1906 / 57 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 07 Mar 1906 18:00:01 GMT) scan diff

und noch dazu ganz irrtümlicherweise ausführt: „Es erscheint als mit dem 1“ des Gesetzes in Widerspruch stehend, daß es einen Teil der Aktiengesellschaften, deren Aktienbesitz in festen Händen

bleibt, einer Abgabe entzieht, welche die in der Anhäufung des

Kapitals liegende Steigerung seiner Nutzkraft zu treffen bestimmt ist und daher Gesellschaften der bezeichneten Art ebenso fassen sollte, wie

solcne Gesellschaften, die, weil sie das Kapital auf den Maͤrkten auf⸗ suchen müssen, zur Ausstellung der Aktienurkunden genötigt sind.“ Daß für die „Abfindung“ kein Gesetz sich hat ermitteln lassen, ist bei der heutigen Höhe des Effektenstempels nur natürlich. Wenn der Abg. Gamp auch heute meint, daß das Börsengesetz seinen Zweck erfüllt

habe, indem es gewisse Geschäfte verhindert habe, so irrt er gründ⸗ lich; diese Geschäfte sind nicht verhindert worden und werden nicht verhindert werden. Leider sind aber ohne jeden Zweck und Nutzen die Alrbitragegeschäfte vernichtet worden. Auch wir wollen, daß die Einnahme aus dem Stempelgesetz nicht vermindert wird; aber man

soll doch an eine gründliche Reform gehen, es wäre das beste für beide

le.

Abg. Paasche (nl.): Wenn der Abg. Mommsen selbst für Plenar⸗

beratung plädiert, soll er doch nicht weitergehende Reformvorschläge

machen. Wenn er sich als den einzigen Sachverständigen ansieht, 5

übersieht er wohl, daß unter meinen Freunden der Bankdirektor DOrtel noch aktiv und der Abg. Büsing lange Jahrzehnte aktiv gewesen ist. Das Gesetz bätte sich auch im Plenum erledigen lassen, aber

nachdem Kommissionsberatung gewünscht ist, sind wir dem nicht ent⸗ gegen, zumal wir glauben, daß es auch in der Kommission keine großen Schwierigkeiten machen wird.

s Abg. Bachem: Würde die Vorlage nur von den Sachver⸗

ständigen zu beschließen sein, die auf der Höhe der Sachkenntnis des

Kollegen Mommsen stehen, so brauchte man das Plenum überhaupt nicht. Die Beratung wird im Hause nach Erstattung eines Sach⸗ verständigengutachtens auch in der Kommission viel leichter vor sich gehen, als ohne solches. Ich vertraue, daß der Abg. Mommsen auch in der Kommission sich ein großes Maß von Selbstbeschränkung in der Stellung weitergehender Anträge auferlegen wird.

1 Abg. Mommsen: Ich babe als „Sachverständiger“ von mir in dem Sinne gesprochen, daß ich die Wirkung des Börsengesetzes Jahren am eigenen Leibe erfahren habe; das gilt auch trotz Abg. Ortel. Daß ich alles tun werde, um das Gesetz bestmöglich Verabschiedung zu bringen, ist selbstverständlich.

Abdg. Müller⸗Sagan verharrt dabei, daß eine Kommissions⸗ beratung tatsächlich nicht mehr nötig sei.

Damit schließt die erste Lesung.

Steuerkommission.

Darauf setzt das Haus die Beratung des Etats der Post⸗

und Telegraphenverwaltung bei dem ersten Ausgabe⸗

titel (Gehalt des Staatssekretärs) fort. Es liegen dazu vor: 1. die Resolutien der Abgg. Kern und Gen. (d. kons.):

„Den Reichskanzler zu ersuchen, dafür Sorge zu tragen, daß im nächstjährigen Etat durch Vermehrung der Endstellen für die höheren Reichsbeamten und durch Erhöhung der Gebaltsstufen derselben die Härten beseitigt werden, die sich seit Einführung des Systems der Dienstaltersstufen vom 1. April 1895 bezw. der Personalreform von 1900 für einzelne Beamtenkategorien ergeben haben.“

2) Die Resolution der Abgg. Patzig und Gen. (nl.):

„Den Reichskanzler zu ersuchen, eine Reform des Besoldungs⸗ wesens herbeizuführen, damit I. die Militärdienstzeit in der Weise angerechnet wird, daß Milttär⸗ und Zivilanwärter in gleicher Gesamtdienstzeit auch gleiche Besoldung haben; II. das Wohnungs⸗ geld der unteren und mittleren Beamten der vollen Vergütung der Miete möglichst nahe kommt; III. den Oberpostpraktikanten die auskömmlicheren Bezüge, die sie vor Einführung des Dienstalters⸗ stufensystems hatten, und den Postinspektoren und Telegraphen⸗ inspektoren ein wesentlich höheres Anfangsgehalt wieder gewährt wird; IV. die Oberpostinspektoren und Postdirektoren zu einer einheitlichen Besoldungsklasse, steigend bis zu einem Höchstgehalt von 6000 ℳ, vereinigt werden, unter Einrichtung von angemessenen Zulagen für die leitende Stelle in wichtigeren Verkehrsämtern. In der Zwischenzeit jedoch durch besondere Zulagen, insbesondere zu Gunsten der nach dem 1. April 1895 angestellten Militäranwärter und der Oberpostpraktikanten die Härten der gegenwärtigen Be⸗

„oldungsweise tunlichft gemildert werden.“ ö

Die Budgetkommission, der Teile des Postetats, so die

Einnahmen und das Extraordinarium, überwiesen waren, hat

zu den Einnahmen an Porto⸗ und Telegraphengebühren drei

Resolutionen vorgeschlagen:

„2. 1) die verbündeten Regierungen zu ersuchen, Paket⸗ sendungen bis zu 5 Kilo m an und von Personen des Soldatenstandes, welche ihrer geseplichen Dienstpflicht ge⸗ nügen, soweit solche Sendungen dem eigenen Bedarf dieser Personen dienen, von Portogebühr frei zu lassen; 2) den Reichskanzler zu ersuchen, im Interesse der ländlichen Bevölkerung eine weit⸗ gebhende Erleichterung der Telephoneinrichtungen und Telegraphen⸗ benutzung in den kleinen Ortschaften, eventuell unter gerechterer Repartierung der Kosten zwischen Stadt und Land herbeizuführen;

b. den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, zur Verbilligung des Paket⸗ und Postanweisungsverkehrs die Abschaffung des Bestellgeldes vorzu⸗ bereiten und dem Reichstage für die nächfte Session eine Uebersicht über die voraussichtlichen finanziellen Wirkungen dieser Maßregel zu unterbreiten;

Die Vorlage geht an die

c. den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, eine Untersuchung berbeizuführen, ob und in welchem Umf die auf Verträgen be ruhende Portofreiheit Fürstlicher Personen ein⸗ geschränkt werden kann, und dem Reichstag von dem Ergebnis

ser Untersuchung in der nächsten Session Kenntnis zu geben.“

Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:

Meine Herren! Von den letzten beiden Herren Rednern find estern wiederum so viele Wünsche kundgegeben worden, daß es mir nützlich erscheint, auf einzelne derselben hier gleich zu Anfang einzu⸗ geben. Insbesondere ist die Anfrage an die Verwaltung gerichtet

—— ob sie den Gefahren, denen die Telephongehilfinnen bei der

Ausübung des Fernsprechdienstes ausgesetzt seien, nachgehe. Ich möchte

den Herren darauf erwidern, daß es ja selbstverständlich ist, daß die

Verwaltung sorgsam verfolgt, welche inflüsse

Telephonbetrieb und durch starke Aektrische Ströme auf die Be⸗ amtinnen ausgeübt werden. Diese Einwirkungen sind zweierlei Art⸗ es kommen in Betracht erstens schädliche Kurbelströme, d. h. solche, bpei denen die Verwaltung nicht eingreifen, nicht schüten lann. Sie geben vom Publikum aus und entstehen dadurch, daß die Kurbel zu stark gedreht wird, und zweitens Blitzgefahren, die also auf Natur⸗

ereignisse zurückzuführen sind. Bei beiden Gefahren das möchte ich hier bervorheben spielt es feine Rolle, ob Ginzel⸗ ober Doppel⸗ eitungen vorhanden sind; das ist dabei gleichgültig. UNebrigens sind, soweit es sich um den Fernverkehr handelt, sämtliche Leitungen aleé Toppelleuungen bergestellt. Im Ortsverkehr sind wir auch schon in den meisten Orten weit vorgeschritten mit der Einführung des

Doppelleitungs systems. Dieses System hat lediglich den Zweck, eine

guie Verständigung zu sichern, und ist nicht geeignet, vor den Ein⸗

wirlungen starker elektrischer Ströme zu schützen. Das sicherste

Mitel, die schäbliche Wirkung der Kurbelströme zu beseitigen, ist

natüclich vie Beseitigung des ganzen Kurbelapparats. Die hierauf gerichteten Bestrebungen sind im Gange, und wir hoffen, nach und nach Systeme einzuführen, bei denen nur durch Abheben des Hör⸗

durch den

die Beschädigungen, die Kurbel herbeigeführt

1

apparats den Beamtinnen ein Rufzeichen gegeben wird. Dann werden durch zu starkes Drehen der werden, nicht mehr vorkommen. Im übrigen sind wir bestrebt, und es finden Erwägungen, Er⸗ mittelungen und Versuche statt, durch Einschaltungen von Relais und von Frittern die Gefahren, die für die Beamtinnen durch den Blitz entstehen können, zu vermindern.

Im weiteren ist betreffs der Telephongehilfinnen angeführt worden, daß der Sonntagsdienst sich verschlechtert habe. Das ist richtig, insoweit als die Beamtinnen häufiger Sonntagsdienst haben, und zwar deshalb, weil es sich als nicht zuträglich herausgestellt hat, daß die Telephongehilfinnen lange Dienstschichten hintereinander ver⸗ richten. Nach ärztlichem Gutachten haben wir uns daher entschließen müssen, nicht zu lange Dienstschichten für die Telephongehilfinnen an⸗ zusetzen, und das ist auch auf den Sonntagsdienst übertragen worden. Die Klagen, die nun aber deswegen an uns herangetreten sind, haben dahin geführt, nochmals zu prüfen, ob an Sonntagen, wo der Dienst weniger anstrengend ist, längere Schichten nicht wieder eingeführt werden können. Das Ergebnis der Prüfung ist günstig ausgefallen, und es sind demgemäß an den Sonntagen wieder längere Dienst⸗ schichten eingeführt worden. Die Klagen sind damit gegenstandslos geworden.

Dann ist weiter darüber geklagt worden, daß bei den Posthilfs⸗ stellen ein verschiedenes Verfahren obwalte in betreff der Kündigung, daß die Verwaltung sich jederzeit die Entlassung des Hilfsstellen⸗ inhabers gesichert hat, während dieser an eine bestimmte Kündigungs⸗ frist gebunden ist. Das ist im Interesse der Allgemeinheit geschehen, weil, wenn ein solcher Mann nicht mehr geeignet zur Verwaltung der Stelle ist, es der Verwaltung ebenso wie der Allgemeinheit daran liegen muß, daß er möglichst schnell entfernt werden kann.

Es ist weiter hervorgehoben worden, daß die Landbriefträger noch sehr große Wege zurückzulegen haben; es wurde gesagt, in Mecklen⸗ burg bis zu 35 km den Tag. Bereits im vorigen Jahre sind derartige Klagen aus dem Reichstag zur Sprache gekommen. Die Sache ist untersucht worden, und es hat sich herausgestellt, daß diese Klagen nicht begründet sind. Die längsten Touren betragen 27 bis 28 km.

Im weiteren ist darüber Beschwerde geführt worden, daß die Bahnpostschaffner nicht zum gehobenen Dienst herangezogen würden. Diese Beschwerde ist vollständig haltlos. Sie sind im Gegenteil be⸗ sonders bevorzugt, indem 52 % der Bahnpostschaffner sich in gehobenen Stellen befinden, während bezüglich der übrigen Schaffner dies nur bei etwa 25 % der Fall ist.

Es sind dann noch verschiedene Einzelklagen gestern angeführt worden. Sie werden erst untersucht werden müssen. Soweit es sich aber um die Angaben des Herrn Abg. Singer über die Zustände in Schöͤneberg handelt, so ist sofort festgestellt worden, daß diese Klagen durchaus unbegründet sind. Es ist gesagt worden, daß beim Postamt Schöneberg in der Neujahrszeit keine Aushilfen eingestellt worden seien. Nach dem Bericht des Oberpostdirektors sind aber während dieser Zeit 30 Personen eingestellt worden. Es ist ferner gesagt worden, der Postdirektor hätte seine Angehörigen im Dienst beschäftigt. Auch das ist eine Anschuldigung, die der Herr Abgeordnete sicherlich nicht aufrechterhalten wird. Nach der bestimmten Versicherung des Postdirektors hat dieser niemals seine Familienglieder zur Aushilfe herangezogen. Er hat einen erwachsenen Sohn, einen Architekten, und eine 16 jährige Tochter; beide Kinder sind für solche Zwecke gar nicht geeignet. Auch der Postinspektor hat Angehörige nicht zu Dienstleistungen beran⸗ gezogen. Wahrscheinlich dürfte der unbekannte Zuträger dieser Nach⸗ richten erzählt haben, zur Aushilfe wurden auch Familienmitglieder des Personals verwendet. Es ist allerdings richtig, daß der Post⸗ direktor Familienmitglieder von Unterbeamten zu Hilfsdiensten inso⸗ weit heranzieht, als diese dazu geeignet sind. Das ist nur anzuerkennen. Da sind wir sicher, daß wir zuverlässige Personen für den Aushilfs⸗ dienst bekommen. Ich möchte den Herrn Abgeordneten doch bitten, nicht solche Anschuldigungen, die nicht begründet sind, gegen einen ehrenwerten Beamten hier vorzuführen.

Sodann hat der Herr Abgeordnete vorgebracht, daß die Unter⸗ beamten beim Postamt Schöneberg im Paketdienst etwas lange be⸗ schäftigt gewesen sind. Das ist richtig für eine kurze Zeit, nachdem Friedenau zum Bestellbezirk zugeteilt war. Die Sache ist aber durch den Revisor, der den Dienst zu prüfen hatte, wieder in Ordnung ge⸗ bracht worden.

Ferner hat der Herr Abg. Kopsch wie im vorigen Jahre einige Klagen hier vorgetragen über die Behandlung, die dem Personal seitens ihrer Vorgesetzten in einzelnen Bezirken zuteil geworden ist. Die Fälle sind untersucht worden. Ich muß zu meinem Bedauern hier anerkennen, daß Mißgriffe von Amtsvorstehern vorgekommen sind. Diese haben das auch zugestehen müssen, daß sie im Eifer zu weit gegangen sind, und es ist da Remedur eingetreten.

Es sind dann des längeren die Beamtenbesoldungen besprochen und meine gestrigen Ausführungen dahin ausgelegt worden, als wenn ich mit den vorhandenen Zuständen ganz zufrieden sei. Die Herren befinden sich da in einem großen Irrtum. Ich habe gestern ganz klar ausgesprochen, daß auch ich wünsche, daß nach mancher Richtung hin eine Verbesserung eintreten möge, und daß ich dafür warm eintrcte. Ich habe aber auch ausgeführt, daß in dem gegenwärtigen Moment, wo den Unterbeamten 5 Millionen Mark durch Erhöhung des Wohnungsgeldzuschusses zuteil werden, wo das Reich sich in einer finanziellen Kalamitüt befindet, es wohl erklärlich ist, daß nicht so weit gegangen werden kann, wie die Herren wünschen. Ich möchte das besonders hervorheben. Im übrigen wird dem Wunsche, der auch bei uns besteht, daß vie Tagegelder der Postboten erhöht werden, vom 1. April ab Rechnung getragen werden. Damit hängt auch zusammen, daß für die Postillone eine Erhöhung eintreten wird, weil das in Berlin für die Unterbegmten und die Postillone pari passu geschieht.

Die Bemerkungen, die darauf abzielen, als ob die Interessen der Postillone in Berlin nicht gehörig wahrgenommen würden, muß ich zurückweisen. Die Postillone in Berlin haben nicht, wie gestern hier ausgeführt worden ist, 80 bis 90 Stunden Dienst in der Woche, Bei ihnen wird nicht abweichend von den allgemeinen Vorschriften der Nachtdienst nur einfach gerechnet, bei ihnen wird weder vie Zeit, welche sie auf Bahnhöfen wartend zubringen, noch die sie für Anspannen und Reinigen der Pferde verwenden müfsen, etwa nicht angerechnet, sondern alle biese Zeiten werden gerechnet. Wenn also ein Postillon auf dem Bahnhof 5 bis 4 Stunden warten muß, so ist das selbstverstänvlich

Dienst. Wenn sein Dienst in die Nacht fällt, wird selbstverständlich diese Dienstzeit 1 ½ fach gerechnet.

Was dann die Fahrtgebühren der Beamten anbetrifft, so ist im vorigen Jahre bereits hervorgehoben, daß zum Teil die Vergütungen, die den Beamten gewährt werden, für die Fahrten nicht unter allen Umständen ausreichen. Damals hat sich keine Gelegenheit geboten, gleich zu erwidern. Ich möchte jetzt aber erwidern, daß diese Frage seit Jahren die Ver⸗ waltung beschäftigt, und daß der Sache auch bereits dahin näher⸗ getreten ist, daß, wo es notwendig ist, außer den allgemeinen Ver⸗ gütungen noch besondere Zuschüsse gewährt werden. So sind inner⸗ halb eines Jahres auf solche Zuschüsse allein 150 000 verwendet worden.

Was dann die Bemerkung betrifft, daß die Verwaltung bei Be⸗ leidigungen der Beamten nicht mit dem nötigen Nachdruck einzutreten scheine, so muß ich den darin liegenden Vorwurf zurückweisen. Meine Herren, das ist eine ziemlich schwierige Angelegenheit. Bei solchen Beleidigungen liegt häufig die Veranlassung nicht bloß auf der einen Seite; der eine Teil ist stark beschäftigt, der andere ist meist in großer Eile, und wenn nun dieser seine Wünsche etwas lebhafter geltend macht, der andere diese Lebhaftigkeit nicht vertragen kann, so entstehen kleine Konflikte; und wenn wir alle, meine Herren, die Hand aufs Herz legen, so werden wir sagen müssen, wir sind manchmal auch schon böse gewesen in ähnlichen Fällen. Aber, meine Herren, weil die Verhältnisse so liegen, muß eine verständige Verwaltung immer sehen, die Konflikte nach Möglichkeit friedlich zu schlichten. Wenn Be⸗ leidigungen vorkommen, die nicht gerade verletzend sind, und Ab⸗ bitte geschieht, auch vielleicht ein kleiner Betrag für eine wohl⸗ tätige Stiftung gegeben wird, so sieht man so etwas als erledigt an. Es kann weder dem Publikum noch der Verwaltung daran liegen, jede kleine Ausschreitung vor den Strafrichter zu bringen. Wenn die Oberpostdirektion objektiv zur Ansicht kommt: dieser Fall kann ohne solches Einschreiten abgetan werden, und der Beamte, dem dieser Vorschlag gemacht wird, damit nicht einverstanden ist, obwohl er sich auch vergangen hat, so sagen wir prinzipiell: bringe du das selbst vor den Strafrichter! So war es in Rixdorf und in Stettin. Dem Beamten in Stettin, der auch eine kleine Unterlassungs⸗ sünde begangen hatte, wurde gesagt: gehe selbst vor, weil due auch etwas Schuld hast, die Verwaltung geht hier nicht vor.

Was nun die Ausführungen des Herrn Vorredners über meine Darlegungen in der Steuerkommission betrifft, so möchte ich hier nicht des näheren darauf eingehen, weil bei der Resolution noch dam Gelegenheit sein wird. Der Herr Vorredner hat aber unrichtige An⸗ gaben gemacht dahin, als ob ich für eine Erhöhung des Briefportes eingetreten wäre. Davon ist gar keine Rede. Auch war absolnt keine Rede von einer Erhöhung der Zeitungsgebühr. Es handelte sich lediglich um die außerordentlichen Beilagen zu Zeitungen. Das sind nicht Preßerzeugnisse von dem Wert, wie der Herr Abgeordnete gestern meinte, sondern es sind Anzeigen, die eigentlich unter Kreuzband versandt werden müßten und nur aus Bequemlichkeit den Zeitungen beigelegt werden. Da liegt also ein wesentliches Interesse nicht vor, daß das zu billig ge⸗ schehe. (Sehr richtig!) Und was die Postkarten im Ortsverkehr be⸗ trifft, so habe ich ausgeführt, daß für gewisse Gegenstände unter ein Minimum nicht heruntergegangen werden sollte, und besonders, daß die Herstellung einer Postkarte ungefähr ½ bis ½10¶ ꝙℳ₰ kostet, und daß ich solche Zugabe wohl bei der 5⸗Pfennigkarte machen kann, daß es aber unwirtschaftlich ist, auch bei der 2⸗Pfennigkarte denselben Verlust zu tragen.

Weiter kam gestern zur Sprache, daß Vertreter des Assistenten⸗ verbandes auf das Reichspostamt zu Herrn Direktor Frank geladen worden sind, wo ihnen Eröffnungen gemacht wurden. Die Darstellung darüber in den Zeitungen ist, soweit das bei solchen Eröffnungen, wo nichte notiert wird, möglich ist, im großen und ganzen richtig. Aus dieser Eröffnung ist der Schluß gezogen worden, daß ich nervös geworden wäre. Keine Spur davon! Der Assistentenverband kann wohl nicht behaupten, daß er, solange ich die Ehre habe, an der Spitze der Ver⸗ waltung zu stehen, irgendwie behelligt oder behindert worden ist. Wenn Sie die Zeitung des Verbandes lesen, werden Sie alle bei ruhiger Beurteilung zur Ueberzeugung kommen, daß die Verwaltung nicht nervös ist und dem Verbande nicht unsympathisch gegenübersteht. Was ich aber für notwendig halte, ist: die Beamten dürfen nie vergessen, daß sie Beamte sind und daß sie gewisse Rücksicht zu nehmen haben in Wort und Schrift. Da kann ich es nicht gutheißen und werde es nicht gutheißen, daß solch ein Verein Agitationsreisen machen läßt zur Anwerbung von Mitgliedern, um dann durch deren Zahl einen Druck auf die Verwaltung üben zu können. Wenn Sie die Sache ruhig ansehen, dann werden Sie alle, denen das Wohl der Beamten am Herzen liegt, mit mir der Meinung sein, daß ich meine Pflicht versäumen würde, wenn ich nicht beizeiten, sobald ich solche Wahrnehmung mache, den Herren eröffnen lasse, daß sie sich auf einer schiefen Bahn befinden, die sich mit ihrer Stellung als Beamte nicht verträgt. (Sehr richtig! rechts.) Sonst könnten solche Zustände kommen, wie wir sie früher gehabt haben, die ich aber nicht liebe: ich halte es für richtig, daß den Beamten beizeiten gesagt wird: das ist zulässig, das andere ist nicht zulässig. Das ist geschehen: mein Kollege, Direktor Franke, hat im vollen Einverständnis mit mir und in meinem Auftrage diese Eröffnung gemacht.

Der Grund zu dieser Eröffnung ist in erster Linie der gewesen daß der Ton der Zeitung und der Verhandlungen allmählich ein anderer wie früher geworden ist, daß ferner Elemente wieder hervor⸗ treten und Eindruck zu machen versuchen, die sich bisher zurückgehalten haben.

Ich möͤchte Sie hier nicht lange mit vielen Einzelheiten auf⸗ halten, ich will nur noch anführen, daß wir alle hier m⸗ sammengewirkt und uns gefreut haben, den Assistenten durch dit Beamtenreform im Jahre 1900 große Aussichten zu eröffnen. Ich spreche vas offen hier aus: es ist wohl selten für eine Beamten⸗ klasse in Betreff threr Zukunft so piel geschehen wie für die Assistenten. Während bie Assistenten früher nur ein Gehalt bis 3000 erreichen konnten, sind ihnen durch die Beamtenreform Stellen eröffnet worden bis zum Ge altes te von 6000 Das nicht vergessen

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

punkt des Abg. Singer.

entstandene Prozeß schwebt noch; in den

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Deshalb dürfen die Beamten auch solche Reformen nicht durch hämische

Bemerkungen herabsetzen; das ist nicht angemessen. Wenn auch die

älteren der Vorteile nicht mehr teilhaftig werden können, so ist

doch zu berücksichtigen, daß es in der Regel im Leben so geht. Aber bei dem Interesse für ihre Stellung müssen sich doch auch die älteren darüber freuen, daß sich die Verhältnisse bessern und ihre Nachfolger nun mehr erreichen werden. Bei der Besprechung des Ihnen vorliegenden Etats, bei dem, soviel es unter den gegenwärtigen Verhältnissen möglich ist, wir doch ver⸗ schiedenes haben erreichen können, endigt eine Ausführung in der

8 „Deutschen Postzeitung“ vom 16. Dezember damit und das war

der letzte Anlaß, den Assistenten und Vertretern des Assistenten⸗ verbandes klar zu machen, daß das nicht geht —, folgendermaßen: Noch ist es unumstößliche Ueberzeugung der erdrückenden Mehrheit der Postbeamtenschar, daß an ihrer traurigen wirtschaft⸗ lichen Lage nicht die eigene Verwaltung schuld trägt. Man weiß, daß hier volles Verständniz für die Ungunst der Verhältnisse herrscht und der gute Wille zur Tat vorhanden ist. Aber von dem „Hosianna der Massen bis zum kreuziget ihn!“ liegt nur ein Schritt. Das lehrt vornehmlich wieder der Stimmungswechsel im Lager der höheren Beamten. Soll die Unzufriedenheit nicht noch weiter greifen, und soll das unzweifelhaft vorhandene, große und berechtigte Vertrauen in die gegenwärtige Reichspost⸗ und Telegraphen⸗ verwaltung ihr auch fernerhin ungeschmälert erhalten bleiben, so⸗ muß für die Gesamtheit des Personals, dessen unbedingte Zuverlässig⸗ keit und Pflichttreue so oft begeisterte Anerkennung findet, bald etwas Durchgreifendes geschehen. Große Massen rechnen nicht mit Hinder⸗ nissen und Schwierigkeiten, sondern legen den Maßstab ihres Urteils allein dem Erfolge an. 8 Ja, meine Herren, solche Ausführungen, die sich lediglich darauf stützen, daß mit den Massen gerechnet werden, daß ohne Rücksicht auf

die allgemeinen Verhältnisse den Massen der Wille geschehen müsse

das sind Drohungen, das ist nicht die Sprache von Beamten.

Meinerseits ist dem Assistentenverbande in wohlmeinender Absicht der Rat gegeben worden, bei ihren Veröffentlichungen vorsichtiger und ihrer Beamtenstellung mehr eingedenk zu sein. Sie haben das wieder veröffentlicht, und das gibt mir die Gelegenheit, hier auszusprechen, daß ich für derartige Druckmittel nicht zu haben bin, sondern ver, lange, daß sich die Beamten immer gewärtig halten: sie sind Beamte und dürfen solche Sprache der vorgesetzten Behörde gegenüber nicht führen. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.)

Abg. Patzig (nl.): Ich möchte eine Anfrage mit politischem Beigeschmack an den Staatssekretär richten. Nach einem Bericht war in Leipzig ein Vortrag des Postassistenten Löffler über „Protestantismus und Katholizismus und die Beziehungen zur Gegenwart’ angekündigt. Dem Löffler soll nun die Agitation für den Evangelischen Bund auf Anregung der Zentrumspartei, deren Vorstand bei dem Reichspostamt sich beschwert hatte, untersagt worden sein. Ich kann mir nicht denken, daß dieser Bericht korrekt ist. Ich unter⸗ schätze den Einfluß der Zentrumspartei gewiß nicht. Aber ich kann mir nicht vorstellen, und ich möchte der Leitung einer Reichsbehörde nicht zutrauen, daß sie anf eine Beschwerde der Zentrumepartei mit einem Verbot durch die Oberpostdirektion eingegriffen hat. Ich hoffe, wir werden eine Befriedigende Erklärung erhalten. Für die Beamten der unpolitischen Betriebsverwaltungen möchte ich ein größeres Maß politischer Bewegungsfreiheit in Anspruch nehmen, als e nach diesen Meldungen zugestanden worden ist. Die richterlichen Beamten sehen wir in voller Schärfe die politischen und wirtschaft⸗ lichen und konfessionellen Gegensätze auskämpfen. Dem Betriebs⸗ beamten kann man doch diese Freiheit noch in weiterem Maße zuge⸗ stehen; denn er ist lediglich ein Vollzugsorgan einer ganz unpersön⸗ lichen Verkehrsanstalt. Gerade weil ich glaube, daß der Chef unserer Reichspostverwaltung wirklich nicht nervös ist, kann ich mir nicht vorstellen, daß auf eine Beschwerde einer katholischen Gemeinde oder einer sonstigen örtlichen Stelle einem evangelischen Postassistenten diese Untersagung wider⸗ ahren sein soll. Im Verhältnis des Postassistenten⸗ verbandes liegen übrigens schwierige Zustände vor. Es ist eine Organisation, die die Interessen ihrer Mitglieder nach allen Seiten wahrnehmen will; da müssen die gezogenen Grenzen, namentlich nach der Seite des Verhältnisses zu den Vorgesetzten, sehr zart und subtil eingehalten werden. Der Staatssekretär hat mit seinem Amtsantritt einen modus vivendi geschaffen, mit dem er bisher recht gut aus⸗ kam. Der eine Vorfall, um den es sich hier handelt, scheint mir keine Kursveränderung der Verwaltung zu bedeuten, wie es u. a. die Paf der äußersten Linken annimmt. Die Verwaltung würde ihre flicht versäumen, wenn sie die Vertreter des Verbandes nicht auch einmal zu sich laden und ihnen daß sie die Grenze überschritten hätten und besser respektieren müßten, wenn solche Rüge sich nicht wiederholen solle. Dieses Recht kann sich keine Verwaltung nehmen lassen, auch von dem allergrößten Verbande nicht. Anderseits aber dürfen nicht etwa die Beziehungen zwischen diesen Organisationen und den Reichstags⸗ mitgliedern zum Vorwand genommen werden, die Stellung der Ver⸗ waltung den ersteren gegenüber zu modifizieren. Das sozialdemokra⸗ tische Ideal solcher Organisationen, wie es in Frankreich zu der Grün⸗ dung einer Postbeamtengewerkschaft geführt hat, die dann unterdrückt werden mußte, ist natürlich nicht das unserige; ebensowenig der Stand⸗ Die Agitation unserer Postbeamten loderte bekanntlich auf gerade im Osten im vorigen Herbst, als die Wogen der Unruhen jenseits der Grenze besonders hoch gingen. Dieser Umstand rechtfertigte wohl das Einschreiten der Verwaltung, es sollte aber nunmehr aus der Sache auch nicht eine Haupt⸗ und Staatsaktion gemacht werden. Zum Postetat selbst habe auch ich einige Wünsche persönlicher und sachlicher Natur vorzutragen. In einem Falle scheint mir die Verwaltung hinsichtlich der Erzwingung deutlicher Unter⸗ ele von Empfängern von Postsendungen zu weit gegangen zu e

Eröffnungen machen würde,

n; man hat dem Empfänger, der schon 30 Jahre lang mit der oft in Verkehr steht, die Postsendungen gesperrt, und der darüber ersten Instanzen hat natürlich die Verwaltung recht bekommen. Sie verlangt, die Unterschrift solle „einigermaßen leserlich“ sein; was heißt Füager⸗ maßen leserlich“? amit macht man bloß der Geschäfts⸗ welt unnötige Schwierigkeiten. Es scheint Verwaltung ein sehr großer Wert darauf gelegt zu werden, Laß nur unverheiratete Beamte nach den Kolonien gehen; auch die Wohnungseinrichtungen sind darauf zugeschnitten. Ich glaube, ein solches System wird nicht lange aufrecht erhalten werden können. Gerade in den Gegenden mit gemischtfarbiger Be⸗ völkerung wird es, wenn sonst der Aufenthalt Europäer er⸗

ferner in der

Berlin, Mittwoch, den 7. März

träglich ist, auch zweckmäßig sein, verheiratete Beamte hinaus⸗ zuschicken schon im Interesse einer gewissen Stetigkeit des Betriebes. Die Dienstarbeitsverhältnisse der Postbeamten sind gestern Gegenstand eingehender Erörterung gewesen. Auch wir müssen der uns gegebenen Statistik volle Anerkennung widerfahren lassen. Was die Sonntags⸗ ruhe betrifft, so ist mir ein Amt bekannt, wo die Briefträger nur alle 3 Monate einen freien Sonntag haben. Auch sonst bestehen kleine Unzuträglichkeiten auf diesem Gebiete, die leicht beseitigt werden könnten. 8 es notwendig, den Aufsichtsdienst am Sonntag durch einen Obersekretär den Ee Tag in der jetzigen Weise wahrnehmen zu lassen? Auch bezüglich der Unter⸗ beamten wäre eine Revision angezeigt, insbesondere daß das Revidieren selbst verbessert und revidiert wird. Das Reichspostamt selbst sollte die Revision vornehmen lassen, das wäre für die Fortbildung des Verkehrs und für die qualitative Verbesserung des Beamten⸗ personals sehr wertvoll. Die Wünsche und Beschwerden der Post⸗ hilfsstelleninhaber sind wohl an sich berechtigt; ihre Einnahmen sind außerordentlich bescheiden, ihre Verpflichtungen recht umfangreich. Gelingt es uns, den Besoldungsetat der Postbeamten aufzubessern, so sollte auch den Inhabern der Posthilfsstellen eine etwas bessere Feeenn gemacht werden. Die ostagenten haben den

unsch, irgendwie für ihre alten Tage versorgt zu werden. Gegenwärtig ist dieser Wunsch nahezu unerfüllbar; es sollte aber vielleicht versucht werden, durch Benehmen mit dem Staatssekretär des Innern bei Erörterung der Einführung einer Pensionsversicherung für die Privatbeamten auch diesen Wunsch mit zu erwägen. Die Agenten sind gern bereit, einen Beitrag zu zahlen. Ich möchte Ihnen dann die Annahme unserer Resolution empfehlen. Vor allem müssen die Ungleichheiten beseitigt werden, die in der An⸗ rechnung der Militärdienstzeit vorhanden sind. Ferner ist eine Reform des Wöhnungsgelvzuschusses notwendig. Hier bestehen Ungleichheiten zwischen dem Reich und den Einzelstaaten. Den Unterbeamten ist ja inzwischen ein Zuschlag von 50 % gewährt worden. Ungleichheiten bestehen auch bezüglich der oberen Beamten. Diese wollen wir durch unsere Resolution beseitigen.

Sctaatssekretär des Reichspostamts Kraetke:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat zunächst erwähnt, daß einem Postassistenten Löffler das Halten von Vorträgen untersagt worden sei, und er hat angeführt, daß das nach Zeitungsnachrichten auf Veranlassung der Zentrumspartei geschehen sei. Ich muß hier erklären, daß die Zentrumspartei in keiner Weise an der Sache be⸗ teiligt ist. (Hört! hört! in der Mitte.) Der Fall hat sich nach den Akten in der Weise abgespielt, daß ein katholischer Pastor in Lützen sich an die Oberpostdirektion in Leipzig gewendet und darüber Klage geführt hat, daß der jetzt in Leipzig angestellte Postassistent Löffler in Wort und Schrift die Einwohnerschaft in Lützen verhetze, und daß es im Interesse des allgemeinen Friedens notwendig sei, ihm diese Verhetzung zu untersagen. Die Oberpostdirektion hat die Sache ge⸗ prüft. Inzwischen hat sich aber der Pastor, weil er zu lange auf Antwort warten mußte, an das Reichspostamt gewandt, die Ver⸗ hältnisse in derselben Weise dargelegt und dabei erwähnt, daß er von der Oberpostdirektion noch keine Antwort erhalten habe. Das Reichspostamt hat infolgedessen Bericht eingefordert; nach diesem Be⸗ richt der Oberpostdirektion lag die Sache so, daß der Beamte Löffler, ein Assistent im Alter von 26 oder 27 Jahren, durch Verteilung von Flugschriften viel Aufsehen gemacht, sich auch nicht darauf beschränkt hat, diese Schriften, die nach Form und Polemik viel Anstößiges und Provozierendes enthielten, den Evangelischen zugänglich zu machen; sie sind vielmehr auch katholischen Familien zugesandt worden. Es ist seitens des Pastors auch hervorgehoben worden, daß gerade in dieser Zusendung eine Herausforderung für die Katholiken liege.

Das Reichspostamt hat die Sache geprüft und der Oberpost⸗ direktion erklärt, daß es mit dem Antrage der Oberpostdirektion, dem Postassistenten Löffler wegen dieser seiner agitatorischen Tätigkeit ernste Mißbilligung auszusprechen und die Fortsetzung solcher Tätigkeit zu untersagen, einverstanden sei.

Inzwischen hat sich ein Arzt, Dr. Offszanka in Lützen, von neuem an das Reichspostamt gewendet und ausgeführt, daß der Assistent Löffler, obgleich ihm diese agitatorische Tätigkeit untersagt worden sei, sie doch weiter ausübe und auch Vorträge halte. Das Reichspostamt hat diese Eingabe an die Oberpostdirektion in Leipzig zum Bericht gegeben, und der Bericht ist demnächst hier eingegangen. Schon vorher hatte aber das dem Löffler vorgesetzte Postamt ihm auf Veranlassung der Oberpostdirektion das Halten von Vorträgen untersagt und war dabei eigenmächtig so weit gegangen, den Beamten auf das Amt zu bestellen und ihm auf diese Weise die Abreise unmöglich zu machen. Sobald die Oberpostdirektion von der letzteren Maßnahme Kenntnis erhielt, hat sie sie aufgehoben, wie das nur natürlich war. Die Sache ist dann vom Reichspostamt dahin entschieden worden, daß die oberste Behörde mit dem Vorgehen der Oberpostdirektion, dem Löffler die agitatorische Tätigkeit, wie er sie ausgeübt hat, zu unter⸗ sagen, einverstanden sei, daß aber das weitere Vorgehen, ihm das Halten von Vorträgen zu verbieten, nicht gerechtfertigt sei, weil man annehmen müsse, daß er sich den Forderungen seiner Behörde unter⸗ werfen und zu weiteren Klagen keinen Anlaß geben würde.

Ich möchte nun zunächst betonen, daß wir in dieser Beziehung, abweichend von dem Standpunkt, den der Herr Vorredner eingenommen hat, der Meinung sind, daß die Beamten keiner anderen Verwaltung in so enge Beziehung mit der Bevölkerung kommen wie die Post⸗ und Telegraphenbeamten, daß sie vermöge ihres Amtes sehr tief in die persönlichen Verhältnisse eindringen, und daß daher der größte Wert darauf gelegt werden muß, daß die Post⸗ und Telegraphenbeamten das größte Vertrauen aller Kreise der Bevölkerung besitzen, daß mithin eine agitatorische Tätig⸗ keit, die geeignet ist, die Bevölkerungeklassen gegeneinander aufzureizen, von den Post⸗ und Telegraphenbeamten nicht ausgeübt werden darf. In gg. Beziehung ist in der Verfügung des Reichspostamts an die Oberpostdirektion in Leipzig ausgeführt:

„Dem Postassistenten Löffler in Leipzig war mit diesseitiger Zustimmung die Mißbilligung der Oberpostdirektion ausgesprochen worden, weil er sich in seiner auch an katholische Familien ver⸗ teilten Flugschrift zur Förderung des Evangelischen Bundes von sachlichen Erörterungen entfernt und auch in der Form der Polemik die zulässigen Grenzen überschritten hatte. In der Besorgnis, Löffler werde sich in seinem für den 18. Februar angekündigten

1906.

Vortrage ähnlicher Verfehlungen schuldig machen, hat die Kaiser⸗ liche Oberpostdirektion ihm das Abhalten des Vortrages untersagt. Daß eine solche Besorgnis nahe lag, soll nicht verkannt werden. Immerhin fehlte es, nachdem Löffler die geeigneten Vorhaltungen gemacht worden waren und er erkrärt hatte, daß er sich jeder unzu⸗ lässigen Agitation enthalten wolle, an hinreichendem Anlaß, ihm Vorträge für die Zwecke des Evangelischen Bundes zu untersagen. Darin tritt das Reichspostamt der Kaiserlichen Oberpost⸗ direktion bei, daß die Beamten der Post⸗ und Telegraphen⸗ verwaltung, auf welchem politischen oder konfessionellen Standpunkt sie auch stehen mögen, in ihrem gesamten dienstlichen und außer⸗ dienstlichen Auftreten bestrebt sein sollen, sich das Vertrauen aller Volkskreise, auch der anders denkenden, zu erwerben und zu erhalten!“ Das, meine Herren, ist der Standpunkt, der von dem Reichs⸗ postamt in diesem Falle eingenommen worden ist, und ich glaube, daß er korrekt ist.

Der Herr Vorredner hat dann Wünsche ausgesprochen und Klagen mitgeteilt, in letzterer Beziehung insbesondere die Klage aus einer rheinischen Stadt über die Empfängers unter einer Postquittung. Es ist ja selbstverständlich,

daß die Post⸗ und Telegraphenverwaltung nicht als Lehrmeisterin für

Schönschrift und dergleichen auftritt, und daß jeder Beamte zufrieden ist, wenn er die Sendungen, die ihm anvertraut über deren Ablieferung er Quittung haben muß, los ist, denn damit hört seine Verantwortlichkeit auf. Aber mit seiner Verantwortlichkeit hängt auch eng zusammen, daß er die Unterschriften wenigstens ungefähr entziffern kann. Nun denke man sich einmal die Verhältnisse eines großen Postamts wie in

Essen, bei dem Hunderte und Tausende von Sendungen aus⸗ und ein⸗ gehen, bei dem die Zahl der Beamten so groß ist, daß ein Wechsel

in den Beamtenstellen usw. nicht zu vermeiden ist. Wenn nun neue Beamte in die Stellen eintreten, ist natürlich nicht zu verlangen, daß sie imstande sind, solche Unterschriften, wie sie im vorliegenden Falle geliefert sind, zu entziffern und es kann ihnen nicht verübelt

werden, wenn sie sagen: ja, das kann kein Mensch für einen Namen

ansehen. Der Beschwerdeführer sagt, der Name wäre so ins Handels⸗ register eingetragen worden. Ja, da steht allerdings sein Name und auch sein Namenszug, aber der Namenszug kann undeutlich und undeutlicher und am undeutlichsten geschrieben sein (Heiterkeit); in diesem Falle habe ich mir ein Exemplar verschrieben und werde es den Herren vorlegen. Der von mir gebrauchte Superlativ wird kaum ausreichen, denn Sie werden nichts sehen als eine Schlangenlinie, aus der Sie alles mögliche herauslesen können. Wir tragen verbreiteten Gewohnheit undeutlicher Namensschreibung Rechnung, müssen aber für den Beamten eintreten, wenn seine Forderungen in dieser Hinsicht wirklich berechtigt sind.

Der Herr Vorredner hat dann gemeint, es würde von den Ober⸗ postdirektionen ein gewisser Druck auf die Beamten ausgeübt, wenn sie Verbesserungsvorschläge usw. machten. Ich muß ihm darin entgegen⸗ treten. Es entspricht den Wünschen der Verwaltung, und das wird von Mitgliedern des Reichspostamts bei ihren Dienstreisen oft betont, daß aus den Kreisen der Beamten solche Vorschläge gemacht werden. Ich komme auf kein Amt, wo ich nicht bei vorhandenem Anlaß sage: machen Sie mir Ihre Vorschläge. Es stehen uns ja auch Mittel zur Verfügung, gute Vorschläge zu honorieren, und wir haben wiederholt Belohnungen für solche Vorschläge bewilligt. Alle Vorschläge werden sorgfältig geprüft und auch bei unbrauch⸗ baren wird fast immer eine Anerkennung für das von dem Beamten bekundete Interesse ausgesprochen.

Den Vorschlag des Herrn Vorredners, die Revisionen großer Aemter durch Mitglieder des Reichspostamts vornehmen zu lassen, halte ich nicht für annehmbar. Vor allem würde eine ganz bedeutende Vermehrung der Mitglieder des Reichspostamts not⸗ wendig sein, denn die Zahl der Postämter ist sehr bedeutend. Ich glaube auch nicht, daß die Herren Postdirektoren dann die Sache wesentlich anders betrachten würden. Denn jeder Revisions⸗ beamte ist ein unangenehmer Gast, gleichviel ob er Oberpostinspektor, Geheimer Rat oder Staatssekretär heißt. Jedenfalls besteht die jetzige Einrichtung schon sehr lange, sie hat sich völlig eingelebt und recht gut bewährt. Man darf auch nicht vergessen, daß ein großer Teil der Oberpostinspektoren nach einigen Jahren selbst in Direktor⸗ stellen einrückt.

Ferner hat der Herr Vorredner wieder die Postagenten angeschnitten. Es ist ja bekannt, daß wir den Postagenten Wohlwollen entgegenbringen, aber es darf doch nicht vergessen werden, daß es sich hier nicht um durchgebildete Fachbeamte, sondern um eine Nebenbeschäftigung handelt. Diejenigen Herren Abgeordneten, die auf dem Lande wohnen, wissen genau, daß die Postagentenstellen sehr gern genommen werden, und daß auf dem Lande eine Vergütung bis 1000 ihren großen Wert hat. Wenn einem Agenten einmal seine Stelle genommen werden soll, versucht er alles, um sich zu halten. Nun haben wir ja im Etat einen Fonds ausgebracht, aus dem denjenigen Agenten, die schon das Maximum der Vergütung haben, deren Tätigkeit aber eine immer größere geworden ist, noch Extravergütungen gewährt werden, und zwar bis zu 200

Richtig ist allerdings, daß die Postagenten keine Pension be⸗ kommen, weil sie eben nur nebenamtlich beschäftigt sind. Dabei ist zu berücksichtigen, daß wir ja zu Postagenten auch Personen annehmen, die vielleicht 50 und 60 Jahre alt sind, die kränklich sind, die zum Teil den Dienst überhaupt nicht selbst machen, sondern ihn durch An⸗ gehörige verrichten lassen. Es ist eben eine reine Nebenbeschäftigung, eine Gelegenheit, nebenbei noch etwas Geld zu veerdienen. Den Gedanken, den der Herr Vorredner aussprach, mit dem Reichsamt des Innern in Verbindung zu treten und bei Gründung von Pensionskassen für Privatbeamte

Frage der

auch auf die Versorgung der Agenten Bedacht zu nehmen, haben wir

Schreibung des Namens des

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