1906 / 178 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 30 Jul 1906 18:00:01 GMT) scan diff

16) Teutonia, Allgemeine Renten⸗, Kapital⸗ und Lebens⸗ versicherungsbank in Leipzig; 17) Thuringia, Versicherungsgesellschaft in Erfurt: 18) Urania, Akktiengesellschaft für Kranken⸗, Unfall⸗ un Lebens⸗Versicherung in Dresden; b 19) Vaterländische Lebensversicherungs⸗Aktiengesellschaft in Elberfeld; 20) Victoria zu Berlin, Allgemeine Versicherungs⸗Aktien⸗ Gesellschaft in Berlin; 8 21) Wilhelma in Magdeburg, Allgemeine Versicherungs⸗ Aktien⸗Gesellschaft in Magdeburg beantragte Aenderung des Geschäftsplans, welche die Einführung einheitlicher Bedingungen für die Kollektivunfall⸗ versicherung zum Gegenstande hat, genehmigt. Berlin, den 24. vun 1806. Das Kaiserliche Aufsichtsamt für Privatversicherung. In Vertretung:

Bekanntmachung.

Der Herr Reichskanzler hat die von den nachstehend auf⸗ geführten ausländischen Gesellschaften: 1 1) Unfallversicherungs⸗Aktien⸗Gesellschaft in Wien; 1 2) Zürich, Allgemeine Unfall⸗ und Haftpflicht⸗Versiche⸗ rungs⸗Aktiengesellschaft in Zürich; 8 Scherherische National⸗Versicherungsgesellschaft in Basel; 1 Basler Lebensversicherungsgesellschaft in Basell Erste Oesterreichische Allgemeine Unfall⸗Versicherungs⸗ Gesellschaft in Wien; v“ Schweizerische Unfallversicherungs⸗Aktiengesellschaft in 8 Winterthur 8 beantragten Aenderungen ihres Geschäftsplans für das Deutsche Reich, welche die Einführung von neuen Bedingungen für die Kollektivunfallversicherung in derselben Fassung, wie sie vom Kaiserlichen Aufsichtsamte für Privatversicherung laut vorstehender Bekanntmachung vom heutigen Tage einer Anzahl inländischer Gesellschaften genehmigt worden sind, zum Gegen⸗ stande hat, durch Erlaß vom 9. Juli 1906 genehmigt. Berlin, den 24. Juli 1906. 1 . 8 . Das Kaiserliche Aufsichtsamt für Privatversicherung. 5 In Vertretung: 8 Klewitz.

den Kommerzienräten Karl August Jung in Elberfeld, Theodor Keetman in Duisburg und Gustav Weyland in Siegen den Charakter als Geheimer Kommerzienrat zu verleihen. 1 ““

“““ 8 11141“ 1 ““

Seine Majestät der König haben den Anschluß der

deutschen evangelischen Gemeinde zu Säo Domingos im

Staate Rio Grande do Sul in Brasilien an die evangelische

Landeskirche der älteren Provinzen der preußischen Monarchie Allergnädigst zu genehmigen geruht.

Der Regierungsassessor Dr. Abegg in Oppeln ist zum stellvertretenden Vorsitzenden des Schiedsgerichts für Arbeiter⸗ versicherung Regierungsbezirk Oppeln ernannt worden. ESrangelischer Oberkirchenrat. 1

Zum Pfarrer der deutschen evangelischen Gemeinde zu V

lfsprediger bii 3 796 360 (4 245 308 ℳ), Post⸗ und Telegraphen⸗

verwaltung 8 864 eisenbahnverwaltung 28 864 000 (+ 2 785 000 ℳ).

Alexandrien in Aegypten ist der bisherige . der deutschen evangelischen Gemeinde in Jerusalem und Leiter der deutschen Schule daselbst Hermann Buck berufen worden 6 3

Bekanntmachung. 88

Die in Gemäßheit der Bekanntmachung 889 (Zentralblatt für das Deutsche Reich Schluß des laufenden Sommersemesters an der Hochschule abzuhaltende tierärztliche Fachprüfung be⸗ ginnt am Montag, den 15. Oktober d. J.

Die Meldungen dazu sind bis zum 29. September d. J. an mich einzureichen. b Hannover, den 28. Juli 1906. W“ Der Direktor der Tierärztlichen Hochschule.

Dr. Dammann.

. 4

Deutsches Reich. eußen. Berlin, 30. Juli.

Nachdem durch den am 18. Dezember 1905 erfolgten Tod des Bischofs Dr. Sommerwerck gen. Jacobi der büschöfliche Stuhl von Hildesheim zur Erledigung gekommen war, hat nach Maßgabe der bestehenden Vorschriften am 26. April d. J. durch das Domkapitel zu Hildesheim die Wahl eines neuen Bischofs stattgefunden, welche auf den bisherigen Domkapitular Dr. Adolf Vertram in Hildesheim gefallen ist. Derselbe hat durch päpstliche Bulle vom 12. Juni d. J. die Bestätigung zur Ausuüͤbung seines bischöflichen Amtes erhalten.

Seine Majestät der König haben mittels Aller⸗ Urkunde vom 10. Juli d. J. dem Bischof Dr. Adolf

ertram die nachgesuchte landesherrliche Anerkennung als

Bischof von Hildesheim zu erteilen geruht. 1

Die Urkunde ist dem Bischof am 26. Juli d. J. durch den Oberpräsidenten der Provinz Hannover ausgehändigt worden, nachdem der Bischof den durch die Verordnung vom 13. Februar 1887 vorgeschriebenen Eid geleistet hat.

vom 13. Juli S. nach iesigen

ist vom Urlaub zurückgekehrt.

Am 1. August d. J. tritt der Vizepräsident des Reichs⸗ bankdiree Wirkliche Geheime Rat Dr. Gallenkamp in den Ruhestand. Geboren am 10. September 1832, wurde er am 20. September 1854 bei dem zee vn. als Aus⸗ kultator vereidigt und am 20. Dezember desse Jahres von der Universität Berlin nach magna cum laude be⸗ standener Prüfung zum Doktor beider Rechte promo⸗ viert. Im Jahre 1856 wurde er zur Verwaltung übernommen Und im Jahre 1858 zum Regierungsassessor er⸗ nannt. Nach mehr als vierjähriger Beschäftigung als Hilfs⸗ arbeiter im Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten wurde er im Mai 1866 in das Hauptbank⸗ direktorium berufen, zu dessen Mitglied er als Hauptbank⸗ direktor am 6. August 1866 ernannt wurde. In dieser Stellung erhielt er bei Ausbruch des deutsch⸗ französischen Krieges den Auftrag, die Organisation der damals errichteten Darlehnskassen zu bearbeiten, deren Zentral⸗ verwaltung er bisstzu ihrer Auflösung angehört hat. eitere umfassende Aufgaben erwuchsen ihm aus der Umwandlung der Preußischen Bank in die Reichsbank. Bei den hierdurch bedingten organisatorischen Arbeiten, bei der fortgesetzten Er⸗ weiterung des Netzes der Zweiganstalten, bei der Ausbildung des Giroverkehrs und bei der schon vorher nach einer amt⸗ lichen Studienreise Dr. Gallenkamps ins Ausland begonnenen Einrichtung des Kontors für Wertpapiere war er in hervor⸗ ragendem Maße beteiligt. Nachdem er im Jahre 1873 zum Geheimen Obersinanzrat ernannt worden war, wurde er am 19. Dezember 1892 zum Vizepräsidenten des Reichsbank⸗ direktoriums befördert und hat in dieser Eigenschaft den Präsidenten vielfach vertreten. Im Jahre 1894 erhielt er den Rang der Räte erster Klasse und bei seinem fünfzigjährigen Amtsjubiläum am 20. September 1904 den Charakter als Wirtlicher Geheimer Rat mit dem Prädikat „Exzellenz“. Bei seinem Ausscheiden ist ihm der Königliche Kronenorden erster Klasse Allerhöchst verliehen, neben welchem er den Roten Adlerorden zweiter Klasse mit Stern und Eichen⸗ laub besitzt. 3 1 8

Der Name dieses hochverdienten, in Krieg und Frieden bewährten Beamten ist mit der Geschichte der Bank unaus⸗ löschlich verbunden. Alle Geschäftszweige tragen Spuren seiner umsichtigen, umfassenden und rastlosen, bis zum letzten Tage seiner Dienstführung fortgesetzten Tätigkeit. Sein Scheiden bedeutet einen großen Verlust und wird als solcher nicht bloß von seinen bisherigen Mitarbeitern, sondern von allen, die mit ihm in dienstliche Berührung gekommen sind, auch seiner unverändert liebenswürdigen Formen wegen empfunden.

In der Zeit vom 1. April 1906 bis zum S se des Monats Juni 1906 sind nach dem „Zentral⸗ blatt für das Deutsche Reich“ folgende Einnahmen e(ein⸗ schließlich der gestundeten Beträge) an Zöllen und ge⸗ meinschaftlichen Verbrauchssteuern sowie andere Einnahmen des Deutschen Reichs zur Anschreibung elangt:

8 ölle 110 717 980 (gegen das Vorjahr 7 134 972 ℳ), Tabaksteuer 2 129 817 (— 74 538 ℳ), Zuckersteu r 30 672 322 (+ 5 010 300 ℳ), Salzsteuer 11 559 868 + 774 455 ℳ), Maischbottichsteuer 1 705 683 8 383 726 ℳ), Branntweinverbrauchsabgabe und Zuschlag 33 193 374 (+ e ℳ), Brennsteuer 994 734 (s— 87 405 ℳ), Schaumsveinsteuer 1 273 955 (+ 14 Brausteuer 8 745 236 (+ 358 694 ℳ), Ueberg

Ministerium für Handel und Gewerbe. von Bier 879,052 (+ 2169 ℳ), Summe 201 872 021

(+ 3 563 644 ℳ). Stempelsteuer für: a. Wertpapiere 8 411 499 (+ 444 208 ℳ), b. Kauf⸗ und sonstige Anschaffungsgeschäfte 5 111 899 (+ 175 869 ℳ)],

sc. Lose zu: Privatlotterien 1817 371 (+ 259 091 ℳ),

Staatslotterien 3 690 177 (+ 77 589 ℳ), d. Schiffs⸗

frachturkunden 244 713 (+ 20 256 ℳ), reichseigene

Steuern für Frachturkunden 37 231 (+ 37 231 ℳ), Spiel⸗ kartenstempel 353 163 (— 10 120 ℳ), Wechselstempelsteuer 129 132 051

(+ 7833 648 ℳ6), Reichs⸗

Die zur Reichskasse gelangte Isteinnahme, abzüglich

b der Ausfuhrvergütungen usw. und der Verwaltungskosten, be⸗

trägt bei den nachbezeichneten Einnahmen: Zölle 112 783 269 + 4706 390 ℳ), Tabaksteuer 2036542 (— 255593 ℳ), e n. 39 129 929 (+ 7 555 631 ℳ), Salzsteuer 13 137 850 (+ 1 096 916 ℳ), Maischbottichsteuer 1 170 947 (+ 58 858 ℳ), Branntweinverbrauchs⸗ abgabe und Zuschlag 29 319 276 (+ 3 049 111 ℳ), Brennsteuer 994 734 (— 87 405 ℳ), Schaumwein⸗

steuer 1 157 878 (+ 155 727 ℳ), Brausteuer und Ueber⸗

gangsabgabe von Bier 8181 337 (+. 306 764 ℳ), Summe 207 911 762 (+ 16586 399 ℳ). Spiel⸗ nairseres 469 998 (+ 3 198 ℳ). 8

Es kommt öfter vor, daß die Absender von Postauf⸗ trägen nach dem Auslande statt des für den inter⸗ nationalen Verkehr vorgeschriebenen Postauftragsformulars mit deutschem und französischem Vordruck versehentlich das für den inneren vdeutschen Verke r bestimmte Formular verwenden. Die Sendungen sind in solchen Fällen den auswärtigen Post⸗ anstalten gegenüber nicht ordnungsmäßig als Postaufträge ge⸗ kennzeichnet, was zu Beanstandungen am Bestimmungsorte Veranlassung geben kann. Den Absendern von Postaufträgen nach dem Auslande ist deshalb im eigenen Interesse zu empfehlen, stets das besondere für den internationalen Verkehr vorgeschriebene doppelsprachige Postauftragsfo mular zu benutzen. 1

Der Präsident des g; Aufsichtsamts für Privat⸗

versicherung, Wirkliche eime Oberregierungsrat Gruner

8*

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Niobe“ auf der Ausreise nach Ostasien am 27. Juli in Port Said

eingetroffen und setzt morgen die Reise nach Aden fort.

2 6 Baden. Die Zweite Kammer hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ vorgestern mit 28 gegen 27 Stimmen den vom Zentrum eingebrachten Gesetzentwurf, betreffend Aufhebung der §§ 16 und 16c des Gesetzes von 1874 (Miß⸗ brauch der Amtsgewalt der Geistlichen), angenommen.

11

Das Ministerium für Handel und Industrie ver⸗ sendet an die Behörden und an Vertreter der Industrie Ent⸗ würfe von Arbeitergesetzen zur Begutachtung. Die Entwürfe behandeln „W. T. B.“ zufolge die Regelung des Arbeitsvertrages und der Maximalarbeitszeit, die Einführung der Kranken⸗ und Unfallversicherung und die Errichtung von Versicherungssparkassen, Pläne zur Schaffung von gesunden Arbeiterwohnungen sowie Vorschriften über Beaufsichtigung der Fabrikanlagen.

In St. Petersburg wurde vorgestern eine Druckerei von Bewaffneten überfallen, die den Verwalter und die anderen Angestellten der Druckerei festhielten, eine von ihnen mit⸗ gebrachte Matrize des Wiborger Aufrufs stereotypierten und auf der Rotationsmaschine in 150 000 Exemplaren druckten. Während dies geschah, wurde bei einer gegenüber der Druckerei liegenden Kapelle ein Gottesdienst gT, B es dem eine große Menschenmenge beimohnte und der von vielen Polizisten über⸗ wacht wurde. Trotzdem erfuhr die Polizei den Vorfall erf, nachdem die Bewaffneten spurlos verschwunden waren.

Eine von vielen Tausenden von Bergarbeitern gestern in Jusowka abgehaltene Versammlung hat nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphenagentur“ wegen der Auf⸗ lösung der Reichsduma beschlossen, die Arbeit in allen Hüttenwerken einzustellen. Infolgedessen sind Dragoner nach Jusowka kommandiert worden.

In Poltawa haben vorgestern abend ernste Militär⸗ unruhen stattgefunden. Infanteristen des Sjewskoschen Regiments, die einige Arrestanten befreien wollten, wurden von Kosaken beschossen, wobei ein Soldat getötet, vier Sol⸗ daten und ein Zivilist verwundet wurden. Gestern war die Ruhe wieder hergestellt.

Nach Meldungen des „W. T. B.“ aus Schuscha (Gouvernement Jelissawetpol) ist es gestern zwischen den Armeniern und Tataren erneut zu offenen Feindselig⸗ keiten gekommen, während deren die Stadt Schuscha zwei Tage lang beschossen wurde. Jetzt haben nach einem dem Statthalter zugegangenen Telegramm die kämpfenden Parteien die Feindseligkeiten eingestellt und je fünf Vertrauensmänner gewählt, von denen die Bedingungen für einen dauerhaften Frieden festgestellt werden sollen.

Von den weiteren, heute vorliegenden telegraphischen Nachrichten seien folgende mitgeteilt:

Auf der Warschau Wiener Bahn wurde bei Pruszkow der von Alexandrowo kommende Personenzug Abends von einer 50 Mann starken, bewaffneten Bande, die sich als Passagiere im Zuge befanden, mittels der Notbremse angehalten und der Post⸗ wagen beraubt; 75 000 Rubel Staatsgelder und ein ausländisches Wertpaket sind den Räubern in die Hände gefallen. Die genaue Summe konnte nicht festgellt werden, da die betreffenden Dokumente mit verschwunden sind. Verletzt wurde niemand.

Zwischen Czenstochau und Herby an der preußischen Grenze wurde ein Bahnzug von einer Räuberbande überfallen. Zwei Generale, zwei Beamte und vier Soldaten wurden getötet und 16 000 Rubel geraubt. Die Räuber entkamen.

Das Marinekriegsgericht in Sebast Ieim gestern das Urteil über die wegen der militärischen Unruhen zu Ende des vorigen Jahres unter Anklage gestellten Matrosen. Die vier Hauptangeklagten wurden zum Tode, ein Angeklagter zu lebenslänglicher

und 32 zu Zwangsarbeit von verschiedener Dauer verurteilt. 50 Ma⸗

trosen erhielten Gefängnisstrafen. 6 Angeklagte wurden freigesprochen.

Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗ agentur“ fand vorgestern im Dorfe Tscherepowka im Kreise Pros⸗ kurow infolge der Verhaftung der Urheber dortiger Unruhen ein Zusammenstoß zwischen Bauern und Dragonern statt, bei dem 12 Dreogoner durch Steinwürfe und Stockschläge verletzt und fünf Bauern getötet und eine Anzahl verletzt wurden.

““ CESvpauien. 1Gu“

Der Finanzminister hat ein Dekret vorbereitet, durch welches die Zölle auf Herkünfte aus der Schweiz vom 1. August ab um 50 Prozent erhöht werden; das Dekret ist nach Santander geschickt worden, um dort dem König zur Unterzeichnung vorgelegt zu werden. Der hat „W. T. B.“ zufolge, jedoch erklärt, die Verhandlungen mit der Schweiz nehmen ihren Fortgang, und es sei auf eine Ver⸗ ständigung zu hoffen. 1“

Die Pforte hat die von der Kammer der Insel Samos geforderte Absetzung des Fürsten Bithynos bewilligt und diesem die Weisung erteilt, die Insel zu verlassen. Laut Meldung des „Wiener Telegraphen⸗Korrespondenzbureaus“ ist das Mitglied der Zivilbeamtenkommission Konstantin Karatheodory zum Fürsten von Samos ernannt worden. 8

Griechenland. 5

Der Präsident der Deputiertenkammer Buffides ist der „Agence Havas“ zufolge vorgestern nach Kreta abgereist, um den Prinzen Georg zu überreden, sein Amt nicht nieder zulegen.

Bulgarien.

Wie das „Wiener Telegraphen⸗Korrespondenzbureau“ meldet, haben gestern in Philippopel antigriechische Kundgebungen stattgefunden, die einen größeren Umfang annahmen. Von früh an bis zum Nachmittage durchzogen Banden, die von Agitatoren geführt wurden, die Stadt. Sie nahmen sämtliche fünf Kirchen der Griechen gewaltsam in Besitz; im ganzen Griechenviertel wurden die Fensterscheiben eingeworfen, über 60 griechische Geschäftsläden zerstört und die Warenvorräte vernichtet. Auch Schulen, mehrere Kaffee⸗ häuser und eine dem russischen Millionär Warsali gehörige wertvolle Bibliothek wurden vollständig vernichtet. Opfer an Menschenleben sind bisher nicht gemeldet worden. Einer Privat⸗ meldung zufolge ist der griechische Archimandrit verletzt worden. Das requirierte Militär erwies sich unfähig, den Ausschreitungen Einhalt zu tun.

Amerika. . Der Präsident Pardo stellt in einer Botschaft den wirt⸗ schaftlichen Fortschritt der Republik Peru fest. Die Botschaft versichert, „W. T. B.“ zufolge, die peruanische

üe sei von dem Bestreben beseelt, die internationalen Streitfragen zu beenden, und spricht die zuversichtliche Hoffnung aus, daß der panamerikanische Kongreß zur Aufrechterhaltung der Harmonie unter den Staaten Südamerikas beitragen werde. Weiter wird in der Botschaft die gute finanzielle und wirtschaftliche Lage des Landes betont und ein Kredit g.5 8 Millionen Pfund für den Bau von Eisenbahnen an⸗ ordert.

die? pen des Prätendenten, die bei ihrer Nieder⸗ lage von dem Caid Azuz befehligt wurden, werden, wie die „Agence Havas“ bestätigt, aufgelöst. Wie die Besiegten er⸗ klären, sind sie von den Mauren von Quebdana verraten worden, die bei den Truppen Azuz’ gelagert hatten, dann aber zu den Truppen des Sultans übergegangen sind. Diese bemäch⸗

tigten sich dann des ga Lagers sowie eines Geschützes. Zun ch c gefban

Azuz flüchtete sich na luan. Der Prätendent befahl Stämmen von Ghelaya, sich mit Azuz zu vereinigen. Der Häuptling Chaldi ist seinen Wunden erlegen. Man erwartet neue Gefechte.

Statistik und Volkswirtschaft.

Die im Ausland bisher versuchten oder vorgeschlagenen Lösungen des Problems einer Versicherung gegen die Folgen der Arbeitslosigkeit.

Trotz bester Ausgestaltung des Arbeitsnachweises und der Ein⸗ richtung von Arbeitsbeschaffung wird stets ein Rest Arbeitsloser ver⸗ bleiben, dem auch durch die Armenpflege nur in völlig unzureichender Weise geholfen werden kann. Es ist daher in einer Reihe von Ländern auf anderen Wegen erstrebt worden, den Arbeits⸗ losen d. h. denjenigen arbeitswilligen und arbeitsfähigen Arbeitnehmer, der seine Beschäftigung verloren und eine an⸗ gemessene neue noch nicht gefunden hat und zur büe nicht finden kann vor den wirtschaftlichen Folgen seiner Arbeitslosigkeit, der Verschlechterung seiner Lebenshaltung, dem Herabsinken in die Armen⸗ pflege. vor Obdachlosigkeit und Bettelei zu bewahren. Alle bisher getroffenen Maßnahmen und gemachten Vorschläge, die diesen Zweck verfolgen, von der Unterstützung der Fachverhände oder der Einrichtung kommunaler Arbeitslosenkassen angefangen bis zu den Projekten einer Reichsarbeitslosenversicherung, lassen sich zusammenfassen als Arbeits⸗ losenunterstützung und Arbeitslosenversicherung. Es sind dies zwei ver⸗ schiedene Dinge. Gemeinsam ist ihnen, daß sie eine Grenze ziehen wollen sowohl gegen die Armenpflege wie gegen die Wohltätigkeit. Das Herab⸗ sinken in die Armenpflege soll gerade verhindert werden, der grundsätz⸗ liche Unterschied ist der, daß die Armenpflege die völlige Mittellosigkeit, die Bedürftigkeit zur Voraussetzung hat. Die Arbeitslosenunter⸗ stützung hat die Mittellosigkeit nicht zur Voraussetzung, im Gegenteil, sie will verhindern, daß dieser äußerste Zustand eintritt, der bereits die wirtschaftliche Vernichtung einer Existenz bedeutet. Aber auch auf die Wohltätigkeit will der Arbeiter nicht verwiesen werden. Die Wohltätigkeit gibt Almosen. Aber selbst wenn private oder öffent⸗ liche Wohltätigkeit großer Arbeitslosigkeit gewachsen wäre, der ohne sein Verschulden arbeitslos gewordene Arbeiter wünscht nicht Almosen zu erhalten, sondern, soweit er sich nicht selbst zu helfen vermag, einen Anspruch auf Hilfe erheben zu dürfen. Neben diesen der Arbeitslosenunterstützung und der Arbeitslosen⸗ versicherung gemeinsamen Gesichtspunkten gibt es auch solche, die die beiden Kreise von Maßnahmen trennen. ie Arbeitslosenunter⸗ stützung geht von der Tatsache der Arbeitslosigkeit aus, ohne Rück⸗ sicht darauf, ob sich ihr Eintritt voraussehen ließ oder nicht, ohne Be⸗ rücksichtigung der Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts und ihrer Dauer. Nach den vorhandenen Mitteln wird die Unterstützung bemessen, die vorhandenen Einnahmen bestimmen die Ausgaben. Unter Ver⸗ sicherung versteht man auf Gegenseitigkeit beruhende wirtschaft⸗ Veranstaltungen zwecks Deckung zufälligen schätzbaren Vermögensbedarfs. Legt man diese Begriffs mung auch für die Versicherung gegen die Folgen der Arbeitslosig⸗ keit zugrunde, so ergibt sich, daß es sich hier wie bei jeder Ver⸗

g um die Deckung eines Bedarfs handelt, den der einzelne gls solcher aufzubringen möglicherweise nur schwer im stande oder unfäßig ist. Dieser Bedarf muß ein zufälliger in dem Sinne sein, daß seine

illkürliche Herbeiführung durch denjenigen, dem der Ersatz geleistet werden soll, möglichtt ausgeschlossen sein soll. Es genügt indessen, wenn diese Zufälligkeit sich irgendwie betätigt, sei es auch nur 88 sichtlich der Höhe oder der Dauer des notwendig werdenden Bedarfs. Es gehört auch begrifflich zur Versicherung, daß jeder Teilnehmer ein Recht auf die Deckung seines Vermögensbedarfs hat. Wo kein Recht, sondern nur die Hoffnung auf Gewährung nach freiem Ermessen be⸗ steht, da lieat sicherung nicht vor. Schließlich gehört zu dem Begriff der Versicherung auch das Moment der Entgeltlichkeit. Zu⸗ weilen wird indessen den Teilnehmern an der Versicherung von anderer Seite ein Zuschuß zu dem Ersatzbetrage gewährt, den sie auf Grund ihrer eigenen Beiträge beanspruchen können. Dieser Umstand allein nimmt einer solchen Einrichtung den Charakter der Versicherung noch nicht, wenn sie ihn sonst hat. Es handelt sich dann vielmehr um eine Vereinigung von Versicherung und Unterstützung, wie man sie bei der deutschen Arbeiterversicherung beobachten kann. Diese Vermischung der Versicherung mit Elementen der Unterstützung ist auch bei den bestehenden Einrichtungen zur Arbeitslosenversicherung häufig. Das von beiden, Arbeitslosenunter⸗ stützung und Arbeitslosenversicherung, angestrebte Ziel ist das gleiche. In der Praxis kann ein geregeltes Unterstützungswesen einzelne Momente der Versicherung in sich aufnehmen, andererseits sind die Unterlagen für eine richtige, versicherungstechnisch begründeze Versicherung gegen die Folgen von Arbeitslosigkeit so schwer zu erlangen, n und Dauer der Arbeitslosigkeit in den einzelnen Berufen von so vielen Faktoren abhängig, war bisher unsere Kenntnis dieser Verhältnisse noch so beschränkt und die Möglichkeit ihrer zahlenmäßigen Berechnung noch so wenig ausgebildet, daß, abgesehen von anderen Gründen, schon deshalb fast alle bis⸗ herigen Versuche einer Versicherung mehr den Unterstützungs⸗ charakter als den eaee e. haben. Wir wollen nun das Wesentlichste der her im Auslande, wo der Frage der Arbeitslosenfürsorge zuerst näher getreten und schon Bedeutendes geleistet worden ist, versuchten Lösungen nach der an dieser Stelle schon erwähnten“) Denkschrift des Kaiserlichen Statistischen Amts (Abteilung für Arbeiterstatistik) über die be⸗ stehenden Einrichtungen zur Versicherung gegen die Folgen der Arbeits⸗ losigkeit im Ausland und im Deutschen Reiche, jedoch abweichend von dieser, welche die einzelnen Staaten getrennt für sich be⸗ handelt, in systematischer Darstellung nach verschiedenen Gesichts⸗ punkten Selbsthilfe der Arbeitnehmer, Versicherungszwang und freiwillige Versicherung auf kommunaler Grundlage, Subvention der Selbsthilfe unter Verzicht auf selbständige 1 unter Einbeziehung von bisher nicht in Wirksamkeit getretenen Gesetz⸗ entwürfen vorführen. I

Die Selbsthilfe: Gegenseitigkeitsversicherung der Arbeitnehmer in Gewerkvereinen.

Zuerst ist die Arbeitslosenfürsorge auf dem Wege der Selbst⸗

hilfe, der Gegenseitigkeitsversicherung der Arbeit⸗ nehmer versucht worden, und zwar sind die Selbsthilfe⸗ organisationen der Arbeiter zur Bekämpfung der Folgen der

*) Vergl. den Artikel „Die Versicherung gegen die Folgen der Seelehokat in Nr. 126 des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ vom ai d. J.

8 L111“

1895 bis 1905 an ee

Arbeitslosigkeit im Auslande dur gewerkschaftlicher Art. Der Zielpunkt der gewerkschaftlichen Arbeitslosenfürsor

ist die Hochhaltung des „standard of life“ (auskömmlic

Lebenshaltung) der Arbeiter der Gewerkschaft und des Berufs⸗ zweiges überhaupt. Durch die Arbeitslosenfürsorge ermöglicht die Gewerkschaft ihren Mitgliedern, Arbeit nur unter Lohnbedingungen anzunehmen, die den i . Grundsätzen entsprechen, und verhindert sie, ihre Arbeit stehenden Kollegen zu unterbieten und dadurch auf den Lohn im Ge⸗ werbe zu drücken. Die gewerkschaftliche Arbeitslosenunterstützung ist mithin keine „caritative“ Maßregel, sondern entspricht den Gesamt⸗ interessen der Organisation. Sie soll verhindern, daß der Standard, den die Organisation bei guter Konjunktur in Arbeits⸗ kämpfen erreicht hat, bei Verschlechterung der Konjunktur wieder berabgese wird. Sie ist, vom gewerkschaft⸗ lichen Standpunkt aus betrachtet, die logische und notwendige Er⸗ süsnhen der Streikunterstützung. Dieser Zusammenhang hat dazu ge⸗ ührt, daß die Unterstützung bei Arbeitslosigkeit, die zuerst seitens der englischen Gewerkvereine eingeführt worden ist, mit der Entwicklung der internationalen baftsbewegung in den letzten beiden Jahr⸗ zehnten in fast allen Ländern eine gleiche bedeutende Entwicklung er⸗ - hat. Sie ist heute noch am bedeutendsten in dem Lande, in

die Einrichtung auch am ältesten ist, in Großbritannien.

In ö zün nnien hat die Arbeitslosenunterstützung ihren Schwerpunkt bei den Trade Unions, den reinen, wenngleich neben ihnen auch die Hilfskassen (friendly socteties) in gleicher Richtung tätig sind; und zwar sind es vor allem die Metall⸗ und Maschinen industrie, die Schiffsbauindustrie und das Buchdruck⸗ gewerbe, in denen die gewerkschaftliche Arbeitslosenunterstützung zu einer bis ins kleinste geregelten Durchbildung gelangt ist, wenn auch in den anderen Industrien die Unterstützung in dieser Form ebenfalls besteht. 1904 waren 1 902 308 Personen in Gewerkvereinen organisiert, in⸗ dessen zahlen nicht alle Gewerkvereine Unterstützung, da in vielen Gewerben, insbesondere z. B. im Baugewerbe, die Verhältnisse zu fluktuierend und von der Saison abhängig sind, um bisher die Ein⸗ führung der coseeehe in gleichbedeutendem Umfang zu gestatten. Die gewerkschaftli rbeitslosenunterstützung wird für etwa 800 000 Personen in Betracht kommen, das sind nur etwa 6 % der gewerblich tätigen Bevölkerung im Vereinigten Königreich. Um welche bedeutende Summen es sich indessen handelt, ergibt die folgende Aufstellung. Es zahlten die 100 größten Gewerkvereine in den Jahren

. 263 231 2 . 327 785 .424 046 v“

1895. 1896. 1897. 1898. 1899.

416 784 2 . 262 143 . 329 567 .25 22916 .183053 .

Das sind also im Berichtsjahre 1904 rund 13 Milltonen Mark,

31,7 % der Gesamtausgaben dieser hereine, und auf den Kopf der Mitglieder 11 sh. 6 d. in diesem Jahre. Von dem gesamten Betrage entfallen im Jahre 1904 allein 304 534 Pfd. Sterl. auf die Gewerkvereine der Metall⸗, Maschinen⸗ und Schiffsbauindustrie. In der Textilindustrie steigt der Prozentanteil an den Gesamtausgaben auf 38,8 %, im Buchdruckgewerbe sogar auf 45 %. Was die Art dieser Arbeitslosenunterstützung betrifft, so zerfällt sie in Ortsunterstützung und Reiseunterstützung. Die letztere Form ist in Großbritannien im Rückgang begriffen und steht der ersteren an Bedeutung weit nach. Der Erwerb der Unterstützungsberechtigung ist zumeist an eine Mit⸗ gliedschaft von 12 Monaten gebunden. finden sich verschiedene Klassen von Mitgliedern, je nachdem die Mitglieder außer auf den Schutz des Gewerkvereins auf alle oder nur auf einzelne der von den reinen gezahlten Unterstützungen Anspruch haben sollen. Der Erwerb der Mitgliedschaft setzt voraus die Zahlung eines Eintrittsgeldes bis 5 £ sowie in einzelnen Gewerben eine Lehrzeit oder längere Beschäftigung im Gewerbe. Außerdem sind laufende Bei⸗ träge zu zahlen, die, mit 2 d für die Woche beginnend, bei einzelnen Gewerkvereinen auf 2 sh für die Woche steigen. Die Höhe der Unterstützungssätze ist sehr verschieden, im allgemeinen wird die 14— mit fallender Skala gezahlt, d. h. mit fortschreitender Arbeitslosigkeit wird die Unterstützung niedriger. Bestimmungen darüber, wann ein Mitglied nach Bezug der vollen Unterstützung von neuem unterstützt werden kann, ergänzen in der Regel die einschlägigen Vorschriften. Auf die Unterstützung besteht ein Recht. Ablehnung der Unterstützung findet im allgemeinen statt bei Arbeitsvernachlässigung, Trunkenheit und unordentlichem Betragen, d. h. bei einer Führung, wie sie mit den Pflichten eines ordentlichen Gewerkschaftlers nicht vereinbar ist. 1 Kündigung, soweit dabei den Arbeiter kein moralisches Verschulden trifft, schließt von der Unterstützung nicht aus. Durchgehends besteht die Pflicht zur Annahme von Arbeit, die vom Gewerkschaftssekretär zu den Sätzen der Gewerkschaft nachgewiesen wird. Verwaltungstechnisch ist das Unter⸗ stützungswesen meist so aufgebaut, daß die Gewährung der Unter⸗ stützung zentralisiert ist. Für die verschiedenen Unterstützungszweige besteht zuweilen eine getrennte Kassenführung, überwiegend jedoch nicht. Außer bei den Arbeitern finden sich ähnliche Einrichtungen noch bei den englischen Handlungsgehilfenverbänden. Diejenigen Arbeiter⸗ kreise, die von der gewerkschaftlichen Arbeitslosenunterstützung oder der⸗ jenigen der Handlungsgehilfenverbände nicht berührt werden, das sind über 900 % der erwerbstätigen Bevölkerung, sind fürden Fall der Arbeitslosigkeit, soweit sie sich nicht selbst zu helfen in der Lage sind, im allgemeinen auf private oder öffentliche Wohltätigkeit oder Armen⸗ pflege angewiesen. Der Umfang der gewerkschaftlichen Selbsthilfe ist im Verhältnis zur gesamten Arbeiterschaft des Vereinigten König⸗ reichs danach ein recht beschränkter. Soweit sie aber erfolgt, stellt sie eine zahlenmäßig sehr bedeutende Leistung dar. In Belgien ist die Organisation der Arbeiter in Fachvereinen zwar ziemlich alten Datums, die Bedeutung der belgischen Gewerk⸗ chaften und ihrer Leistungsfähigkeit leidet aber etwas dadurch, daß die belgische Fachvereinsbewegung im Gegensatz zu der anderer Länder den Zug zur lokalen Organisation statt zur Zentralorganisation zeigt. Die Gesamtstärke der belgischen Arbeiterfachorganisationen betrug Ende 1901 etwa 132000 Personen, wobei etwa 73 % auf die Arbeiterorganisationen sozialistischer Richtung, 11 % auf die neutralen Organisotionen, 10 % auf die christlichen Arbeitersyndikate und 6 % auf die liberale Arbeiterpartei entfielen. Seit dieser Zeit hat aber jedenfalls eine Zunahme der Zahl der Ocganisationen und ihrer Stärke stattgefunden. Nach dem dem Kaiserlichen Statistischen Amt vorliegenden Material hatten 221 Fachvereine mit insgesamt rund 40 000 Mitgliedern Arbeitslosenunterstützung eingeführt; dies würde nicht ganz der dritte Theil der organisierten Arbeiter sein. Was die Organisation der Verbände und ihrer Arbeitslosenunterstützung be⸗ teifft so wird im allgemeinen ein Beitrag von 1—2 Fr. monatlich verlangt; daneben treten aber S.amärn, die den Eintritt er⸗

schweren, so die Forderung eines bestimmten Alters, Beschäftigung von 2 Jahren im Gewerbe oder Verdienst nicht unter 20 bis 30 Cts. für die Stunde. Die zum Bezug, der Unterstützung am Ort wird meist nach 6 Monaten bis zu 2 Jahren erworben. Die Unterstützungssätze schwanken zwischen 50 Cts. und 2,50 Fr. Die Dauer der Unterstützung ist je nach der Leistungsfähigkeit der Ver⸗ bände ganz verschieden lang. Eine scharf abgegrenzte Bestimmung, was unter unfreiwilliger und unvperschuldeter Arbeitslosigkeit, die zumeist nur zur Unterstützung berechtigt, verstanden werden soll, findet sich meist nicht. Ausgesperrte oder gemaßregelte Mitglieder erhalten bei einer großen Reihe von Verbänden Arbeitslosenunterstützung, ebenso ist auch die Grenze gegen die Streikunterstützung in den Statuten der belgischen Fachverbände nicht immer streng 1.— Die Kontrolle ist streng geregelt, sowohl durch tägliche Meldung beim Verband als auch durch Bestellung von Verbandsmitgliedern als Kontrolleuren, die jederzeit den Arbeitslosen aufsuchen dürfen. Die Kasse für die Zwecke der Arbeitslosenunterstützung wird vielfach, wenn auch nicht durchgehends getrennt geführt.

n Frankreich den am 1. Januar 1904 in Handel und Industrie 4227 Arbeiterf eine, in denen im ganzen 715 576 Arbeiter und Angestellte organisiert waren, außerdem 151 gemischte Fach⸗

ert vereine, in denen Arbeitgeber und Arbeiter vertreten 1u“ 8 8 1“

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nd, mit 36 044

Mitgliedern. Von der gesamten Arbeciterbevölkerung, die in Handel und Industrie tätig war (5,6 Millionen), sind etwa 13,6 % organisiert. Nur 8,35 % der Organisierten sind Frauen. Die Organisation der Selbst⸗ hilfe durch Einführung der Ortsunterstützung oder durch Schaffung be⸗ EE der —2 hat in Fra 2 ältn pät und geringem ang eingesetzt. re 1902 bestanden in Frankreich 310 Arbeitslosenkassen, von denen allein 162 Kassen auf die einzelnen Sektionen des Buchdruckerverbandes entsielen. Im ganzen waren an Arbeitslosenkassen der Fachvereige 30 297 Mitglieder angeschlossen. Von der Gesamtzahl der organi⸗ sierten Arbeiter waren daher 1902 durch die eene Organisation noch nicht 5 % gegen die Folgen der Ar sigkeit sicher⸗ estellt, von der gesamten Arbeiterbevölkerung etwa 0,6 %. ie Kassen sind mit Ausnahme des Buchdruckerverbandes durchgehends lokal organisiert. Die Beiträge schwanken zwischen 0,50 1 Fr., die Tagegelder zwischen 1—2 Fr. 285 en mit 28 209 Mitgliedern haben Mitteilung über ihre Ausgaben gemacht; diese Kassen verausgabten 1902 für Arbeitslosenunterstützung ins⸗ gesamt 188 940 Fr. Wirklich entwickelt ist die Unterstützung nur im Buchdruckgewerbe. Der Typographenverband zahlte 1902 allein 43 792 Fr. Tagegelder bei Arbeitslosigkeit. Die Entwicklung ist in rankreich mithin noch wenig vorgeschritten. Ein einziger deutscher erband, wie der Metallarbeiterverband, der Arbeitslosenunterstützung zahlt, umfaßt 10 mal soviel Mitglieder, wie im Jahre 1902 alle französischen Arbeitslosenkassen zusammen.

In Oesterreich waren am 31. Dezember 1900 rund 148 000 Arbeiter in Fachverbänden organisiert, wovon 20 000 der gewerkschaft⸗ lichen Richtung angehören oder nahestehen, ferner 460 175 Arbeiter oder 50,7 % aller Organisierten in Unterstützungsvereinen, wovon 330 000 der gewerkschaftlichen Richtung nahestehen. Der Prozent⸗ satz der Organisierten ist am höchsten in den graphischen Ge⸗ werben, am niedrigsten in der Landwirtschaft. Arbeitslosen⸗ unterstützung zahlten 1900 247 allgemeine Arbeitervereine, 815 Bil⸗ dungsvereine, 1707 Fachvereine und 567 Unterstützungsvereine. Der Schwerpunkt liegt in den Fachvereinen, in denen 147 804 Mitglieder organisiert waren. Das gleiche gilt für die Reiseunterstützung. Es wurden im Jahre 1900 im ganzen von allen Arten der Vereine zu⸗ sammen 12 692 Personen unterstützt, wovon 11 035 auf die Fach⸗ vereine entfallen. 1904 verausgabten alle Gewerkschaften zusammen 583 301,19 Kr. für Ortsunterstützung, 95 790,80 Kr. für Reiseunter⸗ stützung, das sind pro Kopf der Mitglieder 3,08 Kr. an Orts⸗ unterstützung und 0,50 Kr. an Reiseunterstützung. Die relativ höchsten Leistungen finden sich bei den Hutmachern, Buchdruckern, Mechanikern, Drechslern, Lithographen, Steindruckern und Handschuhmachern. Beitragszahlung, Bezugsberechtigung und Wartezeit sind in den Statuten eingehend geregelt. Die Frage der unverschuldeten Arbeitslosigkeit ist überwiegend dahin formuliert, der Arbeitsvertrag ohne Gesetzesverletzung gelöst sein muß und da nicht unanständiges Betragen, Blaumachen usw. die Entlassung provoziert hat. Von der Streikunterstützung ist die Arbeitslosenunterstützung bei den Gewerkschaften getrennt, da diesen als solchen die Zahlung von Streikgeldern verboten ist. Im allgemeinen besteht die Verpflichtung zur Annahme von Arbeit, die dem ortsüblichen Satz im Gewerbe entspricht und den Fähigkeiten angemessen ist. Getrennte Kassen⸗ führung von den übrigen Fonds ist meist nicht vorhanden, eine Reihe von Verbänden zahlt die Unterstützung nur nach Maßgabe der je⸗ weiligen Geldmittel des Vereins. Dementsprechend besteht vielfach der Anspruch nicht in bestimmter Höhe.

Die gewerkschaftliche Entwicklung in Ungarn ist noch jungen Datums. Am 1. Juni 1904 waren 52 410 Arbeiter orzanisiert. Von den 18 bestehenden Zentral⸗ (Landes⸗) Organisationen zahlen zur Zeit alle bis auf eine Arbeitslosenunterstützung, von den 27 Lokal⸗ organisationen 18. Im Jahre 1903 zahlten die Gewerkschaften zu⸗ sammen 87 289,81 Kr. Ortsunterstützung, 24 379,54 Kr. Reise⸗ unterstützung. Im Jahre 1904 waren die entsprechen⸗ den Beträge 123 946 Kr. beziehungsweise 37 336 Kr. Die Arbeitslosenunterstützung ist in Ungarn nicht immer scharf getrennt von der rwerbslosenunterstützung, die den durch Krankheit, Alter oder körperliche Vesletzung erwerbsunfähig

ewordenen Gewerkschaftsmitgliedern gewährt wird. Getrennte Kassen⸗ für die verschiedenen Unterstützungszwecke kommt vereinzelt vor. Der Eintritt der Arbeitslosigkeit ist sofort beim Verband zu melden, die Kontrolle geschieht durch die tägliche Meldung beim Verband. Die Frage der Selbstverschuldung hat vielfach eine ein⸗ gehende Regelung erfahren, ebenso die Pflicht zur Annahme von Arbeit.

In Italien war für 1904 die Zahl der organisierten Arbeiter auf rund 400 000 zu veranschlagen, das sind etwa 5,3 % der in

ndel, Industrie und Landwirtschaft tätigen Arbeiterschaft. Welcher

il der organisierten Arbeiterschaft die Unterstützung bei Arbeits⸗ losigkeit und auf der Reise eingeführt hat, dafür liegen zusammen⸗ fassende Angaben für ganz Italien nicht vor, eingehende Angaben sind nur für Mailand vorhanden. Auch in Italien ist die Arbeits⸗ losenunterstützung am ältesten und bedeutendsten im Buchdruck⸗ gewerbe sowie in der Metall⸗ und Maschinenindustrie. Die Beitrags⸗ zahlung, Tagegelder, Gewährung erneuter Unterstützung usw. sind ein⸗ gehend geregelt. 3

Die Selbsthilfeorganisation der Arbeiter in der Schweiz hat erst in jüngster Zeit stattgefunden. Jetzt zahlen dort im ganzen 12 Verbände Arbeitslosenunterstützung. Die Einführung der Orts⸗ unterstützung ist zum Teil erst ganz kürzlich erfolgt, bei den Glasern 1901, bei dem Metallarbeiterverband 1903, bei den Lebens⸗ und Genuß⸗ mittelarbeitern 1904. Die geleisteten Unterstützungssummen sind bisher wirklich bedeutend nur bei den im Typographenbund zusammengeschlossenen Buchdruckern. Für den Erwerb der Mitgliedschaft ist im allgemeinen ein Eintrittsgeld von 1—2 Fr. zu zahlen, außerdem wöchentliche Bei⸗ träge von 10—40 Cts. Eine Reihe von Verbänden hat außerdem noch erschwerende Bestimmungen bezüglich des Alters und Gesundheits⸗ zustandes der Aufzunehmenden. Für den Aufbau im einzelnen ist das englische Vorbild vielfach maßgebend gewesen. Von rund 27 000 Per⸗ sonen, die Ende 1902 dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund ange⸗ hörten, und den rund 24 000 Arbeitern, die außerhalb des Bundes standen, waren zu dieser Zeit rund 9000 in Verbänden, die ihren Mit⸗ gliedern zahlten, also noch nicht der fünfte Teil der organisierten Arbeiter. Die organisierten Arbeiter aber stellen unter Zugrundelegung der Zahlen der letzten Berufszählung ihrerseits nur 5,8 % der gewerblich tätigen Arbeiter dar. Trotz des in den letzten Jahren erfolgten Ausbaues ist mithin der . der gewerkschaft⸗ lichen Selbsthilfe ein noch beschränkter, wenn er auch im ständigen Wachsen begriffen ist. b

Dasjenige Land, in dem die Organisation unter den gewerblichen Arbeitern am meisten fortgeschritten, ist Ddänemark. Nimmt man die Gesamtzahl der gewerblichen Arbeiterschaft auf 200 000 an, so waren etwa 44 %, nämlich 88 098 im Jahre 1903 organisiert. Ab⸗ esehen von anderen Unterstützungszweigen, ist bei den dänischen Gewerk⸗ schaften vor allem auch die Arbeitslosenunterstützung eingehend geregelt. 1901 zahlten von 61 der Landeszentrale angeschlossenen Organisa⸗ tionen 48 Organisationen Arbeitslosenunterstützung am Ort oder auf der Reise. 1902 verausgabten die der Landeszentrale angeschlossene Verbände an Orts⸗ und Reiseunterstützung 432 8955 ℳ, 1903 388 750 %ℳ In Dänemark hat sich die Arbeitslosenunterstützung aus der Reisebeihilfe entwickelt, zur Zeit steht die Ortsunterstützung an erster Stelle. Der ursprünglich ausschlaggebende Unterstützungszweck ist allmählich zurückgetreten gegen den Gesichtspunkt der Hochhaltung des „standard of life“ im Gewerbe. Die meisten Kasseneinrichtungen der Verbände sind erst gegen Ende der 90 iger Jahre des vorigen Jahrhunderts geschaffen worden. Die älteste Kasse ist, wie auch in anderen Ländern, bei den Buch⸗ druckern zu finden. Die Beiträge beginnen mit 5 Oere für die Woche und steigen ziemlich hoch. 30 bis 40 % der Beiträge durchschnittlich werden an die Arbeitslosenkasse der Verbände ahgeführt. Für Erwerb der Bemgsberechtigung wird überwiegend 1 Jahr Mitgliedschaft 7 4+ Die Unt ungssätze schwanken zwischen 75 Oere und 1,25 Kronen für den 8 die Dauer ist je nach der finanziellen Leistungsfähigkeit der Ver⸗ bände sehr verschieden. Die Trennung gegen die Str erstützung ist durchgängig scharf gezogen, die Annahme von Arbeit im Sinne der

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