1907 / 59 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 Mar 1907 18:00:01 GMT) scan diff

zwei eigene größere Kompositionen einzusenden. Die eine muß eine

Duvertüre oder ein Symphoniesatz, die andere das fehnqchent einer

Oper oder eines Oratoriums (Psalms oder einer Messe) sein, dessen Ausführung etwa eine Viertelstunde dauern würde.

VI. Die Zahlung des Stipendiums erfolgt auf Anweisung des Vorsitzenden des Stiftungskuratoriums, und zwar in drei Raten, deren erste beim Antritt der Studienreise, deren zweite und dritte aber erst nach Einsendung je einer der unter V geforderten Arbeiten fällig werden. b

VII. Das Kollegium der Preisrichter besteht statutenmäßig aus den in Berlin wohnhaften ordentlichen Mitgliedern der Musiksektion der Königlichen Akademie der Künste, den Kapellmeistern der hiesigen Königlichen Oper und dem Direktor des Sternschen Kon⸗ servatoriums.

Berlin, den 26. Februar 1907. 1— 8.

Der Senat der Königlichen Akademie der Künste, Sektion für Musik. R. Radecke.

1“

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.

Die Forstkassenrendantenstelle zu Torfhaus im Regierungsbezirk Merseburg ist voraussichtlich zum 1. April

1907 anderweit zu besetzen.

Tagesordnung

für die am Sonnabend, den 16. Märzd. J., Mittags 12 Uhr, im Sitzungssaale des Verwaltungsgebäudes stattfindende 46. Sitzung des Bezirkseisenbahnrats zu Altona.

1) Festsetzung des Termins für die nächste Sitzung des Bezirks⸗ eisenbahnrats.

2) Mitteilung über die Zusammensetzung des Bezirkseisenbahnrats.

3) Wahl von Mitgliedern des Landeseisenbahnrats.

4) Fahrplanangelegenheiten.

5) Antrag des Herrn Konsul Fehling, Vertreter der Handels⸗

kammer in Lübeck, wegen Ausgabe direkter Sonderzugskarten nach Travemünde, Lübeck, Eutin usw. bei den Sonderzügen Berlin Hamburg.

,6) Vorlage der Königlichen Eisenbahndirektion wegen 83 ermäßigung für Steinsalzsendungen an die deutschen Fischereigesell⸗ schaften und Fischsalzvereine.

7) Die vom Herin Direktor Dr. Ecker in Hamburg in der vorigen Sitzung außerhalb der Tagesordnung gemachten Ausführungen

betreffend.

3 8) Antrag des Vertreters des Vereins der Fischindustriellen Deutschlands, des Fabrikanten Herrn Gustav Moser in Altona, wegen

tarifarischer Gleichstellung der billigen Fischmarinaden mit frischen und

geräucherten Fischen.

9) Erläuterung der im Sommerfahrplanentwurf für 1907 ent⸗ haltenen wichtigeren Aenderungen.

10) Entgegennahme und Besprechung von Anregungen für die Gestaltung des . Winterfahrplans.

Altona, den 1. März 1907. Königliche Eisenbahndirektion. 8 Jungnickel.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 6. März. “”

1 Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute vormittag im hiesigen Königlichen Schlosse die Vorträge des Ministers des Königlichen 3ah. von Wedel, des Chefe des Zivilkabinetts, Wirklichen Geheimen Rats Dr. von Lucanus und des Finanzministers Freiherrn von Rheinbaben entgegen. 11. 1

Am 4. d. M. ist der vortragende Rat im Reichseisenbahn⸗ mt, Geheime Oberregierungsrat Messerschmidt infolge

eines Schlaganfalles plötzlich verschieden.

Am 25. November 1855 in Bromberg geboren, wurde Messerschmidt nach Absolvierung des juristischen Vorbereitungs⸗ dienstes im Jahre 1883 in die Königlich preußische Staats⸗ eisenbahnverwaltung übernommen und 1891 zum Regierungs⸗ rat ernannt. Von 1895 ab hat er den Königlichen Eisenbahn⸗ direktionen in Stettin, Mainz und Altona als Mitglied angehört. Nach seiner Berufung in das Reichseisenbahnamt wurde Messerschmidt im September 1903 zum vortragenden Rat und Geheimen Regierungsrat und im Jahre 1906 zum Geheimen Oberregierungsrat befördert.

Mit einer gediegenen wissenschaftlichen Bildung und eicher Erfahrung auf dem Gebiete des Eisenbahntarif⸗ und Verkehrswesens verband der zu früh Dahingeschiedene rast⸗ losen Diensteifer und große geschäftliche Gewandtheit. Er erfreute sich allseitiger Anerkennung und wurde durch eine

Reihe von Ordensverleihungen ausgezeichnet. Seine hervor⸗

ragende amtliche Tüchtigkeit, sein lauterer, zuverlässiger

Charakter und seine persönliche Liebenswürdigkeit sichern ihm in dauernd nvolles Andenken.

Heute traten, wie alljährlich, die preußischen Regierungs⸗

nd Gewerberäte zu einer dreitägigen Fene üͤber

dienstliche Angelegenheiten zusammen. Die Beratungen, die

im Abeordnetenhause stattfinden, wurden vom Minister für Handel und Gewerbe eröffnet.

Der Regierungsrat Dr. Behrend in Hannover ist der Ksöniglichen Regierung in Oppeln, der Regierungsrat Dr. Fleck in Königsberg der Königlichen Regierung in Cöln,

der Regierungsassessor Dr. Gelpke in Köslin der Königlichen Regierung in Köͤnigsberg und der Regierungsassessor Quell⸗ malz in Allenstein der Königlichen Regierung in Magde⸗ zur weiteren dienstlichen Verwendun

8 Regierungsassessor von und zu Gilßa in Zabrze

em Landrat des Landkreises Beuthen, Ober⸗Schl., der

Regierungsassessor Dr.⸗Kiepert aus Hannover dem Landrat

des Kreises Leobschütz, der Regierungsässessor Dr. de Terra aus Fischhausen dem Landrat des Kreises Einbeck und der

Regierungsassessor Winkelmann aus Stallupönen dem

Landrat des Kreises Minden zur Hilfeleistung in den land⸗

rätlichen Geschäften zugeteilt worden.

Die Regierungsreferendare Freiherr von Gagern aus Potsdam, Dr. jur. Walther aus Köslin und Werner aus Stettin haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Ver⸗ waltungsdienst bestanden. C“

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist der ausreisende Ablösungstransport für S. M. S. „Condor“ mit dem Reichspostdampfer vorgestern in Neapel eingetroffen und hat gestern die Reise nach Port Said eeges 8

8 8 8

Oesterreich⸗Ungarn.

Im böhmischen Landtage haben gestern die Ob⸗

männer aller Landtagsparteien, ausgenommen die Alldeutschen und die deutschen Agrarier, einen Antrag eingebracht, worin, laut Meldung des „W. T. B.“, an⸗ knüpfend an die austro⸗ungarischen Ausgleichsverhandlungen, die Regierung aufgefordert wird, mit der größten Ent⸗ schiedenheit die wirtschaftlichen Interessen der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder gegenüber Ungarn zu wahren, grundsätzlich auf der Einbeziehung aller Ausgleichsfragen in ihrem ganzen Um⸗ fange in die Revisionsverhandlungen zu beharren und unter keinen Umständen zu gestatten, daß die weitere Dauer des gemeinschaftlichen Zollgebiets beider Reichs⸗ hälften durch neue eeinseitige Opfer der österreichischen Reichshälfte erkauft werde. Sollte ein Ausgleich auf dieser dauernden, festen Grundlage nicht erreichbar sein, so habe die Regierung sich die vollständige wirtschaftliche Trennung beider Staatsgebiete zum Ziele zu setzen und die hierzu erforderlichen Vorkehrungen unverzüglich zu treffen. Die deutschen Agrarier stellten einen besonderen Antrag, in dem die Regierung aufgefordert wird, auf vollständige Fhesenung von Ungarn unverzüglich und unbedingt zu estehen. Der Landtag der Markgrafschaft Mähren hat in der gestrigen Sitzung einstimmig einen von der katholisch⸗ nationalen Partei und der deutschen Linken eingebrachten er, ea.s angenommen, der die Regierung auf⸗ fordert, bei den Ausgleichsverhandlungen mit Ungarn die wirtschaftlichen Interessen Oesterreichs aufs nach⸗ drücklichste zu wahren.

Die gestrige Sitzung des Triester Landtags ver⸗ lief, obiger Quelle zufolge, abermals sehr stürmisch, da die slovenischen Abgeordneten slovenisch sprechen wollten.

Trotz der Aufforderung des Präsidenten, sich der italienischen Sprache zu bedienen, fuhren sie fort, die Abänderungsanträge in slovenischer Sprache zu begründen, was auf der Galerie 12⸗9 Lärm hervorrief. Der Präsident ordnete die Räumung der Galerie an, die erst nach längerem Widerstande gelang.

Die Tagesordnung wurde unter Lärmen und Pfeifen der slovenischen Abgeordneten erledigt.

Großbritannien und Irland. 8

Im Unterhause brachte gestern der eens der Admiralität Robertson das Marinebudget ein.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ wies Robertson auf die darin enthaltene Verminderung der Ausgaben hin und betonte, die für Neubauten vorhergesehenen Ausgaben seien seit neun Jahren nicht so niedrig gewesen, er müsse jedoch namens der Admiralität er⸗ klären, daß nach ihrer Meinung der Zweimächte⸗Standard auch durch den diesjährigen Voranschlag in angemessener Weise aufrechterhalten werde. Der Redner gab, nachdem er sich gegen 8. Absicht, gehässige Bergleiche mit anderen Mächten anzustellen, verwahrt hatte, eine vergleichende Darstellung über Alter, Größe und Bestückung der Schlachtschiffe Frankreichs, Deutschlands und Englands, und erklärte, England besitze im Punkte der Schlachtschiffe eine gut gesicherte Ueberlegenheit über diese beiden Mächte, während es hinsichtlich der Kreuzer eine noch größere Ueber⸗ legenheit 42 Zum Schlusse erklärte Robertson: „In den letzten 2 Jahren haben Frankreich, Deutschland und Rußland zusammen⸗ genommen ihre Flotten durch Neubauten um 1 150 000 Tonnen ver⸗ mehrt, Großbritannien um 1 132 000 t. Nach den gegenwärtigen Flottenprogrammen werden wir Ende 1910 acht oder neun Schlacht⸗ schiffe und drei Kreuzer, beide des neuen Typs, fertig haben, Deutsch⸗ land dagegen vier Schlachtschiffe und zwei Kreuzer und Frankreich nur zwei Schlachtschiffe.“ er Redner hob die Leistungsfähigkeit Englands in raschem Schiffbau hervor und sagte, daß er keinen Zweifel hege, daß, falls sich im Auslande unvorhergesehene Entwick⸗ lungen ergeben sollten, die erneute Anstrengungen nötig machen würden, die Admiralität der Lage mit Umsicht und Mut und verständig gegenübertreten werde. Robertson schloß mit einer Ver⸗ teidigung der neuen Verteilung der Seestreitkräfte und der Schaffung der Heimatsflotte. Der Konservative Lee gab zu, daß die Feststellung Robertsons die Admiralität dazu berechtige, das Schiffsbauprogramm zeitweise zu verlangsamen, aber auch nur zeitweise. Er frage, ob die Regierung im Ernst glaube, daß irgend eine Wahrscheinlichkeit oder Möglichkeit bestehe, daß Englands Nebenbuhler zur See sich durch den ihnen hingehaltenen Köder verlocken ließen. Es sei schwer zu wissen, wohin die Haager Konferenz und die Begeiste⸗ rung Campbell⸗Bannermans England führen werde, es sehe aber sicherlich so aus, als ob seine Begeisterung es zu unglücklichen Miß⸗ verständnissen mit seinen Freunden und Bekannten führe. Die vor kurzem abgegebene Erklärung Campbell⸗Bannermans hätte in Frankreich eine nur schlecht verhohlene Besorgnis und in Deutschland offene Mißstimmung wachgerufen. Bannerman habe geschrieben, daß Englands Stärke zur See für keinen Staat eine Herausforderung be⸗ deute; das sei die Empfindung eines jeden, der in seinem Staate für eine Seemacht einträte, und sie sei auch enthalten in dem Telegramm, das der deutsche Flottenverein im Mai vergangenen Jahres an den Deutschen Kaiser geschickt habe. Der Redner gab sodann der Hoffnung Ausdruck, daß es Bannerman gelingen möchte, die Mächte davon zu überzeugen, daß es ihm ernst sei, und daß die Konferenz einigen Erfolg in der Richtung haben möchte, daß die anderen Mächte ihre Schiff⸗ bauten einstellten, doch glaube er, Redner, nicht an die Msöglichkeit eines derartigen Erfolges. Der Premierminister Sir Henry Campbell⸗Bannerman ergriff hierauf das Wort und erinnerte zunächst an die herausfordernde Rede, die Lee vor einigen Jahren gegen eine Macht gehalten habe, mit der England auf gutem Fuße lebte und auch jetzt noch lebe, und bekannte sich dann zu dem Zweimächte⸗ Standard als einem ungefähren Maßstab, an dem England seine Stärke zur See prüfen könne. Campbell⸗Bannerman wies weiter darauf hin, daß der Parlamentssekretär der Admiralität Robertson bewiesen habe, daß England den Zweimächte. Standard weit über⸗ steige und für die nächsten drei und einhalb Jahre gegen eine Ueber⸗ tretung dieses Prüfsteins vollständig gesichert wäre. Der Redner wandte sich gegen ein zu sklavisches Festhalten am Zweimächte⸗ Standard und warf die Frage auf, ob, falls England sich zu irgend einer Zeit in engem Bündnisverhältnis mit den zwei größten Seemächten befände, es noch fortzufahren hätte, Schiff auf Schiff und mehr als Schiff auf Schiff auf Stapel zu legen, wenn die eine oder andere dieser Mächte fortfahre, Schiffe zu bauen? „Was die Frage der Einschränkung der Rüstungen angeht’, fuhr der Premierminister fort,

„so kann man die Haager Konserenz als die Erfindung des Kaisers

eebe

8

von Rußland bezeichnen, und die Rechtfertigung für ihre Zusammen⸗ berufung war gerade die Frage der Einschränkung des Maßes übertriebener Ausgaben für militärische Zwecke. ch kann nicht annehmen, daß das, was vor fünf Jahren den Hauptgegenstand der Erörterungen gebildet hat, jetzt ein vpöllig lächerlicher Gegenstand geworden sei, nachdem die Welt an Weisheit zugenommen hat. Ich kann Lee versichern, daß ich nichts über diesen Gegenstand esagt habe, was berechnet gewesen wäre, irgend jemand zu beleidigen. ee sagte, wenn ich von der britischen Marine als einer für die Er⸗ haltung des Friedens bestimmten gesprochen habe, so könnten die anderen Staaten dasselbe sagen, und sogar der deutsche Flottenverein habe sich als Freund des Friedens bezeichnet. Ich glaube, sie sind Friedensfreunde, und ich denke, es beweist nicht gerade eine gute Taktik und auch nicht den besten Geschmack, wenn wir annehmen, daß eine große Macht oder selbst eine Körper⸗ schaft wie der deutsche Flottenverein irgend ein anderes Ziel hat als den stleden den sie durch Verstärkung der Macht ihres Landes her⸗ beizuführen glaubt. Das ist unsere Stellung. Ich habe die Auf⸗ fassung, daß wir, weit davon entfernt, irgend welchen Schaden zu stiften dadurch, daß wir das Thema der Rüstungseinschränkungen zur Sprache bringen, vielmehr die Pflicht haben, dies zu tun, da wir der Ansicht sind, daß eine starke Geistesströmung unter den nach⸗ denkenden Menschen in allen Staaten Europas vorhanden ist für Schiedsgerichte, für eine friedliche Schlichtung der Streitigkeiten und für einiges Loskommen von den riesigen Aufwendungen, die der gegenwärtige Zustand mit sich bringt. Ich hätte gemeint, unrecht zu handeln und wäre nicht länger in meiner jetzigen Stellung geblieben, wenn ich nicht von jeder mir gegebenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hätte, um jene Fektesftr spenge zu fördern und zu unterstützen, so sehr ich kann. Es besteht kein finsterer Plan auf seiten dieses Landes. Wir hegen keinen Wunsch, irgend einer Macht die Ver⸗ ringerung ihres Heeres oder ihrer Flotte aufzuzwingen, selbst wenn wir es könnten. Wir haben keinen Wunsch, uns in das richtige Ermessen derjenigen einzumischen, die ihre eigenen Interessen und die Wünsche ihres eigenen Volkes am besten kennen, wie wir die Wünsche des britischen Volkes kennen. Wir wünschen uns in die erste Reihe derjenigen zu stellen, die der Meinung sind, daß die kriegerische Haltung der Mächte gegeneinander, wie sie 5 in dem übermäßigen Anwachsen der Rüstungen zeigt, ein Fluch ist, und daß es um so besser ist, je eher ihnen, wenn auch nur in bescheidenem Maße, Einhalt getan wird. Balfoure(kons.) meinte, wenn Campbell⸗Bannerman wirklich eine Methode ausfindig machte, durch die, vereinbar mit der Sicherheit des Reichs, die Lasten der Rüstungen vermindert werden könnten, werde er sich die dankbare Anerkennung aller Klassen der Gesellschaft erwerben, da jede derselben das Ziel zu erreichen wünsche, welches Bannerman im Auge habe. Der Redner warf aber die Frage auf, ob Campbell⸗Bannerman das richtige Verfahren anwende. England schränke seine Ausgaben ein, aber die ausländischen Diplomaten würden fragen, ob Heer oder Flotte dadurch auch geschwächt würden, und würden sich an die Reden von Haldane und Robertson halten. Bannerman (unterbrechend): „Das werden sie tun, wenn Sie sie darauf auf⸗ merksam machen!“ Balfour erwiderte: „Das ist ein ganz un⸗ würdiger Zwischenruf“ und schloß: die Regierung könne unmöglich dem Volke auseinandersetzen, daß sie die Stärke von Heer und Flotte ver⸗ mehre, und zu gleicher Zeit erwarten, daß das Ausland glauben werde, England werde große Abrüstung.

Frankreich.

Der Ministerrat Beamtengesetzes genehmigt. Im weiteren Verlaufe der Sitzung legte, nach dem Bericht des „W. T. B.“, Viviani die Erklärung vor, die er in der Kammer in Beantwortung der Interpellation, betreffend die wöchentliche Ruhezeit, abgeben wird. Barthou ließ das Dekret unterzeichnen, be⸗ treffend den Betrieb der Stationen für Funkentele⸗ graphie, nach dem besondere Küstenstationen für den Handel, ür die Kriegsmarine, für den militärischen Nachrichtendienst owie für den Leuchtturmdienst errichtet werden sollen.

Der Senat verhandelte gestern über den Gesetz⸗ entwurf, betreffend Registrierung der Konstitution der marokkanischen Staatsbank.

Der Senator Bouͤdenot verlas im Namen der Finanzkommission den Bericht über den Gesetzentwurf. Obiger Quelle zufolge wurde die äußerste Dringlichkeit verlangt. Halgan fragte: Warum? Boudenot erwiderte: Weil das Gesetz vor dem 7. März an⸗ genommen sein muß. Le Provost de Launay sagte: Wir wissen nicht, um was es sich handelt. Ich erinnere daran, daß wir so kurzer Hand die auf die Bank⸗ privilegien bezüglichen Vorschläge angenommen haben. Wir waren erstaunt, einige Zeit darauf zu vernehmen, was mit Berufung auf unsere Reden geschah. Wir dürfen nicht abstimmen, ohne zn wissen, was man von uns verlangt. Der Minister des Aeußern Pichon er⸗ klärte, daß es sich um etwas sehr Einfaches handele. Das Gesetz be⸗ freie die konstituierenden Akte der marokkanischen Staatsbank von dem proportionalen Registerstempel um sie nur dem festen Stempel zu unterwerfen. Jedermann wisse, was für ein Institut die Bank sein solle; jedermann wisse, daß in ihrem Verwaltungsrat, in welchem die Vertreter der Hrunt. Sierftn he der Akte von Algeciras Seite an Seite zu sitzen berufen seien, Franzosen den ersten

latz einnähmen. Die anderen Mächte hätten Frankreich diesen

orzug zuerkannt und das Zugeständnis gemacht, daß der Vorsitzende des Verwaltungsrats ein Franzose sein und daß der Sitz der Bank in Paris sein solle. Unter diesen Umständen sei es eine Pflicht der internationalen Courtoisie, der Bank die Vorzugsstellung einzuräumen, die der Finanzminister ihr als erster zubillige. Was die Verzögerung der Einbringung der Fen betreffe, so werde genügen, wenn er sage, daß die Gründungsakte e am 25. Februar unterzeichnet worden sei, die Regierung habe sie alse ohne Verzug der Kammer unterbreitet. Die Kammer werde eir patriotisches Werk tun, wenn sie den Gesetzentwurf ohne weitere Debatte annehme.

Daraufhin wurde die Dringlichkeit erklärt, die sofortige Diskussion beschlossen und der Entwurf sodann angenommen

Der Senat verhandelte darauf über einen Gesetzentwur der ein Ingenieurkorps für die Seeartillerie

schaffen will. Der Berichterstatter Godin trat dafür ein. Der Senator

Cabart⸗Danneville möchte die Kolonialartillerie dem Marine⸗ ministerium unterstellen, wo man sie mit der Seeartillerie zu einem Korps vereinigen könnte. Der Marineminister Thomson erklärte, die Uhepsemng sei im Einverständnis mit der Kommission für die chaffung eines Speiial⸗ korps und für das Rekrutierungssystem dieses Korps. Senator ichon wunderte sich darüber, daß man gerade dieses Korps aus andoffizieren zu rekutrieren gedenke. Der Präsident der Kommiffion Moric sagte, daß auch Artillerieoffiziere in dem Korps dienen dürfen. Darauf wurden die ersten zehn Artikel des Entwurfs an⸗ genommen.

Die Bischöfe der Kirchenprovinzen von Bourges, Tours und Sens versammelten sich gestern im Institut Catholique, um, „W. T. B.“ zufolge, dem Papfte einen Vorschlag, betreffend Besetzung eines erledigten Bistums, zu unterbreiten. Außerdem erörterten sie Ergebnis der an die Bürgermeister ihrer Diözesen gerichteten Umfrage wegen der Kirchenpachtverträge.

Der König von England ist gestern von Paris in Biarritz eingetroffen

pfer fordern im Interesse der internationalen

hat gestern den Entwurf des

EFmissionskosten für diese sowie für die bvrgtentige. u“ 0 MRiubel.

Rußland.

Gestern mittag ist die Reichsduma eröffnet worden. Der Eröffnung ging ein feierliches Tedeum voran, das vom Metropoliten Antonius mit den beiden Bischöfen Platon und Eulogius, die Mitglieder der Duma sind, zelebriert wurde. Alsdann hielt, nach dem Bericht des „W. T. B.“, der Metropolit eine Ansprache, in der er die Abgeordneten be⸗ schwört, ihre Meinungsverschiedenheiten zu vergessen und für das Heil des leidenden Vaterlandes zu arbeiten, und sie zu Frieden und Eintracht ermahnte.

Die She der Duma wurde um 1 Uhr durch den Vizepräsidenten des Reichsrats Golubeff eroöffnet. Als der Staatssekretär den Kaiserlichen Erlaß über die Einberufung der Duma verlas, erhoben sich die Mitglieder der Rechten von ihren Sitzen und riefen mehrere Male: „Es lebe der Kaiser!“ Die übrigen Mit⸗

lieder blieben fißen und hörten in tiefem Schweigen zu. Nach Peendigung der Verlesung brachten die Mitglieder der Rechten nochmals Hurras aus, wobei alle Minister sich erhoben. Sodann leisteten sämtliche Abgeordnete den Eid. Die Sozial⸗ demokraten beteiligten sich nicht an den Eröffnungsfeierlichkeiten, sondern betraten den Sitzungssaal erst zur Vereidigung.

Zum Präsidenten der Reichsduma wurde mit 356 gegen 102 Stimmen Golowin gewählt. Nachdem er ich zur Annahme der Wahl bereit erklärt hatte, hielt Golowin sih has kurze Ansprache, in der er sich an alle Parteien der Duma wandte:

„Wie groß auch die Verschiedenheiten der Meinungen sein mögen, die die Dumaabgeordneten trennen, die Duma ist durch den einen Beweggrund geeint, für das Wohl der Nation zu arbeiten, die un⸗ geduldig den Zusammentritt der zweiten Duma erwartet hat. Die neue Duma wird arbeiten und sie hofft, daß es ihr gelingen wird, im Verein mit dem Monarchen die Wohltaten der Verfassung und der ozialen Gesetzgebung auf den durch die erste Duma vorgezeichneten Nen- zu verwirklichen. Die Einrichtung der Volksvertretung wird niemals verschwinden; nachdem sie einmal ins Leben gerufen ist, wird sie nicht aufhören zu bestehen.“

8 Diese Rede Golowins machte einen günstigen Eindruck und rief einige Beifallsäußerungen auch ba den Bänken der Rechten hervor. Nachdem Golowin dann noch die Mitteilung gemacht hatte, daß er heute vom Kaiser in Audienz empfangen werde, wurde die Sitzung geschlossen.

Die gestern erfolgte Wiedereröffnung des Reichs⸗ rats wurde gleichfalls durch einen vom Metropoliten ab⸗ gehaltenen Gottesdienst eingeleitet. Darauf eröffnete der Präsident Frisch, nachdem die Versammlung zweimal die

ationalhymne gesungen hatte, die Sitzung und forderte die Anwesenden auf, durch den Ruf: „Es lebe der Kaiser!“ ihre alleruntertänigste Ergebenheit auszudrücken. Lang andauernde Hurrarufe beantworteten die Aufforderung. Der Reichssekretär berichtete sodann über die Personal⸗ veränderungen im Reichsrate, worauf die neuen Mitglieder as Eidesformular unterzeichneten. Endlich beschloß der Reichs⸗ rat, den Familien der verstorbenen Mitglieder des Reichsrats sein Beileid auszudrücken und außerdem 18g. Entrüstung über die Ermordung des Grafen Ignatiew und des Barons Budberg auszusprechen. 1 Der Entwurf des Staatsbudgets für 1907, en der Finanzminister gestern nebst einem Exposé in der Duma eingebracht hat, balanciert mit 2 471 684 872 Rubeln. Nach Meldungen des „W. T. B.“ sind in dem Entwurf für den

ienst der Anleihen 380 Millionen Rubel gegen 335 Millionen Raubel im Vorjahre vorgesehen. Gegen die Vorjahre erhöht sind die

Ausgaben für Volksbildung um 6 Millionen, für die Agrar⸗ organisation um 10 Millionen. Die e1 218 8 Ausgaben betragen 298 Millionen gegen 478 Millionen im Vorjahre. Zur Deckung derselben sind außer dem Erlös aus der Realisation von 4 prozentiger Staatsrente in Höhe von 47 Millionen ewige Ein⸗ lagen in die Staatsbank im Betrage von 2 Millionen und der erwartete Ueberschuß der ordentlichen Einnahmen im Betrage von 2 Millionen vorhanden; dazu kommen dann noch die Rest⸗ eträge vom Vorjahre in Höhe von 60 ½ Millionnen, ins⸗ gesamt also 111 ½ Millionen Rubel. Der Fehlbetrag soll durch FMrperlonan aufgebracht werden, deren Höhe und Zeit⸗ punkt vorläufig nicht zu bestimmen sind. Eine Handhabe zur Bestim⸗

mung ihrer Höhe wird erst der Bericht der Reichskontrolle für 1906

liefern. In dieser Erwägung ersucht der Finanzminister um die Ge⸗

nehmigung, zur Ausführung des Budgets von 1907 die Kredit⸗ gpperationen auszuführen, deren Höhe der erwähnte Bericht und der Eiingang der Staatseinnahmen bestimmen werde. Neue Steuern ein⸗ mfü ren, beabsichtige die Regierung nicht.

Die direkten Kriegsausgaben betrugen vom Jahre 1904 bis 1906 2 131 818 000 Rubel. Die emittierten kurzfristigen Schatz⸗ wechsel im Betrage von 459 932 603 Rubeln ün getilgt; die Anleihe von 1906 en 2 598 716 745

betruzen 6 906 052 Rubel, die Gesamtkriegs im Betrage von

Zu decken sind noch Schatzwechsel 32 978 905 Rubel. 1 Spanien.

Der Fürst von Hohenzollern ist, „W. T. B.“ zu⸗ folge, gestern abend von Madrid nach Barcelona abgereist. Der König, der Infant Don Carlos sowie der Prinz Ferdinand Maria von Bayern waren zur Ver⸗ abschiedung am Bahnhofe anwesend.

Serbien. G 8 Die Skupschtina hat gestern in erster Lesung die Handelsverträge mit der Schweiz und Rußland an⸗

genommen. 1 Der Finanzminister hob, wie das „W. T. B.“ meldet, die große Wichtigkeit des Handelsvertrags mit der Schweiz hervor, der 4

die Einfuhr von serbischem Rindvieh nach der Schweiz in unbegrenzter Menge zu günstigen Bedingungen ermögliche. Bezüglich des häth aen einem

8

Handelevertrags betonte der Finanzminister, daß Rußland

grarstaat wie Serbien nicht mehr als die Meistbegünstigung hätte

Der neue Vertrag

8 Fmräumen können; Rußland verzichte aber diesmal auf die in dem 8

bisherigen Vertrage gewährten Vergünstigungen. sichere Serbien die Freundschaft Rußlands.

Parlamentarische Nachrichten.

8 Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden ch in der Ersten, Zweiten und Dritten Beilage.

In der heutigen (11.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Reichsschatzamts Freiherr von Stengel und der stellvertretende Direktor der Kolonialabteilung

es Auswärtigen Amts Dernburg beiwohnten, standen zur

eersten Beratung die Nachträge zum Reichshaushaltsetat

nd zu dem Etat der Schutzgebiete für 1906

(29 220 000 als Zuschuß zur Bestreitung der Ausgaben anläͤßlich des Eingeborenenaufstandes im südwestafrikanischen

Schutzgebietes infolge Verstärkung der Schutztruppe und zur Heim⸗ beförderung von Verstärkungen der Schutztruppe; 8 900 000 als erste Rate für die Eisenbahn Aus (Kubub) Ketmanshoop) in Verbindung mit der ersten Lesung der Vorlage, betreffend die Gewährung eines Darlehns an das südwest⸗ afrikanische Schutzgebiet, wonach dieses Schutzgebiet die reichsseitig gewährten Gelder für den Eisenbahnbau Lüderitz⸗ bucht Ketmanshoop zu verzinsen und zu tilgen hat.

Als erster Redner ergriff der stellvertretende Direktor der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amts Dernburg das Wort, dessen Ausführungen morgen werden veröffentlicht werden. 1“

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (27.) Sitzung, welcher der Minister der öffentlichen Arbeiten Breitenbach beiwohnte, die zweite Beratung des Staatshaushaltsetats für das Rechnungsjahr 1907. bei dem Etat der Eisenbahnverwaltung fort.

Bei den Einnahmen aus dem Personen⸗ und Gepäckverkehr, die auf 527 250 000 ℳ, d. s. 45 475 000 mehr als im Vorjahre, angesetzt sind, findet zunächst eine allgemeine Besprechung statt.

Die Budgetkommission, Berichterstatter Abg. Schmie⸗ ding (nl.), beantragt die unveränderte Bewilligung des Eisenbahnetats sowie folgende Resolution:

„Das Haus der Abgeordneten nimmt Kenntnis von der Maß⸗ nahme der Königlichen Staatsregierung, zur Deckung des dringenden Bedarfs an Betriebsmitteln der Eisenbahnverwaltung im Jahre 1906 über den Etat einen Betrag von 50 000 000 aus dem Extraordinarium zur Verfügung zu stellen. Im Hinblick auf die rasche Hilfe erheischende Notlage erklärt das Haus, vorbehaltlich der nachträglichen Genehmigung dieser Ausgabe, sich mit dem Ver⸗ fahren der Königlichen Staatsregierung in diesem Falle einver⸗ standen, sieht aber der baldigen Vorlegung einer Denkschrift über die Dringlichkeit des Vorgehens und einer Nachweisung über die Verwendung des genannten Betrags entgegen.“

Mit der allgemeinen Besgrechung wird die Beratung über die Verhandlungen des Landeseisenbahnrats im Jahre 1906, den Bericht über die Ergebnisse des Betriebes der vereinigten preußischen und hessischen Staatseisenbahnen im Rechnungs⸗ jahre 1905, deren Erledigung durch Kenntnisnahme die Kom⸗ mission beantragt, verbunden.

Die Einnahmen aus dem Güterverkehr, die gleich⸗ zeitig zur Erörterung gelangen, sind auf 1 294 900 000 an⸗ gesetzt, d. s. 148 340 000 mehr als im Vorjahre.

Berichterstatter Abg. Schmieding führt einleitend aus: Der Eisenbahnetat gibt ein Spiegelbild der Entwicklung unseres ganzen wirtschaftlichen Lebens, er ist bedeutsam für die Ent⸗ wicklung von ndel, Landwirtschaft und Gewerbe. Wie be⸗ deutend diese Verwaltung ist, kann man daraus ersehen, daß die Eisenbahnverwaltung 165 297 Beamte und mit den Arbeitern zusammen 306 827 Menschen beschäftigt. An Gehältern und Löhnen zahlt sie über 700 000 000 Bei der hohen Bedeutung des ganzen Eisenbahnetats hat die Kommission diesmal einen schriftlichen Bericht erstattet. Ich kann deshalb darauf verzichten, mündlich zu wieder⸗ holen, was in dem Bericht niedergelegt ist.

Hierauf nimmt der Minister der öffentlichen Arbeiten Breitenbach das Wort. An der weiteren Debatte beteiligen sich bis zum Schluß des Blattes die Abgg. von Quast (kons.) und Macco (nl.). 8 v1A1X“

Nach amtlicher Feststellung wurde bei der Reichstags⸗ nachwahl am 1. d. M. im Wahlkreise Mühlhausen⸗ Langensalza⸗Weißensee der Landwirt Arnstadt⸗Groß⸗ Vargula (Deutschkonservativ) mit 11 909 Stimmen gewählt. Der Lehrer Merten⸗Berlin (Freisinnige Volkspartei) erhielt 5990, der Schriftsteller Grunwald⸗Berlin (Sozialdemokrat) 5610 Stimmen. Zersplittert waren 28 Stimmen.

Kunst und Wissenschaft.

Den Impressionismus, der noch vor kurzem an der gleichen Stelle mit den Werken Manets und Monets aus der Pariser Sammlung Fenber einen Erfolg auch bei Gegnern dieser Kunstrichtung errungen

atte, vertritt jetzt im Hauptsaal bei Cassirer mit dreißig Gemälden

Camille Pissarro, der gute „Pére Pissarro“. Sie bringen keine Ueberraschung. Wenn George Moore in seinen sehr 8982 „Er⸗ innerungen an die Impressionisten“, die in deutscher Uebertragung in den letzten Heften von „Kunst und Künstler“ erschienen, von den Unterhaltungen mit diesem Künstler berichtet, daß er nie etwas „schlagend Originelles“ sagte, so wäre es wohl ju hart, ähnlich über seine malerischen Schöpfungen iu urteilen. Aber es läßt sich nicht leugnen, daß Anklänge an gleich⸗ strebende Zeitgenossen bei Pissarro häufiger sind als bei den andern Führern, besonders scheint in seinen letzten Lebensjahren er starb 1903 als Dreiundsiebziger Monet auf ihn eingewirkt zu haben. Die ausgestellten Gemälde verteilen sich auf einen Zeitraum von über vierzig Jahren; in den älteren herrscht noch der „Ton“ und erinnert daran, daß Pissarro ein Schüler Camille Corots gewesen ist. Ein Hauptwerk ist der „Sommer“ (Nr. 72), wo über mattgelben Kornfeldern von endloser Ausdehnung sich der kräftig blaue Himmel spannt. Der Hortzont ist so tief genommen wie auf den Landschaften Daubignys. Ungemein duftig und reich in der Farbe ist die kleine Landschaft mit dem Bootshaus (Nr. 49).

Die übrigen Räume des Salons sind vier Mitgliedern der Berliner Sezession vorbehalte: Paul Baum, Ernst Oppler, Heinrich Linde⸗Walther und Fritz Rhein. .

Der Konfettibuntheit Baumscher Landschaften kann ich so wenig Geschmack abgewinnen, wie bei früheren Gelegenheiten. Ein einzelnes Werk dieses Künstlers mag durch die Gewissenhaftigkeit, mit der das flimmernde Licht eines Sommertages in der bekannten Pupktiermanier Signacs und Seurats zur Anschauung gebracht wird, für sich einnehmen. Eine Sammelausstellung, wie diese hier mit annähernd zwanzig Werken, wirkt ermüdend und, offen gestanden, langweilig. Mir kommt die absolute Ausschaltung aller dunkleren Farbtöne in Baums Palette herzlich philiströs vor. Hie brüchige Rinde eines verkrüppelten Weiden⸗ stamms darf nicht mehr braun erscheinen; sie ist aus violetten, kobalt⸗ blauen und saftgrünen Tupfen durchaus nicht überzeugend zusammen⸗

esetzt. „Die Sache will's.“ Die pointillistische Technik, für den inzelfall denkbar, wirkt hier, konsequent angewandt, sei es nun bei der Darstellung eines „Strohschobers“ oder von „Weiden im Früh⸗ jahr“ schablonenhaft; Baum hat einmal viel Besseres geleistet.

Mit herzlicher Freude dagegen stellt man die Fortschritte in den neueren Werken Linde⸗Walthers und Rheins fest. Mit Konrad von Kardorff zusammen gehören diese von Liebermann ausgehenden Künstler zum hoffnungsreichsten Nachwuchs der Sezession; es eint sie die Achtung vor der Natur, sichere Erfassung der Wirklichkeit und eine gediegene koloristische Technik. Den Persoͤnlichkeitsgehalt ihrer Kunst möchte man sich freilich noch kraͤftiger wünschen. Die oft beklagte Motivarmut der Berliner Sezessienisten darf Linde⸗Walther nicht zum Vorwurf gemacht werden, denn sein Lieblingsthema, „das Kind“, erklingt auf eine neue Melodie. Max Liebermann in den außer⸗ ordentlichen Bildern und Studien nach seinem Töchterchen hat sie zuerst vorgezeigt. Endlich einmal wieder Kinderporträts und Kinder⸗ bilder ohne Süßlichkeit! (Hora Hitz, so zurückhaltend in den letzten Jahren,

darf hier nicht vergessen werden.) Während gleichzeitig die Literatur

dies vernachlässigte Stoffgebiet erweitert und bereichert, wobei ich weniger an Wedekind und von Keyserling denke als an des Franzosen Léon Frapis sehr ernsthaftes, auch ins Deutsche übersetztes Buch „Die Kinderschule“, hat hier ein junger Künstler offenen Auges und ganz ohne Zimperlichkeit die Kleinkinderbewahranstalt zum Schauplatz seiner künstlerischen Entdeckungsreisen gemacht. Eins dieser Bilder zeigt die kleinen Flachsköpfe beim Spiel in einem eingezäunten Stück Hof und ist reich an ungezwungen durchgeführten Bewegungsmotiven; im Male⸗ rischen ist es etwas nüchtern. Ein anderes aus diesem Stoffkreise heißt „Kindersitzung“. Drücken wir uns ebenso parlamentarisch aus und stellen wir fest, daß der Gegensatz zwischen dem seriösen Gehaben der Kleinen und dem unbewußten Humor ihrer Tätigkeit sehr launig, aber nicht durch aufgesetzte anekdotische Lichter wie es noch vor zehn Jahren unbedingt der Fall gewesen wäre —, sondern in durchaus künstlerischer Weise zum Angbrag gebracht worden ist. Weniger befriedigt L.⸗W. in dem großen Doppelbildnis der e Professor S. und ihres Kindes. Das Koloristische ist sehr rühmenswert, aber zum Blldnis⸗ maler gehört denn doch mehr als flotte Technik und reiche Palette. Nicht ohne Verdruß bemerkt man hier wie so oft bei Bildnissen der Berliner Schule, daß selbst die reizvollste Aufgabe nur zum Vor⸗ wand für einen koloristischen Versuch dienen kann. Das Seelische kam wieder einmal zu kurz.

Fritz Rhein der Name ist nicht mehr neu, wohl aber die Leistungen überraschend. Dieser Künstler, den man bisher mehr als Bildnis⸗ und Interieurmaler kannte, entwickelt sich zu einem sehr beachtenswerten Landschafter. Eine fast ungestüme koloristische Kraft steckt in dem großen Bilde einer Gracht in Middelburg. Auch Rhein lockte, wie so viele vor ihm, der Farbenreichtum der holländischen Architektur. Immer wieder entdecken die künstlerischen Nachfahren des Delftschen Vermeer aufs neue, wie prächtig das Blau des sommerlichen Himmels über den ziegelroten Dächern, den farbigen Fassaden der Giebelhäuser, dem satten Grün der Kastanienbäume in den holländischen Städten steht. Rhein ist in der Farbe noch nicht so wählerisch wie etwa Jacob Maris, aber er hat entschieden Temperament. Purzeln die Farben hier und in der Impression des sonnigen „Marktplatzes in Middel⸗ burg“ noch etwas durcheinander, so erscheinen sie geeint und gebändigt in dem hervorragenden Gemälde „Die Gärtnerei“. Wie reizwoll sind die kräftigen Farben zahlreicher Blumenbeete zusammengestimmt, und wie überzeugend ist die besondere duftgeschwängerte Atmosphäre solcher Heiligtümer der Flora wiedergegeben! Es ist ein reifes Werk, und auch die andern ausgestellten Bilder lassen noch viel Schönes von Fritz Rhein erwarten. 8Nr. OH.;

Technik.

Das diesjährige Schinkelfest des Architektenvereins findet am 13. d. M., Abends 7 Uhr, im Architektenhaus in der Wilhelm⸗ straße statt. Die Festrede wird der Geheime Oberbaurat Dr. ing. Sympfer über den Talsperrenbau in Deutschland halten.

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Im Interesse der Förderung der inneren Kolonisation wird auf die Auskunftsstelle für bäuerliche Ansiedlungen aufmerksam gemacht, die als eine Abteilung des deutschen Vereins für ländliche Wohlfahrts⸗ und Heimatspflege in Berlin SW. 11, Dessauer Straße 14, besteht. Die Auskunftsstelle hat durch Aufsätze in Kalendern, und besonderen Schriften (Heft 1: „Was muß der deutsche Bauersmann von der inneren Kolonisation wissen?* 20 ₰, Heft 2: „Aus der Praxis der inneren Koloni⸗ sation- 50 ₰) aufklärend gewirkt, ihre Hauptätigkeit besteht aber in der kostenlosen und uneigennützigen Auskunft an jedermann. Besonders wertvoll für den Ansiedlungslustigen ist der Nachweis ge⸗ eigneter offenstehender Stellen in allen Gegenden Deutschlands, nicht bloß in dem Bereich der Ansiedlungskommission in den Provinzen

en und Westpreußen. Die Erwerbung eines Rentengutes ist heute

8 0 2 sofe mit geringem Kapital möglich und nicht allein für jüngere Land⸗

wirte, die ein genügendes eigenes Erbe nicht zu erwarten haben, ondern auch für ländliche ö eine gute Gelegenheit, sich selbst⸗ sondene zu machen. Die Auskunftsstelle für bäuerliche Ansi ist gern bereit, allen Ansiedlungslustigen ihren Rat zu erteile

Saatenstand und Getreidehandel in Rußlan

Der Kaiserliche Generalkonsul in Odessa berichtet unterm 25. v. M.: In den ersten drei Wochen des Monats Januar herrschte im ganzen Süden Rußlands eine ungewöhnliche Kälte. Da jedoch die Felder meist durch eine Schneedecke geschützt waren, scheinen die Wintersaaten nur in wenigen Gegenden ernstlich gelitten zu haben sodaß, wenn das Frühjahr nur einigermaßen günstig ist, es doch noch eine gute Ernte geben kann. Seit einer Woche herrscht Tauwetter. Die Befürchtungen, die das Schicksal der Wintersaaten ein⸗ flößte, die festere Haltung der nordamerikanischen Märkte und die Aufkäufe der russischen Regierung für die von der Hungersnot be⸗ troffenen Provinzen haben hier ein stetiges Steigen der Preise aller Getreidearten zur Folge gehabt. An Weizen kauften außerdem die Odessaer und Kiewer Mühlen sowie Spekulanten goße Mengen, und die Preise dieser Getreideart und die des Roggens haben schließlich eine Höhe erreicht, daß an eine Ausfuhr nicht Sücs zu denken ist. Ob⸗ gleich seit einigen Tagen infolge der milden Witterung und der Nach⸗ richt, daß die für die Notstandsgebiete bis zum Mai nötige Getreidemenge nunmehr beschafft sei, sich des Marktes eine flauere Stimmung dbemächtigt hat, wird es dennoch einige Zeit dauern, bis 89 wieder ein regelmäßiges Geschäft nach dem Auslande entwickelt. ie Rafffrage nach Gerste ist sowohl seitens Englands wie auch des Kontinents anhaltend sehr lebhaft, namentlich nach schwimmender Ware. Die hiesigen Bestände haben sich jedoch stark vermindert, und erst im Frühjahr stehen neue Zufuhren zu erwarten. Das Angebot ist infoldedessen trotz der hohen Preise gering. Auch die Zufuhren an afer genügen kaum für den örtlichen Bedarf. Klagen über die Maisernte in Argentinien und allseitige Kauflust haben auch die Maispreise in die Höhe getrieben. Das Interesse für diesen Artikel ließ jedoch in der letzten Woche wieder nach, obschon die Zufuhren recht maßig blieben. In Oelsaaten fanden fast gar keine Umsätze statt. Die derzeitigen Preise sind: ͤhI.*““ Ulka 84 103 Roggen 85 —- 92 Gerste. 80 —86 afer 90 105 e6e 67 75 Raps und Rübsen. 1,80 Rbl. ““ 1,60 8 vveee1öö6“; E1 6 Die Vorräte in Odessa betrugen am 14. Februar in: 1111m“* . 788 697 dz

Osima. 8 —. 319 410

und zwar: 686 1638 55 826 1 87 076 59 513

1 10 195 4“ 11111“*“ 8 190

Die Lage des Markts in Oelkuchen war leblos und die Umsätze gering. Man bezahlt für

Kokoskuchen (gesackt). Leinkuchen (lose b

Rapskuchen (lose) Hederichkuchen (lose).. Hederichbauernkuchen (ose)