als
gänzungsetats für das Rechnungsjahr 1907 vorgesehen ist, außerordentliche einmalige Beihilfen.
Ueber die durch den Notetat berührten Positionen im Etat des Reichsamts des Innern referiert der Abg. von Richt⸗ hofen⸗Damsdorf (dkons.), für diejenigen aus dem Militäretat fungieren als Referenten die Abgg. von Elern (dkons.) und Erzberger (Zentr.), dieser für das Extraordinarium, und ür die bezüglichen Positionen des Marineetats der Abg.
Freiherr von Thünefeld (Zentr.)
Von den Positionen des Etats der Post⸗ und Telegraphen⸗ verwaltung für 1907 ist u. a. auch die außerordentliche Forde⸗ ung einer ersten Rate für die Erwerbung eines Grundstücks n der Französischen Straße in Berlin in den Notetats⸗ ntwurf aufgenommen worden.
Die Kommission hat, wie der Referent Abg. Dr. Beck⸗ Heidelberg (nl.) ausführt, die Position gestrichen, weil ihr der Kaufpreis für das ganze Grundstück zu hoch erschien; im übrigen sind die hier aufgeführten Positionen von der Kom⸗
mission bewilligt worden. 1 Abg. Noske (Soz.): Der Notetat hat auch die extraordinäre orderung für Umbau und Erweiterung des Postgrundstücks in hemnitz aufgenommen. Es ist wohl angezeigt, bei dieser Gelegenheit uf die Ueberbürdung der Unterbeamten speziell bei diesem Postamt inzuweisen. Die neuen Dienstpläne haben zwar eine Herabsetzung der Dienststundenzahl gebracht, aber schon nach kurzer Zeit führte die Direktion die alten Dienstpläne mit ihrer höheren Dienst⸗ stundenzahl wieder ein. Von einer schleunigen Verkürzung der Arbeitszeit auf 9 Stunden, wie sie im Bereich anderer Reichsressorts eingeführt ist, kann also insoweit bei der Postverwaltung nicht die Rede sein. Auch die Urlaubsfrage ist sehr mangelhaft geordnet (Rufe rechts: Zur Sache! Schluß!) Ich würde die Zeit des Hauses nicht in Anspruch nehmen, wenn für die Beamten die Möglichkeit vorhanden wäre, auf anderem Wege ihr Beschwerderecht wahrzunehmen. Erneute Schlußrufe auf der Rechten; der Präsident ersucht den Redner, nunmehr auf das Etatsnotgesetz zurückzukommen.) Es wird mir also die Gelegenheit, diese Beschwerde vorzutragen, auch hier nicht gegeben. Ich kann also nur mit dem Wunsche schließen, daß den betreffenden berechtigten Wünschen der Postbeamten Rechnung getragen wird und daß im neuen Hause geschehe, was im alten nicht
geschehen ist. Staͤatssekretär des Reichspostamts Kraetke
Der Herr Vorredner hat, soviel ich gehört habe, für den schnellen Beginn des Baues in Chemnitz gesprochen. Ich möchte mich darauf beschränken, noch einmal Ihr Wohlwollen für den Ankauf der Häuser in der Französischenstraße und in der Jägerstraße in Berlin zu erbitten.
Ich sagte schon in der Kommission, es sei in Anbetracht der ungünstigen Verhältnisse in Berlin notwendig, für große Postämter eigene Posthäuser zu schaffen. In der bezeichneten Gegend sollen 3 Aemter zusammengelegt werden; weil dies beabsichtigt ist, sind wir betreffs des Orts an enge Grenzen gebunden. Wir dürfen dem Publikum, welches jetzt in der Behrenstraße, Unter den Linden und in der Taubenstraße die Gegenstände einliefert, nicht zumuten, zu weit gehen zu müssen zur Erledigung seines gewaltigen Brief⸗, Geld⸗ und Paketverkehrs. Wir sind seit Jahren bestrebt, dort einen Bauplatz zu kaufen, weil die Mietpreise, die wir für die Post⸗ ämter zahlen müssen, sehr hoch sind und sich bei Ablauf der Verträge um beinahe 10 000 ℳ jedesmal steigern, trotzdem die Räume den An⸗ forderungen nicht einmal entsprechen. Es wird Ihnen allen bekannt sein, daß das Postamt Unter den Linden in Räumen untergebracht ist, die nicht würdig sind für das Publikum und vor allem nicht für die Beamten, welche darin 8 bis 9 Stunden täglich zubringen müssen; es fehlt an Luft und an Helligkeit. Wenn die Herren hören, daß wir für diese Postämter Unter den Linden jährlich 29 000, in der Tauben⸗ straße 37 500, in der Behrenstraße 27 000, in Summa 93 500 ℳ zahlen müssen, und daß die Mietssteigerung Unter den Linden vom Jahre 1897 bis zum Ablauf des Vertrags 9000 ℳ betragen hat, in der Taubenstraße 2500, in der Behrenstraße 11 000, so dürfen wir gewiß sein, daß jetzt im Jahre 1910, wo alle drei Verträge zu Ende gehen, wir mit einer ganz bedeutenden Steigerung zu rechnen haben. Alle Erkundigungen, die angestellt worden sind, haben dahin geführt, daß in den Gegenden keine Räume, die für die Aemter geeignet sind, zu haben waren. Infolgedessen haben wir es mit Freuden begrüßt, daß sich Gelegenheit geboten hat, Bauplätze dort sicher zu machen, die in der Französischen Straße, also in bester Lage zwischen den drei Postämtern, liegen und die auch durch Ankauf von Häusern in der Jägerstraße von zwei Seiten zu⸗ gänglich gemacht werden können.
Nun gebe ich ohne weiteres zu, daß der Preis für diese Grund⸗ stücke nicht wohlfeil ist; aber wir müssen Ihnen trotzdem empfehlen, den Ankauf zu genehm igen, weil die Unterschiede doch nicht so groß sind, daß man davor zurückschrecken sollte. Im März 1910 läuft der eine Vertrag und im Oktober 1910 laufen die beiden anderen Ver⸗ tzäge ab. Deshalb ist Eile geboten. Und wenn wir jetzt nicht dazu kommen, am 1. April die Grundstücke zu erwerben, dann ist keine Möglichkeit vorhanden, geeignete Räume zu erhalten. Die Sache liegt um so ungünstiger, als zwei der Häuser, in denen sich Aemter befinden, verkauft sind, und wir nicht darauf zu rechnen haben, daß wir darin bleiben können.
Wenn die Herren sagen, man könne es ja ablehnen und sehen, daß man in andere geeignete Häuser kommt, so habe ich schon in der Kommission ausgeführt, daß wir auf kurze Zeit neue Verträge gar nicht schließen können. Wir würden bei den Verträgen, die wir ab⸗ schließen würden, in der Zwangslage sein, alles bewilligen und Ver⸗ träge auf lange Zeit schließen zu müssen, sodaß eine Besserung der Verhältnisse nicht eintritt, während hier sich immer die Gelegenheit bietet, etwas Gutes zu schaffen.
Nun vergleichen wir bei unseren Ankäufen immer die Preise, die von uns gefordert werden, mit den Preisen, die in der Müllerschen Karte als Preise für Grundstücke in jener Gegend aufgeführt sind. Eines jener Grundstücke, welches wir kaufen wollen, ist pro Quadrat⸗ meter zu 1201 ℳ angeboten, ein anderes zu 1264 und ein drittes zu 1252 ℳ, während in der Müllerschen Karte für jene Gegend 1210 ℳ in maximo angeführt sind. Nun ist diese Steigerung nicht ganz unbedeutend. Aber in welcher glücklichen Lage sich die Besitzer zu befinden glauben, geht daraus hervor, daß, als vorauszusehen war, daß der Etat nicht zur rechten Zeit fertig werden würde, und wir mit der Möglichkeit rechnen mußten, den Ankauf erst nach dem 1. April bewirken zu können, die Oberpostdirektion mit den Besitzern in Ver⸗ bindung getreten ist, um sich auszuwirken, daß erst später das Kauf⸗
geld gezahlt werden könnte. Der eine Besitzer hat direkt abgelehnt, sich auf weiteres Warten einzulassen, vielmehr zum Ausdruck gebracht,
““
das Grundstück besser verwerten könnte. Die beiden anderen Besitzer
haben 25 000 und 15 000 ℳ Abstandsgeld gefordert, wenn sie das Geld erst später bekommen würden.
Die Herren können daraus ersehen, daß die Preise doch nicht so exorbitant sind, um den Verkauf ablehnen zu müssen. Ich bitte daher das hohe Haus, den Ankauf der Grundstücke, wie vorgeschlagen, zu bewilligen.
Abg. Singer (Soz.): Der Staatssekretär setzt mit seiner Aus⸗ führung geradezu eine Prämie auf möglichst hohe Forderungen und darauf, an denselben coüte que coùte festzuhalten. Die Kommission hat, trotzdem dieselben Ausführungen schon in der Kommission vor⸗ gebracht wurden, einstimmig den Ankauf abgelehnt; jetzt stellt sich der Staatssekretär mit seiner Autorität hierher und erklärt, der Preis sei zwar nicht wohlfeil, aber immer noch erträglich. Der Eindruck, den er damit auf die Verkäufer macht, wird ja wahrscheinlich unverwisch⸗ bar sein, denn sie müssen ja in ihm den besten Anwalt für ihre Forderungen erblicken. Etwas mehr Reserve wäre also doch an⸗ gebracht gewesen. In der Kommission ist von keiner Seite die Not⸗ wendigkeit solcher größeren Postämter angezweifelt worden, aber ob dieses speziell an der betreffenden Ecke stehen muß, darüber kann man verschiedener Meinung sein. So liegen die Dinge nicht, daß man ab⸗ solut daran verzweifeln müßte, in dieser Gegend ein anderes geeignetes Grundstück für Postzwecke zu ermitteln. Die Grundwertkarte, die für die Verwaltung maßgebend ist, ist tatsächlich längst überholt; die Bankhäuser in der Französischen Straße können nicht allein für den Wert der dortigen Grundstücke maßgebend sein. Wiederholt haben wir doch schon, nachdem die Ankäufe wegen zu hohen Preises ab⸗ gelehnt waren, dieselben Grundstücke zu mäßigeren Bedingungen er⸗ langt. Ich kann nur empfehlen, es bei dem Kommissionsbeschluß zu belassen.
Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:
Meine Herren! Ich verstehe den Herrn Vorredner absolut nicht. Er selbst ist gezwungen anzuführen, die Notwendigkeit, eine Aenderung der Verhältnisse eintreten zu lassen, liegt vor, sogar die dringende Notwendigkeit, und darüber ist bei keinem der Herren Mitglieder der Kommission irgend welcher Zweifel gewesen. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Der Herr Vorredner geht noch weiter und sagt, es sei auch wünschenswert, daß es geschehe. Trotzdem glaubt er mir Vorwürfe machen zu dürfen, daß ich für diese Position eintrete und um Wiederherstellung bitte. Ich würde direkt meine Pflicht versäumen (sehr richtig! rechts), wenn ich das nicht tun würde. Sie treten sehr häufig für die Beamten ein und sagen: wir müssen für sie sorgen. Hier wollen Sie, daß die Beamten gezwungen find, länger in Räumen zu sitzen, die unwürdig sind. (Sehr richtig! rechts.) Das nehme ich gar keinen Anstand zu sagen. Warum soll ich hier nicht offen erklären: wir sind in sehr schlechten Räumen für das Publikum und für die Beamten! Aber auch aus diesen schlechten Räumen müssen wir, weil die Häuser verkauft sind, spätestens am 1. Oktober 1910 heraus. Wir haben also gar keine Gelegenheit, bis 1910 uns wieder geeignete Räume zu beschaffen, wenn wir jetzt nicht anfangen zu bauen.
Nun sagt der Herr Vorredner, das sei etwas teuer, und ich ver⸗ dürbe da die Preise. Vor drei Jahren aber machte er mir Vorwürfe, daß ich in die Körnerstraße gegangen sei, statt in der Potsdamer Straße zu bleiben; jetzt schlage ich vor, in der Französischen Straße, also in der Verkehrsstraße, zu bleiben, und da ist ihm das auch wieder nicht recht, und er sagt: geht in eine Nebenstraße, da ist es vielleicht billiger.
Die Kosten pro Quadratmeter betragen nicht, wie der Vorredner angab, über 1800 ℳ, sondern, wie ich mich deutlich genug ausgedrückt zu haben glaube, 1247 ℳ und, wenn man die Häuser abrechnet⸗ 964 ℳ
Weiter meinte der Herr Vorredner, die Müllersche Karte sei ver⸗ altet, die Angaben träfen nicht mehr zu. Ja, meine Herren, ich habe eine Ausgabe der Müllerschen Karte von 1906 und da stehen die Preise darin, die ich angegeben habe.
Meine Herren, nach jeder Richtung hin — ich nehme keinen An⸗ stand, das hier offen auszusprechen — befindet sich die Post⸗ und Telegraphenverwaltung in einer Notlage und sie bittet, im Interesse ihrer Beamten und Unterbeamten und des Publikums die Position wieder herzustellen.
Abg. Dr. Arendt (Rp.): Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Baustelle außerordentlich teuer ist; deswegen haben wir in der Budgetkommission für die Ablehnung gestimmt, in der Hoffnung, daß es doch vielleicht gelingen möge, bei weiteren Verhandlungen den sehr hohen Preis herabzumindern. Indessen hat der Staatssekretär darin recht, daß sich die Postverwaltung in einer Not⸗ lage befindet, die durch diese Verhandlungen zweifellos nicht vermindert wird. Es handelt sich hier um einen Teil der Hauptstadt, in welchem die Grundstückspreise in einer Weise gestiegen sind, daß niemand von uns voraussagen kann, wie die weitere Entwicklung sich noch gestalten wird. Die Spekulation würde sich sicher die Gelegenheit nicht entgehen lassen, alles taugliche Terrain aufzukaufen, und die Postverwaltung würde infolgedessen nur unter noch schwereren Be⸗ dingungen kaufen können. So leid es mir tut, dieser außer⸗ ordentlich hohen Forderung zustimmen zu müssen, glaube ich doch, daß es unter den gegebenen Verhältnissen für die Finanzen des Reiches doch immerhin noch das beste ist, in den sauren Apfel zu beißen und die Position anzunehmen, zugleich aber den Wunsch auszusprechen, daß man künftig bei Grundstücks⸗ ankäufen mit größerer Vorsicht vorgehen und nicht mit so exorbitanten Forderungen an uns herantreten möge.
Abg. Singer (Soz): Auch der vom Staatssekretär genannte Preis ist noch exorbitant. Ich kann mir zwar nicht denken, daß der Staats⸗ sekretär nach diesen Vorgängen mit seinen Bemühungen, die Grund⸗ stücke billiger zu bekommen, irgend einen Erfolg haben wird. Wir werden aber trotz alledem die Forderung ablehnen. Sollte der Reichstag sich entschließen, doch den von der Regierung vor⸗ geschlagenen Weg zu gehen, so würde er sich jeder Aussicht begeben, künftig billigere Preise bei solchen Ankäufen zu erzielen.
Damit schließt die Diskussion.
Ueber die Position aus dem Etat der Reichseisenbahn berichtet der Abg. Graf von Oriola (nl.). 1 1
Das Haus genehmigt in Uebereinstimmung mit der Kom⸗ mission die Forderung des Notetats; die Forderung für das Postgrundstück in der Französischen Straße in Berlin wird nach dem Kommissionsantrag gestrichen; für die Position stimmt nur die gesamte Rechte. Gesondert zur Erörterung gestellt wird jetzt der im Ergänzungsetat geforderte und in das Notgesetz aufgenommene Fonds von 3 Millionen zur Gewäh⸗ rung außerordentlicher einmaliger Beihilfen an die am ge⸗ ringsten besoldeten Unterbeamten des Reichsdienstes.
Die Kommission hat den Titel gestrichen und die oben mitgeteilte Resolution vorgeschlagen. 1
Außerdem liegt der schon erwähnte Antrag Gröber vor, ferner ein Antrag Behrens auf Einfügung folgenden
Da:
8 Ferner können verausgabt werden je 100 ℳ an die Unter⸗ beamten und je 150 ℳ an die mittleren Beamten des Reichs⸗ dienstes, deren Gehaltsbezüge den Betrag von 3000 ℳ jährlich nicht
des Ergänzungsetats für 1907 vorgesehen ist, als auße einmalige Beihilfen. herordentliche
Referent Abg. Dr. Wiemer (frs. Volksp.): In der Kommi herrscht Uebereinstimmung darüber, daß mit Rücksicht auf die Leh mittelteuerung und die steigenden Kosten der ganzen Lebenshal eine Verbesserung der Lage der Reichsbeamten dringend geboten und daß baldigst eine allgemeine einheitliche den Zeitverhältni set entsprechende Neuordnung der Beamtengehälter erfolgen misen Auch darüber war man sich klar, daß die im Notgesetz - gestellte Forderung von 3 Millionen nicht ausreichend sei die einmaligen außerordentlichen Beihilfen von 30 nicht genügten, daß sie viel mehr den Charakter geldes als einer wirklichen Aufbesserung trügen.
Wege, die einzuschlagen seien, um eine wirkliche Be⸗ eru der auch von den verbündeten Regierungen zugegebenen No⸗ lage der Beamten herbeizuführen, war man verschiedener Meinunl⸗ Von der einen Seite wurde gefordert, daß unter Streichung der n der Regierung vorgesehenen Beihilfe ein besonderer Paragraph 8 das Notgesetz eingestellt werde, wonach außerordentliche einmaline Beihilfen von je 100 ℳ an die Unterbeamten und von je 150 G die mittleren Beamten gegeben werden sollen. Von den Verbündeten Regierungen wurde betont, daß sie sich an Wohlwollen fi 2 Beamten vom Reichstage nicht übertreffen lassen. Es müsse aber der Anschein vermieden werden, daß auf seiten des Reichstags für die Beamten mehr Wohlwollen bestehe als bei der Regierung selb Die Verbündeten Regierungen müßten an dem Grundsatz festhalten daß aus der Initiative der Volksvertreter heraus eine Erhöhune von Beamtengehältern nicht ohne Zustimmung der Verbündeten Regierungen vorgenommen werden dürfe. Politisch sei es bedenklich, wenn die Finanzlage schwierig sei und die Entwicklung der Finanzen sich nicht übersehen lasse, bereits in das Notgesetz eine Erhöhung von einer solchen finanziellen Pegeg hineinzuschreiben Die Erträge aus den Zöllen und neuen Steuern blieben vielfach hinter den Erwartungen zurück und für 1907 sei bereits eine sehr starke Belastung der Bundesstaaten durch Mattikularbeiträge zu er warten. Die Mehrbelastung infolge dieses Antrages würde etwa 20 Millionen betragen. Zum mindesten müsse abgewartet werden wie sich der Etat gestalten würde, eventuell könnte in der zweiten Lesung für die Aufbesserung noch mehr geschehen. Der zweite Antrag wollte diesen Bedenken Rechnung tragen und schlug deshalb eine Resolution vor, in der die verbündeten Regierungen ersucht werden, bis zur dritten Lesung des Reichshaushaltsetats ihr Einverständnis damit auszusprechen, daß 100 bezw. 150 ℳ Beihilfen gewährt würden. Was die etatsrechtlichen Bedenken betrifft, so wurde in der Kom⸗ mission allseitig betont, daß der Reichstag für sich das Recht in Anspruch nehmen müsse, auch seinerseits eine Erhöhung der Bezüge der Reichsbeamten vorzunehmen, wie dies schon 1897 geschehen sel. In der Abstimmung wurde der erste Antrag mit 16 gegen 12 Stimmen abgelehnt, der zweite mit demselben Stimmenverhällnit angenommen.
Abg. Speck (Zentr.): Ich habe schon in der ersten Beratung des Notgesetzes im Auftrage meiner politischen Freunde auf das Miß⸗ verhältnis zwischen der Höhe der von der Regierung vorgeschlagenen einmaligen Beihilfen für die unteren und mittleren Beamten und den allgemeinen Teuerungsverhältnissen hingewiesen. Der Versuch in der Budgetkommission, eine Verbesserung zu schaffen, ist leider zu unserem Bedauern erfolglos geblieben. Die Beschlüsse der Kommission würden sogar die Beamten schlechter stellen, als dies durch de Regierungsvorlage geschehen wäre, denn was die Regierungs⸗ vorlage bietet, wäre wenigstens den Beamten am 1. Pul gesichert, während die Resolution die Entschädigung in nebelkafte Ferne verschiebt. Die Unterbeamten haben es schon sehr oft alcht, daß Resolutionen zu ihren Gunsten vom Reichstage gefaßt wuden und daß von seiten der verbündeten Regierungen ihnen alles Wohl⸗ wollen ausgesprochen wurde, allein alle diese Resolutionen und all dieses Wohlwollen hat bis jetzt keine greifbaren praktischen Erfolge ergeben. Deshalb haben wir unseren Antrag hier im Plenum wieder eingebracht, weil wir die Absicht haben, möglichst bald den beteiligten Beamten etwas Praktisches zu bieten. Die Antragsteller des ersten Antrages täuschen sich, wenn sie glauben, daß die Finanzlage sich in den wenigen Monaten sehr erheblich verbessern würde, es müßte denn sein, daß die Mehrheit des Reichstags wider alles Erwarten beschlösse, ganz erhebliche Abstriche am Etat vorzunehmen. Die Notwendigkeit einer solchen außerordentlichen Zuwendung wird von allen Seiten, auch von den verbündeten Regierungen, unumwunden anerkannt. Seit 1896/97, wo eine allgemeine Gehalts⸗ aufbesserung erfolgte, sind nicht bloß die Lebensmittelpreise, sondern auch die Ausgaben für Wohnung, Kleidung und namentlich Brennmaterial außerordentlich in die Höhe gegangen. Die Löhne der Arbeiter nicht nur in den Privatbetrieben, sondem auch in den Staatsbetrieben haben sich seitdem um ungefähr 20 NR0 erhöht. Es gehört nach unserer Meinung auch zu den nationalen Pflichten, daß der Staat die kleinen und mittleren Beamten aus⸗ kömmlich bezahlt. Diese Ausgaben sind ebenso notwendig, wie die für die Kolonien. Die 100 bezw. 150 ℳ sollen auch nur das unumgänglich Notwendige sein, um der momentanen Not abzuhelfen. Von seiten der Verbündeten Regierungen wurde der Mehraufwand unseres Antrags auf 20 Millionen geschätzt. Nach unserer Meinung würden es nur 16 bis 17, ja eigentlich nur 13 bis 14 Millionen sein, wenn man die Summen abzieht, die im Ergänzungs⸗ etat vorgesehen sind. Wir sind mit dem Schatzsekretär darin ein⸗ verstanden, daß möglichste Ordnung im Reichshaushalt geschaffen werden müßte. Deshalb darf aber eine so absolut notwendige Ausgabe wie diese nicht unterlassen werden. Wenn man darauf hingewiesen hat, das Zentrum habe immer den Grundsatz vertreten, daß bei neuen An⸗ forderungen aus der Mitte der Volksvertretung zugleich auch Vor⸗ schläge für die Deckung gemacht werden müßten, so glaube ich, daß der gegenwärtige Fall doch etwas anders liegt als die bisherigen
älle. Es wäre hier doch Pflicht der Verbündeten Regierungen, die Fücenc zu neuen Steuervorschlägen selbst zu ergreifen, wenn es notwendig ist. Weiter ist das Bedenken gegen unseren Vorschlag er⸗ hoben worden, ob eine Erhöhung des Etats durch den Reichstag ohne Zustimmung der Verbündeten Regierungen zulässig ist. Ich will nach dieser Richtung nur daran erinnern, daß z. B. 1879 der Führer der damaligen Fortschrittspartei die Initiative ergriffen hat, die Ge⸗ hälter der Reichsgerichtsräte heraufzusetzen, und die Verbündeten Regierungen haben dem nachträglich zugestimmt. Ein d“ licher Fall hat sich 1896/97 abgespielt, wo aus der Mitte des Reichstags heraus die Gehälter von Postbeamten erhöht Lee. Der damalige Reichsschatzsekretär Graf Posadowsky machte Seee Bedenken geltend, aber der Reichstag, wie nachträglich die Verbündetn Regierungen stimmten zu. Die Erhöhung des Ausgabeetats ist a kein novum, zudem handelte es sich damals um dauernde Erhöhung hier aber lediglich um eine einmaltge außerordentliche Ausgabe, ie sichtlich deren nur über die Höhe eine Meinungsverschiedenheit zwist⸗ 8 uns und den Verbündeten Regie ungen besteht. Die Verbündeten al gierungen hätten es immer noch in der Hand, ob sie von der keax⸗ macht, die wir ihnen geben, Gebrauch machen oder nicht. Aller 28 würden sie eine schwere Verantwortung auf sich laden, wenn sie 8 dieser Ermächtigung der Notlage der Beamten nicht Rechnung trüsen, Mit Recht hat der Reichsschatzsekretär in der Bud zetkommission 85 klärt, daß der moralische Druck eines solchen Beschlusses des e. tags so stark sein würde, daß die Verbündeten Regierungen fücne ch nicht würden entziehen können. Aus allen diesen Gründen L ft Sie, stimmen Sie unserem Antrage zu, mit schönen Redensarten! nichts getan. 21 Staatssekretär des Reichsschatzamts Freiherr v on veern
Meine Herren! Bevor ich des weiteren in die Materie selbst ein e- möchte ich zunächst den Vorwurf zurückweisen, den der Herr ge gegen die verbündeten Regierungen erhoben hat, den Vorwurf, daß
auf die Resolutionen des Reichstags, namentlich sowei
übersteigen, soweit für dieselben nicht bereits eine Gehalts⸗
daß er sich freuen würde, von dem Vertrage los zu kommen, weil er
aufbesserung im Entwurf des Reichshaushaltsetats beziehungsweise
Rücksicht ähmen. Ich habe hier die Reichstagsdrucksache Nist
t sie eine Ver⸗ besserung der Lebenshaltung der Beamten zum Gegenstand haben, fih
vor mir, die erst am 11. d. M. verteilt worden ist. Aus dieser Ueber⸗
cht geht hervor, daß in diesem einen Jahre der Bundesrat in nicht weniger als 11 Fällen solchen Resolutionen des Reichstags stattgegeben hat. (Hört, hört! rechts.) Damit widerlegt sich, glaube ich, zur Genüge der Vorwurf, den der Herr Abg. Speck gegen die verbündeten Regierungen erhoben hat. (Sehr richtig! rechts.) 8
Ich kann all die einzelnen Fälle, die in dieser Uebersicht vor⸗
getragen sind, Ihnen nicht spezifizieren. Aber ich möchte nur an ein paar Vorgänge erinnern, die mir gerade gegenwärtig sind. Ich zchte Sie erinnern einmal an die erhebliche Aufbesserung der Wohnungsgeldzuschüsse der Unterbeamten um nicht weniger als 50 %, die erst im Etat für 1906 erfolgt ist, und ich möchte Sie weiter erinnern an die ganz beträchtliche Besoldungsaufbesserung, die die Zahlmeister aus Anlaß einer Resolution des Reichstags erfahren haben. Also davon, glaube ich, kann keine Rede sein, daß der Reichstag nicht darauf vertrauen dürfte, daß die verbündeten Re⸗ gierungen mit allem Wohlwollen die Resolutionen des Reichstags auch ihrerseits prüfen.
Nun hat man — das möchte ich auch vorwegnehmen, um es zu berichtgen — davon gesprochen, daß der Antrag Gröber nur einen Mehraufwand von etwa 13 Millionen erfordern würde. Davon ist auch keine Rede, meine Herren. Wir haben sehr genau gerechnet; der Antrag kostet nicht 13, sondern rund 20 Millionen, und die Differenz erklärt sich insbesondere dadurch, daß die Herren Antrag⸗ steller bei ihrer Bedarfsberechnung auf die diätarischen Beamten keine Rücksicht genommen haben. Also das bitte ich doch zu beachten.
Indessen kommt es uns — und darauf werde ich später in meinen Aussührungen noch zurückkommen — auf den Betrag üherhaupt weniger an als auf das Prinzip.
Nun, meine Herren, zur Sache selbst! Da glaube ich doch das eine feststellen zu können, daß eine allseitige Uebereinstimmung unter den verschiedenen Parteien des Reichstags sowohl als auch mit den verbündeten Regierungen darüber besteht, daß in den Beamtenkreisen, bei den Beamtenfamilien unter der Einwirkung der Teuerungsverhältnisse eine Notlage besteht, auf deren Abhilfe unter allen Umständen Bedacht genommen werden muß. (Sehr richtig! rechts und links.) Und das muß sein nicht etwa bloß im Interesse der notleidenden Beamtenfamilien selbst, son⸗ dern es muß auch sein im Interesse des Reichs und im Interesse des Staats. (Sehr richtig) Staat und Reich haben selbst das Fringendste Interesse, dafür zu sorgen, daß die Beamtenfamilien, ins⸗ besondere auch die Familien der unteren Beamten, doch noch immer eine auskömmliche Lebenshaltung haben. (Bravo!) Also, meine Herren, an Wohlwollen für die Beamten stehen die verbündeten Re⸗ gierungen dem Reichstag in keiner Weise nach. (Bravo! rechts.) Meine Herren, manches Mitglied des Bundesrats hat vielleicht ein noch wärmeres Herz für das Schicksal der Beamtenfamilien als mancher von Ihnen. (Heiterkeit) Aber, meine Herren, gewisse Meinungsverschiedenheiten bestehen allerdings noch; allein diese Meinungsverschiedenheiten beschränken sich nach meinen Wahr⸗ nehmungen, nach all den Wahrnehmungen, die ich namentlich während der Kommissionsberatungen gemacht habe, doch im wesentlichen nur in bezug auf den Umfang, in dem die Beihilfen gewährt werden sollen, und auf den Weg, der einzuschlagen ist, um zum Ziele zu gelangen.
Nun, meine Herren, glaube ich, was zunächst den Umf ang anlangt, in dem die Beihilfen gewährt werden sollen, daß man den verbündeten Regierungen daraus, daß sie von Anfang an in dieser Frage eine gewisse Zurückhaltung beobachten zu sollen glaubten, doch keinen allzu schweren Vor⸗ wurf wird machen dürfen. Ich kann konstatieren, daß von den ver⸗ bündeten Regierungen von Anfang an gewiß manche sehr geneigt waren, weiter zu gehen als die dem Reichstage zugegangene Vorlage, und es war nur die durchaus unklare und undurchsichtige Finanzlage, die sie davon abgehalten hat. Die ganze Entwicklung der neuen Steuer⸗ quellen, namentlich aber auch die Entwicklung der Zölle, die wir erst in dem abgelaufenen Jahre auf einer neuen Grundlage geregelt haben, ist noch absolut undurchsichtig. Wir sind auch zur Zeit noch in keiner Weise in der Lage, übersehen zu können, ob nicht vielleicht die Be⸗ ratungen des Etats im Reichstage dazu führen können, den Ausgabe⸗ bedarf für 1907 nach anderen Richtungen zu entlasten. Es wäre ja denkbar, daß man sich vielleicht bei den Beratungen in der sweiten Lesung da oder dort überzeugt, daß die eine oder andere Ausgabeforderung etwas weniger dringlich erscheine und eher zurückgestellt werden könne als der Aufwand für die Aufbesserung des Einkommens der Beamten. Aber, meine Herren, gegenüber dem ein⸗ mütigen Willen der Volksvertretung, der dahin geht, daß eine aus⸗ giebigere Hilfe den Beamten und ihren Familien mit möglichster Beschleunigung gewährt werden soll, werden die verbündeten Re⸗ gierungen, wie ich hoffe, ihre zeitlichen Bedenken gegen eine solche ausgiebigere Einkommensverbesserung der Beamten auch ihrerseits jzurücktreten lassen. (Lebhaftes Bravo.)
8 Was nun den Weg anlangt, der einzuschlagen ist, um zu dem Ziele zu gelangen, so gehen hier allerdings die Meinungen weiter auseinander. Wir haben insbesondere gegen den Antrag, wie er unter ummer 221 nun hier eingebracht worden ist, nachdem er schon in der Kommission regierungsseitig lebhaft bekämpft worden, auch jetzt noch die schwersten Bedenken. Ich will mich in dem gegen⸗ wärtigen Stadium nicht mehr in die Rechtsfrage, die in der Kommission eingehend erörtert worden ist, weiter vertiefen. Ich will das um so weniger tun, als es bisher doch jedesmal noch gelungen stt zwischen dem Reichstage und den verbündeten Regierungen einen eg der Verständigung zu finden, um über diese Frage hinweg⸗ zukommen. Es sind nun von dem Herrn Vorredner einige Präzedenz⸗ fäle erwähnt worden. Der Fall mit der Erhöhung der Gehälter der Räte am Reichsgericht ist mir im Augenblick, soweit es sch um das Zahlenmaterial handelt, nicht so genau gegenwärtig; 1 erkenne aber an, daß hier ein solcher Präzedenzfall vor⸗ jegt. Es ist dann weiter hingewiesen worden auf den Präzedenz⸗ fall des Jahres 1897. Dieser war auch schon in der Kommission end der Erörterung und ich habe mich bemüht, diesem Falle inzwischen noch näher nachzugehen. Da hat sich 8 berausgestell, daß jener Fall von 1897 doch dem jetzt vor⸗ arßen en nicht etwa gleicht wie ein Ei dem anderen, sondern es sind Phocbentlich große Verschiedenheiten, die zwischen diesen Fällen vor⸗ nüben sind. Im Jahre 1897 handelte es sich um Gehalte⸗ esserungen, die in ihrer Gesamtsumme sich beliefen auf 844 000 ℳ
ist schon dieser Betrag ein verschwindend geringer gegen die
20 Millionen, um die es sich jetzt handelt. Aber nicht genug. Es wurden damals von der Kommission und vom Reichs⸗ tage an der betreffenden Vorlage — es handelte sich um einen Ergänzungsetat — noch weitere Aenderungen vor⸗ genommen und das Schlußresultat derselben war das, daß etwa 900 000 ℳ weniger herauskamen, daß also eine Minusforderung des Reichstags da war. (Hört, hört! rechts.) Und dies in einer Zeit, in der das Reich reichliche Ueberschüsse besaß, also auch recht wohl in der Lage gewesen wäre, selbst wenn noch etliche Millionen zu decken gewesen wären, aus diesen Ueberschüssen die Mittel zu schöpfen, um diese Millionen zu decken. Wie ganz anders ist gegenwärtig die Lage! Hier eine Erhöhung des Ausgabebedarfs um 20 Millionen und auf der anderen Seite ein Defizit, das uns nötigt, schon jetzt die Bundesstaaten mit annähernd 40 Mill. Mark gestundeter Matrikular⸗ beiträge heranzuziehen — im ganzen sind es einige 60 Millionen un⸗ gedeckter Matrikularbeiträge. Die verbündeten Regierungen werden sich absolut nicht auf einen Weg drängen lassen wollen — und darin haben sie, glaube ich, vollständig recht —, der sie der Gefahr aussetzt, zunächst einmal in diesem Jahre sich einer Zwangslage hinsichtlich ihrer freien Entschließung gegenüber zu befinden. Sie müssen doch auch ihrerseits prüfen, bevor sie sich auf Verpflichtungen engagieren, die sie auf eine Reihe von Jahren eingehen, wie sie sich nun ihrerseits die Deckungsmittel und Deckungs⸗ möglichkeit denken. Bedenken Sie sodann aber auch die Lage, in welche das Reichsschatzamt gerät, wenn in einer solchen Weise pro⸗ zediert wird. Ich stehe nun im vierten Jahre an dieser Stelle und ich kann Ihnen aus Erfahrung sagen, mit welchen nunendlichen Schwierigkeiten es verknüpft ist, nicht bloß Wochen, sondern Monate lang daran zu arbeiten, um gegenüber den Anforderungen der Ressorts endlich einen Etat zu stande zu bringen, bei dem wenigstens an⸗ nähernd die Ausgaben noch im Verhältnisse zu den Einnahmen stehen. Leider sind wir in diesem Jahre noch ziemlich weit von dem Ziel entfernt. Ich glaube aber, wir sind wenigstens dem Ziele etwas näher gekommen. Bei der ersten Aufstellung des Entwurfs befanden wir uns noch um nicht weniger als 80 Millionen weiter von dem Ziel entfernt und es hat der äußersten Anstrengung bedurft, wenigstens so weit zu kommen, als der Etatsentwurf Ihnen darlegt. Nun versetzen Sie sich in unsere Lage, wenn wir uns sagen müssen, diese ganze Mühe und diese ganze Arbeit ist schließlich umsonst; denn wenn die Vorlage an den Reichstag kommt, so riskieren wir, daß der Reichstag einfach seinerseits ungezählte Millionen in den Ausgabe⸗ etat hineinschreibt und damit das ganze, mühselig zu stande gebrachte Gebäude, den ganzen Finanzierungsplan uns mit einem Schlage über den Haufen wirft. Darauf kann die Reichsschatzverwaltung nicht ein⸗ gehen. Nun will ich zugeben, daß, wie der § 2 gefaßt ist, er ja allerdings, formell betrachtet, nur eine Ermächtigung für die verbündeten Regierungen und für die Reichsschatzverwaltung enthält, diese Beträge auszuzahlen. Aber, meine Herren, auch die übrigen Etatspositionen bei der Ausgabe bedeuten im wesentlichen, soweit nicht rechtliche Ver⸗ pflichtungen in Mitte liegen, doch nur Ermächtigungen. Allein ich möchte den Schatzsekretär sehen, der angesichts einer solchen Ermächtigung die Beamten auf die Beihilfen warten lassen wollte, die ihnen die gesetzgebenden Faktoren bewilligt haben. Das ist unmöglich und ich glaube, weitere Ausführungen in dieser Hinsicht unterlassen zu dürfen. Nur das halte ich mich für verpflichtet noch zu der allgemeinen Frage zu betonen, daß, wenn schließlich auch für das eine Jahr 1907 die finanziellen Konsequenzen vielleicht noch zu ertragen sein sollten — ich komme darauf später noch zurück —, doch unter allen Umständen schon die Aussicht auf die schwerwiegenden Konsequenzen, die die Zukunft in dieser Beziehung bringen muß, die verbündeten Regierungen unter allen Umständen davon abhalten muß, dem Antrag, wie er hier von seiten der Herren Abgg. Gröber und Genossen gestellt worden ist, zu entsprechen. Für uns, meine Herren, für die verbündeten Regierungen, würde durch die Einschaltung einer solchen Bestimmung der Gesetz⸗ entwurf einfach unannehmbar. (Hört, hört! rechts.) Die gleichen Bedenken, die einer solchen Einstellung entgegen stehen, meine Herren, stehen, wie ich einschaltend noch bemerken möchte, auch all den zu der zweiten Lesung des Etatsentwurfs für das Jahr 1907 schon ge⸗ stellten Anträgen auf unmittelbare Einstellung von Gehalts⸗ aufbesserungen in den Etat entgegen. Bei diesen Anträgen zum Etat selbst tritt aber noch ein weiteres Bedenken hinzu, das Bedenken nämlich, daß eine solche Arbeit überhaupt nur organisch und ein⸗ heitlich gefertigt und die Aufgabe nur auf solche Weise gelöst werden kann und daß die Frage der Gehaltsaufbesserung der Beamten auch mit der Frage der Regelung und Verbesserung der Wohnungsgeld⸗ zuschüsse in einem ganz untrennbaren Zusammenhang steht (Sehr richtig! rechts) und dieser letztern Frage für das Jahr 1908 näher⸗ zutreten, sind wir ja bekanntlich ohnehin schon gesetzlich ver⸗ pflichtet.
Meine Herren, die notleidenden Beamten wollen überhaupt keinen Streit zwischen den Regierungen und der Volks⸗ vertretung. (Sehr richtig! rechts.) Sie bedanken sich für lange und noch so gründliche und tiefgehende staatsrechtliche Erörterungen und Auseinandersetzungen. (Sehr richtig! rechts.) Die notleidenden Beamten verlangen nach Brot für sich und nach Brot für ihre Kinder. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Mit diesen juristischen Auseinandersetzungen stillen wir nicht ihren Hunger (Sehr richtig! rechts) und das Ziel, den Beamten praktisch zu helfen, können wir nur erreichen, nicht wenn wir hier Konflikte herbeiführen, sondern wenn wir uns über den Weg verständigen (Sehr richtig! rechts), und eine solche Verständigung wird nach meinem Dafürhalten durch die Resolution angebahnt, welche die Kommission Ihnen vor⸗ geschlagen hat. Der Herr Reichskanzler ergreift gerne die Hand, die ihm von den Mehrheitsparteien in dieser Resolution geboten wird. (Bravo!) Diese Resolution liegt unter Nr. 220 der Drucksachen Ihnen vor und ich möchte nur kurz noch bei⸗ fügen, daß wir den Zusatz, welcher nachträglich noch zu der Resolution unter Nr. 232 der Drucksachen eingebracht worden ist, eigentlich als etwas Selbstverständliches erachten. (Sehr richtig! rechts.) Ich be⸗ greife also die Resolution zusammen mit dem dazu eingebrachten Zusatz.
Meine Herren, zu der also hier vorliegenden Resolution und zu der damit im engsten Zusammenhang stehenden Frage der Ge⸗ haltsaufbesserung für das Jahr 1907 habe ich Ihnen namens und im Auftrage des Herrn Reichskanzlers nun die folgende bestimmte Er⸗ klärung abzugeben:
Der Herr Reichskanzler ist für seine Person bereit, formell und materiell auf den Boden dieser Resolution zu treten. (Lebhaftes
Bravo!) Er wird auf das ernsteste bemüht sein, mit allen ihm zu
Gebote stehenden Mitteln bei den verbündeten Regierungen auf die alsbaldige Vorlegung eines Ergänzungsetats hinzuwirken, durch welchen die Bewilligung der zur Durchführung dieser Resolution erforder⸗ lichen Ausgabebeträge von diesem hohen Hause erbeten wird. (Leb⸗ haftes Bravo!)
Ferner, der Herr Reichskanzler ist fest entschlossen, die
Frage einer organischen Gehaltsaufbesserung im Zusammen⸗ hang mit der Frage der Regelung des Wohnungsgeld⸗ zuschusses für den Etatsentwurf auf das Rechnungsjahr 1908 in Angriff zu nehmen (Bravol), den verbündeten Regierungen die hierzu erforderlichen Vorlagen seinerzeit zugehen zu lassen und diese Vor⸗ lagen bei den verbündeten Regierungen auch mit allem Nachdrucke zu vertreten. (Bravo!) Anderseits gibt der Herr Reichskanzler sich allerdings auch der bestimmten Erwartung hin, daß es gelingen werde, im Hinblick auf die sehr erheblichen finanziellen Aufwendungen, welche dem Reiche durch die Ausführung jener Maßnahme erwachsen werden, für das Etatsjahr 1908 zu einer befriedigenden Lösung der Frage nach der Deckung dieser Aufwendungen mit diesem hohen Hause zu gelangen. (Sehr wahr! und Heiterkeit.)
Meine Herren, ich schließe meine Ausführungen mit der Bitte, das hohe Haus möge hiernach den Antrag Gröber und Genossen ablehnen. Des weiteren möchte ich aber befürworten, daß das hohe Haus anderseits der vorliegenden Resolution seine Zustimmung erteilen möge. (Lebhaftes Bravo!)
Abg. Dr. Beck⸗Heidelberg (nl.): Sie werden wohl alle unter dem Eindruck der eben gehörten Erklärung annehmen, daß wir einer veränderten Sachlage gegenüberstehen. Meine Freunde geben der Freude darüber Ausdruck, daß wir auf dem Boden der Kommissions⸗ resolution diese entgegenkommende Erklärung der Verbündeten Re⸗ gierungen erhalten haben. Das Vorgehen der Kommissionsmehrheit, wie wir es mitgemacht haben, bedarf aber immerhin noch einer gewissen Rechtfertigung gegen die erhobenen Angriffe. Die Verbündeten Re⸗ gierungen sind jetzt offenbar zur Erkenntnis gelangt, daß das bisher Gebotene nicht für ausreichend und zulänglich betrachtet werden kann. Es hätte nur ein veischwindender Teil aller Beamten an der beabsichtigten Wohltat in diesem Jahre, 1907, teilnehmen können; es müßte mehr geschehen, um sie in weiterem Umfange vor weiteren Schädigungen sicher zu stellen. Wenn der Staatssekretär jetzt mehr die Bedenken wegen der Aufbringung des nötigen Aufwandes in den Vordergrund stellt, so haben ja auch wir aus diesen Bedenken heraus zunächst vorgezogen, uns auf den Boden der Kommissionsresolution zu stellen. Die Frage, ob der Reichstag zu Ausgabenerhöhungen im Etat berechtigt ist, ist sehr bestritten; jedenfalls kann die Regierung durch den ö gezwungen werden, die Mehrausgaben auch wirklich zu leisten. ir müssen also ein Einverständnis mit den Verbündeten Regierungen herbeizuführen suchen und darum beschreiten wir den Weg der Resolution. Wenn wir eine solche Ausgabenerhöhung auch seitens des Reichstags an sich für zulässig erklären, so ist der gegenwärtige Augenblick nicht der richtige zur Austragung dieses theoretischen Prinzipienstreites. Die angeführten Präzedenzien 88 dem heutigen Falle nicht ähnlich; auch läßt sich die finanzielle Lage vor der Durchberatung des Etats noch nicht übersehen. Wir schrecken eventuell auch vor einer Er⸗ höhung der Matrikularbeiträge nicht zurück, nachdem durch die Stundung das Hauptbedenken dagegen beseitigt ist. Das Zentrum darf sich jetzt anderseits des Vorschlages einer Deckung nicht ent⸗ schlagen, wenn es eine solche 17 Millionen⸗Mehrbewilligung beantragt; das Zentrum hat dergleichen Anträgen von anderer Seite gegenüber stets die Deckungsfrage in den Vordergrund gestellt. Wir erwarten, daß der Wechsel, den der Reichskanzler ausgestellt hat, auch in seinem vollen Umfange in diesem Jahre eingelöst wird; dann werden 8 auch wieder mit voller Berufsfreudigkeit ihre Pflicht erfüllen.
Abg. Freiherr von Richthofen (dkons.): Die heutige Beratung hat eine Freudenbotschaft für die deutschen Beamten gebracht. Die Initiative zu Beamtenbesoldungsverbesserungen kann nur von der Regie⸗ rung ausgehen, die die Verhältnisse im einzelnen kennt und übersieht, während der Reichstag bestenfalls nur Stückwerk leisten kann. Gegen die Ausführungen des Abg. Speck aber, die im Lande mißverstanden werden könnten, muß ich mich noch ausdrücklich wenden. Es ist nicht richtig, daß die Mehrheit den Beamten noch weniger zubilligen will, als der Regierungsvorschlag enthält; ich brauche nur auf das Verhalten und die Erklärung der konservativen Fraktion im preußischen Abge⸗ ordnetenhause zu derselben Frage hinzuweisen. Anderseits muß staaks⸗ rechtlich daran festgehalten werden, daß der Reichstag ohne ustimmung der Regierung Ausgabeerhöhungen im Etat nicht kann. Es kommt ja doch auch tatsächlich nichts dabei heraus, wenn die Re⸗ gierung von dieser vom Reichstag einseitig beschlossenen Erhöhung, die ja nur eine Vollmacht für die Regierung darstellt, keinen Gebrauch
macht. Die von uns gebilligte Resolution soll auch nur die Richtung angeben, in welcher vorgegangen werden muß. Der Zusatzantrag Wiemer soll nur einen Zweifel beseitigen, der allenfalls erhoben werden könnte. Die Zusicherung, daß im nächsten Jahre mit einer Reform der Besoldungen im Zusammenhange mit den Wohnungsgeldzuschüssen vorgegangen werden soll, begrüßen wir mit aufrichtiger Freude und Genugtuung. 1 Abg. Singer (Soz.): Der Begründung, die der Abg. Speck seinem Antrage gegeben hat, können wir uns nur anschließen. Wir meinen, es ist der Modus der Einstellung der Zuwendungen in den Etat selbst jeder noch so gut gemeinten Resolution vorzuziehen. Wenn hier im Reichstage die Behauptung ernsthaft vertreten wird, daß die Regierung dem Reichstage grundsätzlich das Recht auf Einstellung höherer Ausgaben in den Etat bestreitet, so muß ich dagegen aufs entschiedenste protestieren. Ich will ganz absehen von den Präzedenzfällen. Es ist geradezu ein fundamentales Recht des Reichstages, so gut, wie er Abstriche machen kann, auch Ausgabepositionen zu erhöhen. Das Recht des Bundesrats auf Annahme oder Ablehnung des Etats bleibt dabei ganz unberührt. Sollte man jenes Recht dem Reichstag bestreiten, so würde man ihm die gleiche Berechtigung als gesetzgebender Faktor nehmen; das abzuwehren, sollte gleichmäßig Sache aller Parteien sein. In der Praxis hat sich außerdem die Regierung immer der Anschauung des Reichstags akkommodiert. Der Reichstag darf ch nicht ein⸗ schüchtern lassen von der Regierung, von seinem Rechte keinen Ge⸗ brauch zu machen. Ich muß auch Verwahrung einlegen gegen die Auffassung des Staatssekretärs, daß durch das Vorgehen des Reichs⸗ tages in bezug auf Erhöhung der Beamtengehälter die Disziplin der Beamten gelockert werden könne. Das verhindern schon die Disziplinarvorschristen im Reich und in den Einzelstaaten. Ein Beamter, der es unternähme, auf Grund einer Ablehnung einer Gehaltserhöhung seinem Vorgesetzten den Gehorsam zu versagen, würde damit sehr schlechte Erfahrungen machen. Die Auf⸗ rechterhaltung der Disziplin ist Sache der Exekutive und wir werden uns nicht zurückhalten lassen in dem Be⸗ streben den Beamten die Arbeitsfreudigkeit und - zu schaffen, die notwendig ist, um ihre Arbeit auszuführen. Was die trifft, so sind wir bereit, an der Deckung mitzu⸗ wirken durch Einführung der Reichseinkommensteuer usw. Auf andere Vorschläge lassen wir uns nicht ein, denn der neue Zolltarif hat den tragikomischen Erfolg gehabt, daß er die Lebensmiftelpreise erhöht hat, was nun durch eine Gehaltsaufbesserung wieder wett⸗ gemacht werden soll. In der Kommission und hier hat ein Wettrennen stattgefunden im Wohlwollen für die Beamten. Wenn Wohlwollen ein Nahrungsmittel wäre, so wären die Beamten schon längst satt. Ich brauche nicht zu versichern, daß wir uns von keiner Partei, auch nicht vom Bundesrat an Wohlwollen für die Beamten übertreffen lassen. Wir haben dies durch unsere Anträge auf Ver⸗ besserung der Gehälter der unteren und mittleren Beamten bewiesen.
Deckungsfrage betrifft,
Der Staatssekretär hat in der Kommission keinen Zweifel gelassen,