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Im Beurlaubtenstande. 27. Januar. Befördert: zu Oberlts. die Lts: vom Landw. Bezirk Stuttgart Euting der Res. des Gren. Regts. Königin Olga Nr. 119, Schreck der Res. des Gren. Rgts. König Karl Nr. 123, Schumm (Karl) der Res. des Inf. Regts. König Wilhelm I. Nr. 124, Federer der Res. des Ulan. Regts. 8 König Karl Nr. 19, Kuhn der Landw. Inf. 1. Aufgebots, Schmid, Ahbert der Landw. Inf. 2. Aufgebots, vom Landw. Bezirk Reut⸗
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lingen Schaafhausen der Res. des 4. Inf. Regts. Nr. 12 Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn, Beck⸗ mann der Landw. Inf. 1. Aufgebots, vom Landw. Bezirk Horb Kraft der Landw. Inf. 1. Aufgebots, vom Landw. Bezirk Mergentheim Bürkardt der Res. des 4. Inf. Regts. Nr. 122 Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn, vom Landw. Bezirk Ulm Herrmann der Res.
des Ulan. Regts. König Karl
Nr. 19, Söding der Landw. Kav. 2. defssbns. vom Landw. Bezir Ravensburg Adorno der Res. des Ulan. Regts. König Karl Nr. 19; zu Lts. die Vizewachtmeister: vom Landw. Bezirk Ludwigsburg Borgmann der Res. des Ulan. Regts. König Wilhelm I. Nr. 20 vom Landw. Bezirk Gmünd Martin der Res. des Feldart. Regts König Karl Nr. 13.
Berichte von deutschen Fruchtmärkten.
mittel Verkaufte
gut
Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner Menge
niedrigster
höchster ℳ
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niedrigster ℳ
Doppelzentner
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Ein liegender Strich (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.
Deutscher Reichstag.
2. Sitzung vom 31. Januar 1906, Nachmittags 1 Uhr 20 Minuten. “
8
(Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
DSagesordnung: Fortsetzung der ersten Beratung des von en Abgg. Graf von Hompesch und Genossen eingebrachten Gesetzentwurfs, betreffend die Freiheit der Religions⸗ übung, sowie erste und event. zweite Beratung des von den Abgg. Albrecht und Genossen eingebrachten Gesetzentwurfs, betreffend die Volksvertretung in den Bundesstaaten und in Elsaß⸗Lothringen. 88 b Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden. 8 Abg. Dr. Freiherr von Hertling (Zentr.) fortfahrend: Viel mehr als der Abg. Müller⸗Meiningen ist der Abg. David auf unseren Antrag eingegangen, mit dessen Grundtendenz seine Parteigenossen ja S8.Sn sind. Aber auch er hat geglaubt, auf Fälle krasser In⸗ toleranz bei uns hinweisen zu müssen. Er behauptet, und wir müssen davon Akt nehmen, daß die Bebelsche Aeußerung, daß seine Partei auf religiösem Gebiet den Atheismus erstrebe, nicht mehr als pro⸗ grammatische Erklärung gelten könne, daß vielmehr nur das Erfurter rogramm gelte, wonach Religion Privatsache sei. Erledigt ist die che aber damit für uns nicht; erledigt ist vor allem nicht die Frage ob ein gläubiger Christ Sozialdemokrat sein kann. Wäre seine arkei nur eine Partei zur Erzielung besserer Lebensbedingungen für die Arbeiter, dann ließe sich darüber reden; aber solange in dem Erfurter Programm der Satz stehen bleibt, daß die Partei auf dem Boden des E“ steht, daß zu den Aufgaben der Partei auch das Schüren des Klassenkampfes, des Kampfes auch gegen die religiöse Autorität gebört, so lange kann ein gläubiger Christ nicht Sozialdemokrat sein. Der Abgeordnete David hat dann den § 4 unseres Antrages bemängelt und sich für die Staatsschule ausgesprochen. Da können wir ihm nicht folgen. Die Staatsschule wäre der ärgste Gewissens⸗ zwang. Der eigentliche Grundgedanke unseres Antrages hat seinen Aus⸗ angspunkt in den noch rückständigen Gesetzgebungen einzelner deutscher taaten. Da wir nicht in der Lage sind, auf die Regierung dieser Staaten Einfluß zu gewinnen, und in den dortigen Parlamenten nicht vertreten sind, haben wir die Sache im Deutschen Reichs⸗ tag vorbringen müssen. Wir wollen kein Privileg für unsere Glaubensangehörigen, sondern die allgemeine Freiheit der reli⸗ 5 Betätigung aller Staatsbürger des Deutschen Reichs. ir haben damit mit alten und veralteten Theorien gebrochen; die alten, die mittelalterlichen Theorien sind abgetan und werden nicht wiederkehren, und wir wollen sie auch nicht wiederkehren sehen. (Zuruf links.) Ich habe diese Auffassung schon vor mehr als 10 Jahren in Schriften und öffentlichen Vorträgen vertreten. Wir wissen also, was wir tun, wir sprechen einen neuen staatsrechtlichen Grundsatz aus, wir wollen die Freiheit unseres religiösen Bekenntnisses unter den Schutz der allgemeinen staatsbürgerlichen Freiheit stellen. Das bedeutet für uns, daß wir unser religiöses Bekenntnis um so höher halten, als wir es der Freiheit überantworten, daß wir damit auch die Verpflichtung übernehmen, die religiöse Ueberzeugung aller anderen zu achten. Die Hindernisse der staatsbürgerlichen sütbeit. die in einzelnen Staaten auf religiösem Gebiete entgegen⸗ tehen, müssen beseitigt werden. Wir denken gar nicht daran, die Trennung von Kirche und Staat hier in die Wege leiten zu wollen, dazu haben wir gar keine Veranlassung. Ein freund⸗ liches Verhältnis zwischen Kirche und Staat ist uns ein wünschens⸗ wertes Verhältnis; wir wollen nur, daß der individuellen Freiheit kein Hindernis bereitet werde. Wir denken auch nicht an einen radikalen Eingriff in historisch gewordene Verhältnisse, die das Ergebnis einer jahrhundertelangen Entwicklung in Deutsch⸗ land sind; wir verlangen lediglich eine Korrektur, insoweit der Freiheit der religiösen Uebung Abbruch geschieht. Auch die vermögensrechtlichen Verhältnisse, die auf sehr gut begrün⸗ deten Rechtstiteln beruhen, wollen wir nicht etwa beseitigen. Der Abg. David erinnerte uns an das Bestehen der Strafvorschriten gegen Beschimpfung von Religionseinrichtungen usw. Wir legen keinen roßen Wert auf den § 166, mit dem wir in den letzten Jahren sglecne Erfahrungen gemacht haben; aber die Anschauung in dieser eziehung ist deeHes⸗ verschieden, und die vorige Debatte gab Feugnig von einer völligen Verwirrung auf diesem Gebiete. Die ationalliberalen wollen den Antrag nicht, und der Abg. von Heyl hat sich als Vertreter der konfessionellen Mehrheit gefühlt, die aus diesem Grunde ihn nicht will. Das heißt doch, eine Frage im Sinne der Macht entscheiden. Die Redner der Rechten führten aus, die evangelische Kirche könne diese Freiheit nicht brauchen; aber ist das ein Grund, sie unserer Kirche nicht zu gewähren? Jedenfalls haben auch diese Kreise zugestanden, daß die Hemmnisse, die in den betreffenden Staaten der Freiheit der Religionsübung noch entgegenstehen, beseitigt werden müssen, und das ist schon ein großer Fortschritt. Eine Re⸗ bene nach dieser Richtung können wir nicht einbringen, aber wenn e von anderer Seite eingebracht würde, die verbündeten Regierungen ch auf ihren Boden stellten und der Kanzler seine bewährte Hand auch hier bewähren würde, dann würde es möglich sein, daß der Abg. Schrader falsch prophezeit hätte und der Antrag nicht wiederkehrte. Unser öffentliches Leben würde ein ganz anderes sein, wenn aller konfessionelle Kampf und Hader verschwände; wenn wir dadurch in die Lage kämen, noch mehr mit denen zusammenzuarbeiten, mit denen uns auf anderen Gebieten so vieles vereinigt. bg. Hoffmann⸗Berlin (Soz.): Fch beantrage, den An⸗ trag einer Kommission von 21 Mitgliedern zu überweisen. Trennung
der Kirche von der Schule ist die Vorbedingung für die Durchführung
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sie es zum Beispiel auch nur wagen,
der religiösen Freiheit. § 4 ist einer der wesentlichsten Punkte, wes⸗ halb wir eine Kommissionsberatung für notwendig halten. Der Abg. Hertling hat nichts über die auffällige Aenderung des § 4 gesagt. Wenn der Vorredner in der Trennung der Schule von der Kirche eine Gewissenstyrannei erblickte, so verstehe ich das absolut nicht. Ich sehe darin umgekehrt eine Gewissensfreiheit. Die konfessionellen Schulen sind Zwangsanstalten. Die Zentrumspartei wird ja ihre Meinung noch oft ändern. Vielleicht kommt es noch dahin, daß der Vatikan den Darwinismus billigt. Wenn die Herren meinen, wir leben nicht im Mittelalter, so glaube ich ihm das aufs Wort; das
ist eben die bekannte Saure⸗Trauben⸗Fuchs⸗Geschichte. Jede kleine Erleichterung akzeptieren wir. Im vorigen Jahre habe
ich gezeigt, in welcher Weise Religions⸗ und Gewissensfreiheit bei uns gewährleistet wird. Ich erinnere an die Behandlung von frei⸗ religiösen Lehrern, denen man einen sittlichen Defekt nach⸗ sagte, weil sie nicht an die Existenz eines persönlichen Gottes glauben. Viele glauben nicht daran und heucheln, die gehen unge⸗ straft aus; die den Mut ihrer Meinung haben, werden bestraft. Auf die verschiedene Rechtsprechung des Kammergerichts in dieser Frage habe ich schon im 59s Jahre hingewiesen. Das kann nicht wundernehmen, wenn der oberste Beamte des Reichs in der Duell⸗ frage zur Gesetzesverletzung auffordert. Als Ehrenmann soll man die Gesetze des Staats halten. Jetzt ist das anders aufgeklärt, jetzt kann unter Umständen einer mit Schimpf und Schande fortgejagt werden, wenn er die Gesetze des Staats beobachtet. Dann sind auch die Urteile der Gerichte begreiflich: wie der Herr, so's Gescherr. Wir haben alle Ursache, mißtrauisch zu sein gegen das Zentrum in Kirchen⸗ und Schulfragen. Das Zentrum fordert Toleranz von der Obrigkeit, denkt aber nicht daran, sie selbst auszuüben. Dem Vorredner waren die angeführten Beispiele in der Tat unbequem; sie gehören sehr wohl hierher. Sie gehen, wenn es Ihnen nicht in den Kram paßt, auch egen gerichtliche Urteile vor; ich erinnere an den Sühnegottesdienst in ünchen in Sachen des Redakteurs Richter, wobei gegen die Frei⸗ sprechung protestiert wurde. Wenn Sie die richterliche Autorität nicht achten, wie können Sie verlangen, daß wir es tun? Die Herren rufen doch auch gern den Staatsanwalt an in Preßsachen. Ein Schutz der Kirche seitens der Autorität der Staatsanwälte ist wirklich in Deutschland nicht zu vermissen. Im letzten Thoma⸗Prozesse wurde rofessor Forel vernommen; er sagte, daß er religionslos sei. eer Staatsanwalt sprach ihm daraufhin die sittliche Qualität ab, ein sachverständiges Urteil zu fällen. Darin lag einfach der ver⸗ steckte Vorwurf des Meineides. Aehnliche Vorwürfe wurden uns ja auch wiederholt gemacht. Sie wissen ja, daß im Badischen ein katholischer Pfarrer in der letzten Zeit zum Meineid verleitet hat. Einer Fran wurden die Sakramente verweigert, weil ihr Mann den Nellenburger Boten“ ausgetragen hatte! In Berlin wurde gegen den Willen der Eltern, die beide Dissidenten sind, ein Kind hinter ihrem Rücken getauft. Die Großmutter ging einfach zum Kaplan und ließ das Kind ktaufen. Das geschah bei der Herz⸗Jesu⸗Kirche. Der Kirchenvorstand mußte anerkennen, daß die Taufe zivilrechtlich wirkungslos sei unbeschadet der Dogmatik. Und da sprechen Sie von Toleranz. In der protestantischen Kirche sieht es nicht etwa besser aus. So wurde in Wittenberg ein dorthin von Berlin in Waisen⸗ pflege gegebenes Kind eree getauft. Ein solches pfarr⸗ herrliches Buschkleppertum muß vor allen Dingen verhütet werden. Der Redner erinnert ferner an den bekannten Bremer Fall, wo der Senat die Wiedertaufe anordnete, weil eine Abweichung von der üblichen Tauf⸗ form vorlag. Der liebe Herrgott wird wohl seine Meinung revidieren müssen. Es blickt da immer noch dieselbe Tendenz heraus, die scließ⸗ lich die Gläubigen aus der Kirche hinaustreibt. Ich weise bloß noch auf den Fall Remscheid hin, wo ein Lehrer dem evangelischen Bunde genau dieselbe Intoleranz vorzuwerfen Veranlassung hatte, wie sie der katholischen Kirche vorgeworfen wird. In St. Johann schenkte ein Volksfreund für die die Volksschule verlassenden Schüler die Volksausgabe von Schillers Werken; der Rektor der ädchen⸗ schule dachte aber anders und verweigerte die Annahme dieser ge⸗ fährlichen Schenkung. Also so gefährlich sind unsere deutschen Dichter schon geworden, auf die wir angeblich stolz sind! Da fällt einem wahrlich das schöne Gedicht auf Schiller ein: Deutscher Barde frei und groß, seltsam fiel dein Lebenslos. Wardst gefeiert und gepriesen, wardst verketzert und verwiesen dumm gelobt und dumm getadelt und zuletzt auch noch geadelt. Ach, vergib dem Vaterland, Meister, diesen Unverstand. In Lüttgen⸗Dortmund wurde ein Sozialdemokrat auf dem Schindanger begraben, weil er nicht zur Kirche gegangen war. Als auf Grund eines reichsgerichtlichen Erkenntnisses die Leiche dann ordnungs⸗ mäßig beerdigt wurde, sagte der Abg. Brust im E „Ein Sozialdemokrat gehgrt auf den Schindanger“. Auch in der Form der Feuerbestattung ist Re katholische Kirche intolerant. So erklärt man in Pforzheim, daß gegen die Feuerbestattung vom Standpunkte des Glaubens zwar nichts einzuwenden sei, daß aber ein guter Katholik aus anderen Gründen wissen müsse, daß ihm die Sakramente entzogen werden müßten, wenn er sich für die Feuerbestattung ausspräche. Also trotzdem werden diejenigen, die gegen die Leichenverbrennung kein Vorurteil haben, mit dem Bannstrahl bedacht. Alle diese Bei⸗ spiele illustrieren doch, in welcher unerhörtesten Weise von Ihnen Gum Zentrum) der Terrorismus geübt wird. t doch die Dresch⸗ flegeltaktik gegen unsere Genossen aus den Kreisen der katholischen Geistlichen des Niederrheins ihren Ursprung genommen! Wenn schon gegen bürgerliche Kreise so verfahren wird, wie die Affäre vom Zeitungsaustragen zeigt, da können wir uns nicht wundern, wenn gegen uns noch einige Prozent heftiger zu Felde gezogen wird. Hier in den Parlamenten spielt sich das Zentrum als Freund der verfolgten Polen auf; im Rheinlande, in Westfalen, wo die Polen zahlreich sind, da wird mit denselben terroristischen Pritiela gehen sie gearbeitet, wenn ich in
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wählen zu lassen. Uebrigens können wir mit unseren bösesten Reden nicht so viel Unheil gegen die Autorität der Kirche anrichten, als der Kriegs⸗ minister mit einer Rede hier im Reichstage fertig bekommt; ich weise bloß auf seine Rede vom 15. Januar hin, wo er meinte, der Duellant habe, wenn er ein gläubiger Christ sei, sich allein mit seinem Gotte abzufinden. Das ist eine sehr gefähr⸗ liche Theorie, und ich möchte wohl sehen, wohin es käme, wenn ein Anarchist sie für sich demnächst einmal in Anspruch nähme. Ein guter Christ ist ein guter Soldat, wird uns gesagt. Nach unserer Meinung kann ein guter Christ kein guter Soldat sein. Wir stehen diesem Antrag mißtrauisch gegenüber, besonders wegen des § 4, der den Schutz der Dissidenten enthalten sollte, und in dem es jetzt heißt, zur Teilnahme an dem Religionsunterricht kann ein Kind gegen den Willen der Erziehungsberechtigten nicht angehalten werden, wenn der Religionsunterricht ihrer religiösen Ueberzeugung nicht ent⸗ spricht. Dieser letztere Fusat ist uns sehr verdächtig. In Preußen werden bekanntlich die Eltern, die ihre Kinder am Religionsunter⸗ richt nicht teilnehmen lassen wollen, aufs unerhörteste gepeinigt, gequält und drangsaliert. Ein in Küstrin vorgekommener Fall ist von mir schon früher vorgebracht worden. Der Mann wollte schließlich sein Kind um jüdischen Religionsunterricht teilnehmen lassen, aber die „vorgesetzte Behörde“ erklärte, diese Teilnahme könne das Kind von der Teilnahme am Religionsunterricht in der Mittel⸗ schule nicht befreien; das Kind wurde aus der Mittelschule entfernt. In dem gerichtlichen Verfahren, das sich anschloß, wurde erkannt, daß das Kind nicht hätte ausgeschlossen werden dürfen. Als der Vater nun wieder das Kind in die Mittelschule bringen wollte, wurde die Aufnahme verweigert, solange das Kind von der Teil⸗ nahme an dem Religionsunterricht durch den Vater ausgeschlossen bleibe. Hier also schließt die Regierung den Knaben gegen Recht und Gesetz von der Schule aus! So wird mit den Kindern der Dissidenten in Preußen umgesprungen. In Tegel wird dem Vater eines Schulkindes aufgegeben, für dieses die Bibel anzuschaffen. Dem Vater wird, weil er sich weigert, 8va. ein Regulator gepfändet; ein beguemes Mittel, statt der Bibel die Uhr zu nehmen, dann weiß kein Mensch mehr, was die Glocke geschlagen hat. Damit schafft man nur immer neue Verbitterung. Die Klausel in § 4 muß entfernt werden, um Mißdeutungen vorzubeugen. Auch in bezug auf den Austritt aus der Kirche muß Wandel geschaffen werden. Die Kinder werden 5 zur Dummheit erzogen. Endlich hat auch die Bremer Lehrerschaft sich aufgerafft und beantragt, diese Dinge aus der Schule zu schaffen, weil es ein Unding sei, die Kinder mit Geschichten und Gesangbuchversen zu füttern, die sie nicht verstehen. Auch die Berliner Lehrer und Lehrerinnen haben, wenn auch in etwas schachmatter Weise, gegen die Unter⸗ stellung der Schule unter die Botmäßigkeit der Kirche protestiert. In dem Antrage muß es klar ausgesprochen werden, daß niemand der Austritt aus der Kirche erschwert werden darf. Das Zentrum sagt zwar, das wolle es auch; die Praxis der Kirche straft aber diese Behauptung Lügen, Geistliche haben erst auf dem Wege der Klage zur Ausstellung von Taufscheinen gezwungen werden müssen. Die schwersten Bedenken haben wir gegen § 12, der bestimmt, daß religiöse Genossenschaften, Gesellschaften und Vereine aller Art zu ihrer Gründung, Niederlassung und Tätigkeit innerhalb des Reichs⸗ gebietes keinerlei Genehmigung des Staates oder der politischen Ge⸗ meinde bedürfen. Dieser Paragroph könnte namentlich auf dem Schulgebiete mißbraucht werden. 1859 hat sich der damalige Prinz⸗ Regent dagegen gewendet, daß die Religion zum Deckmantel politischer Bestrebungen gemacht werde. Später sagte derselbe Regent: Die Religion muß dem Volke aodhen werden. Aus Furcht vor der Sozialdemokratie hat man vor der Kirche kapituliert und die Schule der Kirche ausgeantwortet. Jetzt heißt es: Religion, Religion und immer wieder Religion! Alle Fächer werden mit Religion durchtränkt. Sie haben die Religion zu einer Waffe gegen die Mühseligen und Beladenen, gegen die Ge⸗ wissensfreiheit gemacht. Das zeigt vor allem das Vorgehen der Ber⸗ liner Behörden gegen die freireligiössen Gemeinschaften. Wir haben uns gar nicht anders zu helfen gewußt, als indem wir als freireligiöse
Gemeinde in Berlin uns in das Vereinsregister in Offenbach haben eintragen lassen. In dem neuen Volksschulgesetz in Preußen hat man den Freireligiösen dadurch einen Riegel vorschieben wollen,
daß man bestimmte, jüdische Schulen dürfen nur jüdische Schüler aufnehmen. In Frankreich ist die Trennung der Kirche vom Staat eine Tatsache geworden. Man hat dort an die Stelle des Religionsunterrichtes den Moralunterricht gesetzt. Die Franzosen sind nicht schlecht dabei gefahren, daß Achtung vor den Eltern und der Familie ihren Kindern gelehrt wird, statt auf sie zu schießen. Auch der Kurator der Bonner Universität hat sich mit dankenswerter Deutlichkeit für die Trennung der Schule von der Kirche cnsgesproen. In Neumarkt in Schlesien hatte ein Junge an einer Treibjagd teil⸗ 1öS. und dafür 40 ₰ erhalten. Der * stor, der den onfirmandenunterricht erteilte, legte ihm eine Strafe von 50 ₰ auf. Die Mutter zahlte die 50 ₰ nicht. Darauf wurde vberfügt, daß der Junge noch ein Jahr länger die Schule besuchen müsse. Ein Rekurs hatte keinen Erfolg, die Entscheidung des Kultusminister steht noch aus. Das Ende vom Liede ist also: der Pastor ver weigert den Konfirmandenunterricht, und der Junge muß bis an sei Lebensende die Schule besuchen. Wir müssen die Schule vor Ver muckerung bewahren. Diesmal ist Frankreich in der Welt Wir müssen unsere Jugend und den Staat von der kirchlichen Bevor⸗ mundung befreien. “ - 6 Abg. Stöcker wirtsch Vgg): Es ist schmerzlich, im Reichstage eine Rede hören zu müssen wie die eben gehaltene; nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Religion, sondern auch der Bildung. Auch die Sozialdemokraten werden unter dem Eindruck stehen, daß ihr Genosse
den Kirchenvorstand
über die letzten Dinge der Menschheit kein Urteil abgeben kann. Daß die
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