riffe auf die Unterrichtsverwaltung betrifft, so haben auch meine . gegen die Person des Kultusministers nichts einzuwenden; unsere Klagen richten nur gegen das System der bureaukratischen Schulverwaltung. In bezug auf die Beseitigung des Lehrermangels will ich nicht bezweifeln, daß 22 % mehr für die Präparandenanstalten sich gemeldet haben, als aufgenommen werden können, aber es fragt sich doch, wie sich dieser Durchschnitt auf die einzelnen Provinzen verteilt, und die Hauptfrage ist, wieviele der Schüler den dreijährigen Kursus wirklich mit Erfolg durchmachen. Nur ein verhältnismäßig geringer Teil kann nach den Prüfungen in die Seminarien aufgenommen werden, und manche Seminarien sind nicht voll besetzt, z. B. in Schleswig⸗Holstein. Die Unterrichts⸗ verwaltung sollte uns eine Uebersicht vorlegen, wie sich die Verhältnisse in den einzelnen Seminarien und in den einzelnen Jahresklassen gestaltet haben. Der Ministerialdirektor berief sich am Sonnabend auf die Zahlen, welche beweisen, daß unter dem Minister Falk der Lehrermangel noch größer F sei; ich bezweifle die Richtigkeit der Zahlen nicht, aber der Minister Falk hat zur Beseitigung des Lehrermangels nicht nur neue Seminare errichtet, sondern auch die Avancements⸗ und Gehaltsverhältnisse der Lehrer wesentlich verbessert. Von der Avancementsverbesserung ist jetzt gar nicht die Rede. Ich gebe dem Abg. von Zedlitz zu, daß es sich bei der Schul⸗ aufsicht auch um die Standesehre der Lehrer handelt. Die Lehrer, welche die geistliche Schulaufsicht wünschen, sind an den Fingern her⸗ zuzählen. Mit der Kirche hat die Frage der geistlichen oder weltlichen Schulaufsicht nicht das geringste zu tun. In der Provinz Posen ist das Verhältnis zwischen den Geistlichen und den Lehrern viel besser eworden, wo die Geistlichen nicht mehr die Schulaufsicht haben. Früher standen auch die höheren Schulen unter geistlicher Aufsicht; das hat aufgehört, ohne daß die Religion Schaden gelitten hat. Herrn Heckenroth erwidere ich, daß doch ein großer Teil der Geistlichen die chulaufsicht als eine Bürde ansieht und am liebsten davon befreit sein möchte. Wir wollen prinzipiell nichts von der Aufsicht der Geistlichen und der Kirche über die Schule wissen, ebensowenig über die Volksschule wie über die höheren Schulen. G Geheimer Oberregierungsrat Dr. Preische: Wenn in einzelnen Präparandenanstalten die Frequenz abgenommen hat, so wird es nicht möglich sein, die Gründe dafür im einzelnen festzustellen, aber in den oberen Klassen findet immer eine Abnahme der Frequenz statt, und wir haben vor einem Jahre eine Statistik aufgestellt, wonach etwa 6 % das Ziel der Anstalt nicht erreichen. Die Befürchtung, daß das Lehrer⸗ material schlechter werden würde, trifft 1ee nicht zu, das bezeugen namentlich die Provinzialschulräte, die mit den Verhältnissen in den Provinzen besser vertraut sind als wir in der Zentralstelle. Der eine der Provinzialschulräte hat sich geäußert, daß die Behauptung, daß das Material in den Lehrerbildungsanstalten jetzt minderwertig sei, durchaus unrichtig sei, daß das Material sogar immer besser werde, und die Wirkung der besseren Präparandenbildung sich immer mehr bemerkbar mache. Ein anderer Provinzialschulrat sagt, daß die Behauptung, daß minderwertiges Material genommen werde, um nur die Anstalten zu füllen, unhaltbar sei, ein dritter sagt, daß das Material in geistiger Beziehung in aufsteigender Ent⸗ wicklung sei. Mit diesen Urteilen stimmt überein, was wir selbst im Ministerium festgestellt haben. Eine Unterstützung der Präparanden findet statt, die sechsjährige Lehrerausbildung kostet dem Staate sehr viel Geld, da es für die Familien oft sehr schwer ist, für die jungen Leute 4 — 600 ℳ jährlich auszugeben. Die Unter⸗ stützung wird unter genauer Berücksichtigung der Bedürfnisse in den einzelnen Bezirken verteilt. Das Avancement ist dasselbe, das seit Jahren besteht, die Lehrer haben die Möglichkeit, zu Seminarlehrern, zu Oberlehrern und zu Direktoren zu avancieren, wenn auch die Zahl derer, die Oberlehrer oder Direktoren werden können, ver⸗ hältnismäßig gering ist. Eine größere Zahl der Lehrer ist namentlich in neuerer Zeit auch in die Stellen der Kreisschulinspektoren gekommen. Nach Maßgabe der Möbglichkeit und der Vakanzen werden also auch die Elementarlehrer berücksichtigt, und die Unter⸗ richtsverwaltung hat nach dieser Richtung nichts zu scheuen. 3 Abg. Dr. Friedberg (nl.): Der Abg. Porsch ist vorgestern auf die Niederlassung der Franziskaner in Groß⸗Borek eingegangen. Ich muß mir Weiteres vorbehalten, bis der stenographische Bericht seiner Rede vorliegt, aber nach dem allgemeinen Eindruck seiner Ausführungen muß ich sagen, daß er sich doch an Kleinigkeiten gehalten hat, die vielleicht Einzelheiten meiner früheren Ausführungen darüber ändern können, aber die ganze Frage wesentlich unberührt lassen. Es kommt darauf an, ob die Niederlassungen wirklich geeignet sind, das Deutsch⸗ tum in Oberschlesien zu gefährden, aber nicht darauf, ob der Wall⸗ geße von dem ich sprach, und der ein Zentrum der polnischen gitation ist, in der Nähe von Borek oder von Panewnik liegt. Jedenfalls sind die Verhältnisse typisch. Auf diese Frage werden meine oberschlesischen Freunde später noch zurückkommen. Ich hebe nur einen Punkt hervor. Wenn Herr Porsch auf das Wahlergebnis in den Kreisen Kreuzburg und Rosenberg hinwies, so ist allerdings nach der amtlichen Feststellung im Rosenberger Kreisblatt richtig, daß in Borek 133 Stimmen für den deutschen Kandidaten Fürsten zu Hohenlohe⸗Oehringen und nur 23 Stimmen für den polnischen Kandidaten abgegeben sind. Das Verhältnis verschiebt sich aber sofort, wenn man die Umgebung von Groß⸗Borek in Betracht zieht. Herr Porsch wird doch nicht be⸗ haupten, daß die Franziskaner einen so beschränkten 551342 daß er an den Grenzen von Groß⸗Borek aufhört. In den Ortschaften der Umgebung sind aber 478 Stimmen für den polnischen und nur 101 Stimmen für den deutschen Kandidaten abgegeben worden, und das Gesamtergebnis der Wahl in den Kreisen Kreuzburg und Rosenberg ist, daß 7381 Stimmen für den deutschen und 5161 für en polnischen Kandidaten abgegeben sind, sodaß der Kreis nur mit Mühe gehalten worden ist. Vergleichen Sie damit das Wahlresultat der vorigen Wahl, so sind damals im ganzen Wahlkreise nur 323 Stimmen für den Polen abgegeben worden, die sich also jetzt auf 5161 vermehrt haben. Diese Zahlen doch zu denken und lassen es zweifelhaft erscheinen, 8 die Franziskaner wirklich so wohltätig im Interesse Deutschlands gewirkt haben, wie Herr Porsch meint. Die offizielle Statistik über das Ordenzwesen in Preußen ist außer⸗ ordentlich mangelhaft, von Jahr zu Jahr ist sogar das Material arger geworden. Auf meine Anfrage in der Kommission erklärte der Minister sich geneigt, uns eine Statistik zu beschaffen, falls es erbeten würde. Ich stelle 1een diese Bitte, eine solche Statistik zur Kenntnis des Hauses zu bringen. Der Ministerialdirektor meinte, ich habe die Be⸗ hauptung von einem gewissen bureaukratischen Zug in der Unterrichts⸗ verwaltung in meiner Etatsrede nur auf den Fall Penzig und die Antwort des Ministers an den Lehrerverein gestützt. Ich habe selbst⸗ verständlitc mein Urteil nicht lediglich von diesen beiden Fällen bhängig gemacht, sondern sie nur als typisch für den bureaukratischen Zug hervorgehoben. Der Ministerialdirektor gibt zu, daß die bloße theoretische Liebhaberei für die Ersetzung des Religions⸗ unterrichts durch einen Moralunterricht in der Schule einen Mann nicht ungeeignet mache, ein Amt in der Schulverwaltung auszuüben, ü⸗ hält nur Herrn Dr. Penzig nicht für geeignet für dieses Ehrenamt, “ bevissermaßen zum Schulstreik angefeuert habe und gitatorisch seine Anschauung vertrete. Die Schrift des Dr. Penzig nthält an der betreffenden Stelle allerdings einen Wortschwall, der mir nicht sympathisch ist, aber aus den Worten herauszulesen, daß er die Kinder zum Schulstreik auffordere, und daß dies mit dem olnischen Schulstreik zu vergleichen sei, ist unmöglich. Man hätte abwarten können, ob Herr Dr. Penzig seine Stellung in der Schuldeputation wirklich zu Gunsten seiner Anschauung ausgenutzt hätte; allerdings gibt es da zwei Standpunkte; die Unterrichts⸗ verwaltung, die eine große Verantwortung trägt, setzt sich nicht gern Vorwürfen aus, wenn ein solcher Herr sich nicht bewährt, und wir auf der anderen Seite vertreten die Anschauung, daß man in die Selbstverwaltung nur sehr vorsichtig eingreifen darf. Mag die Unter⸗ richtsverwaltung einen anderen Maßstab anlegen können als wir, so hat doch die Nichtbestätigung in diesem Falle nichts Gutes geschaffen. Auch den Ausführungen des Ministerialdirektors über den abgelehnten Empfang der Deputation des Lehrervereins kann ich nicht folgen. Er sagt, die Forderungen des Vereins seien so hoch geschraubt gewesen,
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daß es keinen Zweck gehabt hätte, die Deputation zu empfangen; höre der Minister si wohlwollend an, so werde nachher ins Land hinausgerufen, sie habe Erfolg gehabt; wolle man das nicht zulassen, so müsse man so verfahren, wie verfahren sei. Aber es gibt doch noch einen anderen Weg: man läßt die Herren kommen und setzt ihnen auseinander, daß ihre Forderungen so hoch geschraubt sind, daß man sie nicht erfüllen könne. Am meisten beanstandet wird die Form, in der die Herren beschieden sind. Die Antwort des Ministers lautete: „Auf die Eingabe vom 3. März erwidere ich Ihnen, daß ich mir von einer mündlichen Erörterung der Besoldungs⸗ frage der Volksschullehrer zur Zeit keine Förderung verspreche. Der Standpunkt, den darin die Regierung einnimmt, aus den von mir wiederholt öffentlich abgegebenen Erklärungen hinreichend bekannt.“ Was die Lehrer verletzt 8. ist gerade dieser kurz angebundene Ton, den ich mit dem Ausdruck „bureaukratisch“ noch nicht einmal zu scharf bezeichnet habe. — Der Abg. ve en hat heute be⸗ züglich der Besetzung der theologischen Professuren an den Universi⸗ täten den Standpunkt seiner politischen Freunde in der bekannten Weise vertreten. Meine politischen Freunde halten es nach wie vor für ihre Pflicht, zu verlangen, daß die Professuren nur nach wissen⸗ schaftlicher Befähigung und wissenschaftlicher Tätigkeit besetzt werden sollen. Wir geben daher nichts auf die von ihm vorgelegte Satistik; aber da der Herr Abgeordnete diese vorgelegt hat, so muß ich auch mein Material beibringen. Der Redner verliest im einzelnen eine aus⸗ führliche Statistik über die Besetzung der theologischen Professuren an den preußischen Universitäten seit 1891 mit Nennung der Namen aller seit diesem Zeitraum berufenen Professoren und fährt dann sart: Danach sind seit 1891 von 15 Ordinarien nur 2 der kritischen Richtung zuzurechnen, dagegen im Extraordinariat 4 der kritischen und nur einer der orthodoxen Richtung. Letzteres Bild wird auch noch dadurch charakterisiert, daß von den 4 Professoren der S Richtung einer nach 6, ein anderer sogar erst nach 9 ½ Jahren be⸗ rufen wurde, während der positive schon nach 5 Jahren ins Amt trat. Seit 1891 sind aus dem geistlichen Amt heraus berufen von der kritischen Richtung keiner, von der positiven Richtung eine ganze Reihe. (Redner verliest ca. 12 Namen.) Ebenso sind bei dem Austausch mit dem Auslande von der kritischen Richtung von Preußen nicht weniger als 10 abgegeben worden, dagegen von der positiven Richtung nur 3. Vom Auslande selbst ist seit 1891 von der kritischen Richtung kein einziger berufen worden, dagegen 4 von der positiven Richtung. Herr Metzenthin hat nun gesagt, seine Freunde verlangten besondere Rück⸗ sichtahme auf das kirchliche Bekenntnis. Er hat sich zu dem Ausdruck verstiegen, die moderne Theologie sei nichts anderes als der alte Rationalismus. Was versteht denn Herr Metzenthin darunter? In einem Handbuch der Theologie, herausgegeben von hervorragendsten Vertretern der Richtung, die er als die moderne bezeichnet, wird der Rationalismus dahin charakterisiert, daß er nur ein Verstandeswissen aufstelle und nicht in den Geist des Christentums eindringe. Stellt man solche Leute als Rationalisten hin, so tut man ihnen ein Unrecht, und dieses Unrecht beruht auf Unkenntnis; das kommt davon, wenn man sich als Laie auf ein un⸗ bekanntes Gebiet begibt. Herr Metzenthin hat den Kern der Sache nicht erfaßt; die eine Richtung ist ebenso berechtigt wie die andere, und die, die den Frieden wollen, teilen meinen Standpunkt, daß auch in der Besetzung der Lehrstühle der Theologie für alle Richtungen Licht und Schatten gleichmäßig verteilt sein muß.
Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. von Studt:
Meine Herren! Ich weiß nicht, ob Sie nicht aus der Statistik mit voller Namensnennung und der hier von dem Herrn Abgeordneten or diesem hohen Hause abgegebenen Erklärung doch einen peinlichen Eindruck gewonnen haben (Unruhe bei den Nationalliberalen), und zwar einen peinlichen Eindruck grundsätzlicher Natur. (Zu⸗ stimmung rechts. Widerspruch bei den Nationalliberalen.) Meine Herren, wohin soll es führen, wenn hier unter voller Namensnennung gewisse theologische Richtungen bezeichnet werden, während, wie ich ganz bestimmt weiß und namentlich auch aus zahlreichen Zuschriften aus der theologischen und der Professorenwelt auch wieder von neuem entnommen habe, verschiedene Herren überhaupt gegen die Ein⸗ verleibung in ganz bestimmte Kategorien auf das bestimmteste Ein⸗ spruch erheben. (Rufe: Na nul links.) Meine Herren, diese Art der Aufstellung einer Statistik kommt doch schließlich — der Herr Abgeordnete wolle es mir verzeihen; seine Absicht ist es nicht — auch auf eine Art von Ketzergericht hinaus; es wird wenigstens in der Oeffentlichkeit so angesehen und in zahlreichen Schriften auch so beurteilt. Ich beklage deshalb die Art und Weise, wie hier vor dem Lande und vor diesem hohen Hause wieder mit voller Namensnennung eine Einverleibung in bestimmte Kategorien und damit eine schablonenmäßige Behandlung dieser Frage beliebt worden ist, die unmöglich im Lande und für die evangelische Kirche ihre guten Früchte tragen kann. (Lachen links.)
Meine Herren, wenn eine derartige Unterscheidung hier erfolgt und immer wieder proportionale Rechnungen aufgestellt werden, ist das an sich ein liberales Prinzip? Mtr hat neulich ein Professor — und, wie ich glaube, nicht mit Unrecht — geschrieben, er halte diese Art, politische Fragen zu verquicken mit kirchlichen — und auf das kommt es doch im vwesentlichen hinaus — für das illiberalste Prinzip, was man sich denken kann. (Sehr richtig! rechts.) Wenn der Herr Abgeordnete es etwa für ein Vorrecht der liberalen Partei ansieht, auch die liberale oder kritische Richtung als ihre Domäne in Anspruch nehmen zu wollen, — ich möchte es beinahe heute als Eindruck der wiederholten Reden, die der Herr Abgeordnete auf diesem Gebiete namens seiner Partei gehalten hat, ansehen 899 so würde er unter seinen eigenen Parteigenossen auf den entschiedensten Widerspruch stoßen. Meine Herren, ich kenne, namentlich im Westen der Monarchie, eine Menge Persönlichkeiten, die entschieden auf liberalem Standpunkte stehen und dabei sich mit voller Bestimmtheit dagegen verwahren, der sogenannten liberalen Richtung in der evangelischen Kirche anzugehören. (Abg. Dr. Friedberg: Istja gar keine liberale Richtung!) Ich glaube, daß Sie mit diesen Ihren Parteigenossen denn doch in einen scharfen Widerspruch geraten werden.
Meine Herren, das führt mich zu der allgemeinen programmati⸗ schen Erklärung, die ich im Herrenhause vor mehreren Jahren abzu⸗ geben die Ehre hatte, die ich am 11. Januar bei Gelegenheit der ersten Etatsberatung auch in diesem hohen Hause wiederholt habe, und die ich bitte, hier nochmals wiederholen zu dürfen:
Wie mein Herr Amtsvorgänger halte auch ich an dem Grundsatz fest, daß den verschiedenen wissenschaftlichen Richtungen in der evangelischen Theologie Luft und Licht an den Universitäten nicht verwehrt werden darf. Das erfordert die ausgleichende Gerechtigkeit und dient auch dem Wohl unserer evangelischen Kirche, die zweifel⸗ los stark genug ist, aus sich selbst heraus alle Irrtümer zu über⸗ winden.
Das ist denn auch der Standpunkt, den alle die früheren Unterrichtsminister, insbesondere auch der bekannte Minister von Altenstein, auf diesem wichtigen Gebiete vertreten haben.
Meine Herren, diese Erklärung ist namentlich auch von den liberalen Mitgliedern des Herrenhaufes als eine durchaus einwand⸗
freie akzeptiert worden. Nach diesem Programm habe ich gehandelt,
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und wenn mir nun zufällig hier aus einem beliebigen Jahrgan
oder aus der zufälligen Zusammensetzung einer evangelisch.theologi
Fakultät an irgend einer Universität der Vorwurf gemacht wird - eine einseitige Begünstigung der positiven Richtung in unangemes aß Art stattgefunden habe, so weise ich diesen Vorwurf zurück. be kann unmöglich durch solche statistischen Gruppierungen den Nachw
einer einseitigen und vor allen Dingen auch die Interessen 8 Wissenschaft schädigenden Praxis konstruieren wollen. Die Zahler bleiben immer etwas Willkürliches. Es bleibt die Fia 8 ob das Spftem richtig ist, und ich behaupte, daß dem Systen e einwandfreies Programm zu Grunde liegt, und daß dasselbe 88. im ganzen korrekte Durchführung findet. ne
Nun, meine Herren, aber stimme ich mit dem Herrn Ab ordneten darin überein, daß es notwendig ist, in 88 Reihe die betreffenden auf die vakanten Lehrstühle zu Berufende nach ihrer wissenschaftlichen Qualifikation, nach den Vorschlign der beteiligten theologischen Fakultäten sowie nach ihrer g. samten christlichen Persönlichkeit zu beurteilen. Nach deeer Praxis habe ich meines Amtes gewaltet. Ich mache auch heute kein Hehl daraus, daß ich der positiven Richtung angehöre und vielleicht von diesem Gesichtspunkte aus in einzelnen Fällen doch schließlich 8 einem Ergebnisse gelangt bin, das dem Herrn Abg. Dr. Friedberg vig⸗ leicht nicht paßt, von dem ich aber fest überzeugt bin, daß es 88 Interessen der evangelisch⸗theologischen Wissenschaft durchaus gedient hat. Ich muß also Verwahrung gegen eine Zahlen⸗ gruppierung einlegen, die ein zutreffendes Bild niemals geben kann, um so mehr als gegen die grundsätzliche Seite dieses Systems der Zahlengruppierung von den verschiedensten Seiten Einspruch erhohen worden ist. Den Interessen der evangelischen Kirche dient daß wahrlich nicht.
Was ich aber am meisten bedaure, meine Herren, das ist, deß heute genau in derselben Weise, wie das der Herr Abgeordnete jett wiederholt getan hat, eine Verquickung von orthodox und positiv an⸗ gewendet worden ist. Der Herr Abgeordnete hat vorhin von der Orthodoxie und der Begünstigung der Orthodoxie gesprochen. Meine Herren, es fällt mir gar nicht ein, in irgend einer Weise die sogenannte Orthodoxie begünstigen zu wollen. Ich habe mich dagegen mit volle Bestimmtheit verwahrt, muß aber auch dagegen Einspruch erheben, daß hier Orthodoxie und positives Christentum in einer Weise ber⸗ mengt werden, die durchaus zum Nachteil der letzteren Richtung aus. schlagen muß und eine höchst bedauerliche Verwirrung anrichteh Deshalb habe ich an den Herrn Abgeordneten die dringende Bitte n richten, mit dieser schematischen und zahlenmäßigen Behandlung da Sache nun endlich einmal Schicht zu machen. Sie tut weiter nichte als den Unfrieden in der evangelischen Kirche, der leider schon in sehr weitem Maße Platz gegriffen hat, noch zu verstärken.
Herr Präsident! Ich bitte um die Erlaubnis, daß nunmehr die erste Frage, die der Herr Abgeordnete heute an mich gerichtet dat, h⸗ züglich der katholischen Ordensniederlassungen, von meinem Herrn Kommissar beantwortet wird. Ich stehe unter dem Einflusse ener sehr starken Erkältung und bin nicht in der Lage, alle die Zablen hier vorzutragen. Ebenso bitte ich, nachher meinem zweiten Hermn Kommissar bezüglich der Besetzung der evangelisch⸗theologischen Lehr⸗ stühle das Wort zu erteilen.
Ministerialdirektor von Chappuis gibt eine ausführliche Statisti über die Zahl der katholischen Ordensniederlassungen in Preußen und bemerkt im Anschluß daran, daß die Staatsregierung ebensowohl be⸗ müht gewesen sei, allen billigen Wünschen Rechnung zu tragen, aber auch jene Grenzen zu ziehen, die durch die Gefahr einer zu weit gehenden Entwicklung des Ordenslebens geboten sind.
Geheimer Oberregierungsrat Dr. Elster: Ich muß dem Abg. Dr Friedberg darin entgegentreten, wenn er meint, daß die Verwaltung allein die wissenschaftliche Befähigung und die Befähigung für das Lehramt bei der Berufung theologischer Professoren zu prüfen hätte. Dr. Friedberg übersieht, daß die deutschen Universitäten nicht nur die Wissenschaft zu fördern haben, sondern auch die Vorbildung der
eelehrten Berufe übernehmen müssen. Solche Gesichtspunkte ommen auch bei der Volkswirtschaft, der Geschichte und Philosophie in Betracht. Der Staat hat nicht die Aufgabe der Ausbildung einet bestimmten Richtung von Geistlichen, sondern von Geistlichen, die mi der Mehrzahl der Mitglieder der Gemeinden auf dem Boden des gleiche Bekenntnisses stehen. Mit solchen Statistiken, wie sie Herr N. Friedberg auch in diesem Jahr wieder vorgetragen hat, ist nichts an zufangen. Wir haben uns in dieser Frage auch an das Statistisc Landesamt gewandt, und dieses hat erklärt, daß eine statististt Methode nur anwendbar sei auf Massenerscheinungen. Uebrigen haben nach unserer Statistik von 40 Ordinarien seit 1890 23 der positiven Richtung angehört, und seit der Tätigkeit de jetzigen Kultusministers von 16 Ordinarien nur 9 der positiben ichtung, bei 22 Extraordinarien sind 10 positive. Wir sind aber wett entfernt, auch auf unsere Statistik irgend welchen Wert zu leren, sondern meinen, daß die Verwaltung den verschiedensten Verhältniseen Rechnung tragen muß, die sich lisfermmäßi nicht festlegen laffen Die Angriffe sind ja hier auf uns von beiden Seiten erfolgt, i habe danach das Gefühl, daß wir uns auf dem richtigen Wege be⸗ 8. tund Feche in I16 einer Partei, noch irgend einer theologischen Richtung stehen. 8
Abg. von Oldenburg (kons.): Namens meiner politischen 2 habe ich zunächst zwei Erklärungen abzugeben. Einmal hat uns der A Freiherr von Zedlitz den Vorwurf gemacht, daß wir mit unserer dies jährigen Erklärung im Widerspruch ständen mit dem, was für un⸗ im vorigen Jahr der Abg. Winckler dazu ausgeführt hat. Ich weie darauf hin, daß im vorigen Jahre der Abg. Winckler ausdrücklich a⸗ klärt hat, seine Freunde könnten zu den gemachten Vorschlägen nach keiner Richtung hin, weder pro noch contra, irgendwie Ste 898 nehmen. Dann hat der Abg. Cassel es bemängelt, daß der Abg.un Heydebrand vorgestern den Ton in der Rede des Freiherrn von Zech gegen den Minister zur Sprache brachte. Herr von Hepdebrand e namens meiner politischen Freunde ausgesprochen, daß ein dem Ton, wie ihn Herr von Zedlitz angeschlagen hat, gegenin einem Minister nicht hierher gehöre, er hat dann b 2.
efügt, daß nach seiner Meinung man zu einem (0 8 ze. gegenüber einem Minister nur dann greifen könne, wenn nehe namens einer Mehrheit spräche. — Damit es mir nun nicht so gär wie Herrn von Zedlitz, der allseitig desavouiert wurde, m. h ich vornweg bemerken, daß ich meine Ausführungen vun 1— meine Person mache, trotzdem auch mancher hier damit einverfind sein wird, daß ich auch keine Namen nennen werde, wie es Per Dr. Friedberg getan hat, was nur beweist, daß man vone⸗ 58 Theologie nichts versteht, — ich möchte mich eben nur als Laie 4 9 Minister über die Anstellung theologischer Professoren asethges setzen. Ich stehe in der Praxis und habe den — llim ehabt, in sehr viele Hunderte von christlichen Famun ineinsehen zu können, da hat es nun ÜUnruhe elgch de der theologische Lehrstuhl in Marburg, der anggracn de positiven Richtung vorbehalten ist, jetzt mit einem Theologen kritischen Richtung besetzt worden ist. Ich glaube überhaupt,
Jahr 1906 einen Nachteil bedeutet für die positive gegenüber der kritischen. Ich stehe auf dem S —
den Sie (nach links) wahrscheinlich ganz haarftzäubend, n Br. werden, nämlich daß die Professuren nicht Selbstzweck, son
ge heraug
8 des Staats sind. Der Staat hat an und für sich gar kein ebege daran, eine größere oder geringere Anzahl von Professoren azustellen zu dem Zwecke, daß sie mit dem bißchen Menschen⸗ verstand die Ewigkeit meistern wollen. Es ist Aufgabe des Staats, dafür zu sorgen, daß solche Geistliche herangebildet werden, und ihnen Männer dazu zu geben, wie die Gemeinde sie zu haben wünscht und wie die Gemeinden wünschen, daß ihnen gelehrt wird. Uns würden jetzt die Vorträge der Herren auf der Universität nicht schaden, wir wissen, daß auch der geistreichste und gelehrteste Mann weiter nichts ist, als ein armes irdisches Menschenkind, ein Student aber, der einen Professor für einen Halbgott hält, wird dadurch verwirrt, und dadurch kommt es, daß das Studium der Theologie in erschreckender Weise abnimmt, weil gerade die Eltern der positiven Richtung ihre Söhne nicht mehr auf die Universität schicken wollen, damit ihnen etwas gelehrt wird, was sie nicht glauben. (Zuruf des Abg. Dr. Friedberg: Die können ja nach Greifswald gehen!) Das vätt ja nicht. Wir müssen verlangen, daß auf allen Universitäten die positive Richtung die Ueberhand habe; es ist die Richtung, die die überwiegende Anzahl des preußischen Volkes haben will. Ich möchte das preußische Volk zer⸗ gliedern; in eine Anzahl Staatsbürger die sich leider Gottes gar nicht um die Religion bekümmern. Es ist kein wünschenswerter Zustand, ß dies in größerem Umfange noch stattfindet als bisher. Die anderen preußischen Staatsbürger zerfallen in zwei große Gruppen, evangelische und katholische Christen. Wenn Sie die Anzahl derjenigen Preußen vergleichen, die auf ihrem Bekenntnis stehen bleiben, mit der aahl, die Wert darauf legt, der kritischen Richtung anzugehören, dann 2 Sie zu dem Resultat, daß die kritische Richtung in einer ganz enormen Weise auf den Universitäten vor den Positiven bevorzugt ist. Wir haben hier nicht nur dafür zu sorgen und sind auch nicht von unseren Wählern hierher geschickt, um über Mark und Pfennige zu markten, sondern wir müssen dafür sorgen, daß die heiligsten Güter unseres Volkes nicht verloren gehen, und diese Güter sind für die weitaus überwiegende Majorität die Bibel, der Katechismus. Wir wollen in unserer Gemeinde keinen Geistlichen haben, der unser erz mit Zweifel erfüllt an dem, was wir von unseren Eltern gelernt 388 und an dem, worauf wir zu sterben hoffen. Ich bin wangelischer Christ durch Geburt, durch Erziehung und aus Ueberzeugung; ich gehöre zu denen, die an ihrem Glauben nicht rühren lassen. Aber gerade deswegen habe ich einen tiefen Respekt auch vor anderen Glaubensbekenntnissen. Es kommt zunäͤchst darauf an, daß man an etwas glaubt, und dann hat man sich zu fragen, was man glaubt. Ich will die kritischen Richtungen nicht ausschließen; mögen diese in einem Umfange an den Universitäten wirken, wie es den Be⸗ bürfnissen der preußischen Untertanen entspricht, aber nicht im größeren Umfange! Wir wollen und haben dafür zu sorgen, daß, wenn die Probe auf das Exempel des Lebens kommt — und das ist der Tod —, wir dann nicht einen Geistlichen bei uns haben, der uns darüber belehrt, wer das erste Buch Mose ge⸗ schrieben hat, oder uns sogar Zweifel eröffnet an der Gottheit Christi, wir wollen, und die meisten Preußen wollen dann einen Geistlichen neben sich haben, der da sagt: Ja, Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes! Deswegen ist es unsere Pflicht, dafür zu sorgen und dem Kultusminister immer wieder zu sagen, daß es seine Pflicht ist, dafür zu sorgen, daß die positive Richtung die Ober⸗ hand hat an den preußischen Universitäten. Wenn es jemals einen Kultusminister in Preußen geben sollte, der dem nicht Rechnung trägt, so wird der Minister nichts taugen, und wenn es eine Fraktion 8 die dem nicht Rechnung trägt, dann wird die Fraktion nichts taugen.
Darauf beschließt das Haus die Vertagung.
Persönlich bemerkt Abg. Dr. Friedberg: Der Minister meint, es werde im Lande einen peinlichen Eindruck machen, daß ich die Namen der Professoren enannt habe. Ich habe nach der orthodoxen Hengstenbergschen Zeitung die einzelnen Kategorien von Namen zitiert, ohne deren Nennung ich meinen Nachweis nicht führen konnte. Wie das ver⸗ letzend für die Herren sein soll, sehe ich nicht ein. Ich glaube, daß noch ganz andere peinliche Eindrücke im Lande aus dieser Debatte herauskommen werden. Meine Statistik habe ich nicht auf ein einzelnes Jahr aufgebaut, sondern auf die Zeit bis 1891 zurück. Der Vorwurf, den mir da der Minister macht, beweist nur, daß er leider die Fähigkeit nicht besitzt, den Ausführungen der Redner mit Aufmerksamkeit zu folgen. Es ist auch nicht richtig, daß meine Freunde im Lande mit mir nicht übereinstimmen. (Präsident von Krö cher erklärt diese Ausführung nicht mehr für persönlich.) Wenn der Herr Regierungskommissar mir eine Belehrung über den Begriff Statistik erteilt, so kenne ich diesen Begriff bereits aus meinen Vorlesungen und weiß, daß man darunter die Beobachtung von Massenerscheinungen versteht. (Präsident von Kröcher weist auch das als nicht mehr persönlich zurück.) Es ist schwer, eine persönliche Bemerkung zu machen, wenn der Präsident einen so außerordentlich einengt. Herr v. Oldenburg sagt: wer Namen nennt, beweist, daß er von der Theologie nichts versteht. Diese Bemerkung war sehr geistreich, aber nicht überzeugend. Die seen Ausführungen des Herrn v. Oldenbur kann ich in einer persönlichen Bemerkung nicht zurückweisen, es ist au nicht nötig, da sie nicht von grundlegender Bedeutung sind.
Abg. Metzenthin: Ich habe den liberalen Professoren nicht Ab⸗ fall vom Glauben vorgeworfen, ich kenne und schätze liberale Pro⸗ fesoren auch. Wenn Herr Friedberg mir Unkennknis, zum Teil Ignoranz vorwirft, so habe ich allerdings keine akademische theologische
ildung und habe Theologie nur im Nebenamt betrieben, aber ich nehme aus meiner vieljährigen Erfahrung im Kirchenamt das Recht, r. zu sprechen, und stimme da mit weiten Kreisen der Landeskirche „Abg. von Oldenburg: Ich freue mich, daß Herr Professor Dr. Friedberg (Präsident von Kröcher: Ich bitte, Herrn Dr. Friedberg nicht immer mit seinem Titel außerhalb des Hauses zu beehren. ie sagen immer Professor, er ist hier Mitglied des Hauses.) — hardon! Ich freue mich, daß Herr Dr. Friedberg auf meine Aus⸗ ührnngen nicht mehr zurückkommen will, er spricht so wie so schon
Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch: Ich habe den Konservativen nicht einen Widerspruch in diesem Jahre mit ihrer vor⸗ sihrigen Abstimmung vorgeworfen, sondern nur gesagt, daß sie im vorigen Jahre für die Forderung der Dezentralisation der Schulver⸗ heng in der damaligen Resolution mitgestimmt haben. Dem
errn Minister erwidere ich, daß meine vorgestrige Rede nicht das sätteugntg einer augenblicklichen Erregung, sondern einer langen sorg⸗ ältigen Prüfung und Erwägung gewesen ist, daß es höchste Zeit sei, 1 ein selbständiges Unterrichtsministerium errichtet und einer be⸗ onders geeigneten Persönlichkeit übertragen werde. der g. Dr. Friedberg: Ich bedauere außerordentlich, wenn ich in von Oldenburg zu viel rede. Aber ich rede noch immer nicht genug, um mich seinem Verständnis näher zu bringen. Seine Be⸗ merkung war mehr unhöflich alz witzig. duß Abg. von Oldenburg: Ich kann Herrn Dr. Friedberg, der so 8 erordentlich empfindlich ist, nur erwidern: Freund, Du hast un⸗ 5 denn Du wirst grob. Ich will nicht noch gröber werden, nicht
Rücksicht auf Sie, sondern auf das Haus.
b Abg. Dr. Friedberg: An Grobheit mit Ihnen, Herr von Olden⸗ ig, zu wetteifern, wäre ein ganz unmögliches Beginnen.
Dr. bg. von Oldenburg: Es ist mir auch unmöglich, mit Herrn
ensäriedberg zu wetteifern in dem Ton, den er gegen den Minister
ug. m übrigen freue ich mich, daß er endlich einsieht, das
ein Mensch in einer Sache noch über ist. — (Präsident
Kröcher: Das war nicht mehr persönlich.)
chluß 5 Uhr. Nächste Sitzung Dienstag
8„ S 11 Uhr. Fortsetzung der Beratung des Kultusetats)
Land⸗ und Forstwirtschaft. Saatenstand und Getreidehandel in Bulgarien.
Das Kaiserliche Konsulat in Varna berichtet unterm 9. d. M.: In Nordostbulgarien waren die Witterungsverhältnisse im Februar ungewöhnlich; die Nachrichten über den Stand der Saaten lauten dementsprechend ungünstig. Im Dobritscher und Baltschiker Kreis ist der Erdboden noch stark gefroren; inwieweit die Saaten gelitten haben, läßt sich daher noch nicht bestimmt sagen. Von der Winter⸗ gerste, die allerdings nur in bescheidenem Maße zur Aussaat gekommen ebefen mit Bestimmtheit angenommen, daß über 50 % er⸗
nd.
In dem höher gelegenen nördlichen Teil des Varnaer Bezirks ist die Gerste und vielfach auch der Welzen erfroren; im südlichen rn und im Bezirk von Provadia sind vegegg bisher Frostschäden nur ganz vereinzelt, lediglich auf sumpfigem Boden, beobachtet worden.
Der Getreidehandel hat, nachdem der Eisenbahnstreik am 14. Fe⸗ bruar 187 Ende gefunden hatte, wieder angefangen, in normale Bahnen zu lenken. Eine Folge des Ausstandes sind die ungewöhnlich hohen Maispreise in Varna, die Ausfuhrhäuser nahmen Maisankünfte zu jedem Preise auf, um noch durch möglichst rasche Abfertigung der im Hafen liegenden Dampfer den Verpflichtungen gegenüber ihrer Kundschaft na zukommen. Durch die Hausse in Mais zogen — bei bescheidenen Beständen — auch die Preise für andere Futtersorten an. Das Weizengeschäft hielt sich in sehr engen Grenzen, zeitweise interessierte sich England für bulgarischen Weizen, Ende Februar nahm auch Süd⸗ deutschland einige Partien besseren Weizens auf. Die kleinen Reste hiesiger Gerste wurden nach Hamburg gehandelt.
Die Preise für den Doppelzentner 182 waren:
a ,80 — 11,00 „ März lieferbar 10,50 — 10,75 Fr. Gerste 13,00 ¹ e EEEEEE16ö 8 Hafer Baltschiker 13,75 Varnaer mit Spelz 13,50 8 v 13,75 6 Die Zufu ren gestalteten sich im Februar d. J, wie folgt:
mmit Waggons mit Landwagen zusammen onnen 1 650 6 786 400 325 13 700 1 500 1 550 —
ohnen 50
Anbauflächen Rumäniens.
Der Kaiserliche Generalkonsul in Bukarest berichtet unterm
12. d. M.: Das rumänische Ackerbauministerium hat im „Rumänischen Staatsanzeiger“ vom 12. d. M. eine Uebersicht über die Ackerflächen Rumäniens im Herbst 1906 veröffentlicht.
Danach wurden bestellt: mit Weizen. 1 929 696 ha gegen 1 960 038 ha im Vorjahre, „ Roggen. 169 707 „ 4 PZZ“ 8
„ Gerste. 67 315 „ 8 WV. 2
„ Raps I „ 49 805 „ „ 8-
Zusammen 2 207 865 ha gegen 2 230 025 ha im Vorjahre.
Es ergibt sich sonach gegen das Vorjahr ein Rückgang der ge⸗
samten Ackerbaufläche um 22 158 ha. Für Weizen ist die Ackerbau⸗
fläche um 30 342, für Raps um 8658 ha zurückgegangen, Roggen ist auf 3397 ha und Gerste auf 13 445 ha mehr angebaut worden.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten.
(Aus den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“, Nr. 11 vom 13. März 1907.)
Pest.
Deutsch⸗Ostafrika. Im Februar sind in Muansa 2 Per⸗ sonen der Pest erlegen, nachdem dort vorher an Bord eines englischen Dampfers ein Pesttodesfall am 4. Februar vorgekommen war. Mut⸗ maßlich handelt es sich bei diesen Pesterkrankungen nicht um eine “ der Seuche, sondern um ein Wiederaufflackern des alten zentralafrikanischen Pestherdes, der in Uganda offenbar seit alten Zeiten besteht und im Süden noch in das deutsche Gebiet
hineinreicht.
Rußland. In Kronstadt ist am 27. Februar ein dort zum Laboratorium des Kaiserlichen Instituts für Experimentalmedizin kommandierter Militärarzt, der sich mit lebenden Pestkulturen be⸗ schäftigt hatte, unter den Erscheinungen der Pest erkrankt; er wurde alsbald abgesondert, alle Personen, die mit ihm in Verbindung ge⸗ standen hatten, erhielten Schutzimpfungen. Der Verkehr zwischen dem Fort Alexander I, in dem das Laboratorium sich befindet, und der übrigen Festung wurde einstweilen unterbrochen.
Türkei. In Djedda sind vom 18. bis 24. Februar 32 Er⸗ krankungen und 30 Todesfälle an der Pest zur Anzeige gelangt. vüse einem Pilger aus Java waren angeblich nur Eingeborene erkrankt.
Britisch⸗Ostindien. In Moulmein sind vom 27. Ja⸗ nuar bis 2. Februar 6 Personen an der Pest gestorben.
Japan. In Kobe ist am 3. Januar 1 weiterer Pestfall fest⸗ estellt worden; aus Osaka wurden vom 8. Dezember bis Mitte Januar 20 Erkrankungen gemeldet. Auch in Wakayama sind zu⸗ folge einer Mitteilung vom 16. Januar noch einige Pestfälle vor⸗ gekommen, ebenso 1 Erkrankung auf der Insel Schikoku der Präfektur Ehime.
Chile. Zufolge einer Mitteilung vom 2. Februar sind in Taltal bisher 46 Personen an der Pest erkrankt und 23 gestorben. In Antofagasta, wo Ende Januar 16 Pestfälle aufgetreten nd, soll die Sterblichkeit unter den Ratten sehr groß sein. Ferner ist in Arica 1 Pestfall festgestellt worden.
Neu⸗Süd⸗Wales. Zufolge einer Mitteilung vom 29. Januar sind in Sydney in der ersten Hälfte des Januar 11 Pestfälle be⸗ obachtet worden, darunter 2 mit tödlichem Verlaufe.
Neu⸗Caledonien. Zufolge einer Mitteilung vom 29. Januar ist die Pest erloschen; die Vorsichtsmaßregeln gegen Herkünfte aus “ sind seitens der australischen Behörden aufgehoben worden.
Queensland. In Brisbane sind vom 12. bis 19. Januar 8 Fettsan. festgestellt worden. Aus Port Douglas, das an der Küste zwischen Cairns und Cooktown liegt, sind ;;. pestverdächtige 8* gemeldet; behördlicherseits ist ein erfahrener beamteter Arzt zur
ntersuchung der Fälle und zur Berichterstattung dorthin gesandt
worden. Pest und Cholera. Britisch⸗Ostindien. In Kalkutta starben in der Woche vom 27. Januar bis 2. Februar 24 Perso der Pest und 186 an der Cholera. 8 8 8 Cholera.
Britisch⸗Ostindien. Aus Moulmein wurden in der am 2. Februar abgelaufenen Woche 5 Choleratodesfälle gemeldet.
Gelbfieber.
In Veracruz wurde am 8. Februar ein angeblich aus Paraje Nueva eingeschleppter Erkrankungsfall festgestellt. Nachträglich wird ferner gemeldet, daß im November v. J. am oberen Senegal und am Niger eine schwere Gelbfieberepidemie geherrscht hat, die u. a. zur Entfernung der französischen Garnison führte. Während der ersten Hälfte des Januar ist in Grand Popo (Dahomep) ein
ösischer A Gelbfiebe 98ö torben. 8
Deutsches 28 Pockenfä Auswanderer, Failly und P
Schweiz. Vom 24. Februar bis 2. März 1 Erkrankung i St. Gallen und 1 im Kanton Aargau.
Frankreich. In Dünkirchen sind seit Anfang Februa 10 Pockenfälle, von denen bis zum 4. März 4 tödlich verlaufen ware festgestellt worden. Die Seuche ist dort im allgemeinen Krankenhau ausgebrochen, wo ihr u. a. 2 Krankenpflegerinnen erlegen sind; ein⸗ Feschleppt ist se durch einen mit einem französischen Dampfer aus
lgier eingetroffenen Seemann, welcher am 7. Februar dem Kranken⸗
hause zuging und hier am 14. Februar starb. b
Niederlande. Vom 20. bis 26. Februar 1 Erkrankung in der Gemeinde Westzaan der Provinz Nordholland.
Fleckfieber.
Oesterreich. Vom 24. Februar bis 2. März in Galizien 43 und in der Bukowina 2 neue Erkrankungen.
Rußland. Laut Bekanntmachungen im Regierungsanzeiger vom 8. und 15. Februar sind aus einem Kreise des Gouvernements Twer 36, aus einem Kreise des Gouvernements Woronesch 7 und aus einem Kreise des Gouvernements Saratow 15 Fälle von Fleck fieber innerhalb kurzer Frist gemeldet. Aus zahlreichen anderen Gouvernements lagen Anzeigen über Erkrankungen an „Unterleibs⸗ typhus und Fleckfieber“ vor. 8
Genickstarre.
In der Woche vom 24. Februar bis 2. März sind 51 Erkrankungen (und 23 Todesfälle) an Genickstarre angezeigt worden in folgenden Regierungsbezirken [und Kreisen]: Landespolizei bezirk Berlin 1 (3) (Berlin], Reg.⸗Bez. Arn sberg 9 (4) [Bochum Land, Dortmund Land je 2 (1), Gelsenkirchen Land 1 (I, Fa 4 (1)), Breslau 4 (1) (Brieg 2 (—), Reichenbach 2 (1), oblenz 1 (1) [Neuwied], Cöln 1 (1) [Cöln Land], Düsseldor 9 (5) [Düsseldorf Stadt 2 (2), Duisburg 4 (2), Elberfeld, Mülheim a. d. R. Land je 1 (—), Ruhrort Land 1. (1)], Köslin 1 —-—) Reustettin,. Liegnitz 1 (1) [Rothenburg O.⸗L.], Münster 1 (1) Recklinghaufen Stadt]l, Oppeln 16 (4) (Beuthen 1 1192 Kattowitz 2 (—), Oppeln 6 (1), Pleß 1 (—), Ratibor 1 (2), Rosenberg O.⸗S. 1 (—), Rybnik 3 (—), Tarnowitz 1 (—)j, Posen 2 (1) ([Posen Stadt 1 (1), Posen Ost 1 (—)), otsdam 1 (—) (Osthavelland)], Schleswig 3 (—) [Altona 2 Flensburg Stadt 1 (—]’, Trier — (1) [Saarbrückenj, esbaden 1 (—) (Unterwesterwaldkreis]. Schweiz. Vom 24. Februar bis 2. März 1 Erkrankung in der Stadt Basel. Niederlande. Vom 20. bis 26. Februar 4 Erkrankungen, davon 1 in Rotterdam, 3 in Kerkrade in der Prov. Limburg.
Verschiedene Krankheiten.
Pocken: Moskau 2, Warschau 5, Konstantinopel (vom 18. bis 24. Februar) 1, Kalkutta 41 Todesfälle; New York 2, Parig 6, Warschau (Krankenhäuser) 7 Erkrankungen; Varizellen: Budapest 28, New York 91, Wien 75 Erkrankungen; Fleckfieber: Warschau 2 Todesfälle; St. Petersburg 2, Warschau (Krankenhäuser) 5 Er⸗ krankungen; Rückfallfieber: Moskau 18 Todesfälle; St. Peters⸗ burg 3 Erkrankungen; Genickstarre: Edinburg 4, Glasgow 397, New York 13, Wien 2 Todesfälle; Edinburg 2, New York 13, Wien 5 Erkrankungen; Milzbrand: Reg⸗Bez. Trier 2 Er⸗ krankungen; epidemische Ohrspeicheldrüsenentzündung: Wien 103 Erkrankungen; Influenza: Berlin 7, Halle, Leipzig je 4, msterdam 6, Antwerpen 2, Budapest 5, Kopenhagen 13, London 30, Noskau 7, New York 17, Paris 75, St. Petersburg 13, Rom 3 Todes⸗ fälle; Nürnberg 934, Hamburg 28, Kopenhagen 1121, Stockholm 56 Er⸗ krankungen; kontagiöse Augenentzündung: Reg. Bezirke Düssel⸗ dorf 30, Gumbinnen 56 Erkrankungen; Ankylostomlasis: Reg.⸗Bez. Arnsberg 32 Erkrankungen. — Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Scharlach (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1895/1904: 1,04 %): in Gleiwitz — Erkrankungen wurden gemeldet in Berlin 32, in den Reg.⸗Bezirken Düsseldorf 127, Oppeln 106, in Budapest 45, London New York 263, Paris 205, St. Petersburg 105, Wien 91; desgl. an Masern und Röteln (1895/1904: 1,10 %): in Münster — Erkrankungen kamen zur Anzeige in Nürnberg 24, Budapest 125, Christiania 44, Kopenhagen 36, New York 248, Paris 157, St. Petersburg 110, Prag 35, Wien 425; ferner wurden Erkrankungen angezeigt an Diphtherie und Krup in Berlin 38, Breslau 21, im Regierungsbezirk Düssel⸗ dorf 143, in Hamburg 23, Christiania 39, Kopenhagen 23, London (Krankenhäuser) 130, New York 282, Paris 89, St. Peters⸗ burg 125, Stockholm 26, Wien 80; desgl. an Keuchhusten in Kopenhagen 46, New York 52, Wien 43; desgl. an Typhus in
Preußen.
New York 42, Paris 29, St. Petersburg 101.
Im Monat Januar (für die deutschen Orte) sind nachstehende Todesfälle — außer den in den fortlaufenden wöchentlichen Mit⸗ teilungen verzeichneten Fällen von Cholera, Pest und Gelkfieber — ge⸗ meldet worden: Pocken: Athen 3, Barcelona ²) 18, Madrid ²) 2, Buenos Aires 16; Fleckfieber: Madrid ²) 2, Alexandrien 3, Kairo 26; Influenza: Berlin 99, Breslau 30, Magdeburg 14, Soest 2, Leipzig 24, Braunschweig 6, Gotha 2, Athen 16, Bordeaux, Havre je 2, Lille 4, Madrid ²) 11, Malaga ²) 3, Marseille 29, Nancy 2, Buenos Aires 4, Havana ¹) 3, New Orleans 2, Rio de Janeiro 41.
Im war in nachstehenden Orten die Sterblichkeit an einzelnen Krankheiten im Vergleich mit der Gesamtsterblichkeit eine besonders große, nämlich höher als ein 3 Scharlach (1895/1904 erlagen diesem 1,04 von je sämtlichen deutschen Berichtsorten Gestorbenen): in Tilsit; an Masern und Röteln (1895/1904: 1,10 % in allen deutschen Orten): in Köslin, Bamberg, Kaiserslautern, Pirmasens, Sonneberg; an Diphtherie und Krupp (1895/1904: 1,62 % in allen deutschen Orten): in Schönebeck a. Elbe, Witten⸗ berge; an Keuchhusten: in Bogutschütz, M.⸗Gladbach Land, Lipine, Hagenau. Mehr als ein Fünftel aller Gestorbenen ist ferner nachstehenden Krankheiten erlegen: der Tuberkulose (1895/1904 starben an Lungenschwindsucht 10,84 % in allen deutschen Orten): in
ankow, Biebrich, Guben, Herten, Lüdenscheid, Paderborn, Ratibor,
ilhelmshaven, Wittenberge, Ansbach, Erlangen, St. Ingbert, Kempten, Ludwigshafen, Neustadt a. d. Haardt, Wurzen, Heilbronn, Güstrow, Arn. stadt, Genf, Graz, Innsbruck, Linz, Rio de Janeiro; den Krank⸗ heiten der Atmungsorgane (1895/1904 starben an akuten Er⸗ krankungen der Atmungsorgane 12,73 % in allen deutschen Orten): in 125 deutschen Orten, darunter sogar mehr als ein Drittel in Tegel, Weißensee, Caternberg, Lippstadt, Osterfeld, Necklinghausen Land, Rott⸗ hausen, Offenburg; ferner in Athen, Hävre, Marseille, Nancy, Toulon Buenos Aires; dem Magen⸗ und Darmkatarrh, Brechdurchfall (1895/1904 starben an akuten Darmkrankheiten 13,19 % in allen deutschen Orten): in Altwasser, Burg, Fürth, Lechhausen, Bautzen. Malaga ²), Murcla ²), Alexandrien, Kalro.
Von den 336 deutschen Orten hatten 2 im Berichtsmonat ein verhältnismäßig hohe Sterblichkeit (über 35,0 auf je 1000 Ein wohner und aufs Jahr berechnet): Schleswig 35,8 (1895 /1904: 21 4) Neuruppin 36,6 (1896/1905: 27,8). Im Vormonat betrug das Sterblichkeitsmaximum 31,5 % . — Die Säuglingsͤsterblichkei war in 6 Orten eine beträchtliche, d. d. böͤder als ein Drittel aller Lebendgeborenen, in: Speier 340 % (Gesamtsterblichkeit 19.1) Glatz 360 (29,4), Zweibrücken 368 (9,4), Wismar 86 (27,8) Meerane 393 (28,8), Schleswig 444 (85,8).
Die Gesamtsterblichkeit war während des Berichtsmomns geringer als 15,0 (auf je 1000 Einwohnern und aufs Jahr net 2 65 Orten. Unter 100 9% detrug sie; in Wermelekirchen Ak
ehntel: an 100 in Staßfurt,
¹) September 1906. — ½) Okroder 1906.
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(Krankenhäuser) 326,