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Finanzministerium. Das Katasteramt Köpenick im Regierungsbezirk Potsdam ist zu besetzen.
Ministerium für Handel und Gewerbe.
Dem Berghauptmann und Oberbergamtsdirektor Krümmer ist die Stelle des Direktors des Oberbergamts zu Clausthal, dem Geheimen Bergrat und Bergwerksdirektionsvorsitzenden Cleff die Stelle des Vorsitzenden der Bergwerksdirektion zu Saarbrücken übertragen worden.
Der Regierungsrat Kilburger in Hildesheim ist zum stellvertretenden Vorsitzenden des Schiedsgerichts für Arbester⸗ versicherung Regierungsbezirk Hildesheim ernannt worden.
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.
Dem Tierarzt Georg Boltz zu Friedland i. Ostpr. ist die kommissarische Verwaltung der Kreistierarztstelle zu Jork (Bezirk Stade) übertragen worden.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 19. März.
Seine Majestät der Kaiser und König konferierten heute vormittag, „W. T. B.“ zufolge, mit dem Reichskanzler Fürsten von Bülow und hörten im Königlichen Schlosse die Vorträge des Chefs des Millitärkabinetts, Generals der Infanterie von Hülsen⸗Haeseler und des Chefs des Admiral⸗ stabs der Marine, Admirals Büchsel.
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Am Monßen des 17. d. M. ist der Direktor der Kaiser⸗
“ lichen Biologischen Anstalt für Land⸗ und Forstwirtschaft,
Geheimer egierungsrat Dr. Rudolf Aderhold im kräftigsten Mannesalter einem Schlaganfall erlegen. Zu Frankenhausen a. Kyffh. am 12. Februar 1865 geboren, war der Verstorbene, der sich als Pflanzenpathologe des größten Ansehens unter seinen Fachgenossen erfreute, seit dem Oktober 1901 im Kaiserlichen Gesundheitsamte zunächst als Mitglied, dann als Direktor der Biologischen Abteilung tätig. Bei der zum 1. April 1905 erfolgten Erhebung dieser Ad⸗ teilung zu der selbständigen Kaiserlichen Biologischen Anstalt für Land⸗ und Forstwirtschaft wurde er zu deren Leitung be⸗ rufen. Bis zum letzten Tage hat Dr. Aderhold seine reichen, mit einem sicheren Blick für die praktischen Bedürfnisse ver⸗ bundenen Kenntnisse in unermüdlicher Arbeitsfreudigkeit und hingebender Pflichttreue in den Dienst der Anstalt gestellt, der er allzufrüh entrissen worden ist. Seine Arbeit wie seine rechtschaffene Art sichern ihm bei Vorgesetzten, Mitarbeitern und Untergebenen ein ehrendes Andenken.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. Flußkbt. „Vorwärts“ am 15. März von Itschang (Yan Fe) nach Hankau abgegangen. 1 1
S. M. Flußkbt. „Tsingtau“ ist am 16. März in eingetroffen und geht heute von dort nach Hongkong in See.
S. M. S. „Luchs“ ist am 16. März in Tsingtau ein⸗
veei 8 1 .M. S. „Planet“ ist vorgestern von Hongkong nach Amoy in See gegangen.
Oesterreich⸗Ungarn. “
Die Ausgleichsverhandlungen der ungarischen
und österreichischen Minister haben, nach einer Mel⸗ dung des „W. T. B.“, eine gewisse Annäherung ergeben. Gestern wurde die Frage der Verzehrungssteuern beraten, heute wird über die Konversion des ungarischen Anteils an der gemeinsamen Staatsschuld sowie über Eisenbahntariffragen verhandelt werden.
— Die ruthenischen Professoren der Lemberger Universität veröffentlichen eine Erklärung, in der die Um⸗ Hestaltung des an der Universität bestehenden ruthenischen
ehrstuhls in eine besondere ruthenische Universität als
notwendig bezeichnet wird.
Großbritannien und Irland.
Im Unterhause lenkte der Abg. Howard Vi t die Aufmerksamkeit des Hauses auf den niedrigen Kurs der Regierungsanleihen und stellte an den Schatzkanzler Asquith die Frage, ob er im Hinblick auf die Tatsache, daß der nationale Kredit, soweit die Erinnerung der gegen⸗ Peritgen Generation reiche, niemals auf einen so niedrigen Stand gesunken sei, irgend welche Schritte, zur Wiederherstellung des Kredits vorschlagen werde.
Nach dem Bericht des „W. T. B.“ erwiderte der Schatzkanzler, er erkenne in vollem Maße den ernsten Charakter des Rückgangs des Kapitalwertes der Regierungsanleihen an, wie er in den letzten Jahren sich vollzogen habe, aber er könne der Behauptung nicht zustimmen, daß der englische Kredit jetzt geringer sei als jemals, soweit die Er⸗ innerung der gegenwärtigen Generation reiche. Der Redner wies darauf hin, deß die alten dreiprozentigen Konsols niemals dauernd über 100 gestanden hätten. Der Kurs von 100 % für ein dreiprozentiges Papier entspreche einem Kurse von 83 ¼ für ein 2 ½ prozentiges Papier, während der niedrigste Kurs, auf den jüngst mal die Konsols herabgegangen seien, kaum unter 84 ½ gewesen sei. Die vielen Ursachen, die zu dem Rückgange nicht nur der englischen Regierungsanleihen, sondern auch anderer Sicherheiten erster Klasse beigetragen hätten, seien international in ihrer Wirkung und unabhängig von dem Einfluß der Regierung. Dazu gehörten unter anderem der gesteigerte Geldbedarf und das dadurch bedingte Steigen des Zinsfußes infolge der außergewöhnlichen industriellen und kommerziellen Tätigkeit im In⸗ und Auslande sowie die Notwendig⸗ keit, das durch das Erdbeben von San Francisco und andere unglückliche Ereignisse vernichtete Kapital zu ersetzen. Auf der anderen
Seite hätten die riesige Steigerung der Ausgaben des Landes, die Versäumnis der Beiseitestellung angemessener Beiträge zur Schulden⸗ Ulgung und die Leichtigkeit, mit der man sich zur Ausgabe neuer Obligationen entschlossen habe, den nationalen Kredit unzweifelhaft ungünstig beeinflußt. Die Regierung schlage deshalb vor — und sie
handle auch bereits danach —, die Ausgaben herab eüegen. den Til⸗ gungsfonds zu verstärken und die Aufnahme von Anl hen zu ver⸗ meiden für Armee⸗ und Marinezwecke, die aus den laufenden Aus⸗ gaben bestritten werden müßten.
Auf eine Anfrage Lonsdales (Kons.), wann und wie die Frage der der Ruͤstungen auf der
aager Konferenz zur Erörterung gelangen würde, er⸗ widerte der Parlamentssekretär des Lokalverwaltungsamtes Runciman:
Er könne nicht angeben, wie diese oder irgend eine andere Frage auf der Konferenz zur Beratung gestellt werden würde, bevor nicht ne endgültige Einladung zur Teilnahme an dieser ergangen sei. Auch über diese Fragen 8 bezug auf das Vorgehen auf der Konferenz müßten die beteiligten Mächte sich vorher verständigen.
— Der Führer der irischen Nationalistenpartei Re dmond hat gestern abend bei einem in London aus Anlaß des Sankt Patrickstages veranstalteten Festessen eine Rede ge⸗ halten, in der er, obiger Quelle zufolge, erklärte, man könne Irland nur dadurch zu einem loyalen Lande machen, daß man ihm jene verfassungsmäßigen Freiheitsrechte gebe, deren Gewährung Canada und jetzt Transvaal in zufriedene Teile des Reichs verwandelt hätte; nur ein unabhängiges irisches Parlament mit einer eigenen ihm ver⸗ antwortlichen Exekutive könne Irland befriedigen.
Rußland.
Sämtliche von der russischen Regierung getroffenen Maß⸗ regeln, betreffend die Absendung von Kosaken nach Persien, bezwecken die Verstärkung der Konsulatswache und machen, wie amtlich erklärt wird, im allgemeinen nur einige Dutzend Mann aus. Alle übrigen diesbezüglichen Nachrichten entbehrten der Begründung.
— Die nächste Sitzung der Reichsduma, in der die Erklärung des Ministerpräsidenten verlesen werden wird, wird, „W. T. B.“ zufolge, heute vormittag im Saale der Adels⸗ verfammlung abgehalten, in dem gewöhnlich der Reichsrat tagt.
Bulgarien.
Wie die „Agence Bulgare“ meldet, hat der Kammer⸗ präsident Gudew das neue Kabinett in folgender Zu⸗ sammensetzung gebildet: Er selbst übernimmt das Portefeuille des Innern: Apostolow, bisher Generalsekretär des Minister⸗ rats, wird Unterrichtsminister; Stanicow übernimmt neben dem Portefeuille des Aeußern provisorisch das der öffentlichen Arbeiten; im übrigen behalten die bisherigen Minister ihre Portefeuilles. In der Oeffentlichkeit und in der Presse findet das neue Kabinett im allgemeinen eine günstige Aufnahme. Die Mehrheit der Stambulowistenpartei ist durch die Ent⸗ wirrung der Lage sehr zufriedengestellt und erkennt ins⸗ besondere den Entschluß des Ministerpräsidenten Gudew an, nn seines leidenden Zustandes den schweren Posten zu über⸗ nehmen.
— In der Angelegenheit der Ermordung Petkows werden noch immer neue Verhaftungen verdächtiger Personen vorgenommen. Einer der Mitschuldigen des Mörders, ein Mitarbeiter der „Balkanska Tribuna“ namens Gerow, hat, obiger Quelle zufolge, gestanden, daß die Verschwörer von einem Büchsenmacher des Arsenals, einem gewissen Blas kow, die An⸗ fertigung von Bomben verlangt hätten, mit welchen Petkow und die übrigen Minister im Ministerzimmer der Sobranje oder im Sitzungssaale ermordet werden sollten. Blaskow bestätigte diese Aussage und gab an, er habe die Anfertigung der Brahten verweigert. Infolge zahl⸗ reicher Anzeigen und der Aussagen der neu Verhafteten gestaltet sich die Untersuchung immer unklarer und verwickelter.
Amerika.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ haben sich
nicaraguanische Streitkräfte des Hafenplatzes Trujillo in Honduras bemächtigt.
Afrika.
Der Pascha von Tanger hat einen Sicherheits⸗ posten an dem Stadttor auf dem Socco eingerichtet, der die Befugnis erhalten haben soll, Landstreicher ohne Rück⸗ sicht der Staatsangehörigkeit festzunehmen. Hierin liegt nach der „Agence Havas“ eine Verletzung der bestehenden Ver⸗ träge. orgestern hat sich ein Zwischenfall aus diesem Anlaß ereignet. Mehrere Franzosen, die von einer Festlich⸗ keit in der französischen Gesandtschaft aufbrachen, wurden von den Soldaten der Wache umzingelt und aufgefordert, die Kopfbedeckungen abzunehmen. Der Grund zu der Auf⸗ forderung lag darin, daß man eines Spaniers habhaft werden wollte, der bei einem Streite am Kopfe verletzt worden war. Die Franzosen haben Einspruch erhoben. Der von dem Vorfall in Kenntnis gesetzte Gesandte forderte energisch, daß die ganze Anordnung rückgängig gemacht werde; dieser Forde⸗ rung wurde sofort entsprochen. Das diplomatische Korps wird sich mit der Angelegenheit beschäftigen.
— Nach Meldungen des „Reuterschen Bureaus“ hat der Prätendent einen Khalifen mit einer starken Ab⸗ teilung Kavallerie zur unee Raisulis abgesandt, der sich nach den letzten Berichten noch im Ukmaßdistrikt, einige Meilen von Tetuan entfernt, aufhalten soll. Der Kriegsminister Gebbas beabsschtigte, heute 600 Mann nach Tetuan zu entsenden. 8 8
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— In der heutigen (24.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Rei W“ reiherr von Stengel beiwohnte, wurde in der Gesamtabstimmung der Gesetzentwurf, betreffend die Vornahme einer Berufs⸗ und Betriebszählung im Jahre 1907, mit großer Mehrheit definitiv angenommen.
Ohne Debatte wurde ferner der Vertrag zwischen dem Deutschen Reiche und Luxemburg vom 2. März 1907, wodurch der Beitritt Luxemburgs zur Norddeutschen Brausteuergemeinschaft bewirkt werden und am 1. April 1907 erfolgen soll, in erster und zweiter Beratung erledigt; der Vertrag gelangte im einzelnen unverändert zur Annahme.
Hierauf wurde die Besprechung der Vnterpellakion der Sozialdemokraten (Abgg. Albrecht und Genossen), betreffend Eingriffe von Behörden usw. bei der Reichstags⸗ wahl, fortgesetzt.
Abg. Liebermann von Sonnenberg (wirtsch. Vgg.): Ich gedenke nicht in die Fußtapfen der Herren von der somlcldemegentischen
artei zu treten und eine Unzahl von Beschwerden angeb Haftes n tret vorzubringen, um es dann den Benefenscher M l. Lessen, nachzuweisen, daß diese Beschwerden nicht richtig Ich möchte nur ein Mißverständnis aufklären, das während iun. Etats verhandlungen entstanden ist. Zwei Redner, die Abgg. Gröber 8. Singer, haben meine Aeußerungen über Einstellung von Wahlgeite nd in den Etat mißverstanden. Dieses Mißverständnis ist begreiflicn weil während meiner damaligen Ausführungen Unruhe im H c. herrschte. Ich habe nicht für meine Person allein, sondern für Parteigenossen der Auffassung Ausdruck gegeben, daß die R gierun ine einem Wahlkampfe nicht wehrlos und nicht angewiesen ein sohltn etwa private Mittel zu verwenden, um ihre Position zu stärk e, Wir meinen, die Regierung sollte aus ihren ktatoͤmähigen Mitteln der Lage sein, erstens die Wahlparole, ihre Absichten bei einer etwai 1 Auflösung des Reichstags deutlich kundzugeben, zweitens zu üs. Zeit, wo sie dies für geeignet hält, irrtümliche Behauptungen üͤber Maßnahmen oder Absichten der Regierung richtig zu stellen, Sie kann das heute nur in ganz beschränktem Maße, denn 8 885 Leute lesen den „Reichsanzeiger“ oder die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“. Sie ist auf den guten Willen der Presse der Parteien 8 gewiesen, ob sie die Kundgebungen der Regierungen ganz oder auszu 6. weise, richtig oder unrichtig wiedergeben will. Wir meinen daber nß die Regierung in die Lage versetzt werden soll, Richtigstellungen Aufklärungen über ihre Absichten in ausgiebigster Weise zu ver⸗ breiten durch Maueranschläge, durch die Post usw. Sie muß an alle Wähler wirklich herankommen können. Das Mißverständnis alg ob aus diesen der Regierung bewilligten, unter der Kontrolle des Reichstags stehenden Mitteln, Parteien mit Wahlgeldern versehen werden sollten, muß ich zurückweisen. Das gerade Gegenteil war meine Meinung. Ich habe in der schärfsten Form mich gewendet gegen Maßnahmen der Regierung bei den letzten Wahlen, die so etwas ähnliches bezweckten. Ich habe es namens meiner Pad teigenossen als durchaus unzulässig bezeichnet, wenn Mittel unter der Mithufe von Regierungsbeamten zur Stärkung von Wahlfonds benutzt wurden. Der Vorwurf also, daß durch meinen Vorschlag der Korruplion Tür und Tor geöffnet würde, ist durchaus unbegründet. Wenn daher der sozialdemokratische Redner geäußert hat, daß, wenn es noch Recht und Gerechtigkeit in der Welt gäbe, die Wahlprüfunge⸗ kommission sämtliche Mandate des Blocks kassieren müßte, so muß ich für meine Person gegen diese Auffassung protestieren. Wir sind ganz legal gewählt, man kann aber die Ausführungen des sofial⸗ demokratischen Redners nicht übermäßig ernst nehmen, wenn man be⸗ denkt, wieviele Unrichtigkeiten er in seiner langen Rede vorgebracht hat. Ich müßte ebenso lange reden wie der Abg. Fischer, wenn ich alle seine Unrichtigkeiten hier wiederholen wollte. Ich hoffe, das End⸗ ergebnis dieser Debatte wird sein, daß bei den nächsten Wahlen eine lückenlose Front von Normann bis Mugdan im Reichstage zutande kommen wird. Ich bin überzeugt, daß die sozitaldemokratische Partei dann nur noch in ihren Trümmern hier ertreten sein wird.
(Schluß des Blattes.)
— Das Haus der Abgeordneten setzte in der
heutigen (37.) Sitzung, welcher der Minister der geist⸗ lichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. von Studt beiwohnte, die Beratung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten und zwar zunächst die bei dem Ausgabetitel „Gehalt des Ministers“ übliche allgemeine Besprechung dieses Etats fort.
bg. Dr. . Fenn⸗) erklärt, es habe ihm ferngelegen, de Bestrebungen des Abg. Funck als nicht national zu bezeichnen; a müsse allerdings bemerken, daß er diese Bestrebungen nur als suhikin national bezeichnen könne, da sie seiner Ansicht nach objektiv nich national seien. Der Redner wendet sich dann gegen die gestrigen Aus⸗ führungen des Abg. Dr. Friedberg über die Franziskaner in Borck.
Abg. Cassel (frs. Volksp.) bemerkt, seine Partei sei gewiß national, denn sie sei aus der Partei hervorgegangen, die als erste für die Einheit Deutschlands unter preußischer Führung eingetreten sei. Man dürfe seiner Partei nicht vorwerfen, daß sie mit nationaler Gesinnung jongliere.
Abg. Dr. Porsch (Zentr.) erklärt persönlich, den Freisinnigen nicht vorgeworfen zu haben, daß sie mit der nationalen Gesinnung, sondern daß sie mit dem Worte „national“ jongliert hätten.
Hierauf wird ein Antrag auf Schließung der allgemeinen Besprechung angenommen. Das Gehalt des Ministers wird bewilligt, ebenso die übrigen Ausgaben des Kapitels „Ministerium“. 8
Es folgt das Kapitel „Elementarunterrichtswesen“.
Hierzu liegen folgende Anträge vor: 1
1) Antrag der Abgg. Dr. Iderhoff und Genossen:
die Staatsregierung zu ersuchen, bei der Erhöhung der Grund⸗ 1—
gehälter und Für-gw. der Volksschullehrer, die durch die unter Titel 34 Kap. 121 (Beihilfe an Schulverbände wegen Unvermögers für laufende Ausgaben der Schulverbände 17 ½¼ Millionen Mark) der Ausgaben des Kultusetats ausgeworfenen Mittel ermöglicht wird, die Inhaber der mit einem Kirchenamt verbundenen Stellen in gleicher Weise wie die anderen Lehrer ohne Rücksicht auf die ihnen für das Kirchenamt gewährte Entschädigung zu berücksichtigen. 2) Antrag der Abgg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch und Genossen: die Staatsregierung zu ersuchen, 1) bis zur Neuordnung der Lehrerbesoldung allen Lehrern mit weniger als 1200 ℳ Grundgehalt einen Zuschuß von jährlich 100 ℳ aus Staatsmitteln zu gewähren, 2) der entsprechenden Erhöhung des Fonds Kap. 121 Titel 34 schon für das Etatsjahr 1907 zuzustimmen. G Abg. Kreth (kons.): Die Ausführung des Volksschulunterhaltungs⸗ gesetzes hat bereits in dem jetzigen Stadium zu erheblichen Unzuträglich⸗ keiten geführt, über welche die Beteiligten Klagen erheben. Es sind in den Fällen interimistischer Aufbesserung der Lehrergehälter bis zum Erlaß des Lehrerbesoldungsgesetzes vielfache Unstimmigkeiten entweder wischen Gutsherren und Gemeinden oder zwischen den Unterhaltungspflichtigen und den Lehrern oder zwischen den Interessenten und der Regierung entstanden, und es hat in weitem Umfange Mißstimmung latz gegriffen. Für die gedeihliche Durchführung des Ge⸗ etzes ist doch aber ein gutes Einvernehmen zwischen den Unterhaltungspflichtigen eine Vorbedingung. Die Regierung hätte für die Uebergangszeit Mittel für diesen Zweck zur Verfügung stellen können, im hohen Hause hier wäre dafür sicher eine Mehrheit vorhanden. So befinden sich zahlreiche Gemeinden in einer durchaus ni wünschenswerten fortgesetzten Unruhe. Ferner hat in Ostyreußen böses Blut gemacht der Umstand, daß bei der Gehaltserhöhurg der dortigen Lehrer denjenigen, die über die Mindeft ag. hinausgekommen sind, das Brennmaterial entsprechend v angerechnet worden ist, sodaß die Gehaltserhöhung in 19 de Fällen eine rein rechnerische gewesen ist. Eine solche Umwertung der Werte hat für die Lehrer keinen praktischen Ss das Ziel der ganzen Aktion war doch, der Landflucht der Lehrer, 1. gerade in Ostpreußen erhebliche Dimensionen angenommen hatte, d Besserstellung der Lehrer zu steuern. Die Besserstellung 8 EIu ist einstweilen lediglich ein Wechsel auf die 3 ün ch möchte ferner bitten, daß auch hinsichtlich der Schulbaulast nicht zu fiskalisch vorgegangen wird. hier Ministerialdirektor D. Schwartzkopff: Ich gebe zu, deß 18. Schwierigkeiten entstanden sind. Die Staatsregierung hat hohe Sta mittel zur Verfügung gestellt, um die Uebergangszeit zu — ist aber sehr schwer, eine generelle Entscheidung zu treffen. In einer Fece Reihe von Baufällen sind Beschlüsse der Gemeinden nach dem altes ne efaßt. Nun hat sich nach dem neuen Gesetz die Rechtslage g. Mi gewissen Unbequemlichkeiten wird man also in dieser Frage geffälle müssen. Es wird von Fall zu Fall entschieden werden müssen. Einz sind ja nicht genannt worden; ich kann also darauf nicht eingehen. die Anrechnung des Brennmaterials betrifft, so treten in Dstvrerße allerdings Fälle ein, wo die Lehrer in eine schlimme Lage kommen.
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t aber in dieser Beziehung an das Gesetz gebunden. Nach neelteng ncduros gese muß das Brennmaterial nach einem bestimmten dem angerechnet werden; mehr als 60 ℳ darf auf das Grundgehalt nicht
rechnet werden. Somit ist es vorgekommen, daß in Ostpreußen, wo
Brennmaterial einen höheren Wert erreichte, nur 60 ℳ an⸗ 1e., pet wurden. Es handelt sich aber hier nur um ein lucrum ger sans, nicht um ein damnum emergens. Es möchte nicht anders bar- egangen werden, als es geschehen ist. Vor einer provisorischen Ge⸗ volsgaufbesserung hat die Staatsregierung selbst seiner Zeit gewarnt. 5 Mehrforderungen an die Gemeinden sollten etwa 4 Millionen Dtragen und von Staats wegen wurden 3 Millionen zur Verfügung ver Gemeinden gestellt. Dabei wurde davon ausgegangen, daß zunächst ir Gemeinden ihre Vorschläge zu machen hätten. Von der Verwaltung n moͤglichst milde verfahren worden. Es ist zu hoffen, daß mit der Erledigung des Lehrerbesoldungsgesetzes auch die Klagen auf diesem Gebiete verstummen werden.
(Schluß des Blatte)
—
Nr. 10 des „Eisenbahnverordnungsblatts“, heraus⸗ egeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 15. d. M., hat folgenden Inbalt: Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten vom 6. März 1907, betr. Beförderung von Briefbeuteln usw. durch
das Eisenbahnzugpersonal. — Nachrichten.
—
“ Statistik und Volkswirtschaft. Kauf mannische Selbsthilfe.
Bei dem allgemeinen Interesse, das die Frage der Versicherung
der Privatangestellten durch die Verhandlungen des Reichstags erregt bat 1n es nicht uninteressant, auch einen Blick auf die Einrichtungen zu werfen, die der cigenen Initiative der kaufmännischen Angestellten ent⸗ sprungen sind und schon recht segensreich gewirkt haben. So betrug nach den Verbandsblättern (Nr. 6 vom 15. März 1907) der Vermögensbestand der beim „Verband der deutschen Handlungsgehilfen zu Leipzig“ bestehenden heiden Pensionskassen am 28. Februar 1907 1 974 9882 ℳ, und zwar 975 727 ℳ derjenige der Witwen⸗ und Waisenkasse und 999 255 ℳ derjenige der Alterversorgungs⸗ und Invaliditätskasse. In diesen Beträgen sind als Stiftungsfonds 328 886 ℳ (211 034 ℳ und 117 852 ℳ) Geschenke und Vermächtnisse sowie Zuwendungen aus der Verbandskasse und eigene Ueberschüsse enthalten. Die Mitgliederzahl beträgt 5216, einschließlich ver versicherten Frauen und Kinder. 131 Rentenempfänger sind vorhanden: 73 Witwen erhalten zusammen 12 083,46 ℳ jährliche Renten, darunter als höchste Rente 746,40 ℳ 37 Waisen erhalten zusammen 1512 ℳ jährliche Renten, darunter als zöchste Rente 183,60 ℳ 21 Mitglieder beziehen 8528,65 ℳ Alters⸗ und Invalidenrenten, darunter als höchste Rente 1061,80 ℳ
Zur Arbeiterbewegung.
Die Delegierten und der Hauptvorstand des Arbeitgeber⸗ schutzverbandes für das Deutsche Holzgewerbe waren, der chn Ztg.“ zufolge, gestern hier versammelt, um über schärfere Maßnahmen im gegenwärtigen Kampfe zu beraten. Nach langer Verhandlung wurde einmütig der Beschluß gefaßt, daß jetzt ein Machtkampf gegen den Holzarbeiterverband geführt werden müsse. Zu diesem Zweck soll zunächst am 1. April die Aussperrung aller organisierten Holzarbeiter erfolgen in Dresden, Leipzig, Görlitz, Guben, Oldenburg, Barmen und Halle a S. Die Aussperrung soll nicht eher aufgehoben werden, bis der Friede in all diesen Städten und zugleich in Berlin, Kiel und Burg geschlossen wird. I1u“* des gestrigen Montags hat der Ausstand der hiesigen Zieh⸗ leute und Möbeltransportarbeiter erheblich an Aus⸗ dehnung gewonnen. In einer Versammlung der Ausständigen berichtete die Streikleitung, daß von den 80 Leuten, die am Sonn⸗ abend bei der größten Firma Knauer noch arbeiteten, sich jetzt 60 der Bewegung angeschlossen haben. Bei den meisten Unternehmern ruht der Betrieb vollständig. Die Versammlung nahm von der ab⸗ e Haltung der Unternehmer Kenntnis und beschloß, den Kampf ortzusetzen.
Zum Ausstand der Schauerleute in Hamburg erfährt „W. T. B.*, daß, der Aufforderung des Hafenbetriebsvereins nach⸗ kommend, diejenigen Makler und Stauer, die noch zu den alten Be⸗ dingungen arbeiten ließen, nunmehr die von ihnen beschäftigten EFeuelente, etwa 500 an Zahl, entlassen haben. Mit dem Dampfer „Viola“ sind noch 200 Arbeitswillige dort ein⸗ sütroffen dadurch ist die Zahl der verfügbaren Kräfte auf 1800 ge⸗ tiegen, von denen ungefähr 170 zurückgesandt werden sollen. Heute wird wieder eine größere Anzahl Arbeiter erwartet. Die Lage im ganzen ist unverändert. — Verhandlungen, die gestern zwischen Arbeit⸗ gebern und Arbeitnehmern des chneidergewerbes vor dem Hamburger Gewerbegericht stattfanden, sind, dem „W. T. B.“ zufolge, gescheitert, weil die Arbeitgeber von vornherein erklärten, keine Zugeständnisse machen zu wollen. In einer gestern abend abgehaltenen Versammlung der dem Verbande angehörenden v. wurde der Beschluß gefaßt, bei den Meistern, die dem Arbeitgeberverband an⸗ gehören, heute, Dienstag, früh die Arbeit niederzulegen, jedoch bei den nicht dem Verbande angehörenden Meistern vorläufig weiter zu arbeiten, da mit diesen die Verhandlungen fortgeführt werden, die in einer am Donnerstag stattfindenden Versammlung zum Abschluß ge⸗ Facht vehg er Von etwa 3000 Schneidergesellen sind ungefähr
organisiert.
Ihrem vorgestrigen Beschluß gemäß sind in Wien, wie „W. T. B.“ erfährt, die Arbeiter und Arbeiterinnen der Damenkonfektion in den Ausstand getreten. In einer gestern abgehaltenen Versammlung der Herrenkleidermacher wurden die Forderungen der Stückmeister und Tagschneider abgelehnt, sodaß auch bei diesem Zweige der Ausstand beginnen dürfte.
In Reichenberg in Böhmen haben gestern, „W. T B.“ zu⸗ folge, in sechs Textilfabriken die Angestellten die Arbeit niedergelegt. Im ganzen liegen in Reichenberg und Umgebung 22 Tuchfabriken still. Die Ursache des Ausstandes sind Lohn⸗ streitigkeiten.
Aus Budapest wird dem „W. T. B.“ teleagraphiert: Der rbeiterkorrespondeng⸗ zufolge haben gestern Delegierte der
rbeiter und Unterbeamten der Südbahn der Direktion re Forderungen in neun Punkten mitgeteilt, deren wesentlichste
auf die Erhöhung der Bezüge, das . Avancement und kürzere Arbeitszeit beziehen. Die Direktion wird ihre Antwort innerhalb 14 Tazen erteilen, hat jedoch zugesichert, daß die vheerischen Angestellten jedenfalls so viel erhalten werden, als die ästerreichischen erhalten haben. Der Organisationsausschuß der Ange⸗ tellten hat hierauf an alle Stationen telegraphiert, von der passiven
esistenz solle bis auf weiteres abgesehen werden.
n Der Gemeinderat von Paris hat, wie „W. T. B.“ berichtet, du Beschlußanträgen seiner Kommission in bezug auf die Ange⸗ ellten der städtischen Elektrizitätswerke, durch die dessen
orderungen sämtlich Berücksichtigung erfahren, zugestimmt. n Lodz ist, wse „W. T. B.“ erfährt, die Arbeiteraus⸗
Pirkung in sechs der größten dortigen Fabriken beendet; die
ter nehmen die Arbeit wieder auf.
Wohlfahrtspstege.
Das Bedürfnis nach einem Zusammenschluß aller Wohltätigkeits⸗ und Wohlfahrtsvereine ist seit langer Zeit empfunden worden. Eine der zahlreichen Schäden, an denen unsere Zeit krankt, eine
der gesamten Volkskultur ist nur möglich durch gemein⸗ großzügige Arbeit. Der „Antrag Pouglas“, der seit
Jahren das preußische Abgeordnetenhaus beschäftigt hat, führte zur Schaffung einer Zentralstelle für Volkswohl⸗ fahrt, die ihre Tätigkeit über das ganze Reich ausdehnen soll. Alle für das Wohl des Volkes auf irgend einem Ge⸗ biete tätigen Vereine, Körperschaften und Einzelpersonen, einerlei welcher politischen oder religiösen Richtung, sollten sich im Interesse der Sache und in ihrem eigenen Interesse dieser Zentralstelle an⸗ schließen, die voraussichtlich Ende März unter Mitwirkung aller bis dahin beigetretenen Vereine oder Einzelpersonen in einer General⸗ versammlung ihre vorläufige Ausgestaltung erfahren soll. Warum dieser Anschluß wünschenswert ist, darüber gibt aus⸗ führliche Auskunft ein treffliches Schriftchen, das soeben im Verlage der Schriftenvertriebsanstalt, G. m. b. H., in Berlin SW. 13 erschienen und für 30 ₰ durch den Buch⸗ handel zu beziehen ist: „Die Zentralstelle für Volks⸗ wohlfahrt (Antrag Douglas), ein Aufruf an alle für das Wohl des Volkes tätigen Vereine im Deutschen Reiche“, im Auftrage des von ihnen gewählten vorbereitenden Ausschusses herausgegeben (30 S.). Knapp und übersichtlich werden darin die Geschichte des Antrags Douglas bis zur jetzigen Entwicklungsstufe, Ziele und Auf⸗ gaben der neuen Zentralstelle, die Bedenken, die zur Zeit in Vereins⸗ kreisen gegen die von der Regierung gewählte Form der Zentralstelle noch bestehen, dargelegt und die gegenwärtigen Satzungen der neuen Zentralstelle mitgeteilt. Von besonderem Interesse ist der Abschnitt über die Frage „Welche Vorteile bietet der Anschluß an die Zentral⸗ stelle für Volkswohlfahrt in Berlin?“
Kunst und Wissenschaft.
Nach den „Amtlichen Berichten aus den Königlichen Kunstsammlungen“ sind im letzten Viertel des Jahres 1906 die Sammlungen u. a. durch folgende Neuerwerbungen, Käufe und Ge⸗ schenke vermehrt:
Für die Gemäldegalerie wurden erworben: Das Bildnis eines zwölfjährigen vomnehmen Knaben, der in Rüstung mit dem Kommandostab in der Rechten erscheint, von Francisco Zurbaran. Das mit dem Namen des Meisters bezeichnete, trefflich eerhaltene Porträt interessiert um so mehr, als Zurbaran als Bildnismaler sonst kaum bekannt ist. — Von Antonis Mor das vollendet durchgeführte Porträt der Statthalterin der Niederlande Margarete von Parma. Der große niederländische Meister war in unserer Galerie bisher nur durch ein Werk aus seiner Frühzeit vertreten. — Ein Genrebild mit drei musizierenden Zigeunern von Velazquez, durch scharfe Schatten, schwere Färbung und Derbheit der Auffassung als Jugendwerk des Meisters charakterisiert, aber schon von sehr feiner Tonwirkung. Die meisten anderen Schöpfungen dieser Gattung sind in englischem Privatbesitz. — Die lebensgroße Halbfigur einer mit dem Datum 1543, von dem jüngeren Joos van Cleve, aus dem Besitze des Lord Grimstorve, bg das Gegenstück, das schwächere Bildnis eines Mannes, sich efand.
Als Geschenke kamen folgende Bilder in die Galerie: vier Flügel⸗ bilder, die Vorder⸗ und Rückseiten zweier Altarflügel, mit je einer Heiligengestalt, von Martin Schaffner, geschenkt von Frau Oskar Hainauer, wie das folgende Bild aus der Sammlung Hainauer, die im Sommer zum Verkauf kam. — Die Enthauptung Johannis des Täufers, eine besonders sorgfältig durchgebildete und feine Arbeit aus jener Gruppe niederländischer Bilder aus der Zeit um 1520, die auf Grund einer zweifelhaften Signatur auf einem Gemälde in München dem Herri met de Bes zugeschrieben wird. Geschenk der Herren Duveen Brothers in London. — Geheimrat Dr. Bode überwies der Galerie eine größere Altartafel von Hans Baldung Grien mit der Darstellung der Beweinung Christi, ein Werk aus der mittleren und besten Zeit des oberrheinischen Malers. — Herr Frangois Kleinberger in Paris schenkte ein größeres farbenprächtiges Stilleben von Willem Kalf, ein Breitbild mit Silbergerät. — Herr Hans Schwarz in Wien bereicherte die Abteilung der italienischen Trecentobilder durch ein vollständiges Altarbild, dessen drei Hauptfelder dem Bernardo Daddi, dessen spätere Predella mit drei Szenen dem Bicci di Lorenzo zugeschrieben wird. — Geheimrat Dr. Bode überwies der Galerie ferner ein Stilleben von Pieter Boel, in dem dieser fan Meister sich in der ganz tonig en Fär⸗ bung gleichzeitigen holländischen Malern ganz verwandt zeigt. Das Bild stellt tote Vögel dar und ist zweimal P. Boel signiert.
Als Geschenke von Gönnern der Galerie, die nicht genannt zu sein wünschen, erhielt sie endlich zwei historisch interessante Bilder aus dem italienischen Trecento, nämlich: Die Heiligen Markus und Johannes der Täufer von Lorenzo Veneziano und eine kleine Madonnentafel mit hohem Giebel von dem Sieneser Meister Andrea Vanni.
Die Sammlung der Skulpturen und Gipsabgüsse wurde im verflossenen Vierteljahr durch eine größere Anzahl von Schenkungen bereichert: Seine Majestät der Kaiser hatten die Gnade, eine aus⸗ gewählte Sammlung koptischer Stoffe, die der Gesandte Freiherr von Jenisch zusammengebracht und Seiner Majestät übergeben hat, dem Kaiser Friedrich⸗Museum zu überweisen. — Aus der im Sommer verkauften Sammlung Oskar Hainauer gelangten, wie zwei Gemälde, auch einige besonders erwünschte Bildwerke — als Geschenk der Herren Duveen Brothers in London — in die Königlichen Museen, nämlich sechs seltene italienische Plaketten in Bronze und die Bronzeplatte mit der anmutigen Halbfigur der Madonna in flachem Relief von Donatello. Der Hofantiguar J. Böhler schenkte ein Flachrelief in Cartapesta von Jacopo Sansovino, darstellend die heilige Familie. — Herr Ad. Thiem in San Remo überwies eine italienische Bildweberei aus der Zeit um 1480 mit mythologischen Darstellungen in mehreren Szenen nebeneinander, die zur Dekoration über den altniederländischen Bildern der Sammlung Thiem zur Aufstellung gelangt ist.
Dem Antiquarium wurden für die Sammlung der Vasen 13 Stück Kannen, Amphoren, Salbgefäße usw. erworben; für die Sammlung der Bronzen und Miszellaneen eine vor⸗ trefflich erhaltene Schnellwage aus Bronze. Als Gewicht dient eine sitzende Figur mit Weltkugel und Schiid.
Unter den Neuerwerbungen des Kupferstichkabinetts sind
eervorzuheben: Ein Werk der französischen Schule um 1500. Der hl.
Fehgaauc Altkolorierter Holzschnitt, eingeklebt in den Deckel einer eisenbeschlagenen Holzkassette derselben Zeit. — Daniel Chodowiecki. Illustration zu Gotters Gedichten. Schlußszene der Elektra, Radierung. Mit eigenhändiger Unterschrift des Künstlers in Blei⸗ stisft, sowie eine Anzahl von Radierungen . n des Goyas.
Der Abteilung Indonesien des Museums für Völker⸗ kunde hat u. a. der Kaufmann Th. Glücksmann in Breslau eine roße Sammlung ethnographischer Gegenstände aus verschiedenen
eilen des Ostirdischen Archipels geschenkt, hauptsächlich Stein⸗ und Bronzealtertümer sowie eiserne Waffen aus der Hinduzeit in Jawa, Waffen (besonders mit kunstvoll geschnitzten Griffen versehene Frs Gewebe und Batèks in Baumwolle und Seide (zum Teil golddurch⸗ wirkt bezw. goldenbemalt), Messingarbeiten, Holzschnitzereien u. a. aus dem modernen Sumatra, Jawa, Bali usw., ein Exemplar der seltenen, dayakisch djàwoét, malaiisch tömpajan genannten Steingut⸗ töpfe aus Borneo, in Jawa gesammeltes altchinesisches Seladon⸗ porzellan u. a. m.
Der Südamerikanischen Sammlung schenkte der Geheime Hofrat Professor Dr. Baeßler in Eberswalde: eine überaus reichhaltige und wertvolle Sammlung altperuanischer und altkolombischer Gold⸗ sachen, unter anderem Fieht oldene Zierplatten, eine große goldene Maske, Goldpokale, menst liche Figuren und breite Armringe. Eine Anzahl peruanischer Altertümer aus Silber, unter anderem menschliche Figuren sowie Gefäße. Eine prachtvolle Vogelfigur aus feinem Mosaik aus Peru. Eine Anzahl steinerner und tönerner Altertümer aus Ko⸗ lombia sowie einige Gebrauchsgegenstände der gegenwärtig lebenden Indianer Perus. Ferner schenkte ihr Herr Ernst Thalmann in New York: Sechs große goldene Zierplatten aus Kolombia, die an Größe alle bisher bekannt gewordenen ähnlichen Stücke weit übertreffen und an Form wie an Art der Ausführung von größtem Fetnef nd. Sie bilden eine überaus wertvolle Bereicherung unserer altkolombischen
Sammlung.
Für die Nationalgalerie wurden angekauft die Gemälde „Landschaft“, „Einkehr auf der Reise“, „Ruhender Mann“, „Falke auf Taube stoßend“, „Fackelzug“, „Damenbrustbild“, „Heinrich VIII. tanzt mit Anna Boleyn“ und „Der Kopf eines Schimmels“ von Ad. von Menzel, „Almlandschaft“ von Fr. von Defregger, „Knaben⸗ bildnis“ von F. von Rayski, „Selbstbildnis“ von W. von Kobell und „Selbstbildnis’ von R. Mengs; die Bildwerke „Porträtbüste König Friedrich Wilhelms III.“, „Porträtbüste der Königin L ise“, „Porträtbüste Salomon Veits“, die Gruppe „Friedrich der Große mit zwei Hunden“, vier große Reliefs „Römischer Signifer“, die „Skizze zum Denkmal des Fürsten Leopold von Dessau“ und der „Entwurf zum Denkmal Zietens’ von G. Schadow, die „Porträtbüsten Zietenss und „Moses Mendelssohns“ von J. P. A. Tassaert, die „Porträtbüste Kants“ von F. Hage⸗ mann, die beiden Gruppen „Bulldogge mit 2 Jungen“ und „Hand von F. W. Wolff, die „Statuette des Malers D. Brandt von J. Lippelt sowie die „Porträtbüste des Staatsrats Stegemann“ und die Statuette „Goerhe im Hausrock“ von Chr. D. Rauch, die sämtlich nach schon vorhandenen Originalen oder Originalmodellen in Bronze gegossen wurden; an Aquarellen und Handzeichnungen zwei Blatt figürliche Studien von H. Füßli, „Frauenbilonis“ (Blei), „Marktfrauen“ (Buntstift) und zwei Pastelle „Hände“ von Ad. von Menzel. 8
An Geschenken erhielt die Nationalgalerie die Oelgemälde „Die Welle“ von G. Courbet vom Fürsten Guido Henckel von Donnersmarck in Berlin, „Uhu ein Reh anschneidend“ von G. Courbet, „Selbstbildnis“ von H. Fantin⸗Latour, „Schwüle Luft“, „Blick aus dem Fenster“ und „Das Modell“ von M. Vuillard von Herrn General⸗ konsul Paul Freiherrn von Merling in Berlin, „Blühender Kastanten⸗ baum⸗ von P. A. Renoir von Fräulein Elise Königs, „Don Quixote und Sancho Pansa“ von H. Daumier und „Sonnige Stube“ von W. Hammershoi von dem verstorbenen Herrn Alfred Beit in London, „Trinkende Bauern“ von J. Zulongo von Herrn Kommerzienrat Kopetzky in Berlin, „Weiblicher Kopf“ von Th. Couture von Herrn Direktor Artur Gwinner in Berlin, „Aus dem Walde von Fontainebleau“ von A. Teichlein von Herrn W. Pylander in Kopen⸗ hagen, „Doppelbildnis der Eltern des Künstlers“ von K. Begas d. Ae. von Herrn Baurat M. Friedeberg in Berlin, „Holländische Landschaft“ von M. Liebermann von Herrn Dr. jur. Ed. Simon in Berlin, „Herrenbildnis“ von B. Pankok von Herrn K. Steinbart in Berlin, und von ungenannten Kunstfreunden zwei Stilleben „Früchte und Geschirr“ und „Blumen und Früchte“ von P. Cézanne, „Der Nach⸗ mittag der Kinder in Vargemont“ von P. A. Renoir, „Das Lan haus in Rueil“ von Ed. Manet, „Die Tochter Jorios“ von Michetti, „Die Kirche St⸗Germain l'Auxerrois in Paris von C Monet, sowie das „Bildnis der Fürstin Fürstenberg“ von der Hand eines unbekannten älteren Wiener Malers; an Bildwerken „Kinderkopf’“ (Bronze) von F. M. Charpentier, „Junger Zentaur“ (Bronze) von J. A. J. Falguière, „Lachend Mädchen“ (Bronze) von E. Bourdelle, „Sechs Statuetten“ (Bronze) und eine „Weibliche Idealbüste“ (Terrakotta) von A. Maillol, “ (Bronze) von Ed. Steinlen, und „Bulldog“ (Bronze) von R. Bugatti, sämtlich von Herrn Generalkonsul Paul Freiherrn von Merling in Berlin; — an Handzeichnungen und Aquag⸗ rellen usw. ein „Selbstbildnis- von Ad. von Menzel (Oelstudie) von Herrn J. Aufseesser in Berlin, fünf Blatt Landschaften von M. Rohden von Herrn Bernt Grönvold in Berlin, das Aquarell „Der Rhein bei Mainz“ von Fr. Hein von Herrn Ad. Rothermund in Blasewitz bei Dresden, das Aaquarell „Weibliche 1 vom Rücken gesehen“ von H. Füßli von Herrn More in London und ein Blatt „Medusenkopf“ von Rodin von Herrn Regierungsrat Dr. von Burchard Berlin; sowie von ungenannten Kunstfreunden eine Sammlung von und Illustrationen usw. in verschiedenen Techniken von
. Liebermann, Käthe Kollwitz, Cl. Siewert, J. Schnorr von Carolsfeld, Jan Veth, V. van Gogh, O. Gulbranson, O. R
„de Toulouse⸗Lautrec, C. Laval, C. Guys, H. Ed. Croß, P. Si
7. Luce, A. Maillol und C. Somoff.
An letztwilligen Zuwendungen erhielt die Nationalgalerie, und zwar als Vermächtnis des Dargestellten, das Bildnis des Konsuls a. D. Dr. jur. Ed. Grisebach (Pastell) von M. Liebermann und als Vermächtnis der Frau Emile Gilli, geb. Nobiling, das Medaillon⸗ porträt A. J. Carstens (Bronze) von A. Gilli. 8
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Aus Paris meldet „W. T. B.“, daß der berühmte Chemiker Marcellin Berthelot, lebenslängliches Mitglied des französischen Senats, gestern plötzlich gestorben ist, nachdem wenige Augenblicke vorher seine Frau gestorben war. Er war am 25. Oktober 1827 in Paris geboren, wurde 1860 Professor an der Ecole de pharmacie, 1865 am Collège de France und 1876 Generalinspektor des höheren Unterrichtswesens, 1881 Mitglied des Senats. 1886—1887 war er Unterrichtsminister. Er untersuchte die Glyceride und die Bildung der natürlichen neutralen Fettkörper, wobei er die Theorie der mehratomigen Alkohole aufstellte, wirkte bahnbrechend für die Synthese organischer Körper und lieferte auch bedeutende Untersuchungen über die Explosiv⸗ stoffe und über Thermochemie. Er schrieb u. a. „Chimie organique, fondée sur la synthèse“ (1860, 2 Bände); „Leçgons sur les principes sucrés“ (1862); „Leçons sur les méthodes générales 1 de synthèse“ (1864); „Traité élémentaire de chimie organique“ (1872; 2.—4. Aufl., 1898, mit Jungfleisch); „Sur la force de la poudre et des matières explosives“ (3. Aufl. 1883, 2 Bände); „La synthèse chimique“ (1875, 8. Aufl. 1897 deutsch Leipzig 1877); „Traité pratique de la calorimétrie chimique’“ (1893; deutsch Leipzig 1893); „Les origines de l'alchimie“ (1895); „La révolution chimique; Lavoisier“ (1890); „Les carbures d'hydrogêne, 1851 — 1901. Recherches expé- rimentales“ (1901, 3 Bände). Auch gab er die „Collection des anciens alchimistes grecs’ (mit Uebersetzung, 1888, 4 Bände) heraus. Sein Briefwechsel mit Ernst Renan erschien 1898.
6 Theater und Mufik.
Im Königlichen Opernhause wird morgen, Mittwoch, zum ersten Male „Pique⸗Dame“, Oper in drei Akten und sieben Bildern, G Musik von Peter Tschalkowsky, gegeben. Der Komponist, im Jahre 1840 in Rußland geboren und ein begeisterter Verehrer und Interpret Mozartscher Musik, hatte das vorstehende Werk in weniger denn sechs Wochen während seines Aufenthalts in Florenz im Jahre 1890 vollendet, im gleichen Jahre fand die Erstaufführung in Moskau statt. Bei der 8 hiesigen Erstaufführung sind die Herren Grüning (Hermann), Hoffmann (Tomsky), Griswold (Jeletzky)) sowie die Damen Destinn (Lise), Goetze (Gräfin) Träger der Hauptrollen; in kleineren Aufgaben sind außerdem noch die Damen Rothauser, Dietrich, die Herren Krasa und hhrahn beschäftigt. Dirigent ist der Kapellmeister Blech. Die Regie ührt der Oberregisseur Droescher.
Im Koöͤniglichen Schauspielhause gehen morgen „Wallen⸗ steins Lager“ und „Die Piecolomini“, mit Herrn Matkowsky als Wallenstein, in Szene.
Morgen, Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr, veranstaltet der Königliche Musikdirektor Bernhard Irrgang in der St. Marienkirche ein Bach⸗Konzert unter Mitwirkung der Damen Elsa Dankewitz Frieda Beckershaus (Alt), der Herren Alfred von Fossard (Tenor), Robert Maitland (Inh) und Heinrich Scholz (Orgel). Es wird u. a. die Cantate: „O Ewigkeit, Du Donnerwort“ aufgeführt. — Der Eintritt ist frei. 1
In der Garnisonkirche (Neue Friedrichstraße) findet am Palmsonntag (24. März), Abends 8 Uhr, ein geistliches Wohl⸗ tätigkeitskonzert statt. Mitwirkende sind: Clara Hartwig Sopran), Dr. Robert Mannreich (Bariton), Otto Priebe Organist an der Garnisonkirche), Otto Urack, Königlicher Kammer⸗ virtuos, Anton Witek, I. Konzertmeister des Berliner Pbilbar⸗ monischen Orchesters, unddie Berliner Liedertafel (230 Sänger) unter Leitung des Königlichen Musikdirektors Franz Wagner. Kompositlonen vomn