Abgereist: Seine Exzellenz der Staatsminister und Minist andel und Gewerbe Delbrück, mit Urlaub.
Denutsches Reich. Preußen. Berlin, 21. März. Seine Majestät der Kaiser und König sprachen
heute vormittag, „W. T. B.“ zufolge, beim Reichskanzler
Fürsten von Buülow vor und hörten, in das Königliche Schloß urückgekehrt, die Vorträge des Kriegsministers, . von Einem, des Chefs des Generalstabs der Armee, Generals der Infanterie von Moltke und des Chefs des Generals der Infanterie Grafen von Hülsen⸗ geseler. 4 8
Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen, der Ausschuß für Handel und Verkehr, die vereinigten Ausschüsse für Justizwesen und für Handel und Verkehr sowie die vereinigten Ausschuͤsse für Handel und Verkehr und für Eisenbahnen, Post und Telegraphen Sitzungen. 8
Dem Regierungsassessor von Kotze aus Belzig, zuletzt Hüfsarbeiter im Ministerium des Innern, ist die kommissarische Verwaltung des Landratsamts im Kreise Wanzleben, Re⸗ gierungsbezirk Magdeburg, übertragen worden.
8
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Planet“ gestern in Amoy eingetroffen und geht übermorgen von dort nach 2c⸗ (West⸗Karolinen) in See.
M. S. „Loreley“ ist vorgestern von Beirut in See gegangen, gestern in Larnaca (Cypern) eingetroffen und geht von dort morgen nach Rhodes in See.
Kiel, 21. März. Der 41. E“ Provinziallandtag hat in der gestrigen Sitzung, „W. T. B.“ zufolge, den Oberpräsidialrat Grafen von Platen⸗ eas zum Landeshauptmann der Provinz Schleswig⸗ olstein gewählt. “ 1“
Die Kammer der Abgeordneten hat gestern das Wassergesetz in der von der Kammer der Reichsräte be⸗ schlossenen Fassung angenommen. Der Präsident Dr. von Orterer gab darauf eine Uebersicht über die zum Abschlusse gekommene Landtagssession und betonte, daß diese durch die Annahme des Landtagswahl⸗ und des Wasergesches eine ganz besondere Bedeutung erhalten habe. Der feierliche Schluß des Landtags findet am Sonnabend statt. 88 1
Braunschweig.
Der Regentschaftsrat und die staatsrechtliche Kommission haben gestern eine Sitzung abgehalten, in der, „W. T. B.“ zufolge, über die Regentenfrage beraten wurde. Die Einberufung des Landtags wird für den nächsten Dienstag erfolgen.
OSOesterreich⸗Ungarn.
Die Ausgleichsverhandlungen zwischen denöster⸗ reichischen und ungarischen Ministern werden heute fortgesetzt. Gestern wurde, „W. T. B.“ zufolge, die Verhand⸗ lung der Frage der Verzehrungssteuern einstweilen be⸗
endigt; die Entscheidung mehrerer hierauf bezüglicher grund⸗
sätzlicher Fragen wurde bis zur Durchberatung des ganzen Ausgleichsmaterials in der Schwebe belassen. Außerdem
wurde die Frage der Eisenbahntarife behandelt und eine
Zusammenfassung der Ergebnisse der bisherigen Verhandlungen vorgenommen.
— Die Kommission des böhmischen Landtags fchüvenle der gestrigen Sitzung beschlossen, den fruͤheren Resolutions⸗ die Einmischung Montagninis in die Politik bewiesen.
für den österreichisch⸗ungarischen Ausgleich hat in
antrag fallen zu lassen, dafür aber folgenden einstimmig an⸗ genommen:
geben, daß die gegenwärtige Reziprozität verlängert werde, und dem
Voraussetzung zuzustimmen, daß das Bankprivilegium im Jahre 1910
Im
der wirtschaftlichen und finanziellen Interessen mit jenen der anderen Reichshälfte sicher zu stellen, wird die Regierung auf⸗ gefordert, unverzüglich alle Vorkehrungen zu treffen für die voraussichtlich Trennung.
Großbritannien und Irland.
Der Premierminister Sir Henry Campbell⸗ man beantragte gestern im Unterhause einige Abände⸗ rungen der Geschäftsordnung, betreffend die Einzel⸗ beratung der Gesetzentwürfe. Nach dem augenblicklich geltenden System findet die Einzelberatung der Mehrzahl der
Regierungsvorlagen im Plenum statt; nach der beantragten Aenderung sollen, wie das „W. T. B.“ meldet, alle Vorlagen, ausgenommen die finanziellen und die besonders wichtigen Maß⸗
nahmen, zur Durchberatung im einzelnen an Sonderkommissionen notwendig sei, in der Frage der Bekämpfung der Hungersnot zu radikalen
überwiesen werden.
Das Haus beriet gestern zum ersten Male in der gegen⸗ wärtigen Session die ganze Nacht hindurch. Gegenstand der Beratung waren das Etatsgesetz und die Bill, betreffend die Heeresdisziplin, die alljährlich votiert werden.
General⸗
Frankreich.
„Der Senat beriet gestern eine Interpellation Delahaye über die Abschaffung der Inschrift „Dieu protège la France“ auf den Münzen. Auf die Ausfuührungen des Finanzministers Caillaux, daß es sich hier um eine Ver⸗ waltungsmaßnahme handle, zu der die Genehmigung des Parlaments nicht erforderlich sei, nahm der Senat mit 201 gegen 34 Stimmen die einfache Tagesordnung an. Darauf brachte der Senator Monis einen Antrag, betreffend die Einsetzung einer Kommission von 9 Mitgliedern, ein, die zur Untersuchung der Ursache der Katastrophe auf der „Jéna“ sowie der Unglücksfälle, die in den letzten Jahren in der Flotte sich ereignet haben, mit erweiterten Vollmachten ausgestattet werden hül-
Nach dem Bericht des „W. T. B.“ erklärte der Marineminister Thomson, die Regierung sei mit dem Antrage einverstanden und werde der Kommission ihre volle Mitwirkung zuteil werden lassen. Der Minister gab weiter bekannt, daß der Bericht der Kommission der Seeoffiziere die Annahme, nach der die Explosion in der hinteren Pulverkammer der „Jéna“ stattgefunden bätte, als falsch be⸗ zeichnet und nur die Vermutungen aufrecht erhält, daß das veglüe entweder durch Kurzschluß oder durch Niederfallen von Geschossen oder durch Umwandlungen in dem chemischen von Explosivstoffen verursacht sei. Bei keinem Dienst an Bord seien Verstöße vorgekommen, niemals sei eine Herabsetzung der Temperatur verlangt worden. Die ganze Munition sei im vorigen September untersucht worden. Die Direktion der Artillerie glaube nicht, 2 die Explosion durch eine Ferlezung des Pulvers verursacht worden sei. Die Untersuchung müsse mit Ernst und mit kaltem Blute geführt werden.
Nachdem noch einige Redner kurz zu der Angelegenheit gesprochen hatten, wurde eine Kommission von 12 Mitgliedern gewählt und die Sitzung geschlossen.
— Die Deputiertenkammer lehnte gestern mit 378 gegen 154 Stimmen einen Antrag des Abbé Gayraud (Kathol.
epublikaner) ab, der die Freiheit des Kultus in den Militär⸗ und Marinehospitälern fordert. Der Antrag war veranlaßt dadurch, daß in einem Hospital in Toulon einem Geistlichen, der von der Familie eines bei der Explosion der „Jéna“ Verletzten herbeigerufen war, der Zutritt versagt worden war.
Der Marineminister Thomson erklärte, obiger Quelle zufolge, daß die Freiheit gewahrt worden sei und daß die Priester gemäß den Anstaltsregeln zu den Betten derjenigen Patienten zugelassen worden seien, die nach ihnen begehrt hätten.
Im weiteren Verlaufe der Sitzung brachte der Deputierte
mission von 22 Deputierten fordert, welche die politische Tragweite E des Mgsr. Montagnini unter⸗ suchen soll. Der Antrag wünscht ferner die sofortige Ver⸗ öffentlichung der gesamten Papiere, um tendenziösen Publikationen vorzubeugen und die herausfordernde Haltung Roms klarzustellen. Der Deputierte Castelnau von der Rechten trat dem Antrag entgegen und bezeichnete ihn als Frankreichs unwürdig und als ungesetzlich. Darauf nahm Denyhs Cochin (Kons.) das Wort; er erinnerte an die Intervention Oesterreich⸗Ungarns, sprach sodann von der Erregung, die sich der europäischen Diplomatie bemächtigt habe, bestritt, daß die beschlagnahmten Papiere wichtig seien, und warf der Regierung eine Tyrannei über die Gewissen vor. Der Minister des Auswärtigen Pichon bestritt in aller Farxm. daß eine Erregung der europäischen Diplomatie stattgefunden abe, und erinnerte daran, daß er am 20. Januar einem Advokaten die Auslieferung der Papiere des Monsignore Montagnini verweigert habe, mit dem Bemerken, daß dieser jetzt jedes offiziellen Charakters entbehre. Er habe in höflicher Weise hinzugefügt, daß es besser wäre, wenn eine fremde Botschaft die Vertretung der Interessen des Heiligen Stuhles übernähme. Einige Tage darauf habe der österreichisch⸗ ungarische Botschafter ihn aufgesucht und habe die offizielle Erklärung abgegeben, daß seine Regierung sich nicht in den Konflikt — mit dem Vatikan einmischen wolle. Der Botschafter abe dann aber angefragt, ob es Frankreich in irgend welcher Hinsicht nicht genehm wäre, wenn seine Regierung sich erbiete, die Papiere der ehemaligen Nuntiatur dem Vatikan auszuhändigen. Die Regierung habe kein Bedenken dagegen gehabt, die diplomatischen Papiere dem österreichisch⸗ungarischen Botschafter auszuhändigen — das sei der ganze Sachverhalt. Alle in den ehemaligen⸗Gemächern des Nuntius Lorenzelli untergebrachten oder von Montagnini als aus der Zeit vor dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen stammend be⸗
eichneten Schriftstücke seien der österreichisch⸗ungarischen Botschaft
ausgehändigt worden, ohne daß von ihrem Inhalte seitens der Re⸗ gierung Kenntnis genommen worden sei. Pichon fügte hinzu, daß
I 1 Vporgehen der Regierung gemißbilligt
Der Landtag wolle beschließen, die Regierung aufzufordern, bei 5 9 g gemißbillig den gegenwärtigen Verbandlungen eines Zoll⸗ und Handelsbündnisses mit der anderen Reichshälfte keinesfalls ihre Zustimmung dazu zu
erlischt und daß keinerlei wirtschaftliche und finanzielle Konzessionen geschlossen.
oder solche auf dem Gebiete des Verkehrswesens zugestanden werden. alle der Unmöglichkeit, die volle Gleichberechtigung
unausbleibliche vollständige wirtschaftliche
Banner⸗
die Regierung zur Ausweisung des Monsignore Montagnini berechtigt gewesen sei, da dieser keinerlei amtliche Eigenschaft besessen habe, und ein Recht des Papstes auf Gerichtsbarkeit über die Katholiken in Frankreich der Verfassung des Staates direkt zuwiderlaufe. Der Minister
schloß seine Erklärung damit, daß er es als unzulässig erklärte, daß ein Fremder sich mit den Privilegien eines Diplomaten decke, um eine
dauernde Verschwörung zu organisieren. Ribot (Republikaner) be⸗ kämpfte den Antrag Jauréès. Der Ministerpräsident Clemenceau betonte, man habe durchaus keinen Grund, den Urheber von Komplotten zu schonen, bloß weil er ein Priester sei. Clemenceau die Vorgänge bei der Beschlagnahme der Papiere, die — b Der Minister des Auswärtigen Pichon stellte auf einen Zwischenruf des Deputierten Denys Cochin erneut in Abrede, 8 das diplomatische Korps das abe, und fügte hinzu, daß der Vatikan keine Antwort erhalten habe auf seinen bei den Mächten er⸗ hobenen Einspruch. . Die Kammer nahm darauf mit 370 gegen 164 Stimmen
Abschlusse eines Handelsvertrags bis zum Jahre 1917 nur unter der die Tagesordnung Jaurés an und beschloß, die Mitglieder der
Kommission heute zu ernennen. Darauf wurde die Sitzung ““ Rußland.
In der gestrigen Sitzung der Reichsduma teilte der
Präsident mit, daß dem Präsidium außer dem Budget 54 Gesetz⸗ entwürfe übergeben worden wären, deren Inhalt in der Er⸗
klärung des Ministerpräsidenten Stolypin angedeutet wurde.
In einer der nächsten Sitzungen wird beschlossen werden, in esetzentwürfe geprüft werden sollen.
welcher Reihenfolge diese Darauf wurde über die gmeaf. und über die Budget⸗
kommission verhandelt und beschlossen, die Wahl dieser
Kommissionen noch aufzuschieben. Ein Antrag, eine besondere Kommission für die Organisation der Hilfeleistung
Debatten.
Der Abgeordnete des Dongebietes Kaklugin führte nach dem
Bericht des „ bgeordneter der Stadt St. Petersburg, wies darauf hin, daß es
Reformen zu schreiten, da bloße Lnderungsmittel zu nichts führten in
einem Lande, das, wie Indien und China, ein klassisches Land der
Hungersnot sei. Im weiteren 833, der Verhandlungen hielten zahl⸗ reiche Redner, meist Bauern, heftige Reden und brachten alle möglichen
Fälle vor, ohne jedoch einen endgültigen Vorschlag zur Hilfeleistung
in den Notstandsgebieten zu machen. Roditschew wies sodann
in den Notstandsgebieten zu ernennen, führte zu längeren Reichstags und des
W. T. B.“ aus, selbst unter den Kosaken herrsche t x ungersnot und viele Kosaken seien genötigt, zu betteln. Fedoroff, heutigen (39.) Sitzung, welcher der Minister der geistlichen ꝛc.
Angelegenheiten Dr. von Studt beiwohnte,
auf die Unmöglichkeit einer direkten Hilfeleistung dur hin und forderte die b auf, 8 Sbb Feme entsprechend vorzugehen, das ihnen gestatte, ja iyhnen ffehe zur Pflicht mache, die Vorlegung eines Rechenschast⸗ berichts zu fordern und die im Ministerium des Innem Linderung der Hungersnot bestehende Abteilung zu kontrollieren der o die Funktionen einer parlamentarischen Körperschaft aug n rofessor Kiesewetter⸗Moskau schloß sich den Ausfühnider oditschems an und betonte besonders die Notwendig die Müer regeln der Regierung zur Linderung der Hungersnot einer Kontrol⸗ zu unterziehen. Der Redner schloß: Wenn wir Mißbräuche se werden, werden wir nicht, wie der Ministerpräsident 4 sagte, der Regierung zurufen: „Hände hoch!“, sondern wir we 8 ihr sagen: „Hand anlegen’“ Der Abgeordnete Purischkewitf 9. Mitglied des Vexbandes des russischen Volkes, verzichtete zunächst h. das Wort, ficg dann aber doch auf die Tribüne und erklärte, es 2 klar, daß die Parteien der Linken aus der Frage der Hungerzsnot ei s Revae ihrer Taktik machten. Ihr Ziel sei, in der Duma 9n eneralstab der Revolution zu schaffen. Nach ihm sprach der 9 geordnete Kruschewan unter Gelächter und Scherzen des Hauses 2 Die Sitzung zog sich hin mit Debatten für oder gegen den Antrag Roditschew, die Beratung über eine Organisation sur Linderung der Hungersnot zu vertagen. Die Linke grif oditschew an und verlangte sofortige Beratung und Beschtuß fassung, die Rechte unterstützte ihn. Der Präsident stelle den Antrag zur Abstimmung und die Duma nahm ihn on Ebenso ließ der Präsident darüber abstimmen, ob die Sitzung weiterdauern oder aufgehoben werden solle. Das Zentnun und die Rechte stimmten für die Aufhebung, die Parteien der Linken dagegen. Die Sitzung wurde also aufgehoben und das Haus vertagte sich bis morgen.
Belgien.
„Wie die „Agence Havas“ meldet, sind König und dem Kabinett ernste 2 schiedenheiten entstanden, da der König die von den Ministerpräsidenten der parlamentarischen Congokommission gemachten Zugeständnisse für zu weitgehend erachtet.
wischen den einungsver⸗
Türkei. Die Pforte hat an ihre Botschafter zur Mitteilu die Mächte ein Zirkular gesandt, das über den Erfolgs in zur Reorganisation des mazedonischen Jusiiz⸗ wesens nach Mazedonien entsandten Kommission berichtet Wie das „W. T. B.“ meldet, sind die Ernennung einen Justizinspektors und eines Beigeordeten für jedes llajet,
Jaureès einen Antrag ein, der die Ernennung einer Kom⸗ V Neaßzegeln 8 Erzielung eines rascheren Justizverfahrens sowie
— Zahl der Staatsanwaltsgehilfen und de sonstigen Gerichtspersonals beschlossen worden
8 Rumänien. 8
Die Regierung hat, wie das W. T. B. meldet, beschlossen, dem Parlament einen Gesetzentwurf zu unterbreiten, durch den der bestehende Trust der Landpächter verboten vird.
— Laut Meldungen aus den Grenzbezirken greifen die Bauernunruhen, und zwar vorwiegend im ganzen nördlichen Teile der Moldau, immer mehr um sich. Der Ort Burdujeni ist zerstört worden. Etwa 3000 jüdische Flüchtlinge haben in den jenseits der Grenze gelegenen Nachbarorten Itkany und Suczawa Zuflucht gefunden. In den in der Nähe von Synoutz gelegenen Orten Rumäniens dauern die Unruhen fort. Etwa 2000 Aufrührer befinden sich auf dem Marsche gegen Mihaileni, wo stündlich Gewalttätigkeiten erwarte werden. Auch dort überschreiten füdüsche Flüchtlinge, zumeit Frauen und Kinder, die Grenze, um sich zu retten.
Bulgarien.
Der Ministerpräsident Gudew hat, nach einer Meldung des „W. T. B.“, in der Sobranje die formelle Erklärung
abgegeben, daß das neue Kabinett in der inneren und
äußeren Politik in die Fußstapfen des Kabinetts Petkow treten werde.
Dänemark. “ 1
as Landsthing hat, „W. T. B.“ zufolge, den Gesetz⸗
entwurf, betreffend staatlich anerkannte Unterstützungs⸗
kassen für Arbeitslose, in dritter Lesung angenommen,
damit ist das Gesetz endgültig vom Reichstage angenommen.
Koloniales.
Aus Deutsch⸗Südwestafrika meldet, „W. T. B.“ zu⸗ folge, ver Oberst von Deimling unter dem 19. d. M., daß sich nunmehr auch Simon Copper, der Kapitän der Franß mann⸗Hottentotten, der sich bisher in der für Truppen schwer zugänglichen Kalahari abwartend verhielt, unter⸗ worfen hat. Am 3. März erschien vor seiner Werft bei Kowise⸗ Kolk überraschend Major Pierer mit einer Kompagnie, einem Maschinengewehrzug, einer Bastardabteilung und 30 Kamel⸗ reitern. Gegen Zusage von Leben und Freiheit versprach der Kapitän, seinen ganzen Stamm zu sammeln und die Waffen bei Gochas abzugeben. Er entsandte sofort Boten an die in der Kalahari weit zerstreut sitzenden Stammesteile, die an⸗
geblich zusammen 100 Gewehre stark sind, und trat selbst am 7. März den Abmarsch nach Gochas an.
Nach einem Telegramm des Gouvernements von Kamerun
ist ein Angestellter der Firma C. Woermann, namens Voß, auf einer zum Zwecke der Anwerbung von Pflanzungsarbeitern unternommenen Reise am 11. März in der Nähe von Jaunde durch Eingeborene getötet worden. Das Gouvernement be zeichnet den Vorgang als unpolitisch und hebt hervor, daß die Bevölkerung sich ruhig verhält.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des auses der Abgeordneten befinden
sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— Das Haus der Abgeordneten erklärte in der
zunächst eine Reihe von Petitionen zur Erörterung im Plenum für .;- geeignet und setzte darauf die zweite Lesung des Staats⸗ haushaltsetats für das Rechnungsjahr 1907, kü⸗ Füg die Beratung des Etats des Ministeriums der geten ichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenhei im Kapitel „Elementarunterrichts wesen“ fort.
zur Ergänzun des Fonds zu Remunerationen für Volks⸗ feuhcr „ lehrerinnen werden behufs besonderer För⸗
des deutschen Volksschulwesens in den gemischtsprachigen von Posen und Westpreußen 550 000 ℳ Fset Die Abgg. Rzesnitzek (freikons.) und Genossen be⸗
ragen⸗ ant- statt 550 000 ℳ einzusetzen: 850 000 ℳ
2) folgender Resolution zuzustimmen: die Regierung zu ersuchen, im Etat für 1908 an Stelle dieses Ergänzungsfonds einen Fonds zur Gewährung widerruflicher persönlicher Zulagen an im Dienste befind⸗ liche und pensionierte Volksschullehrer und ⸗lehrerinnen in den ge⸗ mischtsprachigen Teilen der Provinz Schlesien vorzusehen.
Diese Resolution wird zugleich auch von der Budget⸗ kommission beantragt.
Abg. Rzesnitzek (freikons.) begründet seinen Antrag auf Er⸗ höhung des Tit. 378 im Kapitel 121 von 550 (00 auf 850 000 ℳ und Gewährung versönlicher Zulagen an die Lehrer und Lehrerinnen der gemischtsprachigen Teile Schlesiens. Die wachsende Schwierig⸗
in der Schularbeit bei der Verschiebung der nationalen Verhältnisse werde von allen Seiten anerkanut, ebenso die
schttreue, mit der die Lehrer ihres schweren Amtes walten. Aus diesem Grunde sei der zweite Teil des Antrags schon in der Hedgettommiston mit starker Mehrheit angenommen worden. Gegen den ersten Teil seien etatsrechtliche Bedenken geäußert worden. Es sei aber notwendig, daß ausreichende Beträge eingesetzt würden, um die Lehrer für die Mühewaltung bei der Verwaltung der Volksbibliotheken, der Leitung der Jugend⸗ und Volksspiele, der Elternabende, Jugendheime u. dgl. wenigstens in etwas zu entschädigen. Die Lehrer in den gemischtsprachigen Kreisen Ostpreußens dürften auch nicht leer ausgehen. Der Redner bittet endlich noch, die in Ober⸗ schlessen mit gutem Erfolg tätigen Verbandsbibliothekare und Schul⸗ inspektoren etatsmäßig anzustellen.
Ministerialdirektor D. Schwartzkopff: Die Staatsregierung hat bisher den Standpunkt vertreten, daß man Oberschlesien nicht gleich behandeln soll wie Posen und Westpreußen. Sie erkennt eSan die Tätigkeit der Lehrer in Oberschlesien an, aber es würde prinzipiell nicht unbedenklich sein, wenn man die oberschlesischen Verhältnisse gleich behandeln wollte wie diejenigen in Posen und Westpreußen; man müßte dann auch noch auf Ostpreußen und auf Pommern kommen. Es ist nicht abzuweisen, daß, wenn man sich auf den Standpunkt stellt, daß die Verhältnisse in Oberschlesien ebenso liegen wie in Posen und Westpreußen, man die Bewilligung der Ost⸗ markenzulgge auch auf jene Landesteile ausdehnen müße. Im übrigen wir gern bereit, in eine Prüfung der Frage einzutreten, ob nicht im nächsten Jahre die Fonds für die Lehrer in Oberschlesien zum erhöhen sind. . 8—
Abg. Dr. Voltz (nl.): Die Ausführungen des Ministerialdirektors können uns nicht befriedigen. Wer die oberschlesischen Verhältnisse kennt, wer die Entwicklung des Großpolentums in den letzten Jahren verfolgt hat, muß unbedingt zu der Erkenntnis kommen, daß für Ober⸗ schlesien genau dieselben Maßnahmen in bezug auf die Ostmarkenzulage erforderlich sind, wie in Posen und Westpreußen. Der Ministerialdirektor hat uns auf das folgende Jahr bertröstet und gemeint, die Verhältnisse in Oberschlesien lägen doch nicht so wie in Posen und Westpreußen. Will etwa die Regierung in Oberschlesien dieselbe Politik verfolgen, die sie früher in Posen und Westpreußen verfolgt und die sich als falsch herausgestellt hat? Will sie es so weit kommen lassen? Nein, vdiel richtiger ist es, sie schreitet rechtzeitig ein, wehrt sich recht⸗ zeitig gegen das Großpolentum, unterstützt auch die Beamten recht⸗ eitig, ehe es zu spät ist. Die Regierung sollte doch in Posen und Westpreußen genug gelernt haben, um in Oberschlesien recht⸗ zeitig eine richtige Politik zu betreiben. Wenn also die Verhältnisse so liegen, wie in Posen und Westpreußen, dann
st es auch richtig, daß man die Ostmarkenzulage gewährt und
sch nicht darauf beschränkt, wie bisher, Remunerationen in enzelnen Fällen an Volksschullehrer und „lehrerinnen zu gewähren. luch die Unterbeamten und Subalternbeamten in Oberschlesien haben gerade so wie die in Posen und Westpreußen einen schweren Kampf gegen die von den Großpolen verhetzte Bevölkerung zu führen, und sie müssen dabei ebenso unterstützt und befördert werden wie die anderen. Es sst, wie gesagt, keine richtige Politik, den Brunnen erst zuzudecken, wenn das Kind hineingefallen ist. Deshalb hat auch die Budgetkommission eine
Resolution angenommen, für das nächste Jahr die erforderlichen Mittel für die Volksschullehrer und lehrerinnen in den Etat einzusetzen. Dasselbe Bedürfnis liegt aber auch für die übrigen Beamten vor. Den ersten Teil des Antrags Rzesnitzek fallen zu lassen, dazu liegt eigentlich keine Veranlassung vor. Wir machen doch nicht Politik und bewilligen Gelder zu Etatsselbstzwecken, sondern weil sie nötig sind. Wenn also eine Ausgabe als not⸗ wendig herausstellt — und das ist bei der Erhöhung der Beamten⸗ . und der Ostmarkenzulage der Fall —, dann muß man dieses
Geld bewilligen. Ich sehe nicht ein, warum der Landtag bloß Ab- striche machen und nicht neue Mittel einstellen soll. Warum folleh, b⸗ b eine
ein Jahr warten aus rein formalen, etatsrechtlichen Gründen. politischen Freunde hoffen, daß diese Beratung dazu führen wird, daß uns noch in diesem Jahre ein Nachtragsetat wegen der Erhöhung der Beamtengehälter und der Ostmarkenzulage vorgelegt wird. Wenn aber diese Remuneration fürdie Schullehrer und⸗lehrerinnen im nächsten Jahre fort⸗ fällt, weil der reguläre Ostmarkenfonds in erhöhter Form dafür eintritt, dann möchte ich doch bitten, diesen ganzen Posten nicht fallen zu lassen, denn es werden daraus auch Mittel für andere Zwecke zur Förderung des deutschen Volkstums in Oberschlesien, wie z. B. für Bemühungen der Lehrer im Sinne der Jugendspiele und zur Förderung des Bibliothekwesens, bewilligt. Der Fonds kann ja entsprechend erhngert werden. Ich bitte Sie um einmütige Annahme der Re⸗ solution.
Abg. Dr. Dittrich (Zentr): Namens meiner Freunde habe ich zu erklären, daß wir aus demselben Grunde, aus dem wir gegen die Ostmarkenzulage für Posen und Westpreußen gestimmt haben, auch gegen diesen Antrag uns ablehnend verhalten werden.
Der Ergänzungsfonds wird in Höhe von 550 000 ℳ un⸗ verändert bewilligt. Die beantragte Resolution wird gegen die Stimmen des Zentrums und der Polen angenommen.
ur Unterstützung von Schulverbänden (ein⸗
schliezlich von Kirchengemeinden bei Küsterschulbauten) wegen
Unvermögens bei Elementarschulbauten werden 4 Millionen Mark, 2 950 000 ℳ mehr als im Vorjahre, gefordert. Abg. Humann (Zentr.) erklärt, daß
den Bedürfniszuschuß warteten, um neue Schulen bauen zu können; speziell warte die Gemeinde Neuenkirchen seit dem Jahre 1900 auf einen Zuschuß. Der Redner erkennt die erfolgte Einstellung außer⸗ ordentlicher Mittel dankbar an und bittet, den Regierungsbezirk inden entsprechend zu bedenken. 8 Regierungsassessor von Eynern: Es sind für diesen Spezial⸗ fall 39 600 ℳ Staatszuschuß in Aussicht genommen. Der Re⸗ gierungsbezirk Minden erhält in diesem Jahre * 100 000 ℳ mehr, ihm zukommt. Im nächsten Jahre wird man auf weitere Ab⸗ hilfe bedacht sein.
ZuUnterstützungen fürausgeschiedene Elementar⸗ lehrer und ⸗-lehrerinnen sind 808 000 ℳ ausgeworfen. Aus diesem Fonds sollen auch frühere Lehrer und Lehrerinnen, die nicht im öffentlichen Schuldienst gestanden haben, Unter⸗ bhtungen bis zum Gesamtbetrage von jährlich 20 000 ℳ
alten.
Abg. Ernst (frs. Bgg.) weist auf die Notlage der Lehrerinnen an den privaten höheren Maͤdchenschulen hin und wünscht ein Eingreifen des Staats zur Regelung der Pensionsverhältnisse derselben.
Abg. Dr. Arendt (freikons.): Diese Anregung ist sehr dankens⸗ wert, es ist hier tatsächlich eine Lücke vorhanden, die ausgefüllt werden muß. Der Vorredner hat allerdings nur von den Lehrerinnen ge⸗
Jahre 1906 eine Mehrung von rund 750 Inventarnummern.
in seinem Wahlkreise (Paderborn, Büren) über 40 Gemeinden bezw. Schulverbände auf
sprochen, es handelt sich aber auch um die Lehrkräfte an den privaten Knabenschulen. Die gesetzliche Verpflichtung zur Zerfe men. dieser Lehrpersonen würde allerdings sehr schwerwiegend sein, da ohne staatliche Zuschüsse das 8 vor eine Krisis stellen würde. Der Staat muß deshalb durch seine Hilfe die Versorgung dieser Lehr⸗ personen ermöglichen. Sie auf die Invalidenversicherung zu verweisen, ist durchaus ungehörig. Ihrer ganzen Stellung nach gehören Lehrer und Lehrerinnen, soweit die beftebenbe soziale Versicherung nicht einen allgemeinen Charakter erhält, nicht in diese Versicherungen hinein. Ich kann mir vorstellen, daß ein Widerstreben dagegen in diesen Kreisen besteht. Aber der jeßige Zustand entspricht in keiner Weise den modernen sozialen Anschauungen, die wir darüber haben, wenn solche ersonen, die im öffentlichen Dienst stehen — das ist auch bei den rivatlehrerinnen der - —, ohne jede Versorgung bleiben, wenn sie einmal am Ende ihrer Kraft sind. Das wäre ein System der Ausnutzung, das mit unsern modernen soztalen Anschauungen sich nicht verträgt. Aller⸗ dings wird auch in dem Gesetz über die Privatbeamtenversicherungen, das wir im Reichstag erstreben, Fürsorge getroffen werden können, aber das beste Mittel wäre die staatliche Verpflichtung zur Versicherung dieser Lehrpersonen. Ich würde für richtig halten, daß man Kon⸗ zessionen für Privatschulen nur erteilt unter der ausdrücklichen Bedingung einer ausreichenden Versorgung der Lehrkräfte. In kleineren Städten, wo vielfach gehobene Schulen bestehen, wäre es angemessen, diesen Schulen einen angemessenen Staatszuschuß zu gewähren und ihnen dafür diese Verpflichtung aufzuerlegen. Der Fonds von 20 000 ℳ reicht jedenfalls für diesen Zweck nicht aus. Geheimer Oberregierungsrat Altmann: Gelegentlich der Beratung einer Anzahl von 1 verabschiedeter Lehrer und Lehrerinnen nicht öffentlicher Anstalten ist seitens der Kommission ja schriftlicher Bericht über diese ganze An⸗ gelegenheit erstattet worden. Die ö ist nicht müßig gewesen und hat die Versorgung verabschiedeter Lehrkräfte von Privatschulen in Angriff genommen, indem sie die Einrichtung von sogenannten pensionsfähigen Stellen an Privatschulen in An⸗ regung brachte. Diese Privatschulen befinden sich ja meistens in Städten, und es hat eine ganze Reihe von Städten Mittel ausgeworfen, durch die den Lehrern und Lehrerinnen durchschnittlich die Hälfte der Beiträge erspart werden, die sie zu ihren Pensionskassen zu leisten haben. So ist in neuester Zeit besonders Breslau in dankenswerter Weise vorgegangen. Unter Zu⸗ hilfenahme aller Fonds kann ein verabschiedeter Lehrer oder eine Lehrerin an solchen Privatschulen eine Sicherstellung von etwa 800 ℳ erlangen. Jedenfalls wird die Sache in der Unterrichtsverwaltung
dauernd im Auge behalten. Nach einer kurzen Bemerkung des Abg. Ernst (frs. Vgg.)
wird der Titel bewilligt. 8 .“ (Schluß des Blattes.)
Dem Reichstag ist eine Denkschrift über die Be⸗ schäftigung der Gefangenen in den zum Vollzuge gerichtlich erkannter Freiheitsstrafen bestimmten Anstalten und der für das Jahr 1906 erstattete Geschäfts⸗ bericht des Reichsversicherungsamts zugegangen.
Nr. 11 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts“ vom 13. März hat folgenden Inhalt: Personal⸗ nachricht. — Arb. a. d. Kais. G.⸗A. XXV. Bd., 1. Heft. (Ankündi⸗ gung.) — Merkblätter für Feilenhauer und für Arbeiter in Chrom⸗ gerbereibetrieben. (Ankündigung.) — Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. — Sterbefälle im Januar. — Zeitweilige Maß⸗ regeln gegen ansteckende Krankheiten. — Desgl. gegen Pest. — Desgl. gegen Gelbfieber. — Japanischer Sanitätsbericht, 1902. — Gesetz⸗ gebung usw. (Hessen.) Kreisärzte. — (Reuß j. L.) Kuhmilch. — (Oesterreich.) Arzneien. — Arzneitaxe. — (Uruguayv.) Vieheinfuhr. Tierseuchen im Deutschen Reiche, 28. Februar. — Maul⸗ Vund Klauenseuche in Frankreich, Januar. — Zeitweilige Vaßereln gegen Tierseuchen. (Preuß. Reg.⸗Bezirke Danzig, Düsseldorf, Cöln; Sachsen, Baden, Niederlande.) — Ver⸗ handlungen von gesetzgebenden Körperschaften. (Preußen.) Staats⸗ haushaltsetat, 1907. — Vermischtes. (Großbritannien.) Anstalten für Trunksüchtige, 1904 und 1905. — (Persien.) Pest und Tuber⸗ kulose. — Monatstabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern, Januar 1907. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Krankenhäusern n. Großstädte. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Witterung.
8 Kunst und Wissenschaft.
Das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg ver⸗ sendet soeben seinen 53. Jahresbericht, aus dem zu entnehmen ist, daß die Einnahmen, auf welche die Anstalt bezüglich ihrer Fort⸗ bildung und ihres Aufbaues angewiesen ist, einen durchaus erfreulichen Stand aufweisen. Seine Majestät der Kaiser hat den für allgemeine
Zwecke des Museums bestimmten Jahresbeitrag von 1500 ℳ, dessen Bewilligungsfrist mit dem Jahre 1905 abgelaufen war, auf weitere 3 Jahre (1906—-1908) Allergnädigst bewilligt, ebenso den jährlichen
Beitrag von 600 ℳ für die Hohenzollernstiftung. Der Provinzialausschuß
der Provinz Hannover bewilligte einen Jahresbeitrag von 200 ℳ
Die Familie des am 7. Februar 1906 verstorbenen Buchdruckerei⸗
besitzers Hans Sebald hat zur Vermehrung der Sammlungen den Betrag von 10 000 ℳ gestiftet. Zur Erwerbung von Inkunabeln
und seltenen Holzschnittwerken des 15. und 16. Jahrhunderts stifteten mehrere .“ Buchdruckereien und Kunstanftalten den Betrag von 1000 ℳ.
Die kunst⸗ und kulturgeschichtlichen Sammlungen erfuhren *
e⸗ schenke und Ankäufe sind bei den Neuerwerbungen in gleicher Art be⸗ teiligt, erfreulicher Weise auch in diesem Jahre die Ueberlassung einer Reihe wichtiger und wertvoller Altertümer zur Ausstellung im Museum unter Eigentumsvorbehalt der Besitzer.
Die vorgeschichtlichen Altertümer erfuhren durch die Er⸗ werbung der Sammlung von Grabfunden des bekannten Prähistorikers Professor J. Naue in München eine wesentliche, sehr wertvolle Be⸗ reicherung. Insbesondere sind es einige ergiebige Nekropolen Ober⸗
bayerns und der Oberpfalz, die ein anschaulicheres Bild, als es bisher
innerhalb 1 Sammlungen möglich war, von der Kunst und Kultur der späteren Bronzeperiode bieten. Aus Altomünster in Oberbayern erhielt die Sammlung weiter geschenkweise Grabfund der späteren Henpestht
Verhältnismäßig sehr bedeutend war die Vermehrung der Ge⸗ mäldesammlung, indem es gelang, ein gemaltes, kunstgeschichtlich
einen
wichtiges Altarwerk aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu
erwerben, das in der früheren Literatur erwähnt, im 19. Jahrhundert verschollen war und von dem schon bisher zwei Tafeln in der Gemälde⸗ sammlung des Museums ausgestellt waren. Das Altarwerk umfaßt ein Mittel⸗, vier lgsel- und zwei Predellenbilder. Das Mittel⸗ bild enthält die esse des hl. Gregor, die Flügel stehende Heiligenfiguren, die redellen Halbfiguren weiblicher Gleichzeitig mit diesem wichtigen Werk kam eine große Tafel mit Passionsdarstellungen von 1513 in den Besitz des Museums, die Arbeit eines Nürnberger Dürerschülers, der H. von Kulmbach nahesteht. Starke Anklänge an die Nuüͤrnbergische oder fränkische Schule des 15. Jahrhunderts zeigt ein aus Oesterreich erworbenes Temperabild, die Beschneidung Christi, aus einem Altarwerk. Die sichere Be⸗ stimmung der 2
und so könnte es sich wie bei einem anderen ähnlichen Bilde — Dar⸗ bringung im Tempel, das der altsalzburgischen Schule zugeschrieben wird — um ein Werk aus den österxeichischen Landen handeln. Das ist wahrscheinlich auch bei einem hundert Jahre später entstandenen v .“ — Szene aus der Legende des hl. Wolfgang — der Fall.
8 9 die plastischen Originale erhielten wichtigen Zuwachs durch eine unbemalte, besonders sorgsam durchgeführte, lebensgroße Holzfigur der stehenden Madonna, Nürnberger oder fränkische Arbeit aus dem ersten Viertel des 15. Jahrhunderts. Eine bemerkenswerte Mehrung der Skulpturenbestände des 14. Jahrhunderts brachte auch ein Holzkruzifix aus dem ehemaligen Dominikanerkloster zu Konstanz am Bodensee.
An Medaillen wurden auch 1906 erfreuliche Erwerbungen semacht. Vor allem wurde eine größere Anzahl von Medaillen auf ngehörige des Habsburger Herrscherhauses vom 16.—18. Jahrhundert ekauft, aber auch, z. T. auf Kosten der einschlägigen Stiftungen der Berscherscuße⸗ wurden Medaillen von Hohenzollern, Wittelsbach, Baden und Nassau beschafft.
Wertvolle Erwerbungen wurden auch für die Siegelsamm⸗ lung gemacht, desgleichen für die Sammlungen von Mußtt instru⸗ menten, Geweben, gewerblichen Altertümern, Waffen und Hausgeräten. Auch die Sammlungen der Denkmäler der Heilkunde und das pharmazeutische Zentralmuseum, das deutsche Handelsmuseum und das wertvolle Kupferstich⸗ kabinett erfuhren durch Ankäufe und Geschenke wertvollen Zuwachs. Die Einnahmen der Verwaltung beliefen sich im Jahre 1905 auf rund 105 000 ℳ, denen rund 104 800 ℳ Ausgaben gegenüber⸗ stehen. Der Verwaltungsreservefonds verzeichnete im selben Jahre rund 1234 ℳ Einnahmen und 810 ℳ Ausgaben. Der Fonds für Sammlungen und Ausbau des Museums belief sich auf rund
151 570 ℳ Einnahmen, denen 120 231 ℳ Ausgaben gegenüberstehen.
Seit Jahren befindet sich die Grabstätte der Frau von Stein, der berühmten Freundin Goethes, in einem unwürdigen Zu⸗ stande. Charlotte von Stein wurde nach ihrem am 6. Januar 1827 erfolgten Hinscheiden auf dem alten Friedhof zu Weimar in dem Steinschen Erbbegräbnis an der Mauer, die den alten Fegf vom neuen trennt, beigesetzt. Als man dann aber eine erbindung zwischen dem alten und neuen Friedhof her⸗ stellte, durchbrach man die trennende Mauer gerade an dem Steinschen Erbbegräbnis, und nun ging viele Jahre der Weg, den alle Leichen⸗ züge nach dem neuen Friedhof nahmen, über die Gruft der Frau von Stein hinweg. Goethe⸗Verehrer und besonders ⸗Vereherinnen, die das Grab der von Goethe einst so heiß geliebten Freundin suchten, vermochten es nicht zu finden. Neuerdings haben sich nun die Wei⸗ marer Friedhofsverhältnisse geändert; die Leichenzüge nehmen einen anderen Weg, und daraufhin hat die Goethe⸗Gesellschaft an die Gemeindebehörde zu Weimar das Gesuch gerichtet, die Mauer, an der übrigens noch viele Berühmtheiten aus Alt⸗Weimar ruhen, zu schließen und das Erbbegräbnis der Familie von Stein wieder in einen würdigeren Zustand zu versetzen. Zugleich erbot sich die Goethe⸗ Gesellschaft, die erforderlichen Kosten zu tragen. Diesem Gesuch hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am 15. März entsprochen. Es wird also demnächst die Ruhestätte der Freundin Goethes wieder auf⸗ zufinden sein. Man will sie aber noch besser kennzeichnen und das Grab der berühmten Frau mit deren Medeaillonbildnis schmücken; wahrscheinlich wird sich schon in nächster Zeit ein Ausschuß bilden, I . Schritte zur Errichtung eines Grabdenkmals ein⸗ eiten wird. 8 1
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Eingehende Studien über die Einwanderung Es 0 in Grönland sind in letzter Zeit durch den dänischen Gelehrten Heugegrfnb en gemacht und durch eine in Kopenhagen ver⸗ öffentlichte Arbeit klargelegt worden. Auf Grund sprachlicher Unter⸗ suchungen, die die Verschiedenheit der einzelnen grönländischen Dialekte nachweisen, kommt Schultz⸗Lorentzen zu der Folgerung, daß die gegenwärtigen Bewohner Grönlands von eingewanderten Völkerschaften abstammen, deren Einwanderung in dieses Gebiet in drei verschiedenen aufeinander folgenden Zügen vor sich ge⸗ gangen, ist. Die zweite dieser Einwanderungen hat sich wahr⸗ scheinlich gegen Ende des 14. Jahrhunderts vollzogen und ihre Spuren in literarischen Denkmälern hinterlassen. Der Glaube an die ethno⸗ logische Gleichartigkeit der grönländischen Bevölkerung, der bisher aufrecht erhalten worden war, ist hauptsächlich durch die Hypothese einer einheitlichen grönländischen Sprache bestärkt worden. Diese sprachliche Einheit aber beruht auf einer ganz falschen Anschauung und ist erst durch die dänischen Missionare hergestellt worden, die der Bequemlichkeit halber die verschiedenen gesprochenen Dialekte, die sie hörten, in eine einzige geschriebene Sprache umwandelten.
Eine eigenartige geologische Erscheinung, die sich wirtschaftlich bereits sehr fühlbar gemacht hat und auch gegenwärtig den davon Be⸗ troffenen Sorge bereitet, nämlich die Bildung des Saltonsees in Südcalifornien, FS. der Professor H. Erdmann im letzten Heft von „Peterm. Mitt.“. Im vorigen Jahre bildete sich an der californisch⸗mexfkanischen Grenze, nördlich des Busens von Cali⸗ fornien, mit rasender Geschwindigkeit ein neuer Salzsee, der im Oktober, als Erdmann ihn sah, schon einen Flächeninhalt von ni weniger als 1224 qkm hatte (Größe des Fürstentums Lippe); Bildung ist auf das Eingreifen des Menschen zurückzuführen.
Vorzeit reichte der Busen von Californien etwa 250 km weiter land einwärts als heute, bis der damals seitlich in den Golf mündende Coloradofluß durch eine Deltabildung den nördlichen Teil des Golfes abschnürte. Die somit entstandene Binnensee trocknete schließlich zu einer Depression, einer Salzsteppe aus,
Tiefe bis 90 m unter den Meeresspiegel herabging.
den nördlichen, sehr öden Teil der Steppe wurde die südpazifische Eisenbahn geführt, im Süden bildeten sich dagegen größere Ackerbau⸗ kolonien, und die Ingenieure zogen einen Kanal aus dem Colorado dorthin, um einen Teil von dessen Wasser zur Berieselung des Ge⸗ biets zu verwenden. Zahlreiche Farmen entstanden, die Kolonisten zählten bald nach Tausenden, und Lokalbahnen verbanden die Ort⸗ schaften. Das übrig bleibende Wasser ließ man nach der tiefsten Stelle der Depression, bei Salton, abfließen, ohne sich über das Weitere den Kopf zu zerbrechen. Es bildete sich hier also wieder ein kleiner See. Aber dem Colorado, einem außerordentlich reißenden und wasserreichen Strom, gefiel der Kanal bald besser als sein eigenes Bett, er bohrte sich immer tiefer in das Kanalbett binein und verließ im vorigen Jahre sein altes Bett vollständig, sodaß nicht ein Tropfen mehr in den californischen Golf gelangte und der Saltonsee mit unheimlicher Schnelligkeit anwuchs. Infolgedessen mußte die alte Linie der Südpazifiebahn verlegt werden, doch war im Oktober v. J. auch schon wieder die neue Linie bedroht. Es ist klar, daß, wenn es nicht gelingt, diesem Prozeß Ein⸗ halt zu tun, in wenigen Jahren jenes Kolonisationggebiet völlig verlassen werden muß, und daß die ganze Depression sich vollständig füllt, derart, daß der Golf von Californien wieder, wie ehedem, 250 km weiter ins Land einschneidet. Zwar gelang es Anfang November den Ingenieuren der Südpazificbahn, den Kanal zu schließen, durch den der Colorado seinen Weg nahm, allein Mitte Dezember durchbrach der Strom den Damm und floß von neuem in
Heiligen.
deutschen Werke dieser Zeit ist noch nicht möglich,
den Saltonsee. Die Bahnverwaltung macht verzweifelte An⸗ strengungen, die Katastrophe aufzuhalten, aber es scheint nicht daß sie damit auf die Dauer Erfolg haben wird. Erdmann macht den Erbauern des Kanals den Vorwurf, daß sie leichtsinnig und kurzsichtig gehandelt hätten, und empfiehlt ein genaues Studium der Erscheinung nicht nur im wissenschaftlichen Interesse, sondern auch mit Rücksicht
darauf, daß, wenn wieder normale Zustände hergestellt werden könnten,
sich in der Depression von Salton nach der Verdunstung des Wassers ein riesiges Kalilager bilden müßte.