1907 / 126 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 28 May 1907 18:00:01 GMT) scan diff

Preußen. Berlin, 28. Mai.

Seine Majestät der Kaiser und König empfingen ischo Demmel aus Bonn und nahmen Mittags in längerer Aalschof die Meldungen des Staatssekretärs des Reichskolonialamts Dernburg, des Unterstaatssekretärs von Lindequist und des Direktors Dr. Conze sowie des Gouverneurs von Kamerun ouverneurs von Südwestafrika von Schuck⸗

gestern vormittag im Neuen Palais bei Potsdam den

Dr. Seitz und des mann entgegen.

KHSHeute vormittag hörten Seine Majestät der Kaiser im hiesigen L Schlosse die Vorträge des General⸗ inspekteurs der Kavallerie, Generals der Kavallerie von Kleist,

1 8 Generals der Infanterie

Grafen von Hülsen⸗Haeseler und des Kriegsministers, General⸗

des Chefs des Militärkabinetts,

leutnants von Einem.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin

empfingen gestern im Neuen Palais im Anschluß an die

bei Seiner Majestät dem Kaiser und König

Audien scof Demmel aus Bonn.

den Bi

Im Königlichen Zeughause zu Berlin sollen An⸗ denkentafeln mit den Namen der in den vaterländischen Kriegen gefallenen oder tödlich verwundeten höheren Offiziere bis einschließlich der Regimentsführer aufgestellt werden. Die Zeughausverwaltung richtet an die Familien, Kirchenvorstände, und Hausarchive, Bibliotheken und auch an die ehörden die Bitte, durch Mitteilung über dort befindliches Material, namentlich aus älteren Zeiten, das Zustandekommen dieses Ehrendenkmals unterstützen zu wollen. 8 8 .““ 8

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Iltis“ vorgestern von Hongkong nach Pakhoi in See gegangen. S. M. Tpdbt. „S 90“ mit dem Chef des Kreuzer⸗ geschwaders an Bord ist vorgestern in Itschang iae cra es und geht heute von dort weiter nach Hankau.

S. M. S. „Bremen“ ist vorgestern in Newport (Rhode Island) eingetroffen und geht von dort am 4. Juni nach St. Thomas in See.

Braunschweig.

Die Landesversammlung hat gestern den Antrag der staatsrechtlichen Kommission hinsichtlich Feststellung der landes⸗ fürstlichen Rente für die Dauer der bevorstehenden neuen Regentschaft, nach dem zu der Rente ein jährlicher Zuschuß von 300 000 geleistet wird, mit allen gegen 6 Stimmen an⸗ enommen. Der Stagtsminister von Otto hielt darauf eine nsprache an die Versammlung und überreichte eine Vorlage, n der Seine Hoheit der Herzog Johann Albrecht s Mecklenburg dem Landtage als Regent vorge⸗ schlagen wird. 3 In seiner Ansprache an die Landesversammlung gedachte der Staatsminister, „W. T. B.“ zufolge, zunächst in Trauer und Dankbar⸗ keit des verstorbenen Regenten, Seiner Königlichen Hoheit des Albrecht von Preußen, und gab dann einen Rück⸗ lick auf die von der Regierung hinsichtlich der Thronfolgefrage unternommenen Schritte: eseitigung des zwischen Preußen und dem Haupt der jüngeren Linie des Hauses Braunschweig bestehenden Gegensatzes, Beschluß des Landtages, eine noch⸗ malige Entscheidung des Bundesrats herbeizuführen, Beschluß des Buundesrats, betreffend die weitere Behinderung der jüngeren Linie des Hauses Braunschweig an der Thronfolge, und Beschluß der andesversammlung, nunmehr die Wahl eines neuen Regenten in die Wege zu leiten. Der Regentschaftsrat lchlag, der Landesversammlung unmehr Seine Hoheit den Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg⸗ Schwerin als Regenten des Herzogtums vor und überreiche dem Hause eine entsprechende Vorlage. Gleichzeitig erklärte der Staats⸗ minister, daß, entsprechend der bei der früheren Regentenwahl geübten Gepflogenheit, der Regentschaftsrat davon absehe, die persönlichen Eigenschaften des in Vorschlag gebrachten Regenten zu erörtern. Der Regentschaftsrat sei sich seiner ernsten Aufgabe voll bewußt gewesen nd hoffe, daß die von ihm getroffene Wahl die Zustimmung der Landesversammlung finden und zur Wohlfahrt des Herzogtums aus⸗ schlagen werde. 8 Das Haus beschloß, von einer Kommissionsberatung der Vorlage abzusehen, und genehmigte den Vorschlag des Präsidenten, die Wahl des Regenten in der heutigen Sitzung orzunehmen. Wie eine Depesche des „W. T. B.“ meldet, wählte der Landtag in seiner heutigen Sitzung Seine Hoheit den Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg einstimmig uVm Regenten des Herzogtums.

Oesterreich⸗Ungarn.

Die ungarische Regierung hat, einer Meldung des „Ungarischen Telegraphen⸗Korrespondenzbureaus“ zufolge, be⸗

züglich der Sprache im Eisenbahndienst gegenüber den

kroatischen Forderungen bedeutende Zugeständnisse gemacht. Die äußere Dienstsprache soll kroatisch sein, ebenso der Verkehr mit den kroatischen Aemtern und es sollen nach Möglichkeit nur Kroaten angestellt werden; ferner wird erklärt, die Facbetng. daß die Eisenbahnbeamten der ungarischen Sprache mächtig sein müßten, werde nicht als eine Verletzung des Ausgleichsgesetzes betrachtet. Diese Anordnung solle, so wurde weiter erklärt, nicht ein Präjudiz für die endgültige Regelung der Sprachenfrage sein. Diese Zugeständnisse wurden rotz eindringlicher Befürwortung seitens des Banus und des Vizebanus von Kroatien von den kroatischen Abgeordneten 1 gbhelehnt; sie wollen in der Generaldebatte über das Eisen⸗ a ngeses ihren Standpunkt darlegen und schließlich erklären,

daß sie Protest gegen die a des Ausgleichs erheben. 6 Im ungarischen Abgeordnetenhause legte der Ministerpräsident Dr. Wekerle einen Gesetenuvurf vor, obiger Quelle zufor * Erinnerung an die

40 Jahren stattgehabte des

Franz Joseph die hauses und einer Reihe einem Arbeiterheim

8

zur Krönung

von

und einer

Grabstätte Arpads in Obuda und die Erweiterung des Handelsmuseums in Agram vor. Für diese Stiftungen wird ein Kredit von 3 400 Kronen angefordert.

In der Begründung detz Gesetzentwurfs wurde hervorgehoben, daß in weiten Schichten der Nation gewünscht werde, die Erinnerung an die Krönung des Königs sowie an die Wiederherstellung der Ver⸗ fassung feierlich zu begehen. Es seien jedoch nicht rauschende Festlich⸗ keiten in Aussicht genommen, sondern der große Gedenktag solle durch en 9e dauernde Schöpfungen zum Wohle des Volkes gefeiert

erden.

Der Ministerpräsident Dr. Wekerle teilte ferner mit, daß aus Anlaß des Jubiläums die Prägung von Goldmünzen zu 100 Kronen angeordnet worden sei, die auf der Reversseite eine die Krönung darstellende Gruppe mit der Inschrift „Zur 40. Jahreswende der Krönung“ aufweisen werden. 1

Großbritannien und Irland.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses wurden ver⸗ chiedene Anfragen an den Ministerpräsidenten Sir Campbell⸗ Jannerman P ccte bezüglich der Absichten der Regierung vnh des Gesetzes über den Irischen Rat und andere Gesetze, die in dem Programm der Regierung enthalten sind.

Campbell⸗Bannerman ersuchte, „W. T. B.“ zufolge, das Haus,

die Beantwortung dieser Fragen bis zum 3. Juni aufzuschieben, an welchem Tage er sie beantworten werde. Darauf legte der Erste Kommissar für Arbeiten und öffent⸗ liche Bauten Harcourt einen Gesetzentwurf vor, durch den für eine vermehrte Anzahl kleiner Landgüter gesorgt werden soll.

Die Bill ermächtigt die Grafschaftsräte, Land zur Errichtung kleiner Landgüter zu erwerben entweder durch Pachtung oder Kauf, und zwar nötigenfalls durch Expropriation. Falls ein Grafschaftsrat nicht die von der Bill vorgesehenen Vorkehrungen treffe, solle das Ackerbauamt Kommissare ernennen, die an Stelle des Grafschaftsrats handeln und von diesem die gemachten Ausgaben einziehen.

Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurden an den Staats⸗ sekretär Gladstone Anfragen gerichtet, ob die russischen Sozialisten, die jetzt in London eine Konferenz abhalten, von der Londoner Polizei beobachtet und ob die dabei erlangten Informationen der (en Polizei mitgeteilt werden würden.

Gladstone erwiderte, die russischen Sozialdemokraten würden von der Londoner Polizei nicht beobachtet. Die englische Regierung greife niemals störend ein in die persönliche Freiheit in politischer Beziehung. Die Polizei habe ein für allemal die Anweisung, und zwar ohne daß dabei die Nationalitäten unterschiedlich behandelt würden, alle Schritte zu tun, die erforderlich sein könnten, um zu verhindern, daß gewalt⸗ tätige Verbrechen in England oder sonstwo vorbereitet oder ausgeführt

werden. Frankreich.

Der König und die Königin von Norwegen sind gestern nachmittag in Paris eingetroffen und auf dem Bahnhof von dem Präsidenten Falliéres und allen Ministern empfangen worden. Am Abend fand im Elysée zu Ehren des norwe Uchen Königspaares ein Festmahl statt, bei dem zwischen dem Pr identen Falliores und dem König Haakon Trink⸗ sprüche gewechselt wurden. 5

In der Depatiertenkammer interpellierte gestern der Sozialist Cornaud, der vorgestern bei der jedes Jahr auf dem Kirchhof Pére⸗Lachaise an der Mauer stattfindenden Kund⸗ gebung, wo 1871 die Föderierten erschossen worden sind, ver⸗ haftet wurde, wegen dieser seiner Verhaftung den Minister⸗ präsidenten Clemenceau.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ erklärte Clemenceau in Be⸗ antwortung der Anfrage, der Interpellant sei verhaftet worden, weil er sich geweigert hätte weiterzugehen, trotz einer dahin gehenden Auf⸗ forderung der Polizei. Die Eigenschaft als Deputierter berechtige niemand, gegen die Gesetze, welche die Ordnung auf den Straßen verbürgen, zu verstoßen. Cornaud sei von der Polizei mit der Höf⸗ 818 behandelt worden, die auch jedem einfachen Bürger zu teil werde.

Das Haus nahm darauf mit 349 gegen 154 Stimmen die einfache Tagesordnung an.

Rußland. 8 Zur Notifizierung der Thronbesteigung des Schahs von Persien ist gestern, „W. T. T.“ zufolge, eine außerordentliche persische Gesandtschaft in St. Petersburg ein⸗ getroffen. 6 ö Italien In der Deputiertenkammer wurde gestern die Re⸗ gierung über den Ausstand der Arbeiter an den Hoch⸗ Uühe 88 Terni, der bereits fast zwei Monate dauert, inter⸗ pelliert. Nach dem Bericht des „W. T. B.“ erklärte der Ministerpräsident Giolitti in Beantwortung der Anfrage, 9. die Regierung absolute Neutralität wahren müsse; die Ausständigen hätten 800 000 Lire Lohn eingebüßt, während sie eine Unterstützung erhalten hätten, die nur einen Lohn von vier Tagen ausmache; er wünsche eine rasche Lösung des Konflikts. Wenn die Arbeiter um die Intervention der Regierung nachsuchen werden, werde diese die Gesellschaft in Terni befragen, ob sie sie annehme. Die Regierung könne nicht mehr tun und werde

Nach Meldungen der „St. P burger Telegraphen⸗

agentur“ wird von verschiedenen Seiten bestätigt, daß der Gouverneur von Luristan mehrere tausend Kurdenreiter sammelt, um Hamadan in Besitz zu nehmen oder sich zum Schah ausrufen zu lassen. Rahim Khan, dessen Leute in der Umgegend von Täbris räuberische Streifzüge gemacht haben, ist auf An⸗ ordnung des Schahs festgenommen und in Ketten gelegt worden. Hierdurch ist die Ruhe in Teheran wieder her⸗ gestellt worden.

Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, sind in Wong⸗ kong (Präfektur Tschin⸗Tschiu) Unruhen ausgebrochen. Die Ruhestörer sind teils aus dem Distrikt gebürtige, teils aus den benachbarten Provinzen stammende Leute. Alle bürgerlichen und militärischen Beamten sind ermordet, die Verwaltungsgebäude ver⸗ brannt. Der in Swatow stationierte Oberst und der Admiral Li sind mit Truppen nach dem Schauplatze der Unruhen ab⸗ gegangen. Die Polizei in Swatow hat alle Vorkehrungen ge⸗ troffen, den Ausbruch von Unruhen in diesem Ferna aer zu verhindern.

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Königs

SSe 1“ Arbeiterkranken⸗ 0

ksakademien, bestehend Bibliothek in

Nr. 22 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 24. Mai, hat folgenden

Budapest und in der Provinz, in Aussicht nimmt. Ferner sieht der Gesetzentwurf die Errichtung einer Kirche an der

kolonialamts. 2) Marine und Schiffahrt: Erscheinen des Nachtrags zur Amtlichen Liste der deutschen Seeschiffe für Tödeersten 3) Finanzwesen: Nachweisung der Einnahmen des Reichs vom 1. April 1907 bis Ende April 1907. 4) Polizeiwesen: Auswei von Ausländern aus dem Reichsgebiet.

Statistik und Volkswirtschaft.

Bevölkerungsbewegung, Verkehrsverhältnisse, Schlachtungen, städtische Sparkasse, Kranken⸗ und Armenpflege in Berlin im März 1907.

Nach dem die Berliner Statistik für den Monat März 1907 enthaltenden Heft der „Monatsberichte des Statistischen Amts der Stadt Berlin“ belief sich die fortgeschriebene Bevölkerung der Reichshauptstadt anfangs April 1907 auf 2 088 123 Einwohner (gegen 2 050 696 zu dem gleichen Zeitpunkt des Vorjahres). Die Abnahme im Monat März betrug 11 040 (im März 1906 7067) Personen. 1

Lebend geboren wurden im März 4464 (im März 190z5 4297) Kinder, unter denen sich 809 (789) oder 18,12 (18,36) % uneheliche befanden. Auf das Jahr und Tausend der mittleren Be⸗ völkerung berechnet, stellte sich die Geburtenziffer auf 25,10 (24,63).

Eheschließungen fanden im März 2102 (im gleichen Monat des Vorjahres 2084) statt; von diesen Ehen waren 331. (330) Mischehen.

ie Zahl der Sterbefälle (ohne die Totgeburten) belief sich auf 2759 (im März 1906 auf 2787). Von den Verstorbenen waren 1449 männlichen und 1310 weiblichen Geschlechts. An⸗ Infektionskrankheiten starben 628 (im März 1906 679), insbe⸗ sondere an Masern 13 (54), an Scharlach 11 (18), an Dibphtherie und Krupp 34 (25), an Keuchhusten 23 (34), an Influenza 36 (17), an Kindbettfieber 14 (15), an Typhus 2 (2), an Lungen⸗ und Halz⸗ schwindsucht 357 (410), an Tuberkulose anderer Organe 56 (50). Ferner sind zu erwähnen: 190 (186) Sterbefälle an Krebs, 234 (252) an Herzkrankheiten, 267 (243) an Lungenentzündung, 94 (88) an Darmkatarrh, darunter 81 (78) Kinder im 1. Lebensjahre, und 21 (11) an Brechdurchfall, darunter 19 (10) Kinder im 1. Lebensjahre. Im Alter bis zu 1 Jahr starben im ganzen 614 (577), das sind 22,25 (20,70) % aller Sterbefälle des Berichtsmonats. Auf das Jahr und Tausend der mittleren Bevölkerung berechnet, betrug die allgemeine Sterblichkeitsziffer 15,52 (15,97).

Als zugezogen waren 11 551 (im März 1906 13,720) männ⸗ liche und 8910 (9039) weibliche, zusammen 20 461 (22 759) Personen zu verzeichnen. Für die Fortgezogenen ergaben sich einschließlich des Zuschlags für die unterbliebenen Abmeldungen die Zahlen: 18 513 (17 810) männliche und 14 693 (13 526) weibliche, zusammen 33 206 (31 336) Personen. Somit verblieb bei der Wanderung ein Mehrfortzug von 6962 (im März 1906 4090) männlichen und 5783 88909 weiblichen, zusammen ein Mehrfortzug von 12 745 (8577)

ersonen.

Baugesuche sind im Monat März 768 (im März 1906 781) eingereicht worden. Genehmigt wurden 186 (201) Neubauten, 40 (3) Umbauten von Wohngebäuden, 36 (41) Schuppen ꝛc. und 356 (471) sonstige Bauausführungen. Brände kamen 1030 (1150) zur Meldung, davon 167 (161) mit und 863 (989) ohne Alarmierung der Wehr.

Ein Besitzwechsel fand im März bei 154 (im gleichen Monat des Vorjahres bei 182) Grundstücken statt. Kauf lag vor bei 66 (68) bebauten Grundstücken mit 17 962 687 (19 550 102) Kaufpreis und bei 36 (58) unbebauten mit 4 539 501 (9 341 615) Kaufpreis, Zwangsversteigerung bei 2. (10) bebauten mit 285 550 (1 587 140) und bei 3 (3) unbebauten mit 122 958 (183 250) Kaufpreis. Durch Vererbung gingen 42 (21) Grundstücke mit 8 990 940 (3 919 788) Wert und 5 (22) ohne Wertangabe in anderen Besitz über. 8

Ueber Verkehrsverhältnisse im März liegen folgende An⸗ gaben vor: Befördert wurden durch die Straßenbahnen 38 188799. (36 581 544) Personen, von denen 31 559 057 (30 646 521) auf die Große Berliner Straßenbahn kamen, durch die Hoch⸗ und Unter⸗ grundbahnen (eslahth der Spreetunnelbahn) 4 079 321 (3 468 375), durch die Omnibuslinten 9 831 118 (10 253 183) Personen, davon zu 5 8 318 863 (8 420 434) und zu 10 1 512 255 (1 832 749) Per⸗ sonen. Außerdem wurden noch durch die 4 (1) Kraftomnibuslinien 1 829 651 (451 501) Personen befördert. 2

Die Zahl der in den Berliner Hotels, Gasthöfen ꝛc. im März abgestiegenen Fremden belief sich auf 84 261 (78 666) Personen. Darunter befanden sich 12 421 (11 428) Ausländer; von diesen kamen 3452 (3763) aus Rußland, 2020 (1779) aus Oesterreich, 1181 (962) aus Amerika, 940 (891) aus England, 1023 (688) aus Dänemark.

Der Auftrieb auf den städtischen Viehhof betrug für den Monat März 25 433 (für März 1906 28 305) Rinder, 23 755 (19 923) Kälber, 50 567 (55 892) Schafe, 140 503 (106 879) Schweine.

In den öffentlichen Schlachthäusern wurden im März 14 153 (im gleichen Monat des Vorjahres 16 123) Rinder, 17 965 (15 216) Kälber, 40 315 (43 303) Schafe, 101 757 (81 148) Schweine geschlachtet. In der Zentralroßschlächterei wurden 996 (1382) Pferde geschlachtet, von denen 12 (12) zurückgewiesen wurden. Zum Konsum und zur Tierfütterung gelangten somit 984 (1370) Pferde, ferner von der Rixdorfer Roßschlächterei 114 (70).

Bei der städtischen Sparkasse betrugen die Einzahlungen im März 4 636 786 (im März 1903 5 721 793) ℳ, die Rückzahlungen 6 487 789 (5 732 774) ℳ; demnach ergab sich ein Mehr an Rück⸗ zahlungen von 1 851 003 (in demselben Monat des Vorjahrs ein Mehr an Rückzahlungen von 10 981 ℳ).

Von der Landesversicherungsanstalt Berlin wurden im Monat März 315 (447) Invaliden⸗ und 28 (23) Altersrenten be⸗ willigt. Der Mitgliederbestand der der Aufsicht des Magistrats⸗ kommissars unterstellten Krankenkassen betrug am 1. April⸗ 1907 727 520 (am 1. April 1906 683 155), unter denen sich 42 482 (33 102) freiwillige Mitglieder befanden. Erwerbsunfähig waren an diesem Tage bei den bezeichneten Kassen 26 940 (23 555) Mitglieder.

Im Arbeitshause zu Rummelsburg befanden sich am 1. April 1527 (zu demselben Zeitpunkt des Vorjahres 1841) Männer und 104 (123) Frauen. Das Familienobdach beberbergte am gleichen Tage außer 22 (32) Familien mit 86 9 Personen no 240 (161) Einzelpersonen. Im städtischen Obdach naͤchtigten im März 59 132 (65 224) männliche und 1018 (978) weibliche, zu⸗ sammen 60 150 (66 202) Personen, im Männerasyl des Asyl⸗ vereins 19 066 (21 386), im Frauenasyl 3873 (4762) Personen einschließlich von 65 47), Kindern.

In den (im März 1906 5) städtischen Kranken⸗

häusern befanden sich Ende März 3336 (2761) Patient als belegungsfähig waren in diesen Anstalten 4097 (3178 Betten angegeben. In der Geschlechtskrankenstation des Obdachs waren 89 (128) weibliche Kranke; die Männerstation wurde am 3. Oktober nach dem Rudolf Virchow⸗Krankenhause verlegt. Die Irrenanstalten zu Dalldorf, Herzberge un Buch und die Eplleptikeranstalt Wuhlgarten hatten am 1. April 4968 (4316) Insassen, in vvet gg waren 2617 (3095) Personen untergebracht. In den 6 Heimstätten befanden sich am Ende des Monats März 554 (565) lungenkranke und erholungsbedürftige Personen. Der Bestand in den Siechenhäusern (Fröbel⸗ und Pallisadenstraße) betrug am 1. April 2060 (2066) Personen. In den Hospitälern des Arbeitshauses waren am gleichen Tage 677 (763) Inlafsen vorhanden, in den Erziehungsanstalten zu Lichtenberg und Klein⸗Beeren 285 (251) Fürsorge⸗ und Zwangs⸗ erziehungszöglinge, in Privatverpflegung waren 1305 (975) Kinder. In der städtischen Waisenpflege befanden sich an demselben Tage (einschgieblig der Schmidt⸗Gallisch⸗Stiftung) 6574 (5899) Kinder.

Inhalt: 1) Kolonialwesen: m. eines Reichskolonialamts; Stellvertretung des Reichskanzlers im Geschäftskreise des Reichs⸗

ie städtische Armenpflege umfaßte im Monat März 33 375 (33 765) Almosengeldempfänger mit einem Gesamtbetrage von

sung

551 837 (548 368) laufender Unterstützungen, darunter 1977 (1920)

Almosenempfänger mit außerdem gewährten 13 432 (13 333) traunterstützungen.

laufend unterstützte Personen im Gesamtbetrage von 69 716 (63 310)

97 823 (98 258) aufgewendet wurden.

Aus Cöln wird uns geschrieben: Die Ueberzeugung von dem großen Nutzen der Fortbildungsschulen für das Handwerk wird erfreulicher Weise in den interessierten Kreisen immer allgemeiner. Von weittragender Bedeutung sind in dieser Richtung die Beschlüsse mehrerer Innungsversammlungen in Cöln, ihren Lehrlingen zum Besuch der Pflichtfortbildungsschulen Wochentags einen ganzen Vor⸗ mittag zur Verfügung zu stellen.

In Euskirchen, Reg.⸗Bez. Cöln, ist am 1. Januar d. J. eine städtische Sparkasse eingerichtet worden, die bereits einen Einlagebestand von rund 300 000 besitzt. Eine von mancher Seite erwartete Schädigung der Kreissparkasse ist nicht ein⸗ etreten, vielmehr hat sich wieder die Richtigkeit der schon oft gemachten

ahrnehmung bestätigt, daß, je mehr Gelegenheit zum Sparen geboten wird, um so mehr tatsächlich auch gespart wird. Die Ein⸗ lagen bei der Kreissparkasse sind gegen die Vorjahre nicht zurück⸗ febangen, der Einlagebestand ist vielmehr trotz der geldknappen Zeiten

m selben Verhältnis gestiegen wie früher. 8

ZlMur Arbeiterbewegung.

Große öffentliche Versammlungen der Berliner Konfektions⸗

schneider und „Schneiderinnen beschäftigten sich, wie die vas. tg.“ berichtet, gestern abend mit dem Verhalten der Konfek⸗

sünne zu den eingereichten Lohnforderungen. In den Ver⸗ fammlungen wurde folgende Erklärung einstimmig angenommen: „Die Konfektionsschneider und „Schneiderinnen von Berlin empfinden s als eine unwürdige Behandlung, daß die Leiter der Konfektionsgeschäfte noch immer keine Zeit gefunden haben, eine Erklärung dahin abzugeben, wie sie sich zu den gestellten Lohn⸗ forderungen stellen. Sie erwarten, daß die Unternehmer die Kon⸗ fektionäre zwingen, innerhalb der sten vierzehn Tage eine end⸗ güllige Antwort abzugeben und diese der Organisationsleitung zu unterbreiten, damit in den dann einzuberufenden Mitgliederversamm⸗ lungen diese dann ihrerseits die entsprechende Taktik ergreifen können.“

Nach Mitteilungen, die dem Metallarbeiterverband in Frankfurt a. M. zugegangen sind, sind in 14 dortigen Betrieben etwa 1800 bis 1900 Arbeiter ausgesperrt (vgl. Nr. 125 d. Bl.).

Der Maschinenfabrikantenverein von Barmen⸗ Elberfeld hat, wie schon mitgeteilt, beschlossen, zunächst die organi⸗ sierten Riemengangschlosser am 25. Mai auszusperren, weil etwa 150 200 Mann wegen Ablehnung des 9 stündigen Arbeitstages in den Streik eingetreten waren. Am 1. Juni sollen, wenn bis dahin keine Einigung erfolgt ist, die Betriebe still gelegt werden. In einer Sitzung des Fabrikantenvereins wurde, der „Rh.⸗Westf. Ztg. zufolge, mitgeteilt, daß am 25. d. M. etwa 1000 Arbeiter aus⸗ gesperrt worden seien. Am nächsten Sonnabend sollen weitere 2500 Mann ausgesperrt werden. Die Nichtorganisjerten erhalten vom Fabrikantenverein Unterstützung. Mit den benachbarten Arbeit⸗ geberverbänden sind Verhandlungen angeknüpft worden, die eine Ausdehnung der Aussperrung bezwecken. Dann würden etwa 15 000 Arbeiter ausgesperrt werden.

Aus St. Johann wird der „Köln. Ztg.“ gemeldet, daß die Pferdeknechte auf den Gruben „Dudweiler“, „Alten⸗ kessel' und „Camphausen“ gestern wieder vollzählig angefahren sind. Sie sind angewiesen, ihre Wünsche durch Vertrauensmänner der Behörde vorzutragen; die Prüfung ist ihnen zugesichert worden. Für den Fall weiterer Arbeitsverweigerung wurde ihnen ihre Ent⸗ lassung angekündigt.

Ueber Ausstände in der Schweiz berichtet die „Frkf. Ztg.“: In Bern streiken die Zimmerleute seit acht Wochen, sodaß die Fertigstellung einer Reihe von Bauten unterbleiben muß. Auch hat das auf den 9. Juni angesetzte Pferderennen auf den Oktober verschoben werden müssen, weil die nötigen Tribünenbauten nicht errichtet werden können. In Chaux de Fonds streiken die Schlossergehilfen seit vier Wochen, ferner streiken die Mechaniker und unter ihnen auch die Uhrenfabrikmechaniker, was natürlich auf die dortige große Uhren⸗ industrie besonders stark wirkt; auch die Friseurgehilfen sind dort im Ausstand. Ein einigermaßen ungewöhnlicher Streik ist in Buttes (Neuenburg) ausgebrochen. Dort haben 85. Feuerwehrmänner ihre Tbung) an zurückgegeben, weil ihnen die Feuerwehrkommission den geforderten Lohn nicht hat gewähren wollen.

Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ aus Johannes⸗ burg teilen die Leiter der Minen mit, daß die Arbeiter allmählich wieder zur Arbeit zurückkehren. Das Reef ist jetzt vollständig mit Truppen besetzt, was dazu beiträgt, daß die weniger streiklustigen Arbeiter die Arbeit wieder aufnehmen. Gestern arbkeitete die Tagesschicht der Ferreira⸗Mine und morgen wird die Arbeit auf der Rodeport Central Mine wieder aufgenommen werden. (Vgl. Nr. 125

d. Bl.)

Kunst und Wissenschaft.

Die XIII. Ausstellung der Berliner Sezession. 8 III.*) Von den Berliner Malern tritt neben Liebermann Walte Leistikow am stärksten hervor. Schon die vorjährige Ausstellung zeigte, daß er der strengstilisierten Kiefern und der spiegelnden Grune⸗ waldseen müde geworden war; „zu neuen Taten“ zog Leistikow nach Thüringen und eroberte für seine Kunst eine Provinz, die bisher von Malern wie Schultze⸗Naumburg mit mehr guter Gesinnung, als hervorragendem Können künstlerisch ausgebeutet wurde. DPurch grüne Wiesen und gelbe Felder rieselt in lustigen Windungen ein F üßchen, dessen Wasser in der Sonne blitzt; Pappeln begleiten seinen Lauf; hinten dunklere Berge. Ueber diese weitausgedehnte hügelige Land⸗ schaft ziehen die Wolken und werfen tiefe, durchsichtige Schatten; erst durch die Mannigfaltigkeit der Beleuchtung gewinnt das an sich einfache Motiv Leben und Bedeutung. Eine sellene Frische zeichnet dieses Meisterwerk aus, ein kräftiger Natur⸗ atem weht uns entgegen, von wie wenigen Landschaftsbildern in der Sezession läßt sich das Gleiche sagen! Außerdem bemerken wir noch vier andere Gemälde von Leistikows Hand, unter denen besonders „Der Hafen“ mit dem kräftigen Farbenakkord der bunten Segel hervorgehoben sei. Ma Slevogt tritt in diesem Jahre bedauerlicherweise etwas zurück. Man mag sich mit der Stoff⸗ wahl dieses Künstlers nicht immer befreunden un wird doch die Empfindung nicht los, daß in ihm der ursprünglichste und bedeutendste Kolorist des Sezessionslagers zu sehen ist. Slevogt ist ein Sucher. Jede Aufgabe bedeutet für ihn ein ganz neues künstlerisches Problem; niemals fühlt man sich bei ihm erinnert“. Daß er es sich leicht mache, wer möchte das behaupten? Sein Ritt zum Ziel ist immer ein Hindernisrennen; nur krönt den Atemlosen selten ein reiner 8 Man betrachte daraufhin sein neuestes Gemälde, ein Reiterbildnis von großem Format. Malerisch eine Aufgabe, die zu den schwierigsten gehört: der Reiter im glatten schwarzen Jackett und schwarzen Hut, in pralles Sonnenlicht vor das heseig⸗ Grün sommerlicher Bäume gestellt. Also ein richtiges Freilichtbi d. Das Pferd ist ganz prächtig gelungen, aber im Kopf des Reiters stören falsche Valeurs, und der Zweiklang Schwarz⸗Grün ist zwar folge. richtig, allein nicht eben zur Augenfreude durchgeführt. Courbet hätte

Solche wurden ferner für 5729 (5504) nicht

ährt. Pflegekinder waren 11 538 (11 822) vorhanden, für die ürr halle hergeliehene lebensgroße

aus. Den Hintergrund geben d

Ein Selbstbildnis aus früheren Jahren gefällt

trotz des malerischen „Schmisses“ noch weniger; die Teilung der

Komposition die rechte Hälfte wird durch die Staffelei mit dem

angefangenen Bilde einer Judith (2) ausgefüllt macht einen Riß

durch das Bild. Um so höher ist dann das von der Hamburger Kunst⸗

Porträt des Herrn O'Swald einzu⸗

schätzen. Der ernste Kopf mit den klaren Augen ist vorzüglich durch⸗

gebildet, zugleich übt das Porträt schon durch das Kostüm, die schöne

schwarze Galatracht der Hamburger Senatoren, eine dekorative Wirkung

68 mächtigen gelben Marmorsäulen des

Rathauses; durch ein geöffnetes Fenster fluten von hinten Ströme

von Licht darüber hin und streifen den fast alliu virtuos gemalten

spiegelglatten Fußboden. Solche Reife in der Lösung einer zugleich

repräsentativen Aufgabe wird Louis Corinth, der so gern mit

Slevogt in einem Atem genannt wird, wohl immer versagt bleiben.

Von diesem breitschultrigen b dessen Kopf mit dem Stier⸗

nacken man gesehen haben muß, um seine Kunst zu verstehen, darf

man nicht Geschmack und Anmut der Darstellung verlangen; was ihm

liegt, sind Vorwürfe dramatisch⸗bewegter Art, wie „Die Blendung Simsons“. Hier kann sich sein Temperament austoben, ohne daß

man geheiligte Ueberlieferungen, wie bei der Darstellung des Paris⸗

Urteils, gegen ihn in Schutz nehmen muß. Man erschrickt förmlich vor so viel Banalität und Häßlichkeit in Haltung und Er⸗

scheinung dieser Göttin der Schönheit und Liebe und fühlt sich auch durch die in der Tat hervorragenden ö Quali⸗ täten nicht viel günstiger gestimmt. Am ehesten behauptet sich die bildmäßig abgerundete Darstellung Rudolf Rittners als Florian Geyer im letzten Akt des Hauptmannschen Dramas; ein Bravourstück in Schwarz und Grau, fechl dies Bild durch den Ausdruck trotziger Entschlossenheit in den Zügen des schwarzen Ritters, der mit dem nackten Schwerte in der Hand sich anschickt, den letzten Verzweiflungs⸗ kampf auszufechten. Hans Baluschek und Martin Branden⸗ burg wurden in meinem ersten Bericht wenigstens erwähnt; von diesem wirkt das Gemälde „die Stunden der Nacht und des Morgens“, versinnbildlicht durch nackte Frauen auf raschen Pferden, auch in der Farbe sehr eindringlich. Leuchtet sie in der rechten Bildecke in loderndem Flammengelb, in Orange und Rot auf, so geht sie unten über grün, hellblau und violett allmählich in tiefes Nachtblau über. Die Bildidee, „der flücht'gen Stunden gleich geschwungnes Joch“ in einer Art von Walkürenritt vorzuführen, ist wohl nicht ganz neu; wie sie aber malerisch bewältigt wurde, erfüllt mit großem Respekt vor diesem schwer⸗ ringenden Künstler, der sich selbst schon manches Werk durch allzu große Gewissenhaftigkeit verdorben hat. Baluscheks „Sonntag auf dem Tempelhofer Feld“ ist nicht viel mehr als ein kolorierter Bilderbogen recht amüsanten Inhalts, im einzelnen wirkt die Mache roh und unkünstlerisch. Doch ist nicht zu übersehen, daß in diesem Künstler ein gesunder volkstümlicher Humor steckt, und zugleich jenes spezifisch Berlinische, das heute in der Literatur eigentlich nur noch da gepflegt wird, wo sie keine mehr ist, auf dem Gebiete des Gassen⸗ hauers. Die Kunst von E. R. Weiß ist ihrem Charakter nach durchaus süddeutsch, aber der Künstler, vor einiger Zeit von Karlsruhe hierher übergesiedelt, will als Berliner an⸗ gesehen sein und muß deshalb an dieser Stelle ge⸗ würdigt werden. Das herb⸗pathetische Bildnis seiner Frau und eine Sommerlandschaft sind weniger bezeichnend für ihn als die zahlreichen Blumen⸗ und Fruchtstücke. In ihrer leuchtenden Lokal⸗ farbenpracht knüpfen sie, nicht zufällig, sondern, wie mir scheint, ganz bewußt an deutsche Bauernkunst an. Vielen erscheinen die Farben zu lebhaft, und gerade diese Gattung ist man ja gewohnt, mehr auf Ton hin behandelt zu sehen. Weiß gibt jede Tulpe oder Aster für sich und läßt ihre besondere Schönheit von hellem, neutralem Grund sich abheben, wie es etwa bei den prächtigen lothringischen Fayencen des 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts der Fall war. Mir eischeint seine Art uüͤberzeugend und sehr rühmlich. Auch Ludwig Stutz weicht mit seinen Blumenstücken von der herkömmlichen Schablone ab, hat aber mehr Galerieton; besonders haben es mir seine „Primeln“ angetan. Mit Stilleben ragt ferner Robert Breyer hervor.

Unter den jüngeren Landschaftsmalern zeigt der überaus fleißige Ulrich Hübner, daß diejenigen unrecht hatten, die an der Weiter⸗ entwicklung seiner besonders an Manet geschulten Kunst verzweifelt hatten. Sämtliche Neuschöpfungen beweisen, daß er nicht nur sein Stoffgebiet erweitert, sondern auch der etwas äußerlichen Virtuosität seiner früheren Werke müde geworden ist. Vor allem „Der Sturm“ atmet echte Naturstimmung, und im „Hafen von Travemünde“ ist das Atmosphärische mit mehr als durchschnittlicher Begabung wieder⸗ gegeben. Jacob Alberts, der charaktervolle Schilderer der Halligen, wirkt in den Bildern der Meereseinsamkeit noch bedeutender als in den Sittenbildern aus dem friesischen Volksleben, mit denen er seine ersten Erfolge errang. Er hat nie der Mode gedient und wird darum auch weniger mit Anerkennung verwöhnt als manches mit Unrecht berühmtere Mitglied der Sezession. Das gleiche läßt sich von Heine Rath sogen, dessen Schneelandschaft durch schlichtes Naturempfinden und Wahrheit des Tones für sich ein⸗ nimmt. Von diesem Künstler sind, nebenbei gesagt, die vortrefflichen Illustrationen der kürzlich erschienenen Festschrift des Norddeutschen Aoyd Paul Baum und Philipp Franck sind in ihrer gewöhn⸗ lichen Art vertreten; Heinrich Nauen wirkt besonders in der kleinen Landschaft mit den Pappeln günstiger, als die Sonderausstellung, die jüngst bei Cassirer stattfand, erwarten ließ. In den andern Bildern zeigt er sich immer noch zu sehr im Banne van Goghs, dessen Ein⸗

auch bei den Gemälden Theo von Brockhusens festzustellen st. Ein anderer Französling ist Hans Purrmann, der, wie auch Walter Bondy in Paris wirkt. Sein weiblicher Akt, eine liegende, voen einer wahren Reflexdusche überschüttete Frau, gehört zu jenen malerischen Experimenten, denen wir lieber in Ateliers als in öffentlichen Ausstellungen begegnen; in der Tat ruft dieses Bild allgemeines 815— hervor. ie Winterlandschaft da⸗ gegen, breit und sicher im Sinne des französischen Impressionismus hingefetzt, ist ein sehr starkes, in der Stimmung packendes Werk; alles in allem, erscheint Purrmann als rücksichtsloses, aber bedeutendes Talent. Wer möchte dies aber von Benno Berneis behaupten, dessen „Oswald“ (Alexander Moissi im letzt Akt der „Gespenster“) einen argen Fehlgriff nicht nur des Malers, sondern auch der an⸗ geblich so strengen Ausstellungsjury darstellt? Scharfe Ablehnung verdient ferner Eugen Spiros (Paris) „Kourtisane“, ein kunst⸗ arme Verwässerung von Manets berühmter „Olympia.

Unter den Bildnismalern möchte ich neben Leo von König und Konrad von Kardorff, der leider nicht ganz hält, was er im vorigen Jahre mit dem Bildnis seines Vaters, des Parlamentariers, versprach, Ernst Bischoff⸗Kulm mit dem Porträt des Malers von Brockhusen erwähnen: es ist gleich gut in der Bewegung wie in der Farbe. Dora Hitz malte in sehr geistreicher Manier, aber etwas gesuchter Pose, die Frau Gerhart benramce einrich Linde⸗

das besser gemacht.

Walther eine anmutige junge Frau mit zwei Kindern. Im Interieur gibt Heinrich Hübner drel proßn seiner reifen, aber kaum noch entwicklungsfähigen Kunst; dieser Maler beginnt zu lang⸗ weilen. Ein homo novus ist Artur Segal mit dem in einer originellen Tupfmanier durchgeführten Mädchen am Fenster; Josef Block bringt eine „Träumerei’ in köstlich⸗toniger Malerei; Ernst Oppler zeigt in einem Kritiker“ die von seinem langen Londoner

lt h liebe für delikate graue

Die unter Leitung des Vereins für Viaes.X Kunstgewerbe stehende kunstgewerbliche Abteilung der großen Berliner Kunst⸗ ausstellung wird heute eröffnet. Sie zeigt Räume von der König⸗ lichen Porzellanmanufaktur, von Albert Fefen; Lucian Bernhard, Arthur Biberfeld, Arno Koernig und Balthasar von Hornstein. Zwei weitere Räume von Alfred Altherr und Leo Nachtlicht werden in einigen Tagen fertig gestellt sein.

In der Buntpapierausstellung im Lichthof des Kunst⸗ gewerbemuseums wird am Dienstag und Freitag, Nachmittags von 2 bis 3 Uhr, die Haupttechnik des Buntpapiers, die sogena inte Marmorierkunst, praktisch vorgeführt werden.

Die diesjährige Generalversammlung der Goethe⸗ Gesellschaft fand am 25. Mai in Weimar statt. Am Abend vorher hatte eine Vorfeier stattgefunden, bei der, wie die „Weimar. Ztg.“ berichtet, Joseph Kainz, von warmem Beifall beigrüßt, einige Balladen von Goethe und Schiller vortrug und Herr Gmür solche in der Vertonung durch Löwe und avndere Komponisten sang. Zum Schluß hielt der Oberbaudirektor Kriesche einen von Lichtbildern 8B Vortrag über „Die Stadt Weimar zur Zeit Goethes“. ie Generalversammlung selbst eröffnete der Vorsitzende, Geheime Regierungsrat Professor Dr. Erich Schmidt mit kurzen Begrüßungsworten an die Erschienenen und einem Huldigungs⸗ gruß an den Protektor der Goethe⸗Gesellschaft, Seine Königliche Hoheit den Großherzog, Höchstwelcher zu seinem Bedauern am Erscheinen ver⸗ hindert war. Er gab dann einen Ueberblick über den Jahresbericht, der demnächst im Goethe⸗Jahrbuch erscheinen wird, gedachte mit warmen und dankbaren Worten des Geheimen Staatsrats Dr. Kühn, der seit Beginn dem geschäftsführenden Ausschusse angehört und sich vor allem um die Ruhestätten berühmter Weimarer verdient gemacht habe. Andererseits hieß er den neuen Leiter des Goethe⸗Nationalmuseums als Mitglied willkommen. Herr Bürgermeister Dr. Donndorf habe das etwas dornenvolle Amt eines Finanzministers der Goethe⸗Gesellschaft auf sich genommen. Die Gesellschaft zähle jegt nach 25 jährigem Be⸗ stehen 2888 Mitglieder. Professor Dr. Erich Schmidt teilte ferner mit und erbat die Genehmigung dafür, daß dem Goethe⸗Nationalmuseum zum Ankauf einiger Dokumente 600 überwiesen werden sollen. Der Hofrat Dr. Kötschau wird die Redaktion des nächsten Bandes der Goethe⸗Schriften übernehmen. Wie bereits bekannt, läßt die Goethe⸗Gesellschaft das Grab der Frau von Stein auf ihre Kosten wiederherstellen. Die Herstellung des Denkmals ist dem Pro⸗ fessor Donndorf übertragen. Für eine Grabplatte, die auf Corona Schröters Ruhestätte kommen soll, werden 150 zur Verfügung gestellt, weitere 500 für ein Denkmal Goethes in Wetzlar. Der einmalige Beit: p zur Erlangung der lebenslänglichen Mitgliedschaft wird von 200 au 300 erhöhk. Der sogenannte „Volks⸗Goethe“, der auf 6 Bände berechnet ist, wird voraussichtlich Ende nächsten Jahres vollendet sein und im Verlag von Böhlaus Nachf. in Weimar erscheinen. Der Gesamtvorstand wurde darauf einstimmig wiedergewählt. Aus dem Kassenbericht des Bürgermeisters Dr. Donndorf sei hervorgehoben, daß die Gesamteinnahmen im letzten Geschäftsjahre 40 473 betrugen, der Kassenbestand zu Anfang des Jahres 7514 Das Nominal⸗ vermögen der Gesellschaft erreicht den Betrag von 90 110 Der Geheime Hofrat Suphan erstattete dann den Bericht über das Goethe⸗Schiller⸗Archiv. Der Schatz an Handschriften hat, wie er mitteilte, hocherfreulichen Zuwachs erfahren; vor allem ist dem Schillerarchiv eine namhafte Bereicherung zuteil eworden: zu den vorjährigen Geschenken, nämlich der Handschrift er zwei großen poetischen Glückwünsche, die der „Eleve“ Schiller an die Gräfin Franziska von Hohenheim gerichtet hat, und zwei Akten der Othelloübersetzung des jüngeren Voß mit vielen Korrekturen von Schillers Hand, ist in diesem Jahre eine höchst kostbare, ja in ihrer Art einzige Erwerbung gekommen. Es ist dies die Nieder⸗ schrift des Don Carlos, die Schiller für das Hamburger Theater gemacht und an dessen Leiter, Ludwig Schröder, im Juli 1787 gesandt hat: die einzige, ganz vollständige Niederschrift eines Schillerschen Dramas. Ueber das Goethe⸗Nationalmuseum berichtete dessen Leiter, der Hofrat Dr. Kötschau. Den Festvortrag hielt der Pro⸗ fessor Dr. Minor über Goethes „Mahomett.

Verkehrsanstalten.

Die Handelsflotte Bremens zählte Anfang 1907 368 Dampfer mit 970 666 Brutto⸗ und 586 799 Netto⸗Reg.⸗Tons sowie 105 Segelschiffe mit 137 595 Brutto, und 126 947 Netto⸗ Reg⸗Tons, en 473 Seeschiffe mit 1 108 201 Brutto⸗ und 713 746 Netto⸗Reg.⸗Tons. v

Theater und Musik.

Lessingtheater.

DSDas Operettenensemble des Theaters an der Wien brachte am Montag eine sorgfältig vorbereitete, sehr 1e Neuein⸗ studierung der „Fledermaus:. Man hatte die Empfindung, daß diese auf Wiener Boden erwachsene unvergängliche Operette gerade bei der Wiedergabe durch Wiener Künstler besonders zu ihrem Recht kam und mit frischester Unmittelbarkeit wirkte. Von den Darstellern ist an erster Stelle Mizzi Günther zu nennen, die als Rosalinde in Spiel und Gesang gleich vorzügliches bot. Mizzi Wirth als Adel und Karl Streitmann (Eisenstein) reihten sich ihr würdig Neben dieser glücklichen Besetzung der Hauptrollen trug

auch der Umstand, daß die kleineren Partien des Stückes durchweg in bewährten Händen lagen, wesentlich dazu bei, den gestrigen Abend erfolgreich und anregend zu machen. Das Orchester, unter von Franz Ziegler, spielte schlagfertig und frisch, ohne daß dadun die melodiöse und satztechnische Feinheit der Partitur verloren ging. Der letzte Akt im fidelen Gefängnis, bei dem die Musik leider so sehr zurücktritt, hätte im Dialog ein paar Striche vertragen. Alles in allem aber war die Aufführung so wohlgelungen und in allen Teilen glücklich, daß man ihr eine Reihe von Wiederholungen wünschen möchte. Das Publikum war ebenso jahlreich als beifallsfreudig, soda es sogar im zweiten Akt zu einer Wiederholung k

8

Im Königlichen Opernhause geht morgen, Mittwoch, „Salome“ von R. Strauß in Szene, in den durch die Damen Rose, Hiedler, Rothauser, die Herren Dr. Briesemeister als Gast in der Rolle des Herodes, Hoff⸗ mann und Sommer besetzt. (Ansang 8 Uhr.) Dirigent ist de Kapellmeister Blech. Der Kapellmeister Dr. Muck ist d seinem Urlaub aus Amerika zurückgekehrt und wird in der nächsten Woche seine Dirigententätigkeit im Königlichen Opernhause wied aufnehmen.

Im Königlichen Schauspielhause Aufführung von Goethes „Iphigenie auf Tauris“, mit Frau Poope in der Titelrolle, statt. Den Orest spielt Herr Matkowskv, den Pylades Herr Staegemann, den Thoas Herr Kraußneck, den Arkas Herr Mannstädt.

Im Neuen Koͤniglichen Operntheater wird morgen die Millsckersche Operette „Die sieben Schwaben“ aufgeführt. Die Hanpt⸗ rollen liegen in den Händen der Damen Grabitz, Pitsch und Mia Werber und der Herren Ander, Albes, Braun und Straßer. Ferner findet im Spielplan eine Aenderung statt, als am Freita⸗ „Der lustige Krieg“ gegeben wird. 8 ö

Daftigh Vorstellung der Komischen Oper findet am nächsten Sonnabend, Abends 8 Uhr, statt. Aufgeführt wird Offendachs phan⸗ tastische Oper „Hoffmanns Erzählungen“. Die Eintrittspreise sind für die Sommerspielzeit ermäßigt worden. Der Billettverkauf beginnt morgen, Mittwoch, Vormittags 10 ¾ Uhr, an der Tageskasse des T Fatea ebenso ta ses 1225 Vorverkaufsstellen. Eine Vor⸗ verkaufsgebühr wird nicht erhoben. 1 de 1heh en, Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr, veranstaltet der Königliche Musskdirektor Bernhard Irrgang in der St. Marienkirche das nächste Orgelkonzert unter Mitwirkung von Fräulein 82 Dufau (Sopran), Frl. Eva Reinhold (Ntt) und rrn Schu (Violine). Duette mit oblig. Bioline von Bach, Orgelkompositionen von Buxtehude, Jos. Renner jun. und Reger stehen u. a. auf dem Programm. Der Eintritt ist frei.

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