „Unfallverhütung und Alkoholgenuß“ ist auf den ursächlichen Zusammenhang zwischen Alkoholmißbrauch und Unfallhäufigkeit und auf die ungünstige Beeinflussung der Unfallfolgen durch ersteren hingewiesen worden. In ähnlicher Weise hat sich aus den Statistiken und Erfahrungen der Kranken⸗ kassen ergeben, daß Alkoholiker für Erkrankungen ein weit höheres Maß von Anfälligkeit und Rückfälligkeit zeigen, als andere Kassenmitglieder. Auch auf dem Gebiet der Invaliden⸗ versicherung hat die Henpf tag der Tuberkulose er⸗ kennen lassen, daß der Alkoholmißbrauch als wesentlich mitwirkende Ursache dieser Volkskrankheit anzusehen ist. Hieraus ergibt sich, daß die Arbeiterwelt das allergrößte Interesse daran haben muß, über die Alkoholfrage, insoweit sie ihre Lebensinteressen berührt, eine objektive Aufklärung zu erhalten, dies um so mehr, als die
arbeitenden Klassen die überwiegende Mehrheit der Nation — gegen⸗
wärtig etwa ⅛⁄ der Gesamtbevölkerung Deutschlands — ausmachen und die Begrenztheit des Lohneinkommens es mit sich bringt, daß, je mehr für alkoholische Getränke verausgabt wird, um so weniger für die notwendigen S übrig bleibt. Es soll daher in dem vom Kaiserlichen Statistischen Amt (Abteilung für Arbeiterstatistik) herausgegebenen „Reichsarbeitsblatt“ in einer Reihe von Beiträgen dargelegt werden, welche ungünstigen Rück⸗ wirkungen solche Verschiezungfen im Arbeiter⸗ und Familienhaushalt in wir schaftlicher, esundheitlicher, sozialer und nationaler Beziehung ausüben. nächst wird im Januarheft, sowen⸗ das vorhandene statistische Material dazu ausreicht, Aufschluß darüber gegeben, wie sich der Verbrauch der drei volkstümlichen alkoholischen Getränke — Branntwein, Bier und Wein — seit 1885 in Deutschland und anderen Kulturländern gestaltet hat, welcher Aufwand auf den Kopf der Bevölkerung in Deutschland für die einzelnen alkoholischen Getränke gemacht wird, mit welchem Anteil an der jährlichen Gesamtausgabe für diese Getränke die arbeitenden Klassen beteiligt sind, und welchen Prozentsatz vom Lohn⸗ einkommen die Alkoholausgaben durchschnittlich erreichen.
Eine amtliche deutsche Statistik über den Alkoholkonsum in besteht nicht; dagegen hat das englische Handelsministerium seit dem Jahre 1897 insgesamt fünf Ausgaben internationaler Uebersichten über die Produktion und den Verbrauch von alkoholischen Getränken veröffentlicht, von denen die letzte im Jahre 1904 erschienen ist. Sie enthalten für die Zeit von 1885 bis 1903 einschließlich Angaben über „Produktion und Konsumtion alkoholischer Getränke (Wein, Bier und Brannt⸗ wein) in den verschiedenen europäischen Ländern, den Vereinigten Staaten von Amerika und den bedeutendsten britischen Kolonien sowie über die in den letzten Jahren daraus erzielten Staats⸗ einnahmen“. Auf Grund dieser Unterlagen werden im „Reichsarbeits⸗ blatt“ in zwei Tabellen für die Zeit von 1885 bis 1903 inter⸗ nationale Uebersichten über den Verbrauch der drei hauptsächlichsten alkoholischen Getränke gegeben. In der einen Tabelle ist die in jedem dieser Jahre auf den Kopf der Bevölkerung entfallende Menge von Wein, Bier und Branntwein, in der anderen die Menge des in diesem Kopfanteil enthaltenen Alkohols berechnet. Diese Berechnung ist, nach gleichartigen Vorgängen, in der Weise erfolgt, daß bei Wein für Deutsch⸗ land und die Schweiz ein durchschnittlicher Alkoholgehalt von 10 %, für Frankreich, Belgien, Niederlande sowie Italien ein solcher von 12 %, für Großbritannien und die Vereinigten Staaten ein solcher von 15 % zu Grunde gelegt ist, während für Bier der übliche Satz von 4 % (bezw. für Großbritannien 6 % und die Vereinigten Staaten 5 %) und für Branntwein der einheitliche Satz von 50 % über⸗ nommen ist. 1 8
Geht man die in alphabetischer Ordnung aufgeführten Länder an der Hand der gegebenen Zahlenreihen einzeln durch, so zeigt sich für Belgien in der Zeit von 1885 bis 1903 pro Kopf der Bevölkerung ein im ganzen steigender Weinkonsum (von 3,4 1 i. J. 1885 auf 4,9 1 i. J. 1903) sowie ein erheblich zunehmender Bierkonsum (von 162 1 i. J. 1885 auf 217 1 i. J. 1903), während der Branntweinverbrauch bis zum Jahre 1902 ziemlich unverändert geblieben ist und erst im Jahre 1903 einen größeren Rückgang (von 8,5 1 auf 5,4 1) zeigt. Dieser so plötzlich b1;. starke Rückgang wird in der genannten englischen amtlichen Statistik auf die in jenem Jahre erfolgte Erhöhung der Brannt⸗ weinsteuer von 100 auf 150 Fr. für den Hektoliter zurückgeführt. Die Menge des in Belgien auf den Kopf der Bevölkerung entfallenden reinen Alkohols ist dementsprechendd vom Jahre 1885 an bis 1901 erheblich gestiegen (von 11,5 1 auf 14,4 1), dann infolge der vorgenannten Erhöhung der Branntweinsteuer und der dadurch herbei⸗ geführten Abnahme des Branntweinkonsums wieder gesunken (bis auf 9* i. J. 1903), ist aber immer noch größer als in Deutschland
,4 1). 9. Dänemark ist der Weinkonsum verschwindend gering und deshalb in beiden Tabellen des „Reichsarbeitsblatts“ unberücksichtigt geblieben. Für den Bierkonsum dieses Landes liegen Angaben für die Feit von 1892 bis 1903 vor, die ein ständiges Anwachsen der Verbrauchsziffern bis zum Jahre 1899 zeigen (von 81,3 auf 100,0 1) und seitdem einen geringen Rückgang erkennen lassen (bis auf 94,5 1). Im Branntweinverbrauch ist eine Abnahme eingetreten, die jedoch nicht so groß war (von 15,4 auf 14,0 1), daß sie die Zunahme des Bier⸗ lon umss ausgleichen und den auf den Kopf der Bevölkerung ent⸗ fallenden Betrag des reinen Alkohols von 1892 bis 1903 (11,0 gegen 10,8 1) wesentlich verringern konnte.
Zur Beurteilung des Alkoholkonsums in Deutschland können die aus der englischen Statistik in die beiden Tabellen übernommenen iffern des Weinverbrauchs nur in beschränktem Maße dienen, da e zum Teile von dem Ertrage der jeweiligen Weinobsternte abhängig nd. Ein Vergleich der Durchschnittszahlen für die drei letzten in der vorliegenden Statistik berläcksichtigten Jahrfünfte ergibt, daß der durchschnittliche Weinkonsum in Deutschland in der Zeit von 1889 bis 1893 pro Kopf der Bevölkerung jährlich 5,64 1 betrug, im folgenden Jahrfünft (1894 bis 1898) auf 6,26 1 stieg und in den letzten fünf Jahren (1899 bis 1903) wiederum abnahm und sich auf 5,82 1 stellte. Ein charakteristischeres Gepräge jedoch trägt die Bewegung des Bierverbrauchs. Dieser ist von 88 1 im Jahre 1885 fast ununterbrochen und ziemlich rasch gestiegen, bis er 1900 mit 125,1 1 den höchsten Stand erreichte und dann in den folgenden Jahren wiederum merklich zurückging (auf 116,0 1 i. J. 1902 bezw. 116,6 1 i. J. 1903). Dieser plötzliche Rückgang wird im wesentlichen als eine Rückwirkung der nach 1900 stark ab⸗ auenden Wirtschaftslage anzusehen sein; es erscheint als unzulässt hn, wie mehrfach versucht, auf die Antialkoholbewegung allein zuruͤck⸗ Möpren. 5⸗ die 18 den bekanten e F. —5
anknüpfende Bewegung, se n en Genu ondern nur den übertriebenen Genuß alkoholischer Getränke be
Verlin, Freitag, den 26. Januar
kämpft, hat erst nach jenem plötzlichen Rückgang des Bier⸗ Fämaft⸗ bet, ers auch erst in den folgenden Jahren an Aus⸗ breitung gewonnen. Die Enthaltsamkeits (Abstinenz)bewegung aber hatte, abgesehen von einzelnen norddeutschen Gebieten, einen so weitgehenden Einfluß in Deutschland noch nicht gewonnen, um eine ausreichende Erklärung für jene Erscheinung zu bieten; andern⸗ falls hätte sich auch im Branntwein⸗ und Weinverbrauch ein ent⸗ sprechender Rückgang zeigen müssen. Die im „RNeichsarbeitsblatt“ angegebenen Verbrauchsziffern beziehen sich auf das gesamte deutsche Zollgebiet (einschließlich von Luxemburg). Für einzelne Teile des Deuktschen Reichs ergeben sich erheblich höhere Zahlen. Es kamen nämlich im Jahre 1903 auf den Kopf der Bevölkerung in Bayern 231,9 1, in Württemberg 168,9 1, in Baden 157,2 l, in Elsaß⸗Lothringen 88,1 1, im Brausteuergebiet¹) 97,7 l. Der Branntweinverbrauch pro Kopf der Bevölkerung ist im Deutschen Reiche während der Beobachtungsperiode im ganzen unverändert geblieben (etwa 8 !); es ist also nicht richtig, daß die Steigerung des Bierverbrauchs, wie vielfach behauptet wird, auf Kosten des Schnapsverbrauchs erfolgt, und es hat der steigende Bierkonsum dahin geführt, daß der Alkoholkonsum in Bier den in Branntwein seit 1896 dauernd überholt hat.
In Frankreich zeigt der Konsum von Wein und Branntwein bis zum Jahre 1900 eine steigende Tendenz, seitdem jedoch einen erheblichen Rückgang, während der Bierverbrauch im ganzen unverändert, aber noch verhältnismäßig gering ist. Infolge des vor⸗ herrschenden Weinkonsums ist der auf den Kopf der Bevölkerung ent⸗ fallende Gesamtalkoholverbrauch sehr viel höher (in einzelnen Jahren sogar doppelt so hoch) als in Deutschland. 1
ür Großbritannien und Irland zeigt die Statistik eine ver⸗ hältnssmäßig starke Zunahme des Bierkonsums bei einem im ganzen un⸗ verändert gebliebenen Verbrauch von Wein und Branntwein. Sie liefert also ein ähnliches Bild wie in den Ziffern für Belgien und Deutschland, wenngleich in dem Vereinigten Königreich die Steigerung des Bier⸗ konsums nicht in einem so starken Maße eingetreten ist, wie in Deutschland und besonders in Belgien. In dem Gesamtalkoholkonsum pro Kopf der Bevölkerung rangiert es zwischen beiden Ländern, jedoch mit ziemlicher Annäherung an ee
In Italien ist der Weinkonsum von aeese16 e Bedeu⸗ tung. Die Statistik weist auf einen in der letzten Zeit vermehrten Weinverbrauch hin. Die Zahlen über den Branntweinverbrauch geben kein klares Bild von den tatsächlichen Verhältnissen, weil sie auch die zum Weinverschnitt verwendeten Alkobolmengen enthalten. Der Bierkonsum ist verschwindend gering. In den Gesamtalkoholziffern nähert sich Italien am meisten dem andern Weinlande Frankreich.
Die Niederlande, die in der vorliegenden Statistik nur mit Angaben über die Entwicklung des Verbrauchs von Wein und Branntwein vertreten sind, haben seit dem Jahre 1885 eine fortschreitende Abnahme des Verbrauchs zu verzeichnen, die besonders beim Branntwein her⸗ vortritt. Dementsprechend sind auch die Alkoholziffern sehr gering.
Norwegen, dessen sehr geringer Weinkonsum in den Tabellen des „Reichsarbeitsblatts“ nicht berüchsichtigt ist, weist sowohl für Bier wie für Branntwein in der Beobachtungsperiode verhältnismäßig niedrige Ziffern auf, die eine ausgesprochene Tendenz nicht erkennen lassen.
In Desterreich⸗e steht der Weinkonsum im Vorder⸗ grunde. Er hat nach einer vorübergehenden Abnahme in den neunziger Jahren in der letzten Zeit eine Steigerung erfahren, ohne jedoch den Stand der achtziger Jahre völlig zu erreichen. Der Bier⸗ konsum ist seit 1889 allmählich gestiegen, aber seit dem Jahre 1896 unverändert auf 45 Liter für den Kopf der Bevölkerung geblieben. Die Zahlen für den Branntweinverbrauch sind hier nicht ver⸗ gleichbar, weil in ihnen der zum Weinverschnitt verwendete Alkohol von dem Trinkhranntwein nicht getrennt ist. Die Gesamtalkohol⸗ ziffern kommen Deutschland am nächsten. M 1
5 Rußland enthalten die Quellen keine Angaben über den Weinkonsum. Hinsichtlich des Verbrauchs von Bier wird eine langsame Steigerung angegeben, während im Branntwein⸗ konsum nach der Statistik eine Abnahme eingetreten ist, die wohl auf die Einführung des staatlichen Branntweinmonopols zurück⸗ zuführen ist. Für den Gesamtalkoholverbrauch pro Kopf der Be⸗ völkerung zeigt Rußland ähnlich niedrige Ziffern wie Norwegen.
Auch für Schweden liegen über den geringen Weinverbrauch keine Angaben vor. Die für den Bierkonsum angeführten Zahlen weisen auf eine erhebliche Zunahme hin. Die in diesen Ziffern zum Ausdruck kommende Steigerung entspricht jedoch anscheinend nicht völlig der Wirklichkeit, da die Statistik unter „Bier“ auch verhält⸗ nismäßig alkoholarme Malzgetränke (von weniger als 2 % Alkohol⸗ gehalt) aufführt. Der Branntweinkonsum ist im großen und ganzen gleich geblieben.
Die Schweiz hat, soweit dafür Angaben vorliegen, im Wein⸗ konsum vielfach Schwankungen und im Bierkonsum bis zum Jahre 1899 eine erhebliche Steigerung aufzuweisen, die aber in den letzten Jahren einem merklichen Rückgang gewichen ist. Der Branntwein⸗ verbrauch ist, soweit darüber Angaben vorliegen, unverändert geblieben.
Die Vereinigten Staaten von Amerika endlich zeigen einen ziemlich gleichbleibenden Verbrauch von Wein und Branntwein und einen im ganzen steigenden Konsum von Bier. In den Gesamt⸗ alkoholziffern pro Kopf der Bevölkerung bleiben sie hinter Deutsch⸗ land erheblich zurück, was auf den sehr viel geringeren (etwa halb so großen) Branntweinverbrauch zurückzuführen ist. 1
Die Ergebnisse der Statistik können dahin zusammengefaßt werden, daß der Weinkonsum in fast allen Ländern im Feehen unverändert geblieben ist und in der Hauptsache nur in Belgien eine deutlich hervortretende Steigerung aufweist. Dagegen ist in den meisten der angeführten Länder der Bierkonsum in der n von 1885 bis 1903 erheblich gestiegen, vor allem in Belgien, Deutschland, Schweden, der Schweiz und den Ver⸗ einigten Staaten. Nach den Zahlen der Statistik ist nur in den Weinländern Frankreich und Italien und in Rußland ein größeres Anwachsen des Bierverbrauchs nicht eingetreten. Der Branntwein⸗ konsum ist in den beiden letzten Jahrzehnten in allen berücksichtigten Ländern im ganzen unverändert geblieben und hat neuerdings wohl nur in Belgien eine wesentliche Abnahme aufzuweisen.
Es wäre nun von allgemeinem Interesse Ge zu wissen, wie hoch sich der Aufwand für den Verbrauch alkoholischer Getränke in den einzelnen Ländern stellt und in welchem Verhältnis dieser Aufwand zu den Ausgaben für chulwesen, Armenpflege, Militär und sonstigen Staatsausgaben steht. In Ermangelung der erforderlichen Unterlagen kann jedoch hierüber keine Uebersicht gegeben werden. Von einer vergleichenden Gegen⸗ überstellung der verschiedenen Länder ist im übrigen auch deshalb abgesehen, weil die Frage, ob und inwieweit der Alkohol verbrauch einen Alkoholmißbrauch darstellt, sich bei der Verschiedenheit der klimatischen, wirtschaftlichen, sozialen und nationalen Verhältnisse nur aus den Verhältnissen und Feststellungen des eigenen Landes beant⸗ worten läßt. So würde z. B. der rein äußerliche b“ daß Deutschland, bei einer Klassiftzierung der verschiedenen Länder na der Höhe ihrer Gesamtalkoholziffern, erst an der siebenten Stelle zu stehen käme (vorausgehen würden Frankreich, Italien, die Schweiz, Belgien, Dänemark und Großbritannien), für die Beantwortung jener
¹) Das Brausteuergebiet umfaßt die innerhalb der Zollgrenze liegenden Gebiete des Deutschen Reichs mit Ausnahme von Bayern,
Württemberg, Baden und Elsaß⸗Lotbringen.
zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
1906
Frage ganz belanglos sein. Die weiteren Mitteilungen im „Reichs arbeitsblatt“ beschränken sich daher auf Deutschland. Um zunächst eine möglichst sichere Grundlage für die Ermittelung des pro Kopf der Bevölkerung in Deutschland für die einzelnen alkoholischen Getränke gemachten Aufwandes zu gewinnen, sind für die Berechnung dieses Betrages nicht die Angaben eines einzelnen Jahres, sondern die aus dem Durchschnitt des letzten Jahrfünfts sich ergebenden Zahlen herangezogen. In den fünf Jahren 1899 bis 1903 betrug im Durchschnitt pro Kopf der Bevölkerung der jährliche Verbrauch von Wein 5,82 1, Bier 123,4 1 und Branntwein 8,52 1. Unter der herkömmlichen Zugrundelegung eines Preises von 1 ℳ für 1 1 Wein, von 0,30 ℳ für 11 Bier und 0,50 ℳ fuͤr 1 1 Trinkbranntwein stellt sich der jährlich pro Kopf der Bevölkerung gemachte Aufwand, wie folgt: Ausgabe für Wein. E1“ 8 „ Branntwein. ö“ 8 111n 6“ zusammen.. Bei einer Gesamtbevölkerung von 60 Millionen ergibt dieser Betrag eine jährliche Ausgabe für alkoholische Getränke von 2826 Millionen Mark.
Bei dem Kopfanteil von 47,10 ℳ sind aber Säuglinge, Kinder, Mädchen, Frauen, Kranke, Sieche, Greise usw. mitgerechnet. Zieht man in Rechnung, daß jener Gesamtaufwand von 2826 Millionen Mark in der Hauptsache von den männlichen Einwohnern im Alter von mehr als 15 Jahren aufgebracht und verbraucht wird, so ergibt sich für jeden erwachsenen Mann eine jährliche Ausgabe für alkoholische Getränke von rund 157. ℳ
Will man nun wissen, mit welchem Anteil an diesen 2826 Millionen Mark die arbeitenden Klassen beteiligt sind, so läßt sich eine exakte Berechnung dafür, in Ermangelung der erforderlichen Unterlagen, allerdings nicht geben; denn man müßte wissen, wie sich der gesamte Konsum von alkoholischen Getränken nach Mengen und Preislagen auf die verschiedenen Bevölkerungsgruppen verteilt. Legt man, um eine annähernde Vorstellung zu gewinnen, das oben erwähnte Verhältnis der arbeitenden Klassen zur übrigen Be⸗ völkerung (3:2) zu Grunde, so würden von den 2826 illionen Mark auf die arbeitenden Klassen 1695 Millionen Mark entfallen. Diese Ziffer würde sich aber verringern, falls in Wirklichkeit auf die übrigen der Bevölkerung, welche die besitzenden Klassen einschließen, auf den Kopf größere Mengen oder höhere Preislagen oder beides zu⸗ gleich entfallen sollten.
Aehnlichen Schwierigkeiten begegnet die Frage, welchen Prozent⸗ satz vom Lohneinkommen die Alkoholausgaben durchschnittlich erreichen, zumal Deutschland einer allgemeinen Lohnstatistik noch immer entbehrt. Will man auch hier sich mit Annäherungswerten, wie sie die reichsgesetzliche Unfallversicherung bietet, begnügen und danach das Arbeitseinkommen der rund 20 Millionen zwangsversicherten Personen?) auf rund 16 Milliarden Mark veranschlagen, so würde sich ein durchschnittlicher Satz von 10 % ergeben — ein Satz, der auch nach sonstigen Wahrnehmungen im großen und ganzen wohl zutreffen mag, aber häufig auch gan erheblich überschritten wird; zuverlässige Ergebnisse können nur Sondererhebungen bieten, wie sie verschiedene städtestatistische Aemter über Arbeiterhaushalte veranstaltet haben, oder fortlaufende Beobach⸗ tungen, wie sie die Gewerbeaufsichtsbeamten zu machen in der Lage üünd, fachwissenschaftliche Untersuchungen, statistische Erhebungen der
rbeiterorganisationen usw.
Ueber de.g⸗ ob eine Jahresausgabe von fast drei Milliarden Mark für alkoholische Getränke bei unseren wirtschaftlichen Verhältnissen als eine übermäßige anzusehen ist, sind die Ansichten geteilt. Die einen erblicken in dem steigenden Verbrauch von Getränken, insbesondere Bier, wie in dem anderer Genuß⸗ und Nahrungsmittel einen ganz natürlichen Ausdruck des zunehmenden Wohlstandes und in der zunehmenden Kaufkraft der breiten Massen eine zunehmende Erweiterung des Konsumentenkreises, die zugleich eine Verringerung de auf den einzelnen Konsumenten entfallenden Trinkquantums bedeute, da die Gesamtmenge sich auf eine stets steigende Kopfzahl verteile; sie bestreiten daher die Gefahr einer „Alkoholisierung“ des deutschen Volkes, zumal es andere Länder gebe⸗ in denen noch viel mehr getrunken werde. Die anderen wollen dies nicht gelten lassen, weil ziffern⸗ mäßige Nachweise für eine Verminderung des auf den Kopf der Kon⸗ sumenten alkoholischer Getränke entfallenden Durchschnittsquantums nicht zu erbringen seien, im Gegenteil die Felgerrschetnangen⸗ die über⸗ mäßiger Alkoholgenuß auf den verschiedensten Gebieten unseres Volkslebens zur Erscheinung bringt, keine Abschwächung erkennen ließen und höherer Verdienst häufig nur zu noch höheren Ausgaben für alkoholische Getränke verwendet werde. Das einschlägige Tatsachenmaterial soll, wie eingangs bemerkt, in nächsten Heften des „Reichsarbeitsblatts“ zur Darstellung gelangen. Nach einer dem im Januarheft veröffentlichten Beitrag über den Verbrauch alkoholischer Getränke und den jährlichen Aufwand für diese beigegebenen graphischen Darstellung macht eine jährliche Ausgabe von fast drei Milliarden Mark für alkoholische Getränke ebensoviel aus, wie die gesamte Reichs⸗ schuld, dreimal soviel wie der Aufwand für die Unterhaltung von Heer und Flotte, sechsmal soviel wie die Jahres⸗ ausgabe der gesamten Arbeiterversicherung und siebenmal soviel wie die Aufwendungen für die öffentlichen Volksschulen (vergl. „Die Entwickelung der deutschen Seeinteressen im letzten Jahr⸗ zehnt“, Nr. 67 der Drucksachen des Reichstags, II Session 1905/1906 S. 262; Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich, 1905 S. 218, 262 — 272). 8
Die Lehrlingsfürsorge in Frankfurt a. M.
Einer der ältesten Vereine zur Fürsorge für die schulentlassene Jugend ist der Verein „Jugendfürsorge“ in Frankfurt a. M. In seiner Tätigkeit beschränkt er sich darauf, erstens gute und “ Lehrstellen für Knaben und Mädchen ausfindig zu machen und ferner für anregende, gemütliche Erholung für jugendliche Arbeiter beiderlei Geschlechts, natürlich mit Einschluß der Lehrlinge, zu sorgen.
Eine Hauptaufgabe und zugleich eine Hauptschwierigkeit der Lehr⸗ stellenvermittelung liegt darin, die jungen Leute zu veranlassen, nur einen ihren körperlichen und geistigen Anlagen entsprechenden Beruf zu wählen. Der weitverbreiteten, meist durch rein äußerliche ee9 hervorgerufenen Neigung zu „Modeberufen“, wie Elektrotechnik, 189 mechanik u. a., tritt der Verein nach Kräften entgegen. Die Ent⸗ täuschung folgt gerade bei diesen nur für besonders veranlagte Jünglinge passenden Zußen sonst auf dem Fuße nach, hat F Feinen Berufswechsel zur Folge und führt dann zu nicht wieder einhol⸗ barem Zeit⸗ und Geldverlust. Eine andere Kategorie Sorgenkinder des Vereins sind die Jungen, die aus dem Lehrverhältnis nach kurzer Zeit austreten, um des Verdienstes halber eine bezahlte Ausläufer⸗ oder eine ähnliche Stelle zu suchen. Wo nicht Leichtsinn, sondern
²) Bei di Abrundung ist die Doppelzählung von etwa
1 ½ hnen, Flerg abfürl und Landwirtschaft beschäftigten) Per⸗
sonen auf die etwa 2 Millionen noch nicht unfallversicherten (in
Handwerk, Handel und Rehnsewerge desch ftagten, Perl⸗ en ver⸗ r r
rechnet worden. I. Statistisches Jahrb Heutsche Reich -KIZ““ 8 Se