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Königlich Preußlische Armee.
Berlin, 4. März. v. Franck, Oberstlt. z. D., zuletzt in der
2. Gend. Brig., der Charakter als Gen. Major verliehen. Königlich Bayerische Armee.
München, 2. März. Im Namen Seiner Majestät des Königs. Seine Königliche Hoheit Prinz Luitpold, des Königreichs Bayern Verweser, haben Sich Allerhöchst bewogen gefunden, nach⸗ stehende Personalveränderungen Allergnädigst zu verfügen: a. bei den Offizieren und Fähnrichen: 68 aktiven Heere: am 24. v. M. zu Fähn⸗ richen zu befördern: die Fahnentunker, Unteroffiziere Käuffer im 4. Feldart. Regt. König, Melber im 2. Inf. Regt. Kronprinz, Dennerlein im 3. Pion. Bat, Gaigl im 23. Inf. Regt., Frhrn. v. Freyberg⸗Schütz zu Holzhausen im Ulan. Regiment Kaiser Wilhelm II., König von Preußen, Emrich im 4. Inf. Regt. König Wilhelm von Württem⸗ berg, Bernhardt im 18. Jnf. Regt. Prinz Ludwig Ferdinand, Niedermayer im 10. Feldart. Regt., Göötz im 12. Feldart. Regt., Vollmann im 19. Inf. Regt. König Viktor Emanuel III. von Italien, den Unteroff. der Res. Fries, dienstleistend im 3. Inf. Regt. Prinz Karl von Bayern, die Fahnenljunker, Unteroffiziere Mönch im 10. Inf. Regt. Prias Ludwig, Geitner im 2. Jägerbat., Hueber im 4. Inf. Regt. König Wilhelm von Württemberg, Schenk Gr. v. Stauffenberg im 1. Ulan. Regt. Kaiser Wil⸗ helm II., König von Preußen, Fehn im 21. Inf. Regt., Schmaußer im 1. Trainbat., Siegert im Eisenbahnbat., Frhrn. v. Podewils im 6. Chev. Regt. Prinz Ahbrecht von Preußen, Hengen, Müller im 12. Feldart. Regt., Seiler im 23. Inf. Regt., Denk im 7. Chev. Regt., Brand im 21. Inf. Regt., Götz im 16. Inf. Regt. Großherzog Ferdinand von Toskana, Baum im 9. Feldart. Regt, Rasp im 4. Inf. Regt. König Wil⸗ Ff von Württemberg, Gr. v. Tattenbach im 1. Ulan. Regt. Kaiser Wilhelm II., König von Preußen; am 26. v. M.: zu ernennen: zum Zweiten persönlichen Adjutanten Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Ludwig von Bayern den Oberlt. Frhrn. v. Roten han des 1. Chev. Regts. Kaiser Nikolaus von Rußland unter Beförderung zum Rittm. ohne Patent, zum Platzmajor in Landau den Hauptm. Burgartz, Komp. Chef im 23. Inf. Regt., zum Komp. Chef im 23. Inf. Regt. den Oberlt. Neu⸗ mayer des 18. Inf. Regts. Prinz Ludwig Ferdinand unter Be⸗ förderung zum Hauptm. ohne Patent, zum Adjutanten bei der 3. Inf. Brig. den Oberlt. Ludwig v. Hößlin des 3. Inf. Regts. Prinz Karl von Bayern, zum Adjutanten bei der 11. Inf. Brig. den Oberlt. Werkmann des 1. Inf. Regts. König; zu versetzen: die Hauptleute Kaiser von der Zentralstelle des Generalstabes zum Generalstabe I. Armeekorps, Hemmer, Adjutanten bei der 3. Inf. Brig., zum Generalstabe II Armeekorps, den Oberlt. Haack, Adjutanten bei der 11. Inf. Brig., zur Zentralstelle des Generalstabes unter Beförderung zum Hauptm. ohne Patent; zu befördern: zu Oberlts. die Lts. Lorch der 1. Maschinengewehrabteil., Venzl des 11. Inf. Regts. von der Tann, Stirner des 21. Inf. Regts. und Jung des 5. Chev. Regts. Erzherzog Albrecht von Oesterreich; b. im Sanitäts⸗ korps: im Beurlaubtenstande: am 12. v. M. zu befördern: zu Assist. Aerzten in der Res. die Unterärzte Dr. Koch (Zweibrücken), Dr. Mendler (I München), Flögel (Würzburg), Dr. Sundheimer, Stöger, Dr. Kirschner, Dr. Görtz, Dr. Baumann (1 München), Hahn (Nürnberg), Klein, Dr. Huch, Dr. Holzbach, Dr. Söldner, Koch (I München), Dr. Strub, Dr. Orth (Erlangen), Baumann (Nürnberg), in der Landw. J. Aufgebots den Unterazt Dr. Huber (Erlangen); c. bei den Beamten der Militärverwaltung: im aktiven Heere: am 1. v. M. dem Veterinär Rau des 12. Feldart. Regts. das Ausscheiden aus dem Heere mit dem 11. Februar 1906 behufs Uebertritts in die Kaiserliche Schutztruppe für Südwestafrika zu bewilligen; am 20. v. Mts. den Kanzleisekretär Deboi, Kanzlei⸗ funktionär beim Generalstabe, mit Pension in den erbetenen Ruhe⸗ stand treten zu lassen; am 25. v. Mte. zu ernennen: zum Intend. Assessor bei der Intend. III. Armeekorps den geprüften Rechts⸗ praktikanten Dr. 5 rank, Lt. der Res. des 14. Inf. Regts. Hart⸗ mann, zu Militärbauinspektoren die Regierungsbaumeister v. Kramer hbeim Militärbauamt Landau und Kaiser bei der Intend. III. Armee⸗ korps, zum Geheimen expedierenden Sekretür im Kriegsministerium den Geheimen Kalkulator Gütt daselbst, zu Kalkulatoren im Kriegsministerium die Intend. Sekretäre Meyer der Intend. der 6. Div. und Wopperer der Intend. I. Armeekors, beide unter Verleihung des Titels eines Geheimen Kalkulators, zu Geheimen Kanzleisekretären im Kriegs⸗ ministerium die Kanzleifunktionäre Thumann, Wiebach, afnitzl des Kriegsministeriums, Guter des Generalstabes und I des Kriegsministeriums, zu Intend. Sekretären die Bureau⸗ 2 Intend. III. Armeekorps Lippert bei der Intend. Meister bei der Intend. III. Armeekorps und
nereiß bei der Intend. II. Armeekorps, zum Registrator bei der
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Königlich Sächsische Armee. 8 Fähnriche usw. 28. Februar. Stever, Lt.
Rögi. Nr. 102 Prinz⸗Regent Luitpold von Bavyern, in 1.5 1 Inf. Regt. Nr. 105 König Wilhelm II. von Württemberg versetzt.
1. März. Eeeescante Oberprimaner des Kadettenkorps in der Armee als Fähnriche angestellt, und zwar: die Portepeeunteroffi⸗ ztere: v. der Decken im 2. Gren. Regt. Nr. 101 Kaiser Wilhelm, König von Preußen, Richter im 5. Inf. Regt. Kronprinz Nr. 10 4¼, Beyer im 7. Infanterieregiment König Georg Nr. 106, Kirchner im 8. Infanterieregiment Prinz Johann Georg Nr. 107, rhr. v. Oer im Schützen⸗(Füs.) Regt. Prinz Georg Nr. 108, Gr. chall⸗Riaucour im Gardereiterregt., v. Haugk im 1. Ulan. Regt. Nr. 17 Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn. Dieselben haben am 5. März d. J. bei ihren Truppenteilen ein⸗ zutreffen. 16“ Beamte der Militärverwaltung. PS’orn des Kriegsministeriums. 13. Fe⸗ bruar. Klügel, irtschaftsinsp., Kanold, bisher Königl. preuß. Wirtschaftsinsp., — unterm 1. März d. J. zu Administratoren beim Remontedepot Obersohland bezw. Kalkreuth ernannt. Kaiserliche Schutztruppen. Schutztruppe für Südwestafrika.
Durch Verfügung des Reichskanzlers kommando der Schutztruppen). 26. Januar. He Immendorf, Gust, Unterveterinäre, mit dem 19. Januar d. Schmidt, Unterveterinär, mit dem 25. Januar d. J. — i Schutztruppe übernommen und zu Oberveterinären ernannt.
11. Februar. Rau, Zimmer, Hansmann, Just, Unter⸗ veterinäre, mit dem 11. Februar 1906 in die Schutztruppe über⸗ nommen und zu Oberveterinären ernannt.
22. Februar. Bauer, Bekleidungsamtsaspir., mit dem 11. Fe⸗ bruar d. J. in die Schutztruppe übernommen und gleichzeitig mit Wahrnehmung der Stelle eines Bekleidungsamtsassist. beauftragt.
23. Februar. Toußieng, Zahlmstr. Aspir., mit dem 24. Fe⸗ bruar d. J. in die Schutztruppe üͤbernommen und zum Zahlmstr. ernannt. 9
fiziere im 3. Inf.
Deutscher Reichstag. 57. Sitzung vom 5. März 1906, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Tagesordnung: Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Ueberleitung von Hypotheken des früheren Rechts, auf Grund der in zweiter Beratung unverändert angenommenen Vorlage, Interpellation der Mitglieder des Reichstags Gothein, Dr. Semler, Dr. Müller (Sagan), die zollamtliche Abfertigung deutscher Ausfuhrgüter an der russischen Grenzstation betreffend, und zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes, be⸗ treffend die Feststellung des Reichshaushaltsetats für das Rechnungsjahr 1906, Spezialetats: Reichsjustiz⸗ verwaltung, Reichspost: und Telegraphenverwaltung, Reichs⸗ druckerei, Reichseisenbahnen und Reichseisenbahnamt.
Niach unveränderter, endgültiger Annahme der Hypotheken⸗ gesetznovelle wird, wie gestern berichtet worden ist, in die Be⸗ ratung des zweiten Punktes der Tagesordnung eingetreten.
Abdg. Gothrin (fr. Vag.) fortfahrend: Am 17. Februar erschien eine Bckanntmachung, wonach die Lieferfristen für die nach Wirballen und wohl auch nach Alexandrowo be⸗ stimmten Güter um 10 Tage verlängert wurden. Das heißt, diejenigen Versender, die mit großen Kosten eine besondere Lieferfrist ausgemacht bhatten und eventuell das Interesse an der Lieferfrist für den Waggon mit 10 000 ℳ und mehr deklariert hatten, hatten das Nachsehen, es war alles Ppro nihilo! Konnte eine solche Maßnahme einseitig von der russischen Ver⸗ waltung verfügt werden, oder geschah das im Einverständnis der anderen beteiligten Verwaltungen? Ich halte es für unmöglich, daß die deutsche Eisenbahnverwaltung damit einverstanden gewesen sein kann, daß ein solches Abkommen zwischen den Interessenten durch die Bahnverwaltung annulliert wurde; es hätte ja dann die deutsche Eisenbahnverwaltung die deutschen Versender zu Gunsten der russischen Zollverwaltung in unerhörter Weise geschädigt. Ueber die Tragweite und Beteiligung der deutschen Eisenbahnverwaltung bieran bin ich freilich nicht genügend unterrichtert. Vorher konnten die Versender für die nicht rechtzeitige Lieferung die Eisenbahnverwaltung in An⸗
end. der militärischen Institute den Militäranwärter, Bezirksfeldw. b des Bezirkskommandos Erlangen, zum Zahlmstr. im korps den Zahlmstr. Aspir. Scholl des 2. Ulan. Regts. zu Buchhaltern den Sekretär Uebelherr der Remonten⸗ alt in Neumarkt i. Oberpf. bei der Zahlungsstelle II. Armeekorps Range unmittelbar nach Buchhalter Hofmeister der Gen. Militärkasse und den Oberlt. a. D. Passapvant bei der Gen. Militärkasse, zum Kanzlisten bei der Gen. Militärkasse Kanzlei⸗ funktionär Horn des Kriegsministertums, zu Provpiantamtsassistenten die Proviantamtsaspiranten Kiesel beim Proviatamt München und Würtz der Garn. Verwalt. Zweibrücken beim Propiantamt Augsburg; iu versetzen: den Intend. Rat Scholz von der Intend. III Intend. milttärischen die
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miede, vom 1. weren Reiterregt. Prinz Karl von zur Militärlehrschmiede u Idnerx von der Res. (Zweibrücken) in den Friedensstand des 7 ev. Regts. mit dem Range vom 25. Juli 1904, den Buchhalter Wagner von der Zahlungsftelle II. Armeekorps zur Gen. Militärkasse, den Sekretär Püchtner vom Remontedepot Schwaiganger zur Remontenanstalt in Neumarkt i. Oberpf., den Militärbausekretär Schneider vom Militärbauamt Augsburg 1 zum Kriegsministerium; zu befördern: zum Intend. Rat den Intend. Assessor Rudolpb, Vorstand der Intend. der 3. Div., zu Ober⸗ zahlmeistern die Zahlmeister Frhrn. v. Junker u Bigato des Inf. Leibregts und Hermann des 2. Regts. Kronprinz, zu
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die Provpiantamtsassistenten Proviantamts Augsburg bei jenem in Bapreuth und Fuchs beim Proviant⸗ amt Germersheim, zu Intend. Bausekretaren die Militärbausekretäre Bartb des Militärbauamte Ingolstadt I1 bei der Intend. I. Armee⸗ korbce, Wagner des Militärbauamts Würzburg II bei der Intend. II. Armeekorps, Falcke des Militärbauamts Nürnberg bei der Intend. IIIL Armeekorpe und Schulherr des Militärbauamts München I der Intent. der militürischen Institute; im Beurlaubtenstande: den Abschied za den Oberapothekern [ München) von Aufgebots, Dr. (Bamberg), GFlei stadt) von der 2 Auigebotes; E in der Uniezapotheter K (Luzwigshafen), Ihl (Kissingen), Mann (Rasenbeim’, Christin ([Passauk, Kamm (Zweibrücken), Fischer (I München), Weile iserslautern), Conrad (Kemptea, Zink (Wanzburg), Dexheimer (Eclangen), Hauck (Zaeibrũckens, Buschor Nüinberg). München, 25. Fabruar 1906. Der Unterveterinär der Res. Dr. Brurnninger (Nücaterg) wirt zum Unterveterinär des Friedens⸗ handes im 12. Feibart Regt. ernannt und mit Wahrnehmung einer offenen Velctinarftelle bæauftragt
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spruch nehmen, und sie waren dadurch geschützzt; durch die Aus⸗ dehnung der Lieferfrist verloren sie diesen Schutz. Die Schuld liegt ausgesprochen an der russischen Bahnverwaltung und der Unzulänglichkeit der Einrichtungen in Wirballen. Die Eisenbahndirektionen in Bromberg und Königsberg haben aber diese Verlängerung der Lieferfrist mit publiziert. Am 26. Fe⸗ bruar wurde erst am späten Nachmittag ein einziger Zug übergeführt. An diesem Tage passierte ein Extrazug mit der russischen Kaiserin die Grenze. egen Vorsichtsmaßregeln ist an einem solchen Tage ja nichts einzuwenden, aber wohl dagegen, daß diese Vorsichtsmaßregeln mit höheren Zöllen deutscherseits bezahlt werden. Das Verlangen, die schon angekommenen, aber nicht rechtzeitig abgefertigten Waren zum
spielig, zeitraubend und unsicher, daß die deutschen Int essenten nicht auf den Weg des Bittgesuches verwiesen werden sollte Die russische Regierung hat trotz ihres Zollgesetzes die moralise Verpflichtung, den niederen Zollsatz zu gewähren. Unsere Int essenten haben den dringenden Wunsch, darin sind Schutzzöllner 1 Freihändler einig, daß eine gleichmäßige internationale Behandlung
ollsachen eintreten muß, dann wären solche Zustände, wie sie in Ruh⸗ land vorgekommen sind, nicht passiert. Man könnte fragen, ob d Einbringung dieser Interpellation notwendig war. Das Auswärtin Amt war allerdings bei der russischen Regierung vorstellig geworden Trotzdem haben wir diese Interpellation eingebracht, damit auch d Reichstag Gelegenbeit hätte, zu bekunden, daß er in dieser Frage d. keine Parteifrage ist, hinter der Regierung steht, daß in diesem Fal) Rußland die Schuld trägt. nicht in das Einvernehmen gesetzt, um jeden Schein in Rußland zu der meiden, als handle es sich hier um bestellte Arbeit. Die Interpellation; nicht bloß von einer Partei gestellt, sie ist von Freunden und Gegne⸗ der neuen Handelspolitik unterschrieben. Die Stellung zur Zon politik spielt bei dieser Frage in keiner Weise mit. Wir sind mn bewußt, daß internationale Verhältnisse mit Vorsicht und Schonu aufgefaßt werden müssen, andererseits aber glauben wir, daß gege eine solche Mißhandlung, wie sie unseren Interessenten widerfahre ist, ein energischer Protest erhoben werden muß. Die Frage mut behandelt werden vor dem Forum weitester Oeffentlichkeit, damit maß nicht bloß in Deutschland, sondern auch in Rußland über die Auf fassung eines solchen Vorgehens der russischen Verwaltung Klandet gewinnt. Die deutschen Interessenten müssen darin eine Verletzun von Treu und Glauben finden, daß die Verzögerung auf russische Seite ihnen schwere Zollstrafen auferlegt.
Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern Staatsminister Dr. Graf von Fosedeevesboe Weheer; Meine Herren! Ich glaube, das hohe Haus wird mit mir einven⸗ standen sein, daß eine solche Meinungsverschiedenheit zwischen zwe Regierungen vom Bundesratstisch aus mit strenger Sachlichket und großer Ruhe behandelt werden muß, wodurch nicht aus⸗ geschlossen ist, daß hinter unseren Forderungen auch die nötig⸗ Festigkeit stehen wird. (Bravo!) Wenn auch der Herr Interpellant bereits im allgemeinen den Gang der Verhandlungen zwischen der Kaiserlich deutschen Regierung und Kaiserlich russischen Regierung angedeutet hat, so glaube ich doch, wird es zur Klarx⸗ legung des Sachverhaltes deitragen, wenn ich die Hauptgesichts⸗ punkte dieser Verhandlungen nochmals kurz auseinanderlege.
Der Unterschied in der Zollabfertigung und in den Grundsätzer über die Anwendung der neuen Zollsätze zwischen dem deutschen Verfahren und dem russischen Verfahren desteht darin, daß für die Anwendung der neuen Zollsätze in Deutschland der Zeitpunkt maßgebend ist, in welchem die Waren zur Zollab⸗ fertigung angemeldet bezw. zur Zollabfertigung gestellt sind, während nach der russischen Gesetzgebung für die Anwendung der neuen Zollsätze die Beendigung der Zollrevision maßgebend ist.
Dies vorausgeschickt, gestatte ich mir ich muß hier, meine Herren, ein ziemlich umfangreiches, trockhnes Material vortragen aber ich glaube, es ist zur Aufklärung des hohen Hauses und des In⸗ teressentenkreises außerhalb des Hauses doch wichtig, daß dieses Material hier zur Kenntnis gelangt —, den amtlichen Schriftwechsel vor⸗ zutragen.
Am 24. Oktober v. J. hat das Kaiserliche Generalkonsulat in St. Petersburg den Auftrag erhalten, an maßgebender Stelle anzu⸗ fragen, nach welchem Tarif Waren zu verzollen sind, die zur Zeit des Inkrafttretens des neuen russischen Zolltarifs (1. März des Jahres die Grenze passieren.
Das russische Zolldepartement hat darauf die bereits von dem Hern Interpellanten angedentete Antwort gegeben, daß nach Art. 464 des russr⸗ schen Zollustaws von 1904 derjenige Zolltarif anzuwenden sei, der am Tage der Beendigung der Zollbesichtigung irn Geltung ist. Darauf ist am 19. Dezember v. J. dem Hern Botschafter der Auftrag erteilt, dahin zu wirken, daß alle Waren, die bis zum Ablauf des Tages vor dem Inkrafttreten des neuen Tarifs d. h. also bis Mitternacht zwischen dem 28. Februar und 1. März die russische Grenze passiert haben, nach dem alten Tarif verzollt werden, oder daß wenigstens entsprechend unserem Verfahren der Zeis⸗ punkt der Anmeldung und Vorführung der Ware bei dem zuständigen Zollamt als ausschlaggebend anerkannt werde.
Auch die auf weitere telegraphische Weisungen vom 21. und 26. v. M. von der Botschaft in St. Petersburg zum Ausdruck gebrachten Wünsche, es möchten außer den Sendungen, welche bis zum 28. Februar die russische Grenze passiert haben, auch diejenigen Sendungen zum bisherigen Tart verzollt werden, welche laut Frachtbriefstempel an deutschen Grenzstationen
der
alten Zoll zuzulassen, wurde abschlägig beschieden. Es war wie Hohn, daß mitgeteilt wurde, daß das Personal und das rollende Material vermehrt werden sollten. Die russische Regierung zog sich darauf zurück, daß sie nach Lage des Gesetzes nicht anders handeln könnte. Sie hat sich aber selbst die Möglichkeit gewahrt, an diesen gesetzlichen Bestimmungen zu ändern. Wenn in den letzten Tagen die Verbdältnisse nicht schlimmer geworden sind, so liegt das daran, daß viele Sendungen umkartiert wurden. Am 26. und 27. Februar hat
eine Konferenz der Beteiligten stattgefunden, und die russische Zoll⸗
verwaltung hat die Schuld den deutschen Spediteuren aufgebürdet, weil sie nicht rechtzeitig den Zoll bezahlt hätten. Diese Beschuldigung war durchaus unbegründet. Die deutschen Spediteure haben sich recht⸗ zeitig mit Geld versehen. Die Waren waren nicht einmal ausgepackt. Die Schuld liegt ausschließlich auf russischer Seite, die hatte sich den Verhältnissen des Verkehrs nicht angepaßt. Ein Verschulden der deutschen Sender ist absolut nicht zu konstruieren. Die Verkehrsstockungen waren schon Ende Januar eingetreten. Jeder Staat, der Wert auf sein Ansehen legt, ist in solchem Falle moralisch und völkerrechtlich verpflichtet, den Schaden auf sich zu nehmen. Rußland bezieht sich auf ein Gesetz, russische Gesetze sind schließlich etwas anderes als die konstitutioneller Staaten; dort heißt es: suprema lex Zari voluntas. Die russische Verwaltung hat es tatsächlich bezüglich der gezwirnten Seide und der Rohseide bei den alten Zollsätzen belassen. Die Gesebe sind also unter Umständen nicht für sie vorhanden. Erst in diesen Tagen erging das Zirkular Durnowos, wonach Redakteure, die eine aufreizende Tätigkeit entfaltet hatten, einfach nach Sibirien abgeschoben werden können. Eine Re⸗ gietung, die sich selbst über ihre eigenen Gesetze stellt, kann sich nicht barauf berusen, daß es in diesem Falle die Gesetze unmöglich machen, anders zu verfahren. Die deutschen IJnteressenten müssen auf die Vermutung kommen, daß planmäßig die Absicht ver⸗ folgt wird, die böberen Zolisätze einzuzieben. Die russische Regierung will ja nun erwägen, ob aus Billigkeitsgründen Ausnahmen eintreten sollen. Es bandelt sich hier aber nicht um Ausnahmen, sondern um die Regel. Es ist eine starke Zumutung, daß in diesem Falle der Geschädigte auf ein Bittgesuch angewiesen sein urd keinen Rechis⸗ anspruch haben soll. Man weiß ja, was es heißt, bis in die letzten Jastanzen ein solches Bittg⸗such in Rußland durchzub ingen. Mit Bestechung soll ja bei den Grenzbeböchen nicht das geringste
zu erreichen sein. 2 ber immerhin sind die sonstigen Schwierig⸗ ⸗ außerordentli so kost⸗
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bis 28. Februar zur Ueberführung nach Rußland bereit standen, ader wegen Annahmeverweigerung der russischen Stationen nicht dortbin überführt werden konnten, und es möchten die in Evxvdtkuhnen lagernden Güter in russische Wagen verladen und auf die russische Spur nach Wirballen verbracht werden, blieben unerfüllt. Die russische kam unseren Wünschen nur insoweit nach, wie der Herr Interpellant bereits angeführt hat, daß sie sich bereit erklärt hat, nach dem 28. Februar alle Gesuche um Anwendung des alten Tarifs auf diejenigen Waren zu prüfen, welche zwischen der Grenze und Zol⸗ ämtern im Innern Rußlands durch Ausnahmezustände aufgehalten wurden.
Gegenüber diesem Gange der Verhandlungen, glaube ich ist es wichtig festzustellen, wie denn der Stand der Dinge an der Grenze tatsächlich ist. Ich habe mich deshalb an den Herrn Eisen⸗ bahnminister mit der Bitte gewandt, den j tzigen Zustand der Ding telegraphisch festzustellen, und ich lege Wert darauf, zum Verständnis der Antworten der einzelnen Abfertigungestationen, Ihnen auch dieses Tele⸗ gramm des Heern Eisenbahnministers vorzulesen. Der Herr Eisenbahn⸗ minister telegraphierte am 3. März an die deutsch⸗russischen Grenr⸗ stationen:
Zur Beantwortung der Reichstagsinterpellation ist bis morgen mittag 12 Uhr telegraphisch zu berichten:
2. wieviel Wagen mit Ausfuhrgut für Rußland auf den preu⸗ ßischen Grenzstationen bis zum 28, v. M. Abends zurückgeblieben und wieviel von diesen Wagen den russischen Grenzstationen zur Uebernahme angeboten, von letzteren aber nicht angenommen und infolgedessen in Preußen liegen geblieben sind;
bo. welches bie Gründe für die Annahmeverweigerung gewesen sint, insbesondere ob diese Gründe auf dem Gebiet des Zollweseng, wie Ueberfüllung der Zollschuppen, Mangel an Zol⸗ personal und vergl. gelegen haben, oder ob et sich um Hindernif⸗ im Eisenbahnbetriebe, wie Unfahrbarkeit von Eisenbahn⸗ strecken infolge von Elementarereignissen, Zerstörung von Eisenbahn⸗
Regierung
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Wir haben uns vorher mit der Regierung
(hört, hört!),
(Hört, hört! links.)
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strecken durch gewaltsame Handlungen, Arbeitseinstellung von Eisen⸗
bahnbeamten und Arbeitern gehandelt hat.
Diese Unterscheidung war auch meines Erachtens wichtig, fest⸗ zuhalten, da es einen sachlichen Unterschied macht, ob es außer⸗ ordentliche Ereignisse waren, die die Beendigung der Zollrevision nicht ermöglichten, oder ob es die Folge von Zuständen war, die man schließlich den Absendern nicht zur Last legen kann. (Sehr richtig! links.)
Für die Direktion Danzig war zu diesem Telegramm noch der
Zusatz gemacht:
Welche Ursachen hatte das Zurückbleiben der Frachtbriefe für die Sammelladung aus Neufahrwasser, Schuld der Eisenbahn? Die Antworten der einzelnen Grenzstationen lauten folgendermaßen:
1) von der Station Königsberg. „Zu a. In Prostken waren Reste an Ausfuhrgut nach Rußland or Inkrafttreten des neuen Zolltarifs nicht vorhanden. In Eydt⸗ kuhnen konnten 385 Wagen nicht übergeben werden. (Hört, hört! links.) 8 Diese Wagen waren von Eydtkuhnen der russischen Grenzstation zur Uebernahme wiederholt seit mehreren Tagen angeboten
on der letzteren aber nicht angenommen worden und blieben infolge⸗ dessen in Preußen liegen. Zu b. Die Uebergabe wurde durch die russische Zollbehörde gesperrt. Hinderungsgründe waren insbesondere Ueberfüllung der Zollschuppen, Fehlen von Beleuchtung auf den Zollrampen. Zollamt erklärte, an Nachtarbeiten auch bei künstlicher Beleuchtung gesetzlich verhindert zu sein.
Die Petersburg⸗Warschauer Bahn erklärte sich bereit, noch am letzten Tage sämtliche von Eydtkuhnen angebotenen Wagen zu übernehmen, oöhne daß der Bahnhof Wirballen überfüllt und das Rangiergeschäft in seiner Abwicklung gestört worden wäre. Von der Möglichkeit haben wir uns persönlich überzeugt. Sie hatte sogar am letzten age auf zwei russischen Gleisen eine dritte Schiene für preußische Spur eingezogen, um allen Anforderungen der deutschen Eisenbahn genügen zu können Von Dannig wird gemeldet:
Auf Grenzübergang Illowo⸗Mlawa sämtliche in Illowo bis zum 28. v. M. Abends eingegangenen, zur Ausfuhr nach Rußland be⸗ stimmten Güter vor Inkrafttreten des neuen Zolltarifs den russischen Bahnen übergeben und russischerseits zollamtlich abgefertigt mit Aus⸗ nahme einer Sammelladung aus Neufahrwasser nach Mlawa im Gewichte von 12 746 kg, zu welcher die Frachtbriefe für die Weiter⸗ 8 eförderung ab Mlawa erst am 1. März Vormittags durch die Post in Illowo eingegangen sind. Eisenbahn trifft an dem verspäteten
Fingang keine Schuld. Ferner aus Bromberg:
In Bestätigung unseres Telegramms vom 1. d. M. be⸗ richten, daß sämtliche in Thorn und Ottlotschin vorhandenen Wagen mit Ausfuhrgut für Rußland am 28. Februar an
Alerandrowo übergeben sind. Aus Posen:
Auf den Grenzstationen hiesigen Bezirks bhat sich der Ausfuhr⸗ verkehr nach Rußland bis 28. Februar Abends glatt abgewickelt. Zurückgeblieben sind am 28. Februar Abends nur einige auf die Grenzstationen abgefertigte Sendungen für Rußland, welche die
Ermpfänger nicht abgenommen haben, vermutlich wegen zu hohber Nachnahmebelastung. Also hier haben die Empfänger nicht abgenommen. Weiter aus Kattowitz:
Die in unserem telegraphischen Bericht vom 1. März d. J. ge⸗ machten Angaben über die vom 28. Februar auf unseren Grenz⸗ stationen mit Ausfuhrgut nach Rußland zurückgebliebenen Wagen sind nachgeprüft und richtig befunden. Die Uebernahme sämtlicher zurückgebliebener Wagen wurde am 28. Februar von der Weichsel⸗ staatseisenbahn wegen Ueberfüllung ihres Bahnhofes in Sosnowice erweigert. 8g Aus Königsberg noch eine Antwort:
Unser Verkehrsinspektor hat heute mit den Firmen Siemssen das ist der Fall, den der Herr Interpellant erwähnte Jung u. Fiedler mündlich verhandelt. Dieselben erklärten, daß die Behauptung des Wirballener Zolldirektors, sie seien mit der Zollzahlung in Rückstand geblieben, irrtümlich sei. Die Firma Jung hat uns bereits früher eine schriftliche Erklärung vorgelegt, wodurch das Wirballener Zollamt bescheinigt, daß Rückstände oder Die übrigen
Verzögerungen in der Zollbezahlung nicht vorliegen. beiden Firmen werden gleiche Erklärungen später einreichen. Die von unserem Verkehrsinspektor mit den genannten Firmen auf⸗ genommene schriftliche Verhandlung und die Bescheinigung des Wirballener Zollamts folgen besonders.
Diese Bescheinigung liegt hier vor.
Schließlich noch ein Schreiben des Auswärtigen Amts an den Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten. Dasselbe lautet:
Der Kaiserliche Botschafter in St. Petersburg war, entsprechend der Verständigung mit dem dortigen Referenten, angewiesen worden, bei dem russischen Finanzminister den Antrag des Zollkammer⸗
irektors in Wirballen, daß die in Eydtkuhnen lagernden Güter in russische Wagen verladen und auf der russischen Spur nach Wirballen in den dortigen breitspurigen Bahnbofsteil verbracht werden dürfen, zu unterstützen. Wie der Botschafter nunmehr be⸗ richtet, hat der Finanzminister die Genehmigung zur Ueberführung der Güter nicht erteilt, da hierdurch dort eine verwirrende Ueber⸗ füllung veranlaßt werden würde. (Hört! hört!)
Ich möchte hier auch noch — das wird von Interesse sein — ein Schreiben des Herrn Ministers der öffentlichen Arbeiten, welches eingegangen ist vor diesen telegraphischen Berichten —, teilweise verlesen. Es heißt dort:
Nach Sosnowice konnten vor dem 1. März nicht überwiesen werden von der Kattowitzer Anschlußstrecke 397 Wagen Ausfuhrgut und von der Schoppinitzer Strecke 275 Wagen. Letztere 275 Wagen nthielten Kohlen und Koks. Unter den in Kattowitz zurückgebliebenen Wagen befanden sich 393 Wagen mit Kohlen und Koks, 1 Wagen mit Steinkohlenteer und 3 Wagen mit Grubenholz, welches letztere
Kohle, Koks und Steinkohlenteer Erhöhungen nicht in Betracht kommen. In Eydtkuhnen sind 385 Wagen Ausfuhrgut zurückgeblieben, darunter etwa 85 Wagen mit zollfreien oder solchen Gütern, die nur eine geringe Zollerhöhung erfahren haben. Die Reste von Ausfuhrgütern nach Rußland mit nennenswerter Zollerhöhung betragen somit insgesamt etwa 303 Wagen. Inwieweit bei den den russischen Eisenbahnen rechtzeitig übergebenen Wagen die zollamtliche Abfertigung etwa nicht mehr rechtzeitig bewirkt worden ist, entzieht sich der Kenntnis der Eisenbahnverwaltung. Während nach einer Besprechung, die am 23. v. M. zwischen Vertretern der Königlichen Eisenbahndirektion in Königsberg und der russischen Eisenbahn⸗ und Zollverwaltung statt⸗ gefunden hatte, angenommen werden konnte, daß mit Hilfe der in Aussicht genommenen Maßnahmen: Verstärkung des russischen Zoll⸗ personals, Zollabfertigung an den drei russischen Feiertagen (23. bis 25. Februar), preußischerseits gestellte Aushilfe mit Rangier⸗ maschine, Personal und Beleuchtung Reste vermieden werden würden, trat am 27. v. M. wiederum eine Stockung ein
— also am 27. Februar —, “ da das russische Zollamt in Wirballen die Uebernahme weiterer, preußischerseits fertiggestellter Züge verweigerte, trotzdem die Peters⸗ burg⸗Warschauer Bahn erklärte, daß die in Evdtkuhnen damals
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stehenden 340 Wagen übernommen werden könnten, da genügend Platz vorhanden sei.
Das ist das amtliche Material, was hier vorliegt. Der Reichs⸗ kanzler kann unter solchen Umständen nichts tun, als darauf wirken, daß diejenigen erhöhten Zollsätze, die etwa gefordert werden, weil die Abfertigung verzögert ist durch Ereignisse, die nicht den Charakter der höheren Gewalt tragen, sondern durch Abfertigungs⸗ schwierigkeiten, die vermieden werden konnten, vom deutschen Im⸗ porteur nicht eingehoben werden. Der Herr Reichskanzler wird seine bisberigen Bemühungen in dieser Beziehung fortsetzen (Hört, bört! bei den Nationalliberalen), und wir hoffen, daß es so gelingen wird, mit der russischen Regierung zu einer entsprechenden Ver⸗ ständigung zu gelangen, daß man diejenigen Importeure, die an der Forderung eines höheren Zollsatzes ihrerseits unschuldig sind, in ge⸗ wissen Grenzen klaglos zu stellen geneigt ist.
Weiteres, meine Herren, kann ich heute zur Sache nicht erklären. Ich glaube, das hohe Haus tut wohl, in dieser Beziehung vertrauens⸗ voll den Schritten entgegenzusehen, die der Herr Reichskanzler im Interesse unserer Industriellen und unserer Exporteure zu unter⸗ nehmen entschlossen ist. (Bravo! rechts und bei den Nationalliberalen.)
Auf Antrag des Abg. Schrader (fr. Pgg.), den auch das Zentrum unterstützt, findet eine Besprechung der Inter⸗ pellation statt.
Abg. Beumer (nl.): Wir erkennen durchaus an, daß die ver⸗ bündeten Regierungen rechtzeitig und eifrig bemüht gewesen sind, das Uebergangsstadium zu regeln, leider bisher nicht mit dem ge⸗ wünschten Erfolg. Wir haben die Interpellation mitunterzeichnet, weil wir von den Zuständen, wie sie an der russischen Grenze auf⸗ getreten sind, eine schwere Schädigung der wirtschaftlichen Interessen Heutschlands befürchten müssen. Ich habe schon bei der Beratung des russischen Handelsvertrages dargetan, welcher enorme Vorteil dem russischen Reiche zugestanden wurde, namentlich für Gußwaren, Bleche, und besonders Maschinen. Für eine 3000 pferdige Maschine begehg der russische Zoll 110 000 Mark oder mehr als das Zwölffache des deutschen; für andere Maschinen steigt er bis auf das 14 fache. Für alle Maschinen und Produkte der deutschen Eisen⸗ und Stahlindustrie treten diese exorbi⸗ fanten Zölle nach dem 28. Februar in Kraft, wenn die Verzollung nicht rechtzeitig erfolgt. ngesichts der enormen Erhöhung der russischen Zölle sind natürlich noch umfassende Geschäfte zum alten Zollsatz abgeschlossen worden; die Fabrikate sind rechtzeitig abgesendet, und die Schuld an der nicht rechtzeitigen Verzollung trifft schließlich Rußland. Trotz der außergewöhnlichen, unhaltbaren Zustände in Ruß⸗ land kann der deutsche Exporteur nicht für diese Verschuldung haftbar gemacht werden, nachdem wir bei den Handelsverträgen die Notlage Rußlands in keiner Weise ausgenutzt haben. Rußland ist aber nicht bloß morelisch, sondern auch völkerrechtlich verpflichtet, Deutschland gegenüber so zu bandeln, wie unsere Regierung es anstrebt. Diese moralische und völkerrechtliche Pflicht muß Rußland gegenüber jetzt energisch betont werden.
Damit schließt die Besprechung.
Das Haus setzt die Etatsberatung fort mit dem Spezial⸗ etat der Reichspost⸗ und Telegraphenverwaltung. Die Diskussion beginnt mit den Ausgaben für die Zentral⸗ verwaltung, zunächst: Gehalt des Staatssekretärs 44 000 ℳ Dazu liegt der Antrag der Abgg. Kern, Mentz und Schickert (dkons.) vor:
„Den Reichekanzler zu ersuchen, dafür Sorge tragen zu wollen, daß im nächstjährigen Etat durch Vermehrung der Endstellen für die böheren Reichsbeamten und durch Erhöhung der Gehaltsstufen derselben die Härten beseitigt werden, die sich seit Einführung des Svstems der Dienstaltersstufen vom 1. April 1895 bezw. der Personalreform von 1900 für einzelne Beamtenkategorien ergeben hbaben.“ b
Zum Postetat liegen eine große Anzahl von Petitionen von Beamten und Unterbeamten auf Gehaltsaufbesserung usw. vor; der Referent der Kommission für dieselben ist der Abg. Muͤller⸗Sagan.
Abg. Gröber (Zentr.): Beim Gehbaltstitel des Staatssekretärs bietet sich willkommene Gelegenheit zu einer Diskussion über die Sozlalpolitik der Postverwaltung. Die uns mitgeteilte eingebende Statistik über die mittleren und unteren Beamten, über Dienstzeit, Sonntagsarbeit, Ruhetag und Erholungsurlaub ist die dankenswerte Frucht einer vor zwei Jahren vom Reichstage gegebenen Anregung. de Vergleichung der beiden Jahre zeigt einen höchst erfreulichen Fortschritt. Das gilt schon von der werktäglichen Dienstzeit bei beiden Beamtenkategorien. Sozialpolitik zu treiben, ohne den Beutel auf⸗ zumachen, das geht nicht an; Erleichterung der Dienstzeit hedeutet auch Vermehrung des Personals, und der Staatssekretär wird den Reichstag allemal in dieser Richtung bereitwillig finden. Zu wünschen bleibt, daß die Dienststunden für den Nachtdienst möglichst zusammengelegt werden, damit möglichst wenig Personal zum Nachtdienst herangezogen wird; immerhin sind auf diesem Gebiet Reformen angebabnt und dankenswerte Anordnungen getroffen worden. Die Zahl der mittleren Beamten, welche die Höchstleistung an Dienstdauer zu machen haben, hat konstant ab⸗
reformiert. Während seine Vorgänger mit einer Unmenge von völliger Ruhe des Betriebes am Sonntag darzutun bemüht waren, hat er das wenigstens bezüglich des Paketverkehrs versprochen, und wir können ihm dafür dankbar sein. Die betreffende Verfügung ist aber bisher nicht veröffentlicht, obwohl sie sich deoch gewiß sehen lassen kann. Natürlich 8 sind auch Ausnahmen vorgesehen. Die Wirkung dieses Wegfalles der Paketbestellung am Sonntag wird eine ganz bedeutende sein. Für jedes christliche Gemüt hatte der Verkehr der gelben Postpaket⸗ wagen am Sonntag auf der Straße etwas besonders Anstößiges. Darum begrüßen wir diesen Schritt des Staatssekretärs. Die be⸗ stehenden Dienstvorschriften über die Sonntagsruhe sollten streng durchgeführt werden. Wir legen Wert darauf, daß den Post⸗ beamten durch einen freien Sonntagvormittag ermöglicht werde, den Gottesdienst zu besuchen. Der halbe Sonntag muß auch eine wirkliche Erholung gewähren, und nicht durch eine solche Tagesarbeit beeinträchtigt werden. Jedem Postbeamten muß am Sonntag Ge⸗ legenbeit gegeben werden, sich religiös zu erfrischen und zu stärken. Das kommt auch dem Dienst zugute. Wie es scheint, sind die Verwaltungsbeamten in bezug auf die Sonntagsruhe besser gestellt als die Betriebsbeamten. Ueber unsern Wunsch bezüglich der Freigabe des Dienstes an katholischen Feiertagen in katholischen Gegenden scheint die Regierung leider noch keine Entscheidung getroffen zu haben. Der Staatssekretär sprach von 4000 Orten und 60 000 Festtagen. So schlimm ist es doch nicht. Auch bezüglich des Schalterschlusses an Sonntagen ist uns die Regierung nicht entgegengekommen. Die vollständige Freigabe des Sonn⸗ tages muß als Ziel, wenn auch als ein fernes Ziel, im Auge behalten werden. Der Redner bespricht dann noch die Frage der Ruheschichten des Erholungsurlaubes, der Krankheits⸗ und Sterblichkeitsziffern und die Erhöhung der Dienstbezüge. Diese Wünsche werden immer wieder wiederholt von den höheren und niederen Postbeamten Mit der Steigerung der Kosten der Lebenshaltung stehen die Gehälte nicht in Einklang. Die Verwaltung wird sich einer allgemeinen Ge⸗ haltsaufbesserung auf die Dauer nicht verschließen können. Mit der ewigen Flickerei kommen wir nicht vorwärts. Das Dienstaltersstufen svstem sollte weiter ausgebaut werden. An sich hat es seine unleug⸗ baren Vorzüge. Wenn ich auf die Notwendigkeit einer Gehaltsverbesse⸗ rung der höheren Postbeamten nicht eingehe, so geschieht dies nur des⸗ wegen, weil diese Frage von einem anderen Fraktionsfreunde behandelt werden wird. Für die Unterbeamten, insbesondere die Postschaffner, Briefträger und Landbriefträger müßte mehr escheben. Die meisten Postboten erhalten die dritte Alterszulage überhaupt nicht. Die An⸗ stellungsverhältnisse für die Unterbeamten sind in den einzelnen Ober⸗ postdirektionsbezirken verschieden. Die Unterbeamten möchten wenigstens nach 12 jähriger Dienstzeit fest angestellt werden. Der Staatssekretär hat ja ein wohlwollendes Herz für seine Unter⸗ gebenen; möge er ihr Leben noch weiter verbessern, er kann dabei auf die Unterstützung des ganzen Reichstags ohne Unterschied der Parteien rechnen.
Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:
Meine Herren! Der Herr Vorredner hat in dankenswerter Weise der Bemühungen gedacht, die die Reichspost⸗ und Telegraphenverwal⸗ tung macht, um die Verhältnisse der Beamten, soweit es nach Lage der Dinge möglich ist, zu verbessern. Er hat sich eingehend mit der Statistik beschäftigt und hat, wofür ich ihm besonders dankbar bin, auch hervorgehoben, daß diese ja noch nicht in allen Beziehungen das Resultat der Bestrebungen darstellen kann, die die Verwaltung ver⸗ folgt, weil es bei der großen Zahl der Beamten und Unterbeamten ja naturgemäß nicht möglich ist, mit einmal die Verhältnisse so zu gestalten, wie es erstrebt wird.
Der Herr Vorredner hat dann besondere Wünsche ausgesprochen, nach welchen Richtungen die Statistik verbessert und ausgestaltet werden möchte. Selbstverständlich sind wir gern bereit, soweit es geht, noch mehr Material zu liefern; aber auf eins möchte ich die Herren doch aufmerksam machen. Eine solche eingehende Statistik ist recht teuer und erfordert sehr viel Zeit. Schon wie jetzt die Statistik aufgestellt ist, erfordert sie während vier Wochen 711 Beamte und kostet rund 135 000 ℳ Nun möchte ich bei allen Ihren Bestrebungen, sich über die Sachlage zu unterrichten, doch annehmen, daß es da auch eine Grenze geben muß, und daß das Geld eigentlich viel nützlicher verwandt werden könnte zum Besten der Beamten, als daß diese Statistik noch eingehender geliefert wird. Der Herr Vorredner sagte ja bereits, es würde immerhin vorkommen, möge auch die Statistik durchaus zutreffen, daß der Dienst sich in diesem oder jenem Amte einmal anders gestalte. Ja, das ist ganz richtig, das ist nicht zu vermeiden. Das liegt aber nicht daran, daß wir etwa mit dem Gelde zurückhalten, sondern daran, daß man nicht zu jeder Zeit ge⸗ eignete Ersatzkräfte findet, um den Dienst so zu regeln, wie es not⸗ wendig wäre. Das gilt besonders vom Sonntagsdienst. Das Be⸗ streben, am Sonntag so wenig wie möglich Beamte und Unterbeamte zu beschäftigen, ist vorhanden; aber daraus ergibt sich der Uebel⸗ stand, daß diejenigen Beamten, die Sonntags beschäftigt werden, auch ziemlich lange beschäftigt sind, und da tritt das ein, was der Herr Vorredner bereits hervorhob, daß solche Beamte womöglich von früh bis Mittags 1 Uhr beschäftigt sind, und daß dann der freie Sonntagnachmittag eigentlich keine große Wohltat für den Beamten ist. Das ist ganz richtig, aber beides läßt sich eben nicht vereinen. Damit muß man rechnen: bis 1 Uhr geht der Vormittag, um 1 Uhr fängt der Nachmittag an, und je weniger Beamte wir am Sonntag tätig sein lassen, um so mehr müssen wir dahin kommen, daß die, die tätig sind, auch längere Zeit beschäftigt sind. Das sind die gleichen Grundsätze wie beim Nachtdienst.
Nun wollen die Herren aber doch nicht vergessen, daß bei diese ganzen Sache ein Schaden für die Beamten nicht eintritt. Es ist richtig, daß der Beamte, der am Sonntagvormittag so lange be⸗ schäftigt ist, dem Gottesdienst nicht wird beiwohnen können. Aber auf sein Dienststundenmaß übt das keinen Nachteil aus; denn der Sonntagsdienst ist in das wöchentliche Leistungsmaß mit eingerechnet. Wenn der Beamte am Sonntag 8 Stunden tätig ist, hat er dafür in der Woche so viel weniger Dienststunden. Also eine größere Belastung tritt durch längeren Sonntagsdienst nicht ein, was ich besonders hervorheben möchte “
Was dann die Erleichterungen für den Sonntag betrifft, so ist, wie der Herr Vorredner erwähnte, die Paketbestellung schon auf⸗
lich Gründen uns die Unmsöglichkeit
und die Zahl derer mit geringerer Dienstdauer zugenommen. Dasselbe stellt die Statistik hinsichtlich der Unterbeamten in allen ihren Abstufungen fest. Die wöchentliche Dauer der Arbeit sollte durchweg bei den mittleren Beamten 48, bei den Unterbeamten 54, nur in Ausnahmefällen über 54 bezw. 60 Stunden betragen. Nach unseren Bestrebungen soll der Nachtdienst von dem einzelnen Beamten nicht so oft gefordert werden. Die Statistik sollte um eine Nachweisung er⸗ weitert werden, wie viele Beamten und Unterbeamten jeden dritten, vierten, fünften oder sechsten Tag Nachtdienst haben. Bei einem Nachtdienst in Berlin, der von Abends 8 bis Morgens 6 Uhr dauert und meist stebend, wie beim Briefsortieren, versehen werden muß, müßten die An⸗ forderungen an die Leistungsfähigkeit doch etwas herabgemindert werden,
bisher zollsrei war und jetzt mit einem Zoll von 3 Kopeken für Pud belastet ist. Für Sesnowice sind hiernach 3 Wagen Ausfuhr⸗ ut, für das eine Zollerhöhung eingetreten ist, zurückgeblieben, da bei
indem man eine weitere Pauseeinschiebt; noch besser wäre aber die Verkürzung des Nachtdienstes, indem man ihn vielleicht erst um 10 Uhr beginnen
liefe. Die Sonntagsarbeit hat der jetzige Staatssekretär S
gehoben. Ich möchte aber noch hinzufügen, daß auch eine Bestellung von Nachnahmesendungen Sonnteags nicht stattfindet, und daß auch, soweit es in den einzelnen Orten die Belastung der Briefträger nötig macht, nicht eilige Drucksachen von der Bestellung ausgeschlossen werden. Darin sind die Oberpostdirektionen zuständig. In welchem Umfange das stattfindet, vermag ich nicht zu sagen. Geldsendungen werden allerdings am Sonntag noch bestellt, und das möge der Herr Vorredner beachten, wie bei allen Erleichterungen die Reichspost⸗ und ⸗Telegraphenverwaltung sich bewußt bleiben muß, daß sie ein Verkehrsinstitut ist und nicht allein allen Neigungen für Erleichterungen des Personals Rechnung tragen kann, sondern auch im Zusammenhang mit dem Handels⸗ und Verkehrsstande
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